Adlerauge 2/2018

AUSGABE 2/2018
Zeitung für den Standort Kaufbeuren
Zwischen Realität
und virtuellem Raum
Die militärfachliche Ausbildung EUROFIGHTER im
Wandel dank moderner Ausbildungstechnologie
SEITE 38
Stippvisite
Der parlamentarische
Staatssekretär im
Fliegerhorst
SEITE 14
Der Feind im
USB-Stick
Cyber Awareness
Day
SEITE 36

ALLGEMEIN adlerauge 02|2018
REPORT VON DER BAUSTELLE
EIN BLICK HINTER DIE KULISSEN DER KAT AKADEMIE ALLGÄU
von Monika Lattner
„Hier werden bald viele Flieger fliegen!“ Diesen
Ausblick gab Joachim Keck, der Geschäftsführer
der Kaufbeuren ATM Training GmbH (KAT) zum
Richtfest im Juli. Bis die virtuellen Flieger aber
tatsächlich an der KAT Akademie Allgäu starten
und landen können, sind noch einige Vorbereitungen
abzuschließen. Ein deutlich sichtbarer
Fortschritt ist die Fertigstellung des Campus:
Die Unterkunftsgebäude sind fast bezugsfertig
und der Neubau hüllt sich bereits in einen
Mantel aus silbern schimmerndem Aluminium.
Zeit für eine Exkursion auf die Baustelle zur Bestandsaufnahme.
Es ist morgens, halb zehn in Deutschland. Zwar bin ich nicht
mit einem Knoppers bewaffnet, trotzdem gönne ich mir heute
eine kleine Pause vom Büroalltag. An diesem sonnigen
Herbsttag treffe ich Anja Blobel, Architektin bei der Deutschen
Flugsicherung und Koordinatorin des Projekts Ausbildungscampus
Kaufbeuren. Am Containerbüro heißt es erst
einmal Helm auf und Sicherheitsschuhe an. Dann starten wir
zu einem Rundgang durch den Neubau, begleitet vom Gebrummel
der Baufahrzeuge.
Das Erdgeschoss: Willkommen in
der KAT Akademie Kaufbeuren
Während unserer Tour versuche ich mich in einen Schüler
der nächsten Generation hineinzuversetzen. Ab dem Sommer
des kommenden Jahres soll der erste Durchgang seine
Ausbildung im brandneuen, hochmodernen Schulungszentrum
absolvieren.
Als wir das Gebäude betreten, springt mir rechts sofort die
Kaffee-Ecke ins Auge. Noch ist der Raum kahl und leer. Später
sollen Stehtische hier für eine lockere Atmosphäre sorgen
und ein entspanntes Zusammentreffen der Lehrgangsteilnehmer
ermöglichen: bei einer Tasse Kaffee mal kurz quatschen,
nach einem bekannten Gesicht Ausschau halten oder
einfach schnell das „Wischkästle“ (allgäuerisch Smartphone)
checken. Ein guter Anlaufpunkt zu jeder Tageszeit.
Doch bevor wir tatsächlich in Richtung der Kaffee-Ecke abbiegen,
bestaune ich das Atrium, welches sich über das Foyer
spannt und dem Treppenhaus eine luftige Atmosphäre verleiht.
Der Blick ist frei bis nach oben zur teilweise verglasten
Dachschräge, durch die der strahlend blaue Himmel blitzt.
An der Kaffee-Ecke vorbei kommen wir zur Mensa, die sich
über den vorderen Gebäudeteil an der Ostseite erstreckt.
Dieser Bereich soll später besonders hell und freundlich
werden, denn hier wird das „Wohnzimmer“ der Lehrgangsteilnehmer
entstehen. „Da in den Unterkunftsgebäuden
selbst keine Gemeinschaftsräume zur Verfügung stehen, war
es wichtig, in der Mensa eine besonders gute Aufenthaltsqualität
zu schaffen“, erklärt Frau Blobel. Ein Raum also für
das soziale Miteinander der bis zu 80 Lehrgangsteilnehmer.
Ich kann mir gut vorstellen, nach dem Unterricht hierherzukommen,
in der warmen Jahreszeit gemütlich draußen auf
der Terrasse beieinander zu sitzen und nach dem Unterricht
geruhsam den Tag ausklingen zu lassen.
Oktober 2018: Eine stilvolle Aluminiumfassade ziert nun
das Gebäude.
Auf der Westseite werden bald die Büroräume der KAT-Mitarbeiter
liegen. Die Anordnung der Büros sei gar nicht so einfach
gewesen, so Frau Blobel. Die Planungen für das Projekt
wurden bereits Anfang 2016 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt
war die Zusammensetzung der KAT in ihrer jetzigen Form
noch gar nicht richtig vorherzusehen. Zumindest auf dem Papier
war einiges Tisch- und Stühle-Rücken notwendig. Jetzt
sind die Arbeitsplätze so geschickt arrangiert, dass in den
Einer-, Zweier- und Viererbüros sowohl konzentriert als auch
kreativ gearbeitet werden kann.
Das erste Obergeschoss: Hier
dreht sich alles um die Theorie
Aus dem hinteren Bürobereich führt für die Mitarbeiter eine
„Haus- und Hof-Treppe“ in den ersten Stock. Von der repräsentativen
Haupttreppe im Foyer steht momentan nur das
Stahlbetonkonstrukt. In der Endversion wird sie das stilvolle
Ambiente des Atriums harmonisch unterstreichen.
Im ersten Stock fällt mir gleich die wunderschöne Aussicht
nach Westen auf: Über die Dächer des Stadtteils Oberbeuren
hinweg hat man freie Sicht auf die grüne Hügellandschaft
des Allgäus – mit direktem Blick auf die Skihütte. Sogar ein
paar Kühe lassen sich auf den Weiden erahnen. Wer hier später
sitzen darf, ist wirklich zu beneiden.
Das erste Obergeschoss ist der Dreh- und Angelpunkt der
Theorieausbildung. Auf der Ostseite des Gebäudes reiht sich
ein Lehrsaal an den anderen. Bis zu 15 Lehrgangsteilnehmer
können dort über Landkarten und Koordinaten brüten, sich
mit Wetterkunde auseinandersetzen, Vorschriften pauken
und lernen, im Lotsenjargon über Funk zu kommunizieren –
bis sie fit genug sind, in das zweite Obergeschoss vorzurücken.
Jeder Schulungsraum erhält ein Smartboard, außerdem
sollen Klimaanlage und Belüftung dafür sorgen, dass die
Schüler einen klaren Kopf behalten.
Zum Abschluss zeigt Frau Blobel mir noch ein besonderes
Highlight dieser Etage. Da in den bereits bestehenden Gebäuden
sehr viel Leben auf den Fluren stattfindet, hat sie
sich Gedanken gemacht, wie man diesen Bereich attraktiv
und angenehm nutzen könnte. Ihre Lösung: Sitznischen.
Zwischen den Hörsälen eingebettet sind diese nicht nur ein
optisch ansprechendes Detail, sondern schaffen vor allem einen
gemütlichen Ort zum Verweilen. Zurück im Atrium kann
man erahnen, wo auf dieser Etage ein weiterer Aufenthaltsbereich
entstehen wird.
Das zweite Obergeschoss:
Der virtuelle Tower
Im zweiten Stock, im Herzstück des Schulungsgebäudes,
werden die Lehrgangsteilnehmer später ihr theoretisches
Wissen in die Praxis umsetzen. Dazu gehört vor allem Flüge
planen und den rollenden beziehungsweise fliegenden Verkehr
über Funk lenken. Im Westen liegen die drei Übungsräume
für die Flugberatung. Vor meinem geistigen Auge kann
ich sehen, wie die Schüler emsig mit der Arbeit beginnen,
nachdem der Simulationspilot angekündigt hat: „I want to
fly!“
Im Raum nebenan: Stimmenwirrwarr. Hier werden die Simulationspiloten
ihre Arbeitsplätze haben. Von dort aus kommunizieren
sie mit den Lotsen-Schülern. Diese wiederum
sitzen währenddessen am Towersimulator. Mit seinem Rückprojektionssystem,
16 Laserbeamern und einer Auflösung
von über 36 Millionen Pixel ist er definitiv das Juwel des
Schulungszentrums. Die Simulationsübungen selbst werden
im Data-Prep-Raum vorbereitet, der gleichzeitig als Büro geplant
ist. Zusätzlich beherbergt der zweite Stock einen Debriefing-Raum,
den Radarsimulator und Funktionslehrraum,
sowie den Pausenraum für die Lehrkräfte. >>
22
Fotos// Alexander Bernhard, Ulrike Zwerenz
23

ALLGEMEIN adlerauge 02|2018
Frau Blobel verrät mir, dass sie sich das Gebäude anfangs
als Holzkonstruktion vorgestellt hatte – eine hervorragende
Ergänzung des Allgäuer Landschaftsbildes. Der Campus
wäre darüber hinaus auch ein ökologisches Projekt geworden.
Doch aufgrund der Simulationsetage war dieses Vorhaben
nicht realisierbar. In dem hochtechnisch angelegten
Trakt verlaufen viel zu viele Elektroleitungen und Datenverkabelungen.
Da stellt der Brandschutz eine echte Herausforderung
dar. Die nötigen Kabel werden später sauber und
geordnet im doppelten Boden verlaufen. Unfassbar, welche
Ausstattung nötig ist, damit die Verbindung zwischen Tower
und Radar, Fluglotse und Simulationspilot, Flugberater und
Übungssteuerung funktionieren kann.
Tradition und Moderne unter
einen Hut gebracht
Vom Model zum fertigen Campus in Rekordzeit.
Über die Taufe der „KAT Akademie Kaufbeuren“ freuen sich (von links nach rechts): DFS-Geschäftsführer
Prof. Klaus-Dieter Scheurle, Oberbürgermeister Stefan Bosse, MdL Bernhard Pohl, Namensgeberin
Verena Häuserer, Bürgermeister Ernst Holy und MdL Franz-Josef Pschierer.
Bevor wir uns wieder auf den Weg nach unten machen, werfe
ich nochmal einen Blick auf die sanierten Unterkunftsgebäude.
Jeweils 80 Lehrgangsteilnehmer werden hier ein vorübergehendes
Zuhause finden. Die Stuben sind fast komplett
eingerichtet und erinnern mich ein wenig an meine frühere
Studentenbude. Nur ist alles ein wenig edler und statt einer
schwarz-weiß Miniröhre wird die Zimmer natürlich ein moderner
Flachbild-Fernseher zieren. Die Schüler sollen ihre
Zeit effizient nutzen, sich dabei aber auch wohlfühlen können.
Lernen, wo andere Urlaub machen – bei uns im Allgäu
kein Problem.
Ein Umstand fasziniert mich besonders: Die ursprünglichen
Unterkunftsgebäude wurden im Kern erhalten. Sie sind eine
echte Verbindung zwischen alt und neu, eine Brücke zwischen
Tradition und Moderne. Für das Allgäu eine bedeutende
Sache. Denn wie man der Publikation „Eine Frage der
Souveränität – Flugsicherung in Deutschland“ entnehmen
kann, wurden „die Männer der ersten Stunde“ im Fliegerhorst
Kaufbeuren geschult. Ab 1957 kümmerten sich die
Engländer und Amerikaner um die Ausbildung des militärischen
Flugsicherungspersonals der Bundeswehr. Schon damals
existierte hier zu diesem Zweck eine Simulatorenanlage.
Kein Vergleich natürlich zum state-of-the-art-Standard,
den die KAT ihren Schülern bietet. Eine beeindruckende Vorstellung,
dass die Wurzeln der militärischen Flugsicherung in
Deutschland ausgerechnet in Kaufbeuren liegen.
Draußen vor der Baustelle verabschiede ich mich von Frau
Blobel. Unser gemeinsamer Vormittag hat viele Eindrücke
hinterlassen. Vor allem aber Vorfreude auf die fertige Akademie,
in der ab Sommer 2019 hoffentlich viele Flieger fliegen!
Mit dem offiziellen Spatenstich im Juni 2017 begann die
Bauphase des Schulungszentrums.
Mit der Fertigstellung des Dachstuhls wurde Richtfest
gefeiert. Verbaut wurden dafür ungefähr 2.900 laufende
Metern Sparren und Pfetten.
KAT Akademie Allgäu
Der Name ist Programm
Neben dem Offiziercasino in der Apfeltranger
Straße rumort es schon länger,
denn an dieser Stelle entsteht der
Neubau der KAT. Jetzt hat der zukünftige
Campus einen Namen bekommen:
KAT Akademie Allgäu. Den passenden
Namen zu finden war gar nicht so einfach,
im Volksmund wurde bald vom
„DFS-Campus“ gesprochen. Eine vollkommen
irreführende Bezeichnung, da
der eigentliche Campus der Deutschen
Flugsicherung bereits am Hauptsitz in
Langen existiert.
Um einen Namen zu finden, der die
Stärken des Kaufbeurer Unternehmens
verkörpert, wurde unter den
KAT-Mitarbeitern ein interner Namensgebungswettbewerb
ausgeschrieben.
Dabei kamen über 60 Vorschläge zusammen,
aus denen die DFS als Mutterhaus
dann eine finale Auswahl traf.
Geschafft hat es am Ende der Vorschlag
von Verena Häuserer, einem
echten bayrischen Madl. Er bringt alle
Aspekte des neuen Campus auf den
Punkt: KAT Akademie Allgäu.
Drei Fragen an Verena Häuserer,
die Namensgeberin der
KAT Akademie Allgäu:
Verena, erzähl mal ein bisschen von Dir: Wie lange arbeitest
Du schon bei der KAT und was ist Deine Aufgabe? Wo
kommst Du her?
Ich stamme aus Peiting und wohne auch dort. Als eine der ersten Mitarbeiterinnen
durfte ich die Anfangsphase und Weiterentwicklung der Firma
Schritt für Schritt miterleben. Seit August 2016 kümmere ich mich hauptsächlich
um die Buchhaltung des Unternehmens. Daneben habe ich Teilaufgaben
in der Personalverwaltung und im Einkauf übernommen. Zusätzlich
stehe ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Fragen zur Verfügung.
Was hat dich motiviert, am Namensgebungswettbewerb teilzunehmen?
Dass ich neben meinem Händchen für Zahlen auch eine kreative Ader habe,
wollte ich im Wettbewerb unter Beweis stellen. Mit dem Gebäudenamen
habe ich mich jetzt schon irgendwie verewigt. Das ist mir allerdings tatsächlich
erst während der offiziellen Verkündung beziehungsweise Taufe
klar geworden. Ich bin auf diesen Erfolg sehr stolz.
Wie bist du auf den Namen gekommen? Welche Aspekte wolltest du im
Namen vereinen?
Ein Bestandteil des Titels sollte das Namenskürzel unserer Firma sein.
Ebenso wichtig war mir der Bezug zu unserem Auftrag als Bildungseinrichtung.
Aber am meisten am Herzen liegt mir der Zusatz „Allgäu“! Es ist etwas
Besonderes, in einer Region zu arbeiten, die als einer der schönsten
Urlaubsorte Bayerns gilt.
24
Fotos// DFS, KAT, Mathias Wild, Wolfgang Becker
25

ALLGEMEIN adlerauge 02|2018
KAT AKADEMIE ALLGÄU: NOMEN EST OMEN
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
mit großer Freude blicken wir zurück auf
das Jahr 2018, denn unser junges Unternehmen
durfte einen ganz besonderen
Meilenstein erleben. Am 11. September
feierten wir die Taufe der KAT Akademie
Allgäu.
Ein Name ist nicht nur für uns Menschen
eine bedeutende Sache. Nomen est Omen,
so lautet ein altes lateinisches Sprichwort.
Denn es gibt eine ganze Fülle davon, unter
anderem Vornamen, Künstlernamen,
Spitznamen und Firmennamen. Sie alle
schaffen in erster Linie Identität. Für uns
als Unternehmen bedeutet es, dass der
Name unseres neuen Schulungszentrums
auch seinen einzigartigen Charakter wiederspiegeln
sollte. Wir wollten etwas, mit
dem wir uns als Firma selbst definieren,
unsere Identität prägen und unser Tun auf
den Punkt bringen. Deshalb war es wichtig,
unsere Mitarbeiter ins Boot zu holen.
Schließlich sind sie diejenigen, die unser
Haus mit Leben füllen und ihm sein ganz
eigenes Wesen verleihen.
Unser Campus wird also KAT Akademie
Allgäu heißen. Darin enthalten ist unser akademischer Auftrag, das bedeutet die fachlich kompetente und nach modernstem
Standard realisierte Ausbildung der militärischen Lehrgangsteilnehmer. Doch auch unsere Verbundenheit mit dem Standort
ist ein essentieller Punkt. Von der Stadt Kaufbeuren, die wie kein anderer Ort mit der Geschichte der Flugsicherungsausbildung
der Bundeswehr verbunden ist, wurden wir mit offenen Armen empfangen und in allen Belangen unterstützt.
Zugegeben, der Name klingt vielleicht nicht super fancy, dafür aber bodenständig. Bodenständig und fleißig, so wie die
Allgäuer es sind. Ich wünsche mir, dass genau diese Eigenschaften sich auf unser Unternehmen übertragen. Mit viel Engagement
und Einsatz wollen wir den Lehrauftrag, den die Bundeswehr uns angetragen hat, weiter erfüllen. Wir sind glücklich
und stolz, als junge Firma am traditionellen Standort Kaufbeuren ein ganz besonderes Projekt geschaffen zu haben. Dieses
Projekt soll nun auch durch seinen Namen greifbar werden.
In diesem Sinne grüßt Sie
Ihr Joachim Keck
Geschäftsführer Kaufbeuren ATM Training GmbH
26
Foto// Alexander Bernhard