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Heft 276

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Reicht das für einen Handball-Boom?<br />

Was dieser 4. Platz wirklich wert ist<br />

Ja, wir wollten Weltmeister werden. Es hat<br />

nicht ganz gereicht. Auch, weil Norwegen im<br />

Halbfinale (25:31) einfach besser war. Im Spiel<br />

um Platz 3 hat Rekordweltmeister Frankreich<br />

in letzter Minute seine Chance zum 26:25-<br />

Sieg genutzt und uns Bronze weg geschnappt.<br />

Trotzdem, die vergangenen 18 Tage<br />

liefen wie im Rausch. Deutschland war Handball,<br />

fieberte seit dem 10. Januar mit unseren<br />

harten Kerlen. Die WM setzte Maßstäbe.<br />

Begeisterung: Das Halbfinale gegen Norwegen<br />

verfolgten 11,91 Mio Zuschauer am TV-<br />

Bildschirm (35 % Marktanteil). Die WM war<br />

für ARD und ZDF reine Festspiele. Außer Fußball<br />

schafft keine andere Mannschafts-Sportart<br />

auch nur annähernd ähnliche Werte. Wir<br />

sind ein Handball-Land – zumindest wenn<br />

Deutschland spielt.<br />

Sympathie: Total tätowierte, gegelte und<br />

ferngesteuerte Profis mit fünf Lamborghini<br />

sucht man im Handball vergeblich. Volksnah,<br />

kämpferisch und ehrlich sind die Attribute<br />

unserer WM-Helden. Kapitän Uwe Gensheimer<br />

(32) & Co. freuen sich, Autogramme<br />

schreiben zu dürfen, machen mit einem Lächeln<br />

auch Selfies. Sie kämpfen füreinander<br />

– auch, wenn es weh tut. Wie Hendrik Pekeler<br />

(Zerrung des Brustmuskels) und Steffen<br />

Fäth (Adduktorenzerrung), die im Spiel um<br />

Platz drei auf die Zähne gebissen haben. Ex-<br />

Bundestrainer Heiner Brand (66), Weltmeister<br />

2007 in BamS: „Es war eine tolle Veranstaltung<br />

mit viel Begeisterung für den Handball.<br />

Damit wurde ein großes Ziel erreicht –<br />

und das hängt vor allem mit dem positiven<br />

Auftreten der Mannschaft zusammen.“<br />

Typen: Silvio Heinevetter (34) kannten selbst<br />

Handball-Muffel schon vor der WM. Auch ein<br />

bisschen wegen seiner Lebensgefährtin,<br />

Schauspielerin Simone Thomalla (53). Und<br />

Andreas Wolff (27) ist seit der EM 2016 ein<br />

Gesicht. Aber kannten sie z.B. „Bamm-<br />

Bamm“? Patrick Wiencek (29), unser blonder<br />

Abwehr-Brocken. Bamm-Bamm ist Deutschlands<br />

neuer Liebling.<br />

Fans: Volle Arenen in Deutschland. Die gemeinsame<br />

Weltmeisterschaft mit Dänemark<br />

war ein Spektakel, das neue Maßstäbe setzte.<br />

Mit 900.000 Zuschauern wurde der Weltrekord<br />

von 2007 (750.000) pulverisiert. Mehr<br />

noch: Die WM zeigte, dass Deutschland stolz<br />

ist, seine Helden zu huldigen. Mit voller Kehle<br />

wurde die Nationalhymne gesungen. Das<br />

kennt man sonst nur von den stolzen Franzosen<br />

oder Dänen.<br />

Bundestrainer: Die WM sah einen Prokop<br />

2.0! Vor 12 Monaten war Christian Prokop (40)<br />

nach dem EM-Debakel das Feindbild, der Ball-<br />

Buhmann. Mit 5-Jahres-Vertrag (2022) ausgestattet,<br />

für 400.000 Euro bei Leipzig rausgekauft,<br />

floppte die Premiere. Prokop verhaspelte<br />

sich, wirkte unsicher, gereizt, überfordert.<br />

2019 der neue, sympathische Prokop. Er<br />

holte sich einen Sportpsychologen und Ex-Hockey-Nationaltrainer<br />

Bernhard Peters als Berater.<br />

DHB-Präsident Andreas Michelmann:<br />

„Christian hat die Chance genutzt, sich selbst<br />

hinterfragt, sich selbst reflektiert. Ich kann<br />

nur sagen, auch den Schlaubergern, die unsere<br />

Köpfe auch schon abschneiden wollten:<br />

Wir haben mit dem 5-Jahres-Vertrag alles richtig<br />

gemacht.“<br />

Zukunft: Das „unverhandelbare Ziel“ (DHB-<br />

Vize Bob Hanning) ist Olympia-Gold 2020. Die<br />

Quali-Turniere für Tokio sind im Frühjahr 2020,<br />

Deutschland wird ein Ausrichter sein. Unser<br />

Team könnte dann anders aussehen. Julius<br />

Kühn (25/Kreuzbandriss) kehrt zurück. Sebastian<br />

Heymann (20), Marian Michalczik (21)<br />

und Johannes Golla (21) machen Druck. Der<br />

DHB hofft auf einen Boom. Ist das realistisch<br />

oder wird die Begeisterung wieder verpuffen<br />

wie nach dem Heim-WM-Sieg 2007? Heiner<br />

Brand fordert: „Es gibt inzwischen hauptamtliche<br />

Strukturen im Verband. Leute kümmern<br />

sich. Es müssen Lehrpläne in der Schule<br />

anders gestaltet werden. Dass die Ministerien<br />

da was anders machen, ist relativ schwierig.<br />

Wir kennen die Mentalität vieler Lehrer,<br />

die Handball als einen Sport mit zu viel Körperkontakt<br />

ansehen.

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