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Hundefreundliche Zahnarztpraxis - Filiz Rollidogs eV

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© Martin Valigursky / shutterstock.com<br />

2<br />

praxis ?!<br />

Auf den Hund gekommen<br />

Was tun, wenn Patienten Hunde mitbringen?<br />

Was tun, wenn Patienten Hunde mitbringen? – Die Frage ist nicht lächerlich; es ist gar nicht so selten, dass Patienten<br />

samt Hund in der Praxis erscheinen. Meistens wird man einfach verwundert darum bitten, das Tier draußen anzuleinen.<br />

Aber wie ist die Rechtslage, wenn es sich um einen Blindenführhund oder Behindertenbegleithund handelt?<br />

Wenn <strong>Filiz</strong> Erfurt zum Arzt oder Zahnarzt geht, hat sie mindestens<br />

einen Hund dabei. Sie sitzt im Rollstuhl und ist auf die<br />

Unterstützung ihres Begleithunds angewiesen. Außerdem bildet<br />

die Paraplegikerin Behindertenbegleithunde und �erapiehunde<br />

aus (www.�liz-rollidogs.de). „Mein Hausarzt und mein Zahnarzt<br />

lieben meine Hunde“, erzählt sie. Sogar der Welpe Candas durfte<br />

zu Ausbildungszwecken mit ins Sprechzimmer. Hier konnte<br />

er lernen, dass weder die ungewöhnlichen Gerüche noch eine<br />

Impfung bei „Frauchen“ Stress bedeuten. Nicht alle Ärzte und<br />

Zahnärzte haben Verständnis dafür.<br />

© Fotos privat (3)<br />

Welpe Candas lernt die Atmosphäre einer Arztpraxis kennen<br />

DFZ 9 · 2011<br />

Behindertenverbände fordern schon lange, dass es möglich sein<br />

muss, Assistenz- oder Blindenführhunde zumindest in den<br />

Empfangs- oder Wartebereich von Arztpraxen mitzubringen.<br />

Am liebsten natürlich auch in alle übrigen Räume, wenn keine<br />

gesundheitlichen Bedenken bestehen.<br />

„Sozialleistungen müssen barrierefrei erbracht werden“<br />

Auch Hubert Hüppe, der Beau�ragte der Bundesregierung für<br />

die Belange behinderter Menschen, setzt sich für den barrierefreien<br />

Zutritt von Assistenz- und Blindenführhunden ein. Auf<br />

seiner Homepage (www.behindertenbeau�ragter.de) weist er auf<br />

die Rechtsgrundlagen hin: Sozialleistungen müssen [§ 17 Sozialgesetzbuch<br />

(SGB) I] barrierefrei erbracht werden. Dazu gehört<br />

auch das Mitnehmen von Assistenz- und Blindenführhunden<br />

in Arztpraxen. Gerade auch unter Berücksichtigung des Allgemeinen<br />

Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) darf die Mitnahme<br />

eines Assistenz- oder Blindenführhunds nicht untersagt werden.<br />

Es sei denn, der Mitnahme steht ein rechtfertigender, sachlicher<br />

Grund entgegen: Womit wir bei den Hygienevorschri�en wären.<br />

Assistenz- oder Blindenführhunden dürfen auch in Lebensmittelgeschä�e<br />

mitgenommen werden, so die zusammenfassende<br />

Einschätzung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtscha�<br />

und Verbraucherschutz (BMELV).<br />

Weder Streicheln noch Füttern erlaubt<br />

Kann es hygienisch unbedenklich sein, wenn sich Hunde und<br />

Patienten in einem Raum au�alten? Das Bundesministerium<br />

für Gesundheit (BMG) stellt hierzu einerseits fest, dass es keine


Der Praxishund der Münchner <strong>Zahnarztpraxis</strong> fungiert auch<br />

mal als „stress breaker“ und Kinderbetreuung<br />

ausdrückliche gesundheitsrechtliche Regelung gibt, die Patienten<br />

das Mitführen von Assistenzhunden in Krankenhäusern<br />

oder Arztpraxen gestattet. Ein Gutachten der Freien Universität<br />

Berlin erklärt jedoch: „Wir haben aus hygienischer Sicht in<br />

der Regel keine Einwände gegen die Mitnahme von Blindenhunden<br />

in Praxis- und Krankenhausräume“. Diese Einschätzung<br />

gilt allerdings nur für speziell ausgebildete, gesunde und<br />

gep�egte Führungshunde, bezieht sich nur auf die ö�entlich<br />

zugänglichen Bereiche der Gesundheitseinrichtungen und gilt<br />

nur dann, wenn keine immunsupprimierten Patienten beeinträchtigt<br />

werden könnten. Das Personal darf die Hunde weder<br />

streicheln noch füttern.<br />

Der Ausweis entscheidet im Zweifelsfall<br />

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries hat sich auf den Bereich<br />

"Hund und Recht" spezialisiert. Sie ist selbst Hundehalterin und<br />

weiß, dass Blindenführhunde gut ausgebildet und diszipliniert<br />

sind, so im Wartezimmer an ihrem Platz bleiben und nicht überall<br />

ihre Speichelspuren hinterlassen. Ob es sich bei einem Hund<br />

tatsächlich um einen Blindenführhund handelt, entscheidet im<br />

Zweifelsfall übrigens der Ausweis: Zur Legitimation gibt es einen<br />

Blindenführhundausweis, der in Verbindung mit dem Schwerbehindertenausweis<br />

des Führhundhalters gültig ist.<br />

Die Rechtsanwältin weist darauf hin, dass der Zahnarzt mehrere<br />

Rechtsgüter abwägen muss: das Recht des Behinderten auf<br />

Mobilität und Barrierefreiheit einerseits, andererseits die für<br />

Zahnarztpraxen geltenden Hygienevorschri�en. „Natürlich hat<br />

er in seiner Praxis das Hausrecht“, erinnert sie.<br />

Ruth Auschra,<br />

Freie Journalistin<br />

KOMMENTAR<br />

Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries<br />

<strong>Hundefreundliche</strong> <strong>Zahnarztpraxis</strong><br />

praxis 3<br />

In Tierhalterkreisen ist eine Münchner <strong>Zahnarztpraxis</strong><br />

(www.zahnaesthetik-mueller.de) bekannt geworden:<br />

Dort stehen für die wartenden Vierbeiner sogar Wasserschalen<br />

und Leckerlis bereit. Hygieneprobleme sieht man<br />

dort nicht: „Das Behandlungszimmer und der gesamte<br />

Behandlungsbereich sind für Tiere zu 100 Prozent tabu“,<br />

so die Betreiber der Praxis.<br />

In der Praxis besteht eine deutliche bauliche Trennung<br />

zwischen Wartebereich und Behandlungsbereich. Im Wartebereich<br />

gibt es wiederum ein Extraplätzchen für die Hunde.<br />

Außerdem bekommen Hundebesitzer zur Sicherheit immer<br />

den letzten Termin zum Sprechstundenende, sodass keine<br />

weiteren wartenden Patienten gestört werden können.<br />

Ärger mit den Vierbeinern hat es hier noch nie gegeben.<br />

Aber in einer Münchner Hundezeitschrift wurde die Praxis<br />

kürzlich als vorbildlich vorgestellt: Und das ist sicher auch<br />

unter Marketing-Gesichtspunkten nicht uninteressant!<br />

ra<br />

DFZ 9 · 2011

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