DIE BÜRGSCHAFT
INKLUSIVES THEATER NACH FRIEDRICH SCHILLER
INKLUSIVES THEATER NACH FRIEDRICH SCHILLER
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<strong>DIE</strong><br />
INKLUSIVES THEATER<br />
NACH FRIEDRICH VON SCHILLER<br />
<strong>BÜRGSCHAFT</strong>
UND IST ES ZU SPÄT, UND KANN ICH IHM NICHT,<br />
EIN RETTER, WILLKOMMEN ERSCHEINEN,<br />
SO SOLL MICH DER TOD IHM VEREINEN.<br />
Das Volk wird von einem grausamen und kaltblütigen<br />
König regiert. Zwei Freunde beschließen, das Volk zu<br />
befreien und gegen diesen König vorzugehen.<br />
Als Damon sich mit dem Dolch an den König heranschleicht,<br />
wird er erwischt. Ihm droht nun der Tod. Er<br />
hat aber noch eine Bitte an den König: Er bittet den<br />
König ihm drei Tage zu schenken, damit er noch zur<br />
Hochzeit seiner Schwester reisen kann. Der Freund<br />
soll dem König als Pfand dableiben, so dass er sterben<br />
muss, falls Damon nicht rechtzeitig kommt. Der<br />
Freund willigt vertrauensvoll ein.<br />
Auf Damons Rückweg allerdings stellt sich ihm ein<br />
Hindernis nach dem anderen in den Weg und die<br />
geschenkte Zeit zerinnt. Er kämpft sich tapfer durch<br />
alle schwierigen Situationen, um seinen Freund vor<br />
dem Tod zu bewahren.<br />
„Die Bürgschaft“ ist die achte inklusive Theaterproduktion<br />
an den Wuppertaler Bühnen. Zum ersten Mal findet<br />
sie als Kooperation mit der „Glanzstoff – Akademie<br />
der inklusiven Künste e. V.“ und dem Verein „Mit-Menschen<br />
Wuppertal e. V. Verein für Menschen mit Behinderung“<br />
statt.<br />
Die Schauspielerinnen und Schauspieler der inklusiven<br />
Theatergruppe spürten in ihrer Probenarbeit den Themen<br />
um Freundschaft, Liebe und Treue nach und stellten<br />
zur Diskussion, wie wichtig diese Begriffe für sie<br />
sind, wo sie sie als wahrhaftig erleben und wo sie als<br />
versöhnliche Floskeln entlarvt werden.<br />
Welchen Wert legen wir diesen großen Gefühlen und<br />
dem damit einhergehenden Versprechen zur Verbindlichkeit<br />
bei? Was sind wir bereit für Freundschaft, Liebe<br />
und Treue zu geben? Was erwarten wir von uns und<br />
von Anderen?<br />
RANDY ANDRESS<br />
VOLK, STURM, TRAU ZEUGE, AMME, BAUM<br />
ALINE BLUM<br />
FREUND, STURM<br />
WOLF <strong>DIE</strong>TRICH<br />
VOLK, FREUNDE, BRAUTVATER, RÄUBER<br />
CHRISTIANE GRIEBE<br />
VOLK, BLUMENMÄDCHEN, STURM, RÄUBERIN<br />
IVONNE HÄNICHE<br />
VOLK, FREUNDE, TRAUZEUGE, STURMTUCH, BAUM<br />
MARKUS HÖLLER<br />
REGIE UND AUSSTATTUNG<br />
SABRINA KAMINSKI<br />
REGIEASSISTENZ<br />
THERESIA FURTH<br />
DRAMATURGIE<br />
SARA-JO PETIG<br />
PROJEKTKOORDINATION<br />
DIRK MERTINAT<br />
KÖNIG<br />
ANNETTE NÁDAS<br />
VOLK, FREUNDE, STURM, BAUM, PHILOSTRATUS<br />
CHRISTIAN PAUL<br />
VOLK, FREUNDE KELLNER, STURM, RÄUBER<br />
MONIKA PLEIN<br />
VOLK, FREUNDE, BRAUTVATER, REGEN, BAUM<br />
MERLIN ROEMER<br />
VOLK, FREUNDE, BRÄUTIGAM, BRÜCKE, RÄUBER<br />
BIRGIT BECKER<br />
PRODUKTIONSKOORDINATORIN<br />
MATTHIAS KILGER<br />
WERKSTATT-KOORDINATION<br />
FREDY DEISENROTH<br />
BELEUCHTUNG<br />
GERHARD PFAHL<br />
BÜHNENMEISTER<br />
ROXANA SCHREIBER<br />
VOLK, FREUNDE, STURM, QUELLE, BAUM<br />
JASON DE SCHREVEL<br />
DAMON<br />
WIEBKE SCHULZ<br />
VOLK, FREUNDE, BRAUTMUTTER, DONNER,<br />
BAUM<br />
GUDRUN WINKLER<br />
VOLK, FREUNDE, BRAUTMUTTER, WIND, BAUM<br />
LISA VON BLUMENTHAL<br />
HERREN-GEWANDMEISTERIN<br />
MARKUS MOSER<br />
LEITUNG MASKE<br />
THOMAS DICKMEIS<br />
LEITUNG TONABTEILUNG<br />
MORITZ REUSS<br />
REQUISITE<br />
MARIO ENGELMANN<br />
TECHNISCHER DIREKTOR<br />
PETRA LEIDNER<br />
DAMEN-GEWANDMEISTERIN
meine Damen und Herren<br />
Politik bedeutet, und davon sollte man<br />
ausgehen, das ist doch, ohne darum<br />
herum zu reden, in Anbetracht der<br />
Situation, in der wir uns befinden...
Applaus!<br />
Anhimmeln!<br />
Applaus!<br />
Jubeln!<br />
Demut!<br />
Jubeln!<br />
Applaus!<br />
Jubeln!
was willst du mit<br />
dem Dolche sprich<br />
die Stadt vom Tyrannen befreien
das sollst am Kreuz du bereuen
ich lasse den Freund dir als<br />
Bürgen
ich<br />
bitte<br />
dich<br />
um<br />
drei<br />
Tage<br />
Zeit<br />
bis<br />
ich<br />
die<br />
Schwester<br />
dem<br />
Gatten<br />
gefreit
Geld!<br />
Geld!<br />
Geld!<br />
Geld!
halt<br />
ich bin wieder da<br />
er ist der Bürge<br />
nehmt mich
itte lasst mich sein in eurem Bund<br />
der Dritte
<strong>DIE</strong> <strong>BÜRGSCHAFT</strong><br />
FRIEDRICH VON SCHILLER<br />
IMPRESSUM<br />
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich<br />
Damon, den Dolch im Gewande:<br />
Ihn schlugen die Häscher in Bande,<br />
„Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!“<br />
Entgegnet ihm finster der Wüterich.<br />
„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“<br />
„Das sollst du am Kreuze bereuen.“<br />
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund<br />
Und liefert sich aus dem Tyrannen;<br />
Der andere ziehet von dannen.<br />
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,<br />
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,<br />
Eilt heim mit sorgender Seele,<br />
Damit er die Frist nicht verfehle.<br />
Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,<br />
Und Welle auf Welle zerrinnet,<br />
Und Stunde an Stunde entrinnet.<br />
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut<br />
Und wirft sich hinein in die brausende Flut<br />
Und teilt mit gewaltigen Armen<br />
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.<br />
Und horch! da sprudelt es silberhell,<br />
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,<br />
Und stille hält er, zu lauschen;<br />
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,<br />
Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,<br />
Und freudig bückt er sich nieder<br />
Und erfrischet die brennenden Glieder.<br />
„Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht,<br />
Ein Retter, willkommen erscheinen,<br />
So soll mich der Tod ihm vereinen.<br />
Des rühme der blut‘ge Tyrann sich nicht,<br />
Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,<br />
Er schlachte der Opfer zweie<br />
Und glaube an Liebe und Treue!“<br />
HERAUSGEBER<br />
GLANZSTOFF, Akademie der inklusiven Künste e. V.<br />
Schreinerstraße 16, 42105 Wuppertal<br />
www.wirsindglanzstoff.de<br />
Die Akademie für inklusive Künste e. V. ist ein gemeinnütziger<br />
Verein. Wir freuen uns über Fördermitgliedschaften.<br />
„Ich bin“, spricht jener, „zu sterben bereit<br />
Und bitte nicht um mein Leben:<br />
Doch willst du Gnade mir geben,<br />
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,<br />
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;<br />
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,<br />
Ihn magst du, entrinn‘ ich, erwürgen.“<br />
Da lächelt der König mit arger List<br />
Und spricht nach kurzem Bedenken:<br />
„Drei Tage will ich dir schenken;<br />
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,<br />
Eh‘ du zurück mir gegeben bist,<br />
So muß er statt deiner erblassen,<br />
Doch dir ist die Strafe erlassen.“<br />
Da gießt unendlicher Regen herab,<br />
Von den Bergen stürzen die Quellen,<br />
Und die Bäche, die Ströme schwellen.<br />
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,<br />
Da reißet die Brücke der Strudel hinab,<br />
Und donnernd sprengen die Wogen<br />
Des Gewölbes krachenden Bogen.<br />
Und trostlos irrt er an Ufers Rand:<br />
Wie weit er auch spähet und blicket<br />
Und die Stimme, die rufende, schicket.<br />
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,<br />
Der ihn setze an das gewünschte Land,<br />
Kein Schiffer lenket die Fähre,<br />
Und der wilde Strom wird zum Meere.<br />
Und gewinnt das Ufer und eilet fort<br />
Und danket dem rettenden Gotte;<br />
Da stürzet die raubende Rotte<br />
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,<br />
Den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord<br />
Und hemmet des Wanderers Eile<br />
Mit drohend geschwungener Keule.<br />
„Was wollt ihr?“ ruft er vor Schrecken bleich,<br />
„Ich habe nichts als mein Leben,<br />
Das muß ich dem Könige geben!“<br />
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:<br />
„Um des Freundes willen erbarmet euch!“<br />
Und drei mit gewaltigen Streichen<br />
Erlegt er, die andern entweichen.<br />
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün<br />
Und malt auf den glänzenden Matten<br />
Der Bäume gigantische Schatten;<br />
Und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,<br />
Will eilenden Laufes vorüber fliehn,<br />
Da hört er die Worte sie sagen:<br />
„Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen.“<br />
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,<br />
Ihn jagen der Sorge Qualen;<br />
Da schimmern in Abendrots Strahlen<br />
Von ferne die Zinnen von Syrakus,<br />
Und entgegen kommt ihm Philostratus,<br />
Des Hauses redlicher Hüter,<br />
Der erkennet entsetzt den Gebieter:<br />
Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor,<br />
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,<br />
Das die Menge gaffend umstehet;<br />
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,<br />
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:<br />
„Mich, Henker“, ruft er, „erwürget!<br />
Da bin ich, für den er gebürget!“<br />
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,<br />
In den Armen liegen sich beide<br />
Und weinen vor Schmerzen und Freude.<br />
Da sieht man kein Auge tränenleer,<br />
Und zum Könige bringt man die Wundermär‘;<br />
Der fühlt ein menschliches Rühren,<br />
Läßt schnell vor den Thron sie führen,<br />
INFORMATIONEN<br />
Gottfried Paul-Roemer<br />
paul-roemer@wirsindglanzstoff.de<br />
Telefon: 0202 – 758 00 90<br />
KONZEPTION UND GESTALTUNG<br />
roemer und höhmann strategisches design, Wuppertal<br />
www.roemerundhoehmann.de<br />
BILDTEXTE<br />
Das gesprochene Wort auf der Bühne,<br />
frei nach Friedrich von Schiller<br />
S. 6–7 Auszüge aus „Die Bundestagsrede“<br />
von Loriot (Vicco von Bülow)<br />
Und er kommt zum Freunde: „Der König gebeut,<br />
Daß ich am Kreuz mit dem Leben<br />
Bezahle das frevelnde Streben.<br />
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,<br />
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;<br />
So bleib du dem König zum Pfande,<br />
Bis ich komme zu lösen die Bande.“<br />
Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,<br />
Die Hände zum Zeus erhoben:<br />
„O hemme des Stromes Toben!<br />
Es eilen die Stunden, im Mittag steht<br />
Die Sonne, und wenn sie niedergeht<br />
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,<br />
So muß der Freund mir erbleichen.“<br />
Und die Sonne versendet glühenden Brand,<br />
Und von der unendlichen Mühe<br />
Ermattet sinken die Kniee.<br />
„O hast du mich gnädig aus Räubershand,<br />
Aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,<br />
Und soll hier verschmachtend verderben,<br />
Und der Freund mir, der liebende, sterben!“<br />
„Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,<br />
So rette das eigene Leben!<br />
Den Tod erleidet er eben.<br />
Von Stunde zu Stunde gewartet‘ er<br />
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,<br />
Ihm konnte den mutigen Glauben<br />
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben.“<br />
Und blicket sie lange verwundert an.<br />
Drauf spricht er: „Es ist euch gelungen,<br />
Ihr habt das Herz mir bezwungen;<br />
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn -<br />
So nehmet auch mich zum Genossen an:<br />
Ich sei, gewährt mir die Bitte,<br />
In eurem Bunde der Dritte!“<br />
FOTOS<br />
Uwe Schinkel, www.uweschinkel.de<br />
Susanne Berheide (S. 32–33)<br />
2. Auflage<br />
November 2015
<strong>DIE</strong> AUFFÜHRUNGEN „<strong>DIE</strong> <strong>BÜRGSCHAFT</strong>“ WURDEN IN KOOPERATION MIT DEN WUPPERTALER<br />
BÜHNEN UND SINFONIEORCHESTER GMBH SOWIE MIT-MENSCHEN WUPPERTAL, VEREIN FÜR<br />
MENSCHEN MIT BEHINDERUNG E. V. DURCHGEFÜHRT.<br />
UNTERSTÜTZT DURCH <strong>DIE</strong> JACKSTÄDT-STIFTUNG UND AKTION MENSCH.