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Mit Gesicht oder ohne?

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Wie geht‘s dir ?

Geht so. Psychotisch halt.

Darf ich ein Foto von dir machen ?

Ja, ist mir egal.

Mit Gesicht oder ohne ?

Mich kennt eh keiner.

#1


Warstein 2010


Auszug eines Briefwechsels


Arthur, Warstein 2011


Wohngruppe 9, Warstein


Tagesklinik, Warstein


Als ich krank wurde, steckte ich gerade mitten in

meinem Studium. Meine Leistungen und mein


nicht mehr. Ich versuche mich jetzt darauf zu

konzentrieren, was ich möchte und wer ich als

Mensch bin.

Während meines Praxissemesters kam ich in die

Klinik. Wie es schlussendlich dazu kam, weiß ich

auch nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass ich Alpträume

von meiner Kindheit hatte und nicht mehr

so gut schlafen konnte. Ich habe so schlecht geschlafen,

dass ich nicht mehr leistungsfähig war.

Ich fühlte mich total überarbeitet und konnte

nicht mehr aufstehen. Ich fühlte mich traurig – so

traurig wie ich mich zuvor noch nicht gefühlt

hatte.

Mona, Essen 2011

Ich konnte das überhaupt nicht einordnen. Als

ich in die Klinik kam, habe ich mich total gewehrt.

Ich meinte, ich wäre nicht krank – ich

wollte anfangs auch mit niemandem etwas zu tun


haben. Für mich waren die alle bescheuert und

drehten völlig am Rad. Sie erzählten, ein Gespräch

mit dem Oberarzt hätte ihr Leben verändert.

Ich stand dem Ganzen da eher skeptisch

gegenüber und habe mich auch ab und zu mit

den Ärzten gestritten. Ich habe mich auch lange

gefragt, ob es mir wirklich hilft in der Klinik zu

sein. Ich hatte das Gefühl, dass mich das eher

ausbremst und dass ich ein bisschen entmündigt

werde.

Nach einer Weile konnte ich mich auf die Klinik

einlassen und habe auch nette Leute von meiner

Station kennengelernt. Der Klinikaufenthalt bot

mir einen Schutzraum; man hatte die Gelegenheit

depressiv zu sein, was im Alltag kaum geht, weil

ständig Dinge zu erledigen sind. Als ich entlassen

-


haben mich eher gestresst, Bahnfahren auch. Es

hat mir oft geholfen zu stricken – das habe ich

von einer Mitpatientin in der Klinik gelernt.

Nach dem Klinikaufenthalt ging es mir noch


aushalten konnte. Das war schlimm, da ich das

Gefühl hatte versagt zu haben. Ich habe mich


schwer, Dinge zu unternehmen, gerade mit vielen

Menschen, aber auch mit den Menschen, die ich

in der Klinik kennengelernt und mit denen ich

mich angefreundet habe.

Irgendwie war ich wohl die Einzige, der es immer

noch nicht gut ging. Allen Anderen ging es schon

wieder besser und ich konnte nicht mithalten. Ich

wollte auch nicht immer jammern und allen sagen,

dass es mir immer noch schlecht geht. Es

fällt mir sowieso eher schwer Schwäche zuzulassen

und ich musste das langsam lernen, jemandem

offen zu sagen: „mir geht`s nicht gut“. Ich hab gar

nicht gemerkt, dass das auch Freundschaften zer-


eigentlich völlig verloren.Nachdem ich mich von

meinem Freund getrennt habe, wurde es noch

schlimmer.

Mona, Düsseldorf 2009


Ich bin aus der gemeinsamen Wohnung raus und

hatte meine Wohnung verloren. Ich hatte zwar

einen neuen Freund, aber es gab Schwierigkeiten

mit seinen Eltern, bei denen er immer noch wohnte,

und ich war mit einem Schlag obdachlos. In

dem Obdachlosenheim arbeitete eine Mitstudentin

von mir als Betreuerin. Dass jemand, der dich

kennt, dich so sieht, ist natürlich schlimm. Sie hat

mich gefragt, was passiert sei,und ich hab ihr die

ganze Geschichte erzählt. Sie meinte, ich soll so

schnell, wie es geht, versuchen da rauszukommen.


und Drogensüchtige. Wenn ich mich in dem Obdachlosenheim

abends nicht zurück gemeldet

habe, konnte es sein, dass mein Zimmer am nächsten

Tag an jemand Anderen vergeben war.

Da es zu der Zeit Winter war, konnte niemand

draußen schlafen, wie das im Sommer öfter vorkommt,

also waren die Zimmer sehr begehrt. Ich

war insgesamt zweieinhalb Monate dort.


besucht und sich dann auch eine eigene Wohnung

gesucht. Als sie eingerichtet war, hat er mich mit

Sack und Pack abgeholt und ich konnte bei ihm

wohnen. Nach kurzer Zeit haben wir uns eine

Wohnung für mich angeschaut, die ich dann auch

nung

nie schön fand, denke ich mir ‚hauptsache

eine Wohnung haben‘ – man muss sich ja auch

irgendwo zuhause fühlen.


krank war. Ich musste aufstehen und mit ihm raus

gehen. Ich hatte eine Verantwortung ihm gegenüber

und habe sie auch erfüllt, was nicht selbstverständlich

während einer Depression ist. Es gab

keinen Tag, an dem ich nicht mit ihr vor die Tür

gegangen bin.

Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, bin ich glücklich,

sie zu haben – das war die beste Entscheidung,

die ich damals getroffen habe. Als ich mich

dann von meinem Freund getrennt habe, war

nische

Behandlung ins Krankenhaus und hatte

sie zu Angehörigen gebracht.

Das war schlimm, es ist nichts mehr passiert und

ich lag nur noch im Bett. Ich wollte nichts mehr

machen. Ich bekam haufenweise Rechnungen,

u.a. die Rückzahlungen meines Studienkredits.

Ich konnte das alles nicht regeln.

Zum Glück kam dann meine Tante zu Besuch.

Meine Familie hat immer ein bisschen gedacht,

ich spinne und würde übertreiben. Keiner hat

gesehen, dass es wirklich ernst ist.

Meine Tante hat durch die Rechnungen, Arztbriefe

und den Zustand der Wohnung erkannt,

wie schlecht es mir wirklich ging. Sie erkannte,

dass es nicht daran liegt, dass ich keine Lust habe,

sondern dass ich nicht kann. Sie hat dann angefangen

mein Leben etwas zu ordnen. Seitdem

habe ich auch eine Betreutes-Wohnen-Betreuerin

und neue Möbel, damit ich mich hier einigermaßen

wohlfühlen kann. Sie hat als einzige in meiner

Familie verstanden, was hier eigentlich los ist,


es tatsächlich nicht als Phase wahrgenommen,

sondern als Krankheit, aus der ich alleine nicht

mehr raus komme.

Nachdem die Rahmenbedingungen besser geworden

sind, ging es ganz plötzlich wieder berg-


ihm schrittweise die Medikamente abgesetzt. Erst

halbiert, dann geviertelt. Ich hatte Entzugserscheinungen,

das war auch schlimm. Der Arzt

meinte, wenn das nicht bald aufhört, müssen wir

wieder mit den Tabletten anfangen. Eine Woche

später hörte es auf und danach hatte ich nie wieder

ein Tief bzw. nicht stärker als andere Menschen

das auch haben in schwierigen Situationen.

Ich wusste selber nicht, was gehört zu meiner

Krankheit, was bin ich selbst? Was machen die

Medikamente? Wie ist das ohne? Ich hatte vier

Jahre lang Medikamente genommen, auch Beruhigungsmedikamente,

Schlafmedikamente, Stimmungsstabilisatoren,

Antidepressiva, das war die

komplette Palette durch. Die machen dich so


mehr weiß, was man ist und was man nicht ist.

Mona, Essen 2010


Ich habe auch versucht einen Psychotherapeuten

gespräch

sagte der Therapeut, er wisse noch nicht,

ob er sich vorstellen könne, mit mir zu arbeiten.

Er wollte es sich überlegen und meinte, er würde

sich wegen eines Termins melden. Das einzige,

was ich dann aber von ihm gehört habe, war ein

Brief, mit der Aufforderung die Praxisgebühr zu

überweisen.

Zur Zeit brauche ich keine Therapie. Das heisst

zwar nicht, dass ich alles verarbeitet habe. Aber

ich kann damit umgehen. Ich hab jetzt auch nicht

aus allem, was falsch gelaufen ist, irgendeine Lebensweisheit

gezogen.

Wer behauptet immer aus schlechten Erfahrungen

zu lernen, ist meiner Meinung nach nicht ehrlich

zu sich selbst.

Es gibt charakterliche Eigenschaften, die nichts

mit der Krankheit zu tun haben, die gerne aber

mal als Teil der Krankheit gedeutet werden. Ich

muss mich doch nicht jedes Mal drei Tage damit

auseinandersetzen, warum ich jetzt in dem Moment

so reagiert habe. Es hat auch nicht alles

einen Grund. Manches ist Veranlagung. Ich war

schon immer sehr laut und war schon immer auch

im Streit laut, und das war auch nie ein Problem.

Ich war auch immer kritisch mit dem, was in der

Klinik gesagt wurde.


es gerne „entstätigen“ lassen. Wenn ich wegen

meiner körperlichen Krankheit im Krankenhaus

bin, kann jeder in meinem Arztbrief sehen, dass


so behandelt wie einer. Überall steht eben drauf:

Borderline-Syndrom. Ich hab mich mit meiner

Sozialpädagogin unterhalten, und sie meinte, sie

kann sich das bei mir nicht vorstellen.

Ich bin total umgänglich und es ist auch nicht so,

dass ich ständig meine Kontakte wechseln würde.

Ich sehe mich schon eher als beständige Person.

Ich hab auch keine ständig wechselnden Geschlechtspartner.

Ich verletze mich nicht selbst.

Ich bin nicht manipulativ. Ich bin natürlich laut

und lasse auch nicht alles mit mir machen, das

war bevor ich krank wurde auch so und da hatte

ich nicht gleich Borderline.

Gerade fehlt mir eine Aufgabe und ich würde

gerne wieder arbeiten. Ich fühle mich manchmal

etwas wertlos, wenn ich erzählen muss, dass ich

nichts mache. „Was machst du?“ gehört ja zu den

gängigen Fragen. Dann muss ich entweder antworten,

dass ich nichts mache, weil ich krank bin

oder war oder ich sage einfach „ich mache nichts“.

Dann sieht es so aus, als sei ich froh darüber, dass


so ist.

In ein paar Tagen habe ich ein Bewerbungsgespräch.

Letztes Jahr hätte ich mir gar nicht vorstellen

können, dass alles wieder gut wird, dass

ich mich wieder leistungsfähig fühle und wieder

Wünsche habe. Jetzt bin ich nur noch ab und zu

traurig, nicht mehr depressiv. Ohne Medikamente

fühle ich mich viel lebendiger als mit. Durch

die Medikamente war ich zwar stabil, konnte aber

weder fröhlich noch traurig sein. Es ist schwierig


kenne viele, die sich darauf ausruhen, die sagen,

sie sind krank und fertig. Das wollte ich nicht für

mich. Ich wollte Veränderung.

Hund Nala, Essen 2011


Rudi und Walter, Warstein 2010


Ich kann vom 1-Meter-Brett, vom Dreier, vom Fünfer, vom

Zehner. Aber den mach ich nicht mehr, das ist zu gefährlich.


zwölf Euro, für heute habe ich noch fünf Euro übrig. Abhauen

bringt gar nix!

Ich heisse Schimanski, so wie der Tatort Komissar, aber wir sind

nicht verwandt. Sonst hätte ich viel mehr Geld, wenn ich einen

Krimi-Komissar spielen würde.

Rauchen Sie? Es gibt ausländische Zigarettenpackungen, die

haben 19 Stück drin und die anderen haben 17. Sind sie Patient


#2


Walter #2


Tagesklink Warstein, Kunsttherapie


Georg #3


Volière auf dem Klinikgelände Warstein


Aus dem „Eingangsfragebogen zur Ambulanten Psychotherapie“ eines Düsseldorfer Psychotherapeuten


wurde alles schlimmer. Ich hatte Depressionen

und bei meiner Arbeit gab es einige Vorfälle, wegen

denen ich nervlich zusammenbrach.

Daraufhin war ich in psychiatrischer Behandlung

und habe erst einmal Tabletten bekommen. Der

Psychiater hat mich aber auch gefragt, ob ich mir

vorstellen könne, mich in eine Behandlung zu

begeben. Ich habe sofort ja gesagt.

Zuerst bin ich für ein paar Wochen in die Tagesklinik

gekommen.

Die Tagesklinik hat mir, im Nachhinein betrachtet,

gar nichts gebracht, da sie nicht auf mich

zugeschnitten war. Aber ich wusste das nicht und

hatte ein bisschen Scheu vor einer vollstationären

Behandlung. Ich dachte, da sind nur die ganz

Verrückten. Ich hatte gar kein Gefühl dafür, wie

krank ich war. Ich dachte immer noch, ich funktioniere

doch ganz gut. Mein Zustand verschlechterte

sich aber in der Tagesklinik.


wurde dann eine unklare Stelle in meinem Gehirn


sofort in eine neurologische Klinik – raus aus dem


Klinik. Dort wurde man nicht mehr mit Samthandschuhen

angefasst.

chungen

und verbrachte die meiste Zeit in den


stellte sich dann heraus, dass es kein bösartiger

Tumor ist. Es hat sich nicht mehr verändert, was

auch immer es ist.

Als ich wieder in der Tagesklinik war, eskalierte

eine Situation mit einer Mitpatientin und ich habe

eine ihrer Malereien kaputt gemacht. Ich hab in

die Leinwand rein gestochen und sie aus dem

Fenster geschmissen. Die Patientin hat mich

immer so gereizt. Alles war furchtbar in der

Tagesklinik. Es war falsch für mich da zu sein.


MRT, Sibylle


Die hätten mich gleich woanders hin packen sollen.

Auch gegen meinen Willen.

Morgens hatten wir immer eine Runde, in der

jeder sagen sollte, wie es ihm ging. Es tat mir nicht

gut, mir das anzuhören. Ich habe andere verbal

attackiert und Streit gesucht. Der Arzt hätte mich

eigentlich rausschmeißen müssen. Aber das war

ein sehr netter Arzt, der viel für mich getan hat.

Er hat es dann zustande gebracht, dass ich innerhalb

einer Woche in die stationäre Klinik gehen

konnte. Andere warten Wochen oder Monate auf

diese Plätze.

Als ich dann endlich in der stationären Psychiatrie

war, war alles ganz anders. Da ist alles von

mir abgefallen. Die Aggressionen. Plötzlich klapp-


anders. Erst kam es mir vor wie in einem Straflager.

Du darfst nicht rausgehen ohne Bescheid

zu sagen. Es werden Strafpunkte verteilt, wenn

man sich nicht an die Regeln hält. Bei drei Straf-


Am Anfang darfst du auch am Wochenende nicht

chenende.

Nach und nach erhälst du mehr Freiheiten

und es wird getestet, ob du im normalen

Leben wieder funktionierst.


Dann wirst du auch gefragt, wie es dir geht. Aber

man wird dazu angehalten, um sich gegenseitig

zu schützen, nicht mit den anderen Patienten über

seine Krankheiten zu reden. Es hat mir gutgetan,

nicht die ganzen Geschichten der anderen hören

zu müssen. Es gibt ja auch Leute, die wer weiß

was erlebt haben. Es war alles auf Abstand bedacht.

Ich wollte eigentlich nicht dort sein. Aber

irgendwie muss Psychotherapie auch Quälerei

sein, damit es einem hinterher wieder besser geht.

Wenn alles glatt läuft, stimmt irgendwas nicht.

Als ich dann irgendwann akzeptiert hatte, dort

zu sein, gab es auch schöne Zeiten. Das ganze

Klinikgelände ist wie ein eigenes Dorf. Wie eine

andere Welt. Ich hatte viel freie Zeit für mich. Ich

habe dann stundenweise für vier Wochen eine

kurze Wiedereingliederung in meine Arbeit gemacht.

Andere Leute haben sich für die Wiedereingliederung

wesentlich mehr Zeit gelassen. Ich

war wieder ziemlich schnell drin. Das war wieder


obwohl ich 3 Monate weg vom Arbeitsalltag war.

Mein Chef und meine Teamleiterin wissen Bescheid

über meine Erkrankung. Seitdem ich wieder

arbeite, treffe ich mich regelmäßig mit meiner

Teamleiterin, um meine Arbeit zu besprechen.

Vor dem Klinikaufenthalt haben wir das nicht


meinem Chef gegenüber und habe Vereinbarungen

nicht eingehalten. Ich kann echt froh sein,

dass ich dort nicht rausgeschmissen wurde.

niere

mich sehr stark über meinen Beruf. Das ist

auch den Therapeuten aufgefallen. Immer wenn

ich über meinen Job rede, bin ich sehr selbstbewusst.

Als ob das eine Säule ist, die mich sehr

trägt im Leben. Ich habe Leute erlebt, die gar

nem

Alter, die schon mit dem Gedanken spielen,

sich einen Schwerbehinderten-Ausweis zu holen.

Das ist für mich undenkbar. Das hört sich vielleicht

etwas ausgelutscht an, aber für mich ist

Arbeit gesellschaftliche Teilhabe. Wenn ich nicht

arbeite, gehöre ich nicht dazu.

Ich war ein einziges Mal bei einer Borderline-

Selbsthilfegruppe. Am Ende der Stunde drehte


wo man welche Beihilfen beantragen kann. Die

Leute waren teilweise in meinem Alter. Ich dach-



traurig zu sehen, wie Leute sich in jungen Jahren

in dieser sozial prekären Situation so einrichten.

Vielleicht waren die aber auch einfach stärker

krank als ich. Ich hab‘s vielleicht noch ganz gut

getroffen. Ich bin danach nie wieder hingegangen.

Ich hatte Glück, nach dem Klinikaufenthalt in

ein intaktes Leben zurückkehren zu können, in

mein Berufsleben, meine Wohnung.


Die Medikamente haben mich schon verändert.

Durch sie bin ich ruhiger und gelassener geworden.

Ich bin nicht mehr so draufgängerisch, vielleicht

bin ich langweiliger geworden, aber auch

überlegter. Ich glaube nicht, dass ich durch die

Medikamente ein anderer Mensch geworden bin.

Vielleicht bin ich sogar mehr ich selbst. Das liegt

aber nicht nur an den Medikamenten. Jetzt versuche

ich einen Teil abzusetzen. Aber ich würde

nicht alle absetzen. Es ist wichtig, dass ich etwas

Stabilisierendes nehme. Ich muss schauen, dass

nicht wieder etwas passiert. Ich glaube schon, dass


muss ich darauf achten, Alarmsignale rechtzeitig

zu erkennen...

Ich fange gerade eine Psychotherapie an und lerne

einen Therapeuten kennen. Ich hoffe sehr, dass

ich meinen Therapeuten schätzen und respektieren

kann und das, was er sagt, annehmen kann.


da ich sehr anspruchsvoll bin. Wenn ich das Gefühl

habe, dass mein Therapeut mich nicht versteht,

kann ich sehr schnell umschlagen. Ich

hoffe, dass ich nicht abbreche. Interessanterweise

möchte ich lieber zu einem männlichen Therapeuten,

als zu einer Frau. Vielleicht suche ich eine

Art Vater-Figur, die mir den richtigen Weg zeigt,

einen Mentor.

Ich habe gerade angefangen, mich mit der Diagnose

„Borderline“ auseinanderzusetzen und

habe endlich ein Wort und einen Sinn in allem

gefunden, was in den letzten Jahren so mit mir

los war. Jetzt hat mein Therapeut gesagt, dass

Borderline nur ein Sammelbegriff ist und er eher

nur von einer Anpassungsstörung sprechen würde.

Das mag nett gemeint sein, aber es hat mich

enttäuscht, weil er mir damit wieder den Sinn

entzogen und alles relativiert hat.

Borderline gibt’s gar nicht. Da fühle ich mich

nicht ernst genommen.

Ich brauchte das am Anfang, um in dem ganzen

Chaos einen Sinn zu sehen. Ich kann das aber

auch wieder hinter mir lassen. Die ganzen Bücher

über Borderline rühre ich jetzt nicht mehr an.

Das ist doch auch ein gutes Zeichen.

Vor der Behandlung hatte ich das Gefühl, da ist

eine ganz große Leerstelle, die ich füllen muss,

mit irgendwas, mit irgendwelchen Aktivitäten.

Ich glaube auch, dass ich ein bisschen was von

einer Manie hatte, weil ich in bestimmten Dingen

aufgegangen bin, nur um eine Leere zu füllen.

Das hat mich aber irgendwie krank gemacht. Das

ganze letzte Jahr war wie eine Achterbahn und

irgendwann ging gar nichts mehr. Es hat mich

krank gemacht, weil ich irgendwas gesucht habe

und andere das vielleicht ausgenutzt haben. Ich

habe Liebe und Geborgenheit gesucht. Das ist

ganz klar eine meiner psychischen Schwierigkeiten,

weswegen ich auch eine Therapie brauche:

sich verlieben und Beziehungen zu führen. Ich

habe lange keine Partnerschaft gehabt. Wenn

man einen Partner hat, erhält man immer ein

Feedback darüber, wer man ist. Man spiegelt sich

immer im Partner und man bekommt auch etwas

von sich zurück gespiegelt.

Aber eigentlich, wenn ich mich mal ganz freimache,

von allem was man üblicherweise erreicht

haben sollte in meinem Alter – einen festen Part-


gar nicht so schlecht. Ich habe viele Freiheiten

und viel Zeit für mich, verdiene mein eigenes Geld

und kann machen was ich will. So schlecht geht

es mir gar nicht.

Ich brauche einen Begriff, an dem ich mich festhalten

kann. Ich habe mich auch eindeutig darin

wiedergesehen, wenn ich Bücher darüber gelesen

habe und war erleichtert, dass ich endlich herausgefunden

habe, was mit mir los ist. Dann kommt

ein Therapeut an, relativiert das Ganze und sagt,


Weisser Raum, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Klangraum, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Entspannungszimmer der Tagesklinik, Warstein


Vor dem Wasserbett, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Vor dem Wasserbett, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Vor dem Wasserbett, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Blick auf Warstein, Aussicht Haus 12


Kannst du mir einen Abzug von dem Foto mitbringen, ich würde

es gerne meiner Familie in Polen zeigen. Die glauben mir nämlich

nicht, dass ich hier arbeite.


zeige ich dir Fotos von früher.

#3


Brief einer Patientin an den Geliebten


Kannst du mir einen Abzug von dem Foto mitbringen, ich würde

es gerne meiner Familie in Polen zeigen. Die glauben mir nämlich

nicht, dass ich hier arbeite.


zeige ich dir Fotos von früher.

#3


Klinikpark, Lippstadt


Klinikpark, Warstein


Klinikpark, Warstein

Notiz für eine E-Mail an den Vorgesetzten


Teich mit Vogelhaus, Klinikpark, Warstein


Brief aus der Zeit einer postpsychotischen Depression


Teich mit Vogelhaus, Klinikpark, Warstein


Ich habe mit 15 zweimal Ecstasy genommen. Auf der ersten

Pille war eine Katze abgebildet. Die war gut, ich hatte einen

schönen Trip. Auf der zweiten war ein Pfennigstück. Kurz nachdem

ich die zweite genommen hatte, fühlte ich mich komisch.

Ich bin nicht umgekippt, oder so. Aber ganz plötzlich habe ich

mich sehr, sehr traurig gefühlt. Meine Freunde um mich herum

haben davon nichts mitbekommen. Die haben weitergefeiert.

Am nächsten Morgen war das Gefühl immer noch da. Später

habe ich von den Ärzten gehört, dass ich wahrscheinlich eine


heute an. Ich bin zurzeit psychotisch. Ich habe auch eine Sozialphobie

und lebe sehr zurückgezogen. Deswegen langweile ich

mich auch sehr hier in der Klinik. Nachmittags gehe ich raus



kontrolliert werden. Bist du denn noch nie in deinem Leben nach

irgendwas süchtig gewesen?

#4


Jan-William #1


Brief an einen Freund


Jan-William #1


Jan-William #4


Fliegenfänger, Parkgruppe, Warstein


Weihnachtskarte an einen Bewohner einer Wohngruppe


Fliegenfänger, Parkgruppe, Warstein


Alex #5


Ich habe das Modul hier abgebrochen, es bringt einfach nichts.

Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, bekomme nichts mehr

in meinen Kopf rein. Meine Eltern freuen sich nicht gerade,

wenn ich frühzeitig wieder zuhause bin. Sie haben wahrscheinlich

Angst, dass ich wieder etwas anstelle, dass ich mich andauernd

betrinke, und so. Was denken die eigentlich? Ich bin hier

neben dem Borderline-Modul einmal in der Woche in einer

Suchtgruppe. In meinem Leben habe ich schon ziemlich viel

ausprobiert: Klebstoff- und Benzinschnüffeln, Nikotin, Alkohol.

Wenn du etwas ausprobierst und die positiven Erfahrungen

überwiegen – also du machst vielleicht nur ein-, zweimal negative

Trips und hast ansonsten einen schönen Rausch – dann ist

es doch kein Wunder, wenn das süchtig macht. Wenn mich einer

von den Therapeuten hier aufklären will, dann frage ich mich

manchmal: Was weiß der eigentlich schon? Der hat doch noch


erzählen?

#5


Ich habe das Modul hier abgebrochen, es bringt einfach nichts.

Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, bekomme nichts mehr

in meinen Kopf rein. Meine Eltern freuen sich nicht gerade,

wenn ich frühzeitig wieder zuhause bin. Sie haben wahrscheinlich

Angst, dass ich wieder etwas anstelle, dass ich mich andauernd

betrinke, und so. Was denken die eigentlich? Ich bin hier

neben dem Borderline-Modul einmal in der Woche in einer

Suchtgruppe. In meinem Leben habe ich schon ziemlich viel

ausprobiert: Klebstoff- und Benzinschnüffeln, Nikotin, Alkohol.

Wenn du etwas ausprobierst und die positiven Erfahrungen

überwiegen – also du machst vielleicht nur ein-, zweimal negative

Trips und hast ansonsten einen schönen Rausch – dann ist

es doch kein Wunder, wenn das süchtig macht. Wenn mich einer

von den Therapeuten hier aufklären will, dann frage ich mich

manchmal: Was weiß der eigentlich schon? Der hat doch noch


erzählen?

#5

Brief an eine ehemalige Kollegin, geschrieben nach einer Psychose


Das Bällebad, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Die Glaubenswirklichkeit: Du spürst, dass er da

ist, oder sie, oder was weiß ich. Deine Sehnsucht

ist die Antwort auf sein Rufen, er ruft uns ständig.

Ein anderer gleitet in der Suche in Tabletten ab,

in Alkohol, in Kaufrausch, und was weiß ich,

Fußballplatz.

Ich gebe Ikonen-Kurse, nicht Malen, wir schreiben,

eine andere Sicht, der Mensch der heutigen

Zeit sagt „Malen“ dazu.

Man muss es mal erfahren und nicht im Kopf


mir?

will mich hervortun. Je nachdem wie sehr ich

mich dann zurücknehmen kann, umso mehr

kommen die Ikonen durch.

Ich sammle zurzeit Kreuze, im Fotoapparat hab

ich schon einige drin, aus Maastricht, aus Ton-

den,

er hängt da, ohne Kreuz, das ist mir lieber.

Viele Katholiken bleiben am Kreuz hängen, es

ging ja auch um die Auferstehung, diesen Weg

müssen wir – jeder einzelne – auch durchschreiten,

sich zurücknehmen, möglichst weit, und wenn

es geht, sogar sterben. Aber er stirbt nicht, er ist

nicht tot!

Ein ganz berühmter Künstler, ein evangelischer

Pfarrer, der nachher als Einsiedler lebte und Ikonen

aus Metall machte, aus vier verschiedenen

Stoffen, die sich eigentlich nicht vertragen. Er hat

einen Weg gefunden dass sie sich doch vertragen,

wunderbare neue Ikonen. Da sagt jeder orthodoxe

Priester „das sind keine Ikonen“. Weil sie aus


Natürlich durch meinen Filter des kleinen Ichs,

ich will mich produzieren, ich will glänzen, ich

Ich habe Lyrica genommen, gegen die Angst,

dann abgesetzt. Das Citalopram gegen Depressionen

will ich ausschleichen, das hab ich jetzt ein

halbes Jahr lang genommen. Mit meinem Arzt

habe ich schon gesprochen und ich möchte es

absetzen. Mein Seelenbegleiter sagt mir, ich soll

es noch ein Jahr nehmen, der traut dem Braten

nicht. Aber ich bin jetzt so stark, vielleicht bin ich

auch etwas übermütig, aber ich werde es absetzen


Hans-Jürgen


Ich war evangelisch, aber längere Zeit als Ingenieur

auch vermeintlicher Atheist gewesen. Durch

schwere Depressionen und durch Stimmen, die

ich hörte, „Werde Wasser, werde Klang“ – und

noch so einige, bin ich auf den Weg gegangen.

Mit Sechsundreissig war ich am Ende mit meinem

Latein, als tobender Bauleiter, immer auf Terminjagd.

Ich war am Ende.

Ich habe eine Kur gemacht, bei der auch die psychologische

Seite betrachtet wurde, da ging mir

ein Licht auf. Ein Psychologe hat nach der Arbeit

Meditations-Kurse gegeben. Da bin ich zu Wort

gekommen, Mantra, aus Asien – Omahum – und


in einen Vulkan rein und merkte richtig wie die


ich immer wieder meine Augen aufgerissen.

Ich bin ja Techniker, daher versuche ich mal, es

in meiner Sprache zu erklären:

Die Festplatte des Kopfes in Gigabyte – oder was

weiß ich – ist begrenzt. Alle Wissenschaftler haben

irgendwann begriffen: Es geht nicht weiter,

alles schon gedacht, immer neue Tore, immer

neue Wege. Soviel kann ich gar nicht denken!

Soviel Zeit habe ich gar nicht!



bereits da ist.

Entschuldigung das ist schwerer Tobak. Das sind


nicht in einer halben Stunde verclickert. Es kann

nur neugierig machen – den Weg muss jeder alleine

gehen. Ende letzten Jahres hatte ich meine

rigen

Meditations-Erfahrung alles vergessen. Ich

konnte noch nicht mal erklären, was Kontemplation

bedeutet.



wälzen und nur Ängste; und schlimme Gedanken.

Dann vom Bett zur Couch und wieder zurück.


Verrückt.


sich dann ein bisschen. Ich konnte dann wieder

ein bisschen leben, nach ein paar Flaschen Bier.

Aber dann wurde es immer mehr und immer

schlimmer und hoffentlich bin ich jetzt raus.

Jetzt geschieht wieder ein Wunder nach dem anderen.

Ich bin gespannt was noch kommt.

Hans-Jürgen


Früher hab ich zu mir gesagt: „Du wirst jetzt ein

großer Künstler. Auch wenn du schizophren wirst,

gehörst du zu einem Milieu dazu und machst das

Beste draus.“

In der Schule habe ich viele Drogen ausprobiert:



einigen Monaten wurde in einer Psychiatrie eine

Schizophrenie diagnostiziert.

Zuerst wollte ich noch Künstler werden. Ich wollte

normal sein, bzw. mich einem Milieu anschließen,

in dem so eine Krankheit akzeptiert ist. Oder

wo es nicht auffällt. Ich dachte, ich könnte es

schaffen ein Künstler zu werden.


mich nicht mehr so sehr über die Krankheit. Meine

Psychosen sind sehr religiös geprägt. Dann

sehe ich mich nicht als einen kranken, sondern

als einen normalen Menschen, der sehr religiös

ist. Während meiner Psychosen kommuniziere

ich mit Gott, er gibt mir immer wieder Zeichen.

Auch während meiner ersten Psychose gab es

diese göttlichen Zeichen, aber ich war noch nicht

religiös und konnte sie nicht deuten. Damals wusste

ich noch nicht, was in der Bibel steht.

Erst später habe ich mich auf Gott eingelassen

und ihn während meiner Visionen kennengelernt.

Manchmal habe ich Wolkenbilder gesehen und

versuchte auch die Wolken zu verschieben. Ich

hatte noch keine Ahnung von Gott, aber ich wusste,

dass dort etwas war, das ich nicht kannte. Irgendwie

wusste ich, dass er mir diese Zeichen

gibt. Ich habe mit ihm gesprochen und er hat mir

geantwortet. Gott hat sich mir vorgestellt. Ich

sehe die Zeichen auch, wenn ich nicht psychotisch

bin. Wenn ich es jedoch bin, dann sind es mehr.

Dann bin ich religiöser als sonst, rede mit Leuten

und gebe die Botschaft weiter. Sonst würde ich

das wohl nicht machen. Da habe ich mich gefragt,

was eine Psychose überhaupt ist.

Für mich sind die Psychosen wie Träume, wobei


wollen. Vielleicht ist es ein Zustand, in dem Gott

sich mir vorstellt, wo ich ihn kennenlernen kann.

Die Psychose kommt von Gott, oder?

Seitdem ich religiös bin, fühle ich mich oft wohl,

wenn ich psychotisch bin. Ich mache schöne Erfahrungen

und verstehe die Psychose nicht als

schlimme Phase. Dann wäre es auch keine Krankheit.

Natürlich gibt es auch missverständliche

Zeichen. Der Teufel versucht sich einzuschleichen

Thomas


und einen auf Irrwege zu bringen. Dann nimmt

das Böse überhand und man hat Wahnvorstellungen.

Wenn man sich da hinein steigert, dann

gerät man wirklich in eine Psychose. Ich habe

mich auch schon fehlleiten lassen, als ich noch

unerfahren war. Manchmal ist es nicht so leicht

zu wissen, was von Gott kommt. Aber man muss

sich für das Richtige entscheiden. Gott hat zwar

alles vorbestimmt und weiß auch, wohin mein

Leben geht, aber man hat noch seinen freien Willen

für die Entscheidungen. Mittlerweile höre ich


Geist erfüllt. Ich kann die richtigen Entscheidungen

treffen.

Einmal war ich mit meiner Ente am Rhein unterwegs

und plötzlich war im Rückspiegel eine

seltsame Limousine zu sehen. Ich hatte Angst, die

Kirche schickt Schwadronen aus. Ritter der Kirche,

die den Auftrag haben alle Sünder zu eliminieren.

Ich fuhr auf einen Parkplatz. Das Auto

ebenfalls und es stiegen zwei Männer in schwarzem

Leder aus. Als sie den Kofferraum aufmachten,

dachte ich: „Jetzt holen die ihre Gewehre


stehen geblieben!

Da hab ich Gas gegeben, bin so schnell ich konnte

davongefahren. Dann kam mir ein hellblauer

Ford entgegen mit einer unheimlichen schönen

Frau am Steuer. Für mich war das ein Zeichen,

dass ich richtig gehandelt habe. Ich dachte auch,

andere können meine Gedanken lesen. Auf der

Autobahn gaben sich die Fahrer Geheimzeichen

mit dem Blinker. Ich dachte auch, dass die Farben

der anderen Autos meine Gedanken widerspiegeln

und bewerten. Wenn ein himmelblaues Auto zu

sehen war, hatte ich christliche Gedanken. Bei

einem roten Auto waren es liebevolle Gedanken.

Ein gelbes Auto zeigte mir, dass ich Neidgefühle

hatte. Ein schwarzes Auto? Vielleicht vom Gericht

mer

zuzutreffen und die Masse an Autos zeigte

mir im Nachhinein die Masse der Gedanken in

meinem Kopf.

Zuhause wollte ich Jesus nachfolgen und gab meine

komplette Wohnungseinrichtung auf. Meine



und brachte es zum Sperrmüll. Ich war frei vom

Mammon, Markenkleidung, sowieso alles unnüt-


kochte und zeigte mir beim Beten den Weg auf

die Knie. Er stellte mir Mahlzeiten zusammen.

Das Kochen machte mir großen Spaß. Aus Zwiebeln

wurde ein Zwiebelwasser für den Körper

und ein super Putzmittel. Alles wurde verwendet,

ich hatte kaum noch Müll in der Küche. Alles

wurde getrennt und recycelt. Noch heute bin ich

der Meinung, ein Großteil meiner Gedanken sind

Visionen und Eingaben, die von Gott stammen.


Seitdem weiß ich aber eigentlich gar nicht mehr,

wer ich bin. Ich kann nur beurteilen, wie ich mich

fühle, wenn ich mit anderen Menschen zusammen

bin. Wenn ich mit Studierten zusammen bin,

fühle ich mich meist als ein Mensch unterer Kategorie

und versuche dem mit Demut zu begegnen,

muss dann bescheiden sein und zurückstecken,

weil ich nicht so gebildet bin und nicht so

viel Geld verdiene.

Wenn du krank bist, bist du neidisch auf Gesunde,

die voll belastbar sind. Andere haben Karriere

gemacht und sind reich geworden und was

machst du eigentlich, Thomas? Rauchst Zigaretten

und denkst darüber nach, was das Leben noch

für dich bringt.



auch nicht so interessant, wenn ich ehrlich bin.

Ich habe ein bisschen Ahnung von Computern,

das habe ich mir selber beigebracht. Da merke

ich, dass ich manchmal anderen überlegen bin,

das sollte man aber nicht ausnutzen.

Rochuskirche, Düsseldorf


Weisser Raum, Snoezelen-Zentrum, Lippstadt


Bernd, Wohngruppe 9 Warstein


Bernd, Wohngruppe 9 Warstein


Selbstportrait, 2010


„There’s only a thin line between the sane and the mad“

Old Middlewestern Saying


Stunden vorher von ihrem Freund verlassen worden war. Am folgenden Morgen

wurde sie auf eigenen Wunsch in die Psychiatrie gebracht. Ich versuchte


An welchem Punkt hat man sein eigenes Leben so sehr verloren, dass die Einweisung

in eine Psychiatrie der einzig denkbare Weg ist? Wie weit bin ich selbst

davon entfernt?


auf Visionen, Verschwörungstheorien und auf Patienten, die sich für Queen

Elizabeth hielten. Stattdessen begegnete ich Menschen, die sich nicht sehr von

mir unterscheiden. Menschen mit dem gleichen Musikgeschmack, dem gleichen

Leistungs- und Erfolgsdruck und den gleichen Ängsten.

Menschen, deren Leben an einem bestimmten Punkt aus der Balance geraten

ist. Drogenmissbrauch oder auch nur Pech, Überforderung im Beruf, Liebeskummer

– meist kommt Mehreres zusammen.

Wie gehen Menschen mit dieser Situation um? Wohin werfen sie ihre Rettungsanker?

An welchen Aufgaben sind sie im Alltag gescheitert? Welche neuen

Aufgaben suchen sie sich?

Von Beginn an habe ich Briefe und E-Mails gesammelt. Texte, die Patienten

von Ämtern, Freunden, Bekannten bekommen oder selbst versendet haben.

Eine Patientin schrieb mir dazu: „Ich glaub nicht, dass man so ein Schreiben


drin steckt. Nicht mal ich selber könnte so einen Brief nachschreiben.

Eine Darstellung in der Art kann nützlich sein, um Gesunden ein Bild davon

zu geben, wie es ist, wenn man gottverlassen ist und von der Bürokratie zerfressen

wird.“

Ich danke allen, die mich unterstützt haben.


Fotografie: Michael Englert, Buchgestaltung: Eva Wernet

Text-Redaktion: Michael Englert, Victoria Oberkoch

Zeichnung (links): Ben Mathis

Druckerei: Orange Office, Düsseldorf

Herzlichen Dank

für die Betreuung meines Projekts gilt

Prof. Susanne Brügger und Dirk Gebhardt

Victoria Oberkoch, Eva Wernet,

Andreas Fechner, Elisabeth Giers

Anja Schürmann, Ute Klein,

Semra Babal-Kuruogullari, Anja Hepp

und meinen Eltern

Dr. Lessmann, Eva Brinkmann, Armin Mues und allen Mitarbeitern

der LWL-Kliniken Warstein und Lippstadt, die mich unterstützt haben,

sowie allen Menschen, die den Mut hatten, sich fotografieren zu lassen.

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