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Reisebericht Albanien 2018

17 Tage von Österreich über Slowenien und Kroatien nach Albanien und wieder retour!

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<strong>2018</strong><br />

<strong>Albanien</strong> auf vier Motorrädern<br />

Elisabeth Wolfgruber


<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Oliver, Andreas, Markus und Elisabeth auf ihrer <strong>Albanien</strong>reise <strong>2018</strong><br />

Ein Bericht von Elisabeth Wolfgruber<br />

Was schreibt man, wenn man nach rund 5000 Kilometern die Motorräder wieder<br />

eingeparkt hat und mit tausenden Bildern und Eindrücken im Kopf gar nicht fassen<br />

kann, dass auch diese Reise ein vorläufiges Ende gefunden hat? Schließe ich die Augen,<br />

dann sehe ich rote Erde, ausgewaschene Pfade, grobe Steine, dichtes Grün, wohin das<br />

Auge blickt, einen strahlend blauen Himmel und das freundliche Lächeln der<br />

Menschen, denen wir auf unserer Reise begegnet sind. Ich spüre aber auch noch die<br />

Anstrengung in den Knochen, wenn ich daran denke, wie wir uns bei über 30 Grad mit<br />

unseren Motorrädern die Schotterwege hochgearbeitet haben, um gefühlt unendlich<br />

lange die Bergkämme entlang zu fahren – Endurowandern in seiner reinsten Form! Und<br />

natürlich ist und war es eine Reise der Gegensätze, wenn neben aller Idylle und<br />

Schönheit der Naturlandschaften die Naturparks und Flussläufe nicht von Müll<br />

verschont sind, und auch die Armut der Menschen nicht verborgen bleibt. Aber von<br />

vorne:<br />

Tag 1: Hall in Tirol – Bovec (Slow), Fr 29.06.<strong>2018</strong><br />

Wir starteten unsere Motorräder am Freitag, den 29. Juni, nach der Arbeit; unser<br />

Team: Oliver, sein Sohn Andreas, Markus und ich, wir wollten <strong>Albanien</strong> per Motorrad<br />

erkunden.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Am ersten Tag ging es gegen zwei Uhr nachmittags los und wir schafften es über Italien<br />

und das Pustertal noch bis nach Bovec in Slowenien, um dort abends im Hostel Soca<br />

Rocks kostengünstig abzusteigen. Die Fahrt durchs Pustertal ist zwar immer eine<br />

Herausforderung – danach jedoch wird es abwechslungsreich und wir nutzten eine<br />

kleine Verbindungsstraße bis ins Socatal, die über eine schmale Passtraße fast direkt<br />

nach Bovec führte. Die Unterkunft – einfach nett! Einfache und saubere Zimmer, ein<br />

netter Außenbereich und eine feine Stube, um den Tag ausklingen zu lassen.<br />

Motorradfahrer waren wir die einzigen – dieses Hostel ist eher ein Dreh- und<br />

Angelpunkt für Outdoor-Sportarten wie Raften, Hiken, Biken, Canyoning und Kajaken.<br />

Wir fühlten uns trotzdem wohl und es konnte am nächsten Tag entspannt<br />

weitergehen.<br />

Tag 2: Bovec (Slow) – Sibenic (Croa), Sa, 30.06.<strong>2018</strong><br />

Am heutigen Tag standen knapp 500 km am Programm. Wir wollten es bis Sibenic an<br />

der Küste Kroatiens schaffen. Der erste Teil der Fahrt gestaltete sich äußerst kurzweilig<br />

über schmale Nebenstraßen quer durch Slowenien an die kroatische Küste und dort<br />

ging es sehr abwechslungsreich und kurvig weiter. Auch wegen des geringen Verkehrs<br />

ging es sehr zügig voran. Ein bisschen nervtötend gestaltete sich das wenig<br />

abwechslungsreiche Verbindungsstück nach Zadar, und obwohl wir weiterhin ein gutes<br />

Tempo vorlegten, wurde es abends, bis wir in Sibenic landeten. Eingeparkt war zwar<br />

rasch, jedoch gestaltete sich die Suche nach dem vorreservierten Appartement in der<br />

Altstadt mit vollem Gepäck eher schwierig. Die Gastgeberin war nicht da, verhalf uns<br />

allerdings telefonisch mit Hilfe ihrer Nachbarn zum Schlüssel. Völlig verschwitzt und<br />

schwer beladen hievten wir unsere Gepäckrollen und unsere sonstige Ausrüstung die<br />

Treppen hoch und bezogen ein umwerfendes Appartement mit mehreren<br />

Schlafzimmern und einer riesigen Wohnküche – alles eingerichtet mit alten Möbeln<br />

und total cool restauriert. Uns verschlug es fast die Sprache! Schnell waren die Betten<br />

belegt und unsere Ausrüstung auf die ganze Wohnung großzügigst verteilt. Nach einer<br />

Dusche konnte es in die Altstadt gehen, um uns dort die Bäuche vollzuschlagen – wir<br />

waren völlig ausgehungert! Am nächsten Morgen war die Vermieterin da und richtete<br />

uns ein Frühstück, dass uns wieder Hören und Sehen verging – es gab frisches Brot,<br />

Mozarella, Tomaten, Schinken, traditionell gebrühten Kaffee, Tee – einfach alles, was<br />

das Herz begehrt! So gestärkt konnte sich die nächste Etappe schon meistern lassen!<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Tag 3: Sibenic (Croa) –Shkoder (Alb), So, 01.07.<strong>2018</strong><br />

Der Sonntagmorgen begrüßte uns mit gewittrigem Regen; was soll’s – für uns hieß es:<br />

rein in die Touratech-Regenkluft und für Andi hieß es: rein in den orangen<br />

Regenoverall. Nach dem phänomenalen Frühstück waren die Sachen schnell gepackt,<br />

festgezurrt und los ging’s. Für mich aber nur fünf Meter. Kurz nach dem Ausparken<br />

erlitt meine Batterie offensichtlich einen irreparablen Herzinfarkt. Meine Diva – diesem<br />

Namen sollte sie in der Folge alle Ehre erweisen, eine F650 GS, Bj 2009, ließ sich noch<br />

in eine Ausweiche rollen und das war’s! Da ich meinen Batterieausfall noch über den<br />

Scalrider kommunizieren konnte, standen wir bald alle vier bei mehr oder weniger<br />

starkem Regen unter einer Baumallee am Eingang zur Altstadt und mir blieb nichts<br />

anderes übrig, als den ÖAMTC (Schutzbrief sei Dank!) zu kontaktieren, um deren<br />

kroatische Vertragspartner um Hilfe zu bitten. Nach einer knappen Stunde konnte auch<br />

der kroatische Mechaniker nur den Totalausfall meiner Batterie feststellen; was tun<br />

am Sonntag?! Nachdem der kroatische Pannendienstmitarbeiter meine Verzweiflung<br />

mitbekommen hatte, hängte er sich mehr als eine halbe Stunde ans Telefon, um<br />

sonntags eine Batterie aufzutreiben. Und tatsächlich fand er jemanden, der bereit war,<br />

sein Geschäft aufzusperren, nachzuschauen, ob er die gesuchte Batterie auf Lager<br />

hatte, um diese gegebenenfalls zu bringen und mir die Weiterfahrt zu ermöglichen.<br />

Da wir nicht wussten, wie lange das dauern würde, teilten wir uns: Oliver und Andreas<br />

sollten vorausfahren und in Shkoder einchecken, sobald sie angekommen waren;<br />

Markus und ich würden auf die Batterie und den Einbau dieser warten und dann so<br />

rasch als möglich nachkommen. Gesagt – getan! Gegen elf tauchte tatsächlich ein<br />

Kroate mit einer Batterie im Gepäck auf, half sogar, diese einzubauen und wir konnten<br />

die Weiterfahrt aufnehmen, bevor die Uhr Mittag anzeigte.<br />

Wir legten ein Tempo hin, dass es eine Freude war! Denn der Verkehr hatte merklich<br />

zugenommen und nur „dezent“ progressives Fahren konnte einen weiterbringen. So<br />

staunten wir nicht schlecht, als wir nach knapp dreistündiger Fahrt und einer<br />

Trinkpause an einer Tankstelle Oliver hinter einem Busch hervorspringen sahen, der<br />

mit seinem Sohn gerade in einem Restaurant Pause gemacht hatte! Wir hatten die<br />

Jungs tatsächlich eingeholt! Also ging es wieder im Vierer-Konvoi los. Leider<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

verhinderten der stärker werdende Verkehr und ganz viele Ortsdurchfahrten, das<br />

Tempo von vorhin zu halten. Verkehr, Hitze und Ortsdurchfahrten stellten unsere<br />

Belastbarkeit in der Folge gleich mal auf die Probe. Da auch an diesem Tag rund 470<br />

km am Programm standen, erlaubten wir uns die nächste Pause erst nach Dubrovnik,<br />

um dann bis zur Grenze Montenegros durchzufahren. Im Dunkeln mussten wir zuletzt<br />

noch ein tolles Schleichwegerl von der Küste nach Shkoder bewältigen – quer über<br />

Hügel- und Bergland, das ich auf der Karte entdeckt und ins Navi eingegeben hatte. Fix<br />

und fertig checkten wir gegen 23 Uhr im Hotel Floga in Shkodra ein. <strong>Albanien</strong> hatte<br />

uns!<br />

Auf den Eingangsstufen des Hotels saß bereits der „Rezeptionist“, der parallel die<br />

nebenliegende Bar betreute. Er hieß uns gleich auf Englisch willkommen, hatte sich<br />

schon gedacht, dass uns irgendein technisches Problem aufgehalten hat und checkte<br />

uns gleich einen guten Platz für unsere Motorräder; wir schnappten unser Gepäck und<br />

lagen gleich einmal flach in den Betten. So eine Batterie kann schon mal einen<br />

Tagesplan ordentlich auf den Kopf stellen!<br />

Tag 4: Shkoder – Theth-Runde, Mo, 02.07.<strong>2018</strong><br />

Am nächsten Morgen weckte uns die Sonne; es versprach ein heißer Tag zu werden.<br />

Am Programm stand die 160 km lange Theth-Runde mit über 50-prozentigem Offroad-<br />

Anteil. Zum Frühstück gab es Kaffee, Juice, Brot mit Marmelade und Butter, Omelett,<br />

Tomaten und Gurken – diese Kombi sollte uns nun bis zum Ende unseres<br />

<strong>Albanien</strong>aufenthalts begleiten. Butter und Marmelade waren in der Regel selbst<br />

hergestellt oder von regionalen Produzenten, die Tomaten und Gurken schmeckten<br />

hervorragend (kriegen hier einfach genug Sonne!) und der Kaffee war – zumindest für<br />

mich – einfach nur lebensnotwendig! Wer wollte, konnte natürlich auch Tee haben.<br />

Fast schon zu spät – die Sonne wurde schon unangenehm warm – brachen wir auf. Die<br />

ersten Kilometer gestalteten sich als kurvige, abwechslungsreiche Asphaltstraße. Und<br />

dann ging der Schotter los. Ich merkte schon zu Beginn, dass mir jede Kraft und<br />

Motivation fehlte. Ich zitterte mich über die ersten Stellen, um nach ein paar Passagen<br />

den „inneren Notstop“ zu drücken und den Jungs mitzuteilen, dass ich mich über diese<br />

Runde nicht hinaussah. Die letzten 1300 km Anreise forderten nun ihren Tribut. Ich war<br />

einfach fertig und hatte nicht gleich zu Beginn mit so einer Strecke gerechnet. Oliver,<br />

dem beim Gedanken, sein Motorrad (eine R1200 GS, Bj 2005), dieser (Tor-)tour<br />

auszusetzen, nicht wohl war, wollte mich zurück begleiten, während Markus und<br />

Andreas die Theth-Runde unbedingt durchziehen wollten. Mir sollte es recht sein, ich<br />

wollte nur noch retour.<br />

Während sich Markus und Andreas ins Geschehen schmissen, cruisten Oliver und ich<br />

gemütlich retour. Was wollten wir mit dem verbleibenden Nachmittag anfangen. Ein<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Blick auf die Karte offerierte uns zwei Möglichkeiten – entweder besuchten wir<br />

Vermosch – eine Sackgassentour, die wir im Norden <strong>Albanien</strong>s je nach Lust und Laune<br />

beliebig ausdehnen konnten, oder wir näherten uns Thethe auf der asphaltierten Seite<br />

von Norden und fuhren den Jungs entgegen. Oliver wollte lieber den Jungs<br />

entgegenfahren, weshalb wir im Navi Thethe eingaben. Wir folgten dem Navi und<br />

landeten – wer hätte das gedacht – gleich mal voll in der Pampas! Da hätte ich doch<br />

gleich die Offroad-Runde mit Markus und Andreas fahren können! Offensichtlich<br />

machte das Navi keinen Unterschied zwischen asphaltierten Straßen, Schotter- oder<br />

Feldwegen und Trampelpfaden. Wir hatten in der Mittagshitze jedoch keine Lust auf<br />

Trampelpfade, drehten um, als sich ein Feldweg ins Nichts verlor und versuchten<br />

irgendwie aus dem Gewirr an Feldwegen rauszukommen.<br />

Ich gab also im Navi den nächstgrößeren Ort ein – Koplik – und binnen der nächsten 20<br />

Minuten erreichten wir eine asphaltierte Straße, der wir Richtung Hani i Hotit und dann<br />

Richtung Razem bzw. Thethe folgen konnten. Die nächsten 30 Kilometer waren ein<br />

Genuss – eine relativ neu geteerte Straße schlängelte sich kurvig den Berg hinauf, um<br />

uns auf dem Pass Buni i Thores einen grandiosen Ausblick auf das Gebirgsmassiv zu<br />

eröffnen. Wir fuhren im Schotter weiter bis zu einem Bergrestaurant, wo wir zu Mittag<br />

auf 1704 m Höhe aßen und aufgrund der Höhenlage der Nachmittagshitze perfekt<br />

entkamen. Der weitere Weg machte uns neugierig und wir beschlossen, dem<br />

Schotterweg ein paar Kilometer Richtung Thethe zu folgen, kehrten allerdings wieder<br />

um, nachdem die Passagen schwieriger wurden und ich mich innerlich erneut<br />

ermahnte, heute definitiv einen Rasttag einzulegen. So landeten Oliver, der alleine<br />

auch nicht weiter wollte, und ich wieder beim Restaurant, suchten uns einen<br />

Sonnenplatz und legten uns hin, um zu dösen und das Bergpanorama zu genießen.<br />

Immer wieder staunten wir dabei nicht schlecht, welche Gefährte sich Richtung Thethe<br />

auf den Weg machten, von denen wir nie gedacht hatten, dass diese nur einen<br />

Bruchteil der Schotterpassagen zu meistern imstande sein würden. Und sie schafften<br />

den Weg offensichtlich, weil sich ihr Motorengeräusch irgendwann in den Berghängen<br />

verlief. Andere wiederum – auch Motorräder – fuhren motiviert in die<br />

Schotterpassagen, um am Ende der Hangpassage wieder kehrt zu machen und zurück<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

zu fahren. Schließlich hörten wir ein vertrautes Brummen. Markus und Andreas kamen<br />

die Schotterstraße entlang. Da das Bergrestaurant etwas erhöht lag, sprang Oliver auf,<br />

um ihnen entgegenzulaufen. Und wir dachten schon, dass sie uns übersehen hatten,<br />

als Markus Olli aus den Augenwinkeln doch wahrgenommen haben muss, da er in<br />

letzter Sekunde einen Haken schlug und zu uns herauffuhr, während Andreas ob dieses<br />

Manövers stehenblieb, um uns ebenfalls zu entdecken.<br />

Unsere Helden waren hocherfreut, uns zu sehen, gleichzeitig fix und fertig, was sie sich<br />

und den Motorrädern zugemutet hatten. Sie waren mehr als sieben Stunden am Weg<br />

gewesen, hatten Abschnitte bezwungen, von denen sie im Traum nicht gedacht hätten,<br />

dass sie diese mit ihren schweren Enduros schaffen könnten und waren Wege<br />

gefahren, wo es einfach keine Linie mehr zu finden gab und es nur mehr darum ging,<br />

die Maschine stabil zu halten, um sie ihre Arbeit machen zu lassen. Nach einem kühlen<br />

Cola und einer letzten Rast beendeten wir den letzten Abschnitt dieser Runde wieder<br />

gemeinsam, um kurz vor Sonnenuntergang im Hotel Floga in Shkodra einzutrudeln und<br />

bei einem letzten Bier und Spaghetti den Tag ausklingen zu lassen. Die Begeisterung,<br />

die diese Etappe bei Markus und Andreas hinterlassen hatte, hielt sich noch Tage!<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Tag 5: Shkoder – Burrel, Die, 03.07.3018<br />

Wieder starteten wir nach einem ausgiebigen Frühstück etwas zu spät angesichts der<br />

bereits unangenehm wärmenden Morgensonne. Was hatten wir vor? Wir wollten<br />

einerseits dem Routenvorschlag unseres Offroadreiseführers folgen und dem Meer<br />

einen Besuch abstatten, gleichzeitig quer über Kruje Richtung Burrel fahren. Beide<br />

Teiletappen enthielten Offroadstrecken und sollten in einem Tag gut bewältigbar sein.<br />

Über Nebenstraßen fuhren wir von Shkoder Richtung Lezhe. Danach sollte es irgendwie<br />

Richtung Bubq und Ishem gehen und schließlich über den Ort Shetaj raus ans Meer.<br />

Anstatt der Routenbeschreibung im Buch zu folgen, verließen wir uns aufs Navi, das<br />

wieder einmal ein absolut interessantes Eigenleben entwickelte. Aus einem<br />

Schnellstraßenabschnitt wurde eine Schotterstraße, diese mündete in einen Müllplatz<br />

à la <strong>Albanien</strong>, wo Müll gemütlich vor sich hinkokelte, und dann wiederum in einen<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Feldweg, der vor einem Maisfeld abrupt endete. Oliver, der sich ins Maisfeld vorwagte,<br />

kehrte wieder um, und letztlich blieb uns nichts anderes übrig, als einen neuen Weg<br />

zum Kap Rodonit zu suchen. Allerdings nutzten Oliver und Andreas das Feldstück für<br />

einen kurzen Stollenreifentest, während ich meine Diva beim Wenden im Feld sanft<br />

hinlegte – ich hatte es geschafft, das Hinterrad in eine Strohauflage zu manövrieren,<br />

die etwas zu wenig Grip bot. Egal – die Suche ging weiter.<br />

Nach mehreren Versuchen fanden wir schließlich einen Schotterweg nach Ishem –<br />

inzwischen war es bereits unangenehm heiß – und es kam, wie es kommen musste;<br />

mit meiner tiefergelegten BMW erwischte ich quasi den einzigen Stein, der aus dem<br />

sonst getrockneten und mit Fahrrillen versehenen Lehmboden herausragte und schlug<br />

mir die Zündunterbrechung ab. Meine Diva ließ sich in der Folge nicht mehr starten,<br />

war sie doch fest davon überzeugt, dass ich den Seitenständer ausgefahren hatte. In<br />

der prallen Sonne standen Markus, Oliver und Andreas um mein Motorrad und<br />

beratschlagten die Situation. Wir kippten schließlich das Motorrad soweit es ging,<br />

Andreas legte sich unter meine Diva und bemühte sich, die kaputte<br />

Zündunterbrechung zu überbrücken. Gottseidank waren die Jungs werkzeug- und<br />

materialmäßig gut ausgerüstet!<br />

Nach einer gefühlten Ewigkeit – es war einfach heiß – war mein Motorrad wieder<br />

startklar und wir konnten die Fahrt fortsetzen. Natürlich war mir bei dem Gedanken,<br />

dass mir nun der jederzeit ausklappbare Seitenständer zum Verhängnis werden<br />

könnte, nicht ganz wohl. Aber was blieb mir anderes übrig, als froh zu sein, dass ich<br />

meine Fahrt überhaupt fortsetzen konnte. Das nötige Ersatzteil würde ich hier nirgends<br />

bekommen. Also blieb mir nur: aufgeben oder mit erhöhter Vorsicht die Tour<br />

fortsetzen. Ich startete den Motor und es ging weiter. Wir suchten uns einen Weg<br />

Richtung Ishem und schließlich Richtung Lalez, um endlich am frühen Nachmittag bei<br />

mehr als 30 Grad das Kap Rodonit zu erreichen. Wir durften mit den Motorrädern bis<br />

zum Strand und dortigen Strandrestaurant vorfahren und genossen zuerst ein<br />

herrliches Mahl für wenig Geld. Markus und ich gönnten uns frischen Fisch mit Salat<br />

und Pommes, während Oliver und Andreas eine Präferenz für die albanische Variante<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

von Cevapcici erkennen ließen. Samt Getränke legten wir knapp 25 Euro für alles hin!<br />

Danach ließen wir es uns nicht nehmen, ins Meer zu hüpfen, um uns abzukühlen. Der<br />

Strand war herrlich, das Meer glasklar und die Anzahl der Badegäste äußerst<br />

überschaubar. Die anstrengende Suche der Route und meine Panne waren bei diesem<br />

Luxus schnell vergessen!<br />

Allerdings hatten wir alle offensichtlich ausgeblendet, dass wir noch ein gutes Stück<br />

Weg vor uns hatten und Burrel unser eigentliches Tagesziel war. Es war also bereits<br />

halb fünf, bis wir wieder auf unseren Motorrädern saßen und Richtung Kruje<br />

aufbrachen. Die Rückfahrt gestaltete sich einfacher, weil wir diesmal richtig<br />

einfädelten und auf Asphalt blieben, bis wir Kruje hinter uns ließen. Nach Kruje folgten<br />

wir der SH38 Richtung Burrel – einer relativ neu asphaltierten in den Fels gesprengten<br />

Bergstraße mit grandioser Aussicht! Wir folgten dieser Straße mitten hinein in den<br />

Nationalpark Qafe Shtame. Zuerst noch bewegten wir uns auf breiten Schotterkehren,<br />

die – das war offensichtlich – bereits fürs Asphaltieren vorbereitet wurden. Nach der<br />

Querung des Passes auf 1223 m Höhe begann der Forst- und Römerweg, der uns nach<br />

Burrel bringen sollte.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Die ersten Kehren des Römerwegs gestalteten sich aufgrund sehr loser runder Steine<br />

sehr holprig und ließen mich fast verzagen: Der Abend nahte und jetzt begann der erste<br />

ernstzunehmende Offroadteil des heutigen Tages. Wie sollte ich das schaffen! Und da<br />

fehlte es noch, dass Oliver kurz austreten musste und beim Aufsteigen auf sein<br />

Motorrad das Gleichgewicht verlor und sie unsanft hinlegte. Hatte er den kaputten<br />

Spiegel als Folge dieses Missgeschicks zuerst noch locker genommen, so verging ihm<br />

angesichts der Beschaffenheit des ersten Teilabschnitts das Lachen. Und natürlich war<br />

nicht gerade beruhigend für ihn, dass ich mir bei zwei Passagen kurz „Starthilfe“ geben<br />

ließ. So würden wir niemals in Burrel angekommen! Und damit nicht genug, legte<br />

Andreas aus Übermut und Begeisterung einen Stunt hin, der natürlich schief ging. Seine<br />

Gisela, eine 1100er BMW älteren Baujahrs, lag kopfüber im Graben neben der<br />

Forststraße. Nach dem ersten Schock richteten wir sie mit vereinten Kräften wieder<br />

auf und besichtigten kurz den Schaden: kaputter Blinker, kaputter Seitenspiegel,<br />

kaputte Windschildhalterung, verzogener Sturzbügel – oje!<br />

Die nahende Dämmerung verhinderte wahrscheinlich, dass Oliver völlig ausflippte<br />

wegen des unnötigen Manövers seines Sohnes, und die Dunkelheit im Nacken bewirkte<br />

außerdem, dass auch ich mich am Riemen riss. Wir alle stiegen schweigend auf unsere<br />

Motorräder und gingen die letzte Etappe an; ich machte mir nun keine Gedanken mehr<br />

darüber, ob ich eine Kehre richtig anfuhr oder nicht, ob es mich durchrüttelte oder<br />

nicht – ich fuhr einfach! Und siehe da: es lief wie am Schnürchen. Wir alle waren nun<br />

bestrebt, so viele Meter wie nur möglich bei halbwegs akzeptablen Sichtverhältnissen<br />

zurückzulegen. Der Weg war traumhaft, die Aussicht grandios! Und obwohl der<br />

Sonnenuntergang auf dem Bergkamm unbeschreiblich schön war, bedeutete dies, dass<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

die Dunkelheit hereinbrach und wir die noch folgenden Kilometer der Offroad-Strecke<br />

in der Nacht fahren mussten. Serpentine um Serpentine schlängelten wir uns in völliger<br />

Dunkelheit den Weg hinunter – die Linie vorgegeben allein durch die Scheinwerfer<br />

unserer Motorräder. Schließlich war es bereits kurz nach zehn Uhr abends, als die<br />

beginnende Teerdecke das nahende Ziel ankündigte: Burrel war erreicht!<br />

Das Einchecken in die Vila Bruci, die ich bereits über booking.com vorreserviert hatte,<br />

verlief gottseidank problemlos und auch die Motorräder wurden sicher im Innenhof<br />

untergestellt. Völlig k.o. dachte ich im Hotelzimmer zum ersten Mal darüber nach, ob<br />

ich die Routenplanung vernünftig angegangen war. Hatte ich die Etappen zu lang<br />

gewählt? Irgendetwas passierte doch immer, was uns Zeit kostete und die Tage<br />

ordentlich lang werden ließ! Hatte ich unterschätzt, wie viel Zeit Offroad-Etappen in<br />

Anspruch nehmen oder dass die eine oder andere Etappe „materialintensiv“ ausfallen<br />

konnte und nicht immer eine „schnelle Lösung“ in Sicht war? Und war ich nach meinen<br />

ersten Offroad-Erfahrungen in Rumänien fit genug, um mit <strong>Albanien</strong> klar zu kommen?<br />

Warum nur sah das alles bei allen anderen so einfach aus, während ich alle Hände voll<br />

zu tun hatte, mein Motorrad und die Wegverhältnisse in Einklang zu bringen!!! Ich war<br />

gespannt, wie sich die weitere Tour entwickeln würde.<br />

Abends saßen wir noch bei Bier und Wein zusammen und die Stimmung war etwas<br />

gedrückt; Andi war total geknickt, weil er sein Motorrad so sinnlos überstrapaziert<br />

hatte, Oliver wusste nicht so recht, ob er sich für Offroad begeistern soll, wenn alle<br />

Tage so grenzwertig verlaufen würden und Markus und mir war auch klar, dass wir jetzt<br />

ein paar Highlights brauchen würden, um die Motivation bei allen – uns eingeschlossen<br />

– zu heben.<br />

Tag 6: Burrel – Berat, Mi, 04.07.<strong>2018</strong><br />

Am nächsten Morgen erwartete uns wieder ein heißer Tag. Andreas hatte bereits sein<br />

Windschild abmontiert und würde es in der Folge in ein Badetuch gewickelt an der<br />

Rolle fixieren und so den Rest der Tour bestreiten. Wir frühstückten ordentlich und<br />

starteten ziemlich früh. Heute sollte es in einer ca. 70 km langen Offroad-Etappe über<br />

Klos nach Tirana gehen (durch den Nationalpark Parku Kombetar) und dann wollten<br />

wir weiter Richtung Elbasan und über Kukove Richtung Berat. Unser Ziel war das Hotel<br />

Shpella in Berat, das uns auf booking.com mit seiner ungewöhnlichen Innendekoration<br />

angezogen hatte, sich jedoch als äußerst charmantes Hotel mit sauberen Zimmern und<br />

sehr zuvorkommenden Gastwirten entpuppen sollte. Bevor uns jedoch die<br />

Gastfreundlichkeit und der Komfort des Hotels am Stadtrand erwartete, warteten noch<br />

Feld- und Forststraßen auf uns, die mit mehr oder weniger gut fahrbarem Schotter<br />

unsere Konzentration erforderten; gleich nach Klos wurde es steil und schließlich<br />

steinig; die Straße wurde uns als „rough“ beschrieben und wir reduzierten – wie an den<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

den noch folgenden Offroad-Einsätzen – die Luft in unseren Reifen auf 1,7 Bar und<br />

federten so die Grobheit des Weges etwas ab.<br />

Es ging zuerst stetig bergauf, bis wir eine Streusiedlung in den Bergen passiert hatten.<br />

Danach lichtete sich der Waldweg und wir genossen herrliche Ausblicke auf die<br />

umliegende Bergwelt. Es ging gefühlt ewig in traumhafter Kulisse auf gut fahrbarem<br />

Untergrund entlang. Wir passierten das von Anwohnern beschriebene Denkmal,<br />

hielten uns rechts und fuhren in unbeschreiblich schöner Landschaft weiter. Wir<br />

konnten gar nicht genug davon kriegen und sammelten einen schönen<br />

Offroadabschnitt nach dem anderen. Verfahren war so gut wie unmöglich – wie ein<br />

farbiges Band lag der Weg vor uns – und so cruisten wir stehend dahin, bis am frühen<br />

Nachmittag erste Teerabschnitte das Ende dieser Offroadrunde ankündigten. Wir<br />

hielten an einem tollen schattigen Restaurant in den Bergen, genossen ein ums andere<br />

Mal die hervorragende lokale eher fleischhaltige Küche in den Bergen und zogen nach<br />

dieser ausgiebigen Rast weiter Richtung Elbasan.<br />

Da wir für heute genug Schotter unter den Rädern gefühlt hatten, fuhren wir die<br />

weitere Etappe bis nach Berat auf Asphaltstraßen. So schafften wir es erstmals, vor<br />

sieben Uhr abends einzuchecken! Allerdings verlief die letzte Etappe unserer heutigen<br />

Reise nicht ganz ohne Komplikationen, weil meine Diva plötzlich streckenweise zu<br />

ruckeln anfing und nicht mehr ruhig lief! Hatte ich verdreckten Benzin erwischt? Und<br />

warum streikte dann nur mein Motorrad, während die anderen Motorräder keinen<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Leistungsabfall erkennen ließen. Ich versuchte so gut als möglich zu kompensieren und<br />

konnte diesen Tag – nicht ganz bauchwehfrei – beenden.<br />

Wir fanden das Hotel (fast) auf Anhieb und wurden sofort hereingebeten – Touristen<br />

waren hier doch noch eher die Ausnahme als die Regel. Die Gastleute waren überaus<br />

zuvorkommend. Die Motorräder wurden auf der gegenüberliegenden Tankstelle<br />

untergestellt und waren für diese Nacht sogar videoüberwacht. Wir konnten unsere<br />

durchschwitzten Klamotten waschen und auf der Terrasse der Hausherrin ins Freie zum<br />

Trocknen aufhängen. Der Hausherr organisierte vier Pizzen, nachdem Andreas der<br />

lokalen Küche endlich mal entkommen wollte. Oliver und Andreas wollten den<br />

nächsten Tag zügiger vorankommen und schlugen bei der Abendbesprechung vor, die<br />

Route zugunsten von mehr Asphalt etwas abzuändern. Obwohl mir das gar nicht<br />

passte, weil ich mittlerweile auf jede Offroad-Etappe richtig heiß war, war der<br />

Vorschlag durchaus vernünftig. Wir hatten bisher enorm lange Etappen zu bewältigen<br />

gehabt und erste Erschöpfungsanzeichen ließen sich nicht wirklich verheimlichen. Und<br />

außerdem – wer garantierte, dass mein Motorrad nicht noch mehr zu spinnen begann<br />

und eventuell gar nicht mehr ging?<br />

Tag 7: Berat – Himare, Do, 05.07.<strong>2018</strong><br />

Der nächste Morgen begann wieder mit dem traditionellen Frühstück und mit heißen<br />

Temperaturen. Wir nutzten außerdem die Waschanlage neben der Tankstelle, um<br />

unsere Motorräder vom Staub und Dreck zu befreien. Dann ging es diesmal on the road<br />

abwechslungsreich Richtung Telepene und tatsächlich ruckelte mein Motorrad wieder<br />

ab Mittag so, dass das Fahren wirklich mühsam wurde. Und bei einer Tankstelle<br />

gesellte sich Markus Motorrad in die Runde der gekippten Motorräder: Er schaffte es<br />

tatsächlich, sein Motorrad einfach umfallen zu lassen, nachdem er es nach dem Tanken<br />

ein Stück weiterschob, abstieg, zum Zahlen wegging und den Seitenständer vergaß! Ich<br />

gebe zu: die Aktion sorgte bei uns allen für etwas Erheiterung.<br />

Wir fuhren schließlich auf die Schnellstraße Richtung Gjirokaster, um dann Richtung<br />

Küste in eine Verbindungsroute abzubiegen. Wir folgten der „alten Straße (SH 78)“<br />

über Delvine nach Sarande. Die alte Straße war traumhaft schön, halb verfallen, für uns<br />

jedoch super zum Fahren und zog sich über die Berge Richtung Küste. Wir genossen<br />

diese einsame Fahrt, da alle anderen Verkehrsteilnehmer/innen die neuere SH99 nach<br />

Sarande nahmen.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

An der Küste ging es vorab sehr zügig und wunderschön weiter, ich hatte die<br />

Spinnereien meiner Diva fast schon vergessen, bis ich bei einem Überholmanöver<br />

plötzlich gar keine Leistung mehr hatte; ich konnte es nicht glauben und setzte ein<br />

zweites Mal an – das Gleiche! Ich drehte am Gas und die Maschine wurde langsamer.<br />

Das konnte gefährlich werden! Wir beschlossen daher, kurz nach Lukova bei einem<br />

Restaurant mit atemberaubendem Meerblick eine Rast einzulegen, etwas zu essen und<br />

das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Es war mittlerweile drei Uhr nachmittags. Mir<br />

blieb gar nichts anderes übrig, als noch einmal den ÖAMTC zu kontaktieren. Es dauerte<br />

keine Stunde, und ein albanischer Abschleppdienst war zur Stelle, um mein Motorrad<br />

aufzuladen und in Sarande zumindest zu begutachten.<br />

Was tun? Oliver und Andreas übernahmen unsere Gepäckrollen und machten sich auf<br />

Richtung Himare, um im Hotel Kolagji einzuchecken und vielleicht im Meer eine Runde<br />

zu schwimmen, bevor der Abend hereinbrach. Markus und ich als Sozia folgten dem<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Abschleppwagen und meiner festgezurrten Diva bis nach Sarande in die Werkstatt.<br />

Dort wurde sie abgeladen und der Mechaniker fuhr eine Proberunde, um sich das<br />

Problem anzusehen. Was war? Meine Diva lief wie am Schnürchen! Eh klar! Bei einem<br />

längeren Gespräch mit den Männern in der Werkstatt wurde klar, dass die Leute dort<br />

das Problem kannten. Es gab Tankstellen, die das Benzin streckten und so könnte sich<br />

eventuell Wasser im Benzinfilter gesammelt haben – allerdings gäbe es hier keine<br />

Werkstätten, die mir helfen könnten. Und da sie gerade gut lief, könne ich genauso gut<br />

einfach weiterfahren und hoffen, dass ich es irgendwie bis nach Hause schaffen würde.<br />

Mittlerweile war es abends. Markus und ich starteten unsere Motorräder und fuhren<br />

Richtung Himare – was hätten wir auch sonst tun sollen? Und meine Diva? Die lief<br />

astrein und machte keinen Muckser bis zum Einchecken im Hotel in Himare. Zum<br />

Baden war es zwar schon zu spät, aber ein guter Wein und ein Spaziergang gingen sich<br />

in jedem Fall noch aus, bis wir – nach diesem spannenden Tag – wieder erschöpft in<br />

die Betten sanken.<br />

Tag 8: Himare – Berat, Fr, 06.07.<strong>2018</strong><br />

Markus und ich waren schon am Strand, da schlief das ganze Hotel noch. Wir<br />

schwammen unsere ersten Runden im Meer, das zugegebenermaßen um sieben Uhr<br />

morgens noch sehr frisch war, und genossen die ersten Sonnenstrahlen, bevor die<br />

Frühstücksbar geöffnet hatte. Als wir dann den ersten Kaffee rochen, gingen wir die<br />

paar Meter zum Hotel und frühstückten ausgiebig. Obwohl wir den ganzen Vormittag<br />

für den Strand reserviert hatten, ließ mich das Problem mit meinem Motorrad nicht los<br />

und ich war etwas unentspannt. Auch die Jungs überlegten, ob wir nicht in Berat, wo<br />

Oliver und Andreas eine Werkstätte gefunden und die fehlenden Spiegel ersetzen<br />

hatten lassen, anfahren sollten, um die Fahrtüchtigkeit meines Motorrades wieder<br />

herzustellen. Gesagt – getan. Wir brachen um halb elf Uhr morgens Richtung Berat auf,<br />

nachdem sich jeder eine Abkühlung im Meer gegönnt hatte. Auf der To-Do-Liste stand<br />

dabei der Llogara Pass, der jedes Jahr –zigtausende Touristen anzieht, um von dort aus<br />

aufs Meer zu blicken und die imposante Passstraße zu bewundern. Hier trafen wir auch<br />

einige der wenigen Motorradreisenden, denen wir in <strong>Albanien</strong> begegneten. Die<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Aussicht war schön, die Passstraße ebenfalls, allerdings zehrte der verkehrsreichere<br />

Abschnitt rund um Vlore bei sehr sommerlichen Temperaturen ein wenig an unseren<br />

Nerven – wir waren einfach so viele Stunden in der totalen Einsamkeit unterwegs<br />

gewesen, dass uns das Auftreten anderer Verkehrsteilnehmer/innen fast schon<br />

irritierte.<br />

Vor Fier stand dann auf einmal alles – vor uns ein kilometerlanger Stau: Auto an Auto.<br />

Oliver fasste sich ein Herz und überholte dezent aber stetig ein Auto nach dem<br />

anderen. Wir schlossen auf und tuckerten langsam aber unaufhaltsam am Stau vorbei,<br />

jede Sekunde damit rechnend, dass sich die Autos eventuell über uns aufregen<br />

würden. Aber nichts da! Im Gegenteil! Kaum kam uns ein Auto entgegen, rückte die<br />

Schlange ein wenig nach rechts, um uns vorbeizulassen oder um uns für einen kurzen<br />

Zwischenstopp Platz zu verschaffen. Manche Albaner kurbelten dabei auch die Fenster<br />

runter, um mit uns zu plauschen: Wie uns <strong>Albanien</strong> gefallen würde? Und wo wir schon<br />

gewesen wären? Und ob alles okay wäre? Etc, etc., und alle signalisierten Verständnis,<br />

dass wir in unseren Motorradklamotten einfach ein wenig Fahrtwind brauchten, um<br />

bei dieser Hitze nicht ganz vom Motorrad zu kippen.<br />

Schließlich hatten wir das Ende des Staus und den Stauverursacher erreicht – ein<br />

brennender LKW, der sich im linken Straßengraben befand. Ein Löschfahrzeug war mit<br />

Löscharbeiten beschäftigt, was sich aufgrund der eher rudimentären Ausrüstung der<br />

dortigen Feuerwehr als langwieriges Unterfangen gestalten konnte. Wir wurden am<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

LKW vorbeigewunken und konnten unsere Fahrt fast ohne Zeitverlust fortsetzen.<br />

Nachdem uns der Hunger in ein Restaurant am Straßenrand getrieben hatte,<br />

erreichten wir gegen zwei Uhr nachmittags Berat und wir fuhren schnurstracks zur<br />

Werkstatt.<br />

Ein Albaner blickte uns verwundert an und nickte, nachdem ich auf Englisch gefragt<br />

hatte, ob er heute Nachmittag noch arbeiten würde. Damit war’s mit seinem Englisch<br />

aber auch schon vorbei. Ich versuchte mit Händen und Füßen zu verdeutlichen, dass<br />

meine Maschine immer wieder an Leistung verlor und phasenweise gefährlich<br />

ruckelte. Außerdem googelte ich am Handy „Benzinfilter“ und „dreckig“ auf Albanisch<br />

und hielt ihm das Ergebnis meiner Recherche unter die Nase. Mittlerweile halfen alle<br />

mit Gesten, Englisch und Italienisch mit, mein Problem zu verdeutlichen. Irgendwann<br />

war der Albaner, der gottseidank italienisch sprach, voll im Bilde. Ich nahm den Sitz<br />

herunter, er kam mit einfachem Werkzeug und begann, mit tatkräftiger Unterstützung<br />

von Oliver, Andreas und Markus, meinen Benzinfilter auszubauen und zu reinigen, um<br />

ihn danach wieder einzubauen. Nach einer Dreiviertelstunde Arbeit ging ich ins<br />

Geschäft, um dort die Rechnung zu begleichen. Ich rechnete mit 40 oder 50 Euro und<br />

konnte es nicht glauben, als der Geschäftsbesitzer drei Euro verlangte! Ich wollte<br />

zumindest zehn Euro dalassen, hatte aber keine Chance. Immerhin durfte ich fünf Euro<br />

auf den Tresen legen. Wir bedankten uns gestenreich, und in der Hoffnung, dass damit<br />

mein motorisches Problem endlich ad acta gelegt werden konnte, fuhren wir in Berat<br />

diesmal in Richtung Innenstadt.<br />

Dort wartete das White City Hotel auf uns: ein echt edles Hotel mit sehr nobler<br />

Innenausstattung und einem tollen Frühstücksraum im Dachterrassengeschoss. Wir<br />

checkten ein, duschten uns und machten uns auf, die Altstadt zu besichtigen und<br />

irgendwo toll Abend zu essen. Wir fanden ein Restaurant, von dem man einen<br />

herrlichen Ausblick auf die Altstadt hatte und füllten unsere Bäuche. Danach suchten<br />

wir auf der Flaniermeile ein Cafe, um mit den Albanern gemeinsam die<br />

Fußballweltmeisterschaft zu schauen. Und obwohl nach dem Match das Nachtleben in<br />

Berat gerade erst mal auf Touren kam, konnte uns nicht einmal ein lokales Musikerfest<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

lange davon abhalten, ins Hotel zurückzukehren – die Aussicht auf Schlaf war einfach<br />

zu verführerisch!<br />

Tag 9: Berat – Permet, Sa, 07.07.<strong>2018</strong><br />

Nach einem exzellenten Frühstück im<br />

White City Hotel starteten wir Richtung<br />

Permet. Wir hatten nur etwas mehr als<br />

130 km auf dem Plan, davon rund 40 km<br />

Schotterstraße. Von Berat bis Corovode<br />

war die Straße asphaltiert und<br />

arbeitete sich abwechslungsreich und<br />

kurvig zwischen den Berglandschaften<br />

hindurch. Es war einfach nur schön.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Nach Corovode warteten noch zehn<br />

Kilometer bestens gepflegter Asphalt<br />

auf uns, um bei einer neuen Brücke<br />

abrupt in Schotter überzugehen. Wir<br />

folgten der Schotterstraße entlang<br />

eines Flussbettes, bis wir immer tiefer in<br />

die Bergwelt <strong>Albanien</strong>s eintauchten. Der<br />

Schotterweg arbeitete sich<br />

etappenweise steil hoch, was gerade<br />

mich technisch ein wenig forderte. In<br />

solchen Momenten hieß es zumindest<br />

für mich: Knieschluss erhöhen, mit dem ganzen Körper weiter nach vor (ohne wie ein<br />

U-Hakerl oben zu hängen) und eine Linie bis zu den Fußpedalen bilden, um Kupplung<br />

und Gas nicht zu umklammern, sondern nach wie vor entspannt dosieren zu können.<br />

Leichter gesagt, als getan! Gottseidank hatte ich mir angewöhnt, den Tankrucksack im<br />

Topcase zu verstauen, um vorne nichts zu haben, was mich beim Manövrieren der<br />

Maschine stören oder zu einer verkrampften Körperhaltung führen könnte.<br />

Es folgten grandiose Landschaften. Besonders beeindruckend waren die grau<br />

erodierten und sandigen Berghänge, an denen wir vorbeizogen, und immer wieder der<br />

graue und rote Lehmboden, der sich bei Trockenheit gut fahren ließ, bei Nässe jedoch<br />

schnell zur unangenehmen, nicht enden wollenden Rutschpartie werden kann. Wir<br />

hatten bereits zwei Drittel der Offroad-Strecke bewältigt, als bei allen der Wunsch laut<br />

wurde, beim nächsten Schatten eine größere Rast einzulegen – uns allen rann der<br />

Schweiß in Bächen runter. Plötzlich sah ich aus den Augenwinkeln ein Holzschild mit<br />

der Aufschrift Cafe, Kuchen, Cola usw und außerdem stand mitten in der Pampas ein<br />

Schild mit einem großen weißen „P“ für Parken. Und eh ich mich versah, winkte aus<br />

eben diesem Holzverschlag eine ältere Frau und wollte, dass ich anhielt. Ich fackelte<br />

nicht lange und kommunizierte durch den Scalrider, dass ich ein Cafehaus gefunden<br />

hätte, das ideal für eine Rast wäre. Ich ließ mein Motorrad am Rande der<br />

Schotterstraße stehen und ging die paar Meter zurück – wer hätte es mir hier schon<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

klauen sollen, so mitten im Nirgendwo. Der Rest der Belegschaft drehte um und folgte<br />

meinem Beispiel.<br />

Über einen Holzsteg nahmen wir in einem liebevoll gestalteten „albanischen Cafehaus“<br />

mit offenen Wänden und einem schattenspendenden Dach Platz und wurden sofort<br />

mit Cola, türkischem Kaffee, Kiachl und selbstgemachten Honig bedient. Wir waren<br />

begeistert; die ältere Frau hielt uns mit den Worten „for tourists“ ein Buch unter die<br />

Nase, wo sich offensichtlich alle Reisenden eingetragen hatten, die heuer hier<br />

vorbeikommen waren und Rast gemacht hatten – egal, mit welchem Gefährt sie diese<br />

Strecke bewältigt hatten. Natürlich trugen auch wir uns wortreich ein und erfreuten<br />

uns der Gastfreundschaft dieser albanischen Familie. Dabei wurde uns der dreijährige<br />

Ezri genauso vorgestellt wie die acht Wochen alte Ayla der Familie. Mit der jungen<br />

Mutter der Kinder unterhielten wir uns auf Englisch. Und dann kam noch die<br />

Verwandtschaft, um sich ebenfalls bewirten zu lassen und zu plaudern. Es war einfach<br />

nur unfassbar nett und ein grandioses Erlebnis, an diesem Ort im Nirgendwo<br />

einzukehren und zu verweilen.<br />

Nachdem wir ausgiebig gerastet, die Gastgeber beschämend wenig Euro für die<br />

Bewirtung verlangten hatten und wir auch nicht um den selbst gebrannten Schnaps<br />

herumgekommen waren, saßen wir wieder auf unseren Motorrädern.<br />

Leider war auch dieser Offroad-Abschnitt viel zu schnell vorbei. Denn schon kurz nach<br />

zwei hatten wir im Hotel Ramizi in Permet eingecheckt. Markus fragte gleich nach, wo<br />

wir hier schwimmen gehen könnten. Der Hotelbesitzer erzählte uns von nahe<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

gelegenen Thermalquellen und das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Mit leichtem<br />

(Bade-)Gepäck fuhren wir zu den rund 16 km entfernten Quellen und genossen auch<br />

gleich einmal die warmen Becken. Natürlich war einiges los, da auch die Albaner diesen<br />

Ort liebten, aber es war genug Platz, um ein schönes Plätzchen für sich allein zu haben.<br />

Die obligatorische Schlammpackung durfte dabei genauso wenig fehlen wie eine<br />

ordentliche Schlammschlacht. Und so genossen wir die Sonne, die warmen Felsen, das<br />

angenehm warme Wasser und erst der aufkommende Hunger schaffte es, uns von<br />

diesem Ort zu vertreiben. Abends schlenderten wir in die Ortsmitte und fanden ein<br />

unscheinbares Restaurant, wo wir – wiederum für sehr wenig Geld – grandios mit<br />

lokaler Küche bewirtet wurden.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Tag 10: Permet – Pogradec, So, 08.07.<strong>2018</strong><br />

Am nächsten Morgen erwarteten uns rund 200 km Asphalt und weitere 40 km<br />

Schotter. Wir starteten daher zeitig und genossen von Permet bis Korce eine traumhaft<br />

abwechslungsreiche Asphalt-Strecke bei bestem Wetter. Berge über Berge und Kurven<br />

über Kurven! Erst nach dreistündiger ununterbrochener einsamer Fahrt über herrlich<br />

abwechslungsreiche Abschnitte mit mal mehr, mal weniger gutem Asphalt stoppten<br />

wir unsere Motorräder. Wir hatten gerade ein im Grünen verstecktes Cafe entdeckt,<br />

das sich perfekt anbot, unsere Muskeln zu entspannen.<br />

Also runter von unseren Böcken und Platz genommen im Freien. Der Wirt verwöhnte<br />

uns mit gutem schwarzen Kaffee und mit Cola; der Blick gegen den Himmel veranlasste<br />

uns jedoch, den weiteren Routenverlauf zu überdenken. Gewitterwolken verdunkelten<br />

binnen kürzester Zeit das Panorama und wir hatten Bedenken, den Offroad-Anteil<br />

unserer heutigen Strecke bei Sturm und Regen bewältigen zu müssen. Also schwangen<br />

wir uns relativ rasch wieder auf unsere Motorräder und fuhren schnurstracks nach<br />

Pogradec und von dort am östlichen Ufer des Ohridsees zu unserer Unterkunft Hotel<br />

Lyhnidas in Pojske.<br />

Wir erreichten unsere Unterkunft am Ohridsee in trockenem Zustand, während es in<br />

den Bergen eindeutig regnete und gewitterte. Nach dem Einchecken und Verstauen<br />

unseres Gepäcks besuchten wir noch das im Reiseführer beschriebene Fischerdörfchen<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Lin und aßen in einem am Ufer gelegenen Restaurant die dort heimische Koranforelle,<br />

die – so mein albanischer Reiseführer – dank Fischverbot vom Aussterben gerettet<br />

wurde. Trotz dieses Verbots waren wir auf der Straße an vielen Albanern<br />

vorbeigefahren, die die Ohrid- bzw. Koranforelle an der Straße verkauften. Einen Hafen<br />

suchten wir in dem Dörfchen vergeblich – die Fischerhäuschen reichten bis zum See<br />

und gaben nur ab und zu den Blick auf den Seezugang frei. Abends saßen wir daher<br />

wieder in unserem Hotel auf der Veranda im Freien und genossen dort die<br />

Abendstimmung mit Blick auf den Ohrid-See.<br />

Tag 11: Pogradec – Burrel, Mo, 09.07.<strong>2018</strong><br />

Eigentlich war für heute eine lange Offroad-Route nach Burrel geplant. Oliver und<br />

Andreas hatten jedoch Bedenken wegen des Wetters – bei Gewitter und Regen wollten<br />

beide nicht in Offroad-Passagen feststecken und wohl oder übel fügten sich Markus<br />

und ich den vernünftigen Argumenten von Oliver und Andreas. Wie also wollten wir<br />

den heutigen Tag angehen? Andreas schlug vor, den Ohridsee auf der mazedonischen<br />

Seite zu umrunden, dann Richtung Debar zu fahren, um dort wieder nach <strong>Albanien</strong><br />

einzureisen. Vielleicht konnten wir so dem kurzen Tief – ab morgen stand wieder Sonne<br />

und Hitze am Programm – ausweichen. Auf der Karte sahen wir nach dem<br />

Grenzübergang von Mazedonien nach <strong>Albanien</strong> eine Verbindung Richtung Burrel mit<br />

der Bezeichnung „Rruga e Arberit“, was zwar darauf schließen ließ, dass sich hier eine<br />

Straße in Arbeit befand, aber wir wollten diese versuchen und standen nach einem<br />

perfekten Frühstück erneut in den Startlöchern.<br />

Auf der mazedonischen Seite des Ohridsees erwartete uns eine feine kurvige Passage<br />

bei bestem Wetter und auch die Straße bis Debar erwies sich als äußert gut befahrbar.<br />

Wolken und ein paar Regentropfen waren zwar immer präsent, aber es war einfach zu<br />

warm und fein, um die Regenanzüge überzustreifen. Erst auf der albanischen Seite<br />

erwischte uns ein kräftiger Guss und wir mussten unser Regengewand anlegen; sobald<br />

der Regen jedoch nachgelassen hatte, entledigten wir uns unserer Regenklamotten,<br />

weil es einfach gleich wieder viel zu heiß war und wir sonst innen mehr nass geworden<br />

wären als außen. Die „Rruga e Arberit“ erwies sich als mittlerweile vollständig<br />

ausgebaute Straße, auf der man herrlich ziehen konnte und es fehlte auch nicht an<br />

genussvollen Passagen und – wie gewohnt – traumhaften Ausblicken auf die Bergwelt<br />

<strong>Albanien</strong>s. Am späten Nachmittag erreichten wir nicht nur unsere Unterkunft Vila<br />

Bruci, auch die Sonne hatte uns wieder.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

War es also übervorsichtig gewesen, auf die Offroad-Route über Labinot Fushe zu<br />

verzichten? Gerade als ich meinen Gedanken so nachhing, fuhren zwei Italiener auf<br />

ihren Leichtmotorrädern ein – ich konnte nicht umhin, sie neugierig zu fragen, woher<br />

sie kämen und eh klar: die beiden Italiener waren die Strecke gefahren, die wir heute<br />

fahren hätten wollen und waren – obwohl überall drohend schwarze Wolken den<br />

Himmel verdunkelt hatten – trocken durch alles hindurch gekommen! Es dauerte nicht<br />

lange und ich saß mit Ihnen bei einem Bier bzw. Achterl Wein auf der Hotelveranda<br />

und wir quatschten auf Englisch fröhlich drauf los. Abends gesellten sich die beiden<br />

auch noch zu uns, um gemeinsam zu essen, ein Bier zu genießen und das bisher Erlebte<br />

im Off- und On-the-Road-Bereich Revue passieren zu lassen. Es war ein total<br />

entspannter Abend!<br />

Tag 12: Burrel – Kukes, Die, 10.07.<strong>2018</strong><br />

Ich wachte bereits mit dem Gedanken auf, dass ich mich diesmal auf keinen Fall<br />

überreden lassen würde, auch auf nur einen Offroad-Kilometer zu verzichten. Auch<br />

Anfängerinnen haben das Recht, offroad zu fahren – so ging es mir durch den Kopf,<br />

während ich früh meine Rolle gepackt hatte und bereits in voller Montur beim<br />

Frühstück saß. Aber meine Bedenken ob der Motivation unserer Gruppe waren<br />

unbegründet – alle waren gleich motiviert, sich die kommenden Etappen bei<br />

herrlichem Wetter nicht entgehen zu lassen und so sollten es heute unvergessliche gut<br />

100 km Offroad werden. Wir starteten Richtung Burgajet (Oliver fuhr zuerst gleich<br />

einmal an der Abbiegung vorbei), um nach dem besagten Ort die Asphaltstraße durch<br />

eine Schotterstraße einzutauschen. Luft raus und los gings!<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Serpentinen wechselten sich ab mit<br />

Hangpassagen und wiederum<br />

Hangpassagen mit kurvigeren<br />

Abschnitten. Es war einfach<br />

unbeschreiblich schön und die z.T. alten<br />

(Römer-) Wege in einem Zustand, dass es<br />

ein Genuss war, diese zu fahren. Das heißt<br />

zwar nicht, dass es nicht hier und da<br />

ordentlich holperte oder eine gute<br />

Linienführung nötig war, aber irgendwie<br />

lief es uns allen wie am Schnürchen. Nach<br />

den ersten 40 Offroad-Kilometern bis<br />

Muhurr stand die Sonne ziemlich hoch<br />

und wir wussten, es warteten noch<br />

weitere 80 km auf uns, davon rund 67 km<br />

Schotter – erst kurz vor Bicaj würde der<br />

Asphalt beginnen; also brauchte es eine<br />

schattige Pause bei kühlen Getränken, um<br />

für die nächste Etappe gerüstet zu sein. Zum Glück fanden wir in Muhurr ein<br />

wunderschönes Cafe mit schattigem Außenbereich, das wir sofort für die nötige Rast<br />

okkupierten, bevor es an der linken Uferseite des Flusslaufs der Drin in wunderschönen<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Offroad-Abschnitten weiterging. Mal schlängelte sich der Weg dabei ganz nah am Fluss<br />

Drin, mal bewegten wir uns auf- und abwärts in die Berglandschaft hinein. Irgendwann<br />

verschwanden wir mit unseren Motorrädern immer mehr in der Bergwelt <strong>Albanien</strong>s<br />

und fuhren imposante Hangstraßen und Bergkämme entlang. Es schien endlos und<br />

sowohl die kräftigen Farben als auch die Dimensionen, in denen wir uns bewegten,<br />

machten uns sprachlos. Und als die Schotterstraße nach einer letzten Kehre und einem<br />

letzten Hangstück abrupt endete, war mein erster Gedanke: Was? Echt schon zu Ende?<br />

Bitte nicht! Aber es half nichts. Nach weiteren rund 12 Kilometern hatten wir Kukes<br />

erreicht, wo wir am späten Nachmittag im Hotel Gjallica eincheckten, wiederum<br />

äußerst freundlich empfangen wurden, tolle Zimmer bekamen und sogar im Hof<br />

unsere Motorräder mit dem Wasserschlauch abspritzen durften.<br />

Tag 13: Kukes – Valbone, Mi, 11. 07.<strong>2018</strong><br />

In Kukes sollte der Startpunkt für eine herrliche Offroad-Runde liegen, allerdings würde<br />

diese ohne Rast mindestens einen halben Tag in Anspruch nehmen und sollte eher mit<br />

einem ganzen Tag veranschlagt werden. Da wir heute jedoch vorhatten, bis ins hintere<br />

Valbonetal vorzudringen und dort eine Unterkunft vorreserviert hatten, mussten wir<br />

diese – zumindest für dieses Jahr – aus der To-Do-Liste streichen. Die Route ans Ende<br />

des Valbonetals sollte selbst mindestens vier bis fünf Stunden in Anspruch nehmen,<br />

obwohl im Grunde nur 140 bis 150 km auf Teer zu bewältigen waren. Wir würden uns<br />

überraschen lassen und brachen gemächlich nach einem entspannten Frühstück auf.<br />

Sobald wir die Schnellstraße Richtung Tirana verließen, waren wir alleine. Die SH5<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

entpuppte sich als einsame Strecke, die uns in eine wunderschöne Bergwelt entführte.<br />

Unser mdmot-Führer verriet uns, dass diese Nebenstrecke nur mehr von<br />

Tourist/inn/en und Einheimischen genutzt wird, seit die Schnellstraße nach Tirana<br />

existiert. Nach rund 60 gefahrenen Kilometern bogen wir Richtung Fierze auf die SH22<br />

ab. Nun wurde es richtig kurvig. Unendlich lang schlängelte sich eine atemberaubende<br />

Höhenstraße die Berghänge Richtung Fierze bzw. Richtung Bajram Curri entlang und<br />

eröffnete immer wieder Ausblicke auf den Stausee. Wir hielten immer wieder an, um<br />

das eine oder andere Panoramafoto zu schießen, aber eigentlich war es gar nicht<br />

möglich, diese Eindrücke in Bildern festzuhalten.<br />

Irgendwann erreichten wir dann die Staumauer und das große Elektrizitätswerk und<br />

machten nach Bregelume direkt am aufgestauten Fluss bei einem Restaurant Halt, um<br />

zu Mittag zu essen. Danach waren es nur noch einige Kilometer bis Bajram Curri, das<br />

wir zügig hinter uns ließen, da wir ja ans Ende des Valbonetals wollten, wo wir ein Hotel<br />

gebucht hatten.<br />

Das Tal selbst war beeindruckend und wird auch touristisch so gut als möglich genutzt<br />

– wir begegneten Rucksacktourist/innen genauso wie Familien oder größeren<br />

Wandergruppen. Allerdings sah der Fluss gleichzeitig streckenweise wie eine riesige<br />

Baustelle aus, weil man die Wasserkraft einfach immer weiter nutzen möchte. Ob das<br />

eine mit dem anderen kompatibel ist, wird sich noch weisen. Wir jedenfalls checkten<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

wieder mal in einem tollen Hotel für wenig Geld ein – ein Doppelzimmer mit Frühstück<br />

für zwei Personen kostet zwischen 25 und 50 Euro. Wir trugen das Gepäck nach oben,<br />

duschten und warfen uns in angenehme Klamotten. Wir erkundeten die Gegend per<br />

pedes, nachdem wir mit den Motorrädern nicht weit gekommen waren und vor dem<br />

Talschluss nach ein paar Minuten Fahrt anstanden. Also stellten wir die Motorräder<br />

wieder vors Hotel, marschierten ein paar Meter Richtung Fluss, querten diesen an<br />

einer seichten Stelle barfuß und suchten uns einen schönen Flecken, um uns<br />

auszurasten. Ein großer Felsen, der mitten in einer Wiese stand, entpuppte sich dabei<br />

als perfekter Rastplatz. Also testeten wir unsere sportlichen Qualitäten, erklommen<br />

das rund drei Meter hohe Felsplateau und ließen den Nachmittag in ein paar Metern<br />

Höhe entspannt an uns vorüberziehen. Wir sahen zu, wie direkt unter uns ein paar<br />

Schafe grasten und Kühe, wie Farbkleckse verstreut, das ganze Tal bevölkerten.<br />

Apropos Kühe, Schafe und Ziegen – die gibt es in <strong>Albanien</strong> überall und sie laufen einfach<br />

frei herum. Allein aus diesem Grund ist ein erhöhtes Tempo nirgendswo anzuraten.<br />

Hinter jeder Kurve kann ein einzelnes Tier stehen oder eine ganze Herde den Weg<br />

blockieren. Und dann gibt es noch die Schildkröten, die ständig die Wege passieren.<br />

Wir haben schon beobachtet, dass Autofahrer ausstiegen, um eine Schildkröte aus der<br />

Gefahrenzone zu tragen. Diese Praxis haben auch wir uns zu eigen gemacht und „auf<br />

(halbe) Sicht fahren“ bekam rein aus Tierschutzgründen eine ganz andere Bedeutung<br />

in <strong>Albanien</strong>.<br />

Tag 14: Valbone – Shkoder, Do, 12.07.<strong>2018</strong><br />

Am nächsten Morgen saßen wir bereits um halb sieben beim Frühstück. Die Montur<br />

war angelegt und die Rolle gepackt. Wieso die Eile? Wir hatten bereits vor ein paar<br />

Tagen per Internet die Fähre von Fierze nach Koman reserviert und wollten diese auf<br />

keinen Fall verpassen. Die Fähre verlässt dabei jeden Tag morgens die Ablegestelle in<br />

Fierze, um nach ziemlich genau zwei Stunden in Koman anzukommen. Und obwohl es<br />

mittlerweile zwei kleinere Mitanbieter am Fährmarkt gibt, wird immer einmal täglich<br />

um neun Uhr abgelegt und um dreizehn Uhr wieder zurückgefahren. Und da uns diese<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Fähretappe als albanisches Highlight beschrieben worden war, das man sich nicht<br />

entgehen lassen durfte, hatten wir diese in die Routenplanung miteinbezogen.<br />

Zeitig wie wir aufgebrochen waren, standen wir bereits um halb neun vor der Fähre.<br />

Wir bezahlten den Preis pro Motorrad und Person (derzeit 23 Euro) und konnten<br />

sogleich auffahren. Pünktlich um neun legte die Fähre mit uns und ca. 30 bis 40<br />

anderen Personen ab und wir genossen die Fahrt über den gestauten Drin. Mal<br />

erblickten wir links und rechts von uns sanfte Berg- und Hügellandschaften, die die<br />

Welt um uns herum in unterschiedlichste Grüntöne tauchten, mal waren die Wände,<br />

an denen wir vorbeituckerten, schroff und abweisend oder würden sich hervorragend<br />

als Boulder- und Kletterfelsen eignen.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Die Kulisse, in der wir uns mit der Fähre bewegten, war so abwechslungsreich, dass die<br />

zwei Stunden Fahrt wie im Flug vergingen. Dann hieß es Helm, Handschuhe und Jacke<br />

anlegen, die Motorräder besteigen und nach der Ausschiffung durch einen kurzen<br />

Tunnel in die Verbindungstraße nach Kukes einzubiegen.<br />

Die Verbindungsstraße war von einer so schadhaften Teerdecke bedeckt, dass ich froh<br />

war, mit weniger als zwei Bar Luft in den Reifen unterwegs zu sein – es holperte und<br />

polterte einfach unentwegt und man hatte keine Chance, den Löchern in der Straße<br />

auszuweichen, weil die Asphaltdecke einfach eine Ansammlung von Löchern und<br />

unterschiedlichsten Teerschichten war. Aber auch diese Passage hatte irgendwann<br />

einmal ein Ende und wir konnten nachmittags bei enormer Hitze im Hotel Floga in<br />

Shkoder einchecken. Was wir nun brauchten waren kühle Getränke, eine Dusche, eine<br />

Klimaanlage und ein Bett, um alle Viere von uns zu strecken.<br />

Aber wir hatten noch etwas vor: Ein abschließender kleiner Motorradausflug nach<br />

Vermosch stand am Programm. Von Beate, einer befreundeten Motorradfahrerin, die<br />

ich 2017 in Hechlingen beim Offroadtraining kennen gelernt hatte, hatte ich den Tipp<br />

bekommen, mir diese Bergstraße anzuschauen. Da nach vier Uhr die Hitze langsam<br />

nachließ, setzten wir uns noch einmal auf unsere Motorräder und fuhren über Hani i<br />

Hotit Richtung Vermosch. Waren wir ob der heißen Temperaturen zuerst nur schwach<br />

motiviert, so änderte sich dies mit jeder Kurve, die wir nahmen, sobald wir Koplik hinter<br />

uns gelassen hatten. Wieder tauchten wir ein in ein gewaltiges Bergmassiv mit tollen<br />

Kehren und lässigen Kurven – endlos! Wir ließen Tamare und Selce hinter uns und<br />

steuerten gerade Lepushe an, als meine Diva plötzlich abrupt Leistung verlor und<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

abstarb. Als wie wenn mein Motorrad alles gegeben hätte, was in ihr gesteckt hatte<br />

und jetzt war Sendepause. Ich hatte geistesgegenwärtig bei voller Fahrt ob des<br />

abrupten Leistungsabfalls die Kupplung gezogen, startete sie während der Fahrt gleich<br />

wieder und hoffte, dass es weitergehen würde. Aber nichts da. Meine Diva stotterte<br />

lustlos ein paar Meter dahin und versagte mir erneut ihre Dienste. Und ich hatte nach<br />

den letzten Tagen, wo sie wieder wie am Schnürchen gelaufen war, gedacht, mein<br />

Problem wäre behoben gewesen!<br />

Oliver, Markus und Andreas waren vor mir und ich hatte keine Chance,<br />

irgendjemanden von meiner Misere zu berichten, weil sie für die Scalrider-<br />

Kommunikation schon zu weit weg waren. Was tun? Vor gut einem Kilometer hatten<br />

wir am Straßenrand ein total witziges Cafe, das wie ein Baumhaus ausgesehen hatte,<br />

passiert. Bis dorthin wollte ich es schaffen. Und die Jungs würden irgendwann schon<br />

merken, dass sie mich verloren hatten. Die Maschine mehrmals startend, rollend,<br />

absterbend, wieder startend kam ich irgendwie dort an und parkte meine Diva so ein,<br />

dass sie von der Straße gleich zu sehen war. Ohne mich großartig zu ärgern, bestellte<br />

ich gleich mal Cola und Kaffee und war schon beim Schlürfen meiner Tasse, als Andreas<br />

fragend dahertuckerte. Es folgten Oliver und Markus – ob ich nicht vorher mitteilen<br />

könnte, wenn mir nach einer Pause wäre. Ich klärte die Jungs auf, dass das nicht meine<br />

Entscheidung gewesen war, sondern meine Diva offensichtlich genug hatte. Es war<br />

bereits halb sieben abends. Auch der Rest bestellte daher mal Kaffee und Cola und wir<br />

beratschlagten gleich, wie wir meine Maschine notfalls mit Gurten die Berge wieder<br />

rauf und auf der anderen Seite runter kriegen würden. Die Abendsonne, den türkischen<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Kaffee und das kühle Cola genießend gönnten wir meinem Motorrad eine gute Stunde<br />

Pause. Unsere Hoffnung war, dass sich die Maschine wieder ein bisschen fing und den<br />

Rückweg alleine schaffen würde. Der Gedanke, das Motorrad im Schlepptau von<br />

Markus‘ 1200er GS zu manövrieren, behagte mir nicht wirklich. Und siehe da: nach<br />

dieser einstündigen Pause sprang sie wieder an und ließ sich fahren. Ich schlug ein<br />

gemächliches Tempo an, wollte ich ja auf keinen Fall riskieren, dass sie mich im Stich<br />

ließ. So cruiste ich tatsächlich die ganze Strecke retour und hatte schon jeden<br />

Gedanken ans Abschleppen vergessen, als wir im Hotel Floga eintrudelten. Mit<br />

Wehmut dachte ich daran, dass dies heute unsere letzte Nacht in <strong>Albanien</strong> werden<br />

würde, denn morgen würden wir die Heimreise starten.<br />

Tag 15 bis 17: Heimreise über Montenegro, Bosnien-Herzegowna, Croatien und<br />

Slowenien<br />

Shkoder (Alb) – Knin (Croa), Fr, 13. 07.<strong>2018</strong><br />

Bereits um sieben Uhr saßen wir auf den Motorrädern. Wir wussten – heute würde es<br />

ein langer und heißer Tag werden. Vor uns lagen knapp 500 km bis nach Knin in<br />

Kroatien und vor allem mehrere Grenzübertritte, was i.d.R. immer mit etwas Wartezeit<br />

verbunden war. Unsere Route sollte uns über Podgorica in Montenegro und ab hier<br />

über den kleineren Grenzübergang Bileca nach Bosnien Herzegowina führen. In Gorica<br />

schließlich wollten wir nach Kroatien einreisen und hier über die Landstraße „A1“ nach<br />

Knin fahren. Die kleineren Straßen in Montenegro entpuppten sich als wunderschöne<br />

Bergetappe auf einer so schmalen Straße, dass wir sehr defensiv fahren mussten, weil<br />

sich neben einem Motorrad nicht einmal ein Auto ausgegangen wäre. Der<br />

Grenzübergang Bileca wiederum war eine Sackgasse, weil er wegen Bau- und<br />

Sprengarbeiten den ganzen Vormittag gesperrt war und wir eine eineinhalbstündige<br />

Wartezeit nicht brauchen konnten, weshalb ein Umweg über Trebine nötig war. Die<br />

weiteren Straßenverläufe gestalteten sich durchwegs kurzweilig auf unterschiedlich<br />

gut asphaltierten Straßen. Wir waren aber irgendwann nicht mehr in der Lage, die<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Eindrücke abzuspeichern, sondern waren nur mehr heilfroh, als wir gegen sieben Uhr<br />

abends – also nach zwölf Stunden Reisezeit – das Hotel Ivan erreichten und auch mein<br />

Motorrad den ganzen Tag perfekt gelaufen war.<br />

Knin (Croa) – Bovec (Slow), Sa, 14.07.<strong>2018</strong><br />

Auch am nächsten Tag standen immerhin 450 km auf dem Programm. Wir blieben im<br />

Hinterland, wo uns die Hitze nicht so in ihren Klauen hatte, und kurvten Landstraßen<br />

in Richtung Slowenien, die jedes Motorradherz höher schlagen lassen. Einfach nur<br />

cool! Wir folgten der gut ausgebauten Straße bei wenig Verkehr Richtung Plitvizcka<br />

Seen und bogen dann ab in die schmale Verbindungsstraße Richtung Josipdol und<br />

Ogulin, um nachmittags bei Prezid die Grenze zu Slowien zu passieren. Es ging kurvig<br />

und abwechslungsreich Richtung Logatec, Idrija und Tolmin und schließlich liefen wir<br />

am späten Nachmittag in Bovec ein und bezogen wieder das Hostel Soca Rocs. Große<br />

Lacken am Boden zeugten davon, dass hier ein Gewitter niedergegangen war, aber wir<br />

waren wieder einmal verschont gewesen. Und wir hatten den heutigen Tag einfach nur<br />

genossen.<br />

Bovec (Slow) – Hall in Tirol: wieder daheim! (So, 15.07.<strong>2018</strong>)<br />

Am Sonntag, den 15.07.<strong>2018</strong>, machten wir uns frühmorgens auf dem Weg nach<br />

Österreich. Es regnete leicht und wir starteten in der Regenmontur. Den Kopf für eine<br />

ausgefeilte Reiseplanung hatte niemand mehr. Oliver, Markus und ich gaben im Navi<br />

einfach nur „Heimatadresse“ ein; womit wir allerdings nicht gerechnet hatten. Das<br />

Navi führte uns nicht – wie wir eigentlich vorgehabt haben – über den Mangartpass in<br />

die Heimat, sondern schlug uns den kürzesten Weg über das Pustertal vor. Wir waren<br />

schon so auf daheim fixiert, dass keiner einen Blick auf die Karte bzw. einen genaueren<br />

Blick auf den Navi-Vorschlag warf. Wir fuhren einfach los! Als wir den Irrtum<br />

bemerkten, war es uns gleich. Wir wollten einfach nur Meter machen und fanden die<br />

Idee, bereits gegen eins zu Hause zu sein, sehr attraktiv. Und so war es auch. Die<br />

Regenmontur konnten wir bald einmal ablegen, weil sich auf der italienischen Seite die<br />

Sonne durchgesetzt hatte und in progressiver Manier kämpften wir uns durch den<br />

Verkehr im Pustertal, um gegen eins am Ende der Brenner Bundesstraße und kurz vor<br />

Innsbruck noch einmal einzukehren und so die Tour zu beenden.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Ein paar Anmerkungen zum Schluss<br />

Und mit welchen Sätzen beendet man bzw. frau eine solche Reise? Soll ich davon<br />

erzählen, dass ich mich die nächsten drei Tage mehr tot als lebendig in die Arbeit<br />

schleppte, weil ich einfach jeden Knochen spürte? Oder soll ich davon erzählen, dass<br />

ich mich trotzdem die kommenden Tage mehrfach zurücksehnte zu den<br />

Schotterstraßen und Feldwegen, die uns – quasi der Zeit entrückt – durch die<br />

albanische Bergwelt geführt hatten? Die vielen Eindrücke, die dieses Land und seine<br />

Menschen bei mir, aber auch bei Oliver, Andreas und Markus hinterlassen haben,<br />

lassen sich nur schwer in Worte fassen.<br />

Ich kann daher diesen Bericht nur damit beenden, dass ich unbedingt wieder hin muss.<br />

Die Ursprünglichkeit dieser (Berg-)Welt ist einfach nur atemberaubend und in die<br />

Schotterstraßen und Feld- wie alten Römerwege habe ich mich sowieso verliebt, auch<br />

wenn ich weit öfter als die anderen an meine Grenzen gestoßen bin und<br />

möglicherweise auch in Zukunft mit der einen oder anderen Passage zu kämpfen haben<br />

werde. Das gehört für mich zum Reisen dieser Art genauso dazu wie andere eine<br />

schwere Stelle beim Klettern zu knacken bestrebt sind oder sich sonst diversen<br />

Herausforderungen in ihrem Leben stellen.<br />

Ein paar Dinge für die Praxis habe ich mir aber gemerkt:<br />

Wenn möglich, so tanke eher in größeren Städten! Da ist die Chance, dass das<br />

Benzin weder verunreinigt noch gestreckt ist, etwas größer.<br />

Lass das mit dem Vorbuchen, das stresst nur! Eine Strecke lässt sich besser<br />

genießen, wenn man sie beenden kann, wo es einem gefällt oder wo man für<br />

sich entscheidet, dass es für heute genug ist. Eine vorgebuchte Unterkunft<br />

erreichen zu müssen, kann den Erholungsfaktor echt stark einschränken.<br />

Nimm Euros in vielen kleinen Scheinen mit! Mit 5ern und 10ern kommt man in<br />

ganz <strong>Albanien</strong> perfekt durch. Ein 50er oder 100er ist dagegen die reinste<br />

Katastrophe, wenn man bezahlen möchte. Aber auch die heimische Währung<br />

wird gerne genommen – also Wechseln in Leke tut nicht weh.<br />

Und schraub das Tempo runter! Dabei geht es nicht nur um das (Über-)Leben so<br />

mancher Kuh, Ziege oder Schildkröfte auf <strong>Albanien</strong>s Straßen und Wegen,<br />

sondern vor allem auch um die eigene Sicherheit. Du weißt nie, was dich um die<br />

nächste Ecke erwartet!<br />

Und last but not least: Sei dankbar für die Freunde, die dich auf deiner Reise begleiten:<br />

Ohne meinen Partner für alle Lebenslagen, also ohne Markus, hätte ich bei der einen<br />

oder anderen schwierigen Passage mehr geschwitzt als dass ich sie gut bewältigt hätte.<br />

Dank Scalrider unterstützte er mich das eine oder andere Mal bei der Wahl der besten<br />

Linie oder einfach nur durch seine absolute Ruhe und Gelassenheit, die er mir beim<br />

Fahren oder auch sonst immer zu vermitteln imstande war.<br />

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<strong>Albanien</strong> <strong>2018</strong><br />

© Elisabeth Wolfgruber<br />

Oliver und Andreas waren und sind nicht nur total liebenswerte und gleichzeitig sehr<br />

coole Weggenossen, sondern immer mit dem richtigen Rat oder mit dem richtigen<br />

Werkzeug zur Stelle! Gerade bei dieser Reise war jeder Beistand Gold wert, da meine<br />

Diva ja des Öfteren beschlossen hatte zu streiken bzw. ob ihrer Tieferlegung<br />

gefährdeter war als die anderen Motorräder, diverse Bauteile zu verlieren. Außerdem<br />

dachte Oliver nie immer nur an sein, sondern immer an das Wohlbefinden aller, was<br />

ein großartiger Wesenszug an ihm ist und uns allen gut tat. Und Andreas? Der hat uns<br />

im Durchschnitt dank seiner Jugend nicht nur um ein Jahrzehnt verjüngt, sondern seine<br />

Freude an allem, was gerade am Programm stand, ständig mit uns geteilt! Gute Laune<br />

ist ansteckend!<br />

Also Danke für euren Teamgeist und dafür, dass wir diese Reise gemeinsam erleben<br />

durften!<br />

© Text: Elisabeth Wolfgruber; © Fotos: Elisabeth Wolfgruber, Dallagiovanna Markus, Oliver, Andreas<br />

Verwendete Quellen, die ich sehr empfehlen kann:<br />

Druckversion <strong>Albanien</strong> Offroad-Strecken; bestellbar unter: http://www.mdmot.com/ <strong>Albanien</strong>-Offroad-strecken-GPS-Track.html auch als<br />

online-Version einsehbar;<br />

<strong>Albanien</strong>, Kultur-Reiseführer (freytag & berndt Reiseführer), 6. September 2017, von Freytag-Berndt und Artaria KG:<br />

<strong>Albanien</strong>, Autokarte 1:150.000, freytag & berndt Auto + Freizeitkarten; 19. Februar <strong>2018</strong>; von Freytag-Berndt und Artaria KG<br />

Reise Know-How Landkarte Westliche Balkanregion (1:725.000) : <strong>Albanien</strong>, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Kroatien, Mazedonien,<br />

Montenegro, Serbien, Slowenien: world mapping project; 9. Juli <strong>2018</strong>; von Reise Know-How Verlag Peter Rump<br />

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