City-Magazin-Ausgabe-2018-12-Linz
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Thomas<br />
Duschlbauer<br />
zu guter letzt …<br />
Jedes Jahr das Gleiche: Die Leute regen sich auf,<br />
dass die ersten weihnachtlichen Klänge immer<br />
früher die Lautsprecher der Einkaufszentren<br />
verkleben. „Last Christmas“ und die Lebkuchenstimme<br />
von George Michael passen immer weniger in<br />
unsere Zeit des Klimawandels, wo es im September bei<br />
30 Grad bloß Sadisten als romantisch empfinden, ihren<br />
Partner vor einem knisternden Kamin zu postieren. Da<br />
mokieren sich die Leute also über die angeblich so<br />
verfrühten weihnachtlichen Gefühlsgeschmacksverstärker<br />
und wollen am liebsten noch bis zum Dezember<br />
Alle Jahre widerlich!<br />
emotionsaufkommensneutral durch ihr Leben stolpern,<br />
aber wo sind die besorgten Bürger, die an das Wohl des<br />
Weihnachtsmannes denken? Bitte! Wo seid Ihr?<br />
Wie soll er das schaffen, wenn er alles erst im<br />
letzten Moment zu bewältigen hat, bloß weil sich keiner<br />
früher Gedanken zum großen Fest machen möchte?<br />
Immerhin ist der Weihnachtsmann auch nicht mehr der<br />
Jüngste, und während über den <strong>12</strong>-Stunden-Arbeitstag<br />
geklagt wird, lassen wir diesen Greis alleine mit seinem<br />
Schicksal. Die Gewerkschaften, die Vertreter sozialer<br />
Einrichtungen und die Opposition kümmern sich einen<br />
Dreck um den Weihnachtsmann. Kaum kommt er aus<br />
dem frostigen Lappland, wird er sogleich ein Opfer der<br />
sozialen Kälte in unserem Land. Und natürlich hat man<br />
auch von unserem lieben Herrn Bundeskanzler noch<br />
nichts zu diesem brisanten Thema vernommen. Denn<br />
von einer Work-Life-Balance kann wohl keine Rede<br />
sein, wenn jemand knapp vor Weihnachten wie ein<br />
Blöder hakeln muss und sich nach dem 24. gleich auf<br />
eine anständige Entlastungsdepression einstellen kann.<br />
Wer muss schon Waren mit klapprigen Rentieren<br />
ausliefern? Wer ist gezwungen, sich wie eine fette<br />
Räucherwurst in einen engen Kamin zu begeben, bloß<br />
um Geschenke in eine Wohnung zu bringen? Überall in<br />
der Logistikbranche macht man sich Gedanken um die<br />
Arbeitskräfte, aber beim Weihnachtsmann ist es<br />
offenbar egal, welche Arbeitsbedingungen er hat und<br />
ob er sich als Saisonarbeiter nach der Bescherung beim<br />
Arbeitsamt anstellen darf. (K)ein frohes Fest!<br />
Was wurde aus ...? Prominente von gestern heute betrachtet<br />
Steckbrief:<br />
Reinthaler (Jg. 1950) ist passionierter<br />
Kirchenmusiker, auch wenn er sich als<br />
„christlichen Atheisten“ bezeichnet.<br />
Siebzehn Jahre lang wirkte er als Kapellmeister<br />
am <strong>Linz</strong>er Mariendom. Das war<br />
aufreibend; er musste Chormitglieder<br />
gewinnen und sie dann dazu motivieren,<br />
immer zu Messen an Sonn- und Feiertagen<br />
zu erscheinen. Nach einer Familientragödie<br />
im Jahr 2003 war er „nicht gut<br />
drauf“. Ein Konkurrent „spitzte“ auf seine<br />
Stelle – schließlich wurde er gekündigt.<br />
54<br />
Anton Reinthaler<br />
Heute betrachtet Reinthaler seine Kündigung als Glücksfall; sie hat ihn für die<br />
künstlerische Arbeit befreit. Eine Zeitlang lebte er von der Malerei. In seinen<br />
„Musikbildern“ setzte er Werke von Bruckner, Mozart und anderen<br />
Komponisten in farbenprächtige, abstrakte Gemälde um. Manchmal bilden<br />
handschriftliche Notenblätter die Hintergründe dieser „Kompositionen“. Als<br />
bildender Künstler fühlt sich Reinthaler nicht ausreichend anerkannt. Egal, wie<br />
gut seine Werke seien, er würde unter Kollegen immer nur als Hobbymaler gelten,<br />
weil er über kein einschlägiges Studium verfüge. Als Musiker mit entsprechendem<br />
Magister-Titel hingegen „spiele ich in einer ganz anderen Liga“, erklärt<br />
er. Seine Messen, Motetten und Chorlieder hat er in mehreren Büchern publiziert.<br />
Seit diesem Oktober ist er Hauptorganist der <strong>Linz</strong>er Stadtpfarrkirche. Sein<br />
musikalisches Können zeigt er auch oft in anderen Kirchen der Landeshauptstadt.<br />
Für diese Auftritte muss er allerdings viel üben. Er kocht gerne, hat aber<br />
wenig Zeit dafür, und favorisiert deswegen schnelle Gerichte. Reinthaler reist<br />
auch oft, liebt Weißwein und anspruchsvolle Bücher.<br />
Mehrfach-Könner. Organist Anton Reinthaler (68) malt Musik und kocht mitunter chinesisch.<br />
Foto: Sokoloff