06.03.2019 Aufrufe

PlotBook18 - Dokumentationsband des Storytelling Forums Plot18

Im September 2018 fand erstmals die Plot18 statt, ein interdisziplinäres Storytelling Forum für Marketing und Bewegtbild. Dieser Dokumentationsband fasst interessante Essays, Interviews und Hintergrundreports rund um den Event zusammen.

Im September 2018 fand erstmals die Plot18 statt, ein interdisziplinäres Storytelling Forum für Marketing und Bewegtbild. Dieser Dokumentationsband fasst interessante Essays, Interviews und Hintergrundreports rund um den Event zusammen.

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what the plot<br />

Marketing meets Film. Film meets Marketing.<br />

<strong>Dokumentationsband</strong> <strong>des</strong> <strong>Storytelling</strong> <strong>Forums</strong> <strong>Plot18</strong>


2


what the plot?<br />

Marketing braucht <strong>Storytelling</strong>, sagt Petra<br />

Sammer. Und wer kennt sich besser aus damit,<br />

als Regisseure und Autoren, sagt Gerhard Maier.<br />

Und genau darum geht es bei <strong>Plot18</strong>: einem<br />

Forum, auf dem die beiden Welten – Marketing<br />

und Film - aufeinander treffen.<br />

Dieses Plot Book dokumentiert Interviews, Essays<br />

und Diskussionsbeiträge rund um das<br />

interdisziplinäre Storyteling Forum <strong>Plot18</strong>, das am<br />

13. September 2018 erstmals in München<br />

stattfand.<br />

Aufgrund <strong>des</strong> großen Erfolges und<br />

herausragenden Feedbacks findet Plot auch 2019<br />

statt: am 6. September in München.<br />

Infos und Tickets unter: www.whattheplot.com<br />

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what the plot?<br />

Welche Stories stecken in diesem Plot-Book?<br />

Marketing meets Film. Film meets Marketing: Wo können<br />

Unternehmenskommunikatoren und Marketingprofis von Filmemachern<br />

lernen? Und warum sollten sich Filmleute mehr mit dem Unternehmensfilm<br />

auseinandersetzen. Warum geht’s nichts mehr ohne <strong>Storytelling</strong> und warum<br />

gewinnt visuelle Kommunikation so sehr an Bedeutung?<br />

<strong>Storytelling</strong> in der Praxis: Wie sieht gutes <strong>Storytelling</strong> aus? Wie kann Film<br />

agiler, flexibler, schneller und publikumsnäher werden? Welche kreativen<br />

Möglichkeiten haben Unternehmen und Marken, wenn es darum geht,<br />

Zielgruppen mit spannenden Geschichten zu packen? Und woher kommen<br />

eigentlich die guten Stories?<br />

Die Zukunft <strong>des</strong> <strong>Storytelling</strong>s: Kaum einer hört mehr zu. Kaum einer guckt<br />

mehr hin. Daher müssen sich Erzählformen verändern. Wer hat hierfür schon<br />

Erfolgsrezepte gefunden und was bringt die Zukunft?<br />

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Marketing meets Film.<br />

Film meets Marketing.<br />

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Marketing braucht frische<br />

Inspiration<br />

Ich gebe es zu. Ich bin auch eine von denen. Eine von diesen Kommunikationsberatern, die<br />

Marketing- und PR-Verantwortlichen seit Jahren rät, sich neuen Kommunikationsformaten<br />

und Techniken zu öffnen. Sich auf <strong>Storytelling</strong> einzulassen, zum Publisher zu werden und<br />

auf mehr Pull-, statt Push-Strategien zu setzen.<br />

Kling logisch. Logisch in einer Zeit, in der Marketing und Unternehmenskommunikation mit<br />

immer weniger Aufmerksamkeitsspanne bei der Zielgruppe rechnen können. Logisch, wo<br />

YouTube, Facebook und Co. einen Überfluss an Informationen bieten, die weder<br />

bewältigbar, noch glaubwürdig sind. Und wo Menschen sich mit Filter-Bubbles vor dem<br />

Content Schock schützen.<br />

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Nie war es so einfach<br />

Dringend sind also neue<br />

Kommunikationswege gefordert. Und die<br />

oben genannten Strategien – <strong>Storytelling</strong>,<br />

Publishing, Pull-Strategien - geben<br />

Hoffnung:<br />

Noch nie war es so einfach für<br />

Unternehmen, Inhalte selbst zu<br />

publizieren und in das Mediengeschäft<br />

miteinzusteigen. Wie Santander. Die<br />

spanische Bank produzierte einen<br />

15minütigen Science-Fiction-Film (siehe<br />

unten im Plot-Tipp) und sprach damit<br />

erstmals erfolgreich eine Generation an,<br />

die man eigentlich für das<br />

Bankengeschäft verloren sah. Mit Hilfe<br />

von <strong>Storytelling</strong> erzielte Santander die<br />

höchste Abschlussrate seit 160 Jahren<br />

und erreichte 35% seines<br />

Jahresgeschäftsziels in nur zwei Wochen.<br />

<strong>Storytelling</strong> etabliert sich als erfolgreiches<br />

Kommunikationsinstrument, besonders<br />

geeignet, um Zielgruppen der Generation<br />

Y und Z anzusprechen.<br />

Doch auch Deutschlands Journalisten<br />

fragen nach mehr Stories. Laut<br />

„Recherche 2018“, der aktuellen Umfrage<br />

von news aktuell, wünschen sich<br />

Journalisten von Pressestellen mehr<br />

<strong>Storytelling</strong> anstatt üblicher Produkt-<br />

Informationen (Das Whitepaper zur Studie<br />

gibt es hier).<br />

Kampagnendenke und dem guten, alten<br />

Marketingplan.<br />

Wir sagen „<strong>Storytelling</strong>“ und machen dann<br />

doch<br />

wieder<br />

„Ankündigungskommunikation“ – nur<br />

dieses Mal hübscher mit Bewegtbild.<br />

Wir propagieren Pull-Strategien,<br />

ignorieren aber was relevant ist fürs<br />

Publikum und inszenieren statt <strong>des</strong>sen<br />

weiterhin was relevant ist für<br />

Unternehmen und Marke.<br />

Wir plädieren für <strong>Storytelling</strong>, halten uns<br />

aber nicht an <strong>des</strong>sen wichtigste Regel:<br />

den Konflikt. Sondern präsentieren<br />

statt<strong>des</strong>sen sofort die Lösung.<br />

Dringend gesucht sind neue Methoden.<br />

Neue Techniken, Modelle und vor allem<br />

Inspirationsquellen sind dringend gesucht.<br />

Marketingprofis und Unternehmenssprecher<br />

wollen wissen, wo die Ideen für<br />

gute Geschichten herkommen. Sie fragen<br />

nach den Strukturen und Instrumenten<br />

guter Stories, die bei Zielgruppen<br />

Empathie und Gefühle auslösen. Und sie<br />

wollen wissen, wie Marketinginteressen in<br />

Stories eingebaut werden können, ohne<br />

die Immersion und den Genuss an der<br />

Geschichte zu zerstören. (ps)<br />

Doch wir haben eines<br />

übersehen …<br />

Doch bei all der Euphorie für diese neue<br />

Kommunikationswelt, haben wir eines<br />

übersehen: <strong>Storytelling</strong> funktioniert nicht<br />

mit alten Marketingrezepten. Laut<br />

proklamieren wir das Neue, aber hängen<br />

gleichzeitig an tradierten Mustern und<br />

vertrauen beharrlich auf altbewährte<br />

Mechanismen:<br />

Wir raten zum Publishing, und wollen<br />

doch nicht ablassen von der


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Karen Strauss ist der kreative Kopf hinter<br />

der internationalen PR-Agentur Ketchum.<br />

Sie ist Chief Global Strategy & Creativity<br />

Officer der kreativsten PR-Agentur<br />

weltweit. Keine andere Agentur vermag es<br />

mehr international mehr Kreativpreise zu<br />

holen als Ketchum. Und auch 2018 war<br />

Ketchum sehr erfolgreich. Auf dem<br />

Creativity Festival in Cannes, den Cannes<br />

Lions, holten Ketchum teams zusammen<br />

mit ihren Kunden insgesamt 30 Löwen.<br />

The 2-minute film we submit for each<br />

campaign is practically a work of art.<br />

As for our winning work…. Not<br />

surprisingly, campaigns that won all<br />

featured an element of storytelling. For<br />

non-profit client, The National Safety<br />

Council, we partnered with Energy BBDO<br />

to tell the stories of people who lost their<br />

lives to prescription opioid overdoses<br />

through a memorial we named Prescribed<br />

to Death.<br />

Im Interview:<br />

Karen Strauss<br />

Ein guter Anlass, Karen zu fragen:<br />

“What´s your secret?”<br />

Karen Strauss: >>There’s really no<br />

`secret` though there are certainly<br />

requirements for winning big in Cannes.<br />

#1 – Encourage your clients to do brave<br />

work and facilitate integrated agency<br />

collaboration so the final campaign is<br />

multi-disciplinary and far-reaching. Every<br />

campaign that wins represents the work of<br />

many agencies working well together.<br />

#2 – Spend time orienting clients to what<br />

a truly big, brave idea looks like. We at<br />

Ketchum curate our favorite work from<br />

Cannes each year and share it with our<br />

clients in the form of an inspiration<br />

session for marketers and<br />

communicators. This catalyzes creative<br />

thinking and aspirations.<br />

#3 – Make sure Cannes entries tell the<br />

story of the work with clarity and emotion.<br />

The stories of families devastated by the<br />

opioid epidemic in America proved<br />

devastating and conversation-worthy. The<br />

centerpiece of the work featured a wall of<br />

faces carved from pills, representing those<br />

who lost their lives to opioid misuse. For<br />

added drama, a machine carved a new<br />

face every 24 minutes – the rate at which<br />

people die from opioid ODs.<br />

For client Libresse in London, we<br />

partnered with AMV BBDO on a campaign<br />

called Blood Normal, that prominently<br />

featured period blood to help <strong>des</strong>tigmatize<br />

menstruation. Surprisingly, many girls feel<br />

ashamed about their periods.<br />

The campaign featured video vignettes<br />

that tackle period shame head-on: a<br />

young woman and her boyfriend have sex<br />

during that time of the month, women<br />

endure painful cramps and, most<br />

significantly, there's real blood.<br />

16


It appears on a pad, we see it trickling<br />

down the legs of a woman taking a<br />

shower. The key message: "Periods are<br />

normal. Showing them should be too.” >In all three cases, Ketchum tapped<br />

respected, independent directors to help<br />

us make documentaries that told our<br />

client’s stories without overt commercial<br />

messaging. This takes a leap of faith for<br />

clients, but ultimately works well when the<br />

goal is to change minds and win hearts.<br />

In the case of Farmland, our client faced<br />

negative chatter on social media from<br />

opponents who criticized animal welfare<br />

and food safety policies.<br />

Our solution was producing a featurelength<br />

film that told the stories of actual<br />

farmers and ranchers without any<br />

censorship – the director was free to<br />

explore and report how food is actually<br />

grown without any client intervention. With<br />

“This land is your land” as our soundtrack,<br />

the film was released like a major motion<br />

picture, screening in theaters and online<br />

channels, and shown at major film<br />

festivals. The result? A majority of<br />

opponents who watched the film felt<br />

increased trust in how food is grown and<br />

raised.<br />

17


For Haagen-Dazs, we were tasked with<br />

launching a new line of “artisanal” ice<br />

cream flavors, with the goal of convincing<br />

young consumers that the brand is<br />

authentically handmade, <strong>des</strong>pite having<br />

been acquired by Nestle.<br />

Instead of making a film all about Haagen-<br />

Dazs’s heritage, we hired Morgan<br />

Spurlock, a famous corporate<br />

whistleblower and filmmaker, to tell the<br />

stories of 3 artisans whose struggles and<br />

triumphs were real and captivating. The<br />

documentary was picked up by Amazon<br />

Prime, Delta, iTunes and Hulu, and the<br />

result for Haagen-Dazs was a spike in<br />

sales and increased awareness of the<br />

brand’s artisan roots: Crafted.<br />

struggle and triumph, we hired an<br />

Academy Award winning filmmaker to<br />

immerse viewers in the lives of four<br />

Olympic hopefuls from countries that had<br />

never won a medal before.<br />

With Samsung’s heritage of taking risks<br />

and fighting challenges, the film Fighting<br />

Chance echoed the company’s beliefs<br />

through stories of athletes from Lesotho,<br />

the Dominican Republic and the island of<br />

Vanuatu – all trying to make history. The<br />

film broke out of the Olympic clutter by<br />

airing at key festivals, on a brand Vimeo<br />

channel, and Samsung’s social and digital<br />

channels including YouTube and Twitter,<br />

generating millions of views and positive<br />

impressions.


How sustainable is <strong>Storytelling</strong>? Is it<br />

just a buzzword and a marketing hype -<br />

fading away soon? Or will <strong>Storytelling</strong><br />

stay for longer? What´s your opinion?<br />

>>How funny it is that the notion of<br />

storytelling was adopted and<br />

“professionalized” by the communications<br />

and marketing industries. <strong>Storytelling</strong> will<br />

never lose its relevance or power for<br />

conveying memorable and enduring<br />

messages.<br />

Brain science proves that a wellconstructed<br />

narrative can change<br />

attitu<strong>des</strong>, beliefs and behavior, and that<br />

character-driven stories deliver messages<br />

most memorably. Let’s face it – stories<br />

date back four thousand years. Even<br />

before the Old Testament or the Odyssey,<br />

the “Epic of Gilgamesh” was written on<br />

clay tablets and remains an enduring story<br />

of peril and wisdom, revealing<br />

Gilgamesh’s path to maturity; the benefits<br />

of civilization over savagery; and a fear of<br />

death – all salient themes in stories today.<br />

In the deafening din of content today, a<br />

successful story must sustain our<br />

attention through tension within the<br />

narrative and feature a character-driven<br />

dramatic arc in which struggle and triumph<br />

capture hearts and minds. This is how<br />

best to motivate, persuade and be<br />

remembered.>It goes without saying, the small screen<br />

on our mobile phones is where much of<br />

future storytelling will happen. A company<br />

to watch in this space is WndrCo New<br />

TV, a well-funded new mobile-video<br />

venture led by former DreamWorks<br />

Animation chief Jeffrey Katzenberg. We<br />

can expect phones to go from a portal for<br />

selfies to a portal for stories.<br />

19


new conversational storytelling platform<br />

that lets you creative conversational,<br />

interactive stories – transforming bots<br />

from tools to creative outlets the way<br />

YouTube did for video and Medium did for<br />

blogging.<br />

One good example of bots allowing you to<br />

interact is CYOA (choose your own<br />

adventures).<br />

To that end, podcasts have re-emerged as<br />

a strong storytelling medium, with<br />

listenership way up. Take a look at the<br />

collaboration between Gimlet and eBay to<br />

created their co-branded podcast, “Open<br />

for Business” which manages to tell<br />

authentic, subtly branded stories.<br />

My favorite example of interactive<br />

storytelling from the Cannes Lions 2018<br />

this year was a film called Corazon – Give<br />

Your Heart, produced to increase heart<br />

donations in New York for Montefiore<br />

Hospital. The film told the true story of a<br />

sex worker whose heart is dying, and her<br />

only hope was from a cardiologist at<br />

Montefiore Hospital. Moved by the story,<br />

viewers were prompted to become organ<br />

donors by pressing their mobile phones to<br />

their hearts, and with interactive mobile<br />

technology, could register immediately to<br />

become an organ donor, which hundreds<br />

of New Yorkers did as a result.


21


„<strong>Storytelling</strong> on a roll“ – nicht nur Karen<br />

Strauss war Fan <strong>des</strong> Plot-Toilettenpapiers.<br />

22


<strong>Plot18</strong> verpasst?<br />

Keine Sorge.<br />

Plot kommt wieder.<br />

Am 6. September 2019.<br />

Infos und Tickets zu Plot19:<br />

whattheplot.com<br />

23


Lichtblick für die PR: Marken<br />

werden zu Filmproduzenten<br />

Einfach wegklicken… egal ob Generation<br />

X, Y oder Z, durch alle Generationen<br />

hindurch zieht sich eine Werbemüdigkeit.<br />

Kein Wunder, denn auf Webseiten ploppt<br />

und blinkt es, wischt und zischt es.<br />

Datenschutzmeldungen fordern oks ein,<br />

Gewinnspiele betteln um Kontaktdaten,<br />

Produkte winken virtuell und wollen<br />

hektisch gekauft werden. Und Videos<br />

können nur angesehen werden, wenn …<br />

4, 3, 2, 1 … warten Sie bis …. Sekunden<br />

werden zur Ewigkeit.<br />

Besonders ungeduldig ist Gen Z. Die klickt<br />

laut AdReaktion-Studie drei Sekunden<br />

schneller weg als Gen Y oder X. Einig<br />

sind sich aber alle: Hinschauen mag kaum<br />

einer mehr.<br />

Marken – die neuen<br />

Filmstudios<br />

Marketing und Unternehmenskommunikation<br />

sind händeringend auf der<br />

Suche nach Alternativen, um<br />

Aufmerksamkeit und Interesse von<br />

Kunden und Stakeholdern zurückzugewinnen.<br />

Ein Lösungsansatz kommt aus<br />

überraschender Ecke: aus Hollywood.<br />

Mehr und mehr Marken entdecken die<br />

Kraft von <strong>Storytelling</strong> und Bewegtbild. Und<br />

steigen ernsthaft in das Filmbusiness ein.<br />

24


Nein, nicht Product-Placement ist hier<br />

gemeint, das Schmuddelkind der<br />

Werbung der 80er, das Willy Bogner<br />

seinen Skifilm Fire & Ice ermöglichte und<br />

bei James Bond zur Grundausstattung<br />

gehört.<br />

Gemeint sind Filme wie The Gentleman’s<br />

Wager II mit Jude Law in der Hauptrolle,<br />

produziert von der Whiskeymarke Johnny<br />

Walker. Oder Prada’s Womens Tales,<br />

oder JetBlue’s Human<br />

Kinda. Jaguar, Samsung, Renaissance<br />

Hotels, American Girl, Cornetto – sie alle<br />

setzen auf Filme. Filme, die im Netz<br />

gezeigt werden, in Kinos und immer mehr<br />

auch auf Streamingplattformen wie Netflix,<br />

Amazon Prime Video, YouTube Red.<br />

Filme, die ein Millionenpublikum<br />

erreichen. Filme, die sich nicht an die<br />

übliche Planung und Finanzierung<br />

herkömmlicher Filmproduktionen halten.<br />

Filme, denen es gelingt, Kunden und<br />

Stakeholder minutenlang interessiert und<br />

engagiert zu halten. Filme, die inspirieren<br />

und motivieren.<br />

„Hört auf zu Betteln“<br />

Entscheidend für diesen Erfolg ist ein<br />

radikales Umdenken. Denn <strong>Storytelling</strong><br />

funktioniert anders. Anders als das<br />

Aufzählen von Produktfeatures und<br />

Ausloben von USPs. Wer gute<br />

Geschichten erzählen will, muss mehr<br />

können als nur das Produkt verstehen.<br />

Robert McKee, Autor der <strong>Storytelling</strong>-Bibel<br />

„Story“, formuliert es krass: „The classic<br />

advertising technique (…) has been<br />

bragging and promising.“ Erfolgreiche<br />

Marken haben, laut McKee, realisiert,<br />

dass Gen Y und Gen Z genug haben vom<br />

Betteln und Versprechen. Genug von „Wir<br />

sind die Größten, die Besten, die<br />

Neuesten, die Hippsten“.<br />

<strong>Storytelling</strong> ist die Kunst, Geschichten zu<br />

erzählen, die Menschen in den Mittelpunkt<br />

rücken und die diese tief emotional und<br />

relevant berühren. Die beworbenen<br />

Produkte und Marken haben einen Anteil<br />

an den Stories, aber sie spielen nicht die<br />

Hauptrolle.<br />

Lichtblick für Werbung und<br />

PR<br />

Ist diese neue Art der Kommunikation die<br />

Rettung für Werbung und PR – einer<br />

Industrie in der Krise, der es immer<br />

schwerer fällt, ihre Wirkungskraft und<br />

Relevanz unter Beweis zu stellen? Erste<br />

Zahlen und Ergebnisse sind<br />

vielversprechend. Intel und Toshiba<br />

konnten mit ihrer Filmserie Inside, The<br />

Beauty Inside und The Power Inside das<br />

Durchschnittsalter der Toshiba-Kunden<br />

von 62 auf 45 anheben.<br />

Die Hotelkette Marriott konnte mit den<br />

Filmstories Two Bellmen und French<br />

Kiss über 5 Millionen Zuschauer erreichen<br />

und mit Hilfe <strong>des</strong> passenden Angebots in<br />

nur 60 Tagen zusätzliche<br />

Hotelübernachtungen in Paris im Wert von<br />

US$ 500.000 verkaufen.<br />

25


Branded Content in 10<br />

Minuten. Gerne auch 40.<br />

Chief Creative Officer P.J. Pereira von<br />

Pereira & O’Dell sieht Branded<br />

Entertainment als Schlüsselaufgabe<br />

zukünftiger Marketing- und<br />

Unternehmenskommunikation. Allerdings<br />

unter einer Prämisse: “Any branded<br />

entertainment must have artistic integrity<br />

first, before brand integrity. (…) Not that<br />

the brand is not important. It is. They’re<br />

the ones funding it. But unless you are<br />

seriously commitment to the person who’s<br />

giving you the honor of watching what<br />

you’re doing, then it’s not going to work.”<br />

Bestes Beispiel: das 17-minütige Sci-Fi-<br />

Drama „Beyond Money“ der Santander<br />

Bank, zielgruppengerecht für eine junges<br />

Publikum, das wenig Interesse am<br />

Finanzwesen hat, dafür viel an Tech-<br />

Themen.<br />

Doch nicht nur Kurzfilme begeistern<br />

derzeit Kunden und Netzuser. Immer<br />

häufiger überzeugen auch Langformate.<br />

Zum Beispiel der Film Crafted. Regie führt<br />

der hochdekorierte Dokumentarfilmer<br />

Morgan Spurlock, Produzent ist die<br />

Eismarke Häagen-Dazs.<br />

Der 30-minütige Dokumentarfilm, zeigt in<br />

keiner Minute ein Produkt oder die Marke,<br />

feiert statt <strong>des</strong>sen die Magie und<br />

Faszination handgefertigter Dinge.<br />

Amazon Prime streamte den Film – ohne<br />

zusätzliche Werbeunterstützung. In den<br />

ersten sieben Tagen wurde Crafted über<br />

30.000 mal heruntergeladen.<br />

Ein Erfolg, der das Interesse weiterer<br />

Networks wie Hulu und iTunes weckte.<br />

Vier Filmfestivals bewarben sich um den<br />

Film. Ein Produktionsaufwand der sich<br />

auszahlte, denn Häagen-Dazs erzielte<br />

eine Media Covage von 433 Mio. und<br />

steigerte gleichzeitig Productsales und<br />

den Abverkauf in den eigenen Eisdielen.<br />

26


Auch Samsung setzt mehr und mehr auf<br />

Langformate – seit dem Erfolg <strong>des</strong><br />

Filmes A Fighting Chance zur<br />

Sommerolympiade in Rio. Die 40-minütige<br />

Dokumentation, die vier Olympioniken<br />

begleitet, die aus Ländern stammen, die<br />

noch nie eine Medaille gewonnen haben,<br />

begeisterte über 2 Mio. Zuschauer, über<br />

10 Mio. sahen den Trailer. Auch wenn die<br />

Helden aus A Fighting Chance nach Rio<br />

wieder ohne Medaille abreisen mussten,<br />

so stellte der Olympia-Sponsor Samsung<br />

unter Beweis, wie sehr man hinter der<br />

Grundidee der Spiele steht. Mit einer PR,<br />

die sich lohnt:<br />

Samsung generierte im Vergleich zu allen<br />

anderen Olympiasponsoren die meiste<br />

Berichterstattung – zu verzeichnen waren<br />

697 Mio. Media-Impressions allein zum<br />

Film.<br />

27


Moritz Meyer, lebt und arbeitet als freier<br />

Journalist und Videoredakteur in Köln. Er<br />

berichtet am liebsten über alles, was mit<br />

dem Digitalen Wandel zu tun hat.<br />

Als Burgenblogger lernte er 2016 den<br />

Mittelrhein kennen und lieben. Aktuell<br />

verfilmt er auf Youtube saarländisches<br />

Handwerk. Guckt viel zu viele Serien auf<br />

diversen Plattformen und muss <strong>des</strong>halb<br />

regelmäßig ab aufs Wasser und sein<br />

Kajak schwimmen lassen.<br />

Auf der <strong>Plot18</strong> sprach er über <strong>Storytelling</strong><br />

aus der Sicht <strong>des</strong> Journalisten.<br />

Das jetzt neudeutsch immer öfter vom<br />

<strong>Storytelling</strong> gesprochen wird, ist ein<br />

bisschen Buzzwordbingo. Am Ende<br />

beschreibt es nur das, was Journalisten<br />

schon immer getan haben: Gute<br />

Geschichten erzählen. Und damit<br />

informieren. > Wenn Journalisten über<br />

ein Thema berichten, heißt es oft “Das ist<br />

eine Geschichte.” Im Volontariat hieß es<br />

dann von älteren Kollegen manchmal<br />

streng: “Wir schreiben keine Geschichten.<br />

Wir berichten über Fakten.”<br />

Als Erinnerung daran, dass wir<br />

Journalisten keine Märchenerzähler oder<br />

Poeten sein sollen, sondern eine<br />

Verantwortung haben, Menschen zu<br />

informieren. Jetzt kommt das aber: Auch<br />

Informationen vermittelt man eben doch<br />

am besten mit den klassischen Elementen<br />

einer Geschichte: Es gibt einen<br />

Protagonisten oder eine Protagonistin,<br />

einen Konflikt, der Spannung erzeugt und<br />

am Ende eine Auflösung <strong>des</strong> Ganzen.<br />

Aber hat dies nicht auch großen<br />

Einfluss auf die Geschichten, die<br />

erzählt werden. Bekommen nur noch<br />

Stories Aufmerksamkeit und<br />

Beachtung, die tolle Bilder liefern?<br />

>> Das Visuelle ist natürlich nicht mehr<br />

wegzudenken. Eine tolle Geschichte<br />

beinhaltet im Idealfall immer gute Bilder.<br />

Manchmal sind die Bilder selbst<br />

Geschichte genug. Aber die Kraft von Text<br />

sollte man nicht unterschätzen. Nie wurde<br />

so viel geschrieben wie heute. In Blogs, in<br />

Magazinen, in Foren, in Sozialen<br />

Netzwerken und übrigens oft in<br />

Kombination mit Bildern. Insbesondere die<br />

neuen Story-Formate auf Instagram oder<br />

Snapchat, Gifs oder Memes entfalten ihre<br />

Wirkung erst in der Kombination von Bild<br />

und Text. Das eine kommt nicht ohne das<br />

andere aus.


YouTube wird zu einer immer<br />

wichtigeren Informationsplattform.<br />

Auch viele deiner Arbeiten sind dort zu<br />

sehen und doch siehst du YouTube<br />

kritisch. Auf dem Barcamp der<br />

Süddeutschen Zeitung hast du sogar<br />

von der „Apokalypse YouTube“<br />

gesprochen. Warum dieser<br />

Pessimismus?<br />

>> Ich bin nicht pessimistisch, was<br />

Youtube angeht. Ich würde sogar sagen,<br />

es gab nie so viel tollen, informativen und<br />

sehenswerten Content auf Youtube wie<br />

heute. Dem gegenüber steht aber eine<br />

gigantische Masse an Trash-Inhalten. Der<br />

Algorithmus von Youtube belohnt vor<br />

allem, wenn sehr schnell sehr viele<br />

Zuschauer ein Video sehr lange<br />

angucken. Und das funktioniert natürlich<br />

mit billig und schnell produziertem<br />

Schrott-Content, der mit Clickbaiting-<br />

Methoden sehr junge Zuschauer zum<br />

Anschauen verleitet. Das ist manchmal<br />

nur zum Fremdschämen peinlich, wenn<br />

sich Akteure in Fastfood wälzen oder mit<br />

Schleim übergießen.<br />

Und es wird gefährlich, wenn auf Youtube<br />

unwidersprochen Verschwörungstheorien<br />

und Hass-Inhalte verbreitet werden,<br />

einfach nur weil sie gut geklickt werden.<br />

Zum Glück hat Youtube begonnen, erste<br />

Maßnahmen dagegen einzuleiten. > Im Moment beschäftige ich mich sehr<br />

viel damit, wie Unternehmen und Start-<br />

Ups digitale Produkte wie zum Beispiel<br />

Apps entwickeln. Interessanterweise ist<br />

da auch oft die Rede von User Stories.<br />

Nur verstehen Produktentwickler darunter<br />

etwas völlig anderes als wir<br />

Medienmacher.<br />

Wir wollen eine gute Geschichte erzählen.<br />

Und oft sind wir frustriert, wenn die Nutzer<br />

oder Leser unsere tolle, berührende<br />

Geschichte, an der wir wochenlang<br />

recherchiert haben, kaum beachten.<br />

Entwickler gehen ganz anders an ihr<br />

Produkt ran. Sie fragen nicht, wie gut ist<br />

die Geschichte, sondern: Welches<br />

Problem lösen wir eigentlich? Diesen<br />

Ansatz finde ich sehr spannend. Ich<br />

glaube, es würde Medienschaffenden sehr<br />

helfen, wenn sie mehr die Perspektive<br />

ihrer Leser und Nutzer einnehmen und<br />

sich fragen, wie sie diesen mit ihren<br />

Geschichten helfen können, ihren Alltag<br />

zu bewältigen.


Was Filmemacher bei<br />

Unternehmen fürchten?<br />

… oder fürchten Filmemacher<br />

Unternehmen überhaupt? Die Antwort<br />

muss wohl „Ja“ lauten, geschuldet den<br />

unterschiedlichen Motivationen beider.<br />

Der Filmemacher versteht sich als<br />

audiovisueller Geschichtenerzähler. Ist er<br />

auch Autor, packt er die pure Essenz<br />

seiner Geschichte in Bild und Ton. Arbeitet<br />

er mit der Geschichte eines anderen,<br />

übersetzt er <strong>des</strong>sen Vision in Bilder und<br />

Töne.<br />

Das Unternehmen – egal ob Auftraggeber<br />

eines Werbefilms oder Produktionsfirma –<br />

hat wenig Interesse am<br />

Entstehungsprozess. Im Fokus steht das<br />

fertige Produkt und <strong>des</strong>sen<br />

Gewinnmaximierung. Die Geschichte ist<br />

entweder direkter ökonomischer Faktor für<br />

Produktion und Vertrieb. Oder indirekt,<br />

wenn die Geschichte als<br />

Marketingwerkzeug dienen soll. Eine<br />

Unterscheidung in Motivationen, die<br />

gepaart sind mit asymmetrischer<br />

Machtverteilung zwischen beiden Seiten,<br />

kann zu Verstimmungen führen. Doch was<br />

genau fürchten beide Seiten eigentlich?<br />

Die folgenden Punkte sollen da einen<br />

Denkanstoß geben:<br />

Geschichte ist nicht das Ziel,<br />

sondern die Basis<br />

Ein fundamentaler Punkt ist die Frage<br />

nach dem Kern. Denn eine Geschichte ist<br />

in den meisten Fällen nicht der<br />

Selbstzweck eines Films, Geschichte ist<br />

der Ausgangspunkt. Was ist damit<br />

gemeint? Dies lässt sich am Verhältnis<br />

zwischen Autor und Regisseur<br />

veranschaulichen. Aufgabe <strong>des</strong> Autors ist<br />

es, eine Welt zu erschaffen. Eine Welt, die<br />

anschließend vom Regisseur interpretiert,<br />

ausgestaltet und umgesetzt wird. Die<br />

Geschichte ist somit nicht höchste Instanz<br />

<strong>des</strong> Schaffensprozesses, der fertige Film<br />

als eine Kombination aus Geschichte und<br />

deren in mannigfaltigen Faktoren zum<br />

Ausdruck gebrachten Adaption ist es.<br />

Was zu Missverständnissen führen kann:<br />

Auch wenn die Geschichte vergleichsweise<br />

leicht zu produzieren ist – man<br />

braucht Papier, Vorstellungskraft und Zeit<br />

– so ist sie das Objekt, das Investoren<br />

und andere Ermöglicher in Bann schlägt.<br />

Sie bleibt aber nur Ausgangspunkt, ist<br />

nicht Endprodukt. Ein kleiner, aber feiner<br />

Unterschied.<br />

Gute Geschichten entstehen<br />

nicht aus Formeln<br />

Und hier kommt das nächste<br />

Verständigungsproblem zwischen Filmemacher<br />

und Unternehmen: Was macht<br />

eine gute Geschichte aus? Zwei<br />

Herausforderungen ergeben sich, die eng<br />

miteinander verknüpft sind.<br />

Zum einen sind da die vereinheitlichenden<br />

Formeln, die auf vermeintlich universelle,<br />

30


letztlich jedoch nur unzureichend<br />

anwendbare und überholte Erzählsysteme<br />

bauen – Stichwort: Heldenreise.<br />

Der Hinweis eines Auftraggebers, egal ob<br />

aus Wirtschaft oder Filmbranche, man<br />

möge „etwas was genau so ist wie X“,<br />

ohne sich mit den dahinterliegenden<br />

Mechanismen von <strong>Storytelling</strong> zu<br />

beschäftigen, führt zu falschen<br />

Erwartungshaltungen, was die filmisch<br />

erzählte Geschichte leisten kann.<br />

Die alleinige Konzentration auf das<br />

gewünschte Endprodukt, ohne den Blick<br />

für die Entstehungsfaktoren der<br />

Geschichte zu schärfen, kann zu<br />

grundverschiedenen Auffassungen von<br />

Kreativ- und Produktionsprozessen<br />

führen.<br />

Gute Geschichten müssen<br />

gefunden werden<br />

Was wiederum zum nächsten<br />

Reibungspunkt führt: Ein<br />

unterschiedliches Verständnis darüber,<br />

was eine gute Geschichte ist. Dass gute<br />

Geschichten erst gefunden werden<br />

müssen und sehr unterschiedliche<br />

Auffassungen darüber bestehen, was eine<br />

gute Geschichte ist, mag eine<br />

offensichtliche Weisheit sein.<br />

beginnen kann: In dem man einer Vision<br />

(nicht einer Geschichte!) traut, sich Zeit<br />

und Ressourcen nimmt, das tieferliegende<br />

Thema dieser Vision herauszuarbeiten<br />

und zu verfeinern, um daraus eine eigene<br />

Welt zu bauen. Die gesuchte Geschichte<br />

findet sich im Idealfall in den Bildern<br />

dieser Welt.<br />

Ein Beispiel hierfür sind nicht nur die<br />

Filme von Steven Spielberg, Serien wie<br />

„Deadwood“, „Game Of Thrones“ oder<br />

„The Wire“. Perfekt bringt F. Scott<br />

Fitzgerald dies in „The Love Of The Last<br />

Tycoon“ auf den Punkt, wenn Produzent<br />

Monroe Stahr sich mit einem Autor<br />

unterhält:<br />

“Suppose you’re in your office. You’ve<br />

been fighting duels or writing all day and<br />

you’re too tired to fight or write any more.<br />

You’re sitting there staring—dull, like we<br />

all get sometimes. A pretty stenographer<br />

that you’ve seen before comes into the<br />

room and you watch her—idly. She<br />

doesn’t see you, though you’re very close<br />

to her. She takes off her gloves, opens<br />

her purse and dumps it out on a table—”<br />

Doch bereits die Zusammenarbeit von<br />

Autor und Filmemacher mit<br />

Produktionsfirmen, Sendern und<br />

Vertrieben, ganz zu schweigen von<br />

branchenfernen Unternehmen, wirft die<br />

Frage auf, wie und wo denn nun eine gute<br />

Geschichte zu finden sei. Eine einfache<br />

Antwort gibt es darauf wohl nicht, jedoch<br />

eine Reihe von Indizien, wie man<br />

31


Stahr stood up, tossing his key-ring on his<br />

<strong>des</strong>k. “She has two dimes and a nickle—<br />

and a cardboard match box.<br />

She leaves the nickle on the <strong>des</strong>k, puts<br />

the two dimes back into her purse and<br />

takes her black gloves to the stove, opens<br />

it and puts them inside. There is one<br />

match in the match box and she starts to<br />

light it kneeling by the stove. You notice<br />

that there’s a stiff wind blowing in the<br />

window—but just then your telephone<br />

rings. The girl picks it up, says hello—<br />

listens—and says deliberately into the<br />

phone ‘I’ve never owned a pair of black<br />

gloves in my life.’<br />

She hangs up, kneels by the stove again,<br />

and just as she lights the match you<br />

glance around very suddenly and see that<br />

there’s another man in the office, watching<br />

every move the girl makes—” Stahr<br />

paused. He picked up his keys and put<br />

them in his pocket. “Go on,” said Boxley<br />

smiling. “What happens?” “I don’t<br />

know,” said Stahr. “I was just making<br />

pictures.”<br />

Gute Geschichten sind nicht<br />

universell<br />

Was zu einem letzten und entscheidenden<br />

Punkt führt, der zu Missstimmung<br />

zwischen Filmmacher und Unternehmen<br />

führen kann: Gute Geschichten sind nicht<br />

für Jedermann gedacht. Es gibt immer<br />

Teile <strong>des</strong> Publikums, die ästhetische<br />

Abneigungen hegen, Elemente der<br />

Geschichte nicht mögen oder Teile der<br />

Geschichte schlicht nicht verstehen.<br />

Beispiele hierfür gibt es zahlreiche, selbst<br />

und gerade für vermeintlich höchst<br />

erfolgreiche Geschichten.<br />

Das Ziel eines Unternehmens mag es<br />

berechtigterweise sein, ein<br />

größtmögliches Publikum anzusprechen.<br />

Dass die Geschichten, die so entstehen,<br />

jedoch nicht unbedingt die besten sind,<br />

liegt auf der Hand.<br />

Der Versuch, eine Geschichte von Ecken<br />

und Kanten zu befreien, sie an alle<br />

Zielgruppengeschmäcker anzupassen und<br />

dabei niemanden auszuschließen, ist<br />

fatal.<br />

Aber doch gängige Praxis, die manchen<br />

Filmemacher bereits im Vorfeld<br />

abschreckt.<br />

Die Befürchtung, eine einmal gefundene,<br />

gute Geschichte der Wirkung zu<br />

berauben, in dem man sie möglichst<br />

gefällig gestaltet, schreckt viele Kreative.<br />

Die Angst vor einem durch ein<br />

Machtungleichgewicht der Beziehung<br />

aufgezwungenen Kompromiss, der zu<br />

Lasten der Geschichte geht, nicht zu<br />

Gunsten ihrer Wirkbreite, ist groß. Denn<br />

nur gute Geschichten überleben, der<br />

Friedhof der schlechten, da handzahmen<br />

und schnell vergessenen, wächst täglich<br />

weiter an. Ein Rat für Unternehmen zum<br />

Schluss: Lernt den Kreativen zu<br />

vertrauen. Nicht nur, wenn es darum geht<br />

ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen,<br />

sondern speziell dann, wenn es darum<br />

geht, die Feinheiten <strong>des</strong><br />

Entstehungsprozesses zu verstehen und<br />

durch ihn hindurch zu navigieren. (gm)<br />

32


Marc Oliver Voland, Associated Partner<br />

der Agentur Storymaker, sieht <strong>Storytelling</strong><br />

als zentrales Element effektiver<br />

Markenkommunikation. Er sieht die Core<br />

Story einer Marke als grundsätzliches<br />

Prinzip, das keinem Trend unterliegt. Doch<br />

passt dieses irgendwie amerikanische<br />

Konzept auch zu deutschen Marken?<br />

Marc Voland über die Deutschen und ihr<br />

Verhältnis zur Story.<br />

Verheißung einer universellen Story<br />

aufgebaut: „Jeder, der anpackt, kann es<br />

hier nach oben schaffen“.Genau das<br />

macht ja das Wesen von Stories aus. Sie<br />

handeln von Veränderungen – von „zero<br />

to hero“.<br />

Das bedeutet nicht, dass es nicht auch in<br />

Deutschland hervorragende Business-<br />

Storyteller gibt. Generell ist man hier aber<br />

eher vorsichtig. Deutsche Unternehmen<br />

wagen sich nur in Grenzen an spannende<br />

Im Interview:<br />

Marc Oliver Voland<br />

Georg Lucas investiert in L.A. für eine<br />

Milliarde Dollar in sein „Museum of<br />

Narrative Art“. Zu sehen sein werden<br />

Meta-Stories und Geschichten, die vor<br />

allem in den USA entwickelt wurden,<br />

aber weltweit Einfluss haben. Auch im<br />

Marketing kommen die<br />

einflussreichsten Kampagnen meist<br />

aus USA. Und traditionell holen<br />

amerikanische Werber die meisten<br />

Awards auf internationalen<br />

Kreativwettbewerben. Uns Deutschen<br />

liegt <strong>Storytelling</strong> wohl nicht im Blut?<br />

Marc Oliver Voland: >> Deutschland ist<br />

das Land der Ingenieure. Wir haben das<br />

Auto erfunden, aber nicht die<br />

Kommunikation dafür. Vielleicht ist es kein<br />

Zufall, dass sich die Deutschen vier Mal<br />

für eine Kanzlerin entschieden haben, die<br />

Physikerin ist. In den USA hingegen ist es<br />

kein Nachteil, wenn ein Präsident<br />

Erfahrungen im Show-Biz hat. Nicht zu<br />

vergessen… Amerika wurde auf der<br />

Erzählungen heran. Das Format der<br />

„Story“ ist wenig eingeübt. Das Format<br />

„Fakten“ hingegen schon. > Es gilt zu verstehen, dass <strong>Storytelling</strong><br />

erst der zweite Schritt ist. Bevor<br />

Unternehmen an den unterschiedlichsten<br />

Touchpoints – Medien, Webseite,<br />

Youtube-Kanal, Newsletter etc. – zu<br />

erzählen beginnen, sollte die Core Story,<br />

die Markenstory <strong>des</strong> Unternehmens,<br />

stehen. Erst dann lassen sich Storylines<br />

für die Kommunikation ableiten, die aus<br />

einem Guss sind. Im besten Fall zahlt<br />

jeder Kontakt auf die Core Story ein,<br />

ebenso wie das Corporate Design auf die<br />

Core Story einzahlt.<br />

33


Und diese Story sollte mehr bieten als:<br />

„Wir sind Marktführer“, „innovativ“,<br />

„sympathisch“, „auf Augenhöhe“ etc.<br />

Man muss tiefer graben, um den<br />

wirklichen Kern eines Unternehmens<br />

ausfindig zu machen.<br />

Bleibt man in der Analogie von Jonah<br />

Sachs, der vom Krieg der Stories spricht,<br />

dann ist die Core Story der General und<br />

die Stories an den Tochpoints sind die<br />

einzelnen Truppen. Wirkungsvolle<br />

Kommunikation braucht bei<strong>des</strong>. Ideen lassen sich hervorragend aus<br />

der Core Story ableiten. Der erste Teil <strong>des</strong><br />

Briefings sollte daher genau darauf<br />

abzielen: Wie lautet die Story <strong>des</strong><br />

34


35


36


<strong>Storytelling</strong> in der Praxis<br />

37


Unternehmenskommunikation ist<br />

nicht Hollywood. Oder doch?<br />

„Kunden, Geschäftspartner und<br />

Mitarbeiter merken sich Zahlen oder<br />

Bulletpoints nicht besonders gut. Aber an<br />

Geschichten können sich alle erinnern.“<br />

Das Zitat stammt nicht von einem der<br />

vielen <strong>Storytelling</strong>trainer, die derzeit auf<br />

dem Markt unterwegs sind. Es stammt<br />

von Alex Paufler, CEO und President von<br />

Merce<strong>des</strong>-Benz Thailand, der ein<br />

Teilnehmer dieser Seminare war.<br />

Allerdings keines gewöhnlichen Seminars.<br />

Paufler besuchte einen<br />

<strong>Storytelling</strong>workshop von niemand<br />

geringeren als Robert McKee, dem Autor<br />

<strong>des</strong> eintausend Seiten starken<br />

Fachbuches „Story“, der Bibel für<br />

Drehbuchautoren.<br />

Seit Jahrzehnten trainiert McKee<br />

Regisseure und Scriptwriter in Hollywood<br />

in der Kunst <strong>des</strong> perfekten Drehbuches.<br />

Über 60 Oscar-Gewinne und 200 Emmys<br />

gehen auf sein Coaching zurück. John<br />

Cleese besuchte seine Klasse drei Mal.<br />

Seit einiger Zeit jedoch ändert sich<br />

McKee´s Publikum, denn es pilgern<br />

CEOs, Unternehmenskommunikatoren<br />

und Marketingprofis in seine Workshops.<br />

Sie alle wollen in die Geheimnisse <strong>des</strong><br />

<strong>Storytelling</strong>s eingeweiht werden, um die<br />

Kunst <strong>des</strong> Geschichtenerzählens für ihre<br />

Geschäftszwecke zu nutzen.<br />

“The brands that are really<br />

succeeding are storytellers”<br />

Roisin Donnelly, lange Jahre<br />

Marketingdirektorin bei Procter & Gamble,<br />

verrät kein Geheimnis, wenn sie<br />

propagiert, dass <strong>Storytelling</strong> das neue<br />

Erfolgsrezept von Marketings und PR ist.<br />

Doch obwohl sich Werber und Public<br />

Relations Profis schon immer als<br />

„Storyteller“ bezeichneten, so versteht<br />

man heute unter <strong>Storytelling</strong> weit mehr<br />

den mediaoptimierten TV-Spot oder die<br />

gut recherchierte Pressemitteilung.<br />

38


Für Robert McKee sind dies alles nur<br />

Formen <strong>des</strong> „Bitten und Bettelns“, die<br />

einfach nicht mehr funktionieren. „The<br />

classic advertising technique, that literally<br />

goes back to Benjamin Franklin, has been<br />

bragging and promising. What (companies<br />

have to realize) that the Millennial<br />

generation and Generation Z (… is)<br />

annoyed by `We´re the biggest, we´re the<br />

best, we´re the shiniest, we´re the newest´<br />

(…) They find those claims doubtful at<br />

best.”<br />

McKee führt den aktuellen Erfolg von<br />

<strong>Storytelling</strong> nicht auf die neuen<br />

Möglichkeiten <strong>des</strong> Internets und den<br />

Siegeszug von Social Media zurück,<br />

sondern auf dem Konsum- und<br />

Informationsverhalten einer neuen<br />

Generation. Die Zeiten, wo Marken und<br />

Unternehmen mit ihrer Botschaft lauthals<br />

unterbrechen konnten, um sich selbst zu<br />

feiern, sind laut McKee vorbei.<br />

Daher plädiert er für eine neue Form <strong>des</strong><br />

<strong>Storytelling</strong>s – eine Form, die sich der<br />

Erfolgskonzepte der „Narrative Art“<br />

bedient, die nach den Regeln <strong>des</strong><br />

Romans und <strong>des</strong> Filmskripts arbeitet.<br />

Kompromisslos fordert er - und alle<br />

modernen Storyteller – Unternehmen und<br />

Marken auf, mehr Mut zu beweisen – Mut,<br />

zu dem bisher jedoch nur wenige bereit<br />

waren.<br />

Puh - Komplett umdenken?<br />

Es geht um den Mut, nicht selbst Held der<br />

Geschichte zu sein. Die besten<br />

Corporate-Stories präsentieren die eigene<br />

Marke nicht als zentralen Mittelpunkt der<br />

Story, sondern eher als Sidekick. Die<br />

Marke als Helfer und Freund, als Robin zu<br />

Batman. Oder als Mentor, als Obiwan für<br />

Luke Skywalker. Das sind heute weit<br />

erfolgreichere Konzept als bisherige<br />

Marketingmodelle, die die Marke als<br />

alleinige Identifikationsfläche präsentieren.<br />

<strong>Storytelling</strong> folgt der Prämisse: „People<br />

identify with people. Not with<br />

corporations.” so Storytellerin Lisa Fuoti<br />

(Free ebook). Schön zu sehen in einer<br />

Story der Allianz: Exploring Worlds Away.<br />

Mut erfordert auch die Problemfokussierung<br />

guter Geschichten.<br />

Geschichten lieben Probleme. Wer heute<br />

ins Kino geht, der sieht sich hundert<br />

Minuten Problem an. Es wird immer<br />

schlimmer und schlimmer für den Helden.<br />

Umgekehrt gehen wir aber nicht ins Kino,<br />

um hundert Minuten Lösung anzusehen.<br />

Das wäre einfach nur: langweilig. Genau<br />

das ist aber, was klassisches Marketing<br />

oder eine Pressmitteilung bieten.<br />

Schließlich ist es die Aufgabe von<br />

Marketeers, Lösungen anzupreisen. Und<br />

nicht Probleme zu thematisieren. Aber<br />

eben genau diese Probleme und<br />

Herausforderungen sind es, die eine<br />

Geschichte erst interessant und spannend<br />

machen.<br />

“You (…) do not want to tell a beginningto-end<br />

tale <strong>des</strong>cribing how results meet<br />

expectations. This is boring and banal.<br />

Instead, you want to display the struggle<br />

between expectation and reality in all its<br />

nastiness.” erläutert Robert McKee und<br />

hofft, dass Marketingprofis sich<br />

überzeugen lassen, einen Teil ihrer<br />

Geschichten auf die Darstellung <strong>des</strong><br />

Problemfalles zu verwenden. (ps)<br />

39


Philipp Lenner ist seit 20 Jahren<br />

Filmemacher und hat unzählige<br />

Imagefilme gemacht. Praxisfrage an<br />

den Profi: Wie unterscheidet sich der<br />

Imagefilm vor 20 Jahren mit dem, was<br />

wir heute in YouTube, Vimeo und auf<br />

Unternehmens-Webseiten sehen?<br />

Philpp Lenner: >> Vor 20 Jahren bin ich<br />

an ein Filmset gefahren und habe erstmal<br />

lange einen Parkplatz suchen müssen, da<br />

die 30 Teammitglieder mit ihren PWK und<br />

die ganzen Technik-LKWs alles zugeparkt<br />

haben.<br />

sollten.<br />

>> Fast jeder Kunde fragt am Anfang<br />

nach einem „Imagefilm“. Unsere Aufgabe<br />

als Filmemacher ist es dann, der Agentur<br />

oder dem Kunden so lange auf die Nerven<br />

zu gehen, bis klar ist, was wirklich unsere<br />

Aufgabe ist. Sollen wir ein Image<br />

aufbauen oder transportieren, dann<br />

sprechen auch wir gerne vom Imagefilm.<br />

Oft verbirgt sich hinter der Anfrage aber<br />

ein Produktfilm, ein HR-Film oder sogar<br />

nur die Begleitung eines Firmenevents.<br />

Jeder Film hat seine Berechtigung,<br />

Im Interview:<br />

Philipp Lenner<br />

Am Set stand dann der Geschäftsführer<br />

gerne vor seiner besten Maschine und hat<br />

vom Telepromter abgelesen, wie geil<br />

seine Firma und vor allem er ist. Den Film<br />

bekamen dann eine Handvoll Leute auf<br />

VHS zugeschickt. Heute ist so ziemlich<br />

alles anders. Klar gibt es immer noch die<br />

großen Filmsets, oft aber dominieren<br />

kleinere Teams und ein gibt ein besseres<br />

Verständnis von Kommunikation auf<br />

Seiten der Agenturen und <strong>des</strong> Kunden.<br />

Mir macht es auf jeden Fall mehr Spaß so<br />

zu arbeiten. (Beispiele gefällig, was man<br />

mit „kleinen Teams“ machen kann? Dann<br />

mal in den Film für Bosch reinsehen oder<br />

hier bei Klüber Lubrications). Da gibt es eine ganz einfache Antwort:<br />

früh miteinander sprechen und<br />

gemeinsam an der Lösung arbeiten!


41


Visual Turn<br />

Wie sich Kommunikations- und Informationsverhalten ändern<br />

Im Jahr 2011 wurden in nur einem einzigen Jahr mehr Fotos produziert, als im gesamten<br />

Zeitraum seit 1826, der Erfindung der Fotografie durch Joseph Nicéphore Niépce. 2017<br />

wurden 1,2 Trillionen Fotos geschossen, hundert Milliarden mehr als im Vorjahr. Noch nie<br />

waren Menschen einer derartigen Tsunami an Bildern ausgesetzt wie heute. Das gilt nicht<br />

nur für Fotos, sondern auch für Infographiken, animierte Gifs und Videos. Das<br />

Telekommunikationsunternehmen Cisco prophezeit für das Jahr 2021, dass über 82% <strong>des</strong><br />

gesamten Internet-Traffics allein durch Videonutzung generiert werden wird.<br />

Kommunikationsverhalten im Wandel<br />

Visuelle Inhalte dominieren mehr und mehr Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter,<br />

LinkedIn und Xing sowie Webseiten und Blogs. Eine ganze Generation – die nach 1995<br />

geborene Generation Z – identifiziert sich über Bilder auf Instagram und Pinterest. Und<br />

auch in Print – in Zeitungen und Magazinen – nimmt der Bildanteil kontinuierlich zu.<br />

42


Warum Bilder über Text<br />

triumphieren<br />

Das Informations- und Kommunikationsverhalten<br />

wandelt sich. Und dies hat<br />

massiven Einfluss auf die<br />

Kommunikationsarbeit von Unternehmen<br />

und Marken, denn der Visual Turn – die<br />

Abkehr von Text und Hinwendung zu<br />

Bild – hat längst Einzug gehalten in der<br />

internen und externen Kommunikation.<br />

Schleichender Wandel<br />

Der Wandel war schleichend, vielen fiel<br />

der Umbruch gar nicht auf. Aber an jedem<br />

Schreibtisch ist diese neue Welt heute zu<br />

sehen. Noch vor zehn Jahren war das<br />

Texten mit zwei Daumen auf dem<br />

Blackberry nicht nur prestigeträchtig,<br />

sondern auch die effizienteste Art und<br />

Weise, mit Kollegen in Kontakt zu treten.<br />

Heute steuern wir Computer, Tablets und<br />

Handys durch das Berühren und Wischen<br />

(touch and swipe) von Bildsymbolen und<br />

Kacheln. Wo früher der Mitarbeiterbrief<br />

gelesen wurde, wird heute die Video-<br />

Botschaft vom Vorstand aus dem<br />

Intranet geladen. Animierte Infographiken<br />

visualisieren Datenmengen, Augmented<br />

und Virtual Reality geben ganz neue<br />

Einblicke. Tag um Tag gewöhnen wir uns<br />

an neue Formen der<br />

visuellen Kommunikation. Und dies aus<br />

gutem Grund. Denn Bilder haben<br />

unschlagbare Vorteile.<br />

Unser Gehirn verarbeitet visuelle<br />

Informationen bis zu 60.000-mal schneller<br />

als Text. Bilder sind wesentlich einfacher<br />

zu verarbeiten als komplizierter Text.<br />

Wenn wir Sprache lernen, lernen wir erst<br />

einzelne Buchstaben, setzen diese dann<br />

zu Worten zusammen und stellen diese<br />

wiederum in Reihe zu einem Satz, aus<br />

dem wir im Zusammenspiel mit anderen<br />

Sätzen einen Sinn lesen. Unser Gehirn ist<br />

– trotz Übung - mit Text massiv<br />

beschäftigt – weit mehr als mit Bildern. In<br />

Bildern erfassen wir komplexe Vorgänge<br />

in Sekundenbruchteilen. Unser limbisches<br />

System, der intuitive Teil unseres Gehirns,<br />

wo Emotionen, Triebe und Instinkte<br />

verarbeitet werden und das Daniel<br />

Kahnemann als „System 1“ bezeichnet,<br />

greift unwillkürlich und blitzschnell bei<br />

Bildern zu.<br />

Visuelles <strong>Storytelling</strong> –<br />

show me, don't tell me<br />

Unter diesen Voraussetzungen ist es<br />

dringend geboten, dass sich<br />

Kommunikationsprofis in Unternehmen<br />

mit Bildkommunikation auseinandersetzen<br />

und sich fit machen in Auswahl<br />

und Umgang mit Bild und Bewegtbild.<br />

Entscheidend ist, dass hier nicht von<br />

herkömmlichen Bildern die Rede ist.


Erfolgreiche Bildkommunikation erfordert<br />

weit mehr als das übliche Stock-Material<br />

oder anonyme Symbolbilder, die in<br />

standardisierten Image- und<br />

Industriefilmen oft die Regel sind und die<br />

wir aus vielen Unternehmensbroschüren<br />

und PowerPoint-Präsentationen kennen.<br />

Symbolbilder dienen vor allem nur einem:<br />

der Dekoration von Texten. Sie duplizieren<br />

den Text oder das gesprochene Wort und<br />

geben dem Zuschauer keinen echten<br />

Mehrwert. Diese Art Bilder wird vom Auge<br />

<strong>des</strong> Betrachters zwar erfasst, da aber<br />

deren Nachrichtenwert so gering ist,<br />

werden diese Bilder so gut wie nicht<br />

wirklich wahrgenommen.<br />

Gefragt sind<br />

"narrative Bilder„<br />

Visuelles <strong>Storytelling</strong> sieht anders aus. Es<br />

baut auf Bilder, die eine Aussage treffen,<br />

auf Bilder, die Aufmerksamkeit wecken,<br />

provozieren, interessieren und motivieren.<br />

Visuelles <strong>Storytelling</strong> setzt auf "narrative<br />

Bilder".<br />

allgemeingültige Aussage oder<br />

Beschreibung – gleiches gilt auch für die<br />

Bildauswahl. Relevanz ist entscheidend<br />

und nicht Wahllosigkeit.<br />

3. Jede gute Geschichte beginnt mit<br />

einem Konflikt. Als Publikum wollen wir<br />

miterleben, wie der Held Schwierigkeiten<br />

und Herausforderungen durchlebt und<br />

meistert. Spannung entsteht durch<br />

Konflikte und nicht durch erwartbare<br />

Lösungen. Und genau diese Konflikte und<br />

Kontraste müssen zu sehen sein.<br />

4. Gute Geschichten gehen ans Herz.<br />

Wer Geschichten erzählen will, muss<br />

bereit sein, sein Publikum zum Lachen zu<br />

bringen oder zu Tränen zu rühren – eben<br />

mit dem richtigen Bildmaterial.<br />

5. Jede gute Geschichte wird<br />

weitererzählt. Viralität ist keine Erfindung<br />

<strong>des</strong> Internets. Die besten Geschichten<br />

werden bereits seit tausenden von Jahren<br />

von Generation zu Generation<br />

weitergegeben. Heute mehr denn je.<br />

Setzen Sie also auf die richtigen Bilder!<br />

(ps)<br />

Wann aber ist ein Bild tatsächlich narrativ<br />

und wodurch unterscheidet es sich von<br />

herkömmlichen Bildern? Um dies zu<br />

beantworten, ist es entscheidend, die<br />

Erfolgsfaktoren einer guten Geschichte zu<br />

kennen:<br />

1. Jede gute Geschichte hat einen guten<br />

Grund erzählt zu werden. Wer erzählen<br />

will, sollte wissen, warum er erzählt. Was<br />

ist der "Reason Why", der sinnstiftende<br />

Anlass der Story? Was soll der Zuschauer<br />

mit Hilfe der Geschichte lernen und was<br />

soll demnach Bild und Video<br />

visualisieren?<br />

2. Jede Geschichte braucht einen Helden,<br />

eine Hauptfigur, mit der sich der<br />

Zuschauer identifizieren kann. <strong>Storytelling</strong><br />

ist exemplarisches Erzählen. Es ist<br />

Erzählen an einem Beispiel und keine<br />

44


45


Der Stoff für gute<br />

Corporate Stories<br />

Stories, Stories, Stories – wer sich in der<br />

Unternehmenskommunikation auf Content<br />

Management eingelassen hat, braucht vor<br />

allem eines: Stories. Doch woher kommt<br />

eigentlich der Stoff für all die guten<br />

Geschichten? Eine Frage, die<br />

so manchem Pressesprecher und<br />

Marketingleiter den Schlaf raubt, denn der<br />

Hunger nach immer neuen Geschichten<br />

wächst.<br />

Fragt man die Wissenschaft, also<br />

Narrationsforscher wie Professor Dr.<br />

Michael Müller von der Hochschule der<br />

Medien in Stuttgart, so kommen zwei<br />

Quellen in Frage: reale Geschichten und<br />

fiktionale Stories. Man achte auf den<br />

feinen Unterschied zwischen „fiktional“<br />

und „fiktiv“. „Fiktionale“ Geschichten sind<br />

auf „Fiktion“ und Annahmen, beruhende<br />

Stories. „Fiktive“ Geschichten dagegen<br />

sind „erfundene“ Stories.<br />

Reale und fiktionale<br />

Geschichten<br />

Müller unterscheidet also nicht zwischen<br />

„wahren“ und „falschen“ Stories, was man<br />

bei dem Thema <strong>Storytelling</strong> und<br />

„Geschichtenerzählen“ vermuten könnte.<br />

Schließlich ist es den Gebrüdern Grimm<br />

und ihren Haus- und Kindermärchen von<br />

1812 zu verdanken, dass wir dem<br />

Wahrheitsgehalt von „Geschichten“ mit<br />

einer gewissen Grundskepsis betrachten.<br />

Müller differenziert zwischen „Realität“<br />

und „Fiktionalität“, was gleichzusetzen ist<br />

mit Geschichten, die tatsächlich im<br />

Unternehmen passieren („Realität“) und<br />

Geschichten, die sich in der Regel das<br />

Management eines Unternehmens<br />

wünscht („Fiktionalität“).<br />

Ersteres erzählt vom Alltag und den<br />

Hürden und Herausforderungen, denen<br />

sich ein Unternehmen und seine<br />

Mitarbeiter täglich stellen, letzteres erzählt<br />

von Strategien, Visionen und<br />

Zukunftsideen.<br />

Müller gibt den realen Stories den Vorzug,<br />

denn aus seiner Sicht haben<br />

Unternehmen, vor allem B2B-<br />

Unternehmen in Deutschland, diesen<br />

Schatz an authentischen Stories noch<br />

lange nicht ausgeschöpft und ihren<br />

Kunden, Stakeholdern und Mitarbeitern<br />

längst nicht alles erzählt.<br />

„Fiktionale Stories“ hält Professor Müller<br />

jedoch für min<strong>des</strong>tens ebenso wichtig,<br />

denn je<strong>des</strong> Unternehmen sollte eine<br />

Zukunftsstory haben. Entscheidend ist<br />

jedoch, dass diese nicht „fiktiv“, mit Hilfe<br />

von abstrakten Strategiekonzepten und in<br />

elitären Workshops entwickelt werden,<br />

sondern dass sich Zukunftsstories immer<br />

auch auf reale Unternehmensstories<br />

beziehen und diese sinnvoll<br />

weiterentwickeln.<br />

46


Inside out & Outside in<br />

Ein anderes Modell für die Suche nach<br />

gutem Story-Material ist der Blick in die<br />

Box oder eben das Gegenteil, der Blick<br />

aus der Box: Inside out oder Outside in.<br />

Aber der Reihe nach:<br />

Geschichten in der Box<br />

„Inside out“-Geschichten gehen ans<br />

sogenannte „Eingemachte“. Hier wird alles<br />

durchleuchtet, was berichtenswert<br />

ist. Drei Felder innerhalb <strong>des</strong><br />

Unternehmens sind spannend: History<br />

Stories, Background Stories und Identity<br />

Stories.<br />

History Stories schöpfen aus der<br />

Geschichte <strong>des</strong> Unternehmens. Hier<br />

werden Gründermythen ausgepackt, die<br />

Helden und Heldinnen von damals gelobt<br />

und deren Garagen und Küchen gezeigt,<br />

um den Spirit der Gründungszeit<br />

einzufangen,. Beispiel gefällig? Gerne mal<br />

die Geschichte <strong>des</strong> Bullis von<br />

VW ansehen.<br />

Background Stories plaudern aus dem<br />

Nähkästchen und führen den Zuschauern<br />

hinter die Kulissen. Hier werden die<br />

Zutaten <strong>des</strong> Erfolges erklärt:<br />

außergewöhnliche Mitarbeiter und<br />

geheimnisvolle Zutaten. Hier geht es um<br />

Menschen, Produkte und Regionen. Um<br />

Hintergrundgeschichten eben. Beispiel?<br />

Dann schauen Sie sich mal an,<br />

was Moritz von Uslar bei DIE ZEIT macht.<br />

Und Identity Stories? Hier geht es um<br />

Leitbild, Mission, Vision und Werte. Diese<br />

Geschichten erklären, warum ein<br />

Unternehmen ist, wie es ist. Bei GE sieht<br />

das zum Beispiel so aus.<br />

Out of the box<br />

Wenn das Unternehmen einer Schachtel<br />

gleicht, dann gibt es Stories in der<br />

Schachtel. Viele Geschichten liegen aber<br />

um die Schachtel herum. Und die muss<br />

man nur aufgreifen. auch hier seien drei<br />

Kategorien genannt: Benefit Stories,<br />

Insight Stories und Zeitgeist Stories.<br />

Benefit Stories zeigen – ganz einfach –<br />

den Benefit, den Vorteil eines<br />

Unternehmens und einer Marke. Aber<br />

nicht anhand <strong>des</strong> Produktes, sondern<br />

anhand eines Kunden. Denn wir sprechen<br />

hier über Content Marketing, und nicht<br />

über Produkt-Marketing. Von Google gibt<br />

es ein schönes Beispiel aus Halle – über<br />

die Deichgrafen.<br />

Insight Stories, die zweite Kategorie der<br />

Out-of-the-box-stories, sind schon<br />

schwieriger. Denn zunächst muss man<br />

verstehen, was mit „Insight“ gemeint ist.<br />

Wer verstanden hat, was hinter einer<br />

„allgemeingültigen, menschlichen<br />

Erkenntnis, die einen Aha-Moment<br />

auslöst“ steckt, der weiß auch, er sich<br />

damit positioniert und wie man diesen<br />

Insight mit einem Film visualisiert. Ein<br />

sehr schönes Beispiel kommt von<br />

Intermarché. Die Supermarktkette erzählt<br />

in einer bezaubernden Story ihre Version<br />

von „Liebe geht durch den Magen“. Aber<br />

Vorsicht… Ohrwurmgefahr!<br />

Und Zeitgeist-Stories? Das sind<br />

Geschichten für Mutige. Für all diejenigen,<br />

die sich trauen, auf den Zeitgeist zu<br />

setzen, schnell und spontan Memes zu<br />

besetzten, und auf laufende Diskussionen<br />

aufzuspringen. Für alle, die sich nicht<br />

scheuen, eine Meinung zu haben, wie<br />

die Santander Bank (ps).<br />

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48


Prof. Dr. Michael Müller ist Chairman<br />

<strong>des</strong> Instituts für angewandte<br />

Narrationsforschung (IANA) der<br />

Hochschule der Medien Stuttgart. Er<br />

erforscht die Rolle und Wirkung von<br />

Erzählungen in Unternehmen und<br />

Gesellschaft. Müller sieht Geschichten als<br />

entscheidenden Wirtschaftsfaktor. Sie<br />

haben Einfluss auf die Produktivität von<br />

Mitarbeitern und wirken identitäts- und<br />

sinnstiftend. Gleichzeitig definieren für ihn<br />

Corporate Stories Märkte und stärken<br />

Kundenloyalität.<br />

einem Unternehmen stecken bzw. dort<br />

geschehen sind, und fiktionalen<br />

Geschichten, die sehr oft das<br />

Management erzählen möchte.>Auch wenn Visionen und<br />

Zukunftsstrategien für ein Management<br />

selbstverständlich interessant klingen, so<br />

sind die meisten dieser Erzählungen doch<br />

vorhersehbar und aus narrativer Sicht<br />

banal: „Wir streben Marktführung an“, „Wir<br />

sind Innovationsleader“, „Wir sind ein<br />

Großkonzern mit start-up-Kultur“ …<br />

Im Interview:<br />

Prof. Dr. Michael Müller<br />

Herr Müller, viele Unternehmen wissen<br />

um die Bedeutung von <strong>Storytelling</strong>.<br />

Doch die Suche nach interessanten<br />

Geschichten gestaltet sich schwer.<br />

Kann angewandte Narrationsforschung<br />

die Suche nach Stories in<br />

Unternehmen systematisieren? Wie<br />

finden Sie gute Corporate Stories?<br />

>>Zwei Quellen sollte man unterscheiden:<br />

wahre Geschichten und fiktionale Stories.<br />

Damit meine ich nicht die Erzählweise<br />

oder das Genre, wie etwa Animationsfilme<br />

wie The Scarecrow, dem ausgezeichneten<br />

Film über eine Vogelscheuche, der die<br />

Unternehmensphilosophie von Chipotle<br />

zum Ausdruck bringt. Oder eine Science-<br />

Fiction-Story wie Colorless Future Advert,<br />

mit der Farbenhersteller Dulux die<br />

Bedeutung von Farbe im Leben<br />

thematisiert.<br />

Viele dieser Narrative sind bekannt und<br />

schon oft erzählt. Der spannendere<br />

Schatz liegt in realen Stories, die ein<br />

Unternehmen zu bieten hat. Diese<br />

Geschichten können die gleiche<br />

Kernbotschaft ausdrücken, die auch eine<br />

Unternehmensvision erzählt, sie sind aber<br />

viel spannender.<br />

Diese Geschichten sind authentisch,<br />

zeigen reale Menschen, nehmen den<br />

Rezipienten mit auf eine Reise.<br />

Zuschauer identifizieren sich mit dieser Art<br />

<strong>Storytelling</strong> weit intensiver. Reale Stories<br />

sind ein Schatz, der in vielen<br />

Unternehmen noch verborgen<br />

schlummert.


Sie interessieren sich vor allem für die<br />

Geschichten hinter den Geschichten.<br />

Was bringt der Blick hinter die Fassade<br />

von Stories?<br />

>>Wer sich mit <strong>Storytelling</strong> beschäftigt,<br />

erkennt Muster in den Stories und der Art,<br />

wie sie erzählt werden. Narrative spiegeln<br />

Verhaltensmuster, zum Beispiel von<br />

Mitarbeitern oder Kunden wieder. Wer sie<br />

erkennt und sich bewusst macht, kann<br />

damit aktiv arbeiten.<br />

Zur Zeit beschäftige ich mich zum Beispiel<br />

mit sogenannten „Master Plots“. Neben<br />

vielen anderen hat etwa Blake Snyder<br />

solche Masterplots in seinem Buch „Save<br />

the Cat!“, einer Anleitung für<br />

Drehbuchautoren, beschrieben. Doch<br />

nicht nur für Autoren, sondern auch für<br />

Unternehmensberater und Change<br />

Manager sind diese Plots hilfreich.<br />

Nehmen Sie zum Beispiel „The Monster in<br />

the House“. Ein gängiges Muster in<br />

Hollywood. Filme wie der Weiße Hai oder<br />

Alien bauen auf diesem Master Plot auf:<br />

Ein Monster bedroht eine Gruppe an<br />

Individuen, denen nur zwei Optionen<br />

bleiben: Flucht oder Kampf.<br />

Auch die Narrative in Firmen und<br />

Branchen folgen oft diesem Plot. Themen<br />

wie „Globalisierung“ und „Digitalisierung“<br />

sind derzeit das „Monster in the House“.<br />

Und wie im Drehbuch wird diskutiert, ob<br />

man als ganzes Unternehmen oder als<br />

einzelner Mitarbeiter fliehen (Ausweichen)<br />

oder kämpfen (Verteidigen) sollte.<br />

Erst wer sich diese Story-Muster bewusst<br />

macht, erkennt, dass sich unter dem<br />

Diktat dieser Narrative schwer<br />

Alternativen diskutieren lassen. Change<br />

Manager sollten sich daher dringend mit<br />

Geschichten in Unternehmen<br />

auseinandersetzen.


Da wird aber viel in <strong>Storytelling</strong><br />

hineininterpretiert. Das klingt ja so,<br />

also ob Geschichten definieren, wie wir<br />

unsere Zukunft sehen?<br />

>>Aber so ist es doch auch. Jens Beckert<br />

hat in seinem vielbeachteten Buch<br />

„Imagined Futures“ genau darauf<br />

hingewiesen. Es ist entscheidend, wie wir<br />

über die Zukunft erzählen. Denn genau<br />

diese Narrative steuern, welchen Wert<br />

andere – Kunden, Investoren,<br />

Öffentlichkeit – dem Unternehmen<br />

zuschreiben. Dies hat großen Einfluss<br />

auch auf die<br />

Unternehmenskommunikation.<br />

Je<strong>des</strong> Unternehmen braucht eine<br />

Zukunftsgeschichte. Und diese gilt es<br />

nicht zu er-finden, sondern zu finden. Nur<br />

wer den narrativen Ausgangspunkt in der<br />

Gegenwart kennt, kann die Story in<br />

seinem Sinne auch verändern. Es hilft<br />

Ihnen nichts, wenn Sie fiktiv irgendetwas<br />

erzählen, das Ihnen niemand abnimmt.<br />

Suchen Sie erst die positiven<br />

Gegenwartsgeschichten in Ihrem<br />

Unternehmen. Es wird sich für Sie lohnen<br />

– in der Zukunft.


<strong>Storytelling</strong> konkret: Diese<br />

Workshops haben Sie verpasst<br />

Show it! Über die Macht der Bilder im PR-<strong>Storytelling</strong> |<br />

Markus Heumann | news aktuell: Bilder können mit ihrer Strahlkraft jeden Text,<br />

je<strong>des</strong> Wort überrunden und teilweise ikonographische Wirkung entfesseln. Was<br />

Nachrichtengeschäft und Werbung längst verinnerlicht haben, steckt bei Produkt-PR und<br />

Unternehmens-kommunikation häufig noch in den Kinderschuhen. Marcus Heumann von<br />

news aktuell nimmt Sie mit auf eine Expedition in die Welt <strong>des</strong> PR-Contents, wo es<br />

großartige, aber auch schaurige Bilder zu entdecken gibt - und jede Menge Impulse für die<br />

eigene Arbeit.<br />

Das perfekte Briefing für den besten Imagefilm der Welt |<br />

Philipp Lenner | Filmproduzent & Director: Ein Film ist nur so gut, wie sein<br />

Briefing. Doch regelmäßig verzweifeln Regisseure und Produzenten an den Vorgaben, die<br />

sie von Unternehmen und Agenturen bekommen. Bereits vor Drehbeginn reden<br />

Auftraggeber und Filmschaffende aneinander vorbei. Diese Plot Break Out gibt Tipps und<br />

Tricks, wie man das bestmögliche Briefing schreiben kann, um die Bilder, die man im Kopf<br />

hat, auch effizient in Auftrag zu geben.<br />

52


Inspiration oder Manipulation? Wie glaubwürdig ist <strong>Storytelling</strong> in<br />

der Unternehmenskommunikation | Prof. Silvia Ettl-Huber |<br />

Fachhochschule Burgenland: In Zeiten von Fake und Alternative News ist es<br />

geboten, über das Spannungsverhältnis von Glaubwürdigkeit und <strong>Storytelling</strong> zu<br />

sprechen. Stoßen Marketing und Unternehmenskommunikation an ethische Grenzen,<br />

beim Einsatz von immersiven und emotionalen Kommunikationstechniken? Und sind<br />

Geschichten nun glaubwürdiger oder unglaubwürdiger als Daten? Prof. Silvia Ettl-Huber,<br />

Leiterin <strong>des</strong> Departments Wirtschaft und Vizerektorin für Forschung und Innovation an der<br />

österreichischen FH Burgenland, gibt Einblicke in ihre aktuelle Forschungsarbeit und wirft<br />

in dieser Break Out einen kritischen Blick auf die persuasiven Aspekte <strong>des</strong> Erzählens.<br />

Freuen Sie sich auf eine kontroverse Diskussion, die ganz praktische Auswirkungen hat.<br />

Wenn Mitarbeiter Geschichten erzählen. Smartphone-Videos in der<br />

Unternehmenskommunikation | Anton Knoblach | holimother: Video<br />

gehört heute zur Kommunikation je<strong>des</strong> Unternehmens. Neben den großen Imagefilmen<br />

und Werbespots gibt es im Arbeitsalltag aber auch viele kleine Geschichten, die es wert<br />

sind, erzählt zu werden. Um diesen Bedarf zu decken, müssen Unternehmen selbst zu<br />

Content-Produzenten werden und eigene Leute motivieren, Geschichtenerzähler zu<br />

werden und Verantwortung für die Marke mit zu übernehmen. Anton Knoblach zeigt, wie<br />

Sie Mitarbeiter*innen aus verschiedensten Fachrichtungen befähigen, kreativ zu werden<br />

und interessante Video-Stories zu produzieren - passend für die interne und externe<br />

Kommunikation.<br />

53


Auch diese Workshops<br />

haben Sie verpasst<br />

Corporate <strong>Storytelling</strong> ist mehr als Hollywood. Erfolgsbausteine guter<br />

Unternehmensgeschichten | Petra Sammer | pssst… : Es könnte so einfach<br />

sein. Für eine gute Unternehmensstory muss man doch nur die Erfolgsformel aus<br />

Hollywood kopieren. Doch so einfach ist es leider nicht. Die kreative Freiheit, die sich die<br />

Filmbranche nimmt, sorgt im Unternehmen für Kopfzerbrechen. Petra Sammer zeigt die<br />

neuralgischen Punkte, die es zu beachten gilt, wenn Unternehmen Geschichten erzählen<br />

und zeigt genau, wo es für Marketing und Unternehmenskommunikation eben schwierig<br />

wird. Dass es trotzdem funktioniert, belegt sie mit 5 Erfolgsbausteinen, die der Garant sind<br />

für eine erfolgreiche Brandstory.<br />

Wenn ihr’s nicht fühlt – will´s keiner haben | Verena Weese & Sabrina<br />

Amerell: Die Dramaturgin Verena Weese (Adlon, Sacher, KaDeWe) und die Autorin<br />

Sabrina Amerell machen <strong>Storytelling</strong> mit einer Neuauflage der Heldenreise als<br />

Aufstellungssetting lebendig und erfahrbar. Ähnlich zum Design Thinking können wir mit<br />

dieser Heldenreise nach dem Tarot sehr schnell Storyprototypen entwickeln und<br />

ausprobieren. Das Tool hilft die Story auf den Punkt und an den Menschen zu bringen. Was<br />

für eine Idee verkaufen wir? Wo und wie holen wir unsere Zielgruppen ab? Welches Gefühl,<br />

welche Idee, welches Grundbedürfnis steuern wir an? Der Workshop gibt einen kurzen<br />

Einblick in den Arbeitsprozess mit dieser europäischen Variante der Heldenreise an Hand<br />

konkreter Beispiele.<br />

54


Sabrina Amerell arbeitet seit acht Jahren<br />

als Drehbuchautorin, unter anderem bei<br />

„Dahoam is Dahoam“ als Script Editor. Als<br />

Absolventin von SERIAL EYES<br />

(serialseyes.com) entwickelt sie heute<br />

Serienkonzepte für den deutschen und<br />

internationalen Markt, die mehrfach mit<br />

Förderungen ausgezeichnet wurden.<br />

Verena Weese vereint mit Hintergrund<br />

aus Philosophie, Schauspiel, Coaching<br />

und Medienberaterin Expertisen in sehr<br />

unterschiedlichen Gebieten und arbeitet<br />

seit 2000 als systemische Dramaturgin.<br />

herkömmlichen Heldenreise ist.<br />

Unser Ansatz ist besonders für komplexe<br />

und ausladende Erzählstrukturen geeignet<br />

wie etwa für Serien. Schicht für Schicht<br />

kann man den archetypischen<br />

Transformationsprozess beschreiben, den<br />

wir als Muster für jede Art von Entwicklung<br />

betrachten.> Wir zeigen eine vollkommen<br />

neue Art zu Arbeiten. Es ist etwas ganz<br />

anderes, wenn man als Autor vor einem<br />

leeren Blatt Papier oder seinem Computer<br />

sitzt, als wenn man wie im Fall unserer<br />

Im Interview:<br />

Verena Weese & Sabrina Amerell<br />

Dabei kombiniert sie Konzepte der<br />

Heldenreise mit Archetypen <strong>des</strong> Tarots zu<br />

dem von ihr konzipierten System<br />

dramaturgischer Entwicklung. Sie<br />

arbeitete während dieser Zeit an<br />

renommierten Projekten wie „Das Adlon“,<br />

„Das Sacher“ und „KaDeWe“. Bei <strong>Plot18</strong><br />

werden Weese und Amerell einen<br />

Workshop anbieten, der Einblicke in ihre<br />

Arbeit gibt.<br />

Was bietet euer Workshop den <strong>Plot18</strong>-<br />

Teilnehmern?<br />

Weese: >> Wir stellen das Konzept der<br />

Heldenreise als universelles <strong>Storytelling</strong>-<br />

Gerüst vor, kombinieren es aber mit Tarot<br />

und der systemischen Aufstellung zu<br />

einem innovativ neuen System, mit dem<br />

sich Geschichten besser verstehen<br />

lassen. Als Drehbuchautorin erzählt<br />

Sabrina konkret, wie sie damit arbeitet<br />

und warum unser Konzept eine so<br />

interessante Alternative zur<br />

Aufstellung wortwörtlich inmitten seiner<br />

Geschichte steht. Hier denkt man nicht<br />

nur die Geschichte – man spürt sie. > Auch bei Unternehmen und im<br />

Marketing sind die Konzepte der<br />

Heldenreise gegenwärtig. Egal ob bei der<br />

Vermarktung eines Produktes oder der<br />

Durchsetzung neuer Ideen geht es um<br />

eine Herausforderung, um Widerstände<br />

und daraus entstehendem Konflikt. > Das lässt sich konkret<br />

veranschaulichen. Wenn es zum Beispiel<br />

um die Aufstellung von Zielgruppen geht:<br />

Was wollen sie, was brauchen sie, wie<br />

reagieren sie. Das kann man mit unserer<br />

Methode visualisieren.


Weese: >> Auch wenn es um interaktive<br />

Geschichten geht, sind diese<br />

Perspektiven interessant: Wie schafft man<br />

es die Story voranzutreiben, wenn es<br />

interaktive Eingreifmöglichkeiten gibt. Wie<br />

viel davon hält die Geschichte aus? Mit<br />

diesen Elementen kann man sehr<br />

komplexe Aufstellungsgebilde schaffen<br />

und auch den Prozess der Interaktion<br />

miteinplanen. > Nicht neu lernen, aber<br />

umlernen. Gerade bei komplexen Stoffen<br />

gibt die Möglichkeit der Aufstellung einen<br />

komplett neuen Zugang. > Auch weil die klassische<br />

Heldenreise mit ihren Steroeotypen relativ<br />

starr wirkt. Wir kennen als Zuschauer<br />

viele dieser Mechanismen schon<br />

hinreichend, sie wirken teilweise<br />

angestaubt. Interessanter als der formale<br />

Ablauf sind doch die Dynamiken und<br />

Interdependenzen, die sich in einer<br />

Geschichte entfalten.<br />

Deshalb liefern wir mit unserer Methode<br />

auch keine Blaupause, an die sich ein<br />

Storyteller akribisch halten soll, sondern<br />

ein Werkzeug, mit dem er sich mit den<br />

Prozessen in komplexeren Geschichten<br />

auseinandersetzen kann und die<br />

darunterliegenden Schichten freilegen<br />

kann.


Ihr benutzt sowohl Elemente der<br />

systemischen Aufstellung wie auch<br />

das Tarot, eine der universellsten<br />

<strong>Storytelling</strong>-Gerüste überhaupt. Wie<br />

seid ihr dazu gekommen diese beiden<br />

„Werkzeuge“ zu kombinieren?<br />

Weese: >> Durch Zufall! Ein<br />

Produktionsstudent in München hat mir<br />

vor 20 Jahren vom Tarot als alternatives<br />

<strong>Storytelling</strong>konzept erzählt.<br />

Ich habe das dann ausprobiert und das<br />

Tarot genutzt, um das mit der Heldenreise<br />

zu kombinieren und zu sehen, ob sich<br />

daraus ein Prozess ergibt. Es hat sich<br />

gezeigt, dass sich dies perfekt nutzen<br />

lässt. Seitdem ist dies fester Bestandteil<br />

meines systemischen Werkzeugkoffers.<br />


58


Die Zukunft <strong>des</strong><br />

<strong>Storytelling</strong>s<br />

59


60


I am Serafina, die Erfolgsserie <strong>des</strong><br />

Bayerischen Rundfunks, die seit 2016<br />

läuft und schon in die 10. Staffel läuft!<br />

... Noch nie gehört? Kein Wunder, denn<br />

Sie sind wahrscheinlich nicht<br />

Zielgruppe.<br />

August Pflugfelder, Redakteur <strong>des</strong><br />

Bayerischen Rundfunk präsentierte auf der<br />

<strong>Plot18</strong> eine Snapchat-Serie, die<br />

überraschend zum Superhit wurde.<br />

Ein Format, das man kennen sollte. Nicht<br />

wegen Snapchat, sondern wegen seiner<br />

revolutionären, flexiblen Machart und<br />

agilen Produktionsweise - wegweisend für<br />

Zukunftsformate.<br />

61


Sie zählt zu den Frauen, die die Zukunft<br />

<strong>des</strong> <strong>Storytelling</strong>s einläuten: Johanna<br />

Koljonen. Sie ist die starke Frau, die<br />

Theater kreativ mit Rollenspiel (LARP)<br />

verknüpfen, wie in InsideHamlet.<br />

Each year Johanna Koljonen shares her<br />

expertise on the tectonic shifts of the<br />

media landscape in must-read media<br />

analysis NOSTRADAMUS REPORT and<br />

– among her prowess as a<br />

sometimes you get a better story if you<br />

lose, to try for something and not get it. > I am fascinated by how human<br />

behaviour and culture work. LARP<br />

experiences are like small laboratories<br />

where you figure out how human agency<br />

works and<br />

Im Interview:<br />

Johanna Koljonen<br />

writer, playwright and broadcaster – in the<br />

exciting work she does as an experience<br />

<strong>des</strong>igner. Museums, the public sector and<br />

media companies gain from her authority<br />

on participation <strong>des</strong>ign which is the focus<br />

of her agency Participation Design she<br />

founded together with Bjarke Pedersen.<br />

You come from a background of Nordic<br />

LARP (live-action role playing).<br />

Could you explain what that is?<br />

Johanna Koljonen: >> Nordic LARPs are<br />

different in that they are not competitive.<br />

Most other LARPs still have<br />

the scaffolding of a game with competition<br />

– something you can win or lose. When<br />

you play them it is more similar to a<br />

computer game: Your character is<br />

fighting the environment or nonplayer<br />

characters.<br />

Nordic LARPs are more collaborative,<br />

the goal is to create a cool story together.<br />

It is not important who wins or who loses<br />

how to make participants feel<br />

brave enough to do the things you want<br />

them to do by <strong>des</strong>igning for collaborative<br />

storytelling.<br />

One of the reasons why my<br />

generation couldn’t drop it was that this<br />

toolkit is immensely useful in our<br />

careers. No matter if you’re in digital<br />

games, if you’re a futurist or an academic<br />

researcher or a teacher or in advertising –<br />

we used a lot of what we were learning in<br />

LARP. > We (Bjarke Pedersen and me) have<br />

our company Participation Design Agency<br />

which does two very different things: We<br />

create LARPs and we create participation<br />

for brands, cultural institutions and public<br />

sector organizations by solving problems<br />

of human participation – particularly in the<br />

analogue space.<br />

62


If you have humans somewhere and want<br />

humans to do something – whether to<br />

understand an exhibition or to have new<br />

audience groups come to your museum or<br />

to have people spend more money in your<br />

cinema, we can use participation <strong>des</strong>ign<br />

principles to solve those problems. When you go to the theatre, read a<br />

novel or watch a movie, you are immersed<br />

in a story where you have access to the<br />

perspectives of all the characters. LARP<br />

can give you something unique through its<br />

embodiment. The storytelling happens<br />

in „inter-immersion“: you immerse in a<br />

character, story and environment. But the<br />

63


Die Magie der Immersion<br />

Westworld - Experiential <strong>Storytelling</strong> von HBO<br />

Drei Wochen bevor das mit Innovation und Trendsetting jeder Art protzende<br />

Festivalkonglomerat SXSW 2018 seine Pforten öffnete, kursierte eine kuriose Einladung:<br />

Auf der Seite discoverwestworld.com wurden die SXSW-Besucher aufgefordert ihren<br />

persönlichen Aufenthalt im von Androiden bevölkerten Wild West-Vergnügungspark<br />

WESTWORLD zu buchen, der im Mittelpunkt der neusten Bemühungen von Pay-TV-<br />

Sender HBO steht mit einer High Concept/Big Budget-Serie weltweiten Erfolg zu haben.<br />

Immer noch Alternate Reality Games?<br />

Auf den ersten Blick gleicht discoverwestworld jener Art von alternate reality games –<br />

kurz: ARGs – die vor knapp einem Jahrzehnt mit der damals gleich in mehrfacher Hinsicht<br />

revolutionären TV-Serie LOST genutzt wurden. Dort hatte das Team rund um JJ Abrams,<br />

Damon Lindeloff und Jeffrey Lieber den Hype rund um die Serie und die darin versteckten<br />

Hinweise auf die „wahre Geschichte“ der Serie weiter angeheizt, in dem sie das fiktionale<br />

Universum und seine Mythologie in Richtung transmedialer Schnitzeljagd ausbauten.<br />

64


In den Werbeunterbrechungen fanden<br />

sich Spots für die fiktiven Firmen und<br />

Produkte der Serie, die auf versteckte<br />

Webseiten führten, zu mysteriösen<br />

Telefonansagen, zu rätselhaften<br />

mathematischen Formeln, zu literarischen<br />

Kritiken eigens für die Serie geschriebener<br />

Bücher. In Zusammenarbeit mit<br />

Werbepartnern wie Coca Cola/Sprite und<br />

Jeep entstand daraus das sogenannte LOST<br />

EXPERIENCE, eine faszinierende Mischung aus<br />

Content und Marketing, mit der die Grenze<br />

zwischen seriellem <strong>Storytelling</strong> und Realität<br />

zunehmend verwischten.<br />

Experiential <strong>Storytelling</strong> löst<br />

ARG ab<br />

Doch für SXSW, jener Veranstaltung, die<br />

seit jeher als Lackmustest erfolgreicher<br />

wie budget-intensiver Marketingexperimente<br />

gilt, begnügte man sich bei<br />

WESTWORLDs Senderheimat HBO nicht<br />

mit etwas derart schnödem wie einem im<br />

Jahr 2018 arg angestaubt wirkendem<br />

ARG. Auf der SXSW hatten Sender wie<br />

HBO, USA Network, Starz und Hulu ihre<br />

Serien-Highlights in den Jahren zuvor mit<br />

stetig megalomanischeren Aktionen<br />

beworben.<br />

Requisiten der Serie aus, als wären es<br />

Kronjuwelen. Für MR.<br />

ROBOT verwandelte sich ein beinahe<br />

ganzer Häuserblock in einen Coney<br />

Island-Vergnügungspark samt Riesenrad,<br />

Schießbuden und Zuckerwatteständen,<br />

wo die Besucher mut dem üblichen Merch<br />

aus T-Shirts, Schlüsselanhängern und<br />

Sonnenbrillen versorgt wurden. Für die<br />

Premiere von THE HANDMAID'S<br />

TALE schickte Hulu knapp 50 Darsteller in<br />

den prägnanten Uniformen der Mägde los,<br />

die dann in ihrer schweigenden Präsenz<br />

SXSW-Besucher verstörten, während<br />

nebenan TV-Sender BRAVO halbnackte<br />

Stripper Werbung für eine neue Dating-<br />

Sendung machen lies.<br />

HBOs Nerd-Sitcom SILICON<br />

VALLEY pflasterte derweil die Stadt mit<br />

Plakaten <strong>des</strong> fiktiven Start-Ups Pied Piper<br />

zu und bedienten sich dabei mit<br />

ironischem Augenzwinkern der<br />

Werbesprache der Techbranche, während<br />

Showtime für AMERICAN GODS ein zwölf<br />

Meter großes weißes Bison aufstellten<br />

oder AMC für PREACHER eine ähnlich<br />

große, auf den Kopf gestellte Kirche<br />

aufbauen lies . Die Mischung aus Merch-<br />

Verteilung und Fotogelegenheit schien<br />

dieses Jahr der unangefochtene<br />

Goldstandard<br />

erfolgreicher<br />

Marketingaktionen.<br />

Für GAME OF THRONES mietete man<br />

eine Lagerhalle an, baute darin die Hall Of<br />

Faces als interaktive Social Media-<br />

Fotogelegenheit nach, servierte eigens<br />

gebrautes Westeros-Bier und stellte


Abtauchen lassen - um<br />

Twitterstürme auszulösen<br />

Was bedeuten soll: Um im Jahr 2018<br />

Twitterstürme auszulösen, in den<br />

zahlreichen On Location-Berichterstattungen<br />

aufzutauchen und den<br />

gewünschten Wow-Effekt beim<br />

abgestumpften SXSW-Publikum zu<br />

erreichen, musste HBO im Wettrennen<br />

der Marketing-Coups für WESTWORLD<br />

aufrüsten.<br />

Weshalb discoverwestworld auch sehr viel<br />

mehr bot, als nur eine Erweiterung <strong>des</strong><br />

fiktiven Storywelt in die Virtualität <strong>des</strong><br />

realen Internets; man stampfte einen Pop-<br />

Up Vergnügungspark nach dem Vorbild<br />

der Serie aus dem Boden und ermöglichte<br />

dem Publikum voll in die fiktive Storywelt<br />

von WESTWORLD abzutauchen.<br />

Experiential <strong>Storytelling</strong> -<br />

Fiktion erlebbar machen<br />

In der Serie WESTWORLD, eine<br />

zeitgemäß aufgebohrte Adaption jenes<br />

gleichnamigen Science Fiction-Klassikers<br />

aus dem Jahr 1973 von Michael Crichton,<br />

werden vergnügungssüchtige Besucher in<br />

eine von humanoiden Robotern bevölkerte<br />

Westernwelt entlassen. Hier werden kaum<br />

Regeln und Grenzen gesetzt, jeder<br />

Besucher entscheidet selbst welche<br />

Version seiner selbst er hier ausleben<br />

möchte. Als „immersive vacation“<br />

angepriesen, darf jeder Besucher selbst<br />

entscheiden, ob er in bester<br />

Westerntradition wild um sich ballernd<br />

zum gesetzlosen Rüpel werden will oder<br />

zum ritterlichen Beschützer der<br />

Schwachen und Hilflosen. Tausende von<br />

sogenannten Storylines warten hier darauf<br />

entdeckt und verfolgt zu werden und<br />

laden die Besucher ein sich in der Welt<br />

von WESTWORLD zu verlieren. Die<br />

Androiden sind nur Statisten, Helfer,<br />

Gegenspieler oder Opfer der fern<br />

strafender Augen von den Besuchern<br />

ausgelebten Triebe.<br />

Das neue Zauberwort in Austin lautete<br />

„experiential storytelling“. Während<br />

Telekommunikationsgigant AT&T seine<br />

ersten Schritte ins exclusive content-<br />

Terrain in der Form von<br />

Agentenserie CONDOR mit einer etwas<br />

lustlosen Mischung aus Escape Room<br />

und immersiver Theaterperformance<br />

begleitete, die jeweils vier Besucher durch<br />

einige als Agenten-Hauptquartier<br />

ausgestattete Räume lotste, um dabei<br />

Einblicke in die Handlung der Serie<br />

preiszugeben, feuerte HBO aus allen<br />

Rohren.<br />

Wer zu den glücklichen, knapp 3.000<br />

Auserwählten zählte, die in Gruppen von<br />

40 bis 50 Besuchern an die knapp dreißig<br />

Minuten entfernte Westernstadt vor den<br />

Toren Austins gefahren wurden, durften<br />

sich gleich zu Beginn ihrer<br />

WESTWORLD-Erfahrung voll in die Welt<br />

der TV-Serie begeben.<br />

66


anschließende Ankunft im Städtchen<br />

Sweetwater. Durch einen Eisenbahnwagon<br />

gelotst, wartet dort der erste<br />

Bewohner der Stadt auf die Besucher und<br />

gibt erste Hinweise: Ins Postamt solle<br />

man gehen, denn dort warte ein Brief, von<br />

den Outlaws solle man sich fern halten<br />

und mit dem Sheriff solle man sich gut<br />

stellen.<br />

Einer von insgesamt 60 Darstellern, sechs<br />

Stuntmännern und sechs Pferden, die in<br />

drei Tagen täglich acht Mal einen der<br />

sogenannten „Loops“, eine 90-minütige<br />

Schleife sämtlicher kleiner und großen<br />

Dramen von Sweetwater wiedergeben<br />

werden.<br />

Welcome To Sweetwater,<br />

Welcome to SXSWestworld<br />

Wie sehr WESTWORLD, die Serie und<br />

WESTWORLD, der Marketing-Coup<br />

ineinander verschränkt sind, zeigt sich<br />

bereits am Einlass: Weiß gewandete<br />

Darsteller, die mit starrem Blick ihre<br />

einstudierten Texte wiedergeben und den<br />

Besuchern ihre wahlweise schwarzen<br />

oder weißen Cowboy-Hüte überreichen,<br />

während nebenher erste Cocktails serviert<br />

werden und im Hintergrund auf riesigen<br />

LED-Bildschirmen Werbeclips <strong>des</strong> fiktiven<br />

WESTWORLD-Veranstalters Delos<br />

laufen, erwecken den Eindruck mitten in<br />

die Welt der Serie getreten zu sein. Was<br />

jedoch nur der Anfang ist. Im Bus zur<br />

Westernstadt, der komplett mit Delos-<br />

Logos und Westworld-CI versehen wird,<br />

geben Darsteller in emotionsloser Stimme<br />

Verhaltenshinweise, auf den TV-Geräten<br />

sind Einführungsvideos zu sehen.<br />

Nur der erste Vorgeschmack auf die<br />

Und von denen gibt es reichlich zu<br />

entdecken: 440 Seiten Drehbuch fertigte<br />

das Team der Serienshowrunner Jonathan<br />

Nolan und Lisa Joy an (knapp 120 Seiten<br />

Skript sind für einen etwa 90 minütigen<br />

Spielfilm die Regel) und weben dabei ein<br />

Netz immersiver Geschichten, die an<br />

unterschiedlichen Stellen der<br />

Westernstadt beginnen und nach<br />

anderthalb Stunden auf dem Dorfplatz zu<br />

einem großen Finale zusammengeführt<br />

werden.<br />

Zwischen emotionalem<br />

Engagement und psychologischer<br />

Manipulation<br />

Als Besucher ist man zunächst überwältigt<br />

von den Eindrücken, von den in<br />

Gesprächsfetzen eingefangenen<br />

Einblicken in das Leben der Charaktere<br />

und den zahllosen möglichen<br />

Interaktionen: Der Sheriff will uns<br />

anheuern Verbrecher zu fangen und warnt<br />

eindringlich davor Ärger zu verursachen,<br />

im Saloon wartet ein Black Jack-Tisch, ein<br />

im lokalen Postamt persönlich an uns<br />

adressierter Brief gibt kryptische Hinweise<br />

auf eine auf dem Gelände versteckte Tür,<br />

die auf der Busfahrt ausgegeben Münzen<br />

können an einer Bar gegen harte Drinks<br />

eingetauscht werden,<br />

67


während sich um uns herum ein gutes<br />

Dutzend verschiedener Storylines<br />

entfaltet, die mal zur aktiven Teilnahme<br />

einladen, mal zum stillen Beobachten, mal<br />

um Easter Eggs der Serie zu entdecken.<br />

Die Interaktionen zwischen Besuchern<br />

und Darstellern sind zwar improvisiert<br />

aber stets streng von der jeweiligen Rolle,<br />

ihrer Motivation und ihrer Storyline<br />

vorgegeben. Der Sheriff grummelt in<br />

einem improvisierten Gespräch<br />

griesgrämig die Neuankömmlinge an, sie<br />

sollen sich von den zwielichtigen<br />

Gestalten im Saloon fernhalten, stellt<br />

dann in einer kleinen einstudierten Szene,<br />

die Licht auf eine der Storylines wirft einen<br />

der Herumtreiber zur Rede und fährt dann<br />

nahtlos einen der Besucher an, der mit<br />

neunmalklugen Kommentaren die Szene<br />

unterbricht.<br />

Für knapp 90 Minuten können sich die<br />

Besucher so durch Sweetwater treiben<br />

lassen, mit den Bewohnern ins Gespräch<br />

kommen, deren persönliche Geschichten<br />

und Konflikten folgen und sich an klever<br />

gesetzten Querverweisen auf die Serie<br />

erfreuen. Es ist eine bemerkenswerte<br />

Mischung aus immersivem Cosplay-<br />

Event, interaktiver Theateraufführung,<br />

subversiver psychologischer Manipulation<br />

und klug ins Reale erweiterter fiktionalen<br />

Storywelt, deren beeindruckende Leistung<br />

darin liegt nicht nur per Mundpropaganda<br />

und Social Media-Präsenz zu punkten –<br />

SXSWestworld<br />

war<br />

dominieren<strong>des</strong> Hashtag während den<br />

ersten drei Tagen <strong>des</strong> Festivals und mit<br />

„Have You been to Westworld?“ der<br />

präferierte Go To-Eisbrecher in den<br />

allgegenwärtigen Warteschlangen.<br />

Die größte Stärke lag darin selbst bei<br />

abgestumpften SXSW-Profis echte<br />

Emotion hervorzukitzeln. Entweder in der<br />

Form eines unleugbaren Schauers der<br />

Ehrfurcht ob der derart detailliert zum<br />

Leben erweckten Welt, in der Form von<br />

realem Zusammenzucken beim großen,<br />

im Kugelhagel endenden Finale auf dem<br />

Dorfplatz, in der Form von Schamesröte,<br />

wenn die Dorfschönheit in einen offenen<br />

Flirt verstrickte, in einer seltsamen<br />

Mischung aus Scham und Gier, wenn der<br />

Pfarrer daraufhin weist, dass Nachschub<br />

für die sorgsam rationierten und als<br />

einziges Zahlungsmittel im Saloon<br />

akzeptierten WESTWORLD-Münzen nur<br />

zu finden seien, wenn man das Grab von<br />

Dolores Abernathy umgraben würde.<br />

Der Goldstandard der<br />

Aufmerksamkeitsökonomie?<br />

Freiwillige Teilnahme<br />

Warum SXSWestworld derart gut seine<br />

Mission erfüllte – namentlich die Serie für<br />

einige Tage zum vorrangigen<br />

Gesprächsthema <strong>des</strong> sowieso an Buzz<br />

und Hype nicht armen Festivals zu<br />

machen – liegt nicht nur im offensichtlich<br />

großen Budget und der mehrmonatigen<br />

Vorbereitungszeit. Es liegt in der Natur<br />

<strong>des</strong> experiential storytelling. Das Ziel jeder<br />

Form von medialer Kommunikation ist klar<br />

umrissen und in der Ära einer zunehmend<br />

überhitzten Aufmerksamkeitsökonomie<br />

wichtiger denn je: Das lärmende<br />

Grundrauschen zu durchschneiden und<br />

eine im Idealfall aktive<br />

Auseinandersetzung mit den jeweiligen<br />

Inhalten zu erreichen.<br />

Egal ob die Benachrichtigungstabs <strong>des</strong><br />

Smartphones, wo WhatsApp, proppevolle<br />

Inbox, Terminkalendar und Breaking News<br />

gedrückt und gewischt werrden wollen,<br />

egal ob die To Watch-Liste <strong>des</strong><br />

Streaminganbieters, in der sich die<br />

neusten Serien türmen, egal ob die<br />

Timelines der Social Media-Kanäle, die<br />

abgearbeitet werden wollen oder die per<br />

Newsletter eintrudelnden Angebote,<br />

Updates und Nachrichten – Freunde,<br />

Familie, Produkte, Ereignisse buhlen um<br />

Aufmerksamkeit.<br />

Weshalb die erfolgreiche Ansprache sich<br />

vor allen Dingen an einem Standard misst<br />

– sich nicht mit dem Brecheisen <strong>des</strong><br />

Plakativen, <strong>des</strong> Skandalösen, <strong>des</strong><br />

Schockierenden ins Blickfeld zu arbeiten,<br />

68


sondern freiwillige Partizipation zu<br />

erreichen und den Angesprochenen<br />

idealerweise nicht nur als Konsumenten<br />

der Nachricht zu erreichen, sondern als<br />

Multiplikator.<br />

Der witzige virale Werbeclip soll<br />

gerepostet und geteilt werden, die<br />

Facebook-Seite der Lieblingsserie mit<br />

Kommentaren und Likes versehen<br />

werden, die Behind The Scenes-<br />

Aufnahmen <strong>des</strong> nächsten Blockbusters<br />

mit Instagram-Herzen versehen werden –<br />

kurz: Die Beziehung zwischen Ansprache<br />

und Angesprochenem im besten Fall innig<br />

sein, die Wahrnehmung der darüber<br />

vermittelnden Nachricht nur der erste<br />

Schritt einer tieferen Beziehung sein.<br />

dieses tatsächlich erlebten und seiner<br />

Nicht-Reproduzierbarkeit mit den fiktiven<br />

Storywelten von Film und Serie gibt<br />

kombiniert mit der Möglichkeit einer<br />

interaktiven Immersion eine<br />

ungewöhnliche Mischung von sich<br />

gegenseitig verstärkenden Elementen.<br />

Die Geschichte <strong>des</strong> Storytellers wird<br />

unmittelbarer erlebbar, die Flüchtigkeit der<br />

Erfahrung macht sie intensiver, die<br />

multisensorische Immersion hinterlässt<br />

tiefen Eindruck und lässt die Erfahrung<br />

der Geschichte weit stärker erscheinen<br />

als die reine passive Auseinandersetzung<br />

mit einer Geschichte. Die Geschichte wird<br />

nicht nur erzählt, sie wird just in diesem<br />

Moment für mich erzählt! (gm)<br />

Grenzen verwischen -<br />

zwischen Show und<br />

Teilnahme, Darsteller und<br />

Publikum<br />

Mit dem Erlebnis SXSWestworld, das die<br />

Grenze zwischen Show und Teilnahme,<br />

zwischen Darsteller und Publikum,<br />

zwischen passivem Konsum und aktiver<br />

Interaktion auf ähnliche Weise einreißt,<br />

wie es Theaterprojekte wie Sleep No<br />

More oder Nicholas Hytner mit seiner<br />

Inszenierung von „Julius Caesar“ zuletzt<br />

taten, zeigt sich die Magie <strong>des</strong><br />

experiential storytelling. Um den<br />

Angesprochene aus der Lethargie <strong>des</strong><br />

reinen Konsums zu reißen, muss sich die<br />

Möglichkeit der Teilnahme bieten.<br />

Nicht-Reproduzierbarkeit<br />

wird zum Hype<br />

Die Teilnahme in der Form von realer<br />

Interaktion scheint in einer Ära der<br />

allumfassenden Virtualisierung wertvoller<br />

denn je – die Beliebigkeit <strong>des</strong> Virtuellen<br />

und Digitalen wird ersetzt durch die<br />

Immanenz und Flüchtigkeit <strong>des</strong><br />

tatsächlich erlebten. Die Verbindung<br />

69


70


Sarah Churchwell is a professor of<br />

American Literature at the University Of<br />

London and is Chair of the Public<br />

Understanding of the Humanities. she<br />

writes for „‚The Guardian“ „New York<br />

Statesman“ and „Financial Times“ and is<br />

the author of books „The Many Lives<br />

of Marylin Monroe“ and „Careless People:<br />

Murder, Mayhem and The invention of<br />

The Great Gatsby“. Her latest book<br />

„Behold, America“ traces the origins of<br />

New York of the early 1920s. So I tried to<br />

write a non-fiction version of „The Great<br />

Gatsby“ where I went into all that<br />

novelistic detail of this world: What did it<br />

smell like? What did it taste like? What did<br />

it feel like? What where the textures?<br />

What were the clothes like? What were<br />

the practicalities of it? That got the<br />

thinking going: During my research I had<br />

found a recipe in Scott Fitzgerald’s<br />

handwriting for bath-tub gin and I always<br />

Im Interview:<br />

Sarah Churchwell<br />

the loaded terms of „America First“ and<br />

the „American Dream“ from the end of the<br />

19th century through the era of the<br />

Second World War.<br />

What does your role at the university<br />

of London entail?<br />

Sarah Churchwell: >> Part of my role is to<br />

further public engagement and help<br />

researchers in the humanities to find ways<br />

to connect their research to the general<br />

public. One of the things they asked me<br />

when I joined three years ago was for me<br />

to come up with a public<br />

engagement initiative. This gave me the<br />

opportunity to fulfil a dream that I had for a<br />

long time. My particular expertise is on<br />

„The Great Gatsby“ by F. Scott Fitzgerald<br />

and I had recently published a book where<br />

I was trying to recreate in non-fiction<br />

terms the world that Fitzgerald<br />

had created in fictional, imaginative<br />

terms based on his experiences in the<br />

wanted to make it. I had these ideas<br />

swirling around in my head. I talked to one<br />

of my colleagues and told him that I<br />

wanted to throw a Gatsby party. But I<br />

wanted to throw it right, to recreate a<br />

Gatsby party as historically correct as<br />

possible. I wanted to make the gin, to<br />

create historically accurate perfumes, to<br />

get the music exactly right, to get all the<br />

details right. And to bring on performers to<br />

bring it all to life. > Luckily my colleague had some<br />

imagination and said „Right, let’s do this“.<br />

I had a team of young people who work in<br />

public engagement who worked with me.<br />

They were very willing but they thought it<br />

was nuts. I could tell that they couldn’t see<br />

it while I had that image in my head that I<br />

couldn’t communicate to people.<br />

71


So I just had to make it! I know a theatre<br />

producer who got some performers<br />

involved - I knew that it was going to be<br />

quite theatrical and that we would need<br />

the help with production and lighting.<br />

We called it „Living Literature“ and had no<br />

idea if it was going to succeed or not. If it<br />

would’ve failed it would’ve been a very<br />

public failure. It was a one-off and we<br />

called it „Gatsby In London“. There were<br />

500 people watching if we could make<br />

that experiment work. and it did. But<br />

maybe if you give people really strong<br />

bath-tub gin that helps! But by that point I<br />

think everybody could see what it was that<br />

I imagined. > We were building on ideas of<br />

immersive theatre like Punch-Drunk. In<br />

fact a lot of the performers we used in<br />

„Living Literature“ were Punch-Drunk<br />

actors so they knew how to improvise with<br />

a room, how to get guests involved and<br />

how to use that performances to manage<br />

the crowd – to move them where you want<br />

them to be. They were absolutely brillant:<br />

We talked them through the ideas of<br />

the novel and they really got in the spirit<br />

of them. It worked so well, so we had to<br />

do it again.<br />

The way the school I work at is very<br />

interdisciplinary: One of the institutes is<br />

Modern Language Research so part of the<br />

idea was that we wouldn’t just be<br />

anglophone but that we would choose<br />

texts that would let us showcase<br />

interdisciplinary research across<br />

the institutes So the next one we did was<br />

Proust. We brought in researchers and<br />

experts from around the country and they<br />

did pop-up talks about certain topics. For<br />

example we had a great musicologist at<br />

the school and he did that wonderful talk<br />

on Le Venteuil Sonata and the influences<br />

on it from Schumann.<br />

72


He then would play some Schumann and<br />

talked about what Proust was thinking as<br />

we were talking about the artistic<br />

influences on Proust and – of course –<br />

about memory and taste. We had an<br />

expert on the neuroscience of memory<br />

and he was doing taste experiments with<br />

the audience.<br />

This year – for the bicentennial – we did<br />

Frankenstein. We again brought experts<br />

from all over the country. The brief I now<br />

give my team is to make it appeal to all<br />

five senses when bring the ideas of the<br />

novel to life. We keep this all informal –<br />

there is no podium, nobody’s seated, it is<br />

all very interactive with the pop-up talks.<br />

We have done them in different ways: For<br />

Frankenstein to stay true to the setting of<br />

the novel we used smaller office spaces<br />

and wood-panelld rooms where people did<br />

experiments. For instance we<br />

had neuroscientists who work on galvanic<br />

responses, so they were talking about the<br />

history of Luigi Galvani. Then they were<br />

connecting electro<strong>des</strong> to guests and they<br />

were doing experiments with involuntary<br />

movement and shocks while talking about<br />

electricity as part of Frankenstein’s<br />

creation process.<br />

So it is not just about talks but about<br />

making it interactive: We had a 3D-printer,<br />

Lego and Play-Doh where people could<br />

build their own little monster, we had film<br />

screenings with original scores. little talks<br />

around film clips and music. Each of the<br />

experts does this maximum of a 10 minute<br />

talk on an aspect of the novel. We first<br />

think about what the main themes are that<br />

should be explored but we also ask them<br />

what they think should come out. What we<br />

now also do is to take novels that are<br />

global classics and that have<br />

certain myths and clichés built around<br />

them and bring in the experts to debunk<br />

some of these myths and open up new<br />

perspectives. So we want to surprise<br />

people with new ways of looking at those<br />

classics.


74


75


After working as a Development Producer<br />

in Sweden and delighting listeners with<br />

her insightful keynotes on how high-end<br />

drama series with lasting staying power<br />

and global audiences captures the<br />

imagination, Tatjana Samopjan's interest<br />

in stories and the people who tell them<br />

shifted in the last few months. We talked<br />

to her about the need for new stories, how<br />

stories work and how the future of<br />

storytelling will look like.<br />

wary that not a lot of people working in<br />

this field take any responsibility for using<br />

storytelling in that addictive way while<br />

most of the time not saying anything of<br />

value with their stories. We should be<br />

thinking more about what kind of ideas<br />

these stories are conveying.<br />

Looking at the origin of serialized<br />

storytelling starting with the newspaper<br />

comic strips of the late 19th century, to the<br />

Im Interview:<br />

Tatjana Samopjan<br />

After diving deep into the storytelling<br />

mechanisms that turned TV drama into<br />

global successes, what is the focus of<br />

your current work?<br />

Tatjana Samopjan: >> I am very interested<br />

in the use of storytelling for healing as<br />

opposed to for numbing us down,<br />

numbing our emotions. The typical<br />

situation would be a person coming home<br />

from work, taking the remote, turning on a<br />

TV show and relaxing by numbing<br />

themselves. Especially the binge-watching<br />

phenomenon creates the possibility to use<br />

stories as a kind of drug.<br />

I've been there in my twenties with this<br />

addiction to TV shows and I was lucky: I<br />

could turn that addiction into a profession,<br />

use what I learned. It was a hobby and an<br />

obsession which I studied quite<br />

extensively. But part of it was not healthy.<br />

It stayed with me that there is this<br />

possibility for abuse. It makes me very<br />

movie serials from the early days of<br />

cinema, to the radio serials, to the TV<br />

show, it is clear that serialized stories<br />

where always meant to be addictive. So<br />

this doesn't seem like a surprise?<br />

It is not a problem until it becomes a<br />

problem: people are substituting real<br />

relationships with series. We are getting<br />

used to connecting to other people, to<br />

connecting to our partner through<br />

watching something on a screen. That is<br />

very common now, especially with Netflix:<br />

we are binging together. But the origins of<br />

serialized stories as a vehicle to sell<br />

detergents and other consumer goods is<br />

still deeply rooted in TV shows.


What is the biggest difference between<br />

stories told in movies and the stories<br />

told in TV series?<br />

>> There is a reason why we have those<br />

different mo<strong>des</strong> of storytelling. Movies are<br />

stories about development. They are<br />

stories about waking up from a<br />

circumstance or an illusion, about<br />

discovering the true need instead of<br />

following false truths.<br />

It is like the journey in an elevator: from<br />

the beginning of the movie to the end of<br />

the movie there is a rise in consciousness<br />

that is triggered through action. TV shows<br />

are more about digging where you stand.<br />

They are about exploring a circumstance<br />

that is unsolvable. Because life feels like<br />

this: you are often caught up in a conflict<br />

that you cannot resolve. With series you<br />

are drilling into that conflict and learning<br />

about it. Sometimes maybe,<br />

maybe, maybe you transcend it but most<br />

of the times you cannot because of the<br />

nature of it.<br />

The most beautiful example of this is<br />

Buffy: it shows that split in the character<br />

between her own private needs as a<br />

person – love, companionship, selfdevelopment<br />

– and what the world wants<br />

from her because she has this calling.<br />

That is a conflict that cannot be solved as<br />

long as you're active in the world, as long<br />

as you have something to contribute. We<br />

as humans in a society are meant to<br />

contribute, but at the same time we have<br />

to fulfil our own needs. So this is a conflict<br />

that we cannot escape: giving to much to<br />

the world and taking enough for<br />

ourselves.<br />

So there are stories where we go through<br />

the hero’s journey, we wake up from<br />

something. And then there are situations<br />

in life that we cannot wake up from<br />

because that's life. We are suck in the<br />

conflict. That is why we need serialized<br />

stories to go back to that conflict over and<br />

over again and dig into it and show new<br />

aspects of it.


Why is – in your opinion – a new way<br />

of looking at stories and storytelling<br />

more responsibly so important? We<br />

are entertained, isn't that enough?<br />

>> There is this field called narrative<br />

medicine that I've been diving deep into in<br />

the last few months that is about<br />

connecting indigenous traditions with<br />

modern medicine. It is amazing what can<br />

be done with stories, because people<br />

can only change their lives, the<br />

circumstances they are in when they<br />

change their stories and change the<br />

stories of their suffering.<br />

are. We interpret everything: us, the world<br />

around us and try to see a story in it.<br />

It is how our minds are wired to work: we<br />

build stories and spend our lives<br />

embedded in networks of stories.


10 gute Gründe, um Plot zu<br />

besuchen<br />

Hier sind zehn gute Gründe für alle, die<br />

überlegen, für Plot19 ein Ticket zu kaufen.<br />

Zehn gute Gründe, die 2018 überzeugten<br />

und die heute mehr denn je, Gültigkeit<br />

haben:<br />

1. Wie gut ist Ihr <strong>Storytelling</strong>?<br />

Standardinstrument <strong>des</strong> Marketings<br />

Emotionales Marketing ist keine<br />

Modeerscheinung. Laut einer GfK-<br />

Umfrage planten 2018 über 90% der<br />

Kommunikationsverantwortlichen in<br />

deutschen Unternehmen zukünftig mehr<br />

auf <strong>Storytelling</strong> zu setzen. 44% der<br />

Journalisten fordern gar von Pressestellen<br />

mehr Stories statt üblicher Produktbeschreibungen.<br />

Wer sich jetzt noch nicht<br />

mit der Kunst <strong>des</strong> Geschichteerzählens im<br />

Rahmen von Marketing und Unternehmenskommunikation<br />

auseinandergesetzt<br />

hat, sollte dies schnellsten tun.<br />

2. Der Hunger nach Geschichten<br />

wächst<br />

2018 startete die Telekom ihren<br />

Streamingdienst „MagentaTV“ und ist<br />

damit nur ein Konkurrent von vielen zu<br />

Netflix, Amazon Prime, Sky und<br />

Maxdome. Der deutsche Markt für Video<br />

on Demand boomt und auch RTL,<br />

ProSiebenSat.1 und der Discovery<br />

Channel folgen. Damit verbunden ist, dass<br />

der Hunger nach guten Stories wächst.<br />

Eine Chance für Filmemacher, aber auch<br />

Unternehmen, die starke, kreative Stories<br />

zu bieten haben.<br />

79


3. Internationale Inspiration<br />

Der Autor und Künstler Austin Kleon hat<br />

ein wunderbares Buch geschrieben mit<br />

dem Titel „Steal like an Artist“- und genau<br />

das ist der Grund, warum Plot – das<br />

interaktive <strong>Storytelling</strong>-Forum Sprecher<br />

und Kreative aus New York, Berlin,<br />

London, Helsinki, Hamburg und<br />

Stockholm nach München holt.<br />

Um Ihnen Gelegenheit zu geben, sich was<br />

abzugucken und sich für Ihre tägliche<br />

Arbeit inspirieren zu lassen.<br />

4. Mit Geschichten die Zukunft<br />

erzählen<br />

Der Narrationsforscher Prof. Dr. Michael<br />

Müller stellt die provokante Frage, ob<br />

Unternehmen heute die richtigen<br />

Geschichten erzählen, um Einfluss auf die<br />

Zukunft zu nehmen.<br />

Aus seiner Sicht, bestimmen Stories die<br />

Welt von heute und morgen – und<br />

Storyteller im Entertainmentbereich, aber<br />

auch in der Unternehmenskommunikation<br />

haben hier eine große Verantwortung.<br />

5. <strong>Storytelling</strong> ist nicht gleich<br />

<strong>Storytelling</strong><br />

In den letzten fünf Jahren hat sich der<br />

Begriff „<strong>Storytelling</strong>“ zu einem der<br />

meistgenutzten – und auch abgenutzten –<br />

Buzzwords der Kommunikationsbranche<br />

entwickelt. Der Bedarf nach guten Inhalten<br />

und Geschichten für das populär<br />

gewordene „Content Marketing“ befeuerte<br />

den Hype.<br />

Es scheint, als haben uns in den Begriff<br />

„Story“ verliebt und daher nutzen wir ihn<br />

wo immer es geht. So werden Nachrichten<br />

zu Stories, der Markenkern wird zur<br />

Markenstory und auch die Kernbotschaft<br />

heißt jetzt Story.<br />

Doch um qualifiziert mit der Methode <strong>des</strong><br />

<strong>Storytelling</strong>s umzugehen und um auch<br />

Kreative sinnvoll beauftragen und briefen<br />

zu können, ist es dringend erforderlich,<br />

den Begriff und die wesentlichen<br />

Elemente einer guten Geschichte zu<br />

definieren. Mit zahlreichen Talks und<br />

Workshops gibt Plot auch hierauf eine<br />

Antwort.<br />

80


6. Mehr rund ums Jahr: PlotX<br />

Plot ist Inspiration und Diskussion. Plot<br />

gibt Orientierung und Ausblick. Dafür sind<br />

die Keynotes und Panels ideal. Plot ist<br />

aber auch ein Raum für praktischen<br />

Erfahrungsaustausch, kontroverse<br />

Auseinandersetzung und Networking.<br />

Und genau das findet in PlotX, den Meet-<br />

Ups und GetTogethers im Laufe <strong>des</strong><br />

Jahres 2019 statt. Einfach dazu WTP,<br />

den Plot-Newsletter abonnieren und auf<br />

dem Laufenden bleiben.<br />

7. Erzählen allein reicht nicht mehr<br />

Der Europapark Rust bezeichnet sich als<br />

„Netflix der Branche“. So hochgegriffen<br />

der Vergleich erscheinen mag, so falsch<br />

ist er nicht. Fast sechs Millionen<br />

Besucher kommen je<strong>des</strong> Jahr in den<br />

Park, um etwas zu erleben. Der<br />

Experience-Markt wächst unaufhörlich<br />

und bekommt immer neuere Formate.<br />

Escape-Rooms boomen.<br />

Mittelaltermärkte entwickeln sich zu<br />

riesigen LARPs (Life Action Role Plays),<br />

in denen die Besucher tagelang in eine<br />

Rolle schlüpfen und Geschichte<br />

nachspielen.<br />

Was einst für „Freaks“ reserviert war, wird<br />

zum Massenphänomen. Denn je<br />

einfacher der Zugang zu Stories und<br />

Movies für die Zuschauer wird, je öfter sie<br />

diese auf Smartphone und Tablet<br />

anclicken – und auch wegclicken, umso<br />

mehr wächst das Verlangen, Geschichten<br />

nicht nur passiv, sondern auch aktiv zu<br />

erleben.<br />

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Auch in Marketing und PR reicht es schon<br />

lange nicht mehr, Geschichten nur zu<br />

erzählen. Kunden und Mitarbeiter tauchen<br />

statt <strong>des</strong>sen ein in die Welt der Marke und<br />

werden so zu wahren Fans. Bisher sprach<br />

man in diesem Zusammenhang von<br />

Marken- oder Produkterlebnissen. Neu<br />

hinzu kommen nun Story-Erlebnisse. HBO<br />

hat 2018 auf der SXSW eindrucksvoll mit<br />

Westworld@SXSW demonstriert,<br />

Plot bringt daher Storyteller, die die Kunst<br />

der Immersion und Interaktion<br />

beherrschen mit Marketingprofis und<br />

Journalisten zusammen, um neue<br />

Formate zu inspirieren und anzuregen.<br />

8. Zum Storyteller werden:<br />

PlotExperiences<br />

Plot bietet Talks, Podiumsdiskussionen<br />

und Workshops – aber es gibt auch jede<br />

Menge zusätzlich zu entdecken und<br />

ausprobieren. Wie zum Beispiel RE:Show<br />

– Recapture.<br />

Bezaubernd und fantastisch ist die<br />

Geschichte, die Andreas Waldenmaier mit<br />

seiner Agentur kontrastmoment anlässlich<br />

<strong>des</strong> Firmenjubiläums auf die Bühne<br />

zauberte und zeigt, dass <strong>Storytelling</strong> in<br />

der Unternehmenskommunikation so viel<br />

mehr sein kann, als reine PR. Lassen sie<br />

sich vom Landjäger Kürzestfilm<br />

Filmfestival verzaubern. Länge der Filme,<br />

vielmehr Kürze der Filme: 12 Sekunden!<br />

9. Es kommen rosige Zeiten für<br />

Filmemacher<br />

Sollten unabhängige Drehbuchautoren<br />

und kreative Filmemacher für Marken und<br />

Unternehmen arbeiten? Wir meinen ja.<br />

Wir alle profitieren von besseren Stories.<br />

Doch viele haben den Eindruck, sie<br />

müssten sich und ihre Kreativität im<br />

Rahmen von Marketing und PR<br />

verkaufen.<br />

Plot will hier eine Brücke schlagen –<br />

zwischen Unternehmen, die händeringend<br />

Kreative suchen, die attraktive Inhalte<br />

schaffen und Filmemachern, die Aufträge<br />

suchen! Denn da entsteht ein neuer<br />

Bedarf – ein Bedarf nach spannenden<br />

Geschichten, die weit mehr sind als der<br />

altbackene Industriefilm, das<br />

standardisierte Vorstandsvideo und oder<br />

das ungeliebte Product-Placement.<br />

Es kommen rosige Zeiten für Storyteller.<br />

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10. E brennt …<br />

Und wem die Gründe eins bis neun noch<br />

nicht reichen, den überzeugen sicher die<br />

Themenschwerpunkte von Plot19. Am 6.<br />

September in München packen wir drei<br />

heiße Eisen an:<br />

Wer glaubt noch Storytellern?<br />

Seit dem Relotius-Skandal stehen nicht<br />

nur Journalisten unter Generalverdacht.<br />

Auch Pressesprecher und<br />

Dokumentarfilmer, Blogger und<br />

Meinungsmacher müssen ihre Stories im<br />

Umfeld von Filterblasen und Fake News<br />

verteidigen. Was also tun, um glaubwürdig<br />

und relevant zu bleiben?<br />

Wer braucht noch <strong>Storytelling</strong>?<br />

Alle Kanäle sind voll. Und es kommen<br />

weitere dazu. Ist denn nicht alles schon zu<br />

viel? Sind Content-Schock und Overload<br />

die Folge? Wie gelingt es überhaupt noch<br />

zu Publikum und Zielgruppe<br />

durchzudringen? Wie in Erinnerung<br />

bleiben? Wie finden wir Geschichten, die<br />

es wert sind erzählt zu werden?<br />

Zuschauen war gestern.<br />

Involvement ist heute. Die Zukunft <strong>des</strong><br />

<strong>Storytelling</strong>s liegt in der Partizipation und<br />

Interaktion. Wirklich wahr? Bitte mal<br />

Fakten auf den Tisch: Wie kann man<br />

Rezipienten erfolgreich einbinden, ohne<br />

die Geschichte komplett aus der Hand zu<br />

geben? Wo bleibt zwischen Innovation,<br />

Immersion und Interaktivität noch Platz für<br />

den Storyteller?<br />

Tickets unter http://whattheplot.com/<br />

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Kommunikation & Organisation:<br />

Simone Schellmann<br />

simone.schellmann@seriencamp.tv<br />

+49 (0) 89 59 91 81 41<br />

Programm & Verantwortlich für den Inhalt<br />

dieses PlotBooks:<br />

Petra Sammer<br />

sammerpetra@gmail.com<br />

+49 (0) 152 0248 6034<br />

Gerhard Maier<br />

gerhard.maier@seriencamp.tv<br />

+49 (0) 89 59 91 81 44<br />

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