Immobilia 2013/09 - SVIT
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Immobilienpolitik<br />
Wohnmarkt<br />
Fakten widerlegen Behauptungen<br />
An Dramatik fehlt es nicht, wenn Mieterpolitiker die Lage am Immobilienmarkt<br />
Schweiz beklagen. Allerdings sind die Vorwürfe von der Realität oft weit entfernt.<br />
zur Folge, dass die Wohnkostenbelastung<br />
nicht zunahm. Von dieser Seite gab es somit<br />
keine negativen Auswirkungen auf den<br />
Privatkonsum. Mobile Haushalte, die ihre<br />
Wohnung wechseln (müssen), sind vor allem<br />
in den Hotspots von stark steigenden<br />
Preisen für Neuvermietungen betroffen.<br />
In der Schweiz wird pro Jahr jede sechste<br />
Wohnung gewechselt, in stark nachgefragten<br />
Orten werden dabei die Mietzinse<br />
tendenziell erhöht. Bei dieser Gruppe ist<br />
von einer Minderung des Privatkonsums<br />
auszugehen. Über alle Einkommensklassen<br />
betrachtet dürfte die Situation auf dem<br />
Wohnungsmarkt in den letzten Jahren den<br />
Konsum nicht geschwächt haben.<br />
Laut, aber nicht richtiger: Die Argumente der Mietervertreter.<br />
Simon Hubacher*<br />
<br />
Mieterpolitische Fiktionen. Wer sich die<br />
Mühe nimmt, den Miet- oder Immobiliensektor<br />
betreffende parlamentarische Vorstösse<br />
aus dem links-grünen Lager genauer<br />
unter die Lupe zu nehmen, dem fällt auf:<br />
Die Lage ist in der Regel «dramatisch», die<br />
Entwicklungen sind durchs Band «exzessiv»<br />
und, wo es regionale Probleme tatsächlich<br />
gibt, gelten sie rasch fürs ganze<br />
Land. Verallgemeinert und übertrieben<br />
wird in fast jedem Vorstoss. Doch wie steht<br />
es tatsächlich um die Lage auf dem Mietund<br />
Immobilienmarkt Schweiz? Die von<br />
diversen Bundesstellen erarbeiteten Antworten<br />
auf die parlamentarischen Vorstösse<br />
sind aufschlussreich – und widerlegen<br />
manches Vorurteil. Einige Beispiele:<br />
Behauptung: Der Anteil der<br />
Wohn kosten am Haushalts -<br />
einkommen steigt ständig.<br />
Fakten: Gemäss Haushaltsbudgeterhebung<br />
des Bundesamtes für Statistik ist die<br />
durchschnittliche Brutto-Mietbelastung<br />
im Zeitverlauf recht stabil bei etwas mehr<br />
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als 20% des Brutto-Haushaltseinkommens.<br />
Tendenziell ist die Belastung umso<br />
stärker, je kleiner das Einkommen ist. Ein<br />
leichter Anstieg ist in der zweiten Hälfte<br />
der letzten Dekade gegenüber der ersten<br />
Hälfte festzustellen. Insgesamt sieht man<br />
aber auch am Anteil der Wohnungsmieten<br />
im Warenkorb des Landesindexes der Konsumentenpreise,<br />
dass dieser stabil und in<br />
letzter Zeit sogar leicht rückläufig ist. Der<br />
Wohnkostenanteil im Eigentumsbereich<br />
ist infolge der fortwährenden Zinssenkungen<br />
– vor allem seit 2008 – stark rückläufig.<br />
Behauptung: Wenn ein grösserer<br />
Anteil der Einkommen in den<br />
Immobilienmarkt fliesst, mindert das<br />
den Privatkonsum.<br />
Fakten: Der Konsum der selbstnutzenden<br />
Eigentümer ist durch den gesunkenen<br />
Wohnkostenanteil in den letzten Jahren<br />
gestützt worden. Bei den Mietern, die<br />
bereits seit längerer Zeit in ihrer heutigen<br />
Wohnung leben, hat der gesunkene Referenzzinssatz<br />
zusammen mit der seit gut<br />
vier Jahren beobachtbaren Nullteuerung<br />
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Behauptung: In den Ballungszentren<br />
gibt es nur noch<br />
überteuerte Wohnungen.<br />
Fakten: Die ständige Wohnbevölkerung<br />
hat in den letzten sechs Jahren stark zugenommen,<br />
womit auch die Nachfrage<br />
nach Wohnraum stark gestiegen ist. Dieser<br />
Nachfrageanstieg ist auf verschiedene<br />
Faktoren zurückzuführen – die Zuwanderung<br />
ist einer davon. Er ist aber auch das<br />
Resultat des steigenden Wohnflächenkonsums<br />
pro Kopf. Die Qualifikations- und Einkommensstruktur<br />
der aktuellen Zuwanderung<br />
bewirkt, dass sich die entsprechende<br />
Zusatznachfrage auf das mittlere und obere<br />
Preissegment des Wohnungsmarktes richtet.<br />
In räumlicher Hinsicht steht die Nähe<br />
zu den Arbeitsplätzen im Vordergrund,<br />
womit sich die in- und ausländische Zusatznachfrage<br />
vor allem auf Städte und Agglomerationen<br />
konzentriert wie beispielsweise<br />
auf die Genferseeregion und auf den<br />
Grossraum Zürich.<br />
Behauptung: Bei Mieterwechseln<br />
wird fast immer der Mietzins erhöht.<br />
Fakten: Bei Mieterwechseln, von denen<br />
im Schnitt pro Jahr etwa jede sechste<br />
Mietwohnung betroffen ist, kam es in den<br />
Jahren 2010 bis 2012 in knapp weniger als<br />
der Hälfte der Fälle zu Mietzinserhöhungen.<br />
Bei fast gleich vielen Fällen blieb die<br />
Miete jedoch stabil, und in 10% der Fälle<br />
wurde diese sogar gesenkt.<br />
* Simon hubacher<br />
Der ehemalige Journalist arbeitet heute als<br />
Kommunikationsberater. Er ist redaktioneller<br />
Mitarbeiter der <strong>Immobilia</strong>.<br />
18 | immobilia September <strong>2013</strong>