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Alexanders Geschichte in der Eltern-Kind-Station

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Bett<strong>in</strong>a Pescheck,<br />

Psycholog<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Eltern</strong>-K<strong>in</strong>d-<strong>Station</strong><br />

„Wenn <strong>Eltern</strong> mit ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> die <strong>Eltern</strong>-K<strong>in</strong>d-<br />

<strong>Station</strong> kommen, geht es meist um zwei D<strong>in</strong>ge: um<br />

e<strong>in</strong>e Diagnose und um die Frage, wie sie am besten<br />

mit jener umgehen. Familie Böhm hatte das große<br />

Anliegen, ihren Sohn besser zu verstehen. Sie haben<br />

sich ganz bewusst für diesen geme<strong>in</strong>samen<br />

Aufenthalt entschieden.<br />

Für uns Mitarbeitende beg<strong>in</strong>nt je<strong>der</strong> Tag mit e<strong>in</strong>em<br />

kurzen Jour Fixe. Die verschiedenen Berufsgruppen<br />

—PsychologInnen, HeilerziehungspflegerInnen,<br />

ÄrztInnen und KrankenpflegerInnen—arbeiten<br />

eng verzahnt und besprechen, welche Probleme<br />

o<strong>der</strong> Auffälligkeiten es gibt und was für den Tag<br />

ansteht. Je<strong>der</strong> br<strong>in</strong>gt das Wissen aus se<strong>in</strong>em Fachbereich<br />

e<strong>in</strong>; das macht den Blick auf die Familien<br />

breit. Im Anschluss gibt es E<strong>in</strong>zeltherapien wie<br />

Kunsttherapie o<strong>der</strong> Logopädie, es gibt Schulbesuche,<br />

<strong>Eltern</strong>gespräche, Kommunikationsberatung,<br />

Autismusschule. Dabei bleibt im Fokus, was<br />

jedes Familienmitglied braucht. Unser multidiszipl<strong>in</strong>äres<br />

Team ist den Tag über ansprechbar und<br />

beobachtet das Verhalten, die Interaktionen, gibt<br />

Hilfestellung und ist für die Betreuung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

zuständig, wenn die <strong>Eltern</strong> im Gespräch s<strong>in</strong>d. Auch<br />

hier läuft ganz vieles verzahnt—Beobachtungen<br />

werden von den unterschiedlichen Berufsgruppen<br />

aus ihren Sichtweisen dokumentiert. E<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Woche sitzt das Team dann zusammen und<br />

befasst sich ausführlich mit je<strong>der</strong> Familie. Weitere<br />

Schritte werden e<strong>in</strong>geleitet, die können auch mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Art se<strong>in</strong>.<br />

Aus Beobachtungen an Alexan<strong>der</strong>, aber auch aus<br />

familiären Regeln, Mustern o<strong>der</strong> Werten konnten<br />

wir viel ableiten: Wo weicht se<strong>in</strong>e Entwicklung ab?<br />

Was s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Stärken? Welche Ressourcen hat<br />

die Familie? E<strong>in</strong>e Diagnose macht schließlich auch<br />

etwas mit den <strong>Eltern</strong>. Wir können helfen, Problemlösestrategien<br />

zu entwickeln. Wir können e<strong>in</strong> Verständnis<br />

für die Diagnose vermitteln. Wir können<br />

nach dem „guten Grund“ für e<strong>in</strong> Verhalten suchen,<br />

wie beispielsweise e<strong>in</strong>e autistische Wahrnehmung<br />

o<strong>der</strong> die spezifische Informationsverarbeitung<br />

im Alltag. Und trotzdem bleiben <strong>Alexan<strong>der</strong>s</strong>’<br />

<strong>Eltern</strong> die Experten für ihr K<strong>in</strong>d.<br />

Jedes K<strong>in</strong>d ist über se<strong>in</strong>en eigenen<br />

Zugang erreichbar. Beim e<strong>in</strong>en ist es<br />

das Sandspiel, beim an<strong>der</strong>en die<br />

Kunsttherapie, beim dritten die Berührung.<br />

Die Sprache des K<strong>in</strong>des<br />

zu f<strong>in</strong>den ist ganz wichtig. Wenn man<br />

es schafft, den jeweiligen Zugang zu<br />

f<strong>in</strong>den, können die K<strong>in</strong><strong>der</strong> uns<br />

E<strong>in</strong>blicke gewähren und uns zeigen,<br />

was mit ihnen los ist.<br />

Bei Alexan<strong>der</strong> haben wir die Sprache, mit <strong>der</strong> er<br />

sich ausdrückt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kunsttherapie gefunden.<br />

Am Anfang malte er nur schwarze o<strong>der</strong> blaue, sehr<br />

wilde Drachen. Später wurden sie dann bunt. Es<br />

war ganz wun<strong>der</strong>bar, als Alexan<strong>der</strong> schließlich anf<strong>in</strong>g,<br />

über das zu sprechen, was für ihn schwierig<br />

ist. Man ist e<strong>in</strong>en großen Schritt vorangekommen,<br />

wenn e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d gelernt hat zu sagen „mir ist es zu<br />

laut“ o<strong>der</strong> „mir ist das zu viel“. Damit kann man Bed<strong>in</strong>gungen<br />

besser beschreiben und verän<strong>der</strong>n.<br />

Alexan<strong>der</strong> merkte im Laufe se<strong>in</strong>es Aufenthaltes<br />

immer mehr, dass er verstanden wird. Se<strong>in</strong>e <strong>Eltern</strong><br />

konnten ihrem Sohn e<strong>in</strong> Gefühl von Sicherheit geben<br />

und sagen: „Es ist Ordnung, wie Du bist“. Damit<br />

öffneten sie Türen. Sie vertrauen darauf, e<strong>in</strong>en<br />

Weg zu f<strong>in</strong>den, mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu kommunizieren.<br />

Dar<strong>in</strong> steckt sehr viel Liebe.“

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