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Wirtschaftszeitung 2018

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RHEINISCHE POST | WIRTSCHAFT NR. 10<br />

JUNI <strong>2018</strong> UNTERNEHMEN | 7<br />

VON ANTJE HÖNING<br />

Die erste Frau an der<br />

Spitze: Christiane Grün<br />

leitet bei 3M das Geschäft<br />

in den deutschsprachigen<br />

Ländern. Ihre Karriere<br />

begann die 57-Jährige als<br />

Pharmalaborantin.<br />

Christiane Grün war für<br />

den Technologiekonzern<br />

3M jahrelang an<br />

vielen Orten der Welt tätig:<br />

in der Schweiz, in Österreich<br />

sowie in Großbritannien und Irland.<br />

Doch das Familienhaus in<br />

Klein Reken im Kreis Borken hat<br />

die 57-Jährige immer behalten.<br />

Jetzt kann sie es wieder regelmäßig<br />

nutzen: Seit knapp einem<br />

Jahr führt die Münsterländerin<br />

die deutschsprachige Region des<br />

US-Konzerns.<br />

Sie löste John Banovetz ab, der<br />

für 3M in die USA zurückging.<br />

Grün ist damit für 7300 Mitarbeiter<br />

zuständig. Ihr Büro hat sie in<br />

der Zentrale in Neuss. „Ich freue<br />

mich sehr, dass ich nach vielen<br />

Jahren im Ausland wieder in meine<br />

Heimat zurückkehren kann“,<br />

sagt Grün.<br />

Diese Karriere war nicht abzusehen,<br />

als Grün Lebensmitteltechnologie<br />

in Detmold und<br />

Lemgo studierte. Ihre erste Stelle<br />

trat sie als Laborantin beim Pharmahersteller<br />

Kettelhack Riker<br />

an, einem westfälischen Familienunternehmen.<br />

„3M kam 1951<br />

nach Deutschland, das Unternehmen<br />

war uns in Borken lange<br />

unbekannt“, erinnert sich Grün.<br />

Bis sich der Senior von Kettelhack<br />

zurückzog und seine Firma<br />

an die Amerikaner verkaufte.<br />

Da wurde vieles anders. Grün<br />

ging dorthin, wo der Konzern<br />

sie brauchte: erst in die Technologieentwicklung,<br />

dann in den<br />

kaufmännischen Bereich, zuletzt<br />

als Managing Director nach<br />

Großbritannien und Irland. Bis<br />

das Unternehmen, das sich gern<br />

einen „Erfinderkonzern“ nennt,<br />

so innovativ war, eine Frau an<br />

die Spitze es Geschäfts in den<br />

deutschsprachigen Ländern zu<br />

stellen, dauert es aber noch bis<br />

zum vergangenen August. Dass<br />

ihre Mitarbeiter Job und Familie<br />

gut miteinander verbinden<br />

können, ist Grün ein Anliegen,<br />

genauso wie die Förderung von<br />

Frauen. Bei aller Weltgewandtheit<br />

ist die Managerin bodenständig<br />

geblieben. Ihre liebste<br />

Freizeitbeschäftigung ist Jäten<br />

und Pflanzen im eigenen Garten.<br />

Auf dem Nachttisch liegt als Lektüre<br />

gerade Hera Lind.<br />

Frau Grün, was machen Sie anders<br />

als Ihr Vorgänger?<br />

Christiane Grün (lacht): Ich<br />

fand es zum Beispiel überflüssig,<br />

dass es für das Management<br />

eine eigene Kantine gab, obwohl<br />

dort an manchen Tagen nur eine<br />

Handvoll Manager aßen. Nun essen<br />

die Führungskräfte mit der<br />

Belegschaft in der Kantine. Das<br />

ist ein wichtiges Zeichen, und<br />

auf diese Weise erfährt man ganz<br />

nebenbei, was die Mitarbeiter<br />

beschäftigt.<br />

Deshalb sollen jetzt auch Ihre<br />

Auszubildenden dem Management<br />

erklären, wie die Digitalisierung<br />

geht …<br />

Grün: Dieses „Reverse Mentoring“<br />

ist eine feine Sache. 40 Azubis<br />

werden den Führungskräften<br />

zeigen, wie Facebook geht, was<br />

man mit Instagram und Snapchat<br />

alles machen kann und wie<br />

junge Leute arbeiten und einkaufen<br />

wollen. Ich bin gespannt.<br />

Wie gut ist 3M insgesamt bei der<br />

Digitalisierung aufgestellt?<br />

Grün: Wir haben hier richtig<br />

Fahrt aufgenommen. Es gibt bei<br />

uns immer mehr digitale Lösungen.<br />

Das hilft unseren Kunden,<br />

sich schnell und zuverlässig zu<br />

informieren. Und uns hilft es, auf<br />

Knopfdruck alle wichtigen Informationen<br />

auf dem Bildschirm<br />

zu haben. Zugleich hält die Digitalisierung<br />

in die Produktion<br />

Einzug. Ein großes Thema ist<br />

hier zum Beispiel der 3-D-Druck.<br />

Wir haben eine Technologie zum<br />

Druck vollfluorierter Polymere<br />

entwickelt.<br />

Sie können Moleküle drucken?<br />

Grün: Ja, in gewisser Weise<br />

schon. Gerade sehr komplexe<br />

Strukturen aus Hochleistungskunststoffen<br />

wie PTFE können<br />

so mit Hilfe eines 3-D-Druckverfahrens<br />

und auf Abruf, also Printon-Demand,<br />

gefertigt werden.<br />

Viele fürchten, dass die Digitalisierung<br />

Arbeitsplätze vernich-<br />

Jochen Rolfes<br />

„Trauen Sie sich mehr zu!“<br />

Der Technologiekonzern<br />

3M produziert<br />

Erfindungen in Serie.<br />

Deutschlandchefin<br />

Christiane Grün<br />

verrät ihr Rezept für<br />

Kreativität und gibt<br />

Frauen im Beruf<br />

einen wichtigen Rat.<br />

DIE PATENTKÖNIGE<br />

3M wurde 1902 in Minnesota unter<br />

dem Namen Minnesota Mining and<br />

Manufacturing als Hersteller von<br />

Schleifpapier gegründet. Heute ist<br />

3M mit mehr als 90.000 Mitarbeitern<br />

in 200 Ländern vertreten und<br />

erzielt einen Jahresumsatz von<br />

gut 30 Milliarden Dollar. 3M hält<br />

über 25.000 Patente und macht<br />

rund ein Drittel seines Umsatzes<br />

mit Produkten, die weniger als<br />

fünf Jahre auf dem Markt sind.<br />

Zu den Marken gehören Post-it,<br />

Scotch-Brite und Nexcare.<br />

In der DACH-Region (Deutschland/Österreich/Schweiz)<br />

beschäftigt<br />

3M rund 7300 Mitarbeiter,<br />

die zuletzt einen Umsatz von 2,9<br />

Milliarden Euro erwirtschafteten.<br />

Der Hauptsitz wurde 1973 von Düsseldorf<br />

nach Neuss verlegt, hier<br />

sitzt auch das größte europäische<br />

Forschungszentrum. Die Werke<br />

Hilden und Kamen liefern unter anderem<br />

reflektierende Materialien,<br />

Schleifmittel und Medizinprodukte.<br />

In Meerbusch werden Hochleistungsschleifmittel<br />

entwickelt und<br />

produziert. Jüchen beheimatet das<br />

europäische Logistikzentrum des<br />

Unternehmens.<br />

tet. Haben Sie Abbaupläne für<br />

die Region?<br />

Grün: Wir wollen die Zahl unserer<br />

Beschäftigten – aktuell 6700<br />

in Deutschland – konstant halten.<br />

An manchen Stellen fallen<br />

Arbeitsplätze weg, so haben wir<br />

jüngst zwei kleine Standorte geschlossen.<br />

Aber an anderer Stelle<br />

entstehen auch neue Arbeitsplätze.<br />

Wer bei 3M arbeitet, hat oft etwas<br />

erfunden. Worauf haben Sie<br />

ein Patent?<br />

Grün: Ich habe in jungen Jahren,<br />

als ich noch in der Entwicklung<br />

gearbeitet habe, ein Pflaster entwickelt,<br />

das Entzündungen hemmen<br />

kann. Der Inhaltsstoff war<br />

Flurbiprofen. Aber es nicht auf<br />

den Markt gekommen, weil andere<br />

Produkte vielversprechender<br />

waren.<br />

Was ist Ihr Lieblingsprodukt<br />

von 3M?<br />

Grün: Das ist unsere Hightechflüssigkeit<br />

Novec, die als Feuerlöschmittel<br />

eingesetzt wird,<br />

aber auch zur Direktkühlung<br />

von Batteriezellen. Sie sorgt<br />

durch ein verbessertes Wärmemanagement<br />

für mehr Leistung<br />

der Batterie. Novec ist seit vielen<br />

Jahren auf dem Markt, durch die<br />

steigende Zahl an Elektroautos<br />

wächst der Absatzmarkt.<br />

Wie weit ist 3M mit der Gleichberechtigung?<br />

Grün: Im oberen Management<br />

der DACH-Region von 3M sind<br />

23 Prozent der Stellen von Frauen<br />

besetzt. Das ist für einen Technologiekonzern<br />

ganz ordentlich.<br />

Nun arbeiten wir daran, auch<br />

den Anteil der Frauen im mittleren<br />

Management zu erhöhen.<br />

Was raten Sie jungen Frauen?<br />

Grün: Trauen Sie sich mehr zu!<br />

Und wenn Sie Familie haben:<br />

Haben Sie nicht den Anspruch,<br />

überall perfekt zu sein. Gerade<br />

hier, bei der Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf, sind auch die<br />

Unternehmen gefordert.<br />

Was bietet 3M?<br />

Grün: Verschiedene Arbeitszeitmodelle,<br />

einen Betriebskindergarten,<br />

Homeoffice-Tage und<br />

Telearbeit. Ein Familienservice<br />

unterstützt bei Fragen rund um<br />

die Kinderbetreuung oder die<br />

Pflege von Angehörigen. Wir<br />

stellen unseren Mitarbeitern 15<br />

Prozent der Arbeitszeit zur freien<br />

Verfügung. Das hilft auch, neue<br />

Ideen zu entwickeln.<br />

In Neuss geht es voran. In der<br />

Politik scheint sich vieles zurückzuentwickeln.<br />

Was sagen<br />

Sie zur Handelspolitik des<br />

US-Präsidenten?<br />

Grün: Als Unternehmen, das einen<br />

Großteil seiner Produkte ins<br />

Ausland exportiert, wissen wir<br />

den Wert des freien Handels zu<br />

schätzen.<br />

Apple und Co. beziehen deutlich<br />

Stellung gegen Trumps Handels-<br />

und Einwanderungspolitik.<br />

Warum tut 3M das nicht?<br />

Grün: Für uns war es immer<br />

wichtig, unabhängig von politischen<br />

Strömungen unsere<br />

Wertvorstellungen im Unternehmen<br />

umzusetzen, denn hier<br />

können wir konkret gestalten.<br />

Wir haben klare Regeln zu Toleranz<br />

und Vielfalt. Das war, ist<br />

und bleibt für uns oberste Priorität.<br />

Sie haben in Großbritannien gearbeitet,<br />

als die Briten über den<br />

Brexit abstimmten. Haben Sie<br />

damit gerechnet?<br />

Grün: Wie viele haben auch wir<br />

geglaubt, dass es schon gut gehen<br />

wird. Es war eine Abstimmung<br />

Jung gegen Alt, und viele<br />

Junge sind leider nicht zur Wahl<br />

gegangen. Uns ist es wichtig,<br />

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dass Genehmigungsverfahren<br />

in Zukunft nicht noch komplizierter<br />

werden. Wenn wir neben<br />

den Genehmigungen der<br />

EU auch noch parallel die aus<br />

Großbritannien einholen müssen,<br />

dann könnte das langwieriger<br />

werden. Wir werden in<br />

jedem Fall das Beste daraus machen.

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