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AkademieAkzente Heft 50 - 2/2019

Das Magazin der Katholischen Akademie Die Wolfsburg in Mülheim nimmt aktuelle gesellschaftliche Themen in den Blick und präsentiert das Programm der Akademie für das zweite Halbjahr 2019.

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Die heutige lehramtliche Sicht auf<br />

Homosexualität kann bei historischer<br />

Betrachtung deshalb keinen Anspruch<br />

auf Etikettierungen wie „ewig“ und<br />

„schon immer gültig“ beanspruchen.<br />

Dass auch sie sich weiterentwickeln<br />

kann, hat Papst Franziskus noch im<br />

August 2018 hinsichtlich der lehramtlichen<br />

Haltung gegenüber der Todesstrafe<br />

unter Beweis gestellt hat. War<br />

diese bis zur Revision in Ausnahmefällen<br />

laut Katechismus erlaubt, so<br />

wird sie in ihm nun kategorisch abgelehnt.<br />

Begründet wird die lehramtliche<br />

Ablehnung der Todesstrafe mit<br />

der „Unantastbarkeit und Würde der<br />

Person“.<br />

„ENDLICH ZUHAUSE“<br />

Dieter Horsthemke trifft mit seinen Bildern den mentalen Zeitgeist<br />

Kirche kann einen solchen Kultur- und<br />

Haltungswandel gegenüber Homosexuellen<br />

hin zu vollem Respekt und<br />

echter Akzeptanz auf unterschiedlichen<br />

Ebenen und auf vielfältige Weise konstruktiv<br />

mitgestalten. Sie kann z.B. in<br />

30<br />

Kirchengemeinden, Akademien und Heute lebenden und unter der Situation leidenden Menschen ist nicht damit<br />

über gelb, beide Farben leuchten,<br />

31<br />

anderen Bildungseinrichtungen Räume<br />

für Begegnungen und Lernprozesse<br />

schaffen, in denen offen und angstfrei<br />

über hetero- und homosexuelle<br />

Identitäten und Paarbeziehungen<br />

gesprochen werden kann.<br />

Dabei ließen sich Vorurteile bearbeiten,<br />

die auch in anderen gesellschaftlichen<br />

Teilbereichen gegenüber Lesben und<br />

Schwulen anzutreffen sind, z.B. im<br />

Fußball.<br />

Bei solchen Begegnungen sollte es Kirche ein besonderes Anliegen sein, den<br />

Betroffenen zunächst einmal zuzuhören. Was haben sie in der Kirche für Erfahrungen<br />

von Stigmatisierung und Zurücksetzung gemacht? Welche machen sie<br />

noch heute? Welche Sorgen und Bedenken treiben sie beim Thema Kirche um?<br />

Gestalten sie ihre Beziehungen und ihr Familienleben so viel anders als Heterosexuelle?<br />

Kirchengemeinden könnten z.B. bei Tauf- und Erstkommunionvorbereitungen<br />

oder anderen Lebenswendefeiern auf „Regenbogenfamilien“<br />

zugehen und ihre Akzeptanz ihnen gegenüber schon dadurch ausdrücken, dass<br />

bei diesen Anlässen beide Elternteile in der Kirche sichtbar sein dürfen.<br />

Echte kirchliche Akzeptanz sollte sich aber auch in einer öffentlichen liturgischen<br />

Form niederschlagen. Wenn lesbische und schwule Paare in gegenseitiger<br />

Liebe, Hingabe und Verantwortung füreinander einstehen, sie also die<br />

zentralen Werte christlicher Paarbeziehungen leben, dann ist nicht einzusehen,<br />

warum ihnen Gottes Zuspruch nicht im Rahmen einer Segensfeier zugesprochen<br />

werden sollte, wie es einige deutsche Bischöfe derzeit in Erwägung ziehen.<br />

Aktuell arbeiten Liturgiewissenschaftler an der Entwicklung einer solchen neuen<br />

Feierform. Selbstverständlich werden die Meinungen über diese Segensfeiern<br />

innerhalb der Kirche weit auseinandergehen, auch in den Gemeinden. Aber<br />

auch darüber muss offen diskutiert werden können. Da ein Konsens in dieser<br />

Frage sowohl auf der weltkirchlichen Ebene als auch auf der Ebene der Deutschen<br />

Bischofskonferenz derzeit nicht in Sicht ist, wird zu prüfen sein, ob hier unterschiedliche<br />

Geschwindigkeiten in der pastoralen Praxis denkbar sind. Vielleicht<br />

müssen einzelne deutsche Bistümer einfach einen Anfang machen.<br />

geholfen, wenn sich erst im Laufe weiterer Generationen auch auf anderen<br />

Kontinenten ein alternatives Verständnis von Homosexualität durchgesetzt<br />

hat. (Ob)<br />

>> Die MHG-Studie steht im Internet zum Download zur Verfügung:<br />

https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/dossiers_2018/MHG-Studie-gesamt.pdf<br />

>> Franz-Josef Overbeck, Vorurteile überwinden!<br />

Die katholische Kirche muss ihre Sicht auf Homosexualität verändern, in:<br />

Herder Korrespondenz 2/<strong>2019</strong>, S. 6.<br />

>> Ansätze für eine theologische Neubewertung von Homosexualität bietet Stephan Goertz (Hg.),<br />

„Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“ Homosexualität und katholische Kirche (Katholizismus im Umbruch 3),<br />

Freiburg – Basel – Wien 2015.<br />

Die aktuelle „Vermächtnis-Studie“ beschreibt<br />

was den Deutschen wichtig<br />

ist. Bemerkenswert: Zwei Themen der<br />

Studie spiegeln sich wider in den<br />

Werken des Dortmunder Künstlers<br />

Dieter Horsthemke: „Heimat“ und<br />

„Wir-Gefühl“.<br />

Bereits das Bild „Endlich Zuhause“,<br />

das der gesamten Ausstellung ihren<br />

Titel verliehen hat, beschreibt das<br />

Thema Heimat. Allein das quadratische<br />

Format (110 x 110 cm) gibt dem Bild<br />

eine Statik. Hinzu kommt, dass die<br />

Malerei die Form respektiert.<br />

Es gibt kein motivisches Überschreiten<br />

der Bildgrenzen. Die beiden farblich<br />

hervortretenden horizontalen Flächen<br />

respektieren den Bildrand. Rot schwebt<br />

sind eher warme Farbtöne gegenüber<br />

dem Grau-Blau-Braun, das selbst noch<br />

wie ein Rahmen wirkt.<br />

Die hellste Stelle im Bild fast im<br />

Zentrum zwischen rot und gelb eingebettet,<br />

zieht den Blick in die Tiefe<br />

oder springt den Betrachter an. Diese<br />

wechselnden Möglichkeiten hängen<br />

auch mit dem gesamten Farbaufstrich<br />

zusammen.<br />

D i e D u r c h s i c h ti g k e i t m a n c h e r Fa r b e i s t<br />

wie ein transparenter Schleier, der verhüllt<br />

und zugleich enthüllt.<br />

Ein typisches Phänomen der Bilder<br />

von Dieter Horsthemke.<br />

Dieter Horsthemke: Endlich Zuhause 110 x 110 cm. Acryl auf Leinwand, <strong>2019</strong><br />

s c h i c h t e n , d i e a n L a n d s c h a ft e n e r i n n e r n , a n g e f ü h l s g e l a d e n e M o ti v e w i e<br />

Sonnenauf- oder Sonnenuntergänge, die für Sehnsucht nach Idylle, Geborgenheit<br />

und Heimat stehen können.<br />

Eine Besonderheit der Bilder von Dieter Horsthemke ist das Wechselspiel<br />

zwischen Abstraktion und Figuration, das sich nie ganz auflösen lässt trotz des<br />

jeweiligen Titels: Ist es Landschaftsmalerei oder emotionale Expression des<br />

Künstlers? Und was will das Bild schließlich beim Betrachter hervorrufen: ein<br />

Wiedererkennen der Natur oder ein Gefühl?<br />

Fotos: Nicole Cronauge / Bistum Essen<br />

Im Sinne des Titels „Endlich Zuhause“<br />

kann man die Wärme der Farben und<br />

die feste Bildstruktur als Symbole der<br />

Geborgenheit verstehen. Geborgenheit,<br />

geschützter Raum, das ist Zuhause, ist<br />

Heimat.<br />

Ähnliche gefasste Bildkompositionen<br />

zeigen horizontal angelegte Farb-<br />

Neben Bildern mit Einzelfiguren zeigt die Ausstellung eine Vielzahl von Werken<br />

mit mehreren Figuren, die an das zweite Hauptthema der Vermächtnis-Studie<br />

erinnern. So stehen Figuren (Menschen?) eng zusammen oder gegenüber, bilden<br />

eine Kette, treten wie aus einem Nebel hervor. Hier – wie bei vielen Bildern – leitet<br />

der Titel die Wahrnehmung: „Der Turm: Gemeinsames Wohlergehen“ oder „Das<br />

Beste im Sinn: Und jetzt alle zusammen“. „Wir-Gefühl“ und „Heimat“ darum geht<br />

es in den Bildern von Dieter Horsthemke, die den mentalen Zeitgeist der<br />

Deutschen treffen. (Rei)

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