Der Kampf um den Kanon
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DER<br />
TITEL<br />
KAMPF<br />
UM DEN<br />
KANON<br />
Ob in Siegen, Frankfurt oder Köln: An <strong>den</strong><br />
Universitäten wer<strong>den</strong> zunehmend missliebige<br />
Meinungen unterdrückt und Professoren an<br />
<strong>den</strong> Pranger gestellt, wenn sie sich nicht ins<br />
Korsett der politischen Korrektheit zwängen<br />
lassen. Die Hochschulen verlieren damit nicht<br />
nur ihre Funktion als Orte der kritischen<br />
Auseinandersetzung, auch die demokratische<br />
Kultur geht verloren<br />
14<br />
Cicero – 06. 2019
Von<br />
ALEXANDER KISSLER,<br />
ALEXANDER MARGUIER und<br />
CHRISTOPH SCHWENNICKE<br />
Illustrationen<br />
Le.BLUE
TITEL<br />
Als die Frankfurter Ethnologie-Professorin<br />
Susanne Schröter eine Konferenz<br />
unter dem Titel „Das islamische Kopftuch<br />
– Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“<br />
an der Goethe-Universität<br />
plant, war sie sich nicht sicher, ob sie <strong>den</strong> Ra<strong>um</strong> voll<br />
bekommen würde. „Das Thema ist ja nicht ganz neu“,<br />
sagt sie ein wenig kokett, „wir diskutieren schon seit<br />
20 Jahren über das Kopftuch.“ Doch dann, wenige<br />
Wochen bevor die Konferenz am 8. Mai beginnen soll,<br />
bricht über Schröter ein Shitstorm herein. Sie sei eine<br />
„antimuslimische Rassistin“, liest sie im Internet über<br />
sich, und dass sie mit ihrer Konferenz gegen <strong>den</strong> Islam<br />
hetzen wolle. Auf Instagram und Facebook kursiert<br />
der Hashtag #schroeter_raus. Sie soll ihre Professur<br />
verlieren.<br />
Die Anfeindungen gegen Schröter haben die<br />
Frankfurter Kopftuchkonferenz landesweit in die Medien<br />
gebracht. Die Anmeldungen übersteigen die Platzkapazitäten<br />
<strong>um</strong> ein Vielfaches, vor der Tür stehen Einsatzwagen<br />
der Polizei. Kurz vor Beginn lädt Schröter<br />
zur Pressekonferenz. Ein wenig verdattert steht sie vor<br />
rund 20 Reportern, sechs Mikrofonen und vier Fernsehkameras<br />
und erklärt, war<strong>um</strong> ihre Konferenz keine<br />
muslimischen Frauen diskriminieren soll. „Wir haben<br />
zu der Konferenz auch zwei Frauen eingela<strong>den</strong>, die<br />
das Kopftuchtragen ausdrücklich befürworten“, sagt<br />
Schröter. Man wolle lediglich eine wissenschaftliche<br />
Diskussion führen. An ihrer Seite sitzen die Universitätspräsi<strong>den</strong>tin<br />
Birgitta Wolff und die AStA-Referentin<br />
Wann immer<br />
Schlagwörter<br />
wie Gender oder<br />
Antifaschismus<br />
auftauchen, kann<br />
der, der sie im<br />
Munde führt, seine<br />
eigene Position<br />
als alternativlos<br />
vorführen<br />
Fatma Keser. Einige Stu<strong>den</strong>ten wollten Schröters Forschung<br />
z<strong>um</strong> Islam grundsätzlich verhindern, glaubt<br />
Keser. Wolff appelliert an die Wissenschaftsfreiheit.<br />
Vor der Tür halten ein gutes Dutzend Demonstranten<br />
im Nieselregen ihre selbst gebastelten Schilder<br />
hoch. „No to racism“, steht da drauf. Ist Schröter eine<br />
Rassistin? „Von sieben Konferenzteilnehmern sind nur<br />
zwei für das Kopftuch“, begründet die Jurastu<strong>den</strong>tin<br />
Mariam ihre Wut, das sei diskriminierend. Eine andere<br />
Stu<strong>den</strong>tin will gehört haben, wie Wolff das Kopftuch<br />
mit SS-Uniformen gleichgesetzt habe. Nach der letztlich<br />
friedlich verlaufenen Konferenz erklärt einer der<br />
Initiatoren des Protests, der Aktivist und Moslem Zuher<br />
Jazmati, im Gespräch mit der Tageszeitung Die<br />
Welt, die Gästeauswahl sei problematisch gewesen: „Es<br />
wur<strong>den</strong> Menschen wie Alice Schwarzer, Necla Kelek<br />
und so weiter eingela<strong>den</strong>, die ganz klar schon in der<br />
Vergangenheit sehr schlimme Aussagen getroffen haben,<br />
die sehr stark ins rechte Lager gespielt haben. Und<br />
das wollten wir so nicht lautlos hinnehmen, da wollten<br />
wir ein Zeichen dagegensetzen.“<br />
DASS IN FRANKFURT eine Veranstaltung ins Fa<strong>den</strong>kreuz<br />
politischer Aktivisten geriet, die sich mit Erscheinungsformen<br />
des Islam beschäftigte, ist symptomatisch.<br />
<strong>Der</strong> Islam hat ein hohes Mobilisierungspotenzial.<br />
Islamkritiker treffen auf Islamisten, fromme auf säkulare<br />
Muslime, Atheisten auf Christen, und die Wissenschaft<br />
kann, ja darf es keiner Seite recht machen. Wer<br />
<strong>den</strong> Ra<strong>um</strong> des Fragens offenhalten will, gilt schnell als<br />
parteiisch. Die Debatte könnte ja „in die rechte Ecke<br />
spielen“ (Jazmati). Wo jedoch nicht mehr offen arg<strong>um</strong>entiert<br />
wird, schafft Universität sich ab.<br />
Daran erinnert der Wiener Philosoph Konrad Paul<br />
Liessmann, der im Gespräch neben dem Islam drei weitere<br />
neuralgische Felder benennt: <strong>den</strong> Antifaschismus,<br />
<strong>den</strong> Antirassismus und – „ganz wesentlich“ – Gender.<br />
Wo immer diese zu Schlagwörtern herabgesunkenen<br />
Begriffe auftauchen, kann der, der sie im Munde führt,<br />
seine eigene Position als alternativlos vorführen. „Man<br />
weiß dann sofort“, führt Liessmann aus, „auf welcher<br />
Seite man zu stehen hat. Das ist das Entschei<strong>den</strong>de.“<br />
Letztlich werde durch einen solchen hohen moralischen<br />
Anspruch ein moralischer Diskurs verhindert.<br />
„Wenn ich genau weiß, was das Gute ist, hat der andere<br />
nur noch die Möglichkeit, sich dazu zu bekennen. Entweder<br />
er wird bekehrt, oder er wird ausgeschlossen.“<br />
Deshalb wür<strong>den</strong> Podien oft so besetzt, dass – anders<br />
als in Frankfurt – Widerspruch nicht zu erwarten<br />
sei. An der Wiener Universität gebe es im Bereich der<br />
Philosophie „Forderungen von unten“, durch Leselisten<br />
sicherzustellen, „dass in Lehrveranstaltungen ein<br />
bestimmter Prozentsatz der Autoren, egal zu welchem<br />
Thema, Frauen sein müssen oder außereuropäisch, <strong>um</strong><br />
16<br />
Cicero – 06. 2019
vermeintliche oder tatsächliche Gerechtigkeit herzustellen.“<br />
In Paris wurde ein Vortrag Alain Finkielkrauts<br />
an der Sciences Po verhindert. <strong>Der</strong> jüdische Philosoph<br />
sah sich, ähnlich wie Susanne Schröter, mit dem Vorwurf<br />
konfrontiert, er propagiere „antimuslimischen<br />
Rassismus“.<br />
Alles in allem, so Liessmann, sei die Situation<br />
in Österreich nicht derart politisiert wie in Deutschland,<br />
Frankreich, <strong>den</strong> Vereinigten Staaten, dienten<br />
Fragen“ zu vertreten und „gewalttätige Ausschreitungen<br />
gegen Geflüchtete“ zu rechtfertigen. Ein Gerichtsstreit<br />
schloss sich an, an dessen Ende der Vorwurf des<br />
Rechtsradikalismus als von der Meinungsfreiheit gedeckt<br />
erklärt wurde, nicht aber die Falschaussage, Baberowski<br />
habe Gewalt gegen Flüchtlinge gutgeheißen.<br />
<strong>Der</strong> Gang vor Gericht, sagt Baberowski heute, sei ein<br />
Fehler gewesen. Er habe die Justiz falsch eingeschätzt.<br />
Das „Claudia-Roth-Milieu“ sei überall.<br />
Wir sehen Möglichkeiten<br />
in der ultraschnellen<br />
Aufladung von E-Autos.<br />
Und in fortschrittlichen<br />
Kraftstoffen.<br />
BP entwickelt fortschrittliche Kraftstoffe,<br />
die Autos unterstützen effizienter zu fahren.<br />
die Universitäten nicht derart stark als „Probefelder<br />
für Kulturkämpfe“. Veranstaltungen mit anderorts<br />
angefeindeten Professoren wie Egon Flaig oder<br />
Jörg Baberowski habe er in Wien ohne <strong>den</strong> „Hauch<br />
eines Protests“ durchführen können. <strong>Der</strong> Berliner<br />
Osteuropahistoriker Baberowski konnte im Oktober<br />
2016 nicht in <strong>den</strong> Rä<strong>um</strong>en der Universität Bremen<br />
referieren, nachdem der dortige AStA dem Gast<br />
per Flugblatt unterstellt hatte, „rechtsradikale Positionen<br />
im politischen Streit <strong>um</strong> migrationspolitische<br />
BP_Corporate_Campaign_2019_Cicero_AF_212x137.indd Alle Seiten<br />
Baberowski sagt es im fünften Stock eines schmucklosen<br />
Hochhauses an der Berliner Friedrichstraße, wo<br />
das Institut für Geschichtswissenschaften untergebracht<br />
ist. Unten locken eine Bierwirtschaft und ein Naturkostla<strong>den</strong><br />
typisches Berliner Publik<strong>um</strong> an. <strong>Der</strong> Historiker<br />
sieht die Universität in einem doppelten Zangengriff.<br />
Einerseits werde die universitätsinterne Öffentlichkeit<br />
von wissenschaftsfrem<strong>den</strong> Erwägungen geleitet; nicht<br />
die Forschung, sondern die „Organisation von Forschung<br />
markiert die Spielrä<strong>um</strong>e, die man hat“, das heißt,<br />
18<br />
Cicero – 06. 2019
TITEL<br />
„Frauenbeauftragte, Gremien, Gleichstellungsfunktionäre<br />
lenken die Universität. Dar<strong>um</strong> hat sich deren Autonomie<br />
ausgehöhlt.“ Andererseits wirke die außeruniversitäre<br />
Öffentlichkeit in die Hochschule hinein, und<br />
jene sei in Berlin von einem medial bestens vernetzten<br />
linken politischen Milieu geprägt. In Berlin werde alles<br />
z<strong>um</strong> Politik<strong>um</strong>. In Tübingen, Freiburg oder Greifswald<br />
krähte kein Hahn danach, welche Vorstellungen vom<br />
Weltenlauf eine „trotzkistische Sekte“ habe.<br />
Behauptungen“, „leere Phrasen“ und „Wortschleier“.<br />
Im Verfassungsschutzbericht für 2017 erscheint die<br />
SGP mit ihren „nach Eigenangaben 261 Mitgliedern“<br />
im Kapitel über Linksextremismus.<br />
Die Kleinpartei führt einen Kleinkrieg gegen<br />
Baberowski, seit dieser Anfang 2014 <strong>den</strong> kritischen<br />
Trotzki-Biografen Robert Service nach Berlin zu einem<br />
Vortrag einlud. Baberowski wird in Büchern, Videobotschaften,<br />
selbst auf Plakaten an der Uni verunglimpft<br />
Für eine bessere<br />
Fahrt – egal, was<br />
Sie antreibt.<br />
Wir sehen die Welt<br />
voller Möglichkeiten.<br />
Von erneuerbaren Energien<br />
und sauberer verbrennendem<br />
Erdgas bis hin zu fortschrittlichen<br />
Kraftstoffen und neuen, CO 2 -armen<br />
Geschäftsfeldern. BP arbeitet daran,<br />
Energie sauberer und besser zu<br />
machen.<br />
Bei der Stromerzeugung verbrennt<br />
Erdgas <strong>um</strong> 50 % sauberer als Kohle.<br />
<strong>Der</strong> Historiker und Stalinismusexperte zieht kurz<br />
die Luft ein und schaut auf <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong>. Seit fünf Jahren<br />
sieht er sich im Fa<strong>den</strong>kreuz jener „Sekte“ namens SGP<br />
(Sozialistische Gleichheitspartei) und deren Jugendorganisation.<br />
In einem Bericht der „Unabhängigen Studieren<strong>den</strong>zeitung<br />
der H<strong>um</strong>boldt-Universität zu Berlin“<br />
heißt es, die Trotzkisten forderten die Errichtung einer<br />
sozialistischen Räterepublik, witterten „rechtsextreme<br />
Verschwörungen hinter jeder Ecke“ und stützten<br />
sich dabei auf „wilde und zusammenhangslose<br />
als „brauner Professor“, der in seinen „verrotteten<br />
akademischen Zirkeln“ die Geschichte <strong>um</strong>schreiben<br />
wolle. So sagt und schreibt es Christoph Vandreier<br />
von <strong>den</strong> Trotzkisten. <strong>Der</strong> Politologe Herfried Münkler<br />
wieder<strong>um</strong>, heißt es ebenfalls in einem Buch des<br />
Internet-Journalisten Vandreier über eine gegenwärtige<br />
faschistische „Verschwörung der herrschen<strong>den</strong><br />
Eliten“, sei Militarist und Revisionist. Baberowski berichtet<br />
von körperlichen Bedrohungen gegen ihn und<br />
seine Mitarbeiter und be<strong>den</strong>klichen Nebenfolgen:<br />
17.01.19 17:30<br />
19<br />
Cicero – 06. 2019
„Professorenkollegen mei<strong>den</strong> es, sich mit mir sehen<br />
zu lassen. Keiner will danach in anklagendem Gestus<br />
bei Twitter auftauchen.“<br />
Herfried Münkler treffen wir am Flughafen Berlin-Tegel.<br />
<strong>Der</strong> mittlerweile emeritierte Professor ist<br />
sofort an seinem Markenzeichen zu erkennen, dem<br />
grauen Spitzbart. Münkler ist ein öffentlicher Intellektueller,<br />
der die Debatten mit seinen Meinungsbeiträgen<br />
bereichert, dessen Wort gehört wird bis ins<br />
Kanzleramt. Gerade kommt er aus Köln zurück und<br />
nimmt sich auf <strong>den</strong> kargen Sitzen des Terminals Zeit,<br />
über sein einschlägiges Erlebnis zu re<strong>den</strong>. 2015 war<br />
Münkler für mehrere Wochen ins Visier von Stu<strong>den</strong>ten<br />
an der HU geraten. Über einen anonymen Blog<br />
warfen sie ihm Rassismus, Sexismus und Eurozentrismus<br />
vor. Seine Vorlesungen wur<strong>den</strong> durch diesen Filter<br />
verfolgt und anprangernd protokolliert. Wenn man<br />
die Einträge heute liest, wirken die Protokolle lächerlich,<br />
ungewollt komisch, obsessiv. Selbst das Füllwörtchen<br />
„eigentlich“ geriet einmal z<strong>um</strong> Beleg des münklerschen<br />
Sexismus.<br />
VIER JAHRE SPÄTER kann der Politikwissenschaftler<br />
mit Abstand auf diese Wochen blicken und sie analysieren.<br />
„Es ist nicht so, dass das nicht Trefferwirkung<br />
gezeigt hätte“, sagt er und streicht sich mit der<br />
Hand langsam durch seinen Kinnbart. Münkler hielt<br />
seine Vorlesungen gerne in freier Rede, was für ihn<br />
zur Performance gehört. Sonst könnten die Stu<strong>den</strong>ten<br />
ja auch einfach nur die Bücher lesen. In <strong>den</strong> bewussten<br />
Wochen des Jahres 2015 ließ er sich rhetorisch<br />
nicht von der Leine. Und fand sich trotzdem<br />
jedes Mal <strong>um</strong>gehend am Pranger.<br />
Wor<strong>um</strong> es bei dieser systematischen Hatz gegen<br />
ihn und manchen Kollegen ginge? „Das ist ein <strong>Kampf</strong><br />
<strong>um</strong> <strong>den</strong> <strong>Kanon</strong>“, sagt Münkler, <strong>um</strong> das Sagbare und<br />
das Denkbare, genauer: <strong>um</strong> dessen Eingrenzung. Und<br />
damit <strong>um</strong> die Frage der gesamten politischen Kultur.<br />
Bis dahin habe er sich nur theoretisch mit asymmetrischer<br />
Kriegsführung beschäftigt. Münkler hat viel<br />
über Imperien und Kriege geschrieben. <strong>Der</strong> Begriff<br />
„asymmetrische Kriegsführung“ stammt von ihm und<br />
ist in <strong>den</strong> allgemeinen politischen Wortschatz eingegangen.<br />
„Da habe ich sie ganz praktisch erlebt.“ Die<br />
Stärke der Angreifer bestand in deren Anonymität,<br />
die sie in seinem Fall auch nie verlassen haben.<br />
Eine Einladung Münklers an die Blogger, sich mit<br />
ihm bei einem Treffen auseinanderzusetzen, lehnten<br />
die Macher von „Münkler-Watch“ ab. Sie gaben gegenüber<br />
einem Reporter kund, dass sie zu viel Angst<br />
vor Münklers rhetorischen Fähigkeiten hätten. Daher<br />
die Sniper-Attacken aus dem Hinterhalt des Netzes.<br />
Das sei wie ein paramilitärisches Vorgehen, sagt<br />
Münkler, und Beschuss von Paramilitärs versetze<br />
konventionelle Armeen systematisch in Panik. Das<br />
zugrunde liegende Muster sei „eine <strong>um</strong> sich greifende<br />
Feigheit“ auf verschie<strong>den</strong>en Ebenen, die Feigheit „einer<br />
postheroischen Gesellschaft“. Auch ein etablierter<br />
Münkler-Begriff. Zur Feigheit der Heckenschützen<br />
gesellten sich eine Feigheit der Hochschulleitung, oft<br />
auch eine Feigheit der Opfer. Münkler hat sich in <strong>den</strong><br />
besagten Wochen von der Spitze der Uni und von deren<br />
Rechtsabteilung allein gelassen gefühlt. Achselzucken<br />
war da: Kann man nichts machen. Dieses Achselzucken<br />
reiche bis in die Politik, sagt Münkler. Dass<br />
die zuständige Bundesbildungsministerin Anja Karlizcek<br />
auf Cicero-Anfrage nichts z<strong>um</strong> Thema sagen<br />
wollte, bestätigt ihn in der Annahme. Obwohl die Politik<br />
in seinen Augen einen maßgeblichen Anteil an<br />
diesem Phänomen hat – Stichwort: Bologna. Die Verschulung<br />
der Uni nimmt <strong>den</strong> Professoren die Möglichkeit,<br />
auf individuelle Wünsche der Stu<strong>den</strong>ten einzugehen<br />
wie früher. <strong>Der</strong> <strong>Kanon</strong> ist starrer und muss wegen<br />
des Kompatibilitätsdrucks starrer sein.<br />
Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt. <strong>Der</strong> alte<br />
Spontispruch war Richtschnur für Münklers Handeln<br />
in jener Zeit. Er hat die Sache selbst ironisiert und behauptet,<br />
„Münkler-Watch“ sei sein eigener Blog. Weil<br />
er eitel und geldgierig sei, habe er ihn eingerichtet.<br />
Er hat sich öffentlich gewehrt. Und innerlich immunisiert.<br />
Entschei<strong>den</strong>d sei, dass sich die Angegriffenen zur<br />
Wehr setzen. Er hat seinerzeit zu seinem Lei<strong>den</strong>sgefährten,<br />
dem von ihm geschätzten Historikerkollegen<br />
„Das ist ein <strong>Kampf</strong><br />
<strong>um</strong> <strong>den</strong> <strong>Kanon</strong>“, sagt<br />
Herfried Münkler,<br />
<strong>um</strong> das Sagbare<br />
und das Denkbare,<br />
genauer: <strong>um</strong> dessen<br />
Eingrenzung<br />
20<br />
Cicero – 06. 2019
POLITICAL<br />
CORRECTNESS –<br />
GLOSSAR<br />
COMFORT ZONE<br />
In der „Comfort Zone“ befindet eine Person<br />
sich in einem mentalen Zustand, in dem<br />
die Dinge sich vertraut anfühlen, sie sich<br />
wohlfühlt und die Kontrolle über ihr Umfeld<br />
hat. In diesem Status fühlt sie keine Angst<br />
oder Stress. Dies ermöglicht ihr angeblich<br />
ein gleich bleibendes Leistungsniveau.<br />
CULTURAL APPROPRIATION<br />
„Cultural Appropriation“, also „kulturelle<br />
Aneignung“, meint das Übernehmen<br />
von Elementen einer anderen Kultur, die<br />
meist eine Minderheit darstellt. Mit dem<br />
Begriff wird kritisiert, dass dominante<br />
Gesellschaftsgruppen sich das Wissen, die<br />
Praktiken oder die Symbole von kulturellen<br />
Minderheiten aneignen wür<strong>den</strong>, ohne<br />
Verständnis dafür zu haben oder <strong>den</strong><br />
kulturellen Hintergrund und Kontext zu<br />
respektieren. Beispiele dafür sind Verkleidungen<br />
als Indianer, Mexikaner oder Eskimo.<br />
POLITICAL CORRECTNESS<br />
Auch Worte können verletzen. Auf diese<br />
einfache Tatsache geht die Idee der „Political<br />
Correctness“ zurück. Deswegen gab es im<br />
Rahmen des Sprachgebrauchs viele Vorschläge<br />
für neue neutrale Beschreibungen. Z<strong>um</strong><br />
Beispiel: „beeinträchtigt“ statt „behindert“<br />
oder „Schokokuss“ statt „Negerkuss“.<br />
GENDERN<br />
Wer Maßnahmen unternimmt, <strong>um</strong> Sprache<br />
möglichst geschlechtsneutral zu gestalten,<br />
der „gendert“. Damit soll eine Benachteiligung<br />
in der Sprache aufgehoben wer<strong>den</strong>, damit<br />
sich jeder gleichwertig angesprochen fühlt.<br />
Statt „Stu<strong>den</strong>ten“ heißt es „Studierende“,<br />
„Stu<strong>den</strong>t*innen“ oder „Stu<strong>den</strong>tx“;<br />
statt „Antragsteller“ „antragstellende<br />
Person“ oder „Antragsteller*innen“. Die<br />
Begründung dafür lautet, das generische<br />
Maskulin<strong>um</strong> sorge dafür, dass Männer in<br />
der Sprache überrepräsentiert seien.<br />
GENDER MAINSTREAMING<br />
<strong>Der</strong> Begriff bezeichnet Maßnahmen, die die<br />
Differenzen zwischen <strong>den</strong> Geschlechtern<br />
aufheben sollen. Ein Beispiel hierfür wären<br />
Frauenquoten, die Veränderung der Sprache<br />
und Kurse gegen Sexismus. „Gender“ steht<br />
hier für das kulturelle Geschlecht. Die<br />
Vertreter der Gender-Theorie glauben nicht<br />
an ein angeborenes Geschlechtsverhalten<br />
von Mann und Frau, sondern halten dies für<br />
anerzogen. Frauen ergreifen demnach häufiger<br />
Fortsetzung auf Seite 25<br />
TITEL<br />
Jörg Baberowski gesagt: „War<strong>um</strong> lassen Sie sich so von<br />
<strong>den</strong>en vor sich hertreiben? Sie waren doch im KBW,<br />
dem Kommunistischen Bund Westdeutschland. Sie<br />
müssten doch politisch gestählt sein!“ Bei Baberowski<br />
erkennt Münkler eine Folgewirkung. <strong>Der</strong> Kollege habe<br />
sich verändert im Zug der Attacken gegen seine Person.<br />
Münkler ist gestählt durch die Uni-Revolten der<br />
Frankfurter Zeit in <strong>den</strong> späten Sechzigern: „Münkler,<br />
wenn wir an die Macht kommen, dann stehst du als<br />
erster an der Wand“, hatten ihm die Trotzkisten an <strong>den</strong><br />
Kopf geworfen. Nein, habe er entgegnet, „vorher jage<br />
ich euch eine Kugel zwischen die Augen“. So sei das<br />
damals zugegangen. Im Vokabular härter, aber in der<br />
Vorgehensweise ehrlicher. Eine Auseinandersetzung<br />
von Angesicht zu Angesicht. Im Unterschied zu heute.<br />
Ein Satz seines Lehrers Iring Fetscher aus jener<br />
Zeit ist ihm in Erinnerung geblieben, der süffisant<br />
staunte, dass hier erstmals „die Produkte gegen die<br />
Produzenten“ streikten. In <strong>den</strong> USA, wo die Bewegung<br />
herkomme, kann Münkler dieses Phänomen eher<br />
nachvollziehen. Dort zahlen die Stu<strong>den</strong>ten erhebliche<br />
Gebühren für die Dienstleistung der Professoren. In<br />
Deutschland aber, sagt er, sei „die Freiheit der Wissenschaft<br />
im Grundgesetz besser geschützt als das Eigent<strong>um</strong>“.<br />
Also enorm abgesichert. Ob ihm der Streit<br />
geschadet habe? Am Ende sagt er, „wenn ich es ganz<br />
kühl betrachte, habe ich davon profitiert“. Seine Bekanntheit<br />
ist gestiegen, die Angebote für Vorträge sind<br />
es im gleichen Maße.<br />
JÖRG BABEROWSKI weiß von solchen Distinktionsgewinnen<br />
nicht zu berichten. Wie Münkler unterscheidet<br />
auch er zwischen einer aktivistischen Minderheit und<br />
einer schweigen<strong>den</strong> Mehrheit. Für seine eigenen Stu<strong>den</strong>ten<br />
bricht er eine Lanze. Sie seien „höflich, liberal,<br />
offen, tolerant, fast schon zu wenig kritisch, wohlerzogen,<br />
meistens unpolitisch“. Damit fallen sie als Gegenlager<br />
aus für linke Aktivisten, die sich die „Minderheitenregel“<br />
zunutze machen. So benennt Nassim<br />
Nicholas Taleb in seinem Buch „Skin in the game“ das<br />
universelle Phänomen, dass eine „kompromisslose<br />
Minderheit“, eine „kleine Anzahl intoleranter, moralisch<br />
überlegener Menschen, die bereit sind, in Form<br />
von Courage ihre Haut aufs Spiel zu setzen“, eine Population<br />
nach ihren Wünschen <strong>um</strong>gestalten könne. 3<br />
oder 4 Prozent reichten. <strong>Der</strong> Mehrheit seien die speziellen<br />
Ziele dieser so beschaffenen Minderheit egal.<br />
Man lasse sie gewähren, <strong>um</strong> Ruhe zu haben. Oder – da<br />
stimmt Taleb mit Münkler und Baberowski überein –<br />
aus Feigheit. <strong>Der</strong> Aufstieg des Islams habe sich nach<br />
diesem Muster vollzogen, schreibt Taleb und kommt<br />
z<strong>um</strong> Schluss: „<strong>Der</strong> Intoleranteste gewinnt.“<br />
Hätte Taleb recht, wären das bedrückende Aussichten<br />
für die von der Ordinarien- zur Gremienuniversität<br />
21<br />
Cicero – 06. 2019
TITEL<br />
gewor<strong>den</strong>en Pflanzschulen des Denkens. Künftig wür<strong>den</strong><br />
die Korridore des Sag- und Denk- und Erforschbaren<br />
enger. Im Rennen <strong>um</strong> je neue Sonderrechte, je<br />
neuen Sondergruppenstatus setzte sich mit mathematischer<br />
Unerbittlichkeit die dreisteste Klientel durch.<br />
Wer am lautesten schrie, gewönne. Offen indes muss<br />
die Frage bleiben, wie weit die „feste, kieselharte<br />
Förmlichkeit des aufeinander abgestimmten Sprechens“<br />
(Botho Strauß) noch trägt. <strong>Der</strong> Blick nach Ungarn<br />
oder Polen zeigt, dass es neben linken auch rechte<br />
Formierungsstrategien gibt, die nicht minoritär von<br />
unten, sondern majoritär von oben betrieben wer<strong>den</strong>.<br />
<strong>Der</strong> hiesigen Konfliktlage ist sich der Deutsche<br />
Hochschulverband (DHV) bewusst. Bei seiner Jahresversammlung<br />
hat der DHV Anfang April eine Resolution<br />
verfasst, die mit dem Titel „Zur Verteidigung der<br />
freien Debattenkultur an Universitäten“ überschrieben<br />
ist. Dort heißt es in <strong>den</strong> ersten bei<strong>den</strong> Sätzen: „Die<br />
Toleranz gegenüber anderen Meinungen sinkt. Das hat<br />
auch Auswirkungen auf die Debattenkultur an Universitäten.“<br />
Wer die Welt der Hochschulen betrete, müsse<br />
akzeptieren, „mit Vorstellungen konfrontiert zu wer<strong>den</strong>,<br />
die <strong>den</strong> eigenen zuwiderlaufen“. DHV-Präsi<strong>den</strong>t<br />
Bernhard Kempen, Staatsrechtsprofessor an der Uni<br />
Köln, hebt ausdrücklich hervor, dass die Resolution<br />
mit über 90 Prozent Zustimmung verabschiedet wurde:<br />
„Damit wird deutlich, dass unser Verband mit seinen<br />
Positionen sehr geschlossen auftritt.“ <strong>Der</strong> DHV vertritt<br />
32 000 Mitglieder, von Professorinnen und Professoren<br />
bis z<strong>um</strong> wissenschaftlichen Nachwuchs – beileibe<br />
keine Nischenveranstaltung.<br />
MAN WENDE SICH, sagt Kempen, mit dem Aufruf<br />
„auch ausdrücklich an die Leitungen der Hochschulen,<br />
die manchmal ein erstaunliches Maß an Unsicherheit<br />
erkennen lassen, wenn es dar<strong>um</strong> geht, Flagge zu zeigen<br />
und deutlich zu machen, dass es gerade die Aufgabe<br />
von Hochschulleitungen ist, sich schützend vor diejenigen<br />
zu stellen, die ihre wissenschaftlichen Thesen an<br />
der Universität kundtun wollen“. Seltsame Dinge habe<br />
man in der Vergangenheit erlebt – „z<strong>um</strong> Beispiel sollte<br />
eine Veranstaltung verhindert wer<strong>den</strong> mit dem Arg<strong>um</strong>ent,<br />
diese könne polizeilich nicht geschützt wer<strong>den</strong>.<br />
Und dann hat sich gezeigt, dass mit der Polizei noch<br />
überhaupt nicht gesprochen wor<strong>den</strong> war.“<br />
<strong>Der</strong> DHV-Präsi<strong>den</strong>t erkennt in der Arrondierung<br />
des Meinungsspektr<strong>um</strong>s ein angloamerikanisches Phänomen,<br />
das über <strong>den</strong> Atlantik geschwappt sei: „Dort<br />
hat sich ja die These, dass Hochschulen gewissermaßen<br />
geschützte Rä<strong>um</strong>e seien, in <strong>den</strong>en nur ein bestimmtes<br />
Spektr<strong>um</strong> an Meinungen zulässig ist, sogar an sehr<br />
renommierten Universitäten durchgesetzt. Das entspricht<br />
womöglich einer Diskursverengung, wie wir<br />
sie auch auf dem politischen Feld insgesamt erleben.<br />
<strong>Der</strong> Deutsche<br />
Hochschulverband<br />
hat eine Resolution<br />
verabschiedet, in der<br />
zur Verteidigung<br />
der Debattenkultur<br />
an <strong>den</strong> Universitäten<br />
aufgerufen wird<br />
An <strong>den</strong> Universitäten darf diese Entwicklung aus unserer<br />
Sicht keinen Einzug halten.“ Dass ein offener Diskurs<br />
häufig mit Totschlagarg<strong>um</strong>enten verhindert wer<strong>den</strong><br />
soll, ist für Kempen besonders ärgerlich: „Es wäre<br />
gut, wenn in diesem Bereich nicht ständig mit so diffusen<br />
Begriffen wie ,Rassismus‘ operiert würde, sondern<br />
mit Begriffen, die uns die Rechtsordnung vorgibt.“<br />
Natürlich gebe es Grenzen der Meinungsfreiheit, etwa<br />
wenn es <strong>um</strong> Volksverhetzung geht. „Aber die sind juristisch<br />
auch sehr klar gefasst.“<br />
Dass die Grenzen der Justiz und jene neuen des<br />
Diskurses gehörig auseinanderklaffen, zeigte sich<br />
auch an der Universität Siegen. Hauptperson ist Dieter<br />
Schönecker, seit 2006 Professor für Praktische Philosophie.<br />
Kant-Spezialist Schönecker, ein Liberaler, wie<br />
er sich selbst nennt, begann im Frühjahr 2018 mit <strong>den</strong><br />
Vorbereitungen für ein Seminar zu „Philosophie und<br />
Praxis der Meinungsfreiheit“, das im darauffolgen<strong>den</strong><br />
Wintersemester stattfin<strong>den</strong> sollte. Doch der Plan<br />
enthielt Sprengstoff, und zwar wegen zwei externer<br />
Referenten, die neben etlichen anderen Gästen z<strong>um</strong><br />
Seminar eingela<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> sollten: <strong>Der</strong> AfD-Bundestagsabgeordnete<br />
und promovierte Philosoph Marc Jongen<br />
sowie Thilo Sarrazin. Ka<strong>um</strong> waren die bei<strong>den</strong> Namen<br />
publik gewor<strong>den</strong>, begann eine Schlammschlacht,<br />
die bis heute nachwirkt.<br />
Schönecker beruft sich darauf, Jongen und Sarrazin<br />
könnten gerade wegen ihrer <strong>um</strong>strittenen Haltungen<br />
z<strong>um</strong> Nationalstaat oder zur Zuwanderung Erhellendes<br />
zur Frage beitragen, wie es heutzutage <strong>um</strong><br />
23<br />
Cicero – 06. 2019
Meinungs- und Redefreiheit bestellt sei; bis auf eine<br />
Ausnahme hätten alle Teilnehmer seines Seminars die<br />
Einladung befürwortet. Den Ausschlag zur Idee, ein<br />
Seminar z<strong>um</strong> Thema Meinungsfreiheit abzuhalten,<br />
habe jedoch ein Gespräch mit einem britischen Kollegen<br />
Schöneckers gegeben, „der dafür eintritt, dass<br />
alles verboten gehört, was rassistisch oder homophob<br />
sein könnte. Als ich ihm sagte, dass ich als Liberaler<br />
zwar die Gleichberechtigung Homosexueller unbedingt<br />
befürworte, das Konzept der Homoehe aus<br />
semantischen Grün<strong>den</strong> aber ablehne, bestätigte mein<br />
Kollege, dass solche Äußerungen aus seiner Sicht verboten<br />
gehörten.“<br />
Die Geschichte nahm Fahrt auf, als Schönecker im<br />
März 2018 <strong>den</strong> Dekan und <strong>den</strong> Kanzler der Siegener<br />
Uni über die geplante Einladung an Sarrazin und Jongen<br />
informierte. Die Veranstaltung hätte aus <strong>den</strong> normalen<br />
Haushaltsmitteln seines Lehrstuhls finanziert<br />
wer<strong>den</strong> sollen, doch das Dekanat widersetzte sich. Es<br />
untersagte Schönecker zunächst, Mittel der Fakultät<br />
oder seiner eigenen Kostenstelle für das Seminar zu<br />
nutzen. In einem Brief von Dekan und Rektor habe es<br />
geheißen, die Universität sei nicht bereit, für die Seminarteilnahme<br />
von Jongen und Sarrazin finanzielle<br />
Mittel zur Verfügung zu stellen. „Noch einmal später<br />
wurde mir dann nur noch die Verwendung von Fakultätsmitteln<br />
untersagt, sodass ich zur Finanzierung<br />
auf andere Töpfe zurückgreifen konnte“, erinnert sich<br />
<strong>Der</strong> Siegener<br />
Philosoph<br />
Schönecker wirft<br />
seinen Kollegen<br />
vor, „völlig<br />
überspannte<br />
Definitionen von<br />
Begriffen wie<br />
Homophobie,<br />
Nationalismus<br />
oder Rassismus“<br />
zu pflegen<br />
Schönecker, der dieses Vorgehen rechtswidrig nennt.<br />
Er kenne „keinen vergleichbaren Fall, in dem ein Dekan<br />
einem Professor vorgeschrieben hätte, wie dieser<br />
seine Mittel verwen<strong>den</strong> soll“.<br />
Kollegen feindeten Schönecker als „Rassisten“<br />
und rechten Scharfmacher an, obwohl dieser immer<br />
wieder betonte, die Meinungen Sarrazins und Jongens<br />
nicht zu teilen, sondern sie an der Universität „vor<br />
<strong>den</strong> Gerichtshof der Vernunft“ zu bringen. Vergeblich:<br />
„Die Fakultät hat sich damals geschlossen auf die Seite<br />
des Dekans gestellt. Auch im Senat war eine deutliche<br />
Mehrheit auf der Seite der Universitätsleitung, ebenso<br />
der Hochschulrat.“ Schönecker fragt sich, war<strong>um</strong> <strong>um</strong>gekehrt<br />
Vorträge von linken Politikern wie etwa Sahra<br />
Wagenknecht oder Jutta Ditfurth an der Siegener Universität<br />
von niemandem beanstandet wür<strong>den</strong>. Vielmehr<br />
sei sogar über Jahre hinweg ein von der linken<br />
Rosa-Luxemburg-Stiftung finanziertes Graduiertenkolleg<br />
akzeptiert wor<strong>den</strong>.<br />
Dieter Schöneckers Seminar fand statt, die Vorträge<br />
von Jongen (im Dezember) und Sarrazin (im Januar)<br />
mussten von einem Polizeiaufgebot geschützt<br />
wer<strong>den</strong>. Trotz Protesten blieb alles friedlich. Einer<br />
von Schöneckers härtesten Kritikern in der Siegener<br />
Professorenschaft, der Medienwissenschaftler Erhard<br />
Schüttpelz, monierte hinterher, sein Philosophenkollege<br />
habe mit Thilo Sarrazin und Marc Jongen keine<br />
Auseinandersetzung gesucht und sich vielmehr „fein<br />
rausgehalten“. Schönecker wieder<strong>um</strong> wirft Schüttpelz<br />
vor, „völlig überspannte Definitionen von Begriffen<br />
wie Rassismus, Nationalismus oder Homophobie“<br />
zu pflegen. Medientheoretiker wür<strong>den</strong> dazu neigen,<br />
„diese Definition derart weit zu fassen, dass der Begriff<br />
des Rassisten bei sehr, sehr vielen Leuten angewendet<br />
wer<strong>den</strong> kann“.<br />
SCHÖNECKER GEHT NOCH WEITER. Ausschlaggebend<br />
für ideologische Konflikte wie <strong>den</strong> in Siegen sei<br />
„der pure Wille zur Macht“, insbesondere an <strong>den</strong> philosophischen<br />
Fakultäten. „Diese Fakultäten wer<strong>den</strong> ganz<br />
eindeutig dominiert von linken Positionen im weitesten<br />
Sinne – also etwa Postmoderne, Postkolonialismus<br />
oder I<strong>den</strong>titätspolitik. Die spüren aber, dass sich gegen<br />
diese Dominanz inzwischen Widerstand regt, ob innerhalb<br />
oder außerhalb der Universitäten. Umso heftiger<br />
wird deshalb versucht, Leute wie mich zu diskreditieren,<br />
und zwar mit <strong>den</strong> perfidesten Mitteln. Etwa, indem<br />
ich als Nazi oder als Antisemit dargestellt wurde.“ Darunter<br />
leide der demokratische Legitimationsprozess.<br />
Mitunter trifft die neue Unduldsamkeit nicht nur<br />
Professoren, sondern auch Stu<strong>den</strong>ten. Mario S. studiert<br />
Mathematik und Sozialwissenschaften auf Lehramt an<br />
der Universität zu Köln. Im vergangenen Wintersemester<br />
nahm der 24-Jährige an einem Seminar teil, in dem<br />
24<br />
Cicero – 06. 2019
soziale Berufe, weil die Gesellschaft dies von<br />
ihnen erwartet, und Männer interessieren<br />
sich mehr für Autos und Fußball, weil ihnen<br />
das anerzogen wurde. „Mainstreaming“<br />
bezeichnet das Ziel, die Gender-Theorie in<br />
der Mitte der Gesellschaft zu verankern.<br />
MANSPLAINING<br />
<strong>Der</strong> Begriff steht für eine Gesprächssituation,<br />
in der ein Mann meint, einer Frau ungefragt<br />
etwas erklären zu müssen, obwohl die<br />
sich bestens in dem Thema auskennt.<br />
Die inhaltliche Grundlage des Begriffs<br />
lieferte die amerikanische Publizistin<br />
Rebecca Solnit in einem 2008 von ihr<br />
veröffentlichten Essay „Men Explain Things<br />
to Me; Facts Didn’t Get in Their Way“.<br />
MIKROAGGRESSIONEN<br />
<strong>Der</strong> Begriff bezeichnet kleine, subtile,<br />
alltägliche Beleidigungen, die von dem<br />
Sprecher oftmals nicht beleidigend<br />
gemeint waren, vom Gegenüber aber als<br />
verletzend wahrgenommen wer<strong>den</strong>.<br />
SAFE SPACE<br />
„Safe Spaces“ etablierten sich in <strong>den</strong><br />
USA während der zweiten feministischen<br />
Bewegung in <strong>den</strong> sechziger Jahren. Damals<br />
waren es Schutzrä<strong>um</strong>e für Frauen, in <strong>den</strong>en<br />
sie ungestört über Geschlechtergerechtigkeit<br />
diskutieren konnten. Heute sind „Safe<br />
Spaces“ Rä<strong>um</strong>e, in die Menschen, die sich<br />
diskriminiert oder marginalisiert fühlen,<br />
sich zurückziehen können. Dort dürfen keine<br />
Aussagen gemacht wer<strong>den</strong>, von <strong>den</strong>en sich<br />
irgendjemand beleidigt oder diskriminiert<br />
fühlen könnte – etwa über Religion, Rasse,<br />
Geschlecht oder die äußerliche Erscheinung.<br />
TRIGGER WARNINGS<br />
„Trigger“ bedeutet „Auslöser“. „Trigger<br />
Warnings“ waren ursprünglich dazu<br />
gedacht, tra<strong>um</strong>atisierte, unter psychischen<br />
Erkrankungen lei<strong>den</strong>de Menschen vor Inhalten<br />
in Medien, Büchern, Videos zu warnen, die<br />
bei ihnen belastende Erinnerungen und<br />
Panikattacken hervorrufen könnten. Heute<br />
wer<strong>den</strong> sie genutzt, <strong>um</strong> vor potenziell<br />
verletzen<strong>den</strong> Inhalten zu warnen. Wie die<br />
„Safe Spaces“ wer<strong>den</strong> sie vor allem von<br />
Stu<strong>den</strong>ten in <strong>den</strong> USA und in Großbritannien<br />
gefordert. So sprechen bereits einige Dozenten<br />
an amerikanischen Hochschulen „Trigger<br />
Warnings“ aus, bevor sie Themen behandeln,<br />
die die emotionale Stabilität ihrer Stu<strong>den</strong>ten<br />
gefähr<strong>den</strong> könnten. Darunter fallen z<strong>um</strong><br />
Beispiel Darstellungen von Sex und Gewalt in<br />
der Literatur, Darstellungen von Missbrauch<br />
oder selbstverletzendem Verhalten.<br />
Zusammengestellt von Christine Zinner<br />
TITEL<br />
das Thema Rassismuskritik behandelt wurde; unter anderem<br />
ging es <strong>um</strong> die Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof<br />
in der Silvesternacht 2015. Mario S. sagt, aus seiner<br />
Sicht sei dieser Vorfall von <strong>den</strong> Seminarteilnehmern,<br />
aber insbesondere von der Dozentin selbst, äußerst einseitig<br />
behandelt wor<strong>den</strong>: „Als ich aufgezählt habe, aus<br />
welchen Herkunftsländern die damaligen Täter stammen,<br />
wurde ich immer wieder unterbrochen. Denn laut<br />
der im Seminar gelehrten Thesen ist es rassistisch, die<br />
Herkunft der Täter zu benennen. Man solle in diesem<br />
Zusammenhang die Kategorie ,Männlichkeit‘ herausstellen,<br />
hieß es.“ Die Dozentin habe auch behauptet,<br />
die Medien hätten damals eine rechtspopulistische Berichterstattung<br />
betrieben – eine Sichtweise, der Mario<br />
S. widersprach: „Ich habe seriöse Quellen zitiert,<br />
<strong>um</strong> die Fakten der Silvesternacht deutlich zu machen.“<br />
EINE KOMMILITONIN habe während des Seminars angekündigt,<br />
die Veranstaltung zu verlassen, wenn Mario<br />
S. weiterre<strong>den</strong> dürfe, „weil ich meinen Vortrag<br />
angeblich als rechtspopulistische Plattform nutzen<br />
würde“. Gegen <strong>den</strong> Vorwurf seiner Mitstu<strong>den</strong>tin sei<br />
die Dozentin nicht eingeschritten, weshalb Mario S.<br />
ihr einen Brief schrieb. „Darin habe ich ihr mitgeteilt,<br />
dass ich mich an die Bedingungen ihres Seminars<br />
gehalten und lediglich von meinem Recht auf<br />
Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hätte. Ich habe<br />
mich ihr gegenüber von rechtspopulistischen Positionen<br />
klar distanziert, aber auch deutlich gemacht, dass<br />
ich enttäuscht darüber gewesen sei, dass sie mich gegen<br />
die Vorwürfe der Kommilitonen nicht in Schutz<br />
genommen habe.“ Die Dozentin habe ihn daraufhin in<br />
ihr Büro gebeten: „In diesem Gespräch sagte sie mir,<br />
wenn ich mich nicht an die Spielregeln halten würde,<br />
wäre ich in diesem Seminar nicht mehr willkommen.<br />
Universitäten seien kein Ort der Meinungsäußerung,<br />
was auch die Haltung des Dekanats wäre. Ich müsse<br />
sitzen, zuhören und lernen.“<br />
Auf eine erste Bitte <strong>um</strong> Stellungnahme reagiert die<br />
Dozentin gegenüber Cicero nicht. Nach dem zweiten<br />
Mal antwortet sie mit einer E-Mail, in der es heißt: „Es<br />
versteht sich von selbst, das (sic!) Presseanfragen zu<br />
einzelnen Studieren<strong>den</strong> schon aus juristischen Grün<strong>den</strong><br />
nicht beantwortet wer<strong>den</strong>.“ Die Dozentin verweist<br />
auf eine „Arbeitsgruppe“, die sich an ihrer Fakultät<br />
gebildet habe, welche sich „in Rücksprache mit<br />
dem Dekanat wie Hochschul-Justitiariat“ mit einzelnen<br />
Konfliktfällen in Forschung und Lehre befasse.<br />
Und ergänzt: „Sicherlich könnte man hier über einen<br />
grundsätzlichen Beitrag der Arbeitsgruppe z<strong>um</strong><br />
Thema ,Gehören antidemokratische, diskriminierende,<br />
sexistische, klassistische und rassistische Positionen<br />
z<strong>um</strong> Spektr<strong>um</strong> eines demokratischen Pluralismus?‘ für<br />
Ihre Zeitschrift nach<strong>den</strong>ken.“<br />
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Cicero – 06. 2019
TITEL<br />
Erst, als das Rektorat der Universität mit der Bitte<br />
<strong>um</strong> eine Stellungnahme konfrontiert wird, kommen<br />
konkrete Antworten. Darin widerspricht man der Behauptung<br />
von Mario S., wonach die Dozentin gesagt<br />
habe, Universitäten seien kein Ort für Meinungsäußerungen:<br />
„Natürlich gelten für alle Angehörigen der<br />
Universität die Grundrechte, dazu gehören sowohl<br />
Meinungs- als auch Forschungsfreiheit.“ Außerdem<br />
heißt es vonseiten der Universitätsleitung: „Zu <strong>den</strong><br />
Regeln gehört auch, dass man nicht permanent <strong>den</strong><br />
Lehrbetrieb durch Zwischenrufe und unwissenschaftliche<br />
Kommentare stört.“ Mario S. bestreitet ausdrücklich,<br />
das Seminar durch Fehlverhalten gestört zu haben.<br />
Allerdings habe er gesagt, seiner Meinung nach<br />
gehöre der Islam nicht zu Deutschland, die hier leben<strong>den</strong><br />
Muslime allerdings schon. „Ich habe meine<br />
Aussagen klar begründet.“ Dazu teilt wieder<strong>um</strong> das<br />
Rektorat gegenüber Cicero mit: „Wissenschaftlich gesehen<br />
ist eine Aussage wie ,<strong>Der</strong> Islam gehört nicht zu<br />
Deutschland‘ dem Kultur-Rassismus zuzuordnen, da<br />
diese Aussage von einer Unvereinbarkeit von Kulturen<br />
ausgeht. Somit ist eine Aussage in diesem Sinne<br />
zu bewerten, damit findet aber keine Bewertung der<br />
gesamten Person statt.“ Mit anderen Worten: Mario S.<br />
sei zwar nicht unbedingt ein Rassist, aber seine Äußerungen<br />
gingen sehr wohl in diese Richtung.<br />
WOHER STAMMT das große Begriffsbesteck für letztlich<br />
kleine Auseinandersetzungen <strong>um</strong> Macht- und Terraingewinne?<br />
Äußert sich hier ausschließlich, wie Herfried<br />
Münkler und DHV-Präsi<strong>den</strong>t Kempen mutmaßen,<br />
ein geistiger Import aus <strong>den</strong> Vereinigten Staaten, genauer:<br />
von <strong>den</strong> Universitäten der amerikanischen Ostküste?<br />
Hinter dem Kulturkampf steht das an <strong>den</strong> Universitäten<br />
und in <strong>den</strong> Gesellschaften des Westens breit<br />
propagierte Paradigma von der je einzuklagen<strong>den</strong>, stets<br />
weiter zu verfeinern<strong>den</strong> Vielfalt. Veranstaltungen sollen<br />
abgesagt, Leselisten modifiziert, Traditionen gereinigt<br />
wer<strong>den</strong>, weil es sonst an Vielfalt mangele. Das<br />
Schlagwort geht zurück auf die Evolutionsbiologie des<br />
19. Jahrhunderts, ehe es im 20. Jahrhundert z<strong>um</strong> Motto<br />
der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wurde,<br />
die tatsächlich benachteiligten Bevölkerungsgruppen<br />
Gerechtigkeit widerfahren lassen wollte.<br />
Bald entdeckte die Wirtschaft „Diversity“ als renditesteigern<strong>den</strong><br />
Faktor der Mitarbeiterführung. Unlängst<br />
plakatierten 50 deutsche Familienunternehmen<br />
„Made by Vielfalt“. Konkret erfahrbar wird der universitäre<br />
Vielfaltsdiskurs vor allem unter Genderaspekten.<br />
Camille Paglia kritisierte schon 1991 („Zur<br />
Krise der amerikanischen Universitäten“) jene Einengungen<br />
der akademischen Freiheit, die im autoritären<br />
Wahrheitsregime der Literaturwissenschaftlerin und<br />
Gender-Theoretikerin Judith Butler z<strong>um</strong> Protest wird<br />
gegen jede binäre Ordnung – und zu einem „Denken<br />
ohne Denken“, zur „Philosophie ohne Arg<strong>um</strong>entation“<br />
und z<strong>um</strong> „Subjekt ohne eigene Handlungen“. So fasst<br />
Marco Ebert, bis 2017 Referent für Ökologie am AStA<br />
der H<strong>um</strong>boldt-Universität, in einem Aufsatz Butlers<br />
Theoriegebäude zusammen und folgert: „Das Gefühl<br />
soll bei Butler die Reflexivität ersetzen.“ Ebert scheint<br />
die Erfahrungen eines Mario S. mit seiner Dozentin geradezu<br />
vorwegzunehmen: „Die queer-theoretisch informierten<br />
Gender Studies haben in <strong>den</strong> vergangenen<br />
Jahren mit dazu beigetragen, dass ‚Reflexion‘ heute<br />
in Uni-Seminaren (…) ka<strong>um</strong> mehr als eine Unterwerfungsgeste<br />
unter die Autorität von WissenschaftlerInnen,<br />
AutorInnen oder ReferentInnen bedeutet.“<br />
Die Emotionalisierung wissenschaftlicher wie<br />
politischer Debatten reicht jedoch tiefer zurück, bis<br />
in die siebziger Jahre, zu <strong>den</strong> Ausläufern der Achtundsechziger,<br />
und, weiter noch, ins späte 18., frühe<br />
19. Jahrhundert. Jörg Baberowski erkennt eine „eigenartige<br />
Mischung aus Protestantismus und deutscher<br />
Romantik“. <strong>Der</strong> deutsche „Volksgeist“ und die romantische<br />
„Innerlichkeit“ seien auf das öffentliche Bekenntnis<br />
angelegt, verlangten die stete Publizierung<br />
eigener Läuterung. Man arbeitet an sich, und will und<br />
muss das zeigen. Ein solcher Bekenntniszwang sei <strong>den</strong><br />
katholischen Kulturen unbekannt. Und in <strong>den</strong> ehemals<br />
sozialistischen Ländern meide man ihn aus historischer<br />
Erfahrung.<br />
Unterdessen sieht es schlecht aus für ein von Baberowski<br />
an der HU beantragtes „Zentr<strong>um</strong> für vergleichende<br />
Diktaturforschung“. Seit rund einem Jahr<br />
weigert sich der Akademische Senat, <strong>den</strong> Antrag auf<br />
die Tagesordnung zu setzen. <strong>Der</strong> AStA hat, angefeuert<br />
von Baberowskis liebsten Fein<strong>den</strong>, ein ablehnendes<br />
Vot<strong>um</strong> gegeben. Bei Twitter heißt es aus linken stu<strong>den</strong>tischen<br />
Kreisen, auf dem Account des AStA-Mitglieds<br />
Bafta Sarbo, es solle ein „Institut für Antikommunismus<br />
und Holocaustrelativierung“ gegründet wer<strong>den</strong>.<br />
Dabei, so der Historiker, wür<strong>den</strong> Diktaturen wissenschaftlich<br />
verglichen und analysiert, keineswegs gutgeheißen.<br />
Mit solchen Vorwürfen sieht sich der Träger<br />
des Preises der Leipziger Buchmesse 2012 für sein<br />
Standardwerk „Verbrannte Erde – Stalins Herrschaft<br />
der Gewalt“ noch immer konfrontiert, weshalb Baberowskis<br />
Einschätzung nicht überrascht. Die deutsche<br />
Universität habe als Stätte freien Denkens abgedankt.<br />
Heiter und gelassen gibt sich hingegen Konrad<br />
Paul Liessmann: „In meiner Studienzeit musste in jedem<br />
Seminar Marx zitiert wer<strong>den</strong>, bei Augustinus<br />
ebenso wie bei Wittgenstein. Heute muss überall Judith<br />
Butler zitiert wer<strong>den</strong>. Das verschwindet wieder.<br />
Marx ist auch verschwun<strong>den</strong>.“<br />
Mitarbeit: Yves Bellinghausen<br />
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Cicero – 06. 2019