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DGP_Luftschadstoffe_Positionspapier_2018

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s<br />

<strong>Luftschadstoffe</strong> und Gesundheit in Deutschland <strong>Luftschadstoffe</strong> und Gesundheit in Deutschland 5<br />

s<br />

PROLOG<br />

Alexandra Schneider und Holger Schulz<br />

Die Exposition gegenüber <strong>Luftschadstoffe</strong>n, sowohl partikulärer als auch gasförmiger<br />

Natur, wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit als eine führende<br />

Gesundheitsgefährdung angesehen [8, 11, 12]. Laut WHO ist Luftverschmutzung der wichtigste<br />

umweltbedingte Risikofaktor mit besonders hoher verursachter Krankheitslast in Ländern<br />

mit niedrigem und mittlerem Einkommen [12, 13].<br />

Die Luftschadstoffbelastung besteht aus hochkomplexen Gemischen verschiedenster organischer<br />

und anorganischer Bestandteile natürlichen oder anthropogenen Ursprungs, die z. B. lokal bei<br />

Verbrennungs-, Abrieb- oder Aufwirbelungsprozessen entstehen oder über hunderte von Kilometern<br />

durch Ferntransport regional eingebracht werden können [14-17]. Zusätzlich wird die Schadstoffkonzentration<br />

von großräumigen und regionalen meteorologischen Verhältnissen beeinflusst. Dementsprechend<br />

können Schadstoffkonzentration und Zusammensetzung an einem Ort deutlich variieren<br />

und zeigen einen Tages-, Wochen- und Jahresgang.<br />

Studien der letzten zehn Jahre zeigen, dass seit dem letzten weltweiten Update der WHO<br />

Luftqualitätsrichtlinien aus dem Jahre 2006 [28, 29] viele epidemiologische Studien innerhalb<br />

und außerhalb Europas weitere Gesundheitsendpunkte aufzeigen (z. B. Atherosklerose,<br />

fetales Wachstum, Atemwegserkrankungen bei Kindern, kognitive Funktion und neuronale<br />

Entwicklung, Diabetes mellitus). Darüber hinaus wurden die zugrunde liegenden pathophysiolo-<br />

gischen Mechanismen der beobachteten adversen Gesundheitseffekte weiter aufgeklärt.<br />

In der „Global Burden of Disease Study“ von 2015 [30] wird der erhebliche Einfluss der <strong>Luftschadstoffe</strong><br />

auf Mortalität und Morbidität vor allem durch chronische Erkrankungen quantifiziert.<br />

Bei der vorzeitigen Mortalität weltweit lag PM 2.5<br />

in der Außenluft im Jahr 2015 auf Rang 5 im Vergleich<br />

aller Risikofaktoren [31], unmittelbar hinter den allgemeinen Risikofaktoren erhöhter Blutdruck,<br />

Rauchen sowie erhöhte Glukose- und Cholesterinwerte.<br />

Mit 57 % hatten kardiovaskuläre<br />

Todesursachen (ischämische Herzerkrankungen<br />

und zerebrovaskuläre Erkrankungen) den größten<br />

Anteil. In Deutschland liegt die Krankheitslast<br />

durch Luftverschmutzung an zehnter Stelle der<br />

Risikofaktoren und ist damit auch hierzulande<br />

der wichtigste umweltbezogene Risikofaktor [32,<br />

33]. Die WHO schätzte 2013, dass der Einfluss<br />

von <strong>Luftschadstoffe</strong>n die mittlere Lebenserwartung<br />

in Europa um bis zu neun Monate reduzieren kann [29]. Vergleichbare Ergebnisse zeigt eine Studie,<br />

welche speziell die Lebenserwartung in den großen Städten Europas untersucht. In dieser Studie wird<br />

berechnet, dass bei Einhaltung der von der WHO empfohlenen Richtwerte eine Lebenszeitverlängerung<br />

von ca. sechs Monaten erreichbar wäre [6].<br />

In Deutschland liegt die Krankheitslast durch<br />

Luftverschmutzung an zehnter Stelle der Risikofaktoren<br />

und ist damit auch hierzulande der<br />

wichtigste umweltbezogene Risikofaktor.<br />

O 3<br />

PM10<br />

SO 2<br />

Zur Abschätzung der Belastung in der Bevölkerung wird von der Legislative auf einzelne Indikatoren<br />

PM2.5 zurückgegriffen, die die partikuläre, wie Feinstaub bis 2,5 µm (PM 2.5<br />

) bzw. bis 10 µm (PM 10<br />

), und die<br />

NO2 gasförmige Belastung, wie NO 2<br />

, SO 2<br />

, O 3<br />

, charakterisieren. Für die meisten der gemessenen <strong>Luftschadstoffe</strong><br />

wurden über die letzten Jahrzehnte in der westlichen Welt abfallende Konzentrationen<br />

beobachtet [3, 15], sodass hier vor allem die Fragestellung der Gesundheitsgefährdung bei geringerer<br />

Schadstoffbelastung im Vordergrund steht. Allerdings leiden viele Städte und Regionen auch in Deutschland<br />

noch immer unter erheblicher Luftverschmutzung [3, 15, 18, 19]. Mittels gesetzlicher Grenzwerte,<br />

wie in der „Air Quality Directive“ der Europäischen Union [20] festgelegt, soll eine Gesundheitsgefährdung<br />

der Bevölkerung in Europa minimiert werden. Allerdings weichen die Grenzwerte der Europäischen<br />

Union, die zur Vermeidung von Beeinträchtigungen, „adverse effects“, in der Bevölkerung eingehalten<br />

werden sollten, von den Empfehlungen der WHO z.T. deutlich nach oben ab [3, 8, 21].<br />

Zahlreiche Studien aus Europa, Nordamerika, aber auch von anderen Kontinenten haben in<br />

den letzten Jahrzehnten schädliche Auswirkungen von <strong>Luftschadstoffe</strong>n auf die Gesundheit<br />

belegt [22-27]. Historisch stand zunächst der Atemtrakt als Zielorgan im Vordergrund der Studien;<br />

inzwischen sind jedoch auch Wirkungen auf kardiovaskuläre Endpunkte, metabolische Effekte und<br />

Effekte auf das fetale Wachstum gut dokumentiert. Die gesundheitlichen Auswirkungen reichen von<br />

unspezifischen Atemwegssymptomen und kardiovaskulären Symptomen über Beeinträchtigungen<br />

der Lungenfunktion, vermehrte Medikamenteneinnahme und akute Exazerbation von vorbestehenden<br />

Lungenerkrankungen bis hin zur Entwicklung von chronischen Lungen-, Herz-Kreislauf- und metabolischen<br />

Erkrankungen und einer Reduktion des fetalen Wachstums und Todesfällen [25].<br />

In diesem <strong>Positionspapier</strong> fasst die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin<br />

den aktuellen Wissensstand zu den Gesundheitseffekten von <strong>Luftschadstoffe</strong>n zusammen<br />

und leitet daraus Empfehlungen für einen umweltbezogenen Gesundheitsschutz ab.<br />

PM10<br />

PM 2.5<br />

Ein Güterwagen der Deutschen Bahn kann ca. 55t laden. Um den<br />

Feinstaub des Jahres 2016 in Deutschland zu transportieren, würden<br />

für PM 10<br />

ca. 3.700 und für PM 2.5<br />

ca. 1.833 Wagen benötigt.<br />

PM10<br />

PM 2.5<br />

x 3.700 x 1.800<br />

mehr Infos s. 19

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