Funkenwerkstatt-Gartencoop
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Ronny gab uns mit dem Waldgartenprojekt des Permakultur Dreisamtal e.V. einige Gedankenanstöße, wie<br />
global gesehen, die existentielle Ernährungsfrage in Zukunft gelöst werden könnte. In Freiburg haben wir ein<br />
landwirtschaftliches Projekt gefunden, dass ein zukunftsweisendes Modell darstellt, wie wir ein alternatives<br />
Miteinander mit den Menschen, der Erde, den Pflanzen und den Tieren gestalten können, um dadurch zu<br />
einem gesellschaftlichen Wandel beizutragen. Es geht darum, die Nahrungsmittelproduktion so zu verändern,<br />
dass ökologische und ressourcenschonende Anbaumethoden gestärkt und kleinbäuerliche Strukturen und regionale<br />
Kreisläufe geschaffen werden.<br />
Die Garten Coop versteht sich als Teil einer Bewegung, der solidarischen Landwirtschaft und ist basisdemokratisch<br />
organisiert. Ihr Ziel ist es gesunde Lebensmittel zu erzeugen, die möglichst unabhängig von<br />
Marktzwängen produziert werden können. Außerdem werden die Ernten gerecht innerhalb der Gemeinschaft<br />
und unabhängig vom jeweiligen Einkommen ihrer Mitglieder verteilt. Fairness und gute Arbeitsbedingungen<br />
für Gärtner- und Landwirt*innen sind zentrale Aspekte des Vereins.<br />
Von solchen Visionen angespornt hat sich<br />
2009 eine Community gleicher Interessen<br />
zusammengefunden, die gemeinsam an einem<br />
Strang gezogen haben, sodass bereits<br />
zwei Jahre später, ein Pachtvertagen für ein<br />
neun Hektar Land, in Tunsel bei Breisach<br />
unterschrieben werden konnte. Die Garten<br />
Coop startete mit 170 Mitgliedern<br />
und wuchs bis heute auf 260 Mitglieder<br />
heran. Die laufenden Kosten des<br />
gesamten Projekts werden nach dem Prinzip<br />
der „common economy“ getragen. Das<br />
bedeutet, dass die finanzielle Last von allen<br />
Mitgliedern getragen wird und jeder gleichermaßen<br />
am kollektiven Besitz beteiligt<br />
ist.<br />
Folientunnel für Gemüse in Tunsel bei Breisach.
Die Infrastruktur des Hofes in Tunsel hat vieles vorgegeben und vorläufig die Grenzen des Projekts gesteckt.<br />
Der Hof hat mehrere große Scheunen, zur Unterbringung von landwirtschaftlichen Maschinen, die als Produktionsmittel<br />
und Ressourcen der Gemeinschaft gehören. In der Mitte des Hofes steht ein großer Container,<br />
der als Büro, Einsatzzentrale und Küche von den Gärtnern und Mitgliedern genutzt wird. Das Gemüse wird<br />
nach der Ernte auf dem Hof gewaschen und für die Verteilung entsprechend verarbeitet. Ziel der Garten Coop<br />
ist es, klimaschonend und lokal zu produzieren. Dafür, ist ein eigener Lagerraum und die Produktion von<br />
Dünger unabdingbar. Eigene Kühe liefern den Dünger für das Feld, somit entsteht ein geschlossener Produktionskreislauf.<br />
Die Garten Coop kümmert sich gemeinschaftlich um die Tiere, auch wenn eines krank wird<br />
entscheidet die Community, wie die Situation gehandhabt wird. Auch der Anbau der Sorten wird gemeinsam<br />
entschieden.<br />
Doch wie schafft der Verein es, alle<br />
der 270 Mitglieder zu versorgen?<br />
Von hier aus starten die Mitgliedereinsätze der Garten Coop.<br />
Lukas, einer der Gärtner, erzählte<br />
uns von den Anfängen, in seinem<br />
Vortrag über die Anbau Planung der<br />
Garten Coop: Im Jahr 2011 gab es<br />
noch keine konkrete Anbauplanung.<br />
Zunächst sollten wöchentlich 170<br />
Kopfsalate – also einer pro Mitglied<br />
– geerntet werden können. Es<br />
wurden nur 2 Hektar mit der besten<br />
Bodenqualität bepflanzt, der Rest<br />
der 9 Hektar wurde erst einmal mit<br />
Kleegras bepflanzt, um den Humusaufbau<br />
zu fördern.<br />
Im zweiten Jahr konnte dann ein Anbauplan entwickelt werden, mit dem 300 Haushalte versorgt werden<br />
sollten.
Fabian, der Gärtnermeister hat einen Plan für eine zwölfjährige<br />
Fruchtfolge entworfen. Verschiedene Pflanzensorten<br />
werden darin in stark und schwach zehrende Kulturen<br />
unterteilt. Die Anbauphasen werden dann auf die Nährstoffbedürfnisse<br />
der Pflanzen abgestimmt. Im Folientunnel<br />
wechselt die Fruchtfolge alle sechs Jahre. Gurken, Tomaten,<br />
Paprika, Salate, Mais, Kohlrabi, Rucola, Radieschen, Rote<br />
Beete und Süßkartoffeln werden angebaut.<br />
Unter stark zehrenden Pflanzen versteht man ausdauernde<br />
Pflanzen wie Kürbis und Kohlgewächse. Mittelzehrer sind<br />
beispielsweise Karotten und Spinat. Schwachzehrer sind<br />
Hülsenfrüchte, Kräuter und Kresse. Bei der Gründüngung<br />
wird Kleegras auf dem Acker gepflanzt.<br />
Da die Finanzierung des Anbaus von allen Mitgliedern getragen wird, kann hier unabhängig von Ertrag und<br />
Wettbewerb angebaut werden. Das Konzept ermöglicht es, nicht nur Hochleistungssorten anzubauen und trägt<br />
somit zum Erhalt seltener Gemüsesorten bei. Diese sind immens wichtig für die Artenvielfalt. „In unserem<br />
Projekt haben wir die Freiheit für Anbauexperimente, aber es hat sich doch ein landwirtschaftlicher Pragmatismus<br />
entwickelt, also haben wir bei den Tomaten beispielsweise die Hauptsorte Tika. Tika macht etwa die Hälfe<br />
des Bestands aus, es gibt dann noch 3-4 Nebensorten und ein paar Versuchssorten“, führt Lukas aus. „Es geht<br />
darum ob die Pflanzen ertragreich sind und die Gemeinschaft versorgen können, dass sie nicht krank werden<br />
aber auch, dass sie sich gut verteilen lassen. Dabei ist vor allem wichtig, dass sie nicht so schnell platzen.“<br />
Der Vortag von Lukas ist exemplarisch für die Kommunikation zwischen dem Anbauteam und den Mitgliedern.<br />
Weshalb wurden bestimmte Kulturpflanzen ausgewählt und warum landen nur bestimmte Gemüsearten,<br />
in den Kisten beim Verteilpunkt?<br />
Derzeit produziert die Garten Coop, Mehl und unterschiedliches<br />
Gemüse, aber eine Komplettversorgung<br />
wird die Garten Coop nicht leisten können, dafür<br />
reicht die Hoffläche nicht aus. Oder die Pflanzen würden<br />
dort einfach nicht wachsen können, wie Kakao<br />
oder Bananen, die für viele untrennbar zur Lebensqualität<br />
dazu gehören. Nicht alle Wünsche können in<br />
die Tat umgesetzt werden beispielsweise Muskatkürbisse<br />
oder Erdbeeren, würden in Tunsel zwar prächtig<br />
wachsen, nur die Weiterverarbeitung oder Ernte wäre<br />
zu aufwendig. „Prinzipiell ist aber alles möglich, wenn<br />
sich nur genug engagierte Mitglieder finden“, sagt Vincent<br />
einer der Gärtner zu uns im Interview.<br />
Frischer Spinat in der Verteilbox bereit zum Waschen.<br />
„Bei der Garten Coop treffen ganz unterschiedliche Realitäten aufeinander. Es ist ein Kompromiss zwischen<br />
den Utopien der Menschen und der Realität. Es müssen Kompromisse gefunden werden, wie wir Dinge gemeinsam<br />
umsetzen können.“<br />
Da es eine hohe Fluktuation unter den Mitgliedern und es auch Wechsel im Team der Gärtner gab, ist es besonders<br />
wichtig, dass die Kommunikation zwischen Anbauteam und den restlichen Mitgliedern funktioniert.<br />
Über einen E-Mail-Verteiler erhalten die Mitglieder Neuigkeiten vom Acker und werden zu Veranstaltungen<br />
und Mitgliedereinsätzen eingeladen.
Lukas, der schon lange dabei ist, wird die Garten Coop bald verlassen. „Wir hatten einige Konflikte im Team,<br />
was auch daran lag, dass es viele Wechsel gab. Es haben bestimmt 15 verschiedene Gärtner*innen in unterschiedlichen<br />
Konstellationen hier gearbeitet. Trotz solcher Konflikte starten wir jetzt in das 8. Jahr und das<br />
Projekt existiert und funktioniert in einer gewissen Größe und befindet sich immer noch in einem voranschreitenden<br />
Prozess. Verschiedene Arbeitsgruppen, leisten ihren Beitrag und ich denke das ist ganz wichtig,<br />
da dieser idealistische Anbau nur stattfinden kann, wenn die Menschen die selbstverwaltete Kooperative ernst<br />
nehmen und Zeit investieren“.<br />
Die Garten Coop ist ein Leuchtturmprojekt in der solidarischen Landwirtschaft, mit einer starken Einbindung<br />
der Mitglieder auf allen Ebenen. Nicht nur auf dem Acker, sondern auch in der Organisation. Es haben sich<br />
unterschiedliche Arbeitsgruppen gebildet, um die vielseitigen Aufgaben lösen zu können.<br />
Organisation der Verteilung von Tunsel bis nach Freiburg zu den Mitgliedern.<br />
Werte werden durch Bildungsveranstaltungen, wie die Ernte- oder Kulturpflegeeinsätze vermittelt. Jedes Mitglied<br />
verpflichtet sich mindestens zu vier Einsätzen im Jahr. „Da sieht man mal wie viel Arbeit nötig ist, bis die<br />
Möhre auf dem Teller liegt, sie muss gesät und abgeflammt werden, will per Hand gejätet und gehackt werden,<br />
dann kommt die Ernte und damit wir von ihr im Winter etwas haben, wird sie in den Keller eingelagert. Für die<br />
Verteilung wird sie dann wieder herausgeholt und gewaschen. Das sind eine Menge Arbeitsschritte und wenn<br />
man weiß was Sie bedeuten, gibt das nochmal eine ganz andere Wertschätzung für Lebensmittel“, sagt Vincent.<br />
Bei den Einsätzen wird unter Anleitung in ganz unterschiedlichen Bereichen die landwirtschaftliche Praxis<br />
nähergebracht. Vom Misten der Stallungen und Befreiung der Pflanzen vom Beikraut, bis hin zum Ernten der<br />
Spinatblätter, kann bei einem Einsatz am Hof vielseitig Erfahrung gesammelt werden. Meist beginnen die Einsätze<br />
am frühen Morgen. Nach ein paar Stunden trifft man sich zu Kaffee oder Tee. Mit einer leichten Kost im<br />
Magen, geht es dann wieder aufs Feld, bis es ein leckeres Mittagessen gibt, dass stets aus dem frischen Gemüse<br />
vom Feld gekocht wird. Besonders schön ist es, sich während der Arbeit noch über das ein oder andere auf dem<br />
Feld zu unterhalten, das stärkt das Gemeinschaftsgefühl.
Für die Zukunft wünscht sich<br />
die Garten Coop weitere Kooperationen.<br />
Von der Demeter<br />
Gärtnerei Piluweri, die einer<br />
ihrer Kooperationspartner ist,<br />
erhält die Garten Coop zum<br />
Beispiel Jungpflanzen. Außerdem<br />
gibt es die Möglichkeit<br />
das eigene Saatgut zum Heranziehen<br />
bei Piluweri abzugeben.<br />
Kooperationen wie diese<br />
zeigen, wie wichtig eine gute<br />
Vernetzung ist.<br />
Bei der Spinaternte beim Mitgliedereinsatz auf dem Acker.<br />
Nicht nur die Vorfreude am Wochenende zum Verteilpunkt zu radeln, das leckere Gemüse abzuholen und es<br />
mit der WG zusammen zuzubereiten, sondern auch die Möglichkeit sich intern zu engagieren, mitzumachen<br />
und zu lernen macht die Garten Coop für uns so besonders. Wir sind gespannt wie sich die Garten Coop in<br />
Zukunft entwickelt und freuen uns weiterhin sie bei den kommenden Aufgaben zu unterstützen.<br />
Links<br />
https://gartencoop.org/<br />
https://solidarische-landwirtschaft.org<br />
Sima, Julian und Emilie