Journal 4 - Hamburgische Staatsoper
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OPER PREMIERE<br />
›DEATH IN VENICE‹<br />
Death in Venice Tod in Venedig<br />
Benjamin Britten<br />
2 | <strong>Journal</strong> 4<br />
Vor der Premiere<br />
Einführungsmatinee<br />
mit Mitwirkenden der Produktion<br />
und Musikeinlagen<br />
Moderation: Kerstin Schüssler-Bach<br />
5. April um 11.00 Uhr<br />
Probebühne 1<br />
Großes Haus<br />
»Wer die Schönheit<br />
angeschaut mit Augen ...«<br />
Mit »Death in Venice« nach Thomas Manns Novelle setzt Simone Young ihren Britten-Zyklus fort.<br />
Die letzte Oper des englischen Komponisten ist sein bewusstes künstlerisches Testament – und ein<br />
Lebensbekenntnis. »Death in Venice« summiere »alles, wofür Peter und ich gestanden haben«, so<br />
Britten mit einer Reverenz an den Tenor Peter Pears, seinen langjährigen Lebenspartner und kongenialen<br />
Interpreten.<br />
Benjamin Britten<br />
und Peter Pears<br />
■ Benjamin Britten und Thomas Mann sind sich persönlich<br />
nie begegnet. Den schlaksigen Engländer und den distinguierten<br />
Hanseaten trennten fast 40 Jahre; als Mann den<br />
Nobelpreis empfing, war Britten noch auf der Schule. Und<br />
doch kreuzten sich ihre Lebenswege zumindest auf dem Papier.<br />
Schon 1948, kurz nach Brittens Durchbruch mit »Peter<br />
Grimes«, war es soweit: Dem Schriftsteller und leidenschaftlichen<br />
Schallplatten-Sammler fiel eine Aufnahme von Brittens<br />
Serenade für Tenor, Horn und Orchester in die Hände,<br />
während er gerade an seinem Roman »Doktor Faustus« arbeitete:<br />
»Es ist eine sensitive, kluge, originelle Musik … Jedenfalls<br />
könnte Adrian Leverkühn ganz froh sein, einige dieser Stücke<br />
gemacht zu haben«, notierte Mann. Sein ebenfalls Männern<br />
zugetaner Sohn Golo hatte den jungen Engländer bereits vor<br />
dem Krieg kennengelernt,doch der,so berichtet der Vater lakonisch,<br />
»scheint damals nicht den Eindruck eines Genies<br />
gemacht zu haben.Es war wohl die Geschichte vom ›hässlichen<br />
jungen Entlein‹.«<br />
Das aber war Britten keineswegs – denn obwohl schüchtern,<br />
dosierte er bis ins Alter einen unbekümmerten Charme,<br />
der seine Zuhörer sehr wohl fesselte. Britten fühlte sich besonders<br />
unter Kindern wohl, von ihrer Spontaneität und Naivität<br />
fasziniert. Aus der Spaltung seines Wesens zwischen jungen-<br />
hafter Lässigkeit und extremer Disziplin gewann Britten<br />
höchste künstlerische Inspiration – wie Thomas Mann war er<br />
ein Leistungsethiker, der eventuelle dunkle Wünsche durch<br />
einen peniblen bürgerlichen Lebenswandel in Schach hielt.<br />
Wahlverwandtschaft und amour fou<br />
Es war also echte Wahlverwandtschaft, die Britten zur<br />
Novelle »Tod in Venedig« hinzog. Denn das dort beschriebene<br />
Schicksal eines alternden Künstlers musste ihn im Kern seines<br />
Wesens treffen. Gustav von Aschenbach, ein erfolgreicher<br />
Schriftsteller, fühlt sich ausgebrannt, steckt in einer künstlerischen<br />
Krise.In einer Reise nach Venedig sucht er neue Impulse.<br />
Dort sieht er den polnischen Jungen Tadzio – eine Begegnung,<br />
die ihm alles zu geben scheint, was er ersehnt: Schönheit,<br />
Jugend,Leben.Aschenbach fühlt,wie seine künstlerische Kraft<br />
zurückkehrt. Doch immer tiefer verstrickt er sich in seine<br />
Gefühle für Tadzio. Die zuerst väterlich verbrämte Neigung<br />
wird schnell zur todbringenden Obsession. Als die Cholera in<br />
Venedig ausbricht, flieht Aschenbach nicht aus der Lagunenstadt,<br />
um bei Tadzio bleiben zu können. Die Sehnsucht muss<br />
ohne Erfüllung bleiben: Aschenbach stirbt, ohne Tadzio je<br />
nahegekommen zu sein.<br />
»Wer die Schönheit angeschaut mit Augen, / Ist dem Tode