Lkw finden keinen Parkplatz – eine Gefahr auf den Autobahnen
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<strong>Lkw</strong> <strong>fin<strong>den</strong></strong> <strong>k<strong>eine</strong>n</strong> <strong>Parkplatz</strong> <strong>–</strong> <strong>eine</strong> <strong>Gefahr</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Autobahnen</strong><br />
Die <strong>Parkplatz</strong>situation an <strong>den</strong> <strong>Autobahnen</strong> in NRW hat sich für <strong>Lkw</strong>-Fahrer weiter verschärft.<br />
Mittelfristig fehlen weiter 4000 Parkgelegenheiten.<br />
Kurz nach halb fünf ist es erst, da hat Jürgen Binder (Namen der Fernfahrer geändert) schon <strong>den</strong><br />
Blinker gesetzt und ist runter von der A 1 und r<strong>auf</strong> <strong>auf</strong> <strong>den</strong> <strong>Parkplatz</strong> der Raststätte Münsterland<br />
Ost. „Eigentlich hätte ich ja noch <strong>eine</strong> Stunde fahren dürfen“, sagt der 54-Jährige, als er aus dem<br />
Führerhaus s<strong>eine</strong>s 40-Tonners klettert. „Aber dann ist wieder alles voll <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Rasthöfen und<br />
ich muss am Ende der Welt parken, weil ich sonst m<strong>eine</strong> Fahrzeit überschreite. Mittlerweile hast<br />
du nur noch die Wahl zwischen Pest oder Cholera.“ So wie Binder geht es <strong>den</strong> meisten<br />
Fernfahrern. „Die <strong>Parkplatz</strong>not wird immer größer“, bestätigt Binders Kollege Dirk Schneider.<br />
Besonders in und um das Ruhrgebiet herum.<br />
Mit ihr steigt die Unfallgefahr. Denn vor allem <strong>auf</strong> <strong>den</strong> kl<strong>eine</strong>ren Parkplätzen stehen die Laster<br />
aus Platzmangel immer öfter schon in der Einfahrt, manchmal gar Hunderte Meter weit <strong>auf</strong> der<br />
Standspur. Europaweit führt das nach Daten der zuständigen EU-Kommission rund 40-mal im<br />
Jahr zu tödlichen Unfällen. Der Leiter der Autobahnpolizei Münster, Polizeidirektor Uwe<br />
Marquardt, nickt. „Manchmal wundern wir uns, dass nicht noch mehr passiert.“ In manchen<br />
Nächten“, erzählt er dann, kämen die Kollegen kaum noch nach damit, falsch parkende <strong>Lkw</strong>-<br />
Fahrer zu verscheuchen. „Die <strong>eine</strong>n haben sie gerade weggeschickt, schon stehen die nächsten<br />
da.“<br />
Strafen allein sind nicht die Lösung<br />
Besonders <strong>auf</strong>fällig, heißt es in Polizeikreisen, seien Trucker aus dem Osten.<br />
„Beratungsresistent“, nennt sie ein Beamter. „Die muss man am Geldbeutel packen.“ Das<br />
verbotene Halten und Parken <strong>auf</strong> der Autobahn kann mit <strong>eine</strong>m Bußgeld in Höhe von 30 bis 105<br />
Euro bestraft wer<strong>den</strong>, wer <strong>auf</strong> dem Rastplatz falsch steht, zahlt immerhin noch 35 Euro.
Doch Strafen allein können nicht die Lösung sein. Schließlich stehen die Trucker nicht freiwillig<br />
<strong>auf</strong> dem Standstreifen. „Es fehlt einfach vorne und hinten an <strong>Lkw</strong>-Parkplätzen“, räumte<br />
Reinhold Sendker, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Verkehrsausschuss jüngst<br />
beim Fernfahrerstammtisch an der Raststätte Münsterland Ost ein. Von 2013 bis zum Sommer<br />
2018 konnten zwar rund 1078 <strong>Lkw</strong>-Parkstände für <strong>den</strong> Verkehr freigegeben wer<strong>den</strong>, weitere<br />
knapp 1600 sind in Planung oder im Bau, doch weil der Güterverkehr <strong>auf</strong> der Straße stetig steigt,<br />
fehlen bis 2025 rund 4000 Plätze <strong>–</strong> konservativ geschätzt.<br />
Widerstand gegen Bauvorhaben<br />
„Die Suche nach <strong>eine</strong>m <strong>Parkplatz</strong> wird immer mehr zu <strong>eine</strong>m Hase-und-Igel-Spiel“, bestätigt<br />
Marcus Hover, stellvertretender Geschäftsführer und Sprecher vom Verband Verkehrswirtschaft<br />
und Logistik NRW (VVWL). Und er glaubt nicht, dass der Bund dieses Spiel been<strong>den</strong> kann,<br />
selbst wenn er derzeit 100 Millionen im Jahr für neue Parkstände zur Verfügung stellt. Zu groß<br />
sei bei <strong>den</strong> meisten Bauvorhaben der Widerstand aus der Bevölkerung. Auch an der Raststätte<br />
Münsterland mussten die Ausbaupläne nicht zuletzt durch <strong>den</strong> Druck <strong>eine</strong>r Bürgerinitiative<br />
bereits gekappt wer<strong>den</strong>. Auf 82 eigentlich geplante <strong>Lkw</strong>-Parkbuchten wird nun verzichtet. „Und<br />
das ist kein Einzelfall“, sagt Sendker.<br />
In gewisser Weise kann Hover das sogar verstehen. „Ich möchte auch <strong>k<strong>eine</strong>n</strong> Laster nahe<br />
m<strong>eine</strong>m Haus stehen haben, in dem die ganze Nacht die Kühlanlage bollert.“ Deshalb setzt der<br />
Verband <strong>auf</strong> private Initiative, <strong>auf</strong> Firmen oder Speditionen, die nahe der Autobahn angesiedelt<br />
sind und nachts oder an bestimmten Wochentagen viele freie Parkplätze haben. „Da gibt es<br />
reichlich Potenzial.“ Neue Techniken sollen helfen, es zu nutzen und auch bundeseigene Flächen<br />
besser auszulasten.<br />
Land will Belegung von Parkplätzen an A61 digital erfassen<br />
„Intelligent Truck Parking“ (ITP) nennt sich die Idee, die es möglich machen soll, ohne <strong>eine</strong>n<br />
Ausbau der Parkplätze, allein durch <strong>eine</strong> bessere Sortierung der Fahrzeuge nach Abfahrtszeiten<br />
mehr Stellplätze für <strong>Lkw</strong> anbieten zu können. „NRW wird an <strong>eine</strong>m <strong>Parkplatz</strong> <strong>eine</strong>n Prototypen<br />
umsetzen“, sagt Straßen-NRW-Sprecherin Susanne Schlenga.<br />
Parallel dazu plane das Land, die Belegung der Parkplätze entlang der A 61 zu erfassen.<br />
Sensoren sollen mel<strong>den</strong>, wie voll ein <strong>Parkplatz</strong> gerade ist, und die Daten an Disponenten und<br />
Trucker weitergeben. „Solche Systeme können <strong>eine</strong> Alternative sein“, sagt Reinhold Sendker,<br />
ahnt aber auch. „Das geht alles nicht von heute <strong>auf</strong> morgen.“