Im Lande der Bibel 2/2018
Gesundheit! Medizinische Versorgung im Heiligen Land
Gesundheit! Medizinische Versorgung im Heiligen Land
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MEDIZINISCHE MEDITATION VERSORGUNg<br />
Gott wird in <strong>der</strong> <strong>Bibel</strong> in vielfältiger Weise beschrieben: als Kriegsherr und als Töpfer, als Löwe<br />
und als Henne, als Vater wie als Mutter, mal als Gärtner und Bauer, dann als König. Und in dieser<br />
<strong>Bibel</strong>stelle also auch als Arzt.<br />
Das <strong>Bibel</strong>wort stammt aus einer Zeit, in <strong>der</strong> die Menschen zwar nicht medizinisch unwissend<br />
waren – so manche <strong>der</strong> damaligen Fähigkeiten verblüfft noch heute -, in <strong>der</strong> jedoch den<br />
Diagnose- und Therapiemöglichkeiten im Vergleich zu heute enge Grenzen gesetzt waren. <strong>Im</strong><br />
hebräischen Wort „Rofe“ klingt noch eine ziemlich handwerkliche Dimension ärztlicher Tätigkeit<br />
mit: Ein Arzt war demnach ursprünglich ein „Zusammenflicker“.<br />
In biblischer Zeit lag <strong>der</strong> Gedanke, dass Gott Gesundheit schenkt, aber auch Krankheiten sendet,<br />
näher, als dies für die Gegenwart gilt. Krankheit wurde damals als eine Strafe, Wohlergehen<br />
als ein Segen gedeutet.<br />
Ich bin <strong>der</strong> Herr, Dein Arzt<br />
Meditation zum 2. Buch Mose 15,26<br />
Von Jens Nieper<br />
Nur wenige Schritte von <strong>der</strong> geschäftigen Jaffa-Straße im Zentrum Jerusalems entfernt liegt<br />
das Bikur Cholim-Krankenhaus. Inmitten <strong>der</strong> engen Bebauung kommt die Pracht des Gebäudes<br />
heute kaum mehr zur Geltung. Viele laufen an dem Bau vorbei, ohne ihn eines Blickes zu<br />
würdigen.<br />
Wer aber einen Moment stehen bleibt, <strong>der</strong> entdeckt über dem imposanten Hauptportal eine<br />
in Stein gehauene Taube, eine weitere auch über dem Nebeneingang. Die Form dieser Taube<br />
kommt denen, die mit <strong>der</strong> evangelischen Geschichte im Heiligen Land o<strong>der</strong> aber mit <strong>der</strong><br />
diakonischen Arbeit in Deutschland vertraut sind, sicherlich bekannt vor: Es ist die Taube <strong>der</strong><br />
Kaiserswerther Diakonie.<br />
Die Taube ist auch zum Symbol des Schulzentrums Talitha Kumi geworden, denn Schule und<br />
Krankenhaus wurden beide von Kaiserswerther Diakonieschwestern Mitte des 19.Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
gegründet. Das Hospital wurde später von <strong>der</strong> jüdischen Bikur-Cholim-Gesellschaft erworben.<br />
Bei einem genaueren Blick auf den zunächst so unscheinbar wirkenden, etwas versteckt<br />
liegenden Seiteneingang des Hospitals erkennt man: Unter <strong>der</strong> Taube ist ein in deutscher<br />
Sprache gemeißelter Schriftzug erhalten geblieben. „Ich bin <strong>der</strong> Herr, dein Arzt.“ – ein Wort aus<br />
dem zweiten Buch Mose.<br />
In Zeiten, in denen man von Bakterien und Viren weiß, Körperfunktionen in Mikro-, ja Nanodimensionen<br />
erforscht sind, die Genetik immer weitere Geheimnisse des Lebens offenlegt und<br />
sowohl die Pharmazie als auch die Medizintechnik Möglichkeiten eröffnen, von denen noch<br />
vor wenigen Jahrzehnten kaum jemand zu träumen wagte, ist das Verständnis von Gesundheit<br />
und Krankheit ein an<strong>der</strong>es. Fast alle Erkrankungen sind erklärbar – kaum jemand begreift<br />
eine Erkrankung unmittelbar als Zeichen Gottes. Wir kennen die Grundregeln gesun<strong>der</strong> Lebensführung<br />
und verfügen über Therapien, sodass Heilung nicht mehr wie ein Wun<strong>der</strong> wirkt.<br />
Und dennoch: Trotz hochmo<strong>der</strong>ner medizinischer Standards bleibt ein Raum des Unerklärlichen,<br />
eine Sphäre, über die wir Menschen keine Gewalt haben. Es gibt noch immer Krankheiten,<br />
<strong>der</strong>en Ursachen nicht erwiesen sind, <strong>der</strong>en Verlauf nicht verstanden wird o<strong>der</strong> für die<br />
es keine Heilmittel gibt. Es gibt medizinische Krisensituationen, in denen kein Arzt weiß, ob die<br />
Operation erfolgreich sein wird o<strong>der</strong> die verabreichten Medikamente helfen werden. Krankheiten<br />
o<strong>der</strong> Verletzungen solchen Ausmaßes, dass auch MedizinerInnen sagen: „Jetzt hilft nur<br />
noch Beten!“.<br />
Ebenso gibt es Genesungsfälle, die wissenschaftlich unerklärbar bleiben. Heilung von Menschen,<br />
denen kein ärztliches Können und kein Tun mehr half, son<strong>der</strong>n denen wirklich nur noch<br />
Hoffnung blieb – o<strong>der</strong> selbst die nicht mehr. Wun<strong>der</strong>.<br />
Für religiöse Menschen ist diese Sphäre das Wirken Gottes. Das Wirken, das sich eigentlich<br />
schon im gut funktionierenden Alltag still vollzieht – nicht weniger heilsam, aber oft unbemerkt.<br />
In diesem Sinn ersetzt Gott we<strong>der</strong> Ärztinnen und Ärzte noch die mo<strong>der</strong>ne Medizin, son<strong>der</strong>n<br />
er ergänzt und stärkt sie. Und manchmal geht Gott den entscheidenden Schritt weiter,<br />
<strong>der</strong> uns Menschen verwehrt ist. So ist und bleibt Gott auch heute noch unser Arzt.<br />
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