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Ausgabe 07-2019

Liebe Leserinnen und Leser, „Net gschempft isch g'nuag g'lobt“ (Nicht geschimpft ist genug gelobt) heißt es im Schwäbischen gern. Aus meiner Heimat kommt viel Tolles, dieses Prinzip gehört nicht dazu, finde ich. Wer es befolgt, lässt positive Aspekte unerwähnt, gibt negativer Selbstkritik schneller mehr Raum und sieht auch bei anderen vor allem das Negative. Das ist weder fürs eigene Wohlbefinden noch fürs Zwischenmenschliche förderlich. Sich ab und zu ein „Gut gemacht“ zu denken und es anderen auszusprechen, tut gut – und ist Übungssache. Gelernt sein will auch das angemessene und richtige Loben unserer Hunde. Jeder ist gefragt, die passenden Varianten selbst zu finden. Anreize für diese Entdeckungsreise finden Sie ab Seite 31. Dort lesen Sie zudem Aussagen erfahrener Trainer. Auf eine Entdeckungsreise ging auch Familie Essig, als sie sich ihren ersten Hund, den Retriever Tino, ins Haus holte. Nach den ersten harmonischen Monaten kam Tino in die Pubertät – und konfrontierte seine unerfahrenen Zweibeiner mit allerlei Unbekanntem. Als Reiseleiterin half ihnen eine Hundetrainerin durch diese schwierige Zeit, die auch erfahrene Hundeleute vor Herausforderungen stellen kann. Was in Hunden während der Pubertät und Phase des Erwachsenwerdens vorgeht, lesen Sie ab Seite 24. Die Essigs dürfen sich für ihren Einsatz und die Fortschritte mit Tino definitiv auf die Schultern klopfen. Klappt es mit dem Lob, sind die Motivation und Bereitschaft zur Zusammenarbeit höher – so machen auch gemeinsame Aktivitäten viel mehr Spaß. Dazu gehört natürlich der Hundesport. Finden Sie in unserem Serienauftakt Spannendes über drei mitunter rasante Sportarten heraus: Agility, Flyball und Zughundesport. Auf geht's! Übrigens: Das Cover zeigt Berner Sennenhund Merlin. Für das Foto entschied sich in einer Abstimmung auf Facebook und Instagram die Mehrheit unserer Fans. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Lena Schwarz von DER HUND

Liebe Leserinnen und Leser,

„Net gschempft isch g'nuag g'lobt“ (Nicht geschimpft ist genug gelobt) heißt es im Schwäbischen gern. Aus meiner Heimat kommt viel Tolles, dieses Prinzip gehört nicht dazu, finde ich. Wer es befolgt, lässt positive Aspekte unerwähnt, gibt negativer Selbstkritik schneller mehr Raum und sieht auch bei anderen vor allem das Negative. Das ist weder fürs eigene Wohlbefinden noch fürs Zwischenmenschliche förderlich.

Sich ab und zu ein „Gut gemacht“ zu denken und es anderen auszusprechen, tut gut – und ist Übungssache. Gelernt sein will auch das angemessene und richtige Loben unserer Hunde. Jeder ist gefragt, die passenden Varianten selbst zu finden. Anreize für diese Entdeckungsreise finden Sie ab Seite 31. Dort lesen Sie zudem Aussagen erfahrener Trainer.

Auf eine Entdeckungsreise ging auch Familie Essig, als sie sich ihren ersten Hund, den Retriever Tino, ins Haus holte. Nach den ersten harmonischen Monaten kam Tino in die Pubertät – und konfrontierte seine unerfahrenen Zweibeiner mit allerlei Unbekanntem.

Als Reiseleiterin half ihnen eine Hundetrainerin durch diese schwierige Zeit, die auch erfahrene Hundeleute vor Herausforderungen stellen kann. Was in Hunden während der Pubertät und Phase des Erwachsenwerdens vorgeht, lesen Sie ab Seite 24. Die Essigs dürfen sich für ihren Einsatz und die Fortschritte mit Tino definitiv auf die Schultern klopfen.

Klappt es mit dem Lob, sind die Motivation und Bereitschaft zur Zusammenarbeit höher – so machen auch gemeinsame Aktivitäten viel mehr Spaß. Dazu gehört natürlich
der Hundesport. Finden Sie in unserem Serienauftakt Spannendes über drei mitunter rasante Sportarten heraus: Agility, Flyball und Zughundesport. Auf geht's!

Übrigens: Das Cover zeigt Berner Sennenhund Merlin. Für das Foto entschied sich in einer Abstimmung auf Facebook und Instagram die Mehrheit unserer Fans.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Lena Schwarz von DER HUND

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Erziehung & Training<br />

Artgenossen hat Dampfwalze Tino mittlerweile<br />

schon viel über den anständigen<br />

hündischen Umgang erfahren.<br />

Idealerweise hätte er in einer gut geführten<br />

Welpengruppe mit einem regulierenden<br />

Trainer überhaupt nicht gelernt,<br />

gegen schwächere Artgenossen seine<br />

körper liche Überlegenheit zu entdecken<br />

und auszuspielen.<br />

nicht genug Energie für die Pubertät, kann<br />

sich diese verzögern.<br />

Veränderungen im Gehirn<br />

Das Hundegehirn wird während der Pubertät<br />

zu einer geschäftigen Baustelle. Ziel der<br />

Umbauarbeiten: Das Verhalten soll rationaler,<br />

vernünftiger, souveräner – erwachsener<br />

werden. Bestehende Nerven verbindungen<br />

werden gelöst und die neuen Synapsen<br />

werden schneller und leistungsfähiger.<br />

Das Motto: Was gebraucht wird darf bleiben,<br />

Ungenutztes fliegt raus. Von menschlichen<br />

Jugendlichen ist bekannt, dass sie<br />

dabei etwa 15 Prozent ihrer Hirnmasse<br />

verlieren. Es liegt nahe, dass beim Hund<br />

Ähnliches der Fall ist.<br />

Nach guter Zusammenarbeit darf sich Tino Leckeres aus dem Futterbeutel nehmen.<br />

Die Veränderungen im Gehirn können<br />

auch erklären, warum pubertierende<br />

Hunde keine Meister darin sind, Impulse<br />

zu kontrollieren, Risiken abzuschätzen<br />

und einen kühlen Kopf zu bewahren. Das<br />

liegt zum einen daran, dass das Frontalhirn<br />

in dieser Zeit nicht so gut als Bremse<br />

funktioniert. Es ist eigentlich in Sachen<br />

Impulskontrolle sowie Handlungsplanung<br />

am Zug. Zum anderen wirkt sich<br />

auch eine Vergrößerung des emotionalen<br />

Bewertungszentrums, der Amygdala, auf<br />

den Hund aus. Dieses steuert die Wahrnehmung<br />

ebenso wie Reaktionen. In der<br />

Pubertät reagiert es stärker auf Umweltreize,<br />

die Reaktionen werden emotionaler.<br />

Grenzen testen und erfahren<br />

Die jungen Schnösel testen gerne aus, wo<br />

ihre Grenzen liegen. „Tino ist ein normaler<br />

Junghund, ein aufgewecktes und intelligentes<br />

Kerlchen, das sehr schnell lernt“,<br />

sagt Trainerin Simone Walter. „Er weiß<br />

aber auch, wie man seinen Körper einsetzt,<br />

und was er über Dynamik und Geschwindigkeit<br />

erreicht, wenn es darum geht, die<br />

eigenen Ziele zu verfolgen.“<br />

Durch Begegnungen mit souveränen<br />

Üben ist wichtig<br />

Während der Pubertät werden auch die<br />

Aufgaben im Gehirn neu verteilt, an spezialisierte<br />

Bereiche, die sie effektiver bewältigen.<br />

Alles, was der Hund bereits gelernt<br />

hatte, muss sein Mensch ihm neu zeigen<br />

und mit ihm üben. Passiert das nicht,<br />

gehen bereits erfolgte Lernprozesse verloren.<br />

Es ist völlig normal, dass der pubertierende<br />

Jungspund alles, was bisher gültig<br />

war, infrage stellt. Bedeutendes Stichwort<br />

für den Halter: Verbindlichkeit. Wer beim<br />

Einfordern von bereits Erlerntem im Alltag<br />

nachlässig wird, wird keinen Erfolg haben.<br />

Auch während der Pubertät kann ein<br />

Hund lernen, sich an seinem Menschen zu<br />

orientieren. Zum Üben eignet sich anfangs<br />

am besten eine entspannte, reizarme<br />

Umgebung. Dann steigert man die Ablenkungen<br />

nach und nach. So war und ist es<br />

auch bei Tino.<br />

Der Retriever musste zu Beginn lernen,<br />

dass er nicht einfach überall hinziehen<br />

und so die Route vorgeben konnte. Der Rat<br />

von Simone Walter: „Die Leine darf lang<br />

sein, aber ihr achtet und wartet nicht auf<br />

Tino. Geht euren eigenen Weg.“ Sie betont:<br />

„Bei Tino ist tunlichst zu vermeiden, ihn<br />

vor etwas durch Ziehen zurückzuhalten.“<br />

Denn darauf reagierte der Rüden selbst<br />

mit Ziehen – Druck erzeugt Gegendruck.<br />

Auch Übungen zur Leinenführigkeit standen<br />

auf dem Programm. Eine Herausforderung<br />

vor allem für die Zweibeiner:<br />

Sie mussten auf das richtige Timing, den<br />

Umgang mit der Schleppleine und die<br />

passende Körpersprache achten. „Tino hat<br />

immer recht schnell verstanden, was er<br />

darf und was nicht“, erinnert sich Dagmar<br />

einige Monate zurück. Ein Bestandteil der<br />

Spaziergänge ist nun auch die Arbeit mit<br />

einem Dummy. Das lastet aus, dient als<br />

28 Der Hund <strong>07</strong>/<strong>2019</strong>

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