Strukturelle und funktionelle
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Tourette-Gesellschaft e.V. 06.11.2004 Aachen - online auf www.tourette.de<br />
<strong>Strukturelle</strong> <strong>und</strong> <strong>funktionelle</strong> Bildgebung<br />
bei Gilles-de-la-Tourette Patienten<br />
Vortrag Dr. I. Neuner<br />
Klinik für Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie, Universitätsklinikum Aachen<br />
Institut für Medizin, Forschungszentrum Jülich<br />
Methoden MRT <strong>und</strong> fMRT<br />
Die Magnetresonanztomographie (MRT) <strong>und</strong> die <strong>funktionelle</strong> Magnetresonanztomographie<br />
(fMRT) sind Methoden, die es ermöglichen sehr hoch aufgelöste Bilder des Gehirns<br />
aufzunehmen. Dabei macht man sich Veränderungen in einem Magnetfeld zunutze,<br />
Röntgenstrahlen oder radioaktive Stoffe kommen dabei nicht zum Einsatz. Im Anhang zeigt<br />
die Abbildung 1 ein MRT-Gerät, in der nachfolgenden Abbildung 2 sind die einzelnen<br />
Bauteile, die hinter der Verkleidung verborgen sind, dargestellt.<br />
Im MRT-Gerät können über ein Videosystem, Kopfhörer <strong>und</strong> Tasten dem Untersuchten<br />
Aufgaben gestellt werden, z.B. immer eine Taste zu drücken wenn auf dem Videoschirm der<br />
Buchstabe X erscheint. Dies führt zur Aktivierung bestimmter Gehirnareale. Die Lokalisation<br />
<strong>und</strong> die Stärke der Aktivierung geben Auskunft über die Funktion des Gehirns.<br />
Neuroanatomie<br />
Für das Gilles-de-la-Tourette Syndrom sind im Gehirn bestimmte Areale von besonderer<br />
Bedeutung. Dies sind z.B. die Basalganglien. Sie sind die Schaltstelle im Gehirn für einen<br />
harmonischen Bewegungsablauf, die Verbindung von komplexen Bewegungsabfolgen <strong>und</strong> für<br />
das Tempo einer Bewegung. Die Basalganglien sind auf der nachfolgenden Zeichnung<br />
(Abbildung 3) <strong>und</strong> im nachfolgenden MRT-Bild (Abbildung 4) dargestellt.<br />
Die Basalganglien stehen mit verschiedenen anderen Systemen im Gehirn in enger<br />
Verbindung. Darüber lassen sich Phänomene erklären von denen viele Tourette Betroffene<br />
berichten. Betroffene schildern z.B. dass sie beim Arbeiten am Computer weniger Tics<br />
haben. Tätigkeiten, die Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Konzentration erfordern, führen zu einer<br />
Aktivierung von Gehirnabschnitten im sogenannten Frontallappen, einem Anteil des Gehirns<br />
der u.a. oberhalb der Augen liegt. Von diesem Gehirnteil gehen Impulse aus die auf die<br />
Basalganglien Einfluss nehmen. Ähnlich verhält es sich mit der Beobachtung, dass bei<br />
Aufregung <strong>und</strong> Ärger die Tics zunehmen. Hierbei erhalten die Basalganglien Impulse aus<br />
einem anderen Bereich des Gehirns, das für Gefühle zuständig ist, dem sog. limbischen<br />
System.
MRT <strong>und</strong> Tourette<br />
Eine amerikanische Arbeitsgruppe unter Leitung von Frau Pearson hat 2001 <strong>und</strong> 2003 mittels<br />
MRT untersucht ob bei Tourette Betroffenen im Vergleich zu Ges<strong>und</strong>en Unterschiede in der<br />
Größe verschiedener Gehirnareale bestehen. Dabei hat sie gezeigt, dass bestimmte Areale<br />
z.B. im Bereich des Schläfenlappens im Vergleich zu Ges<strong>und</strong>en größer sind bei Tourette<br />
Betroffenen. Die Größe bestimmter Areale korrelierte mit der Ticschwere. Im Bereich der<br />
Basalganglien zeigte sich ein Größenunterschied in einem bestimmten Kern, dem Nucleus<br />
caudatus. Inwieweit die Größenveränderungen Ursache oder Folge des Tourette-Syndroms<br />
sind, ist derzeit noch nicht geklärt.<br />
fMRT <strong>und</strong> Tourette<br />
Eine andere amerikanische Arbeitsgruppe hat 1998 bei Tourette-Betroffenen die<br />
Gehirnareale untersucht, die aktiv sind wenn eine Person wiederholt mit den Fingern der<br />
rechten Hand auf eine Unterlage klopft. Dabei zeigte sich, dass bei den Tourette-Betroffenen<br />
ein größeres, verstreuteres Areal diese Bewegung steuert.<br />
Aachen-Jülicher-Studie<br />
Im Rahmen der Aachen-Jülicher Studie wollen wir bei Tourette-Betroffenen anatomische<br />
Aufnahmen durchführen. In der gleichen Untersuchung planen wir danach über <strong>funktionelle</strong><br />
Magnetresonanztomographie die Abläufe im Gehirn kurz vor <strong>und</strong> während eines Tics zu<br />
untersuchen. Den Einfluss von Konzentration werden wir über folgende Aufgabe<br />
untersuchen. Der Proband sieht im MRT auf einem Bildschirm eine Reihenfolge von<br />
Buchstaben. Immer wenn ein X gezeigt wird soll der Proband mit dem rechten Zeigefinder<br />
eine Taste drücken. Danach sieht er eine erneute Reihenfolge von Buchstaben <strong>und</strong> soll<br />
drücken, wenn der vorletzte Buchstabe <strong>und</strong> der aktuell gezeigte gleich sind. Im Anschluss<br />
planen wir Gesichter zu zeigen <strong>und</strong> der Proband muss per Tastendruck entscheiden ob diese<br />
Person z.B. einen traurigen oder nicht traurigen Gesichtsausdruck zeigt.<br />
Um während der gesamten Untersuchung die Tics zu beobachten verwenden wir im MRT<br />
zwei Mini-Kameras <strong>und</strong> ein Mikrophon. Der Einsatz einer Kamera im MRT ist aus technischen<br />
Gründen sehr anspruchsvoll, die Kameras werden speziell für die Studie in Jülich entwickelt<br />
<strong>und</strong> sind aktuell in der Testphase.<br />
Für die Teilnahme an unserer Studie suchen wir Probanden ab 18 Jahre, die Rechtshänder<br />
sind. Sie dürfen kein Metall im Körper haben, keine Tätowierungen. Eine Schwangerschaft<br />
schließt die Teilnahme ebenfalls aus. Die ersten Untersuchungstermine sind für Januar 2005<br />
geplant, weitere Informationen <strong>und</strong> Kontaktaufnahme über Telefon 02461 616356 (Frau Dr.<br />
Neuner) oder per E-Mail ineuner@ukaachen.de. Der Zeitaufwand für die Studie beträgt ca. 2<br />
Tage. Wir bieten eine kostenlose Übernachtung, die Fahrtkosten trägt dankenswerterweise<br />
die Tourette-Gesellschaft. Die MRT-Untersuchung ist mit einer klinischen Untersuchung,<br />
neuropsychologischen <strong>und</strong> elektrophysiologischen Untersuchungen kombiniert. Sie erhalten<br />
einen Ausdruck des Bildes von Ihrem Gehirn <strong>und</strong> einen Bericht über die Ergebnisse.<br />
Tourette-Spezialsprechst<strong>und</strong>e<br />
Wir bieten im Klinikum Aachen donnerstags eine Tourette-Spezialsprechst<strong>und</strong>e an. Termine<br />
sind erhältlich unter 0214 8089638 (Rezeption Poliklinik Aachen) oder 02461 616356 (Dr.<br />
Neuner Jülich).
Abbildung 1: Ansicht eines MRT-Gerätes<br />
Abbildung 2: Schemazeichnung der Bestandteile eines MRT-Gerätes
Abbildung 3:<br />
Auszug aus einem Anatomieatlas. Schnittbild durch das Gehirn in Höhe der Basalganglien
Abbildung 4: MRT Bild des Gehirns, Schnittbild auf Höhe der Basalganglien