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Fotografien

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Unvertraute Wirklichkeit<br />

Unfamiliar Reality<br />

Jan Marek<br />

Hanns Schmid wählt für seine fotografischen Arbeiten nicht etwa aussergewöhnliche, gar<br />

exotische Motive, sondern beschränkt sich im Gegenteil auf sogenannte «alltägliche Objekte».<br />

Denn wenn Fotografie «ein Geheimnis über ein Geheimnis ist» – so die verstorbene amerikanische<br />

Fotografin Diane Arbus –, dann liegt dieser geheimnisvoller Charakter nicht im Bild<br />

selbst, sondern nur in der Phantasie des Betrachters. Diese Tatsache weiss Hanns Schmid geschickt<br />

für seine künstlerische Zielsetzung auszunutzen, indem er durch die Wahl des Vertrauten<br />

formal-ästhetische Qualitäten erkennbar werden lässt, die sonst vom Reiz des Neuen<br />

verdrängt würden. Oder anders gesagt: Er versucht mit seiner äusserst präzisen Bildsprache,<br />

die Wirklichkeit, wie wir sie kennen, uns «unvertraut» zu machen. Mit dem Ziel, dass wir sie<br />

dadurch neu sehen und erleben können. So ist es kein Zufall, dass er auch Stilleben für seine<br />

Motive benutzt, wobei hier der angelsächsische Begriff «Still Life» zutreffender wäre, da er<br />

weniger das Arrangement betont, sondern vielmehr den Gedanken des ruhenden Lebens.<br />

Und es sind nur wenige Fotografen, die trotz solcher radikaler Reduktion der bildnerischen<br />

Mittel immer noch in der Lage sind, über einen rein äusserlichen Naturalismus hinauszuwachsen,<br />

um die innere Realität, das Prinzip der Dinge darzustellen oder zumindest spürbar werden<br />

zu lassen. Die Art und Weise, wie die Wirklichkeit von ihren äusseren Schalen losgelöst wird,<br />

enthüllt jedoch immer auch einiges über den Fotografen. Seine Sicht der Dinge wird zum Betrachtungs-Massstab,<br />

stellt den Fotografen bloss und macht ihn zum verletzbaren Objekt einer<br />

Öffentlichkeit, deren voyeuristische Lust von der oberflächlich-alltäglichen Bilderflut ständig<br />

neu angeheizt wird. In dieser Flut wirken seine <strong>Fotografien</strong> ruhig und geben Gelegenheit,<br />

inne zu halten.<br />

The subjects Hanns Schmid chooses for his photographs are not extraordinary, or even exotic.<br />

They are, on the contrary, limited to familiar or commonplace objects. For if photography is<br />

«a secret about a secret» as the late American photographer Diane Arbus put it, the mysterious<br />

character is not within the picture itself but in the spectator’s fantasy. Hanns Schmid makes<br />

good use of this fact to achieve his artistic goal: By choosing the familiar, he emphasises the<br />

formal and aesthetic quality, which otherwise might be obscured by the charm of novelty. In<br />

other words: With his extremely precise imagery he tries to make reality as we know it «unfamiliar»<br />

to us, striving to make us see and experience it in a new way. Thus it is not a coincidence<br />

that he also uses still lifes as motifs. Few photographers succeed, despite such radical<br />

reduction of pictorial means, in overcoming mere external naturalism to show or, at least,<br />

make perceptible, the inner reality, the principle of things. The way in which reality is divested<br />

of its outer shells always discloses quite a few things about the photographer as well. His<br />

point of view becomes the standard of perspective, exposes him and makes him the vulnerable<br />

object of the voyeuristic public, constantly fuelled by the superficial daily flood of images.<br />

In this flood of images his photographs are soothing and help us to take a step back and<br />

pause.<br />

Auberginen, Griechenland, 1983<br />

Eggplants, Greece, 1983<br />

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