Strelitzer Zeitung vom 25. Juni 1999
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Freitag, <strong>25.</strong> <strong>Juni</strong> <strong>1999</strong> <strong>Strelitzer</strong> <strong>Zeitung</strong> Seite 15<br />
MECKLENBURG-STRELITZ IM 20. JAHRHUNDERT • MECKLENBURG-STRELITZ IM 20. JAHRHUNDERT<br />
Feuer vernichtete riesige Waldfläche bei Speck<br />
Achtlos weggeworfenes Streichholz verursachte Brand vor 65 Jahren - 13 000 Menschen mit Zügen zur Bekämpfung transportiert<br />
Von unserem Mitarbeiter<br />
Eduard Gorynia<br />
Neustrelitz. Vor 65 Jahren brannte<br />
der Wald östlich des Specker Sees.<br />
Am 7. Juli 1934 vernichtete ein enormes<br />
Feuer fast 1500 Hektar Waldungen<br />
zwischen Kargow bei Waren und<br />
Granzin - der größte Waldbrand dieses<br />
Jahrhunderts in Mecklenburg.<br />
Durch die meteorologische Entwicklung<br />
waren günstige Voraussetzungen<br />
für einen Waldbrand entstanden.<br />
April, Mai und <strong>Juni</strong> waren trockene<br />
Monate gewesen, lediglich am 3. Juli<br />
hatte es wenig geregnet, war aus<br />
dem Archiv des Deutschen Wetterdienstes<br />
Rostock zu erfahren. Sonnenschein<br />
und ständiger Ostwind hatten<br />
Gras und Moos verdorrt. Durch ein<br />
Kieferntriebsterben gab es viele trokkene<br />
Nadeln in den Kronen, was Kronenfeuer<br />
begünstigte. Es war also eine<br />
außerordentlich hohe Zündbereitschaft<br />
vorhanden. Am Brandtage wehte<br />
ein starker bis steifer Nordwestwind<br />
mit Windstärken 6 bis 7, so der<br />
Wetterdienst.<br />
Das Feuer entstand auf einem<br />
Schafschwingelschlag des Gutes Kargow<br />
etwa 900 Meter nördlich der<br />
Waldgrenze. Etwa um 10.30 Uhr hatte<br />
ein Schäfer das zum Anstecken seiner<br />
Pfeife benutzte Streichholz achtlos<br />
weggeworfen. Die Grasstoppel fing sofort<br />
Feuer. Seine Versuche, das Feuer<br />
mit der Jacke auszudrücken, blieben<br />
erfolglos. Der Wind trieb die Flammen<br />
unheimlich schnell in einer Breite<br />
von etwa 500 Meter in den Wald.<br />
Die verdorrte Bodenvegetation brannte<br />
sofort. An einem tiefbeasteten<br />
Waldmantel emporlodernd, entwickelte<br />
sich ein Kronenfeuer.<br />
Wind trieb gen Süden<br />
Der Besitzer des Gutes Speck, Dr.<br />
Herrmann, sichtete gegen 11 Uhr eine<br />
Rauchfahne, die auf einen größeren<br />
Waldbrand schließen ließ. Als er um<br />
11.30 Uhr das Feuer mit etwa 20 Hilfskräften<br />
erreichte, hatte dies bereits eine<br />
Fläche von 2,5 Kilometer Seitenlänge<br />
und ein Kilometer Front erfaßt.<br />
Von Federow alarmierte er die Feuerwehren<br />
von Netistrelitz und Waren<br />
und der umliegenden Orte sowie<br />
Reichswehr, Arbeitsdienst, SA, SS<br />
und den Flugplatz Rechlin. Unterdessen<br />
jagte das Feuer, durch den Wind<br />
getrieben, über die anfangs wenigen<br />
Löschkräfte hinweg, die Eisenbahnlinie<br />
Neustrelitz-Waren überfliegend,<br />
sich immer mehr verbreiternd, mit ungeheuren<br />
Qualmwolken und Feuergarben<br />
weiter nach Süden.<br />
Die durch Dr. Herrmann, die Landräte<br />
von Waren und Neustrelitz und<br />
das Forstamt Langhagen alarmierten<br />
Formationen und örtlichen Löschkräfte<br />
trafen nach und nach ein, konnten<br />
aber nur an den Flanken eingesetzt<br />
werden, da ein frontaler Löschangriff<br />
Erlebnisse gefragt<br />
In einer Serie blickt die <strong>Strelitzer</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> auf Ereignisse und Entwicklungen<br />
der vergangenen Jahrzehnte<br />
zurück. Welch wichtige Rolle die<br />
Feuerwehr dabei spielt, hat nicht<br />
nur der große Waldbrand 1934 gezeigt.<br />
Vielen Menschen haben die<br />
<strong>Strelitzer</strong> Kameraden schon geholfen;<br />
von dem Hab und Gut, das sie<br />
gerettet haben, ganz zu schweigen.<br />
Wenn Sie Erlebnisse mit der Feuerwehr<br />
oder Waldbränden hatten,<br />
dann rufen Sie uns an und erzählen<br />
Sie davon. Das Lesertelefon der <strong>Strelitzer</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> - 03981/ 28 83 14- ist<br />
wegen der ungeheuren Rauch- und<br />
Hitzeentwicklung unmöglich war.<br />
Gegen 12 Uhr bestand akute Gefahr<br />
für das Dorf Speck. Zäune von<br />
Vorgärten hatten bereits Feuer gefangen.<br />
Die Rettung des Dorfes ist dem<br />
Einsatz der Motorspritze des Kreises<br />
Stargard und der Neustrelitzer Feuerwehr<br />
zu verdanken. Die Feuerbreite<br />
betrug hier etwa drei Kilometer. Das<br />
Feuer raste weiter durch die Specker<br />
Forst nach Süden und erreichte gegen<br />
15 Uhr die Grenze des Forstamtes<br />
Langhagen. In den zwischen Granzin<br />
und Granziner Mühle stockenden Kiefern-Althöhen<br />
wurde das Feuer durch<br />
viel trockenes Brennholz stark geför-<br />
dafür am Montag, dem 28. <strong>Juni</strong>, von<br />
17 bis 18 Uhr von einem Redakteur<br />
besetzt. Auch Fotos können Sie in<br />
die Redaktion der <strong>Strelitzer</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
in 17235 Neustrelitz, <strong>Strelitzer</strong> Straße<br />
2-4 bringen.<br />
dert. Die Granziner Mühle und das<br />
Dorf Krienke waren in höchster Gefahr.<br />
Dort wurde die Berliner Berufsfeuerwehr<br />
eingesetzt, die inzwischen<br />
in knapp zwei Stunden mit mehreren<br />
Löschzügen mit der Eisenbahn nach<br />
Kratzeburg befördert worden war.<br />
Es war ein glücklicher Umstand,<br />
daß in diesen Minuten das Artillerieregiment<br />
der Reichswehr aus Güstrow<br />
und andere Hilfsmannschaften eintrafen.<br />
Durch den aufopfernden Einsatz<br />
der Kräfte, begünstigt durch das Abflauen<br />
des Windes am Nachmittag auf<br />
Stärke 4, gelang es, die Feuerfront gegen<br />
21 Uhr nördlich des Pagelsees<br />
zum Halten zu bringen.<br />
Damit war die Gefahr noch lange<br />
nicht gebannt. Unzählige glimmende<br />
und bei Wind aufflackernde Brandherde<br />
innerhalb des riesigen, <strong>vom</strong> Feuer<br />
durchlaufenen Waldgebietes mußten<br />
abgelöscht werden. Es kam in den<br />
nächsten Tagen mehrfach zu gefährlichen<br />
Situationen. Nur der schnelle<br />
Einsatz starker Kräfte verhinderte einen<br />
neuen Großbrand. Es brannte solange,<br />
bis es durchdringend geregnet<br />
hatte. Zur Bewachung der Feuerlinie<br />
von rund 25 Kilometer Länge benötigte<br />
man viele Mannschaften.<br />
Geringe Wildverluste<br />
Im Forstamt Langhagen wurden<br />
die letzten Tag- und Nachtwachen am<br />
24. Juli eingezogen. Das Ausmaß dieser<br />
Brandkatastrophe läßt sich nach<br />
dem Einsatz der vielen Menschen beurteilen,<br />
die gegen das Feuer gekämpft<br />
hatten. Nach Angaben der<br />
Reichsbahn wurden aus Richtung<br />
Neustrelitz und Waren in 43 Sonderzügen<br />
und 17 fahrplanmäßigen Zügen etwa<br />
13 000 Menschen zur Waldbrandbekämpfung<br />
befördert. Hinzu kamen<br />
die vielen Helfer aus der Umgebung.<br />
Vom Flugplatz Rechlin wurden<br />
zwei Flugzeuge zur Beobachtung der<br />
Brandfläche und zur Nachrichtenübermittlung<br />
eingesetzt. Sämtliche durch<br />
das Brandgebiet führenden Telefonleitungen<br />
waren zerstört. Die Einsatzstellen<br />
zur Brandbekämpfung in Schwar-<br />
zenhof und Granzin verständigten<br />
sich Ober Funk der militärischen Einheiten.<br />
Die kommenden Jahre brachten<br />
mit der Beräumung und Wiederaufforstung<br />
der vernichteten Waldflächen<br />
viel Arbeit für die Waldbesitzer<br />
und Forstverwaltung. Sägewerke wurden<br />
vor Ort eingerichtet, um noch verwertbare<br />
Bäume einzuschneiden. Eine<br />
große Zahl zusätzlicher Arbeitskräfte<br />
wurde eingestellt. In Priester-<br />
WI wurde ein Arbeitsdienstlager eingerichtet.<br />
Die letzten, zunächst grün<br />
gebliebenen Altholzbestände wurden<br />
innerhalb der nachfolgenden drei Jahre<br />
geschlagen, da ein langsames Absterben<br />
einsetzte. Durch das Feuer<br />
war die gesamte Bodenvegetation, die<br />
Kleinlebewelt, vernichtet worden. Die<br />
Verluste an Wild waren erfreulicherweise<br />
gering. Obwohl durch die verschiedensten<br />
Tagespressen Horrormeldungen<br />
Ober 80 Sttick verbranntes<br />
Hochwild und vieles Andere Getier<br />
verbreitet wurden, sind nur sieben<br />
Stück Rotwild, drei Stück Rehwild<br />
und mehrere verbrannte Hasen und<br />
Füchse gefunden worden.<br />
Die von der Brandkatastrophe betroffenen<br />
Waldflächen gehören jetzt<br />
zum Mtiritz-Nationalpark.<br />
Quellen: Bericht des Forstamtsleiter<br />
Langhagen Freiherr von Seckendorf<br />
von 1934, Bericht des Besitzers von<br />
Speck Dr. Herrmann <strong>vom</strong> 14. Juli<br />
1934, Notizen des Oberförster Hellwig<br />
von 1963<br />
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Diesen „Bildbericht <strong>vom</strong> Riesenwaldbrand bei Waren" veröffentlichte der „Niederdeutsche Beobachter", der aus Waren berichtete, am 10. Juli 1934. Abgebildet<br />
ist die Brandbekämpfung (oben links), ein Meldereiter beim Hauptquartier in Schwarzenhof (oben rechts), ein Pilot vor einem Aufklärungsflug (Mitte<br />
rechts), Marktplatz in Waren (unten links), abgelöste Brandbekämpfer (unten Mitte) und verkohlte Stämme (unten rechts).<br />
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Einen Bericht mit dieser Karte zum Waldbrand 1934 veröffentlichte Dörbandt<br />
- auch als der Schriftsteller Goede Gendrich bekannt - am 27. <strong>Juni</strong><br />
1937 in der Deutschen Forstbeamtenzeitung. Repros (2): E. Gotynia<br />
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SZ 15