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DENKRAUM Nr.6_Veränderung_WebVersion

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Ausgabe Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong><br />

„ Alexa, spiele Pop! “<br />

Thema:<br />

Veränderung<br />

Von der Notwendigkeit des Wandels –<br />

und den Chancen neuer Denkansätze.


Ausgabe Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong><br />

Thema:<br />

Veränderung<br />

Von der Notwendigkeit des Wandels –<br />

und den Chancen neuer Denkansätze.


Big Data<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

Editorial<br />

5<br />

Wenn man Veränderungen feststellen<br />

und verifizieren möchte, ist die Statistik<br />

das Mittel der Wahl. Besonders seriös<br />

klingt es, wenn die Daten aus diesem<br />

Gebäude stammen: dem Hauptgebäude des<br />

Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden,<br />

Mitte der 1950er-Jahre erbaut, 1995 in die<br />

Liste der Kulturdenkmäler in Wiesbaden<br />

eingetragen, 2010 modernisiert.<br />

Nicht zu verwechseln mit dem<br />

Buddhistischen Standesamt.<br />

Liebe Leser, wir sollten nicht zufrieden sein<br />

mit den immer gleichen Antworten! Der stete<br />

Drang und die Möglichkeit, scheinbar selbstverständliche<br />

Antworten und unumstößliche<br />

Fakten kritisch zu hinterfragen, bringt uns alle<br />

weiter und ist ganz nebenbei ein Beleg für Freiheit.<br />

Nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch<br />

in persönlichen, politischen und gesellschaftlichen<br />

Belangen ist dies zu erleben.<br />

Als Kinder wachsen wir auf mit den Erkenntnissen<br />

und üblichen Denkweisen der jeweiligen Zeit.<br />

Aber ändern sich die Anforderungen, ändern sich<br />

die bestimmenden Faktoren, dann brauchen wir<br />

neue Ideen – und neue Antworten. Dies können<br />

wir aktuell sehr gut in der Gesellschaft und der<br />

Politik beobachten. Aber auch die Entwicklung<br />

der Menschheit ist eine Erfolgs geschichte der<br />

laufenden Anpassung an neue Gegebenheiten –<br />

Veränderung eben. Wer sich nicht verändert,<br />

wird irgendwann keine Antworten mehr finden.<br />

Nur Mut!<br />

„Es sind dieselben Fragen, aber<br />

die Antworten haben sich geändert.“<br />

Ich wünsche Ihnen viel Inspiration zur Veränderung<br />

mit unserer neuen Ausgabe des <strong>DENKRAUM</strong>.<br />

Schreiben Sie mir doch einfach ein kurzes Feedback<br />

zum Heft unter a.roessel@ hansbeckergmbh.de<br />

Student:<br />

„Dr. Einstein, aren’t<br />

these the same questions<br />

as last year’s final exam?“<br />

Dr. Einstein:<br />

„Yes; but this year the<br />

answers are different.“<br />

Ihre Anja Rössel


6 Inhalt<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

7<br />

Inhalt<br />

Editorial<br />

5<br />

„Es sind dieselben Fragen …“<br />

Ansichtssache<br />

Fokus<br />

Checkliste<br />

8 Flächenverbrauch in der Ecke<br />

10 Eine Geschichte vom Schnitzel<br />

13 Die Dos and Don’ts bei Veränderungsprozessen<br />

14 Die Psychologie der Veränderung<br />

14<br />

Interview<br />

Umfrage<br />

Inspiration<br />

18 Homo Deus: Das Ende des Homo sapiens?<br />

20 „Der Einkauf der Zukunft muss spannende Aufgaben<br />

mit Gestaltungsmöglichkeiten anbieten.“<br />

Im Gespräch mit Nenad Milosevic / Constantia Flexibles<br />

23 Digitalisierung im strategischen indirekten Einkauf<br />

26 Farbflash<br />

28<br />

28 Einkaufen wie im Film<br />

Indirekter Einkauf für eine Messegesellschaft<br />

30 Sprache: Nur der Wandel ist beständig<br />

32<br />

Porträt<br />

Genuss<br />

auch das noch!<br />

Denkraum<br />

32 Sören Seewald: Mobiles Denken und Handeln<br />

auf stabiler Basis<br />

34 Zu gut für die Tonne!<br />

36 Fundstücke, Neuheiten und Neuigkeiten<br />

37 „Des hama ja no nia so gmacht!“<br />

Die Anziehung des Bestehenden<br />

38 Vorschau, Impressum<br />

20


8 Ansichtssache<br />

„Ecke!“<br />

Laut dem Bundesumweltamt betrug<br />

der Flächenverbrauch für Siedlungen<br />

und Verkehr in Deutschland in den Jahren<br />

1997 bis 2000 im Schnitt 129 Hektar (ha)<br />

pro Tag. In den letzten Jahren ging diese Zahl<br />

auf „nur noch“ 66 ha zurück, und das Ziel der<br />

Bundesregierung bis 2020 ist die Begrenzung des<br />

Flächenverbrauchs auf 30 ha. Täglich. Ein Hektar<br />

entspricht in etwa einem Fußballfeld und in<br />

Hamm hat man am Kreisverkehr Kleine<br />

Werler Straße und Kamener Straße diesen<br />

Vergleich zur Veranschaulichung der<br />

Größenverhältnisse offenbar<br />

wörtlich genommen.


10 Fokus: Veränderung<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

11<br />

Eine Geschichte<br />

vom Schnitzel<br />

oder: Warum Veränderung für viele so schwer ist<br />

von Hans Becker / Fotos: Sarah Illenberger<br />

Die wahre Geschichte<br />

Ein gut besuchtes Restaurant. Ein Herr mittleren Alters kommt<br />

herein und setzt sich an einen der letzten freien Tische. Die<br />

Bedienung bringt ihm die Speisekarte. Die ist durchaus innovativ<br />

mit interessanten und kreativen Gerichten, hat aber auch<br />

Bekanntes zu bieten. Der Gast ist unschlüssig, er braucht angesichts<br />

der Auswahl etwas Zeit, denn es gibt ja viele interessante<br />

Gerichte. Schließlich winkt er der Bedienung, jetzt ist er<br />

bereit für die Bestellung. Die Bedienung eilt herbei und der<br />

Gast: „Ich nehme das Schnitzel – das ist etwas Altbewährtes.“<br />

Er sagt nicht: „Ich nehme das Schnitzel – da habe ich mal wieder<br />

richtig Lust drauf“, oder: „Schnitzel habe ich lange nicht<br />

mehr gegessen“, oder etwas Ähnliches. Er sagt: „Das ist etwas<br />

Altbewährtes.“<br />

Da ist sie, die Angst vor dem Neuen, vor dem anderen, vor<br />

der Veränderung. Die Speisekarte bietet eine interessante<br />

Auswahl. Doch der Gast kennt die neuen Gerichte nicht, er<br />

weiß nicht, wie sie schmecken. Er hat Angst vor Neuem, er<br />

setzt auf Sicherheit. Kurz: Es fehlt ihm der Mut, auch mal ein<br />

Risiko einzugehen und etwas zu probieren, was er noch nicht<br />

kennt. So bestellt er ein Schnitzel, denn beim Schnitzel weiß<br />

er, was er hat.<br />

Ohne Veränderung kein Wachstum<br />

Die Natur macht es uns vor. Schon allein der Wechsel der Jahreszeiten<br />

liefert in unseren Breitengraden permanente Veränderung.<br />

Die Entwicklung des Planeten Erde und die Entstehung<br />

der Menschheit ist eine Geschichte der ständigen<br />

Verwandlung. Und diese Veränderung geht immer schneller<br />

vonstatten. Das erste Auto mit Benzinmotor ist rund 125 Jahre<br />

alt, der erste Motorflug fand 1903 statt, 1969 betraten die ersten<br />

Menschen den Mond, nach 1958 durften Frauen in der<br />

Bundesrepublik Deutschland ohne Erlaubnis ihres Ehemannes<br />

den Führerschein machen und nach 1962 sogar ein eigenes<br />

Bankkonto eröffnen. Amazon wurde 1994 gegründet, Facebook<br />

gibt es seit 2004. Das erste Smartphone nach heutigem<br />

technischen Standard erschien 2007 und wurde von Apple auf<br />

den Markt gebracht. Und seit Kurzem dürfen sogar in Saudi-<br />

Arabien Frauen Auto fahren und bestimmte Aufgaben beim<br />

Militär übernehmen. Kronprinz Mohammed bin Salman kündigte<br />

jüngst an, dass Frauen künftig nicht mehr verpflichtet<br />

werden sollen, Kopf und Gesicht zu verhüllen und lange Roben<br />

zu tragen – eine Revolution in dieser konservativen Gesellschaft!<br />

Die kurze Aufzählung einiger solcher einschneidenden Neuerungen<br />

ließe sich noch endlos fortsetzen. Wenn aber nun<br />

doch immer und überall Veränderung ist, warum ist es dann<br />

für die meisten Menschen schwer, diese erst einmal als Chance<br />

und nicht als Bedrohung zu sehen? Denn eines zeigt schon<br />

diese Aufzählung: Solche Veränderungen werden in der Regel<br />

durch einzelne Personen angestoßen, die offenkundig das<br />

Neue, das Unbekannte, das Risiko wagen.<br />

Das Unvertraute macht uns Angst<br />

Veränderungen, die wir nicht selbst initiiert haben, bringen in<br />

erster Linie Unbekanntes mit sich. Neues wirkt oft bedrohlich,<br />

wir können noch nicht richtig einschätzen, was da auf uns zukommt.<br />

Die Skepsis, Vorsicht und auch Angst vor Unbekanntem


12 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

13<br />

feststellte: „Wir wollen, dass es sich ändert, aber wir wollen<br />

nicht, dass wir uns ändern. Wozu sind die anderen da?, denkt<br />

jeder und wiegt sich im Schaukelstuhl.“<br />

Sich im Schaukelstuhl zu wiegen, ist allerdings eine sehr<br />

passive Angelegenheit. Aktiv leben bedeutet auch, Veränderungen<br />

selbst anzustoßen und nicht abzuwarten, bis etwas<br />

passiert. Jetzt wird sich so manche Leserin und mancher Leser<br />

fragen, wie das denn so funktionieren soll mit diesem „sich<br />

selbst verändern“. Zu diesem Thema gibt es unzählige Ratgeber,<br />

Experten und Seminare. Dazu wird Change-Management<br />

geboten und die Psychologie des Wandels und unendlich<br />

viel Theorie. Das endet dann irgendwann in partizipativen<br />

Ver änderungsprozessen und in der Reflexion über die eigene<br />

Ambiguitätstoleranz. Spätestens dann steht der Veränderungskollaps<br />

bevor und es wird zu viel mit dem Change.<br />

VORBEREITUNG<br />

Dos:<br />

• Klären und erklären: Warum wollen wir die Veränderung?<br />

Was nehmen wir uns insgesamt vor? Was bedeutet diese Veränderung<br />

für jeden Einzelnen? Was sind die genauen Ziele,<br />

die wir erreichen wollen? Was ist bereits gut und soll auch<br />

nach einer Veränderung so bleiben?<br />

• Betroffene müssen Veränderungen verstehen und akzeptieren.<br />

Dos and Don’ts bei Veränderungsprozessen<br />

Checkliste<br />

KOMMUNIKATION<br />

Dos:<br />

• Zu Idee, Zielen und Nutzen informieren und regelmäßigen<br />

Status kommunizieren.<br />

• Auch mehrfache Kommunikation ist wichtig, schließlich<br />

dauert es, bis ein Nutzen gehört, verstanden, angenommen<br />

und umgesetzt werden kann.<br />

• Bedarfsgerechte Kommunikation Top-down (Change-<br />

Manager informieren) UND Bottom-up (Mitarbeiter werden<br />

in Einzelgesprächen oder Teamgesprächen befragt).<br />

Don’ts:<br />

haben wir noch von unseren Ur-Urahnen geerbt und sicherte<br />

früher das Überleben. Diese Gefühle sind im instinktgesteuerten<br />

Teil unseres Gehirns angelegt und somit vollkommen<br />

natürlich. Doch im Vergleich zum früheren Leben in der Wildnis<br />

haben wir uns weiterentwickelt und sollten als hoch entwickelte<br />

Wesen anders und bewusster mit unseren Veränderungsgefühlen<br />

umgehen können. Voraussetzung ist aber, dass<br />

wir dies auch wollen oder bereit sind, dies zu lernen, wenn wir<br />

es noch nicht können.<br />

Veränderung fängt bei uns selbst an<br />

Ist es nicht besser, selbst etwas zu verändern, statt durch<br />

äußere Einflüsse gezwungen zu werden, sich zu verändern?<br />

Der Wandel gehört zum Leben und zu unserer Welt. Veränderungen<br />

sind unvermeidlich. Ohne Veränderung ist weder Entwicklung<br />

noch Wachstum möglich. Allerdings ist es bei den<br />

meisten Menschen so, wie bereits Erich Kästner in „Fabian –<br />

Die Geschichte eines Moralisten“ (erstmals erschienen 1931)<br />

Der erste Schritt: Fragen<br />

Dabei müssen wir uns gar nicht mit komplexen Theorien zum<br />

Thema Veränderung beschäftigen. Es genügt, sich Fragen zu<br />

stellen. Wer Fragen stellt, ist schon mal neugierig und reflektiert<br />

seine Umwelt und auch sein eigenes Handeln. Wer<br />

fragt, der zweifelt an bestehenden Situationen und will wissen,<br />

warum dieses oder jenes so ist und nicht anders. Kinder<br />

beherrschen diese Technik sehr gut, denn sie sind noch nicht<br />

mit Gewohnheiten und angeblichen Wahrheiten überfrachtet.<br />

Auch leiden sie noch nicht unter der Scheu, sich mit Fragen zu<br />

blamieren. Später werden die Kinder leider sehr oft dazu erzogen,<br />

nicht mehr unbefangen zu fragen. Und spätestens im<br />

Erwachsenenalter ist die Neugierde und die Lust am Fragen<br />

verschwunden – das Leben ist ja so schon schwierig genug …<br />

Auch der weiteste Weg beginnt mit dem ersten Schritt! Jede<br />

Veränderung fängt im Kleinen an, es muss nicht immer gleich<br />

der ganz große Wurf sein. Es ist schon viel erreicht, wenn man<br />

nicht immer nur am Altbekannten festhält. Gandhi hatte zu<br />

dem Thema einiges zu sagen. Etwa: „Wenn man sich selbst verändert,<br />

dann verändert man die Welt.“ Oder: „Wenn man nicht<br />

handelt, kommt man nirgendswohin.“<br />

Also fangen wir doch am besten einfach an und stellen wieder<br />

Fragen. Und verändern Gewohnheiten, bei denen wir oft<br />

gar nicht mehr wissen, warum wir so oder so handeln. So könnten<br />

wir doch statt dem altbewährten Schnitzel mal ein neues<br />

unbekanntes Gericht bestellen. Könnte ja sein, dass wir sehr<br />

positiv überrascht werden. //<br />

• Klären, was jeder zum Gelingen der Veränderung beitragen<br />

kann.<br />

• Klären, welche Unterstützung für einzelne Mitarbeiter notwendig<br />

ist.<br />

Don’ts:<br />

• Der Chef weiß alleine, wie er seine Mitarbeiter zur Veränderung<br />

bringt oder besser zwingt.<br />

• Möglichst nur das Ziel präsentieren. Teilziele, Roadmap …<br />

das sind Dinge, die nur die Führungskräfte wissen müssen.<br />

VERÄNDERUNGSPROZESS<br />

Dos:<br />

• Mehrere kleine Anpassungen führen zu einer großen Veränderung.<br />

• Wir definieren Teilziele und prüfen nicht nur die zeitliche<br />

Einhaltung, sondern auch regelmäßig deren Erreichbarkeit<br />

und Aktualität. Die Teilziele bilden das große Ziel ab.<br />

• Frühzeitige Einbindung der „Betroffenen“ der Veränderung<br />

in den Planungs- und Veränderungsprozess. Das erhöht die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass Veränderungen auch angenommen<br />

und akzeptiert werden.<br />

• Ein Projektmanagement begleitet den Prozess, stellt mögliche<br />

Abweichungen (Soll – Ist) dar und regt Korrekturmaßnahmen<br />

in den Teams an.<br />

Don’ts:<br />

• Die Veränderungen werden beschlossen, Arbeitsanweisungen<br />

definiert. Danach müssen Mitarbeiter handeln.<br />

• Schriftlich zu informieren reicht aus. Zwar kann die Führungskraft<br />

beweisen, dass die Information verteilt wurde.<br />

Doch auch wenn die E-Mail gelesen wurde, kommt der Inhalt<br />

möglicherweise nicht an.<br />

• Wenn jemand Fragen hat, dann wird er sich schon melden.<br />

• Über den „Flurfunk“ wird sich die Info ohnehin verteilen.<br />

Doch was kommt dann als wirkliche Information noch an?<br />

ERFOLG<br />

Dos:<br />

UNTERSTÜTZUNG ANBIETEN<br />

Dos:<br />

• Veränderungen bei Mitarbeitern fördern und fordern.<br />

• Erforderliche Motivationsphase sowie Blockaden und<br />

Hindernisse erkennen.<br />

• Begleitung durch einen neutralen Coach/ Moderator.<br />

Don’ts:<br />

• Mitarbeiter werden sich schon an die neue Situation<br />

gewöhnen.<br />

• Umsetzung der Veränderung mit Druck – wer aufmuckt,<br />

kann sich einen anderen Job suchen.<br />

• (Teil-)Erfolge feiern: Wie ist das Feedback? Wie sind wir<br />

unterwegs? Was läuft besser/ schlechter als geplant? Wurde<br />

der Zielkorridor erreicht? Stellt sich die erwartete Wirkung/<br />

der erwartete Nutzen ein? Was ist das nächste Ziel?<br />

• Erfolge motivieren und sichern zu einem Teil ab, dass eine<br />

Rückkehr zur gewohnten Situation verhindert wird.


14 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

15<br />

Die Psychologie der Veränderung<br />

„People don’t resist change –<br />

they resist being changed“<br />

Peter M. Senge, Senior Lecturer of Behavioral and Policy Sciences am MIT<br />

gesetzt, um ja nicht dumm vor den Wählern dazustehen bzw.<br />

keine Stimmen zu verlieren. Selbst wenn eine weitere Umsetzung<br />

der Versprechen aus rationaler Sicht keinen Sinn mehr<br />

ergibt (z. B. ausufernde Kosten bei öffentlichen Bauprojekten,<br />

Bau einer Mauer an einer Landesgrenze).<br />

Das gleiche Phänomen lässt sich überall beobachten. Sie<br />

entscheiden sich beispielsweise, einen neuen Fernseher zu<br />

kaufen, der in einer Aktion gerade besonders günstig ist. Der<br />

Verkäufer sagt Ihnen im Geschäft aber, dass dieses Modell bereits<br />

ausverkauft sei. Da Sie aber bereits den Kaufentschluss<br />

getroffen haben, kaufen Sie deshalb ein teureres Modell. Oder<br />

Sie entscheiden, dass es dumm sei, ein Projekt abzubrechen,<br />

da bereits ein hoher Aufwand in ein Vorhaben geflossen ist,<br />

reden sich aber vielleicht den Restaufwand bzw. die restlichen<br />

Kosten schön. Viele Verkäufer kennen diese psychologischen<br />

Tendenzen und nutzen sie bewusst aus. Seien Sie also<br />

auf der Hut und beobachten Sie sich beim nächsten Kaufentscheid<br />

genau.<br />

„Verrate mir, wie ich gemessen werde,<br />

und ich werde Dir sagen, wie ich mich<br />

verhalte. Wenn deine Messgrößen unlogisch<br />

sind ... dann beschwere dich nicht<br />

über unlogisches Verhalten.“<br />

Eliyahu M. Goldratt, israelischer Physiker und Business-Guru<br />

Sehr oft müssen Anreize verändert werden, um eine erfolgreiche<br />

Veränderung zu schaffen. Es ist jedoch gar nicht so einfach,<br />

immer die richtigen Anreize zu schaffen. Die Politik kann davon<br />

ein Lied singen und der Kobra-Effekt sollte eine Warnung sein.<br />

Die Bezeichnung Kobra-Effekt bezieht sich auf ein historisches<br />

Ereignis in Britisch-Indien: Um einer Kobraplage zu begegnen,<br />

setzte ein britischer Gouverneur ein Kopfgeld aus auf jedes erlegte<br />

Exemplar. Zunächst schien das Konzept zu funktionieren,<br />

immer mehr Schlangen wurden abgeliefert. Allerdings hatte die<br />

Bevölkerung begonnen, Kobras zu züchten und zu töten, um die<br />

Prämie zu bekommen – die Kobrazahl reduzierte sich also nicht.<br />

Als das Kopfgeld wieder aufgehoben wurde, ließen die Züchter<br />

die Tiere einfach frei. Dadurch hatte sich dank staatlicher Förderung<br />

die Zahl der Kobras vervielfacht.<br />

von Franz Tramberger<br />

Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung. So<br />

ähnlich dürfte der Vater des Keynesianismus, John Maynard<br />

Keynes, das berühmte Zitat in einer seiner Reden formuliert<br />

haben. Klingt eigentlich logisch, oder? Wenn sich die Fakten zu<br />

einem bestimmten Sachverhalt ändern, dann sollte man auch<br />

die bisherigen Meinungen bzw. Lösungsansätze dazu anpassen<br />

oder zumindest kritisch hinterfragen. Doch warum scheint<br />

diese einfache Logik in der Praxis oft nicht zu funktionieren?<br />

Ein Blick in die menschliche Psychologie liefert Antworten.<br />

„Die Schwierigkeit liegt nicht in den neuen<br />

Ideen, sondern darin, den alten zu entfliehen,<br />

die sich bei den meisten von uns bis in jeden<br />

Winkel unseres Denkens verästelt haben.“<br />

John Maynard Keynes<br />

Die Tendenz zu Konsistenz<br />

Wenn wir uns erst einmal zu etwas verständigt haben, ein Versprechen<br />

abgegeben haben, eine Wahl getroffen haben, Zeit<br />

und vielleicht auch Geld investiert haben, dann haben wir die<br />

Tendenz zur Konsistenz. Und je mehr wir in eine Veränderung<br />

investiert haben, desto schwieriger wird es, das ursprüngliche<br />

Verhalten aufzugeben – auch dann, wenn die ursprünglichen<br />

Entscheidungsgrundlagen dafür oft gar keinen mehr Sinn ergeben,<br />

weil sich Fakten verändert haben. Die Gründe dafür<br />

sind vielfältig, folgende oder ähnliche Aussagen dazu haben<br />

Sie vielleicht schon einmal gehört:<br />

• „Ich kann mich nicht in eine Richtung verhalten, die<br />

inkonsistent mit meinem Selbstbild ist.“<br />

• „Ich habe eine Reputation zu verteidigen.“<br />

• „Da stehe ich ja schön dumm da und verliere mein Gesicht.“<br />

• „Ich möchte als zuverlässig wahrgenommen werden.“<br />

• „Dann hätte ich ja bisher jahrelang alles falsch gemacht<br />

und mein halbes Leben verschwendet.“<br />

Eine Hauptursache für unsere starke Neigung zu Konsistenz<br />

ist der drohende Gesichtsverlust. Das ist vor allem bei Menschen<br />

mit großem Ego ein häufiges Problem und verursacht<br />

oft erhebliche Probleme. In der Politik werden nicht selten<br />

Wahlversprechen nach dem Motto „Koste es, was es wolle“ um­<br />

Anreize<br />

Anreize sind eines der mächtigsten Instrumente, um Verhalten<br />

zu beeinflussen. Daher ist es umso wichtiger, gerade bei<br />

Veränderungen zu wissen, wer von der Veränderung profitiert<br />

und wer davon einen Nachteil hat. Denn es macht keinen Sinn,<br />

Leute um Unterstützung zu bitten, die von einer Veränderung<br />

benachteiligt wären. Getreu dem Motto „Wenn du einen Sumpf<br />

trockenlegen willst, dann frag nicht den Frosch um Hilfe“.<br />

Ein Blick auf die jeweiligen Anreize (z. B. Geld, Anerkennung,<br />

Macht, Eifersucht, Moral …) sollte hilfreich sein. Was sind die<br />

Interessen und Motivationen? Wer profitiert, wer verliert?<br />

VERÄNDERUNG<br />

STATUS QUO<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

VORTEIL (+) NACHTEIL (–)<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

Tabelle 1: Matrix Vorteile/ Nachteile: Veränderung vs. Status quo<br />

Die Gestaltung der Anreize sollte nicht unterschätzt werden<br />

und eines der wichtigsten Dinge bei Veränderungsprozessen<br />

sein.<br />

„Man kann nicht etwas ändern,<br />

wenn es die Leute lieben.“<br />

Faith Popcorn, amerikanische Trendforscherin<br />

Die Angst zu verlieren<br />

Wir neigen dazu, mehr Angst vor einem Verlust zu haben, als<br />

einen möglichen Gewinn zu schätzen. Der Effekt wird noch verstärkt,<br />

wenn es sich um etwas handelt, an das wir uns bereits<br />

gewöhnt haben („die lieb gewonnenen Gewohnheiten“), bzw.<br />

etwas, auf das wir auf keinen Fall verzichten wollen.<br />

Droht ein solcher Verlust, dann gehen wir ganz schnell auf<br />

die Barrikaden und vergessen oder ignorieren oft, dass die<br />

Veränderung vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Rationales<br />

Denken fällt dann oft nicht leicht.<br />

Im Casino spielen viele Leute nach einem anfänglichen Verlust<br />

so lange, bis der ganze Einsatz weg ist, da man ja keinen<br />

Verlust machen möchte. Und vielleicht haben Sie auch schon<br />

einmal immer wieder Geld in ein Investment (Haus, Wohnung,<br />

Auto etc.) gesteckt und nicht verkauft, weil Sie den investierten<br />

Betrag nicht zurückbekommen hätten, obwohl der Marktwert<br />

vielleicht wesentlich niedriger war.


16 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

17<br />

Dieser Effekt wird verstärkt, wenn bei einer Veränderung neben<br />

einem drohenden Verlust auch die eigene Konsistenz wie oben<br />

beschrieben in Gefahr ist. Das ist auch der Grund, warum Veränderungen<br />

in Krisensituationen einfacher sind. Wenn bereits<br />

der Verlust droht, ist es einfacher, etwas dagegen zu tun. Gibt<br />

es hingegen ein Maximum an Sicherheit wie z. B. bei Behörden<br />

und Ämtern, dann sind Veränderungen schwer umzusetzen.<br />

„Nichts würde jemals versucht werden,<br />

wenn erst alle denkbaren Hindernisse<br />

überwunden werden müssten.“<br />

Samuel Johnson, englischer Gelehrter, Lexikograf,<br />

Schriftsteller und Kritiker<br />

Die Angst vor Fehlentscheidungen<br />

Viele Menschen sind nicht sehr entscheidungsfreudig – aus<br />

Angst vor Fehlentscheidungen. Aber die Entscheidung, nichts<br />

zu tun, ist ebenfalls eine Entscheidung, auch wenn diese oft<br />

unbewusst getroffen wird. „Wieso heute etwas ändern, wenn<br />

wir noch gar nicht genau wissen, wie die Zukunft aussieht?“<br />

Solche und ähnliche Aussagen sind Ihnen bestimmt bekannt.<br />

Noah hat viele Jahre an seiner Arche gebaut, als noch schönes<br />

Wetter war. Und die Leute dachten, er sei verrückt, bis es<br />

doch zu regnen begann.<br />

Was populär ist, ist jedoch nicht immer das Richtige. Es sollte<br />

stets hinterfragt werden, ob etwas Sinn macht. Und wenn<br />

Antworten wie „Alle machen es so” kommen, sollte erst recht<br />

die Kernursache erforscht und hinterfragt werden, ob der ursprüngliche<br />

Beweggrund noch korrekt ist.<br />

„Verstehen kann man das Leben rückwärts;<br />

leben muss man es aber vorwärts.“<br />

SØren Kierkegaard, dänischer Philosoph und Theologe<br />

Sinnstiftung<br />

Wir können die Vergangenheit verstehen und einen Grund bzw.<br />

Sinn aus einzelnen Entwicklungen ableiten. Für die Zukunft<br />

fällt uns das viel schwerer; Veränderungen betreffen aber genau<br />

diese Zukunft. Daher ist es umso wichtiger, den Hintergrund<br />

und den Sinn von Veränderungen gut zu kommunizieren,<br />

vor allem, wenn die Veränderung etwas Neues, Ungewisses<br />

oder Beängstigendes zu sein scheint.<br />

„Ein Mann würde vieles tun, um<br />

geliebt zu werden, aber er würde alles tun,<br />

um beneidet zu werden.“<br />

Mark Twain, amerikanischer Schriftsteller<br />

PROBLEM<br />

LÖSUNG<br />

UMSETZUNG<br />

GRUNDSATZFRAGEN<br />

ZUR VERÄNDERUNG<br />

1. Warum braucht es<br />

eine Veränderung?<br />

2. Was soll verändert<br />

werden?<br />

3. Wie soll die Veränderung<br />

aussehen?<br />

(Was ist die Lösung<br />

für das Problem?)<br />

4. Wie verläuft der<br />

Weg zu dieser Veränderung?<br />

(Wie wird die Lösung<br />

implementiert?)<br />

6 SCHRITTE DER ERFOLG­<br />

REICHEN VERÄNDERUNG<br />

1. Konsens, dass es ein<br />

Problem gibt.<br />

10 EBENEN DES WIDERSTANDS<br />

1. Uneinigkeit, dass es ein Problem<br />

gibt.<br />

2. Konsens zum Problem. 2. Uneinigkeit über das Problem.<br />

3. Uneinigkeit, dass das Problem<br />

innerhalb unserer Kontrolle bzw.<br />

unseres Einflussbereichs ist.<br />

3. Konsens zur Lösungsrichtung.<br />

4. Konsens zu den Vorteilen<br />

der Lösung.<br />

5. Behandlung von allen<br />

möglichen Bedenken aller<br />

Beteiligten zur Lösung.<br />

6. Konsens über die Maßnahmen<br />

und deren Umsetzung.<br />

4. Uneinigkeit über die Richtung der<br />

Lösung.<br />

5. Uneinigkeit zu den Lösungs details.<br />

6. Uneinigkeit, da die Lösung<br />

negative Auswirkungen mit sich<br />

bringt.<br />

7. Uneinigkeit, dass die Lösung umgesetzt<br />

werden kann.<br />

8. Uneinigkeit über die Umsetzungsdetails.<br />

9. Uneinigkeit, dass die Risiken zufriedenstellend<br />

gemindert werden<br />

können.<br />

10. Soziale und psychologische<br />

Barrieren<br />

PSYCHOLOGISCHE<br />

EINFLUSSFAKTOREN<br />

Die Tendenz zu<br />

Konsistenz<br />

Anreize<br />

Die Angst zu<br />

verlieren<br />

Die Angst vor<br />

Fehlentscheidungen<br />

Imitation<br />

Sinnstiftung<br />

Neid und Eifersucht<br />

Emotionen<br />

„Auch wenn 40 Millionen Menschen<br />

etwas Idiotisches sagen, wird es<br />

nicht vernünftig.“<br />

William Somerset Maugham, englischer Romanautor<br />

Imitation<br />

„Wenn die Menschen machen können, was sie wollen, dann<br />

imitieren sie sich normalerweise gegenseitig.“ Das schreibt<br />

der amerikanische Philosoph Eric Hoffer in seinem Buch „The<br />

True Believer“. Er sagt, dass wir soziale Tiere sind, die von dem<br />

beeinflusst werden, was andere Menschen tun oder glauben.<br />

Wir denken häufig, dass andere Menschen mehr wissen als wir.<br />

Wir wollen, was andere Menschen wollen. Schließlich wollen<br />

es ja alle, dafür muss es ja einen Grund geben. Wir vermeiden,<br />

was andere Menschen vermeiden. Wir imitieren, ohne nachzudenken.<br />

Vor allem dann, wenn viele oder uns ähnliche Menschen<br />

das Gleiche tun.<br />

Das Marketing weiß das schon lange und „Influencer-Marketing“<br />

wird auch immer populärer, vor allem dank der sozialen<br />

Medien, die dieses Imitieren extrem intensiviert haben.<br />

Es scheint, je mehr Menschen etwas ähnlich machen, umso<br />

weniger fühlt sich der Einzelne verantwortlich, etwas kritisch<br />

zu hinterfragen. Vielleicht ist es auch mentale Faulheit, bei<br />

Unsicherheit einfach zu schauen, wie es andere machen, statt<br />

selbst nachzudenken.<br />

Neid und Eifersucht<br />

Manche Veränderungen scheitern, weil Neid oder Eifersucht<br />

im Spiel sind. Besonders dann, wenn das eigene Gefühl von<br />

Fairness verletzt wird. Dies ist zunächst schwer zu erkennen,<br />

da oft alle möglichen Argumente vorgeschoben werden, um<br />

die tatsächlichen unschönen Beweggründe zu verschleiern.<br />

„Das Herz hat seine Gründe, die der<br />

Verstand nicht kennt.“<br />

Blaise Pascal, französischer Mathematiker, Physiker und Philosoph<br />

Emotionen<br />

Wie uns Daniel Kahneman in seinem Buch „Thinking, Fast and<br />

Slow“ gelehrt hat: Emotion kommt vor Rationalität. Oft nehmen<br />

die Gefühle überhand und man ist nicht mehr in der Lage,<br />

rational zu denken und macht oft im Affekt große Fehler. Unter<br />

Druck und Stress wird das noch verstärkt, da dann meist<br />

wenig Zeit zum Nachdenken bleibt. Und Veränderungen sind<br />

oft getrieben von Druck, Stress und Emotionen. Ein chinesisches<br />

Sprichwort bringt das zum Ausdruck: „Ein weiser Mann<br />

kontrolliert sein Temperament. Er weiß, dass Ärger zu Fehlern<br />

führt.“ Daher gilt: durchatmen, die Gründe für die Emotionen<br />

erforschen und auf die Sache konzentrieren!<br />

Tabelle 2: Die Ebenen des Widerstands bei Veränderungen<br />

Lösungsansätze<br />

Vielleicht ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie eine tolle<br />

Lösung hatten, aber letztendlich an den Widerständen Ihrer<br />

Mitstreiter gescheitert sind? Wie finden Sie nun heraus, warum<br />

gewisse Mitstreiter sich gegen eine Veränderung wehren<br />

oder an einer der oben beschriebenen Befangenheiten leiden?<br />

Die Theory of Constraints nach Eliyahu M. Goldratt und die<br />

Ebenen des Widerstandes nach Efrat Goldratt-Ashlag liefern<br />

praktikable Modelle dafür. Diese wurden vom Autor übersetzt,<br />

überarbeitet, teilweise neu kombiniert und um die psychologischen<br />

Faktoren ergänzt. Daraus wurde ein Praxisleitfaden<br />

erstellt. (Tabelle 2)<br />

Grundsätzlich sollten bei jeder Veränderung folgende Grundsatzfragen<br />

gestellt werden:<br />

• Warum braucht es eine Veränderung?<br />

• Was soll sich ändern?<br />

• Wie soll die Veränderung aussehen?<br />

• Wie verläuft der Weg zu dieser Veränderung?<br />

Die Antworten auf diese Fragen eignen sich auch hervorragend<br />

zur erfolgreichen Kommunikation von Veränderungsprojekten.<br />

In der nächsten Spalte folgen in diesem Leitfaden sechs<br />

Schritte für eine erfolgreiche Veränderung. Diese bauen aufeinander<br />

auf und sind als Meilensteine eines Veränderungsprozesses<br />

zu verstehen. Gibt es zwischen den jeweiligen Schritten<br />

Probleme und Widerstände, so soll die nächste Spalte mit<br />

den zehn Ebenen des Widerstands eine Hilfestellung liefern.<br />

Hier werden die häufigsten Arten von Widerständen systematisch<br />

behandelt. In der letzten Spalte sind die psychologischen<br />

Einflussfaktoren wie oben beschrieben zusammengefasst.<br />

Diese spielen in alle Ebenen des Widerstands hinein<br />

und sollten bei Problemen und Widerständen entsprechend<br />

geprüft werden.<br />

Gerne stellen wir Ihnen die Tabellen elektronisch zur Verfügung, die<br />

wir für diesen Artikel erstellt haben. Schreiben Sie uns dafür einfach<br />

eine kurze Nachricht an info@hansbeckergmbh.de.<br />

Und nun viel Erfolg bei Ihren persönlichen Veränderungen! //


18<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

Das Ende des Homo sapiens?<br />

Mit seiner „Kurzen Geschichte der Menschheit“ hat der israelisch-britische Historiker<br />

Yuval Noah Harari einen viel diskutierten Megaseller vorgelegt. In seinem neuesten<br />

Werk „Homo Deus“ wagt er nun, gleichsam als Fortsetzung, einen Blick in die<br />

Zukunft der Menschheit.<br />

von Hans Becker<br />

Es ist eine Geschichte von morgen, die das menschliche<br />

Dasein auf eine völlig neue Stufe der Evolution hebt. In Relation<br />

zur bisherigen Entwicklungsgeschichte des Homo sapiens<br />

scheint diese Zukunft nicht mehr fern zu sein, die Welt des<br />

humanistischen Homo sapiens verändert sich im Augenblick<br />

rasend schnell in eine Welt des „Dataisten“.<br />

Menschliche Historie<br />

Die „Kurze Geschichte der Menschheit“ erzählt, wie vor 13,5 Milliarden<br />

Jahren Materie, Energie, Raum und Zeit entstanden (der<br />

Urknall), wie sich vor 3,8 Milliarden Jahren bestimmte Moleküle<br />

zu Organismen verbanden und vor ca. 2,5 Millionen Jahren die<br />

ersten menschenähnlichen Tiere die Weltbühne betraten. Die<br />

meisten Wissenschaftler sind sich einig darüber, dass vor ungefähr<br />

150.000 Jahren in Ostafrika die ersten anatomisch modernen<br />

Menschen lebten. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

deuten allerdings darauf hin, dass der Homo sapiens bereits<br />

vor ca. 300.000 Jahren existierte. Als dann vor ungefähr<br />

70.000 Jahren die kognitive Revolution in Gang kam, vollzogen<br />

sich die Veränderungen in der Entwicklung der Menschheit<br />

in immer kürzeren Zeiträumen. Unsere Spezies eroberte die<br />

Welt und ist gerade dabei, eine weitere neue Stufe der Evolution<br />

zu erklimmen.<br />

Rasender Fortschritt<br />

„Homo Deus“ versucht zu erklären, welche gravierenden Veränderungen<br />

uns bevorstehen. Der Blick in die Zukunft ist immer<br />

ein Risiko, weil viele unvorhergesehene Ereignisse die Entwicklung<br />

natürlich völlig verändern können. So überraschend<br />

sie auch zunächst klingen mögen, erscheinen die Thesen von<br />

Yuval Noah Harari dennoch als eine logische Fortführung dessen,<br />

was bisher passierte. Die neuen Technologien können<br />

dem Menschen gottgleiche Fähigkeiten verleihen – schöpferische,<br />

aber auch zerstörerische.<br />

„Big Data“, „Industrie 4.0“, das „Internet der Dinge“ usw. sind<br />

alles Begriffe, die uns schon seit einiger Zeit beschäftigen. Mit<br />

Algorithmen werden Unmengen von Daten verarbeitet und die<br />

technische Wissenschaft entwickelt mit großer Energie Methoden,<br />

wodurch der Mensch immer weniger selbst entscheiden<br />

muss, was für ihn (angeblich) gut ist. Das Navi sagt uns, wo wir<br />

hinfahren, und bald gibt es Autos, die nicht mal mehr einen<br />

Fahrer brauchen. Der Kühlschrank füllt sich von selbst. Partnerbörsen<br />

oder entsprechende Apps sagen uns, wen wir heiraten<br />

sollen. Eine Gesundheits-App sagt uns, wie viele Schritte<br />

wir heute noch gehen sollen und welche Lebensmittel wir noch<br />

essen sollen, damit unser Vitamin- und Mineralienhaushalt<br />

optimal ist, usw. usw. Die Algorithmen werden immer intelligenter.<br />

Aber was ist, wenn der Algorithmus bald so intelligent<br />

ist, dass er unsere geistigen Fähigkeiten nicht mehr benötigt<br />

und dann über die Menschheit entscheidet?<br />

Wohin führt der Weg?<br />

So muss der Mensch der Zukunft immer mehr zu einem Cyborg<br />

mutieren, dessen körperliche und geistige Fähigkeiten ein<br />

technologisches „Upgrading“ erleben. Er wird zu einer Kombination<br />

aus Organismus und Hightech-Implantaten, um ungeahnte,<br />

gottgleich scheinende Leistungen zu vollbringen. Dieser<br />

„Homo deus“ wird, so der Autor, weniger Verwandtschaft mit<br />

dem Homo sapiens haben als dieser mit dem Neandertaler<br />

oder einem Schimpansen.<br />

Eines ist sicher: So viel Veränderung und so schnelle Veränderung<br />

wie derzeit war noch nie. Ob sie zu unserem Nutzen<br />

oder sogar zu unserem Schaden ist, weil das Ende des Homo<br />

sapiens in der heutigen Form bald gekommen ist, wissen wir<br />

noch nicht. Das werden wir erst wissen, wenn die Zukunft Gegenwart<br />

geworden ist.<br />

Beide Bücher kann ich sehr empfehlen, da sie uns zeigen,<br />

woher wir kommen und wohin es gehen könnte. Wer beide<br />

Bücher liest, ist klar im Vorteil. Interessant und kurzweilig geschrieben,<br />

geht die Lust zum Lesen nie verloren. //


20 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

21<br />

„Der Einkauf der Zukunft<br />

muss spannende Aufgaben mit<br />

Gestaltungs möglichkeiten<br />

anbieten.“<br />

Franz Tramberger im Gespräch mit Nenad Milosevic<br />

Constantia Flexibles ist einer der weltweit führenden<br />

Hersteller flexibler Verpackungen. Die Gruppe beliefert<br />

zahlreiche multinationale Konzerne sowie lokale<br />

Marktführer in der Nahrungsmittel-, Tiernahrungs-, und<br />

Pharmaindustrie. Unter dem Leitprinzip „People, Passion,<br />

Packaging“ stellen die rund 8.300 Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter maßgeschneiderte Verpackungslösungen an<br />

40 Standorten in 18 Ländern her.<br />

Nenad Milosevic leitet als Vice President Category<br />

Management Indirect Spend & Capex den gruppenweiten<br />

strategischen Einkauf für indirekte Bedarfe.<br />

Herr Milosevic, Sie haben mittlerweile neue<br />

Ressourcen für den indirekten Einkauf geschaffen<br />

und Ihr Team vergrößert. Was waren<br />

Ihre Beweggründe dafür?<br />

Die Antwort auf diese Frage muss man im Kontext<br />

der Entwicklung der Gesamteinkaufsfunktion<br />

der Constantia Flexibles suchen. Initiiert<br />

durch ein klares Mandat des Managements<br />

der Constantia Flexibles Gruppe und vorangetrieben<br />

und geleitet durch meinen Vorgesetzten<br />

Roland Schwögler, Senior Vice President<br />

Group Procurement, hat der strategische<br />

Einkauf der Constantia Flexibles Group in den<br />

letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen.<br />

Von Anfang an wurde konsequent die Entwicklung<br />

aller fünf Einkaufsbereiche vorangetrieben.<br />

Das hat sich mit der jährlichen Verbesserung<br />

der Performance deutlich bestätigt und<br />

den Einkauf als wichtigen Businesspartner im<br />

Unternehmen etabliert. Einer dieser Bereiche<br />

ist der „indirekte Spend & Capex“, den ich für<br />

die Gruppe verantworte. Parallel zu dieser Entwicklung<br />

befindet sich auch mein Team auf<br />

einem Erfolgskurs, was unsere Ergebnisse in<br />

den letzten Jahren auch klar bestätigen. Meine<br />

persönlichen Beweggründe waren dabei die<br />

Herausforderung, aber gleichzeitig auch die<br />

einmalige Gelegenheit, eine globale Organisation<br />

„aus dem Boden zu stampfen“ und die<br />

Erfahrungen aus früheren Projekten praktisch<br />

umzusetzen.<br />

Haben Sie sich für diesen Veränderungsprozess<br />

interne bzw. externe Unterstützung geholt?<br />

Welche Hürden gab es?<br />

Eine der größten Herausforderungen in diesem<br />

Bereich war die globale Ausrichtung<br />

der Cflex-Gruppe und die damit verbundenen<br />

Herausforderungen in der Zusammenarbeit,<br />

gepaart mit der großen Heterogenität<br />

der Warengruppen, was generell typisch ist<br />

für den indirekten Spend. Dazu kommt noch,<br />

dass an vielen Standorten das Thema indirekter<br />

Einkauf organisatorisch nicht besetzt<br />

ist bzw. wir haben teilweise keinen dedizierten<br />

Einkäufer für diesen Einkaufsbereich.<br />

Hürden gab es also viele, aber wichtig ist zu<br />

betonen, dass einer der Haupterfolgsfaktoren<br />

für unsere erfolgreiche Entwicklung unser<br />

Fokus auf eine gesunde Zusammenarbeit<br />

und Kooperation „auf Augenhöhe“ mit den<br />

Kollegen in den Werken gewesen ist. Wir haben<br />

sehr viel Zeit und Energie in dieser Hinsicht<br />

investiert, aber ich kann nun bestätigen:<br />

Ohne diese Grundlage wäre unsere Erfolgsgeschichte<br />

nicht möglich.<br />

Welche Warengruppen bearbeiten Sie mit<br />

Ihrem Team?<br />

Der Bereich Indirect Spend & Capex macht ca.<br />

ein Drittel des Gesamtspends der Cflex-Gruppe<br />

aus und ist organisatorisch in vier sogenannte<br />

Category Cluster strukturiert: Capex &<br />

Utilities, Logistik & Verpackungen, Produktionswerkzeuge<br />

& MRO, und IT & Services. Unsere<br />

Bedarfe sind unterteilt in 20 Hauptwarengruppen<br />

mit mehr als 130 Subwarengruppen.<br />

Mein Team managt ca. 80 Prozent des weltweiten<br />

indirekten Bedarfes der Cflex-Gruppe.<br />

Sie vergeben bewusst auch Aufträge an externe<br />

Dienstleister, wie z. B. das Thema Versicherungen,<br />

bei dem wir gemeinsam die Einsparpotenziale<br />

gehoben haben. Wann holen<br />

Sie sich externe Expertise und was genau<br />

sollte man dabei beachten?<br />

Abgesehen vom Gruppeneinkauf, bei dem wir<br />

vor ca. drei Jahren ein groß angelegtes Einkaufsoptimierungsprojekt<br />

sehr erfolgreich<br />

umgesetzt haben, haben wir konkret im Bereich<br />

Indirect Spend sehr gute Erfahrungen<br />

mit sogenannten Boutique-Beratungen gemacht,<br />

also „kleineren“ Beratungen mit konkretem<br />

bzw. maßgeschneidertem Know-how<br />

auf Ihrem Gebiet (wie z. B. Hans Becker für<br />

den Einkauf von Versicherungsleistungen). So<br />

ein Vorgehen hat uns erlaubt, ausgewählte<br />

Themenbereiche – bei denen teilweise spezielles<br />

Know-how erforderlich ist – gezielt zu<br />

adressieren und danach die notwendige Expertise<br />

im Unternehmen nachhaltig zu verankern.<br />

Als ehemaliger Berater kann ich sagen,<br />

dass sich dieser praxisnahe Bottom-up-<br />

Ansatz für ausgewählte Warengruppen sehr<br />

gut eignet. Für organisatorische/strategische<br />

Transformation haben wir uns wieder für die<br />

andere Form der Beratungen umgeschaut.<br />

Was hat sich seit Ihrem Start bei Constantia<br />

Flexibles bereits verändert bzw. verändert<br />

sich gerade?<br />

Die letzten Jahre bei der Constantia Flexibles<br />

waren geprägt von Änderungen und permanentem<br />

Wachstum, sowohl organisch als auch<br />

durch Akquisitionen. Eine sehr spannende<br />

und interessante Entwicklung, die einen immer<br />

wieder vor neue Herausforderungen stellt<br />

und Gelegenheit bietet, weiter zu wachsen. Für<br />

den Einkauf der Gruppe als auch aus meiner<br />

Sicht war sicherlich die Implementierung der<br />

neuen strategischen Einkaufsorganisation definitiv<br />

das Highlight des letzten Jahres.<br />

Rund um das Thema Digitalisierung gibt es<br />

aktuell einen großen Hype. Wie stehen Sie zu<br />

diesem Thema und wie digital ist bei Ihnen<br />

der Einkauf bereits?<br />

Beim Thema Digitalisierung im Einkauf der<br />

Constantia Flexibles haben wir derzeit „alle<br />

Hände voll zu tun“ und holen hier sehr schnell<br />

auf. Alleine dieses Jahr stehen zwei große Implementierungsprojekte<br />

vor uns: die Einführung<br />

von Ariba für die Unterstützung des strategischen<br />

Prozesses im Gruppeneinkauf sowie<br />

die Implementierung eines Transportation-<br />

Management-Systems für den Logistikeinkauf.<br />

Aber Sie haben ein aus meiner Sicht sehr<br />

passendes Wort gewählt: Es ist ein „Hype“. Ich<br />

glaube, es stellt sich im Einkauf nicht mehr die<br />

Frage der Digitalisierung – die ist fast, würde<br />

ich sagen, eine Notwendigkeit geworden. Es<br />

ist eigentlich eine neue Ära der künstlichen<br />

Intelligenz gekommen und es stellt sich eher<br />

die Frage: Welches Potenzial davon wird sich<br />

konkret im Einkauf realisieren? Es kursieren<br />

schon viele „Stichworte“ wie z. B. Data Mining<br />

für die Spend-Transparenz, Machine Learning<br />

für Contract Analytics, Cognitive Sourcing usw.<br />

Im Moment ist es noch schwer zu erkennen,<br />

in welche Richtung die Anwendungen führen<br />

werden. Aber eines ist sicher: Es wird schneller<br />

kommen, als man erwartet. Das wage ich zu<br />

behaupten, aus eigener Erfahrung: Vor nicht<br />

Nenad Milosevic, Vice President<br />

Category Management Indirect<br />

Spend & Capex<br />

Leitung und Management vom<br />

globalen/gruppenweiten strategischen<br />

Einkauf für indirekte<br />

Bedarfe und Capex in der<br />

Constantia-Flexibles-Gruppe<br />

(Indirect Spend: ca. 330 Mio. €)<br />

Seit März 2014 bei Cflex, davor<br />

acht Jahre Erfahrung in der<br />

Grundlagen- und industrienahen<br />

Forschung (Atomphysik<br />

und Neuroinformatik), anschließend<br />

mehr als sechs Jahre Erfahrung<br />

in der Unternehmensberatung<br />

im Bereich Strategischer<br />

Einkauf und Supply Chain<br />

Management.


22 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

23<br />

mal zehn Jahren, als ich noch in der Forschung<br />

tätig war, habe ich mich vier Jahre lang intensiv<br />

mit den Themen Neuroinformatik, Pattern<br />

Recognition und künstliche Intelligenz beschäftigt.<br />

Wir haben damals an ersten biologisch<br />

inspirierten Systemen und Algorithmen<br />

gearbeitet, die enormes theoretisches Potenzial<br />

hatten, wobei aber aus damaliger Sicht<br />

eine konkrete Anwendung noch schwer abzusehen<br />

war. Und es ist erstaunlich, mit welcher<br />

Geschwindigkeit Entwicklungen ablaufen. Wir<br />

erleben jetzt schon Produkte, die Marktreife<br />

erreicht haben, man braucht nur an Amazon<br />

oder Algorithmen in Smartphones zu denken.<br />

Zu Jahresbeginn wurden über 4.000 Einkaufsentscheider<br />

im deutschen Mittelstand von der<br />

Hans Becker GmbH aufgefordert, an der<br />

Umfrage zur Digitalisierung im strategischen<br />

indirekten Einkauf teilzunehmen.<br />

Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen<br />

Trend zu anstehenden Veränderungen<br />

in den Einkaufsorganisationen.<br />

Umfrage<br />

zur Digitalisierung im<br />

strategischen<br />

indirekten Einkauf<br />

Was sind Ihre persönlichen Ziele und was<br />

ist Ihre Vision für den indirekten Einkauf bei<br />

Constantia Flexibles?<br />

Meine persönlichen Ziele bzw. Visionen für indirekten<br />

Einkauf würde ich in zwei Stichwörter<br />

zusammenfassen: „smart“ und „sexy“. Ich bin<br />

fest davon überzeugt, dass Einkauf als richtiger<br />

Value Driver agieren muss, der heute<br />

mehr als nur „harte Verhandlung“ anbieten<br />

kann. Dieses Bild des „harten Verhandlers“<br />

ist in meinen Augen definitiv überholt und<br />

greift zu kurz (ist aber leider noch immer zu<br />

finden), vor allem im Einkauf. Aufgrund seines<br />

cross-funktionalen Charakters – man findet<br />

nur wenige Unternehmensfunktionen mit<br />

Lösungen für die Pharmaindustrie<br />

umfassen Verpackungsmaterialien<br />

auf der Grundlage von Aluminium,<br />

wie kindersichere Blisterfolien, kalt<br />

verformbare Folien sowie Kunststoffaufbauten,<br />

Sachetverbunde<br />

mit Sperrschicht für die Segmente<br />

Pharma, Medizintechnik/Healthcare<br />

und Kosmetik.<br />

solcher Komplexität, Einfluss auf Unternehmenserfolg<br />

und Anzahl an Schnittstellen –<br />

gibt es eine Vielzahl an sophistizierten Methoden<br />

und Werkzeugen, die einen enormen<br />

Wertbeitrag generieren können. Also, meine<br />

Devise lautet: „Smarter, not only harder.“ Auf<br />

diese Weise glaube ich, wird es möglich sein,<br />

den Einkauf auch „sexy“ zu machen, also attraktiv<br />

und interessant für andere Mitarbeiter<br />

und Jobanwärter in der Wirtschaft. Ich muss<br />

zugeben, der Einkauf als Funktion wird selten<br />

als erste Wahl bei den Jobsuchenden gesehen<br />

(bei mir war das auch der Fall), und dieses<br />

Bild müssen wir ändern. Der Einkauf der<br />

Zukunft muss spannende Aufgaben mit Gestaltungsmöglichkeiten<br />

anbieten, die einem<br />

helfen, sich weiterzuentwickeln. Nur so kann<br />

man es schaffen, junge Talente anzuziehen<br />

und auch zu behalten. Denn jede Unternehmensfunktion<br />

ist nun einmal nur so gut wie<br />

ihre Mitarbeiter. //<br />

Zur Erfüllung von Kundenanforderungen<br />

werden<br />

innerhalb der Constantia<br />

Flexibles Produktionsprozesse<br />

ständig überwacht und<br />

weiterent wickelt, wie z. B. die<br />

Implementierung von ISOkonformen<br />

Verfahren und<br />

Prozessen sowie die Befolgung<br />

von sogenannten Good<br />

Manufacturing Practices<br />

(GMP).<br />

Gibt es in Ihrem Unternehmen<br />

einen strategischen<br />

indirekten Einkauf?<br />

67 % ja<br />

33 % nein<br />

Ist der Purchase-to-Pay-Prozess<br />

im indirekten Einkauf bereits<br />

digitalisiert?<br />

39 % zum Teil<br />

22 % ja<br />

39 % nein<br />

Welchen Digitalisierungsgrad<br />

hat Ihr indirekter Einkauf?<br />

(Skala von 1 bis 10)<br />

1 2<br />

3 4 5 6<br />

7 8 9 10<br />

72 % der Befragten schätzen<br />

ihren Digitalisierungsgrad mit<br />

Werten zwischen 3 und 6 ein.<br />

von Anja Rössel<br />

Im Zuge der Umfrage sollte ermittelt werden,<br />

welche Bedeutung der allgemeinen Entwicklung<br />

zu mehr Digitalisierung im indirekten<br />

Einkauf beigemessen wird. Das Thema ist seit<br />

Langem ein Dauerbrenner in Fachzeitschriften,<br />

bei Messen und in Diskussionsrunden.<br />

Bereits mit unserer Sonderbeilage vom Frühjahr<br />

2017 „Indirekter Einkauf, Big Data und<br />

Einkauf 4.0“ widmeten wir diesem wichtigen<br />

und scheinbar alles beherrschenden Thema<br />

einen <strong>DENKRAUM</strong> extra. Die nun durchgeführte<br />

Umfrage sollte das Bild noch einmal<br />

abrunden und hinterfragen, wie weit die Anstrengungen<br />

zur Digitalisierung speziell im<br />

indirekten Einkauf bereits gehen.<br />

Die aktuelle Auswertung zeigt nun deutlich,<br />

dass die deutschen Unternehmen sich –<br />

allen Kritikern zum Trotz – mit großem Elan<br />

und Engagement auf den digitalen Wandel<br />

vorbereiten: Zu Anfang des Jahres planten<br />

94 Prozent der Umfrageteilnehmer, für 2018


24 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

25<br />

56 %<br />

Wie hoch schätzen Sie Ihre<br />

Maverick-Buying-Quote im<br />

indirekten Einkauf (quantitativ)?<br />

22 % 6 %<br />

17 %<br />

0 – 20 % 21 – 40 % 41 – 60 % > 60 %<br />

94 % ja{<br />

6 % nein<br />

Über die Hälfte der Befragten<br />

schätzten Ihre Maverick-Buying-<br />

Quote auf maximal 20 %.<br />

Planen Sie 2018 eine<br />

weitere Digitalisierung im<br />

indirekten Einkauf?<br />

• automatisierte Bezahlung<br />

• Electronic Invoicing<br />

• Einkaufsplattformen<br />

• E-Procurement-Portale<br />

• systemgestützte Bedarfsanforderungen<br />

• digitale Lieferantenregistrierung,<br />

-qualifizierung und -bewertung<br />

• Anbindung an Marktplätze<br />

• digitale Genehmigungsworkflows<br />

• elektronische Belegerkennung<br />

• Digitalisierungen im Dienstleistungseinkauf<br />

weitere Maßnahmen in diesem Bereich umzusetzen.<br />

Dazu gehörten Aufgaben wie<br />

• die Automatisierung von Bezahlvorgängen<br />

bzw. die elektronische Rechnungsstellung,<br />

• die Implementierung von Plattformen und<br />

E-Procurement-Portalen,<br />

• die digitale Lieferantenqualifizierung und<br />

-bewertung,<br />

• die Digitalisierung des gesamten<br />

Purchase-to-Pay-Prozesses.<br />

Unbestritten ist dabei von den meisten Unternehmen,<br />

dass es noch immer enorme Hürden<br />

auf diesem Weg gibt. So wurden häufig fehlende<br />

Ressourcen und Kapazitätsengpässe als<br />

Hauptgrund genannt, weshalb diese Projekte<br />

nicht mit der nötigen Energie umgesetzt werden<br />

können. Dabei liegt gerade hier eine mögliche<br />

Lösung dieses Problems:<br />

Optimale digital gestaltete Prozesse und<br />

Strukturen in den indirekten Warengruppen<br />

entlasten vor allem den Einkauf und die Buchhaltung.<br />

Es lohnt sich also, den einmaligen Aufwand<br />

in diesen Veränderungsprozess zu investieren,<br />

um danach gestärkt und effizienter daraus<br />

hervorzugehen.<br />

Immerhin knapp zwei Drittel der Teilnehmer<br />

gaben an, bereits Einkaufs-Controlling-<br />

Instrumente im indirekten Einkauf einzusetzen<br />

und bilden damit eine solide Grundlage<br />

für den strategischen Einkauf dieser rund<br />

50 verschiedenen Warengruppen. Dieser Trend<br />

Wie informieren Sie sich<br />

über die Entwicklungen zur<br />

Digitalisierung?<br />

ist positiv hervorzuheben. Denn nur, wer seine<br />

Mengen, Konditionen und Bedarfe kennt, kann<br />

sich optimal auf Verhandlungen vorbereiten.<br />

Den größten Hebel zur – digitalen – Optimierung<br />

dürften jedoch die Unternehmen haben,<br />

die in diesen Warengruppen noch nicht<br />

besonders aktiv waren. Dies betrifft beispielsweise<br />

jene rund 45 Prozent der Befragten, die<br />

angaben, eine Maverick-Buying-Quote im indirekten<br />

Einkauf von über 20 Prozent zu haben,<br />

ebenso wie das Drittel der Umfrageteilnehmer,<br />

in deren Unternehmen es bis dato<br />

noch keinen strategischen indirekten Einkauf<br />

gibt.<br />

Für diese Unternehmen wird es eine wichtige<br />

Weichenstellung hin zu mehr Effizienz<br />

sein, die Beschaffung und die Strukturen in<br />

diesen Warengruppen modern und weitgehend<br />

digital zu gestalten. Das Ergebnis dieser<br />

Veränderungen kann einerseits die Kapazitätsengpässe<br />

langfristig beseitigen und andererseits<br />

die Kosten erheblich senken.<br />

Darüber hinaus werden die vereinfachten<br />

Prozesse und Abläufe, die die Digitalisierung<br />

im indirekten Einkauf mit sich bringt, von den<br />

meisten Bedarfsträgern gern gesehen. Die<br />

vielen manuellen Arbeiten und die oft vorherrschende<br />

Intransparenz der Daten sind<br />

den meisten Einkäufern und Bedarfsträgern<br />

lästig. Ein gut strukturierter Veränderungsprozess<br />

mit klarer Kommunikation der Vorteile<br />

wird dann von allen Seiten mitgetragen<br />

werden. //<br />

optimale Gestaltung der<br />

Veränderungsprozesse und<br />

Integration aller Beteiligten<br />

61 % ja<br />

Welche Hürden sehen Sie für die<br />

weitere Digitalisierung im indirekten<br />

Einkauf Ihres Unternehmens?<br />

Nutzen Sie bereits Einkaufs-<br />

Controlling-Tools?<br />

Welche Bedeutung sehen Sie<br />

in der Digitalisierung für Ihren<br />

indirekten Einkauf?<br />

72 %<br />

eher keine wesentliche Bedeutung<br />

33 % nein<br />

Technologien einer<br />

heterogenen Umgebung<br />

müssen verbunden werden.<br />

falsche Priorisierung und<br />

Fehleinschätzungen<br />

fehlendes Know-how<br />

Studien, Messen, Literatur,<br />

Seminare, Lieferanten<br />

Kapazitätsengpässe und<br />

fehlende Ressourcen<br />

Unterstützung aus allen<br />

Unternehmensbereichen und<br />

Leitungsebenen


26<br />

Inspiration<br />

Farbflash<br />

Brillant ketzerisch fragt die Kabarettistin<br />

Martina Schwarzmann, ob man wohl<br />

Chamäleon-Wurst im Kühlschrank wiederfände.<br />

Tatsächlich haben Forscher der Universität Genf vor<br />

einiger Zeit herausgefunden, wie die Männchen des<br />

Panther-Chamäleons so extreme und schnelle Farbwechsel<br />

bewerkstelligen können: Nanostrukturen in der Haut<br />

reflektieren und verändern das Licht. Dabei ist die Haut der<br />

außergewöhnlich grellbunten Verwandlungskünstler aus<br />

zwei Schichten spezialisierter Zellen, sogenannter<br />

Iridophoren, aufgebaut, welche photonische Kristalle<br />

enthalten. Je nach Gemütszustand des Tieres<br />

verändert sich der Abstand zwischen den<br />

Kristallen und bewirkt so die dramatischen<br />

Farbänderungen. Das klingt mehr nach<br />

Star Trek als nach Salami.


28 <strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

Indirekter Einkauf für eine Messegesellschaft<br />

Einkaufen wie im Film<br />

Mit Erklärvideos will der Zentraleinkauf der Messe Stuttgart den<br />

Kollegen ihre Services künftig noch einfacher näherbringen – Teil<br />

einer fortlaufenden Optimierung des Angebots „Messe“.<br />

Die Messe Stuttgart gilt nicht nur als eines der schönsten<br />

Messegelände Europas, sie verfügt mit ihrer Anbindung an<br />

den Flughafen Stuttgart und die Autobahn A 8 auch über<br />

eine hervorragende Verkehrsinfrastruktur.<br />

Die neue Paul Horn Halle (Halle 10) und der neue Eingang<br />

West wurden im Januar mit Vertretern aus Wirtschaft und<br />

Politik offiziell eröffnet, darunter auch die beiden Geschäftsführer<br />

der Messe Stuttgart Ulrich Kromer und Roland Bleinroth<br />

(links und zweiter von links). Die Styroporbuchstaben<br />

für den Fototermin beschaffte der Zentraleinkauf.<br />

von Silvia Stoll<br />

Ein doppelt so großes Messegelände bespielen, mehr internationale<br />

Aussteller und Besucher, mehr Veranstaltungen,<br />

eine weiterhin hohe Auslastung der Hallenflächen und Konferenzräume:<br />

Das waren die Anforderungen an die Mitarbeiter<br />

der Messe Stuttgart beim Umzug vom alten auf das neue Messegelände<br />

beim Stuttgarter Flughafen im Jahr 2007.<br />

Schnell wurde klar, dass dies alles nur zu schaffen ist, wenn<br />

die Mitarbeiter von unnötigen Aufgaben entlastet werden, um<br />

ihre Kapazitäten voll und ganz dieser Mammutaufgabe widmen<br />

zu können. Dies war die Geburtsstunde der Abteilung Zentraleinkauf.<br />

Sie wurde von ihrer Leiterin Daniela Löbbe 2009 maßgeblich<br />

aus der Taufe gehoben. Mit großem Erfolg: Standardbeschaffungssituationen<br />

wurden seitdem vereinfacht und digitalisiert,<br />

Lieferantenpools für Werbe- und Presseagenturen,<br />

Fotografen, Übersetzungsbüros und Vertriebsunterstützung<br />

(Callcenter-Service) erstellt. Da es sich um Nichtproduktionsmaterialien<br />

bzw. indirektes Material handelt, das beschafft<br />

werden muss, ist die Entlastung der Mitarbeiter groß. Sie müssen<br />

keine drei Einzelangebote mehr für jeden Auftrag einholen,<br />

haben transparente Preisübersichten zur Verfügung und<br />

können sich auf klare, ausgehandelte Rahmenbedingungen<br />

verlassen. „Dabei geht es etwa um Fragen zur Scheinselbstständigkeit,<br />

aber auch zur wirtschaftlichen Stabilität unserer<br />

Lieferanten. Sind sie überhaupt in der Lage, unsere Aufträge<br />

zu den vereinbarten Bedingungen auszuführen?“, präzisiert<br />

Löbbe, was damit gemeint ist.<br />

Für die Mitarbeiter verringert sich durch die zentrale Beschaffung<br />

der Zeit- und Kostendruck erheblich, viele Bestellprozesse<br />

werden deutlich vereinfacht. „Wir hatten in der Vergangenheit<br />

mit mehr als 50 Druckereien Kontakt. Mittlerweile<br />

ist es nur noch eine, die unseren Anforderungskatalog bei<br />

jeder Drucksache kennt und umsetzen kann“, erklärt Löbbe.<br />

Von der Bestellung bis zur Rechnungsabwicklung laufen die<br />

Bestellvorgänge mittlerweile im Purchase-to-Pay-Prozess, das<br />

bedeutet: komplett automatisiert und papierlos.<br />

Chefin Daniela Löbbe hat im Zentraleinkauf noch zwei Vollzeit-<br />

und eine Teilzeiteinkäuferin an ihrer Seite, denn es gibt<br />

auch einen großen Bereich an flexiblen Bestellungen. Zusätzlich<br />

ist noch eine Versicherungsspezialistin in Teilzeit beschäftigt.<br />

Der Termindruck im Messegeschäft ist durchweg hoch.<br />

Nicht nur die Messen selbst haben feste Termine, sondern<br />

auch die begleitenden Veranstaltungen wie Fachkonferenzen,<br />

Pressekonferenzen, Seminare oder Events. „Der Kunde ist auf<br />

den ersten Blick der Mitarbeiter, aber auf den zweiten oftmals<br />

ein Messeveranstalter oder Aussteller, der seine Standortwahl<br />

maßgeblich von der termingerechten Umsetzung seiner Wünsche<br />

abhängig macht“, erklärt Löbbe. Häufig müssen kurzfristig<br />

und einmalig Dinge beschafft werden, wobei es hier neben<br />

dem Best Price und der Best Quality vor allem darum geht,<br />

den Termin zu halten.<br />

Ein Beispiel für solch einen Bestellvorgang ist der Fototermin<br />

im Januar dieses Jahres zur offiziellen Eröffnung der neuen<br />

Paul Horn Halle (Halle 10) und des Einganges West im Rahmen<br />

des Neujahrsempfangs. Nachdem die Planungen dafür vor<br />

Weihnachten abgeschlossen waren, ging es darum, für einen<br />

Fototermin mit viel Prominenz einen passenden Rahmen mit<br />

großen Styroporbuchstaben zu schaffen. „#HALLE10“ war das<br />

Motto. Ein Anruf in der Einkaufsabteilung kurz vor Weihnachten<br />

mit der Bitte um Beschaffung. Hier zeigt sich, dass es ohne<br />

professionell ausgebildete Einkäufer nicht geht.<br />

Die fraglichen Styroporzuschnitte konnten kurzfristig beschafft<br />

werden, sogar eine Formatänderung schaffte der Lieferant<br />

noch. „Das war ein Glücksfall für uns. Wir hatten mit dem<br />

Lieferanten bereits eine andere Bestellung realisiert. Auch auf<br />

deren Seite saßen Profis. Immer wieder schön, wenn alles so<br />

reibungslos klappt“, freut sich Löbbe.<br />

„Wir sehen die Digitalisierung als Zusammenspiel Mensch –<br />

Maschine. Sie soll die Menschen unterstützen, wird sie aber so<br />

schnell nicht ersetzen“, ist Löbbe überzeugt. Das beste Beispiel<br />

dafür sind Messen selbst. Die Face-to-Face-Kommunikation ist<br />

nach wie vor sehr wichtig, Messen haben trotz der Digitalisierung<br />

sogar an Bedeutung gewonnen, profitieren aber stark von<br />

ihr, etwa durch Liveschaltungen in Fertigungshallen, OP-Säle<br />

oder durch Videokonferenzen.<br />

Nicht jeder im Haus fand es anfangs gut, Bedarfe über eine<br />

zentrale Beschaffungsabteilung abwickeln zu müssen. Es gab<br />

vereinzelt Vorbehalte und Ängste, in den eigenen Kompetenzen<br />

beschnitten zu werden oder das digitale Bestellsystem<br />

Künftig werden Erklärvideos die Abläufe bei einer Bestellauslösung<br />

noch anschaulicher verdeutlichen. Das Messe-<br />

TV-Team und die Mitarbeiterinnen des Zentraleinkaufs<br />

haben schon viele Ideen dafür. (v. l. n. r.: Kira Hesselschwerdt,<br />

Anastasia Ouroumidou, Daniela Löbbe, Nadja Beckett)<br />

„Wir haben die Kollegen mit<br />

ihren Bedürfnissen ernst genommen<br />

und von den Vorteilen des<br />

Zentraleinkaufs überzeugt.“<br />

Daniela Löbbe, Leiterin Zentraleinkauf, Messe Stuttgart<br />

nicht zu verstehen. Darum ist für die Implementierung einer<br />

Einkaufsabteilung die Kommunikation sehr wichtig. „Wir haben<br />

die Kollegen mit ihren Bedürfnissen ernst genommen und von<br />

den Vorteilen überzeugt. Sie wurden eng mit eingebunden<br />

beim Aufbau der Lieferantenpools und haben ihre Wunschlieferanten<br />

eingebracht“, erläutert Löbbe die Vorgehensweise.<br />

Um die Bestellauslösung so einfach wie möglich zu gestalten,<br />

wurden anschauliche Leitfäden entwickelt, und die Mitarbeiterinnen<br />

der Abteilung stehen jederzeit telefonisch für Fragen zur<br />

Verfügung. Doch damit nicht genug. Löbbe arbeitet in Sachen<br />

Leitfaden bereits am nächsten Schritt: Erklärvideos.<br />

„Nachdem sich unsere Berichterstattung über die Veranstaltungen<br />

der Messe Stuttgart immer mehr auf Kurzvideos<br />

in den unterschiedlichen digitalen Kanälen verlegt hat, produzieren<br />

wir gerade Erklärvideos für unsere Bestellprozesse.<br />

Das Messe-TV-Team um Moderatorin Stefanie Kromer und Kamerafrau<br />

Kira Hesselschwerdt war begeistert von der Idee“,<br />

freut sich Löbbe. Im hausinternen Social Intranet Messe Stuttgart<br />

(SIMS), auf dem sich die Mitarbeiter in Workspaces über<br />

ihre Arbeit, aber auch über Freizeitaktivitäten austauschen,<br />

ist die Einkaufsabteilung ebenfalls vertreten und wird dort<br />

demnächst mit ihren Erklärvideos auch visuell stärker präsent<br />

sein. //<br />

In den vergangenen Jahren hat<br />

Daniela Löbbe mit der Hans Becker<br />

GmbH mehrfach Coachings zum<br />

Thema Marketing-Einkauf durchgeführt.<br />

Wie baut man diesen auf?<br />

Welche Teildisziplinen gibt es?<br />

Wie funktioniert der Markt?<br />

Welche Anbieter gibt es? … Durch<br />

den regel mäßigen Austausch ist<br />

eine gute Zusammenarbeit entstanden.<br />

Frau Löbbe hat unseren<br />

fachlichen Input in die Praxis umgesetzt<br />

und damit hilfreiche Prozesse<br />

etablieren können.


30<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

Nur der Wandel ist beständig<br />

Man sollte mal mitschreiben, was die Leute so reden, meinte Kurt Tucholsky,<br />

der ja stets sehr genau zugehört hat. Doch ebenso interessant ist, was sie nicht<br />

(mehr) reden: verwandelte und verschwundene Wörter.<br />

von Herbert Lechner<br />

Sprache ist ein sehr vitales Lebewesen, es gibt ein ständiges<br />

Kommen und Gehen von Wörtern und Begriffen, Fremd-,<br />

Lehn- und Fachwörter, Anleihen aus dem Wortschatz bestimmter<br />

Peergroups oder auch aus dem Dialekt, dazu andererseits<br />

Wörter, die aus der Mode kommen, ungebräuchlich werden,<br />

aussterben. Sprache, das muss einmal betont werden, ist die<br />

größte Errungenschaft der Menschheit und entscheidende<br />

Triebfeder ihrer besonderen Evolution. Übrigens verdanken wir<br />

wohl auch sie dem weiblichen Geschlecht am gemein samen<br />

Herd. Denn beim herkömmlichen maskulinen Blick auf die<br />

Jäger als Spracherfinder dürften doch eher stumme Zeichengebung<br />

(vorher) und Siegesgebrüll (nachher) angesagt gewesen<br />

sein.<br />

Sprache als Kommunikationsmittel ist recht ökonomisch.<br />

Was nicht gebraucht wird, wird erst mal abgelegt, mit 600 bis<br />

800 Wörtern kommt der Deutsche im Allgemeinen aus – nicht<br />

viel angesichts der rund 450.000 Begriffe, die das Grimmʼsche<br />

Wörterbuch aufführt, und der ca. 145.000 im aktuellen Duden.<br />

Neuzugänge erleben wir laufend und nutzen sie auch: googeln,<br />

recyceln, Tablet, Smartphone, Dieselskandal, hartzen …<br />

Manche sind kurzlebig, verschwinden wieder, wenn das Sujet<br />

nicht mehr aktuell ist, etwa die Floppy Disc aus der Computer-<br />

Steinzeit oder „guttenbergen“ (für Abschreiben). Andere sind<br />

als „deutsche“ Wörter längst fest etabliert: Noch Anfang des<br />

20. Jahrhundert waren Cakes (Keks) und Strike (Streik) korrekte<br />

Schreibweisen, und die Marke Teekanne schrieb sich zu Beginn<br />

ihrer 125-jährigen Karriere natürlich mit „h“.<br />

Zahllos sind die Übernahmen aus anderen Sprachen und<br />

Kulturen – die neben all den modernen Anglizismen aus oft<br />

sehr überraschenden Quellen kommen. So stammen z. B.<br />

Joghurt, Diwan, Kiosk, aber auch die Tulpe aus dem Türkischen,<br />

den Pfirsich haben wir vom Mittellateinischen persica („die<br />

persische [Frucht]“), weil der Baum über Persien nach Europa<br />

kam. Auch unsere wohlvertraute Semmel ist ein Lehnwort aus<br />

dem Lateinischen (simila), in das es aus dem Griechischen und<br />

dort wiederum aus orientalischen Sprachen entlehnt wurde.<br />

Und wer denkt schon beim Croissant daran, dass er in einen<br />

symbolischen Halbmond beißt, den ein Wiener Konditor nach<br />

dem Sieg über die Türken 1683 kreiert hat …<br />

Klar, dass beim Sprachgebrauch auch einiges auf der Strecke<br />

bleiben muss. Da sind zuerst jene Begriffe, die mit dem<br />

bezeichneten Objekt obsolet werden: Zwischengas etwa,<br />

Rechenschieber oder gar Stenorette, das legendäre Grundig<br />

Diktiergerät. Viele, vor allem regional geprägte Fachbegriffe,<br />

die z. B. aus der Landwirtschaft verschwunden sind, gibt es<br />

ebenso nicht mehr wie die zugehörigen Geräte. Hier sind viele<br />

klangvolle Dialektwörter verloren gegangen. Das (Taschen-)<br />

Fei(d)l etwa, das Johann Andreas Schmeller im großartigen<br />

Bayerischen Wörterbuch noch mit der Erklärung schlechtes<br />

Messer, Taschenmesser verzeichnet, wird wohl niemand mehr<br />

so nennen. Ähnlich natürlich bei Berufen, die es nicht mehr<br />

gibt. Wer weiß noch, was auf Stör gehen bedeutete?<br />

„Deutsch“ ist – wie jede Sprache! – ein außerordentlich<br />

heterogenes Gebilde. Außer den Dialekten, die zunehmend<br />

durch audiovisuelle Medien nivelliert werden, gibt es regionale<br />

Vorlieben, die in Sprachatlanten dokumentiert sind – etwa<br />

Krawatte, Binder, Schlips oder Semmel, Brötchen, Weck(en).<br />

Ähnlich geht es natürlich mit dem „Deutsch“ in Österreich,<br />

der Schweiz und verschiedenen Sprachexklaven. Wenn selbst<br />

in der so seriösen Neuen Zürcher Zeitung berichtet wird, dass<br />

ein Töffli beim Parkieren verunfallte, wundert man sich hierzulande.<br />

Ein Kapitel für sich bildet die Sprache der DDR, an der sich<br />

der Wandel gleichsam am lebenden Objekt zeigt. Wir werden<br />

sehen, wieweit Broiler, Soljanka, SERO und Bückware überleben<br />

bzw. auch von den Wessis adaptiert werden.<br />

Dann gibt es natürlich Sprachmoden: Während es heute im<br />

ICE „Senk ju for träwelling“ (so Mark Spörrle, Lutz Schumacher)<br />

heißt, nachdem wir unser Ticket am Counter im Servicecenter<br />

abgeholt haben, reiste man früher eher Französisch und erwartete<br />

auf dem Perron mit dem Kondukteur den Waggon mit<br />

unserem reservierten Coupé, das Billet in der Hand. Solch ein<br />

Worttausch ist weit häufiger, als man denkt. Besonders auffällig<br />

etwa bei den Verwandtschaftsbezeichnungen: Der Onkel hat<br />

den Oheim ersetzt, die Cousine die Base und wohl niemand<br />

würde ernsthaft den Schwiegersohn noch als Eidam bezeichnen.<br />

Auch der Hagestolz ist verschwunden, jener eingefleischte<br />

ältere Junggeselle, der nicht einmal die Sommerfrische für<br />

ein Stelldichein mit einem – zweibeinigen – Backfisch nutzte,<br />

selbst wenn er ihm nicht ein Blaustrumpf zu sein dünkte und<br />

gar einen Knicks machen würde … Sie merken schon, das klingt<br />

alles recht vorgestrig.<br />

Wörter machen aber auch Karriere bzw. sinken in der Wertung.<br />

Weib und Dirne waren bekanntlich einst neutrale Bezeichnungen,<br />

smart und clever dagegen eher zweifelhafte Eigenschaften<br />

mit dem Beigeschmack von windig. Ein schönes<br />

Und wer denkt schon beim Croissant<br />

daran, dass er in einen symbolischen<br />

Halbmond beißt, den ein Wiener<br />

Konditor nach dem Sieg über die<br />

Türken 1683 kreiert hat?<br />

Beispiel ist geil: Ursprünglich<br />

im Althochdeutschen (ca. 750<br />

bis 1050 n. Chr.) „überschäumend<br />

beim Garen“ wurde es im Mittelhochdeutschen<br />

(ca. 1050 bis 1350)<br />

übertragen auf Charaktereigenschaften<br />

wie fröhlich, glücklich, stolz, auch ungestüm<br />

und wild. Das verschob sich zu sinnlich,<br />

lustvoll, wollüstig und landete schließlich im eindeutig<br />

sexuellen Bereich des „So was sagt man nicht“. Dieses<br />

Absinken ins Anstößige ist beliebt, auch so verschwinden<br />

Wörter aus dem offiziellen Sprachgebrauch. Ernst Bornemanns<br />

Grundlagenwerk „Der obszöne Wortschatz der Deutschen. Sex<br />

im Volksmund“ bietet dafür eine Fülle von Belegen. Solche<br />

Tabubegriffe eignen sich bestens zur Provokation, verlieren<br />

aber ihren Reiz, wenn sie Mainstream werden. So wie eben<br />

geil, das es über die Jugendsprache bis zu „Geiz ist geil“ und<br />

den Edeka-Werbespot „Supergeil“ geschafft hat. Aber dann ist<br />

das Wort eben nicht mehr geil, sondern muss mit (falschem)<br />

Superlativ – einzigst, optimalst, weitreichendst – oder möglichst<br />

provokanter Begriffsaddition gepimpt werden, siehe:<br />

oberaffentittengeil! //


32 Porträt<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

33<br />

Sören Seewald<br />

Mobiles Denken und Handeln auf stabiler Basis<br />

die meiner Vorstellung von Arbeit optimal entspricht“, betont<br />

der systematische Logistiker, der übrigens die meiste Zeit vom<br />

Homeoffice aus arbeitet – auch das eine Bestätigung für die<br />

angesprochene flexible Organisation.<br />

Zu seinen Hobbys zählt Familienmensch Seewald sowohl<br />

Frau und Kinder, mit gemeinsamem Kochen und – bei diesem<br />

Beruf natürlich – Reisen, als auch die Arbeit im Garten. Die<br />

dient dem Mobilitätsprofi nicht nur als Ruhepol und zur Entspannung,<br />

sondern auch immer wieder zur beruflichen Ideenfindung.<br />

Außerdem bekennt er: „Die Liebe zur Eisenbahn und<br />

zu Detektivgeschichten ist geblieben.“ //<br />

„Klare Priorisierung<br />

auf der Erarbeitung hand fester,<br />

umsetzungsfähiger Ideen und<br />

Konzepte für den Kunden und einem<br />

erfolg reichen Projektabschluss,“<br />

lautet sein Credo.<br />

Manchmal erfüllen sich kindliche Berufswünsche schließlich<br />

doch noch – wenn auch auf andere Weise als ursprünglich gedacht.<br />

So, wie es auch Sören Seewald gegangen ist. Sein kindheitstypischer<br />

Traum, Lokführer zu werden, sollte sich zwar<br />

ebenso wenig erfüllen wie der spätere, seine Karriere bei der<br />

Kriminalpolizei zu starten. Aber in gewisser Weise ist seine<br />

heutige Tätigkeit durchaus mit diesen beiden Berufszielen verbunden:<br />

Denn als Logistikspezialist bei Hans Becker beschäftigen<br />

ihn kniffelige Verkehrs- (und Rangier-) Aufgaben tagtäglich.<br />

Und nicht selten muss er dabei sein ganzes detektivisches<br />

Geschick aufbieten, um die für den Kunden optimale Lösung<br />

zu erarbeiten.<br />

Mit den Schwerpunkten seiner Aufgaben – externe Logistik,<br />

nationale und internationale Transportorganisation und -konzeption<br />

sowie Netzwerkplanung und Frachteneinkauf – gibt es<br />

da Anlass genug, besondere Fähigkeiten und volles Engagement<br />

einzusetzen – langweilig wird es jedenfalls nie.<br />

Dafür kann Sören Seewald umfassende Erfahrungen aus<br />

allen Bereichen der professionellen Güterbewegung nutzen.<br />

Denn der gelernte Speditionskaufmann bringt nicht nur die<br />

Weiterbildung zum Verkehrsfachwirt und Logistikmaster mit.<br />

Sein beruflicher Werdegang bescherte ihm unter anderem<br />

13 Jahre Erfahrung im speditionellen Umfeld, sieben Jahre in<br />

der verladenden Wirtschaft und weitere fünf Jahre in der Logistikberatung.<br />

Und das bei ersten Adressen wie DB Schenker,<br />

Rittal oder E.L.V.I.S. Dieses konzentrierte praktische Fachwissen<br />

wird bei jedem Auftrag spürbar. Und „die gute Mischung aus<br />

Bodenständigkeit und Zukunftsorientierung“, die er an seinem<br />

Arbeitgeber schätzt, dürfte auch auf ihn selbst zutreffen. Immerhin<br />

steht, auch bedingt durch die Digitalisierung, Logistik<br />

heute vor ganz neuen Herausforderungen und ihr Stellenwert<br />

hat massiv zugenommen. Auch deshalb sieht Sören Seewald<br />

die ungeschriebene Hans-Becker-Philosophie dafür als wichtige<br />

Voraussetzung.<br />

„Klare Priorisierung auf der Erarbeitung hand fester, umsetzungsfähiger<br />

Ideen und Konzepte für den Kunden und einem<br />

erfolg reichen Projektabschluss,“ lautet sein Credo. Doch ebenso<br />

spielen die „Soft Facts“ seines Arbeitgebers für ihn eine Rolle:<br />

„Ein sehr angenehmes, familiäres Arbeitsumfeld mit flachen<br />

Hierarchien und eine flexible, moderne Arbeitsorganisation,


34<br />

Genuss<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

35<br />

Zu gut<br />

für die<br />

Tonne!<br />

1. Einkauf planen und gezielt einkaufen – der gute alte<br />

Einkaufszettel<br />

2. Lebensmittel richtig lagern – richtige Bedingungen<br />

(und Platz!) für die Lagerung schaffen<br />

3. Haltbarkeit prüfen – nicht alleine auf das<br />

Mindesthaltbarkeitsdatum achten<br />

4. Beim Kochen Portionen richtig ein schätzen – da hilft<br />

ein Blick ins Kochbuch bei der Mengenauswahl<br />

5. Reste einfrieren oder weiterverwerten – selbst<br />

kleine Mengen können zu neuen Ehren kommen, z. B.<br />

übrige Kartoffeln für ein Bauernomelett verwenden<br />

60 g Gurkenschalen<br />

5 Limetten, ausgepresst<br />

10 g Ingwer, gehackt<br />

80 g Kristallzucker<br />

Eis zum Servieren<br />

Gurkenschalen-<br />

Limonade<br />

mit Ingwer<br />

Drink für 4 Personen<br />

von Christian Aigner<br />

Kochshows, Diätrezepte, gesunde Ernährungstipps und immer<br />

neue Moden, von Paläodiät bis intermittierendem Fasten<br />

– Essen liegt eindeutig im Trend und ist das große Thema.<br />

Doch bleibt beim Wettstreit der Kochtöpfe, den Gastro-Rankings<br />

und wechselnden Empfehlungen nicht manchmal das<br />

schlichte Glück des Essens auf der Strecke? Und wie steht es<br />

dabei um die bewusste Wertschätzung unserer Lebensmittel?<br />

Verstellt der Überfluss den Blick aufs Wesentliche?<br />

Aufmerksamkeit für Lebensmittel<br />

Warum ist gerade in Deutschland die Wertschätzung gegenüber<br />

unseren Lebensmitteln so gering? Außer dem Lebensmittelüberfluss<br />

und den (zu) niedrigen Preisen nennt Vanessa<br />

Löhn in „Ernährung im Fokus“ als Ursachen:<br />

• falsche oder zu lange Lagerung,<br />

• fehlender Appetit oder fehlende Lust,<br />

• die mangelnde Kenntnis, ob Lebensmittel noch genießbar sind,<br />

• und nicht zuletzt Fehlplanung beim Einkauf.<br />

Im Schnitt werfen alle Haushalte in Deutschland pro Jahr<br />

7,8 Millionen Tonnen Lebensmittel in den Müll. Pro Person<br />

sind das jährlich immerhin satte 96 Kilogramm! Das ist fast<br />

ein Drittel der Einkäufe.<br />

Richtig planen<br />

Wenn wir einmal unser eigenes Konsumverhalten auf den Prüfstand<br />

stellen, können wir viel verändern. Ein Joghurt, der gleich<br />

verzehrt werden soll, braucht kein langes Haltbarkeitsdatum.<br />

Für Semmelknödel eignen sich die Brötchen vom Vortag hervorragend.<br />

Die meisten Lebensmittel haben auch nach dem<br />

gesetzlichen MHD keine Qualitätseinbußen …<br />

Mir haben diese Ratschläge geholfen, meine Reste besser einzusetzen,<br />

statt sie in die Tonne zu geben, und (Genuss-)bewusster<br />

zu kochen.<br />

Wiederentdeckungen<br />

Frühere Generationen wussten sehr gut, wie sich mit Resten<br />

noch bekömmliche und durchaus schmackhafte Mahlzeiten<br />

zubereiten lassen. Das ist durch das Überangebot an leicht<br />

verfügbaren Köstlichkeiten in Vergessenheit geraten.<br />

Haben Sie sich auch schon gefragt, warum man die Knolle<br />

des Kohlrabis isst, aber die Blätter nicht? Meine Großmutter<br />

hatte mir empfohlen, die jungen Blätter zum Würzen des Kohlrabi-Gemüses<br />

aufzuheben. Immer öfter frage ich mich in letzter<br />

Zeit, warum ich die größeren Blätter wegwerfe und nur die<br />

jungen zarten verwende. Interessant, dass wir von den Großeltern<br />

angewendetes Wissen über die Feldfrüchte heute wiederentdecken<br />

und weiterentwickeln.<br />

Neue Genüsse<br />

Das Blog „Leaf-to-Root.com“ von Esther Kern, einer Schweizer<br />

Autorin und Gastrokritikerin, gibt viele Anregungen und Erkenntnisse<br />

über die ungeliebten Stücke des Gemüses. Ganz<br />

nebenbei erhält der Leser auch Rezeptideen. Auch das vielfach<br />

ausgezeichnete, appetitanregendes Kochbuch „Leaf to Root“,<br />

das sie gemeinsam mit Pascal Haag und Sylvan Müller zusammengestellt<br />

hat, gibt vielfältige Rezeptideen zu bisher verpönten<br />

Gemüseteilen. Die sogenannten Second Cuts, wie Karottenkraut,<br />

Brokkolistrunk und Kohlrabi- oder Radieschenblätter eröffnen<br />

ganz neue Genusshorizonte und Geschmacksvarianten.<br />

Probieren Sie die schmackhafte „Resteverwertung“ doch einmal<br />

selber aus! Vielleicht kommen Sie auf den Geschmack. //<br />

Fotografie © Sylvan Müller,<br />

AT Verlag / www.at-verlag.ch<br />

Die Gurkenschalen mit dem<br />

Limetten saft und 350 ml<br />

Wasser mischen. Über Nacht<br />

zugedeckt im Kühlschrank<br />

durchziehen lassen.<br />

Am nächsten Tag den Ingwer<br />

mit dem Zucker und 350 ml<br />

Wasser mischen, aufkochen<br />

und 10 bis 15 Minuten bei<br />

geringer Hitze ziehen lassen.<br />

Die Flüssigkeit auskühlen<br />

lassen und danach zum<br />

Limetten-Gurken-Wasser<br />

gießen.<br />

Die Limonade im Standmixer<br />

pürieren (nicht alles auf<br />

einmal, damit die Gurkenschale<br />

gut gemixt wird) und<br />

durch ein Sieb passieren.<br />

Die Limo nade kühl stellen.<br />

Mit Eis servieren.<br />

www.leaf-to-root.com


36 auch das noch!<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

37<br />

„Wenn du etwas zwei Jahre lang<br />

gemacht hast, betrachte es sorgfältig!<br />

Wenn du etwas fünf Jahre lang gemacht<br />

hast, betrachte es misstrauisch!<br />

Wenn du etwas zehn Jahre lang<br />

gemacht hast, mache es anders!“<br />

„Des hama ja<br />

no nia so gmacht ! “<br />

Mahatma Gandhi<br />

– die Anziehung des Bestehenden<br />

zu 95 %<br />

Prognose<br />

„Wenn ein renommierter, aber älterer Wissenschaftler<br />

behauptet, dass etwas möglich sein könnte, dann hat<br />

er fast immer recht. Wenn der gleiche ältere Wissenschaftler<br />

dagegen behauptet, dass etwas unmöglich sei,<br />

dann liegt er sehr wahrscheinlich falsch.“<br />

Arthur C. Clarke, britischer Physiker und Science-<br />

Fiction-Autor<br />

intern<br />

Managed Service by Hans Becker<br />

Die Situation in den deutschen Unternehmen spitzte<br />

sich in den letzten Monaten noch einmal deutlich zu.<br />

Aufgrund zum Teil gravierender Kapazitätsengpässe<br />

können dringende Projekte und Ausschreibungen im<br />

indirekten Einkauf häufig nicht umgesetzt werden. Mit<br />

unserem „Managed Service“ unterstützen wir nun bereits<br />

seit zwei Jahren verstärkt unsere Kunden, um schnell<br />

und professionell diese Anforderungen zu bearbeiten.<br />

Als externe Einkäufer auf Zeit bearbeiten wir diese<br />

Einzelthemen schnell und unkompliziert.<br />

www.hansbeckergmbh.de<br />

to<br />

müll<br />

Upcycling<br />

Die Dinge, die bei Lockengelöt landen,<br />

gehen nicht den üblichen Weg aller<br />

Dinge, sondern dürfen noch einmal in<br />

veränderter Form und neuer Funktion<br />

brillieren. Das Ölfass als Schrank, die<br />

Schallplatte als Rollenhalter oder das<br />

Buch als Garderobe.<br />

www.lockengeloet.com oder analog in<br />

der Marktstr. 114 in Hamburg<br />

Für den Fall, dass Sie bei den ganzen<br />

Veränderungen Ihres Alltags auch einmal<br />

passen wollen, hier die Anleitung zur<br />

Un-Veränderung.<br />

von Florian Steinkohl<br />

Der Mensch ist bekanntlich ein „Gewohnheitstier“. Und das<br />

sind wir weit häufiger, als wir selbst glauben. Ein Beispiel? Sie<br />

putzen täglich Ihre Zähne mehrmals mit der gleichen, geübten<br />

Hand. Ändern Sie das doch mal. Es fühlt sich doch ungewohnt<br />

und komisch an – richtig? Und das aus gutem Grund – denn<br />

gewohnte Abläufe, die für uns zur Routine geworden sind, benötigen<br />

weniger Aufmerksamkeit und geistige Energie. Bildlich<br />

gesprochen sind wir bei solchen Aufgaben im Gehirn-Energiesparmodus<br />

und können uns wirklich auf die wichtigen Dinge<br />

im Leben konzentrieren.<br />

Wenn Sie gerade beruflich und privat mit zu vielen Veränderungen<br />

konfrontiert sind, dann rate ich Ihnen, erst mal Ruhe<br />

zu bewahren und nicht vorschnell von der bewährten Routine<br />

abzuweichen. In Bayern ist mit Ruhe bekanntlich nicht nur die<br />

akustische Lärmvermeidung gemeint, sondern vielmehr das<br />

einfache „Nichtstun“. Zugegeben, solch eine positive Eigenschaft<br />

muss auch gelernt sein. Aber mit dieser stoischen Ruhe<br />

bewältigen Sie vielfältige Veränderungen einfach durch konsequentes<br />

Aussitzen. Denn viele Probleme lösen sich bekanntlich<br />

von alleine, man muss nur die Geduld dazu aufbringen. Um jedoch<br />

diese Geduld und Ruhe bewahren zu können, benötigen<br />

Sie auch die passenden Werkzeuge und Argumente, um all den<br />

„Change-Managern“ oder „Change-Leadern“ richtig begegnen<br />

zu können. Bei einigen reicht schon eine einfache Blockade<br />

mit „Das haben wir noch nie so gemacht“ oder „Schade, aber<br />

da bin ich der falsche Ansprechpartner“. Sollte das für den Anfang<br />

noch nicht genügen, ist die Strategie des vermeintlichen<br />

Interesses auch von Vorteil, etwa: „Das klingt interessant, das<br />

prüfe ich gerne und melde mich wieder bei Ihnen.“<br />

Natürlich ist damit die Arbeit noch nicht getan. Denn wenn Sie<br />

einer Veränderung clever aus dem Weg gehen wollen, müssen<br />

Sie auch einen gewissen Aufwand in die Zerstreuung der Veränderungsbemühungen<br />

investieren. Suchen Sie Argumente<br />

und Risiken, die sehr gut für das Verbleiben im Status quo<br />

sprechen. Keine Angst – auch kleine Argumente können mit etwas<br />

Kreativität auf ein beachtliches Niveau „gepimpt“ werden.<br />

Nutzen Sie den nächsten Zugang zum Flurfunk, also Raucherund<br />

Kaffeepausen, um diese – natürlich streng vertraulich –<br />

in den Umlauf zu bringen. Etwa so: „Hast du das auch schon<br />

gehört? Nein? Noch nicht, also von mir hast du es nicht, pass<br />

auf, es ist wirklich der Hammer …“<br />

Damit haben Sie schon mal gute Grundlagen geschaffen,<br />

um viele Projektbeteiligte zu verunsichern. Gehen Sie jetzt<br />

verstärkt vor und schreiben Sie E-Mails mit einem langen CC-<br />

Verteiler, um Ihre Fragen und Bedenken allen Teilnehmern mitzuteilen.<br />

Je mehr Sie einladen, umso größer wird die Arbeit für<br />

die „Change-Agents“. Jetzt bitte aufpassen – halten Sie durch.<br />

Sie werden mindestens noch drei Mal aufgefordert, Ihre Meinung<br />

zu überdenken und sich am Veränderungsprozess positiv<br />

zu beteiligen. Das sollten Sie natürlich nicht tun. Bleiben<br />

Sie bei Ihren Meinungen und verstärken Sie diese noch – wichtig<br />

– meiden Sie den direkten Kontakt und schreiben Sie Ihre<br />

E-Mails mit großem Verteiler.<br />

Wenn Sie das so weit geschafft haben, sind die Chancen<br />

sehr groß, dass Sie vor weiteren Veränderungen verschont<br />

bleiben. Sollten die Veränderungen tatsächlich nicht umgesetzt<br />

werden können, haben Sie zusätzlich den Vorteil, sich<br />

als Kollege mit Weitblick darzustellen. Sie hatten es ja schon<br />

früh kommen sehen …<br />

Hinweis: Zu Risiken und Nebenwirkungen dieses Vorgehens<br />

fragen Sie bitte nicht Hans Becker, sondern sich selbst: Lohnt<br />

sich der Aufwand? //


38<br />

<strong>DENKRAUM</strong> Sommer 2018<br />

Vorschau<br />

Impressum<br />

Nächstes Mal im <strong>DENKRAUM</strong>:<br />

In der nächsten <strong>DENKRAUM</strong>-Ausgabe lesen Sie:<br />

GLANZ ODER ELEND:<br />

WETTBEWERB<br />

Herausgeber:<br />

Hans Becker GmbH<br />

Keltenring 11<br />

82041 Oberhaching<br />

Tel. +49 (0)89 / 66 65 83-0<br />

info@hansbeckergmbh.de<br />

www.hansbeckergmbh.de<br />

Chefredaktion:<br />

Anja Rössel<br />

Tel. +49 (0)89 / 66 65 83-26<br />

a.roessel@hansbeckergmbh.de<br />

M<br />

ÖGE<br />

G EWINNEN!<br />

B ESSE<br />

R E<br />

Höher, weiter, schneller? Das Ringen um die bessere Position,<br />

mehr Leistung, eine höhere Qualifizierung und größere Anerkennung<br />

bewegt uns – in Beruf, Sport, Wirtschaft und Politik. Erfolg und<br />

Anerkennung sind willkommene Belohnungen, doch für den Verlierer<br />

kann es existenzbedrohend werden.<br />

Wettbewerb, Wettkampf, Wettstreit?<br />

Wettstreit Mensch kontra Maschine<br />

„Survival of the Fittest“?<br />

Fairness – das Spiel braucht Regeln<br />

Segensreicher Wettbewerb<br />

Vom Reiz und Risiko der Rankings<br />

Die Hans Becker GmbH<br />

Als inhabergeführtes Unternehmen hat sich<br />

Hans Becker seit über 25 Jahren auf die Optimierung<br />

des strategischen indirekten Einkaufs<br />

sowie alle damit verbundenen Prozesse<br />

spezialisiert.<br />

Seit 1992 beobachtet Hans Becker die relevanten<br />

Märkte und verfügt über fundierte Erfahrungen<br />

in Industrie, Handel, Banken, Versicherungen<br />

und vielen anderen Branchen.<br />

Über 450 Klienten konnten bereits von dem<br />

Spezialwissen der Hans-Becker-Experten<br />

profitieren und dadurch ihre Effizienz steigern.<br />

Methoden- und Umsetzungskompetenz<br />

sind bis heute ein Markenzeichen von<br />

Hans Becker.<br />

Porträt<br />

Ausgabe 7 des<br />

Magazins <strong>DENKRAUM</strong><br />

erscheint Anfang 2019<br />

Neben der Durchführung von reinen Kostensenkungsprojekten<br />

bzw. strategischen Optimierungsprojekten<br />

in einem klar definierten<br />

Zeitrahmen übernimmt Hans Becker für die<br />

Auftraggeber den kompletten oder auch teilweisen<br />

strategischen Einkauf von Gütern und<br />

Dienstleistungen. Hierzu gehören auch das<br />

Coaching von Mitarbeitern im Einkauf sowie<br />

die nachhaltige und langfristige Qualitätskontrolle<br />

in den untersuchten Bereichen. Verschiedene<br />

Onlineangebote runden das Portfolio<br />

ab und unterstützen die Klienten punktuell.<br />

HANS BECKER<br />

Effizient Einkaufen<br />

Autoren dieser Ausgabe:<br />

Christian Aigner, Hans Becker,<br />

Herbert Lechner, Anja Rössel,<br />

Florian Steinkohl, Silvia Stoll,<br />

Franz Tramberger<br />

Lektorat:<br />

Susanne Schneider<br />

Gestaltung:<br />

Freie Kreatur, Ebersberg<br />

Petra Winkelmeier,<br />

Andreas Mitterer<br />

www.freiekreatur.de<br />

Druck:<br />

Bayern Print GmbH, Augsburg<br />

Bildnachweis:<br />

Titel 1: © FrMorrison /Wikimedia;<br />

Titel 2: © StanOd/fotolia.de (2); S. 4:<br />

© Architektur-Bildarchiv/Thomas<br />

Robbin; S. 5: © Thorsten Jochim /Hans<br />

Becker GmbH; S. 6: © matiasdelcarmine/fotolia.de,<br />

© Messe Stuttgart,<br />

© Hans Becker GmbH, © Constantia<br />

Flexibles; S. 8/9: © Hans Blossey/<br />

Alamy Stock Photo; S. 10–12: © Sarah<br />

Illenberger (3); S. 13: © Alexander<br />

Limbach/fotolia.de; S. 14: © matiasdelcarmine/fotolia.de;<br />

S. 15: © robu_s/<br />

fotolia.de; S. 19: © Phil Daub/fotolia.<br />

de; S. 21/22: © Constantia Flexibles (4);<br />

S. 23–25: Grafiken: © Freie Kreatur,<br />

© mtzsv/fotolia.de, © pp_scout/fotolia.<br />

de, © Marc/fotolia.de, © sergey89rus/<br />

fotolia.de, © insima/fotolia.de;<br />

S. 26/27: © pixabay; S. 29: © Messe<br />

Stuttgart (4); S. 31: © Manuel Adorf/<br />

fotolia.de, © Jiri Hera/fotolia.de,<br />

© pressmaster/fotolia.de, © Blickfang/<br />

fotolia.de, © akg-images (Konstantinopel),<br />

© elzloy/fotolia.de, © Boris<br />

Stroujko/fotolia.de, © bradleyvdw/<br />

fotolia.de, © Vladislav Gajic/fotolia.de;<br />

S. 32/33: © scusi/fotolia.de, © Hans<br />

Becker GmbH; S. 34: © Janis Abolins/<br />

fotolia.de; S. 35: © Sylvan Müller,<br />

AT Verlag/www.at-verlag.ch; S. 36:<br />

© lockengeloet.com, ; S. 37: © Granger<br />

Historical Picture Archive/Alamy<br />

Stock Photo; S. 39: © colonga/fotolia.<br />

de; S. 40: © snyGGG/fotolia.de<br />

Erscheinungsweise: halbjährlich<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Fotos wird keine Haftung<br />

übernommen. Trotz sorgfältiger<br />

Auswahl der Quellen kann für die<br />

Richtigkeit nicht gehaftet werden.<br />

Nachdruck und Verwendung, auch<br />

auszugsweise, nur mit ausdrücklicher<br />

Genehmigung der Redaktion.<br />

D ER


Das Einsparpotenzial<br />

im indirekten Einkauf<br />

liegt im Durchschnitt bei<br />

14 %<br />

*<br />

*Gem. Studie: Die Bedeutung des strategischen indirekten Einkaufs –<br />

Potenziale und Implementierungskonzepte; Technische Universität<br />

München; K. Gegg, M. Gronover, A. Weiß, B. Ströbele, M. Sc.; 2015<br />

Fragen Sie die Profis!<br />

HANS BECKER<br />

Effizient Einkaufen<br />

Hans Becker GmbH<br />

Keltenring 11<br />

82041 Oberhaching<br />

Telefon +49 (0) 89 / 66 65 83-0<br />

Telefax +49 (0) 89 / 66 65 83-12<br />

info@hansbeckergmbh.de<br />

www.hansbeckergmbh.de<br />

Hans Becker GmbH I Büro Österreich<br />

Lindenweg 1<br />

3353 Seitenstetten<br />

Telefon +43 (0) 7477 / 2 08 02<br />

Telefax +43 (0) 7477 / 2 08 02-30<br />

f.tramberger@hansbeckergmbh.at<br />

www.hansbeckergmbh.at

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