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Fantasietrachten, Strümpfe inklusive Naht und Spitzenunterwäsche<br />
für meine innig geliebte, einzigartige Barbie fertigte ich emsig. Sogar<br />
ihre fehlenden Schamhaare ergänzte ich. Das ge eignete Haar<br />
dafür fand ich an Omas Persianer mantel, was sie Gott sei Dank nie<br />
bemerkt hatte. Aus einem Gefühl der Scham heraus durften meine<br />
Freundinnen diese Barbie dann aber nie ausziehen. Heute kann<br />
man alles an Barbie-Ausstattung kaufen, aber damals als Kind<br />
mit all meinen Barbie-Kreationen war ich der Zeit voraus. Im Alter<br />
von zehn bis vierzehn Jahren habe ich in den Schulferien Motive<br />
– von für mich damals schon als groß artig empfundenen Malern<br />
wie Michelangelo und Toulouse-Lautrec – auf Malerabdeckpapier<br />
nachempfunden. Neben alten, irgendwo aufgestöberten Kunstharzlacken<br />
habe ich mir meine Farben selbst kreiert. Zu diesem Zweck<br />
habe ich Rost von Eisenrohren gekratzt, den Ruß aus dem Kamin<br />
geholt und mit farblosem Lack gebunden. Damit malte ich Gottvater<br />
aus der Sixtinischen Kapelle nach. Der Heizkörperlack aber<br />
rann unablässig herab – das Bild war nicht zu halten. Diese meine<br />
Technik musste ich deshalb aber leider wieder einstellen, trotz der<br />
großen Lust dabei, mit cremiger Konsistenz zu malen. Heute danke<br />
ich meinen Eltern und Groß eltern, dass sie mir in meiner Kindheit<br />
soviel Raum und Freiraum zur Verfügung gestellt haben und sie<br />
mich in diesem meinem Keller werken ließen.<br />
Die Fachschulzeit begann, als ich fünfzehn Jahre alt war.<br />
Das Arbeits amt riet meiner Mutter, mich als sehr genervtes Schulkind<br />
der Ursulinen und von den Lehrerinnen schon als kreativ<br />
begabtes Kind erkannt – an der Ferrarischule für Mode oder<br />
der Fachschule für Kunst anzumelden. Als damals burschikoses<br />
Mädchen hatte ich von den vorwiegend weiblichen Themen in<br />
der Klosterschule genug, und so besuchte ich in der Höheren<br />
Technischen Lehranstalt (HTL) Innsbruck die Abteilung für Holzund<br />
Steinbildhauerei. Bei der Aufnahmeprüfung hätte ich mich<br />
ebenso für Architektur oder Bildhauerei anmelden können, aber<br />
dies verlangte noch ein ganzes Jahr mehr an Schule, und das war<br />
mir damals doch zu viel. Das besondere Interesse für Architektur<br />
ist mir aber als große persönliche Leidenschaft erhalten geblieben.<br />
Ich finde diesen Schultyp der HTL (Höhere Technische Lehrund<br />
Versuchsanstalt, gibt es für viele Fachbereiche) fantastisch,<br />
denn es wird einem schon in frühen Jahren ermöglicht, mehrere<br />
Handwerke zu erlernen. Später wäre es ungleich schwieriger, so<br />
eine Vielfalt an Fertigkeiten erlernen und genießen zu dürfen und<br />
sich dabei entwickeln zu können. Auch war mir die handwerkliche<br />
Arbeit mit ihrem körperlichen Einsatz neben so viel Schultheorie<br />
im Alter von vierzehn bis achtzehn Jahren eine willkommene Bereicherung.<br />
Verschiedenste Techniken, das Arbeiten mit Stein bei<br />
Fachlehrer Reinhold Drugowitsch und das figurale Modellieren mit<br />
Ton bei Prof. Siegfried Hafner konnte ich nun erlernen.<br />
Mit der Moderne in Berührung kam ich durch Prof. Siegfried<br />
Parth. Als damals noch Halbwüchsige hatte ich natürlich keine<br />
Ahnung von diesen modernen, befremdlich wirkenden Kunstwerken,<br />
die man hier und dort sah und über die heftig geschimpft<br />
wurde. Siegfried Parth aber brachte sie uns näher: Er lehrte uns<br />
Komposition und förderte uns im individuellen Gestalten. Das so<br />
genannte Schlüsselerlebnis hatte ich bereits in einer seiner ersten<br />
Entwurfsstunden. Wir sollten mit bloß zwei Linien eine quadratische<br />
Fläche gestalten. Ich befüllte, umstrickte, beschrieb, überspannte,<br />
belegte, eroberte und kleidete die Fläche zart und stark.<br />
Es war unendlich und spannend, was sich hinter dieser vorerst<br />
einfachen Aufgabe an Lösungen anbot. Ich zeichnete und ich entdeckte.<br />
Nahezu sprachlos saß ich nach dieser Entwurfsstunde da,<br />
war 15 Jahre jung, war begeistert von den vor mir erstandenen<br />
Bildern, war außer mir – und plötzlich entdeckte ich nicht nur, ich<br />
verstand, und so war ich mir nun sicher: Die Moderne wird meine<br />
Leidenschaft! Die Typografie, die ich damals bei Prof. Pfeil und<br />
Prof. Zelger erlernt habe, setze ich nun bei meinen Plakatgestaltungen<br />
ein. Bei Fachlehrer Walter Deussl entstanden Treibarbeiten<br />
in Metall, Schmuckstücke und Objekte aus Kupfer, Messing und<br />
Silber. Diese Fertigkeiten im Umgang mit Bunt metallen waren ein<br />
weiteres Tor zum Jonglieren mit verschiedensten Materialien, um<br />
thematische Ausdrücke im bildhaften Werken zu verstärken. Das<br />
waren meine ersten Begegnungen mit der Kunst, denn in diesem<br />
Unterricht haben wir gelernt, dass das Wort Kunst von ‚Können‘<br />
stammt, dass Kunst aber auch von ‚Künden‘ kommt, von ‚Verkünden‘,<br />
dass in der Umsetzung von Kunst eben immer eine Botschaft<br />
steckt.