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Wagnereinmalig No. 9

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Das Buchmagazin der Wagner’schen Universitätsbuchhandlung — 09.2019<br />

Wagner<br />

eı˙nmalı˙g<br />

#<strong>No</strong>. 9


Impressum<br />

Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich:<br />

Wagner’sche Universitätsbuchhandlung,<br />

Medici Buchhandels GmbH,<br />

Museumstraße 4, 6020 Innsbruck<br />

info@wagnersche.at — www.wagnersche.at<br />

Redaktion: Robert Renk<br />

© der Textbeiträge bei den Autorinnen<br />

und Autoren<br />

Grafische Ausstattung: himmel.<br />

Studio für Design und Kommunikation<br />

Fotografie (so nicht anders angegeben):<br />

Thomas Schrott, Andreas Licht<br />

© der Abbildungen bei den jeweiligen<br />

Rechteinhabern<br />

Titelbild: aus dem Buch „Druckfrisch“,<br />

Universitätsverlag Wagner<br />

Fehler, Änderungen und Irrtümer vorbehalten.<br />

© 09.2019 – alle Rechte vorbehalten<br />

2 Wagner’sche.<br />

Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Der heurige Herbst steht<br />

ganz im Zeichen unseres<br />

Jubiläums 380 Jahre<br />

Wagner’sche Buchhandlung.<br />

Im Oktober<br />

1639 hat der Buchdrucker<br />

Michael Wagner den Freibrief<br />

von Claudia von Medici<br />

erhalten und konnte somit<br />

als Druckermeister in Innsbruck<br />

tätig werden. Seit 380<br />

Jahren ist die Wagner’sche<br />

somit fixer Bestandteil der<br />

Buchkultur und der Literatur<br />

in Tirol. Auch unsere Veranstaltungen<br />

stehen heuer<br />

ganz im Zeichen unseres<br />

Geburtstages. Unter dem<br />

Motto „380 Jahre für die<br />

Tiroler Literatur“ setzen wir<br />

einen großen Schwerpunkt<br />

gerade bei Tiroler Autoren.<br />

Neben <strong>No</strong>rbert Gstrein,<br />

Raoul Schrott, Hans Platzgumer<br />

wird auch Bernhard<br />

Aichner zu Gast sein. Natürlich<br />

dürfen aber auch internationale<br />

Bestseller nicht<br />

fehlen, hier freuen wir uns<br />

besonders auf Jan-Philipp<br />

Sendker, der unter anderem<br />

mit seinen Werken „Herzenstimmen“<br />

und „Das Herzenhören“<br />

über 3,5 Millionen<br />

Bücher verkauft hat.<br />

Markus Renk (re.), Markus Hatzer<br />

Inhalt<br />

6 380 Jahre Wagner’sche<br />

Ein kurzer Lauf durch die Geschichte unserer Buchhandlung<br />

14 Eine Buchhandlung mit Verlag<br />

Vier weitere Bände unserer erfolgreichen Reihe „Erinnerungen an Innsbruck“<br />

16 Jeggle nun in der Wagner’schen<br />

Eine Erfolgsgeschichte zieht um<br />

20 Tiroler Literatur –<br />

starker Herbst<br />

Über 20 Neuerscheinungen – von Robert Renk<br />

30 Krimi Fest Tirol<br />

Martin Walker und Ursula Poznanski – zu Gast bei uns am 23. und 24. Oktober<br />

34 Ein großer Autor kehrt zurück<br />

<strong>No</strong>rbert Gstrein mit seinem neuen Roman, der auch wieder in Tirol spielt<br />

36 Robert Prosser<br />

Der Alpbacher Autor boxt sich durch die Literaturgeschichte,<br />

am 30. Oktober bei uns<br />

40 Back to the roots<br />

Hans Platzgumer auf einer literarischen Reise –<br />

mit Stopp in der Wagner’schen am 20. <strong>No</strong>vember<br />

42 Eine Reise in ferne Welten<br />

Eine junge Tirolerin kreierte eine eigene Welt und publiziert die Reihe<br />

„Requia“, am 13. <strong>No</strong>vember bei uns<br />

44 Raoul Schrott<br />

„Eine Geschichte des Windes“ – Prasentation im ORF am 26. <strong>No</strong>vember<br />

46 <strong>No</strong>ch einmal Burma …<br />

Sensationell: Jan-Philipp Sendker liest auf eigenen Wunsch in<br />

unserer Buchhandlung<br />

48 Tot an der Kassa …<br />

Bernhard Aichner präsentiert seinen neuen Thriller am 3. Dezember<br />

50 <strong>No</strong>rwegian Woods …<br />

Tipps zum Buchmessenschwerpunkt <strong>No</strong>rwegen: Robert Renk<br />

54 In Innsbruck wimmelt<br />

es ab sofort<br />

Ein neues Wimmelbuch mit Motiven aus Innsbruck,<br />

das perfekte Geschenk aus dem Hause Wagner’sche<br />

56 Mit den besten Empfehlungen


© Andreas Friedle<br />

Alt aber neu: 380 Jahre und<br />

aktuell wie eh und je …<br />

Tradition ist an sich noch nichts Gutes oder Schlechtes,<br />

erst, was man daraus macht, ist wesentlich!<br />

Ich sage dem<br />

Buchhandel<br />

eine gewisse<br />

Renaissance<br />

voraus.<br />

Markus Renk<br />

4 Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Auch in unserem Jubiläumsjahr, die Wagner’sche<br />

feiert heuer ihren 380. Geburtstag,<br />

gibt es wieder vieles zu berichten. Was sich<br />

so alles getan hat bzw. noch in der Pipeline<br />

steckt, möchten wir Ihnen hier in unserem<br />

neuesten Magazin vorstellen. Allen, die<br />

etwas tiefer in die Geschichte der Wagner’-<br />

schen eintauchen oder detaillierter wissen<br />

wollen, wie es uns in den letzten vier Jahren<br />

nach der Übernahme ergangen ist, denen<br />

empfehle ich den sechsseitigen Beitrag von<br />

Gernot Zimmermann gleich am Beginn des<br />

Magazins. Den diversen Veranstaltungen des<br />

Jubiläumsjahres widmen wir einen großen<br />

Teil unseres Magazins, Sie werden sehen,<br />

auch im Herbst sorgen wir wieder für großartige<br />

Autorenbegegnungen in Innsbruck.<br />

Neuer Internetshop<br />

Aber was nützen tolle Veranstaltungen,<br />

wenn die Leute womöglich nichts davon<br />

erfahren? Dafür werden Kommunikationsplattformen<br />

immer wichtiger. Wir nutzen<br />

hier neben unserem Newsletter vor allem<br />

unsere Homepage www.wagnersche.at.<br />

Wie Sie sich sicher vorstellen können, ist<br />

die Zurverfügungstellung eines gut funktionierenden<br />

Shops – wir reden immerhin<br />

von rund sechs Millionen Büchern, welche<br />

wir online anbieten – für eine Einzelbuchhandlung<br />

nicht leicht zu bewerkstelligen.<br />

Trotzdem ist es uns gelungen, einen komplett<br />

neuen Webshop zu entwickeln, der<br />

allen Ansprüchen der Buchkunden genügt.<br />

Im Vergleich zum Vorgängershop wurde die<br />

Titelvielfalt deutlich erweitert, das Thema<br />

E-Book stark ausgebaut, Hörbücher<br />

wurden zum Downloaden aufgenommen<br />

und die Inhalte, den Content, merklich<br />

verstärkt. So finden Sie jetzt wesentlich<br />

mehr Buchtipps, viele persönliche Besprechungen,<br />

unsere sogenannten Schaufenster,<br />

in denen wir überraschende Themen<br />

für Sie zusammenstellen, und anderes<br />

Wissenswertes rund um das Thema Buch.<br />

5<br />

Was geblieben ist, ist die schnelle Lieferfähigkeit,<br />

die portofreie Lieferung und der<br />

kostenlose Radzustelldienst „Wagner’sche<br />

bringt’s“.<br />

Wagner’sche-App<br />

Im Zuge der Neugestaltung haben wir<br />

auch unseren Newsletter adaptiert. Was<br />

in wenigen Wochen kommt, ist eine<br />

eigene Wagner’sche-App, diese soll unseren<br />

Kundenkartenbesitzern eine bessere<br />

Transparenz ermöglichen, damit Sie Ihre<br />

Einkäufe laufend beobachten und Ihre<br />

gesammelten Umsätze und die damit verbundene<br />

Bonifizierung jederzeit überprüfen<br />

können. Derzeit werden fleißig Schnittstellen<br />

programmiert, ab Jänner sollte dieses<br />

Kundenservice-Instrument für unsere Kundinnen<br />

und Kunden verfügbar sein. Mit<br />

dieser App werden wir aber auch wichtige<br />

Neuigkeiten aus dem Buchhandel und aus<br />

dem Hause Wagner’sche an unsere Newsletter-Kundinnen<br />

und -Kunden aussenden<br />

können, somit bleiben Sie immer auf dem<br />

Laufenden.<br />

Wagner’sche – die<br />

Ö1 Partner-Buchhandlung<br />

Vor vier Jahren sind wir mit dem klaren<br />

Ziel angetreten, das Standing der Wagner’-<br />

schen wieder deutlich zu verbessern und die<br />

Traditionsbuchhandlung dorthin zu bringen,<br />

wo sie früher war. Mit ein wenig Stolz<br />

können wir berichten, dass wir inzwischen<br />

wieder als einer der Leuchttürme im österreichischen<br />

Buchhandel wahrgenommen<br />

werden und zu den innovativsten und<br />

kreativsten Buchhandlungen in der Branche<br />

zählen. Dafür gebührt natürlich allen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern großer Respekt<br />

und Dank, denn sie machen dies durch<br />

ihren täglichen Einsatz erst möglich!<br />

Eine große Bestätigung durften wir erfahren,<br />

als der ORF an uns herangetreten<br />

ist, ob die Wagner’sche nicht die Edition<br />

Ö1 Partnerbuchhandlung im Westen<br />

Österreichs werden will. Dies sehen wir als<br />

außerordentliches Gütesiegel und freuen<br />

uns schon sehr auf die Partnerschaft. Für<br />

unsere Kundinnen und Kunden bedeutet<br />

dies einen leichteren Zugang und teilweise<br />

Preisvorteile bei den ORF-Produkten.<br />

Jeggle – Tradition<br />

trifft Tradition<br />

Apropos Leuchttürme: Diesen Anspruch<br />

erfüllte bis Sommer 2019 das Jeggle-Grußkarten-Geschäft<br />

am Burggraben. Jeggle<br />

ist wohl den meisten Innsbruckerinnen<br />

und Innsbruckern ein Begriff, seit 1846<br />

ist die Firma als Papier- und Schreibwarenfachgeschäft<br />

in Innsbruck ansässig.<br />

Ich kann mich gut erinnern: Meine erste<br />

Pelikan-Füllfeder mit dazugehörigem<br />

Tintenfass wurde mir bei der Firma Jeggle<br />

gekauft. Was ich nicht gewusst habe, ist die<br />

Tatsache, dass das erste Max-Jeggle-Geschäft<br />

in Innsbruck in der Museumstraße<br />

angesiedelt war, direkt neben der Wagner’-<br />

schen. Mit September 2019 ist Jeggle in die<br />

Museumstraße zurückgekehrt. Clemens<br />

Bruch, der Besitzer der Firma Jeggle, verstärkt<br />

nun unser Team und betreibt in der<br />

Wagner’schen einen großzügigen Grußkartenshop.<br />

Auf rund 100 m² Fläche finden<br />

Sie das größte Grußkartensortiment Innsbrucks<br />

und das in bewährter Jeggle-Qualität!<br />

Junge und frische Energie<br />

Bereits in unserem letzten Frühjahrs-Magazin<br />

konnte ich Ihnen berichten,<br />

dass wir sieben neue Kolleginnen und<br />

Kollegen eingestellt haben, davon zwei<br />

Lehrlinge, die den Buchhandel von der<br />

Pike auf lernen möchten. Leider ist es im<br />

Buchhandel gar nicht leicht, geeignete<br />

Bewerbungen für Lehrlinge zu bekommen,<br />

umso mehr freut es mich, dass wir im<br />

Sommer zwei weitere junge Interessenten<br />

aufnehmen konnten. Somit bildet die Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung derzeit<br />

vier Buchhändlerinnen und Buchhändler<br />

im ersten Lehrjahr aus. Wir freuen uns sehr<br />

über Ana, Lisa, Selina und David. Sie sind<br />

schon fix im Team integriert und tun der<br />

Stimmung im Haus richtig gut! Das spüren<br />

hoffentlich auch unsere Kundinnen und<br />

Kunden.<br />

Ihr Markus Renk


© Andreas Licht<br />

380 Jahre Wagner’sche<br />

Aus Anlass des 380-Jahr-Jubiläums der Wagner’schen<br />

gibt Markus Renk ein ausführliches Interview.<br />

Die Fragen stellte Gernot Zimmermann.<br />

Die Wagner’sche<br />

ist wieder ein<br />

Leuchtturm des<br />

österreichischen<br />

Buchhandels.<br />

Markus Renk<br />

Bernhard Aichner,<br />

Lisa Hörtnagl<br />

Im Oktober wird in der Wagner’schen<br />

gefeiert – die älteste Buchhandlung Tirols<br />

begeht ihr 380-Jahr-Jubiläum. Vor nicht<br />

einmal fünf Jahren ist der Weiterbestand der<br />

Wagner’schen sehr gefährdet gewesen, aber<br />

mit Markus Renk und Markus Hatzer haben<br />

sich zwei Unternehmer gefunden, die „den<br />

Laden“ kurzerhand übernommen haben.<br />

Im Interview spricht Markus Renk über<br />

das Wagnis dieser Entscheidung, über seine<br />

Leidenschaft Buchhandel und wie sich diese<br />

Branche in Zukunft entwickeln wird.<br />

Markus, erst einmal Gratulation<br />

zum 380. Geburtstag deiner<br />

Wagner’schen! Jetzt habe ich da<br />

aber eine Karte vor mir liegen, die<br />

sieht ziemlich alt aus und da wird zur<br />

400-Jahr-Feier der Wagner’schen<br />

geladen. Ein Rechenfehler?<br />

Das ist wirklich ein kleines Kuriosum.<br />

Wir wollen das auch einmal gemeinsam mit<br />

der Universität Innsbruck genauer aufarbeiten.<br />

Tatsache ist, dass Michael Wagner<br />

im Oktober 1639 von Claudia von Medici<br />

den Freibrief ausgestellt bekommen hat,<br />

dass er in Innsbruck als Drucker tätig sein<br />

darf. Wagner war als junger Bursche aus<br />

der Augsburger Gegend vor dem 30-jährigen<br />

Krieg nach Innsbruck geflüchtet und<br />

ist hier als Druckergeselle untergekommen.<br />

Dann hat es sich ergeben, dass er eine so<br />

genannte ‚goldene Witwe‘ heiratete, die<br />

mit dem Druckereibesitzer Hans Gäch<br />

verehelicht gewesen war. Jetzt war Michael<br />

Wagner der Besitzer und er hat auch das<br />

Stadtrecht erhalten. Das war wie gesagt<br />

vor 380 Jahren, aber die Geschichte der<br />

ehemaligen Druckerei von Hans Gäch geht<br />

natürlich noch weiter zurück. Und damit es<br />

noch etwas komplizierter wird, hat Michael<br />

Wagner später die Druckerei von Daniel<br />

Paur gekauft, die wiederum aus der ersten<br />

Staatsdruckerei der Welt hervorgegangen<br />

ist. Und nimmt man diese von den Habsburgern<br />

gegründete Druckerei her, dann<br />

kommt man auf das Gründungsjahr 1548.<br />

Das erklärt die 400-Jahr-Feier vor über<br />

70 Jahren.<br />

Die 380-Jahr-Feier trifft ziemlich<br />

genau mit deinem 50. Geburtstag<br />

zusammen. Hättest du dir als<br />

Buchhändler-Lehrling damals<br />

gedacht, dass du dein ganzes<br />

Berufsleben lang in dieser Branche<br />

bleiben wirst?<br />

(lacht) Also, sag niemals nie, vielleicht<br />

werde ich noch Bürgermeister! Dann wäre<br />

ich übrigens schon der vierte Buchhändler,<br />

der Stadtoberhaupt wird. Nein, im Ernst,<br />

natürlich ist es absehbar, dass ich Buchhändler<br />

bleibe. Obwohl, nach über dreißig<br />

Jahren bei der Tyrolia hätte ich auch<br />

geglaubt, dass ich dort bis zur Pension<br />

bleiben werde.<br />

Warum bist du Buchhändler<br />

geworden – bist du schon als<br />

Kind eine Leseratte gewesen?<br />

Im Gegenteil, ich habe als Kind Bücher<br />

gehasst, buchstäblich gehasst, ich habe<br />

kein einziges gelesen. Zum einen hat mir<br />

mein damaliger Schuldirektor das Lesen<br />

vermiest, weil wir uns zwangsweise mit<br />

Texten beschäftigen mussten und Zwang<br />

ist immer schlecht. Und zum anderen hat<br />

es bei uns daheim kaum passende Bücher<br />

gegeben, Lesen war also überhaupt kein<br />

Thema für mich.<br />

Nicht gerade die ideale<br />

Voraussetzung um Buchhändler<br />

zu werden …<br />

Ich wollte ja auch Sportartikel-Händler<br />

werden. Aber es war keine Lehrstelle frei<br />

und dann hat die Tyrolia Lehrlinge gesucht<br />

und ich habe mich als Papierhändler-<br />

Lehrling vorgestellt. Natürlich wurde ich<br />

gefragt, ob ich gerne lese, natürlich habe ich<br />

das bejaht und zum Glück haben sie nicht<br />

genauer nachgefragt. Und dann ist etwas<br />

ganz Eigenartiges passiert: Der damalige<br />

Leiter hat uns neue Lehrlinge im ganzen<br />

Haus vorgestellt, das war am 1. August<br />

1985, und wir haben im dritten Stock angefangen.<br />

Dort hat er mich mit „Das ist<br />

der Markus Renk, der wird Papierhändler“<br />

vorgestellt. Im ersten Stock hat es geheißen<br />

„Markus Renk, unser neuer Papier- oder<br />

Buchhändler-Lehrling“ und im Keller war<br />

ich schließlich „Markus Renk, der wird<br />

Buchhändler“. So bin ich also während<br />

des Treppensteigens zum Buchhändler<br />

geworden. Das war schon ein bisschen ein<br />

Schock, weil ich ja mit Büchern nichts zu<br />

tun gehabt habe. Aber dann ist die Welt<br />

der Bücher explosionsartig über mich<br />

hereingebrochen.<br />

Kannst du dich noch an dein<br />

erstes Buch erinnern?<br />

Ja, das war tatsächlich die Schachnovelle<br />

von Stefan Zweig. Das kann auch nicht<br />

jeder von sich behaupten (lacht). Ich habe<br />

dann einen unbändigen Lese-Nachholbedarf<br />

entwickelt und sogar in der Berufsschule<br />

heimlich unter der Bank gelesen.<br />

Grillparzer, Shakespeare, Dürrenmatt<br />

– quer durch, die ganze Palette. Ich habe<br />

also gleich mit den Klassikern angefangen<br />

und sofort erkannt, was Bücher alles leisten<br />

können. Natürlich hat mich die Leselust nie<br />

wieder losgelassen, auch heute schaffe ich,<br />

trotz Stress, meist noch fünfzig Bücher im<br />

Jahr.<br />

Das viele Lesen wir dir auch als<br />

Buchhändler-Lehrling geholfen<br />

haben …<br />

Vorerst war ich mit der Schulbuch-Aktion<br />

beschäftigt und mir wurde schon als<br />

17-Jähriger die Organisation der Abholung<br />

der Schulbücher in der Buchhandlung<br />

übertragen. Das war zwar eher aus der <strong>No</strong>t<br />

geboren, aber ich konnte mich dadurch<br />

schon früh bewähren. Die Schüler sind<br />

damals mit ihren Gutscheinen gekommen<br />

und wenn ein Buch nicht lagernd war, sind<br />

sie in die Wagner’sche weitergezogen. Ich<br />

habe dann mit unserem ersten Computer<br />

eine Art Reservierungs-System entwickelt


und den Schülern einen eigenen Gutschein<br />

mitgegeben. So ist der Umsatz bei uns<br />

geblieben und gleich im ersten Jahr hat die<br />

Schulbuch-Aktion um rund eine Million<br />

Schilling mehr eingebracht. Das hat den<br />

Besitzern natürlich gefallen und sie haben<br />

mir nach und nach immer mehr Verantwortung<br />

übertragen.<br />

Du bist nach deiner Lehre bei<br />

derselben Firma geblieben, hättest du<br />

auch andere Angebote gehabt?<br />

Es hat in all den Jahren immer wieder Angebote<br />

gegeben, bei manchen davon hätte<br />

ich auch das Dreifache verdienen können.<br />

Es hat auch Möglichkeiten außerhalb des<br />

Buchhandels gegeben, etwa bei einem<br />

großen Medienhaus in Deutschland. Einmal<br />

war ich ganz knapp vor einem Wechsel,<br />

da hätte ich eine der drei größten österreichischen<br />

Buchhandlungen übernehmen<br />

können. Ich habe mich damals bereits nach<br />

einer Wohnmöglichkeit vor Ort umgeschaut<br />

und ich stand direkt vor einer Entscheidung.<br />

Aber dann ist das passiert, was<br />

bei jedem meiner Wechselgedanken passiert<br />

ist: Die Tyrolia hat mir ein unwiderstehliches<br />

Angebot gemacht und ich bin – wenn<br />

man es so ausdrücken will – die Karriereleiter<br />

immer weiter nach oben geklettert.<br />

Vom Lehrling zum Filialleiter und<br />

schließlich zum Vorstand, der für<br />

200 Mitarbeiter und 20 Filialen<br />

verantwortlich ist. Trotzdem bist du<br />

letztendlich weggegangen – wie ist es<br />

dazu gekommen.<br />

Da muss ich jetzt ein wenig ausholen.<br />

Ich war damals durch und durch ein Tyrolia-Mann<br />

und wollte es auch bleiben. Dann<br />

war ich zur 375-Jahr-Feier der Wagner’-<br />

schen geladen, die zu der Zeit bekanntlich<br />

im Besitz der Buchhandelskette Thalia war.<br />

Ich bin ja auch Vertreter der Buchhändler<br />

in der Wirtschaftskammer und bin also<br />

dort in der ersten Reihe gesessen. Im Laufe<br />

des Abends hat es auch eine Podiumsdiskussion<br />

gegeben, da ist dann aber<br />

schnell die Feierstimmung gekippt und es<br />

ist viel über die Situation in der Wagner’-<br />

schen diskutiert worden. Irgendwie wollten<br />

die Leute ihre alte Wagner’sche wieder<br />

zurück. Auch unter den Mitarbeitern<br />

herrschte eine Unsicherheit, die ganze<br />

Thaliakette stand kurz vor dem Verkauf,<br />

was aus der Wagner’schen werden würde,<br />

wusste niemand.<br />

Wie bist du auf die Idee gekommen,<br />

die Wagner’sche aus der Thaliakette<br />

herauszukaufen?<br />

Das hat sich total zufällig ergeben. Ich<br />

habe den Markus Hatzer, den Besitzer<br />

des Haymon Verlages, getroffen und wir<br />

sind auf die Wagner’sche zu sprechen gekommen.<br />

Dabei ist mir, mehr aus Jux und<br />

Tollerei, der Satz ausgekommen: „Eigentlich<br />

müsste man sie kaufen.“ Und der<br />

Markus sagt darauf ganz locker „Tualei“<br />

– also ‚Mach nur‘. Wie, was? Dann geh<br />

ich heim zu meiner Frau, erzähl ihr das<br />

alles und sie sagt: „Ja, dann mach’s halt.<br />

Fragen kostet ja nichts.“ So bin ich dagestanden<br />

mit ‚Tualei‘ und ‚mach’s halt‘.<br />

Ich wusste, was die Thalia damals für die<br />

Wagner’sche bezahlt hat, und dieser Betrag<br />

ist für mich völlig illusorisch gewesen.<br />

Aber mit dem Hintergedanken, dass ein<br />

defizitärer Standort eventuell günstiger<br />

hergehen könnte, habe ich schließlich das<br />

Gespräch mit Thalia gesucht.<br />

Wie ist der Kauf der Wagner’schen<br />

letztlich über die Bühne gegangen?<br />

Nach meinen Anfangskontakten bin ich<br />

in die Thalia-Zentrale nach Linz gefahren<br />

und habe mir dort einen ersten Blick auf<br />

die nackten Zahlen verschafft. Die waren,<br />

mit einem Wort gesprochen, grauslig.<br />

Meine Frau war derweil einen Kaffee<br />

trinken und nach dem Gespräch habe ich<br />

zu ihr gesagt: „Wir können heimfahren,<br />

Katharina Kramer,<br />

Judith W. Taschler<br />

das hier ist ein Selbstmordkommando,<br />

sämtliche Kennzahlen sind einfach nur<br />

haarsträubend.“ Daheim hat mich das<br />

Thema aber nicht losgelassen und ich habe<br />

– eigentlich war das ziemlich frech – den<br />

Thalia-Leuten einen ganzen Katalog an<br />

Hausaufgaben gestellt. Bevor wir überhaupt<br />

weiterreden würden. Daraufhin habe<br />

ich monatelang nichts mehr gehört, aber<br />

als Antwort auf eine Weihnachtskarte habe<br />

ich schließlich eine Einladung zu einem<br />

ersten ernstzunehmenden Verkaufsgespräch<br />

erhalten. Das hat dann am 4. Jänner 2015<br />

in Salzburg stattgefunden. Anfangs sind<br />

unsere Vorstellungen noch ziemlich weit<br />

auseinander gelegen, aber im Laufe der Verhandlungen<br />

haben wir uns schließlich auf<br />

einen Verkaufspreis einigen können, unter<br />

Vorbehalt bestimmter Nachbesserungen.<br />

Dann ist es eigentlich sehr schnell gegangen<br />

und schon im März haben wir den Kaufvertrag<br />

unterschrieben.<br />

Damit war natürlich auch dein<br />

Ausstieg aus der Tyrolia verbunden,<br />

wie hast du diese Zeit in Erinnerung?<br />

Bis zum allerletzten Tag meiner<br />

Kündigungsfrist bin ich ein loyaler<br />

Tyrolia-Mann gewesen und auch wie ich<br />

schon in der Wagner’schen war, haben<br />

mich immer wieder einmal Mitarbeiter<br />

angerufen, wenn sie meinen Rat gebraucht<br />

haben. Aber auch die Tyrolia hat sich sehr<br />

bemüht, die doch etwas schwierige Situation<br />

zu meistern. Was ich den handelnden<br />

Personen auch hoch anrechne! Außerdem<br />

sehe ich die Tyrolia nicht als Konkurrent,<br />

sondern als Mitbewerber an. Konkurrenten<br />

sind für mich Restaurants, Reisebüros,<br />

Handy-Läden, kurz alle, die Geschäfte mit<br />

Luxusartikeln machen, denn ein Buch ist<br />

ja auch ein Luxusartikel.<br />

Wie ist dein Wechsel in die<br />

Selbständigkeit eigentlich in der<br />

Branche aufgenommen worden?<br />

Das ist sogar weit über die Branche<br />

hinausgegangen und zu Beginn hat es oft<br />

geheißen, der Renk ist deppert geworden.<br />

Schließlich habe ich meine sichere Lebensstellung<br />

sausen lassen, nebenbei noch die<br />

ansehnliche Abfertigung weggeschmissen.<br />

Und das für ein waghalsiges Abenteuer,<br />

für einen finanziellen Drahtseilakt mit ungewissem<br />

Ausgang. Aber es hat auch andere<br />

Meinungen darüber gegeben, etwa ‚Da hat<br />

einmal ein Kleiner den Großen etwas weggenommen‘<br />

und natürlich ‚Die Wagner’sche<br />

ist wieder da!‘. Aber der Grundtenor war<br />

trotzdem der, dass ich mich mit dem Kauf<br />

der Wagner’schen übernommen habe und<br />

auf die Schnauze fallen würde. Immerhin<br />

hat das viele Gerede über mich den Vorteil<br />

gehabt, dass das Thema Buchhandel monatelang<br />

in den Medien präsent war. Ganz<br />

ohne bezahlte Werbung.<br />

Du wirst den Preis für den Kauf<br />

natürlich nicht nennen, trotzdem darf<br />

ich dir meine Lieblingsfrage stellen:<br />

Bücher seit 1639<br />

Kannst du theoretisch so alt werden,<br />

dass du deine Schulden zurückzahlen<br />

kannst?<br />

(lacht) Hey, ich bin noch nicht einmal<br />

fünfzig! Ernsthaft, ich habe erstens die<br />

Wagner’sche nicht alleine übernommen,<br />

Markus Hatzer ist mein Partner, also<br />

haben wir das gemeinsam gestemmt. Und<br />

zweitens: Geld ist nicht alles. Klar musste<br />

ich teilweise Abstriche machen, aber<br />

dafür habe ich eine höhere Lebensqualität.<br />

Darum habe ich mir auch beim Kauf<br />

keine allzu großen Gedanken gemacht und<br />

schnell zugeschlagen. Denn eine derartige<br />

Chance, sich selber zu verwirklichen, kriegt<br />

man wahrscheinlich nur einmal im Leben.<br />

Hast du diese Entscheidung<br />

irgendwann bereut?<br />

Keine Sekunde lang. Es hat mir sofort<br />

gefallen, dass ich jede Entscheidung direkt<br />

treffen kann, ohne lange Diskussionen.<br />

Wir waren zu Beginn mit unendlich vielen<br />

Schwierigkeiten konfrontiert und manche<br />

davon sind echte Herausforderungen gewesen.<br />

So zum Beispiel das Vermeiden von<br />

Schwellenängsten für unsere Kunden, wir<br />

durften möglichst nicht als elitärer Buchhandel<br />

auftreten. Rückblickend war es eh<br />

gut, dass wir mit einer gewissen Blauäugigkeit<br />

und Naivität an die Sache herangegangen<br />

sind, wer weiß, ob wir uns das<br />

bei genauerer Überlegung wirklich angetan<br />

hätten. Vielleicht kann man es ein bisschen<br />

mit der Elternschaft vergleichen, denn es<br />

würde wohl weniger Kinder geben, wenn<br />

deren Eltern im Vorhinein wüssten, was da<br />

jetzt alles auf sie zukommt. Aber wir waren<br />

naiv genug, nach jeder überwundenen<br />

Hürde, nach jedem Lösen eines Problems<br />

zu sagen: ‚Also, wenn das alles war, dann<br />

geht’s ja eh‘.Ich war jedenfalls um jeden<br />

Tag meiner dreißigjährigen Erfahrung<br />

dankbar, manchmal sage ich scherzhalber<br />

‚Ein Tag weniger Erfahrung und wir hätten<br />

es nicht gepackt‘. Heute sind wir aus dem<br />

9<br />

T.C. Boyle<br />

Gröbsten heraußen und auch die so<br />

genannten Kennzahlen entwickeln sich<br />

erfreulich positiv. Dafür hauptverantwortlich<br />

sind natürlich unsere 22 Mitarbeite -<br />

r innen und Mitarbeiter, die wir alle von<br />

der Thalia übernommen haben. Damals<br />

hatten manche ihren Job bereits fix<br />

abgeschrieben und heute zeigen sie sich<br />

als hochmotiviertes Team.<br />

Wie hast du die angeschlagene<br />

Wagner‘sche wieder flottgekriegt?<br />

Als erstes haben wir mehr als 30 Prozent<br />

des Sortiments rausgeschmissen, alles<br />

Ramschware, die nichts mit Büchern zu<br />

tun gehabt hat. Obwohl es geheißen hat,<br />

ein tausend Quadratmeter großes Geschäft,<br />

allein gefüllt mit Büchern, kann<br />

sich nicht gewinnbringend führen lassen.<br />

Heute besteht unser Angebot zu 95 Prozent<br />

aus Büchern und es gibt uns immer noch.<br />

Lois Lammerhuber,<br />

Heinz Fischer<br />

Wir haben also fast über Nacht bewiesen,<br />

dass es doch funktioniert, wenn man<br />

ausschließlich auf Bücher setzt. Eine der<br />

ersten Entscheidungen war auch, dass wir<br />

im Haus wieder eine Cafeteria eingerichtet<br />

haben, diese Tradition wollte ich unbedingt<br />

wiederaufleben lassen. Das war von Beginn<br />

an eine fixe Idee von mir und ein Glücksfall<br />

hat mich auch die perfekte Betreiberin<br />

dafür finden lassen. Nina Rettenbacher<br />

kannte ich schon lange von ihrem Frühstücks-Café<br />

am Wiltener Platzl und bei<br />

einem meiner Besuche habe ich auf einem<br />

Aushang gelesen, dass Nina ihr Geschäft<br />

zusperren wird. Ich habe ihr sofort die<br />

Übernahme des Bistros in der Wagner’schen<br />

angeboten und sie hat mir eine ganze Reihe<br />

von Argumenten vorgetragen, warum sie<br />

dafür nicht die geeignete Person wäre. Ich<br />

habe mir alles in Ruhe angehört und ihr<br />

dann gesagt, dass sie genau deswegen die<br />

richtige Person dafür wäre. Und, bei aller<br />

Bescheidenheit, ich habe Recht gehabt,<br />

Nina fühlt sich mit ihrem Bistro sehr wohl<br />

bei uns und von unseren Kunden wird sie<br />

sehr geschätzt..<br />

Die Wagner’sche bilanziert also<br />

wieder positiv, die allgemeine Stimmung<br />

im Buchhandel scheint aber<br />

nicht gerade euphorisch zu sein …<br />

Zugegeben, der Buchhandel ist keine<br />

leichte Branche und maximal jede zweite<br />

Buchhandlung schreibt Gewinne. Aber<br />

es ist auch bekannt, dass im Buchhandel<br />

stets ein unterschwelliger Pessimismus<br />

mitschwingt, wahrscheinlich gibt es keine<br />

andere Branche, in der so viel gejammert<br />

wird. Seitdem ich Buchhändler bin, hat<br />

es kaum ein Jahr gegeben, in dem nicht<br />

über mangelndes Kaufinteresse lamentiert<br />

worden ist. Sogar in Zeiten des Hypes um<br />

die Harry-Potter-Serie, wo tausende und<br />

abertausende Titel über die Ladentische<br />

gegangen sind, hat es geheißen: ‚Ein Buch


© Andreas Friedle<br />

Raoul Schrott<br />

reißt uns auch nicht heraus.‘ Ich hingegen<br />

bin der Meinung, Bücher und Leser wird es<br />

immer geben und wenn sich Buchhändler<br />

etwas einfallen lassen, dann werden sie auch<br />

überleben.<br />

Du hast dir jedenfalls etwas einfallen<br />

lassen und bist mittlerweile auch<br />

unter die Verleger gegangen. Wie ist<br />

es dazu gekommen?<br />

Die Wagner’sche steht in Innsbruck für<br />

eine Buchhandlung mit jahrhundertealter<br />

Tradition, und ein bisschen dieser Tradition<br />

wollte ich erhalten bzw. wieder aufleben<br />

lassen. Die Wagner’sche war zeit ihres<br />

Bestehens für ihre Kalender bekannt, nach<br />

der Übernahme durch Eckart Schumacher<br />

hat sie überhaupt nur mit dem Druck von<br />

Kalendern und Reiseberichten überlebt.<br />

Also haben wir einen Kalender herausgebracht,<br />

für unseren ersten hat übrigens<br />

Bernhard Aichner die Bilder gemacht.<br />

Gleichzeitig haben wir, in Zusammenarbeit<br />

mit dem Innsbrucker Stadtarchiv,<br />

einen Kalender mit historischen Bildern<br />

von Innsbruck aufgelegt und daraus ist<br />

die Idee entstanden, eine Buchreihe zum<br />

Thema ‚Erinnerungen an Innsbruck“<br />

herauszubringen. Und zwar im eigenen<br />

Verlag, denn allein schon durch meine drei<br />

Jahrzehnte beim Mitbewerber wusste ich,<br />

welch wichtiges Standbein ein hauseigener<br />

Verlag sein kann – mit keinem anderen<br />

Verlag haben wir mehr Umsatz gemacht als<br />

mit dem eigenen. Also habe ich gemeinsam<br />

mit Markus Hatzer den Verlag der Wagner’-<br />

schen Universitätsbuchhandlung ins Leben<br />

gerufen. Der erste Titel der Reihe lautete<br />

dann ‚Kindheit in Pradl‘, geschrieben von<br />

Josef Wallinger. Mittlerweile sind mehr als<br />

ein Dutzend weiterer Bücher zum Thema<br />

erschienen und ein Ende ist noch lange<br />

nicht abzusehen und könnte von mir aus<br />

ewig weitergehen. Du hast ja auch schon<br />

drei Bücher zu dieser Serie beigesteuert.<br />

Schön, dass ich die Möglichkeit<br />

dazu bekommen habe, und wenn<br />

es nach mir geht, dann werden noch<br />

weitere Bücher dazukommen. Gibt<br />

es für diese Bücher über Innsbruck<br />

eigentlich genügend interessierte<br />

Leser?<br />

Wir sind mehr als nur zufrieden, wir haben<br />

mittlerweile an die 14.000 Bücher verkauft,<br />

dazu kommen noch mehrere tausend<br />

Kalender mit Bildern aus dem alten Innsbruck.<br />

Unsere Buchreihe wird wirklich sehr<br />

gut angenommen und die Themen dafür<br />

werden uns noch lange nicht ausgehen.<br />

Übrigens, als ich damals gemeinsam mit<br />

Markus Hatzer vom Haymon Verlag und<br />

Lukas Morscher vom Stadtarchiv beim<br />

Brainstorming zu den Themen der Serie<br />

zusammengesessen bin, da sind die Ideen<br />

nur so herumgeschwirrt und wir haben über<br />

vierzig interessante Themen aufgeschrieben.<br />

Heute, nach mehr als einem Dutzend<br />

Bücher, kann ich genau ein Thema von der<br />

damals erstellten Liste streichen. Es gibt<br />

also noch genug zu tun.<br />

können. Dann kommen noch die Kochabende<br />

mit Nina in unserem Bistro dazu,<br />

wir veranstalten „Blind Dates“, führen<br />

Interessierte in die Welt des Räucherns ein<br />

oder lassen bei Studentenfeten die Bässe<br />

der Technomusik durch die Wagner’sche<br />

wummern.<br />

Wo steht der Buchhandel in zehn,<br />

fünfzehn Jahren?<br />

In meinen 34 Jahren Berufserfahrung hat<br />

sich der Buchhandel ständig verändert<br />

und er wird sich auch weiterhin ständig<br />

verändern. Früher sind wir den Kunden<br />

gegenüber als allwissende Buchkenner<br />

aufgetreten und viele haben sich vor lauter<br />

Ehrfurcht erst gar nicht ins Geschäft<br />

hereingetraut. Das hat sich völlig geändert,<br />

denn heute sind die Kunden im <strong>No</strong>rmallfall<br />

besser informiert als wir. Ich sage dem<br />

Buchhandel eine gewisse Renaissance und<br />

große Chancen voraus, vor allem den von<br />

Inhabern geführten Geschäften. Die Kunden<br />

möchten es vermehrt lieber persönlich<br />

haben, das gilt für den gesamten Handel,<br />

der Internethandel kann das nicht bieten.<br />

Dazu kommt, dass gerade heutzutage das<br />

Lesen angesagt ist wie selten zuvor. Eine<br />

Umfrage hat ergeben, dass jede zweite junge<br />

deutsche Frau Buchhändlerin werden will<br />

und der Kauf eines Buches wird nicht als<br />

Shopping-Stress, sondern als Freizeitvergnügen<br />

wahrgenommen. Darin liegt unsere<br />

Chance. Und nicht zuletzt spricht sich zum<br />

Glück immer mehr die wissenschaftlich belegte<br />

Tatsache herum, dass Menschen, die<br />

viel lesen, auch länger leben. Also doppelter<br />

Nutzen – Lesevergnügen plus längeres<br />

Leben. Das ist doch für uns Buchhändler<br />

ein aufgelegter Elfmeter!<br />

Buchtipps:<br />

Christoph W. Bauer:<br />

Der Buchdrucker der Medici<br />

Haymon Verlag, 184 S.,<br />

€ 7,95<br />

Druckfrisch:<br />

Der Innsbrucker Wagner-Verlag<br />

und der Buchdruck in Tirol<br />

hrsg. von Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft<br />

m.b.H. (Wolfgang Meighörner,<br />

Roland Sila)<br />

Universitätsverlag Wagner,<br />

284 S., € 29,90<br />

Robert Harris<br />

10<br />

Wagner’sche.<br />

Ein gutes Stichwort, du tust ja so<br />

einiges, damit die Wagner’sche im<br />

Gespräch bleibt …<br />

Natürlich muss man sich als Buchhändler<br />

etwas einfallen lassen, man sollte besser<br />

nicht ausschließlich darauf setzen, dass die<br />

Kunden von alleine kommen. Wir haben<br />

uns überhaupt zum Ziel genommen, so<br />

etwas wie der Cirque du Soleil des Buchhandels<br />

zu werden. Wir möchten den<br />

Buchhandel emotional aufladen und Erlebniswelten<br />

schaffen. Wir haben teilweise drei<br />

Veranstaltungen in der Woche, im letzten<br />

Jahr hatten wir insgesamt 57 Events in der<br />

Wagner’schen. Das sind natürlich Lesungen<br />

und Buchpräsentationen, aber auch<br />

Lesenächte, bei denen wir unsere Gäste im<br />

Geschäft buchstäblich einsperren und sie<br />

sich durch ihre Lieblingsbücher schmökern


© Andreas Friedle<br />

Das Ausmaß der Armut<br />

war mir so nicht bewusst<br />

Gernot Zimmermann schildert in seinem neuesten Buch das<br />

Leben der Innsbrucker in der Zeit vor, während und kurz nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg. Das Interview führte Markus Renk.<br />

Keine Angst<br />

vor dem<br />

weißen Blatt.<br />

Gernot Zimmermann<br />

12 Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Band 12 der Erfolgsreihe „Erinnerungen an<br />

Innsbruck“ ist bereits im Juni erschienen.<br />

Gernot Zimmermann hat in seinem dritten<br />

Buch Erinnerungen seines Schwagers Erich<br />

Landauer für die interessierte Leserschaft<br />

festgehalten. Erich Landauer ist als Kind<br />

der Zwischenkriegs- und Kriegszeit in einem<br />

Umfeld bitterer Armut aufgewachsen. Die<br />

Tatsache, dass sie großteils ohne Schuhe<br />

unterwegs waren, ist nur ein Indiz für die<br />

damals vorherrschenden katastrophalen<br />

Lebensbedingungen. Das Buch zeigt aber<br />

auch, dass ihm trotz aller Entbehrungen<br />

die Kindheit als wunderschöne Zeit in<br />

Erinnerung blieb.<br />

Lieber Gernot, du bist zwar gelernter<br />

Journalist, aber wie entstand bei dir<br />

konkret der Wunsch,auch Bücher zu<br />

schreiben?<br />

Hier kann ich drei Antworten geben.<br />

Zunächst eine humorvolle:Weil ich es<br />

kann. Die zweite Antwort ist abgeleitet<br />

von meinem Taxibuch: Damals habe ich<br />

schon vielen versprochen, dass ich die<br />

Geschichten irgendwann schriftlich festhalte.Und<br />

die dritte Antwort ist, weil ich<br />

den Markus Renk kennengerlernt habe<br />

und der hat gemeint: „Schreib es!“<br />

Wie entstehen deine Bücher –<br />

wie gehst du vor?<br />

Es ist eigentlich beinhart: Titel, Vorspann,<br />

Geschichte, Nachspann und Danksagung.<br />

Ich bin Gott sei Dank ein Schnellschreiber<br />

und gehe gleich wie bei meinen Geschichten<br />

und Beiträgen im Echo vor. Hier hilft mir<br />

auch sicher meine 30-jährige journalistische<br />

Erfahrung. Ich habe als erstes immer<br />

den Titel im Kopf, das war auch schon bei<br />

meinen Reportagen so, mit dem Titel habe<br />

ich dann die Geschichte. Dann gehe ich<br />

grundsätzlich der Reihe nach vor. Ich habe<br />

13<br />

im Gegensatz zu manchen Schreibkollegen<br />

keine Angst vor dem weißen Blatt, ganz im<br />

Gegenteil, bei mir entsteht immer eine Vorfreude<br />

aufs Schreiben.<br />

Du hast jetzt bereits drei Bücher in<br />

unserer Verlagsreihe geschrieben,<br />

kann man sagen, welches dein<br />

Lieblingsbaby ist?<br />

Das ist lustigerweise immer das letzte geschriebene<br />

Buch. Meiner Meinung nach<br />

ist auch das Buch über Erich Landauer<br />

mein bestes Buch. Man sollte meine Bücher<br />

der Reihe nach lesen, beginnend mit dem<br />

Taxibuch „Eine Million Kilometer durch<br />

Innsbruck“, dann das Buch „Ich war ein<br />

Reichenauer Rattler“ und anschließend das<br />

Buch über Erich Landauer. Wenn man das<br />

so macht, dann kann ich auch garantieren,<br />

dass man mit großer Vorfreude auf mein<br />

viertes Buch wartet. Über dieses erzählen<br />

wir jetzt natürlich nichts, nur so viel sei<br />

verraten: Ich muss mir das Buch diesmal<br />

Schritt für Schritt erarbeiten.<br />

Deine ersten beiden Bücher waren<br />

deine persönlichen Erinnerungen,<br />

jetzt erzählst du eine Geschichte einer<br />

anderen Person – hattest du hier<br />

Berührungsängste?<br />

Nein, ich bin der Meinung, dass jeder<br />

Mensch ab einem gewissen Alter ein berichtenswertes<br />

Leben vorweist. Dadurch,<br />

dass Erich mein Schwager ist, habe ich über<br />

die Jahre viel von ihm gehört und mir war<br />

klar, dass seine Geschichten festgehalten<br />

gehören. Auch die Lebensbedingungen<br />

des damaligen Innsbruck waren mir nicht<br />

in allen Facetten klar. Ich wusste, dass die<br />

Armut durchwegs vorhanden war, aber<br />

dieses Ausmaß war mir so nicht bewusst.<br />

Wie würdest du Erich Landauer<br />

in einem Satz beschreiben?<br />

Ein durch und durch typischer Tiroler, der<br />

sich durch Bescheidenheit und einer außergewöhnlichen<br />

Konstitution auszeichnet.<br />

Natürlich muss man aber auch sagen, dass<br />

die Armut und die Lebensumstände seinen<br />

Charakter nachhaltig beeinflusst haben.<br />

Seine Erzählungen haben gezeigt, dass<br />

materielle Dinge und Glück nicht immer<br />

miteinander etwas zu tun haben. Erich<br />

Landauer ist Zeit seines Lebens aufgrund<br />

seiner kargen Kindheit ein bescheidener<br />

Mensch geblieben.<br />

Warum sollen unsere Kunden<br />

das Buch kaufen?<br />

Das Buch wendet sich an alle, die wissen<br />

wollen, wie sich das Leben in Innsbruck<br />

vor rund 80–70 Jahren dargestellt hat.<br />

Unabhängig vom Leben Erich Landauers<br />

habe ich versucht, die damaligen Lebensumstände<br />

in Innsbruck zu schildern und<br />

einen historischen Abriss zu liefern.<br />

Buchtipp:<br />

Gernot Zimmermann:<br />

Erich Landauer –<br />

Barfuß durch Innsbruck<br />

Erinnerungen an Innsbruck,<br />

Band 12<br />

Verlag der Wagner’schen<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

200 S., € 12,95


Aus dem Verlag der Wagner’schen<br />

Aufwachsen am Bergisel<br />

Eine Zeitreise durch das Wilten<br />

der Nachkriegszeit<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Auch im Herbst geht es mit unserem kleinen Regional verlag<br />

munter weiter! Neben unserem „Innsbruck Kalender 2020 –<br />

Innsbruck, wie es früher war“ erscheint mit dem Innsbruck-<br />

Wimmelbuch unser erstes Kinderbuch – mehr können<br />

Sie in diesem Magazin auf den Seiten 52–55 nachlesen.<br />

Aber auch unsere Reihe „Erinnerungen an Innsbruck“ wird<br />

weiter ausgebaut. Hier stellen wir Ihnen die Bände 13 bis 15 vor.<br />

Von Markus Renk<br />

Buchtipp:<br />

Georg Fabjan: Amraser<br />

Band 13<br />

Verlag der Wagner’schen<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

224 S., € 14,95<br />

Erscheinungstermin: 22.10.2019<br />

Buchpräsentation:<br />

Amraser<br />

Mit Georg Fabjan<br />

Moderation: Markus Renk<br />

Fr., 15. <strong>No</strong>vember 2019, 19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt frei!<br />

© David Lederbauer<br />

Amraser<br />

Schnelle Geschichten vom<br />

langsamen Erwachsenwerden<br />

„Sind Sie von hier?“ – diese vermeintlich<br />

banale Frage, gestellt von einem deutschen<br />

Touristen, steht am Anfang dieses Buches<br />

und löst in unserem Autor, wenn schon<br />

nicht eine Identitätskrise, so doch eine<br />

Reihe von Fragen nach seinen Wurzeln aus.<br />

Georg Fabjan ist in Amras aufgewachsen<br />

und hat 26 Jahre lang dort gelebt, bevor<br />

es ihn in andere Weltgegenden verschlug.<br />

Seine Eltern waren Anfang der 1970er<br />

Jahre in einen der Wohnblöcke gezogen, die<br />

die Alpenländische Heimstätte damals im<br />

großen – und immer gleichen – Stil errichtet<br />

hatte. Häuserblocks, die anfänglich nur ungern<br />

von den Amrasern akzeptiert worden<br />

waren, die nun aber, nach bald 50 Jahren,<br />

fix zum Ortsbild gehören.<br />

In seinem Buch versammelt Fabjan<br />

Erinnerungen an Orte und Menschen,<br />

die ihn geprägt haben, und unternimmt<br />

einen Spaziergang durch sein Amras: zu<br />

den Bauernhöfen, in den Schlosspark und<br />

ins Schloss Ambras, zu den vielen Gasthäusern,<br />

zu Kindergarten, Schule und<br />

Jugendheim, zu den diversen Vereinen und<br />

Prozessionen, bis hin zu Dorffesten, Partys<br />

und wilden Rodelfahrten am Willi-Bichl.<br />

Georg Fabjan, geboren 1973. Nach seinem Studium<br />

der Rechtswissenschaften und der Romanistik an<br />

der Universität Innsbruck begann er für den ORF<br />

als Nachrichtenredakteur zu arbeiten, anfänglich<br />

bei Ö3 in Wien, ab 2002 für den Aktuellen Dienst<br />

im ORF-Landesstudio Vorarlberg. 2006/2007 war<br />

Georg Fabjan ORF-Auslandskorrespondent in Paris.<br />

Er ist verheiratet und lebt in Dornbirn.<br />

Die Kindheits- und Jugenderinnerungen<br />

von Gerhard Lagger führen uns durch das<br />

Wilten der Vierziger- bis frühen Sechzigerjahre,<br />

als trotz Entbehrungen allerorts<br />

Aufbruchsstimmung zu spüren war. An<br />

jeder Ecke boten Greißler, Bäcker und<br />

Fleischhauer ein stetig breiter werdendes<br />

Sortiment von Waren des täglichen Bedarfs<br />

an, es gab zahlreiche Gaststätten und die<br />

Leopoldstraße bildete mit ihren Geschäften,<br />

Handwerkerläden und Arztpraxen<br />

die Lebensader des Stadtteils. Die Spuren<br />

des Krieges waren weitgehend beseitigt und<br />

eine positive Grundstimmung machte sich<br />

breit. Gerhard Lagger und seine Tochter<br />

Christine Zucchelli, die seine Erinnerungen<br />

für diesen Band zusammengetragen hat,<br />

zeichnen ein lebendiges Bild vom Aufwachsen<br />

in der Zeit zwischen Wiederaufbau<br />

und Wirtschaftswunder und laden die<br />

Leserinnen und Leser ein, sie auf ihren<br />

Streifzügen zwischen Sprungschanze und<br />

Triumphpforte zu begleiten.<br />

Christine Zucchelli, geboren 1962, arbeitet als Reiseleiterin<br />

und schreibt kulturgeschichtliche Sach- und<br />

Wanderbücher. Zuletzt erschienen das historische<br />

Pilger-Lesebuch „Anno 1613 von Tirol nach Rom“<br />

(2015), die Anthologie „Hall in Tirol“ (2016) in der<br />

Reihe „Europa erlesen“ und der literarische Wanderführer<br />

„Wie tut ein wildes Wandern wohl“ (2017).<br />

Gerhard Lagger, 1943 in Innsbruck geboren und am<br />

Bergisel aufgewachsen, war ein typisches Kind der<br />

Nachkriegszeit: wild, frei, unbeschwert – und oft<br />

sich selbst überlassen.<br />

Die heiligen Schindeln<br />

Alles, was Sie schon immer<br />

über die Innsbrucker Altstadt<br />

wissen wollten!<br />

Jeder glaubt, sie in- und auswendig zu<br />

kennen: Die Innsbrucker Altstadt mit ihrer<br />

glänzenden Mitte, dem Goldenen Dachl<br />

mit seinen „heiligen Schindeln“. Doch was<br />

ist mit den versteckten Plätzen und übersehenen<br />

Winkeln, geheimen Hinterhöfen<br />

und unbekannten Nischen? Welche Geschichten<br />

können uns die diversen Gebäude<br />

erzählen? Welche Persönlichkeiten und<br />

Ereignisse haben sie wohl gesehen im Laufe<br />

der Jahrhunderte, welche Dramen und<br />

Komödien miterlebt? In einem turbulenten<br />

literarischen Mix versammelt Cenet Weisz<br />

Historisches, Fiktionales, Anekdotisches<br />

und Im-Vorbeigehen-Aufgeschnapptes,<br />

ergänzt durch Fotos von jenen Fleckchen<br />

seiner Wahlheimat „Altstadt“, die dem<br />

üblichen Touri-Image ein alternatives Bild<br />

gegenüberstellen.<br />

Cenet Weisz, geboren in Villach. Nach (mehr oder<br />

weniger erfolgreichen) Lehr- und Wanderjahren in<br />

vielen kreativen Bereichen und vielen Ländern absolvierte<br />

er das Medizinstudium an der Universität<br />

Innsbruck, danach viele Jahre als Facharzt für<br />

Unfallchirurgie tätig. Literarisch aktiv seit 2004,<br />

u. a. als Poetry Slammer. Seit Herbst 2019 Gestalter<br />

des Radioformats „Sonnenschein im Nirvana“ auf<br />

Radio Freirad. Zahlreiche Veröffentlichungen.<br />

© Günter Zucchelli<br />

© Fabian Järvinen<br />

Buchtipp:<br />

Christine Zucchelli/<br />

Gerhard Lagger:<br />

Aufwachsen am Bergisel<br />

Erinnerungen an Innsbruck,<br />

Band 14<br />

Verlag der Wagner’schen<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

140 S., € 12,95<br />

Erscheinungstermin: 28.11.2019<br />

Buchtipp:<br />

Cenet Weisz:<br />

„Zu die heiligen Schindeln“<br />

Das Altstadt-Buch<br />

Erinnerungen an Innsbruck,<br />

Band 15<br />

Verlag der Wagner’schen<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

224 S., € 12,95<br />

Erscheinungstermin: 01.2020


Kein Buch weniger –<br />

über 20.000 Karten mehr<br />

Clemens Bruch übersiedelt mit seinem einmaligen<br />

Kartensortiment in die Wagner’sche!<br />

„Mein Faible für Papier, Fotografie, für<br />

schöne, witzige, interessante Karten und Billetts<br />

scheint einfach in meiner DNA zu liegen.“<br />

Clemens Bruch<br />

Seit 173 Jahren ist den Innsbruckern die großzügigen Kartenladen in der Wagner’-<br />

Firma Jeggle ein Begriff und ein Garant für schen vertreten ist. – Clemens Bruch bürgt<br />

schöne Papier- und Schreibwaren. Vor sieben also auch weiterhin für ein tolles Grußkarten-Sortiment<br />

in Innsbruck. Für die<br />

Jahren hat man sich mit der Eröffnung des<br />

Grußkartenladens am Burggraben auf eben Wagner’sche bedeutet das: kein Buch weniger,<br />

dafür aber über 20.000 Karten mehr!<br />

diesen Bereich spezialisiert und zahlreichen<br />

Menschen mit besonderen Billetts viel Freude<br />

bereitet.<br />

Tradition trifft Tradition<br />

17<br />

Die Leseratte hat aufgegeben<br />

Autor: Rolf Tiemann<br />

Ob der Schließung Ende Juni haben wir gemeinsam<br />

mit dem Besitzer Clemens Bruch Schreibwarengeschäft Jeggle<br />

Nur wenige wissen, dass das Papier- und<br />

Verlag: Inkognito ursprünglich<br />

nach einer Lösung gesucht und freuen uns,<br />

dass Jeggle seit dem 9. September mit einem<br />

bis 1910 in der Museumstraße 8 angesiedelt<br />

war. Bereits 1846 suchte der aus Schwaz<br />

© Wagner’sche<br />

Bücher seit 1639<br />

stammende Josef Schütz beim „wohllöblichen<br />

K.K. Landesgericht“ und beim<br />

Stadtmagistrat um die „gnädige Verleihung<br />

einer Buchbinderbefugnis in der Provinzial<br />

Hauptstadt Innsbruck“ an, wie aus den<br />

damaligen Geschäftsunterlagen hervorgeht.<br />

Über viele Generationen hinweg blieb es<br />

in Familienbesitz und wurde als Papierund<br />

Schreibwaren-Fachgeschäft ein fixer<br />

Bestandteil von Innsbrucks Handelslandschaft.<br />

Nun ist Jeggle wieder zurück in der<br />

Museumstraße.<br />

Seit 9. September<br />

Auf rund 100 m² entstand im Eingangsbereich<br />

der Wagner’schen ein eigener<br />

Grußkarten-, Postkarten- und Billettshop<br />

mit einem einzigartigen Angebot und<br />

der größten Auswahl in Innsbruck. Kommen<br />

Sie doch vorbei und schauen Sie sich<br />

den neuen Jeggle-Kartenshop in der<br />

Wagner’schen an.<br />

Clemens Bruch<br />

freut sich auf Sie<br />

Aber was sagt Clemens Bruch zur neuen<br />

Lösung in der Wagner’schen? „Eigentlich<br />

wundert mich ja nichts, denn schon mein<br />

Urgroßvater hatte mit Postkarten zu tun.<br />

Er gründete 1896 den Postkartenverlag<br />

August Riepenhausen in Hall in Tirol.<br />

Dann kam es, wie es kommen musste: Von<br />

1995 bis 2002 führte ich die Familienunternehmen<br />

Riepenhausen und Jeggle. Nach<br />

einigen Jahren im Sozialbereich waren es<br />

dann die Karten und Billetts, die mich in<br />

die Firma Jeggle am Burggraben zurückführten.<br />

Mein Faible für Papier, Fotografie,<br />

für schöne, witzige, interessante Karten<br />

und Billetts scheint einfach in meiner DNA<br />

zu liegen. Jetzt freue ich mich auf die<br />

neue Aufgabe in der Wagner’schen. Bücher<br />

und Grußkarten passen einfach wunderbar<br />

zusammen!“<br />

© Markus Huber<br />

© Privat


Und plötzlich Juror<br />

Zum ersten Mal sitzt auch ein Tiroler in<br />

der Jury zum Österreichischen Buchpreis.<br />

Von Christine Frei<br />

Vermutlich hat alles mit jener Laudatio<br />

angefangen, die er im <strong>No</strong>vember letzten<br />

Jahres im Rahmen der Europäischen<br />

Literaturtage für Ilija Trojanow halten<br />

durfte. Denn kurz darauf ereilte Robert<br />

Renk die Einladung in die Jury für den<br />

diesjährigen Österreichischen Buchpreis.<br />

Man darf die Wirkung eines Seitenblicke-Auftrittes<br />

im Hauptabendprogramm<br />

wohl doch nicht so ganz unterschätzen.<br />

Schon gar nicht, wenn sich der eigene<br />

Lebensmittelpunkt und kulturelle Schaffensraum<br />

einige hundert Kilometer westlich<br />

der Wiener Wahrnehmungsschwelle lokalisieren<br />

lässt. Denn eines schönen <strong>No</strong>vemberabends<br />

sah man ihn dort eine Rede halten,<br />

was offenbar nicht nur unsereiner auffiel.<br />

Jetzt hat er also etwas geschafft, was vor<br />

ihm noch keinem<br />

„Tiroler Buchhändler“ gelungen ist, er sitzt<br />

in der Jury für den diesjährigen Österreichischen<br />

Buchpreis, der alljährlich vom<br />

Bundeskanzleramt, dem Hauptverband<br />

des Österreichischen Buchhandels und der<br />

Arbeiterkammer Wien ausgerichtet wird<br />

und mit satten 45.000 Euro dotiert ist. Und<br />

das im Team mit der Wiener Germanistikprofessorin<br />

Pia Janke, dem Literaturwissenschaftler<br />

und Literaturkritiker der Oberösterreichischen<br />

Nachrichten Christian<br />

Schacherreiter, der Presse-Feuilletonistin<br />

Anne-Catherine Simon und dem Focus-Kolumnisten<br />

und Schriftsteller Uwe Wittstock.<br />

Ein Groß teil der hiermit verbundenen Lesearbeit<br />

ist übrigens schon getan – immerhin<br />

50 Bücher je Jurymitglied. Denn jedes<br />

der in Summe 140 eingereichten Bücher<br />

musste von mindestens zwei Jurymitgliedern<br />

gelesen werden. Mehr ist dazu von<br />

ihm nicht zu erfahren, denn Jurymitglieder<br />

© Hauptverband des österreichischen Buchhandels<br />

unterliegen natürlich einer eisernen Verschwiegenheitspflicht.<br />

Die zehn Titel der<br />

Longlist zum Österreichischen Buchpreis<br />

und die drei Titel der Shortlist Debüt<br />

stehen seit Anfang September fest.<br />

Bis 8. Oktober haben sich die fünf jetzt<br />

noch auf die Shortlist zu einigen und<br />

bis 4. <strong>No</strong>vember dann auf die Sieger*innen<br />

in den jeweiligen Kategorien. Seine<br />

bisherige Erfahrung als Juror beschreibt<br />

Robert Renk kryptisch diplomatisch:<br />

„Man kriegt nicht alles durch, was man<br />

gern möchte, weil halt mal jede*r so seine<br />

Präferenzen und Vorlieben hat. Aber bei<br />

den drei Debütant*innen waren wir uns<br />

interessanterweise sofort einig. “ Nun, am<br />

4. <strong>No</strong>vember werden wir wissen, wieviel<br />

von seinen Präferenzen sich in der Siegerliste<br />

wiederfindet.<br />

Buchtipps:<br />

Margaret Atwood:<br />

Aus dem Wald hinausfinden<br />

Kampa Verlag, 160 S.,<br />

€ 20,60<br />

Federico Fellini:<br />

Ich bin Fellinesk<br />

Kampa Verlag, 264 S.,<br />

€ 24,70<br />

Kampa<br />

Ein Verlag lädt in<br />

den Salon …<br />

Von Robert Renk<br />

Gespräche sind seltener & wichtiger geworden.<br />

Das Bedürfnis, jemanden im Gespräch<br />

zu erleben, nimmt zu. Das merken<br />

wir auch bei Buchpräsentationen in unserer<br />

Buchhandlung. Die Zeiten, wo Autor<br />

oder Autorin ihr Buch nehmen und daraus<br />

vorlesen, sind vorbei. Eine professionelle<br />

Einführungsmoderation oder – am besten –<br />

gleich ein Gespräch mit Autor, Autorin,<br />

das wollen die Zuhörer. Sie möchten den<br />

Künstler, die Künstlerin etwas kennen<br />

lernen. Nach einem guten Gespräch freut<br />

sich auch der Büchertisch, weil er viel<br />

schneller leer wird.<br />

Ähnliches mag sich auch der frische und<br />

mutige Kampa Verlag gedacht haben,<br />

als er die Reihe Kampa Salon aus der<br />

Taufe hob. Inspirierende Gespräche mit<br />

ebensolchen KünstlerInnen. Seien es vergangene<br />

Highlights der Gesprächskunst,<br />

wie mit Susan Sontag „The Doors und<br />

Dostojewski“, Billy Wilder „Hat es Spaß<br />

gemacht, Mr. Wilder?“ oder David Bowie<br />

„Stardust Interviews“ oder seien es extra<br />

angefertigte wie das Unvergleichliche<br />

mit dem ebenso unvergleichlichen Peter<br />

Bichsel „Was wäre, wenn?“ oder unserem<br />

österreichischen Aushängeschild Daniel<br />

Kehlmann „Der unsichtbare Drache“.<br />

Egal, welches der edel ausgestatteten<br />

Bücher man zur Hand nimmt, man sitzt<br />

quasi mit all diesen sehr gescheiten und<br />

meist auch witzigen GesprächspartnerInnen<br />

am Tisch und plaudert. Plaudert auf<br />

hohem Niveau! Und wenn man den Tisch<br />

verlässt, sprich das Buch zuschlägt, dann<br />

weiß man – ohne große Anstrengung –<br />

mehr als zuvor, ist erholt und besser drauf.<br />

Diesen Herbst gibt’s wieder<br />

Nachschub aus dem Salon, zum selber<br />

Lesen und zum Verkaufen. Wir freuen<br />

uns auf beides.<br />

Die Meierei<br />

bei uns daheim<br />

Um uns die Tage ohne Ninas<br />

Köstlichkeiten etwas angenehmer<br />

zu gestalten, gibt es heuer von ihr<br />

einen Kochbuchtipp, einen Tipp<br />

zum Verschenken und ihr einzigartiges<br />

Rezept für einen gelungenen Start<br />

ins Wochenende.<br />

Ninas Rezept:<br />

Spätsommerlicher Brunch am Wochenende<br />

1 große Scheibe Sauerteigbrot pro Person<br />

3 EL Olivenöl<br />

Brotscheibe/n langsam in der Pfanne knusprig braten.<br />

Linsencreme<br />

1 kleine Dose gekochte Linsen<br />

1 kleine Knoblauchzehe<br />

1/4 rote Zwiebel<br />

2 Stängel Petersilie<br />

1 EL Balsamico, dunkel<br />

Salz, Pfeffer<br />

1 Schuss Olivenöl<br />

Alles zusammen grob pürieren.<br />

Topping/Geschmacksdeko<br />

Gemüse<br />

ein paar Blätter Rucola<br />

Brombeeren, Sprossen<br />

wahlweise gebratener Speck oder Gorgonzolaraspeln<br />

3/4 rote Zwiebel<br />

1 mittelgroße Zucchini<br />

1/4 Spitzkraut<br />

2 Kräuterseitlinge<br />

2 cm Kürbis, geschält<br />

Gemüse in Scheiben schneiden und<br />

in 3 EL Olivenöl ca. 3–5 Minuten<br />

bissfest anbraten, anschließend mit<br />

etwas Salz und Pfeffer abschmecken.<br />

Jetzt das Brot belegen, zuerst die Linsencreme, gefolgt vom Gemüse und<br />

als Abschluss das Topping bzw. die Geschmacksdeko.<br />

Schönes Wochenende!!!<br />

© Thomas Schrott<br />

Kochbuchtipp für<br />

kältere Tage:<br />

Markus Sämmer:<br />

Delicious Wintertime /<br />

The Cookbook for Cold<br />

Weather Adventures<br />

Die Gestalten Verlag,<br />

englisch, 272 S., € 26,–<br />

Geschenktipp:<br />

Daniel Humm:<br />

Eleven Madison Park.<br />

The Next Chapter<br />

Matthaes Verlag,<br />

384 S., € 77,–


Literatur TIROL<br />

im Herbst 2019<br />

Mit fast 20 Neuerscheinungen aus Tirol lässt sich die Literatur<br />

heuer nicht lumpen … Von Robert Renk<br />

© Ruth Pearce/PearceX<br />

Wenn im Herbst die Blätter von den Bäumen<br />

fallen, werden sie rasch eingesammelt, um<br />

flugs Bücher daraus zu machen, die man<br />

dann später bei der Frankfurter Buchmesse<br />

bewundern kann.<br />

<strong>No</strong>ch immer lädt Frankfurt jeden Oktober<br />

mit an die 170.000 m² zur größten<br />

Buchmesse der Welt. Das sind über 40<br />

Fußballfelder voll mit Verlagsständen und<br />

Büchern. Und wenn man sich diesen Herbst<br />

so ansieht, möchte man meinen, an jedem<br />

Stand findet man mindestens ein Buch eines<br />

Tiroler, einer Tiroler SchriftstellerIn. Dicht<br />

ist das Herbstprogramm und allein das<br />

Literaturhaus am Inn und die Wagner’sche<br />

präsentieren an die 20 Lesungen nur mit<br />

Neuerscheinungen aus Tirol.<br />

Dabei ging es im Frühjahr 2019 schon<br />

gut zur Sache. <strong>No</strong>ch immer aktuell der<br />

Roman von Judith W. Taschler über eine<br />

düstere Vergangenheit in Vietnam, die<br />

bei einem „Geburtstagsfest“ (droemer)<br />

hochkommt. Und der Zammer Christoph<br />

Strolz erweist sich in seinem Debüt „Wenn<br />

ich blinzle wird es besser“ (Luftschacht)<br />

als wahrlich vielseitiger Erzähler.<br />

Zwei Autorinnen mit Tirolbezug, die<br />

ebenso im Frühjahr debütiert haben, stehen<br />

auf der Shortlist für den österreichischen<br />

Buchpreis, der bei der BuchWien Anfang<br />

<strong>No</strong>vember verliehen wird. Die BuchWien<br />

macht übrigens auch Station in der Wagner’schen<br />

– mehr dazu auf Seit 38. Für ihr<br />

Debüt „Vater unser“ (Hanser Berlin) hat<br />

Angela Lehner schon viele tolle Rezensionen<br />

eingeheimst. Die 1987 in Klagenfurt<br />

geborene Autorin, die nun in Berlin lebt,<br />

hat ihre Schulzeit in Osttirol verbracht.<br />

Aus Lana in Südtirol stammt Tanja<br />

Raich. Sie arbeitet als findige Lektorin bei<br />

Kremayr & Scheriau in Wien und legte ihr<br />

Debüt bei Blessing vor. In „Jesolo“ schildert<br />

Tanja Raich ein Frauenleben in der<br />

Kompromissschleife. Scheinbar einfach und<br />

beinahe lethargisch im Stil erzählt die Autorin,<br />

wie sich eine selbstständige Frau Mitte<br />

dreißig Stück für Stück aufgibt, während in<br />

ihr Monat für Monat neues Leben entsteht.<br />

Die Protagonistin weiß, wo sie nicht enden<br />

möchte: Haus im Dorf, zwei Autos, ein<br />

Kind und am Wochenende Kaffeekränzchen<br />

mit den Schwiegereltern. Ihre Träume<br />

sind andere, sie träumt von der Großstadt,<br />

vom Meer, von emanzipierter Selbstständigkeit.<br />

Aber mit der Schwangerschaft werden<br />

ihr die Träume sukzessive ausgetrieben.<br />

Die Ratschläge von vermeintlichen Freundinnen<br />

und Freunden sind wenig hilfreich,<br />

zementieren vielmehr das vorgezeichnete<br />

Bild, zwingen zu Kompromissen, die<br />

schließlich genau dorthin führen, wo sie nie<br />

hingeraten wollte: zu Haus im Dorf, zwei<br />

Autos, ein Kind und am Wochenende mit<br />

der Schwiegermutter ins Möbelhaus.<br />

Tanja Raich beschreibt in ihrem<br />

Debütroman „Jesolo“ eindringlich und<br />

beängstigend gut, wie eine selbstständige<br />

Frau auch heute noch, allein durch die<br />

Schwangerschaft, in die traditionelle, längst<br />

überwunden geglaubte Rollenbildfalle<br />

gedrängt wird.<br />

Diesen Herbst erwartet uns – wie gesagt<br />

– ein literarisches Füllhorn aus Tirol.<br />

Allein in diesem Magazin finden Sie größere<br />

Artikel zu den Neuerscheinungen von:<br />

Tobias Moretti, Christoph W. Bauer, Bernd<br />

Schuchter, Robert Prosser, <strong>No</strong>rbert Gstrein,<br />

Olivia Mae, Hans Platzgumer, Raoul<br />

Schrott oder Bernhard Aichner.<br />

Markus Köhle und Carolina Schutti<br />

haben dieser Tage die zwei Großen Tiroler<br />

Landesstipendien verliehen bekommen und<br />

Köhle hat es mit einer fulminanten Rede<br />

gedankt. Von ihm erschien der vierte Band<br />

seines Projektes, das er mit Autorenkollegen<br />

Peter Clar ausgeheckt hat. 365 Tage, zwei<br />

mal 365 Texte. So lässt sich das Projekt<br />

zusammenfassen, das die beiden seit Mai<br />

2017 verfolgen. An jedem Tag schreiben<br />

sie einander und versuchen dabei ihren Alltag<br />

poetisch zu fassen – und doch gehen sie<br />

weit darüber hinaus. Denn neben persönlichen<br />

Erlebnissen und Befindlichkeiten<br />

mischen sich auch tagespolitische Geschehnisse,<br />

Überlegungen und der Einfluss<br />

fremder Texte darunter. Vor allem aber<br />

entsteht dabei ein Dialog, ein Wechselspiel,<br />

eine gegenseitige Inspiration, die nachdenklich,<br />

humorvoll oder beschreibend sein<br />

kann, aber immer lustvoll und spontan ist.<br />

Soeben erschien „Herbstsommer“ (Verlag<br />

SchriftStella).<br />

Von Carolina Schutti erwarten wir im<br />

Frühjahr 2020 einen neuen Roman mit Titel<br />

„Patagonien“ (Ed. Laurin). Ein Blick in das<br />

Herbstprogramm des von Birgit Holzner<br />

geführten Literaturverlages der Universität<br />

verrät uns auch das Erscheinen eines neuen<br />

Romans mit Titel „Sanpietrini“ der Südtiroler<br />

Autorin Waltraud Mittich. Lyrisch<br />

wird es, wenn Erika Wimmer Mazohl den<br />

Band „Orte sind“ vorlegt. Diese Sammlung<br />

vereint sprachverspielte und zeitkritische<br />

Texte, artifizielle Klanggedichte, Poeme und<br />

kleine Gedichtzyklen, die mit dem Fokus<br />

auf Orte eine Klammer gefunden haben.<br />

Ihre Szenarien sind Erinnerungsorte,<br />

Echoräume, in denen Nachrichten über<br />

Krieg, Umweltzerstörung und deren Opfer<br />

zur Sprache kommen. Auch von Christine<br />

H. Huber ist bei der TAK mit „Die Vögel<br />

reden wieder miteinander“ ein neuer<br />

Gedichtband erschienen.<br />

Neues von<br />

Barbara Hundegger<br />

Die wichtigste Lyrikerin des Landes präsentiert<br />

am 22. <strong>No</strong>vember im Literaturhaus<br />

am Inn endlich wieder neue Texte. Barbara<br />

Hundeggers neuer Gedichtband ist zwar<br />

erst im Frühjahrsprogramm des Haymon<br />

Verlages zu finden, wird aber heuer noch<br />

vorgestellt. Dieser Termin wird von mir<br />

mit leuchtend rotem Stift angestrichen!<br />

Daneben gibt es weitere interessante<br />

Neuerscheinungen, z. B: die des Zeitweise-Innsbruckers<br />

Malte Borsdorf. Dessen<br />

Debütroman „Flutgebiet“(Müry Salzmann)<br />

findet sich immerhin auf der Shortlist zum<br />

Alpha Literaturpreis. Er las zusammen<br />

mit Elisabeth R. Hager Anfang Oktober<br />

im Literaturhaus. Malte Borsdorf (geboren<br />

1981 in Reutlingen) und Elisabeth R. Hager<br />

(geboren 1981 in St. Johann) sind beide in<br />

Tirol aufgewachsen und haben dort mit<br />

dem Schreiben begonnen. Mittlerweile hat<br />

es beide ins Ausland gezogen, Borsdorf<br />

lebt heute in Kiel, Elisabeth R. Hager hat<br />

sowohl in Neuseeland als auch in Berlin<br />

neue Heimaten gefunden. Ihr Roman<br />

„Fünf Tage im Mai“ (KlettCotta) ist eine<br />

Familiengeschichte über Liebe, Verlust,<br />

Abschied und Schuld, in dem vor allem<br />

die Beziehung zwischen Illy und ihrem Urgroßvater,<br />

ein ziemlich ungleiches Gespann,<br />

geschildert wird. Während sich Tatka mit<br />

großen Schritten dem Greisenstatus nähert,<br />

fängt Illy gerade erst an, die Welt zu entdecken.<br />

Doch ihre freie Zeit verbringen sie<br />

am liebsten gemeinsam – ob in der alten<br />

Fassbinder-Werkstatt oder auf dem Rücken<br />

von Tatkas Moped. Mit großer Wärme<br />

erzählt Elisabeth R. Hager über eine Zeit,<br />

an denen die Würfel im Leben der beiden<br />

neu fallen. Ein „Seelentröster auf hohem<br />

Niveau“, wie der Kurier schreibt.<br />

Auch Dragica Rajčić Holzner legt mit<br />

„Glück“ in der hervorragenden Schweizer<br />

edition spoken script einen tollen Roman<br />

vor. In der ihr eigenen Sprache zwischen<br />

„Gastarbeitersprech“ und Poesie. Hier<br />

passen Werk und Reihe bestens zusammen.<br />

Und Stefan Soder nimmt uns in seinem<br />

neuen Roman „Die Tour“ (braumüller)<br />

mit auf den Berg. Die zwei Freunde Bernd<br />

und Franz entschließen sich zu einer<br />

gemeinsamen Skitour. In ihrer Jugend unzertrennlich,<br />

haben die beiden seit vielen<br />

Jahren nichts mehr zu zweit unternommen.<br />

Während sie den Berg besteigen, tauchen sie<br />

in ihre Vergangenheit ein, die sie verbindet<br />

und zugleich unausgesprochen zwischen<br />

ihnen steht. Ein Roman über Heimat und<br />

Entwurzelung, echte Freundschaft und Entfremdung,<br />

dörfliche Enge und Verlorenheit<br />

in einer globalisierten Welt.<br />

Und Martin Fritz? Der hat im Juli – zumindest<br />

– mit einem fulminanten Theaterstück<br />

in origineller Kulisse aufhorchen lassen<br />

(„Mermaids“). Wir warten dennoch ungeduldig<br />

auf seinen ersten Roman.<br />

Buchtipps:<br />

Dragica Rajčić Holzner:<br />

Glück<br />

Edition Spoken Script Verlag,<br />

220 S., € 22,70<br />

Angela Lehner:<br />

Vater unser<br />

Hanser BerlinVerlag,<br />

284 S., € 22,70<br />

Tanja Raich:<br />

Jesolo<br />

Blessing Verlag,<br />

224 S., € 20,60<br />

Erika Wimmer Mazohl:<br />

Orte sind<br />

Ed. Laurin Verlag,<br />

144 S., € 17,90<br />

Malte Borsdorf:<br />

Fluggebiet<br />

Müry Salzmann Verlag,<br />

200 S., € 19,–<br />

Stefan Soder:<br />

Die Tour<br />

Braumüller Verlag,<br />

240 S., € 22,–<br />

Markus Köhle und Peter Clar:<br />

Herbstsommer<br />

Verlag SchriftStella,<br />

68 S., € 10,–<br />

Barbara Hundegger:<br />

{anich. atmosphären. atlas}<br />

Haymon Verlag,<br />

208 S., € 19,90


© Christian Hartmann<br />

Schauspielstar Tobias Moretti<br />

zeigt sein dichterisches Talent<br />

Der Tod<br />

wird<br />

dadurch<br />

nicht<br />

kleiner oder<br />

milder, aber<br />

personalisiert.<br />

Tobias Moretti<br />

22 Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Ein Jahrhundert hielt Hugo von Hofmannsthals „Spiel<br />

vom Sterben des reichen Mannes“ die Theaterwelt in nahezu<br />

unveränderter Fassung in seinem Bann. – Dann kam<br />

Tobias Moretti: Der Tiroler Schauspieler wagt einen neuen<br />

Blick auf Hofmannsthals Theaterikone. Von Nina Gruber<br />

2017 übernahm niemand geringerer als<br />

Schauspielstar Tobias Moretti die Titelrolle<br />

im „Jedermann“, dem jährlichen Höhepunkt<br />

der Salzburger Festspiele. Doch er verkörpert<br />

nicht nur auf der Bühne den Jedermann,<br />

sondern er hat auch mit großer Verve<br />

Hofmannsthals Originaltext in den Horizont<br />

der Gegenwart gebettet. In seinem Buch, in<br />

dem seine Fassung Hofmannsthals Originaltext<br />

gegenübergestellt wird, erzählt der<br />

Tiroler Schauspieler von seinen Intentionen<br />

und warum uns Hofmannsthals Stück auch<br />

heute noch berührt:<br />

Hofmannsthals „Jedermann“ – ein<br />

unantastbarer Klassiker? Mitnichten!<br />

Für Moretti war die Übernahme der Titelrolle<br />

sowie die Übertragung des Stückes<br />

sehr reizvoll, aber auch eine Überwindung:<br />

Schließlich hatte er es mit einem der wichtigsten<br />

Stücke der Theaterwelt zu tun.<br />

Dazu bewogen, den Text teilweise zu<br />

überarbeiten, hat Moretti übrigens nicht<br />

in erster Linie der Text, sondern die Aufführungstradition:<br />

„Diese bürgerliche und<br />

gesellschaftliche Erwartung, die mir mit<br />

dem Stück nicht mehr kongruent erschien.<br />

Man kann das überspielen (…), aber das<br />

ändert nichts an der Tatsache, dass am<br />

Schluss dieses Stücks der Eindruck bleibt:<br />

Wenn man sich mit guter Absicht empfiehlt,<br />

wird man entlassen in die jenseitige Seligkeit.<br />

Man muss nur das richtige Gebet an<br />

der richtigen Stelle aufsagen und bumm,<br />

der Lift fährt in den richtigen Stock. Dabei<br />

ist es eigentlich ein großer Gedanke, der<br />

dem Stück zugrunde liegt: dass man sich<br />

den Himmel nicht verdienen kann, sondern<br />

er einem im besten Fall in der Gnade und<br />

der Erkenntnis geschenkt wird.“<br />

23<br />

Ob man überhaupt von Hofmannsthals<br />

Originaltext abgehen dürfe – daran gab es<br />

für Moretti übrigens nie Zweifel: „Da das<br />

Theater heute in der klassischen Literatur<br />

mit Perspektiven und Gegenüberstellungen<br />

spielt, war es für mich nie eine Frage der<br />

Unantastbarkeit dieses Textes. Wenn man<br />

heute einen Goethe, Kleist oder Schiller<br />

bearbeiten darf, kann man das auch bei<br />

Hofmannsthal.“<br />

Dass sich Tobias Moretti an den Text<br />

gewagt hat, hat sich ausgezahlt: Die positiven<br />

Kritiken lobten die Inszenierung,<br />

die das Stück in die Gegenwart hole, und<br />

die „neue“ Figur des Jedermann, der den<br />

Menschen ähnlicher als jemals zuvor sei.<br />

Darum bewegt uns der<br />

„Jedermann“ auch heute noch<br />

Die Endlichkeit der eigenen Existenz, das<br />

Verfehlen des Lebens – das sind für Tobias<br />

Moretti Themen von zeitlosem Interesse,<br />

die die Menschen heute nicht weniger<br />

beschäftigen würden als vor 100 Jahren.<br />

Im Jedermann erblickt er den Prototyp<br />

des modernen „global capitalist“, dem der<br />

Höllenofen aufgrund seines ignoranten<br />

Selbstverständnisses, seiner Egomanie,<br />

seiner Macht und Gedankenlosigkeit angefeuert<br />

würde. Freilich wird das Thema<br />

Glaube ein Jahrhundert nach Hofmannsthal<br />

anders betrachtet, deshalb hat Moretti<br />

in seiner Übertragung des Stücks versucht,<br />

„den Fokus auf den inneren Vorgang zu<br />

lenken, der sich in den Figuren ‚Glaube‘<br />

und ‚Werke‘ widerspiegelt und der niemandem<br />

erspart bleibt: die Erkenntnis von<br />

Schuld, die man selbst zu verantworten<br />

hat. In dieser Autonomie sehe ich auch<br />

den Schluss: Der Tod wird dadurch nicht<br />

kleiner oder milder, aber personalisiert,<br />

es wird der eigene Tod.“<br />

Auch die Beziehung des Jedermann zu<br />

seiner Buhlschaft würden wir aus heutiger<br />

Perspektive anders bewerten: „Wir finden<br />

heute niemanden mehr dekadent, weil er<br />

seine Freundin nicht heiratet und ihr ein<br />

Lustschlösschen mit Garten überschreibt.<br />

Die Buhle oder das ‚schlamperte Verhältnis‘<br />

sind nicht die Ursache für den Zorn Gottes<br />

– vielleicht schon eher das Bekenntnis zur<br />

‚totalen Verfügbarkeit von Allem‘, was die<br />

beiden verbindet und den Menschen an sich<br />

übersteigt. Die Buhlschaft ist für mich mehr<br />

als die bürgerliche Projektion des frivolen<br />

Ausbruchs.“<br />

Tobias Moretti ist einer der größten Schauspieler im<br />

deutschsprachigen Raum. Ob im Kino, Fernsehen<br />

oder Theaterbühne, ob Piefke-Saga, Kommissar<br />

Rex, Jud Süß, Das finstere Tal, Jedermann – kaum<br />

eine Schauspielerbiografie ist so vielfaltig wie die<br />

von Tobias Moretti. Er wurde bereits mehrfach<br />

ausgezeichnet, zudem bewirtschaftet er einen Hof<br />

in seiner Heimat Tirol. „Jedermann“ ist sein schriftstellerisches<br />

Debut.<br />

Buchtipp:<br />

Tobias Moretti,<br />

Hugo von Hofmannsthal:<br />

Jedermann.<br />

Das Spiel vom Sterben<br />

des reichen Mannes.<br />

Haymon Verlag, 176 S., € 19,90


© Fotowerk Aichner<br />

Schiffbrüchige der Zeit<br />

Der neue Roman von Christoph W. Bauer ist eine<br />

faszinierende Reise – zwischen einem kaum thematisierten<br />

Kapitel der Besatzungszeit und einer Weltstadt, deren<br />

Atmosphäre sich unter dem Eindruck des Terrors verändert,<br />

kommen wir den Geheimnissen eines Vermisstenfalls auf<br />

die Spur. – Ein Gespräch mit Christophe Koroknai.<br />

Es war schon<br />

sehr reizvoll,<br />

den Roman<br />

in Paris<br />

anzusiedeln.<br />

Christoph W. Bauer<br />

Chronist der vergessenen Innsbrucker<br />

Nachkriegsjahre und Suchender in den Straßen<br />

von Paris: Auf verschlungenen Wegen<br />

spüren wir in „Niemandskinder“ einer vergangenen<br />

Liebe nach und begeben uns –<br />

in Proust’schem Sinn – auf eine Recherche<br />

zwischen Erinnerungen in Cafés, Bistros und<br />

Boulevards der französischen Hauptstadt.<br />

Wer sind die „Niemandskinder“?<br />

Nun, im historischen Kontext handelt es<br />

sich um Kinder von Besatzungssoldaten,<br />

die nach dem Zweiten Weltkrieg ohne<br />

ihre Väter aufgewachsen sind. Tirol und<br />

Vorarlberg gehörten zur französischen<br />

Zone, und die ersten französischen Soldaten,<br />

die in Innsbruck einzogen, waren<br />

marokkanischer Herkunft. Im konkreten<br />

Fall meines Romans handelt es sich um ein<br />

Kind eines Soldaten aus der marokkanischen<br />

Gebirgsdivision. Ich wollte aufzeigen,<br />

wie übel diesen Kindern, aber auch ihren<br />

Müttern mitgespielt wurde, mit welchen<br />

Anfeindungen sie sich konfrontiert sahen.<br />

Niemandskinder der anderen Art sind aber<br />

auch weitere Figuren des Romans: aus ihrer<br />

Lebensmitte Versprengte, Schiffbrüchige<br />

der Zeit sozusagen. Sie ringen um Akzeptanz<br />

in der Gesellschaft – nicht zuletzt auch<br />

aufgrund ihrer Herkunft.<br />

Die Geschichte der Niemandskinder<br />

schlägt eine historische Brücke<br />

zwischen Paris und Innsbruck.<br />

Wie war es, deinen Roman in Paris<br />

anzusiedeln, und wie hat sich die<br />

Stadt und dein Bild von ihr im Zuge<br />

deiner Recherchen verändert?<br />

Es war schon sehr reizvoll, den Roman in<br />

Paris anzusiedeln, die Stadt ist für mich ein<br />

Sehnsuchtsort, von Kindheit an. Und klar<br />

hat sich mein Blick auf die Stadt verändert,<br />

ich denke, das wird im Buch recht deutlich.<br />

Ich war in den vergangenen Jahren<br />

wiederholt in Paris, hatte von Januar bis<br />

März 2019 die Möglichkeit, dort zu leben.<br />

Militarisierte Spezialeinheiten, wohin das<br />

Auge reicht, die permanente Angst vor<br />

Terrorangriffen – und eine unglaubliche<br />

Armut, Menschen in Lumpen gehüllt, vor<br />

Haustüren kauernd, nicht etwa am Stadtrand,<br />

im Zentrum der Stadt.<br />

William Faulkner schrieb: „Das<br />

Vergangene ist nicht tot; es ist nicht<br />

einmal vergangen“. Was bedeutet<br />

das für den Protagonisten, einen<br />

jungen Historiker, der sich auf<br />

Spurensuche macht?<br />

Das ist ein wunderbarer Aphorismus!<br />

Für den jungen Historiker, den Ich-Erzähler<br />

wohl eine Art Lebensmotto, aber auch für<br />

andere Figuren des Romans, die versuchen,<br />

in der Gegenwart zu bestehen, und dabei<br />

stets auf die eigene Vergangenheit treffen.<br />

In einer Zeit, in der viele nicht um<br />

eindeutige Haltungen, Prinzipien,<br />

Parolen verlegen sind, hadert der<br />

Ich-Erzähler Broeger mit seiner<br />

eigenen Unentschlossenheit,<br />

mit seinem Zaudern. Ist der<br />

Unentschlossene, der Zauderer ein<br />

unbesungener Held unserer Zeit?<br />

Stimmt schon, er ist ein Zauderer, ein<br />

Unentschlossener, er ist voll Misstrauen,<br />

vor allem sich selbst gegenüber. Er vermeidet<br />

eindeutige Zuschreibungen, er<br />

misstraut der Sprache – und würde er nicht<br />

auch der Zuschreibung „unbesungener<br />

Held“ misstrauen?<br />

Buchtipp:<br />

Christoph W. Bauer:<br />

Niemandskinder<br />

Haymon Verlag, 184 S.,<br />

€ 19,90<br />

24 Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

25<br />

Christoph W. Bauer, geboren 1968 in Kärnten,<br />

aufgewachsen in Tirol. Verfasst Lyrik, Prosa,<br />

Essays, Hörspiele und Übersetzungen. Zahlreiche<br />

Veröffentlichungen, mehrere Auszeichnungen, u. a.<br />

Reinhard-Priessnitz-Preis (2001), Publikumspreis<br />

beim Ingeborg-Bachmann-Preis (2002), Outstanding<br />

Artist Award (2015).


Das Loch<br />

Bevor Raphaela Edelbauer ihren neuen Roman<br />

bei der Veranstaltungsreihe „Grenzgänge“ vorstellt,<br />

hat sie mit Martin Fritz über ihren phantastischen<br />

Anti-Heimatroman gesprochen.<br />

Wer hat’s erfunden? –<br />

Abenteuer Rikola Verlag<br />

Das Irrsinnsprojekt der österreichischen Literaturgeschichte.<br />

Bernd Schuchter im Gespräch mit Josef Rinderer.<br />

Buchtipp:<br />

Raphaela Edelbauer:<br />

Das Flüssige Land<br />

KlettCotta, 350 S.,<br />

€ 22,70<br />

© Victoria Herbig<br />

Dein Erstling „Entdecker“ mit<br />

dem Untertitel „Eine Poetik“<br />

ist ein enzyklopädisches Werk,<br />

das grundsätzlich Sprach-Welt-<br />

Zusammenhänge klärt. „Das flüssige<br />

Land“ ist ein im Vergleich dazu<br />

konventionell erzählter Roman.<br />

Wie hat sich diese Entwicklung<br />

ergeben: War es eine bewusste Vorab-<br />

Entscheidung oder aus dem Stoff<br />

heraus motiviert?<br />

Ich empfinde mich als Schriftstellerin nicht<br />

als Produzentin einzelner Bücher, sondern<br />

als Proponentin eines ästhetischen Programms,<br />

das verschiedene Fragestellungen<br />

an die Sprache heranträgt. Was das Ziel<br />

dieser Poetik ist – die ich ja in „Entdecker“<br />

dargelegt habe, wenngleich verschlüsselt –<br />

kann man nicht aus einem einzelnen Text<br />

herauslesen. Ich habe also sicher nicht<br />

meine Schlagrichtung geändert, wie manche<br />

glauben, sondern lediglich ein Buch darüber<br />

geschrieben, wie kollektive Erzählungen<br />

funktionieren können – und das musste<br />

natürlich erzählend sein.<br />

In „das flüssige Land“ hat eine<br />

Physikerin die Aufgabe, ein unter<br />

einer Stadt gelegenes, „das Loch“<br />

genanntes Bergwerk zu füllen, bevor<br />

es einstürzt. Der Roman behandelt<br />

eine Vielzahl von Themen: Neben<br />

dem Fachgebiet der Ich-Erzählerin,<br />

der Zeit, auch die Zusammenhänge<br />

zwischen Land und den es<br />

bewohnenden Leuten, also Fragen der<br />

Identität, Erinnerung und Herkunft.<br />

Und natürlich das gleichzeitig<br />

omnipräsente und verdrängte<br />

Bergwerk. Wie bist du zu dieser<br />

Gemengelage gekommen?<br />

Ich habe das Gefühl, dass es einen Punkt<br />

gibt, in dem diese Aspekte in größter<br />

Intensität zusammenkommen und einander<br />

bedingen, und das ist das Loch. Die Lücke<br />

in der Geschichte ist zeitverzerrend und<br />

repräsentiert zugleich die fast komödiantische<br />

Blindheit der Bevölkerung gegenüber<br />

den Auswirkungen ihres eigenen Wirkens.<br />

Vielleicht mehr noch gegenüber dem<br />

Wirken ihrer Ahnen, das unter Schichten<br />

und Aberschichten an Landschaftskitsch,<br />

Lipizzanisierung und Heimatlauschigkeit<br />

verborgen wird. Ich habe auch die Traum-<br />

zeit der Aborigines ins Buch eingewoben<br />

– eine Schöpfungsgegenwart, in der wir<br />

stets mit dem Wirken unserer Ahnen konfrontiert<br />

sind. Obwohl die Sphären nicht<br />

passiert werden können, ist mittelbar die<br />

Landschaft das, was sie verbindet – sie<br />

verändert sich, ohne dass wir es mitbekommen<br />

würden, weil sie selbst unsere<br />

Bedingung ist.<br />

Der Schauplatz Gross-Einland ist<br />

gleichermaßen bizarr-grotesk wie ein<br />

sehr genaues Porträt einer ländlichen<br />

Kleinstadt – gibt es reale Vorbilder?<br />

Ja: Das ist auf der einen Seite meine<br />

Heimatgemeinde, die Hinterbrühl, eine<br />

Vorstadt von Wien, unter der tatsächlich<br />

ein Bergwerk und ein Loch klaffen. Die<br />

Seegrotte ist heute ein Schaubergwerk und<br />

der größte unterirdische Höhlensee Europas,<br />

zu dem Touristen aus der ganzen Welt<br />

strömen, doch die nationalsozialistische<br />

Vergangenheit wird zum größten Teil<br />

verschwiegen. Dann wurden Aspekte von<br />

Melk, Attnang-Puchheim und Kirchberg<br />

am Wechsel eingeflochten – wie der schräge<br />

Name Groß-Einland suggeriert, soll diese<br />

Verschmelzung stellvertretende Gültigkeit<br />

für ganz Österreich erzeugen.<br />

Neben der Haupterzählung gibt<br />

es auch einige Texte im Text:<br />

Erinnerungstafeln, Auszüge<br />

aus Dorfchronik wie Habil der<br />

Erzählerin. Diese unterschiedlichen<br />

Textsorten ergänzen sich auf sehr<br />

stimmige Weise – ist dir diese Arbeit<br />

mit verschiedenen Formen wichtig?<br />

All meine Texte haben wissenschaftliche<br />

Versatzstücke und Montagen in sich.<br />

Erstens, weil ich Naturwissenschaft als<br />

Welterschließungswerkzeug für maßgeblich<br />

für unseren Welt- und Sprachbezug<br />

halte, zweitens, weil es mich schlicht<br />

und ergreifend persönlich interessiert und<br />

einen interessanten, noch nicht zu ausgeschlachteten<br />

Duktus in die Literatur<br />

bringt.<br />

26 27<br />

Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Im Wien der Zwanzigerjahre beschließt<br />

der Bankier, Börsenspekulant und<br />

Hobby-Schriftsteller Richard Kola, den<br />

größten Verlag Österreichs zu gründen.<br />

In schneller Folge erscheinen hunderte von<br />

Büchern, Literaturstars wie Gustav Meyrink<br />

oder Thomas Mann sorgen für zusätzliche<br />

Schlagzeilen. Nach ein paar Jahren ist der<br />

ganze Spuk vorbei. Was bleibt, sind Schulden,<br />

Gerüchte und zerschlagene Träume.<br />

Der Innsbrucker Autor Bernd Schuchter<br />

begibt sich in seinem neuen Roman „Rikolas<br />

letzter Auftritt“, der am 16. Oktober im<br />

Rahmen der „Grenzgänge“ in der Stadtbibliothek<br />

Innsbruck präsentiert wird, auf<br />

Spurensuche und vermischt dabei Faktisches<br />

mit Fiktivem.<br />

Wie bist du auf den heute kaum<br />

bekannten Richard Kola und seinen<br />

Verlag gestoßen?<br />

Bei Recherchen zu einer Verlagsgeschichte<br />

bin ich auf Kola aufmerksam geworden.<br />

Mich interessierte die Idee eines Verlages,<br />

der von Betriebsfremden gegründet und<br />

geleitet wurde. Dann drängte sich noch die<br />

Frage auf: Wie wird man so reich wie Kola?<br />

Kola ist durch Börsenspekulationen<br />

reich geworden. Siehst du da<br />

Parallelen zur Gegenwart?<br />

Absolut. Es ist ein heutiges Thema. Es ging<br />

und geht um unglaubliche Profite, die mit<br />

moralisch fragwürdigen Mitteln erwirtschaftet<br />

werden. Das Verrückte ist: Diese<br />

Menschen geben sich oft als Philanthropen.<br />

Das ist heute genauso wie zu Kolas Zeiten.<br />

Beim Lesen musste ich öfters an<br />

Heinrich Manns „Untertan“ denken.<br />

Es gibt Profiteure, die vom Großkapital<br />

unterstützt werden und enormen Nutzen<br />

daraus ziehen. Das war bei Hitler so,<br />

es ist aber auch heute nicht viel anders.<br />

Man muss sich nur die aktuellen FPÖ-<br />

und ÖVP-Skandale ansehen. Oder Trump.<br />

Das Verrückte dabei ist, dass diese Politiker<br />

vom Mittelstand gewählt werden, obwohl sie<br />

dessen Lebensgrundlage und Arbeitsplätze<br />

zugrunde richten. Und Kola tat das auch.<br />

Also hegst du keine Sympathie<br />

für deine Hauptfigur?<br />

Die Kapitalismuskritik ist Absicht. Aber es<br />

gab Schlimmere, zum Beispiel Kolas Kompagnon<br />

Camillo Castiglioni. Kola war ein<br />

naiver Narr mit Liebe zur Literatur. Sympathie<br />

für die Figuren ist sehr wichtig, sonst<br />

wird ein Roman blutleer. Ich könnte mich<br />

nie über meine Figuren lächerlich machen.<br />

Diese gängige Praktik finde ich einen üblen<br />

Zug der Gegenwartsliteratur!<br />

Hast du eine Lieblingsfigur?<br />

Ich mag Reinhard, die rote Else und auch<br />

Kola, der aber sicherlich am schlechtesten<br />

wegkommt. An Else mag ich, dass sie<br />

dieses utopische Moment hat; eine Frau<br />

als Kommunistenführerin war damals sehr<br />

unwahrscheinlich.<br />

Was hat es denn nun auf sich mit<br />

Hitlers zweitem Buch?<br />

Es ist bis heute fast vergessen, wurde in den<br />

Vierzigern in den USA erstveröffentlicht,<br />

in den Sechzigern in Deutschland. Aber es<br />

hätte im Rikola Verlag erscheinen können,<br />

denn es gab, trotz Kolas jüdischer Herkunft,<br />

keine Berührungsängste mit den Nationalsozialisten.<br />

Diese Möglichkeit hat mich<br />

fasziniert.<br />

Erzähl uns zum Schluss doch noch<br />

etwas über den Stil deines Romans.<br />

Es ist eine episodenhafte Darstellung mit<br />

Auslassungen, zudem gibt es fiktive Einschübe<br />

und Personen. Das Ganze ist eine<br />

Mischung aus Essay und Roman, aber<br />

exakt recherchiert. Ich mag es, Personen<br />

und Begebenheiten auszugraben und die<br />

Leerstellen, die es ja immer gibt, zu besetzen<br />

und zu füllen. Dieses „So könnte es<br />

gewesen sein“ reizt mich. Eine fiktive Figur<br />

muss fantasievoll und trotzdem möglich<br />

sein. Eine Feministin im dreizehnten Jahrhundert<br />

zum Beispiel, wie es in heutigen<br />

historischen Romanen durchaus vorkommt,<br />

das ist Blödsinn, da es damals keinen<br />

Feminismus gab.<br />

© Ruth Pearce/Pearce X<br />

Buchtipp:<br />

Bernd Schuchter:<br />

Rikolas letzter Auftritt<br />

Braumüller, 160 S., € 20,–<br />

Veranstaltungstipp:<br />

Grenzgänge 14<br />

Mit Raphaela Edelbauer<br />

& Bernd Schuchter<br />

Moderation: Klaus Zeyringer<br />

16. Oktober 2019, 19 Uhr<br />

Stadtbibliothek Innsbruck<br />

Amraser Straße 2<br />

Eintritt frei!


Hau(p)tsache natürlich –<br />

Naturkosmetik selbst herstellen<br />

Von Tamara Greif<br />

Winterhart und trotzdem zart:<br />

Gemüse, das die Kälte liebt<br />

Von Tamara Greif<br />

© Nadja Hudovernik<br />

© Wolfgang Palme<br />

© Kary Wilhelm<br />

Buchtipp:<br />

Barbara Hoflacher:<br />

Du darfst auf meine Haut.<br />

Naturkosmetik selber machen<br />

Löwenzahn Verlag,<br />

176 S., € 19,90<br />

Grüne Kosmetik ist längst mehr als ein<br />

Trend – bereits jede(r) 5. greift zu natürlichen<br />

Pflegeprodukten. Nichts übertrifft<br />

dabei selbstgemachte Pflegeprodukte ohne<br />

Spuren von Mikroplastik, Mineralöl oder<br />

Weichmachern in Sachen Hautfreundlichkeit<br />

und Umweltschutz. Was es dazu<br />

braucht? Entgegen der Erwartung nicht viel<br />

mehr als gute Öle, Bienenwachs und selbstgepflückte<br />

Kräuter. Die meisten Zutaten<br />

für die eigene Pflegelinie mit persönlicher<br />

Duftnote und einer Haltbarkeit von 6–12<br />

Monaten warten also bereits im Vorratsschrank.<br />

Für alle, die geschmeidige Haut und<br />

kräftiges Haar künftig nicht mehr dem<br />

Zufall, sondern Mutter Natur überlassen<br />

wollen, liefert die Innsbrucker Autorin<br />

und Heilpraktikerin Barbara Hoflacher die<br />

ideale Anregung in Buchform: „Du darfst<br />

auf meine Haut“. Mit erprobten Anleitungen<br />

zum Selbermachen von Cremes,<br />

Haarwasser, Sonnenschutz & Co. wird das<br />

Buch zum wahren Komplizen in Sachen<br />

Badezimmer-Razzia. Denn fünf Produkte<br />

reichen für die tägliche Pflege von Scheitel<br />

bis Sohle: ein Deo, eine Zahncreme, eine<br />

Ganzkörperseife, ein Ölmazerat für innen<br />

und außen und eine Universalsalbe für Gesicht,<br />

Hände, Füße und zum Abschminken.<br />

Ein Grund mehr, sich in seiner Haut wohlzufühlen!.<br />

Was das Buch darüber<br />

hinaus besonders macht:<br />

• Der Verzicht auf exotische Zutaten wie<br />

Mango oder Avocado, die man sonst<br />

gerne in Naturkosmetikbüchern findet.<br />

• Zahlreiche Rezepte für die Babypflege<br />

und sensible Haut.<br />

• Ein beigelegtes Booklet, um persönliche<br />

Lieblingsrezepte oder eigens Erprobtes<br />

zu notieren.<br />

• Die wunderschönen Zeichnungen<br />

von Künstlerin Ruth Veres.<br />

Wenn die ersten Schneeflocken vom<br />

Himmel rieseln, denken viele von uns an<br />

ausgiebige Rodelwanderungen oder ans<br />

Skifahren. Nur die wenigsten verbinden den<br />

Winter mit dem Garten. Dabei knistert es<br />

in der kalten Jahreszeit nicht nur im Ofen,<br />

sondern auch unter der Schneedecke – denn<br />

vielen heimischen Sorten kann man in Sachen<br />

Kälteresistenz viel mehr zutrauen, als<br />

bisher geschehen. Pinke Radieschen, zarte<br />

Kohlblätter, schmackhafte Jungzwiebeln –<br />

all das kann das Beet in den kalten Monaten<br />

für Sie bereithalten. Und kaum jemand<br />

kann mehr darüber erzählen als Wolfgang<br />

Palme. Seit über 12 Jahren forscht er zum<br />

Thema Frosthärte und bepflanzt in seiner<br />

City Farm Augarten, mitten in Wien, das<br />

ganze Jahr kunterbunte Beete. In seinem<br />

neuen Buch „Ernte mich im Winter“ wird<br />

das Rampenlicht auf 30 heimische Gemüsearten<br />

gerichtet, die im Winter noch besser<br />

schmecken. Zur richtigen Zeit ausgesät und<br />

entsprechend umsorgt, bleiben die Pflanzen<br />

die frostigen Monate über in der Erde<br />

und warten auf ihre winterliche Erntezeit.<br />

Darüber hinaus bedeutet Wintergärtnern<br />

aber auch, sich ein Stück Freiheit<br />

zurückzuerobern – sei es, weil Sie Ihren<br />

Weihnachtssalat künftig aus dem eigenen<br />

Beet pflücken, oder weil Sie sich das ganze<br />

Jahr mit Ihren Lieblingskarotten selbstversorgen.<br />

Freuen Sie sich auf die Momente,<br />

in denen Sie mit einem vollen Korb und<br />

einem Lächeln im Gesicht aus dem glitzernden<br />

Schnee zurück ins warme Haus stapfen.<br />

Denn von nun an ist zu jeder Zeit<br />

Gartenzeit!.<br />

Buchtipp:<br />

Wolfgang Palme:<br />

Ernte mich im Winter.<br />

Löwenzahn Verlag,<br />

176 S., € 24,90


© Jeff Mangione | Loewe Verlag GmbH<br />

Buchtipp:<br />

Ursula Poznanski:<br />

Erebos 2<br />

Loewe Verlag, 512 S.,<br />

€ 20,60<br />

Dass WhatsApp<br />

mithört, davon<br />

bin ich<br />

überzeugt.<br />

Ursula Poznanski<br />

30 Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Sie haben mehrmals erwähnt, dass<br />

es keine Fortsetzung von Erebos<br />

geben wird. Warum haben Sie sich<br />

schließlich doch dazu entschieden,<br />

Erebos 2 zu schreiben?<br />

Es lag wirklich daran, dass die Technologien<br />

sich in den letzten zehn Jahren<br />

so massiv verändert haben, dass ich den<br />

Eindruck hatte, ich könnte der Geschichte<br />

einen ganz neuen Dreh geben.<br />

Kam Ihnen die Idee zu Teil 2 langsam<br />

oder gab es einen Heureka-Moment,<br />

in dem Sie beschlossen haben, dass<br />

die Zeit reif für Buch zwei ist?<br />

Es lief eher tröpfchenweise. Ich habe viel<br />

hin- und herüberlegt, immer auch mit<br />

dem Gedanken, dass es ein großer Fehler<br />

sein könnte, auf einen Erfolg wie Erebos<br />

etwas nachfolgen zu lassen. Wenn es einen<br />

Heureka-Moment gab, dann hat der stattgefunden,<br />

als ich mir das Demonstrationsvideo<br />

für Google Duplex auf YouTube angesehen<br />

habe. Das fand ich beeindruckend<br />

und beängstigend zugleich.<br />

Wie hat es sich angefühlt, nach<br />

so vielen Jahren wieder in diese<br />

Geschichte einzusteigen?<br />

Richtig schön. Mir hat es enormen Spaß<br />

gemacht, die Figuren von damals weiterzuschreiben,<br />

obwohl oder gerade weil zwischen<br />

den Büchern zehn Jahre liegen. Mir<br />

zu überlegen, was der jeweilige Charakter<br />

in dieser Zeit getan, welche Entscheidungen<br />

er getroffen und welche Wege eingeschlagen<br />

hat, war ein Vergnügen.<br />

Man hört ja viele Stimmen, die<br />

sich für das Gefahrenpotenzial von<br />

Computerspielen aussprechen. Sie<br />

haben nun schon das zweite Buch<br />

über ein wirklich gefährliches Spiel<br />

geschrieben. Wie stehen Sie zum<br />

Thema?<br />

Ich wende mich ganz bewusst nicht gegen<br />

Computerspiele, die sind mittlerweile ein<br />

fester Teil der Popkultur und nicht per se<br />

schädlich. Es ist wie überall die Dosis, die<br />

das Gift macht. In meinen Büchern – vor<br />

allem im ersten – geht es viel mehr um<br />

Ursula<br />

Poznanski<br />

Die beste literarische<br />

Überraschung<br />

des Jahres: Nach<br />

fast 10 Jahren ist<br />

das Spiel, das tötet,<br />

zurück – und es<br />

ist schlauer als<br />

je zuvor. Ursula<br />

Poznanski im<br />

Gespräch mit<br />

Maria Neumayr.<br />

31<br />

Manipulation als um Sucht. Im zweiten<br />

wird nicht mehr so sehr manipuliert, sondern<br />

eher offen gedroht. Im Kern steht aber<br />

immer der Fakt, dass die Figuren im Buch<br />

sich von etwas steuern lassen, das sie nicht<br />

durchschauen.<br />

Wie ist Ihr eigener Umgang mit<br />

Handy, Internet und Social Media?<br />

Nutze ich alle drei, in dem Bewusstsein,<br />

dass ich mich damit bis zu einem gewissen<br />

Grad auch durchsichtig mache. Gewisse<br />

Dinge lasse ich aber ebenso bewusst aus<br />

dem Internet raus, und ich versuche, mich<br />

nicht in sinnlose Diskussionen verstricken<br />

zu lassen.<br />

Wird man, wenn man dabei ist, ein<br />

Buch wie Erebos 2 zu schreiben,<br />

etwas paranoider, was künstliche<br />

Intelligenz und die konstante<br />

Überwachung durchs Internet<br />

angeht?<br />

Ein bisschen. Wobei das Buch ja in London<br />

spielt, dort ist CCTV gewissermaßen<br />

flächendeckend eingerichtet, man wird auf<br />

Schritt und Tritt kameraüberwacht. Soweit<br />

ich weiß, sind wir davon in Österreich noch<br />

ziemlich weit entfernt. Aber dass Whats-<br />

App mithört, davon bin ich überzeugt, das<br />

sieht man spätestens dann, wenn man im<br />

Netz Werbung zu Themen eingeblendet<br />

bekommt, über die man sich am Abend<br />

zuvor mit Freunden unterhalten hat.<br />

Hat die Recherche zu diesem<br />

Buch etwas an Ihrem Umgang mit<br />

Technologie verändert?<br />

Nein, eigentlich nicht. Was ich vorher<br />

genutzt habe, nutze ich auch weiterhin.<br />

Sie haben einmal in einem<br />

Interview erwähnt, wie gewissenhaft<br />

Sie die Namen Ihrer Figuren<br />

auswählen (beispielsweise Nick<br />

wie „Nickname“). Gibt es einen<br />

ähnlichen Gedanken hinter dem<br />

Namen der neuen Hauptfigur Derek?<br />

Derek kommt im ersten Buch schon sehr<br />

kurz vor. Das hatte ich noch im Kopf und<br />

mir war klar, dass er jetzt im richtigen<br />

Protagonistenalter wäre. Den Namen hat<br />

er also schon vor zehn Jahren bekommen,<br />

und damals habe ich über eine Bedeutung<br />

nicht nachgedacht.<br />

In beiden Erebos-Büchern kommt<br />

eine Simpsons-Tasse mit dem<br />

Spruch „Trying is the first step<br />

towards failure“ vor. Das ist ein<br />

so spezifisches Detail – gibt es die<br />

Tasse bei Ihnen zu Hause vielleicht<br />

wirklich?<br />

Nein, aber ich habe sie beim Schreiben<br />

des ersten Bandes gegoogelt, ich wollte,<br />

dass Victor eine Simpsons-Tasse besitzt.<br />

Ich hatte auch einmal eine, da war ein Pinup-Bart<br />

drauf, aber leider kein Spruch.<br />

Sie beschäftigen sich in Ihren<br />

Büchern ja häufig mit nahezu<br />

futuristisch anmutenden Themen.<br />

Haben Sie schon das nächste ins<br />

Auge gefasst?<br />

Ich grüble noch, muss ich gestehen.<br />

Ursula Poznanski, 1968 in Wien geboren. 2010<br />

startete sie mit ihrem ersten Jugendbuch Erebos<br />

durch und wurde bald eine der erfolgreichsten<br />

deutschsprachigen Jugendbuchautorinnen. Mittlerweile<br />

zählt sie auch bei Thrillern für Erwachsene<br />

zu den absoluten Must-Reads. Sie wurde vielfach<br />

ausgezeichnet, zuletzt 2018 mit dem Österreichischen<br />

Krimipreis.<br />

Buchpräsentation:<br />

Erebos 2<br />

Mit Ursula Poznanski<br />

Do., 24. Oktober 2019,<br />

18:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: € 9,– / € 7,–<br />

(Wagner-Card)


© Klaus-Maria Einwanger / Diogenes Verlag<br />

Krimispannung à la carte<br />

… und zwar beim 3. Krimifest Tirol von 19.–25. Oktober 2019.<br />

Martin Walker beehrt uns mit einer Lesung aus „Menu<br />

surprise“ in der Wagner’schen Buchhandlung. Im Interview<br />

mit Marina Höfler spricht er über französische Geheimrezepte<br />

und wie ihm seine Erfahrungen als Auslandsreporter beim<br />

Schreiben seiner „Bruno“-Bände hilft.<br />

Périgord –<br />

it is a small<br />

paradise.<br />

Martin Walker<br />

32 Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

In „Menu surprise“ soll Bruno,<br />

Chef de police, in einem Kochkurs<br />

TouristInnen lokale Geheimrezepte<br />

zeigen. Mit welchen Rezepten<br />

würden Sie TouristInnen von der<br />

französischen Küche begeistern?<br />

In Brunos Kochbüchern haben wir viele<br />

solcher „Geheimrezepte“ gesammelt.<br />

Der zweite Teil, „Brunos Gartenkochbuch“,<br />

wird diesen Oktober veröffentlicht. Darin<br />

finden sich zum Beispiel Rezepte für ein<br />

Blanquette de veal (ein französisches Kalbsragout),<br />

eine Tarte Tatin (ein französischer<br />

Apfelkuchen) oder eine Cassoulet a la perigourdine<br />

(ein Eintopf nach Périgord’scher<br />

Art).<br />

Das Périgord ist nicht nur Handlungsort<br />

vieler Ihrer Krimis, sondern Sie<br />

leben auch dort. Was macht für Sie<br />

den Reiz am Périgord aus?<br />

Im Périgord treffen viele geschichtliche<br />

Ereignisse aufeinander: Angefangen von<br />

den prähistorischen Höhlenmalereien,<br />

den Einflüssen Karl des Großen und der<br />

Musketiere sowie dem Widerstand der<br />

Résistance im Jahr 1944. Das Essen und<br />

der Wein, die mittelalterlichen Burgen und<br />

Schlösser, die Landschaft sowie das Klima<br />

– kurz gesagt: Das Périgord ist ein kleines<br />

Paradies.<br />

Sie haben jahrelang als politischer<br />

Journalist gearbeitet – wie spiegeln<br />

sich Ihre Erfahrungen in Ihren<br />

Krimis wider?<br />

Erfahrungen, die ich bei meiner Arbeit<br />

als Auslandskorrespondent gemacht habe,<br />

helfen, bestimmte Abschnitte von Brunos<br />

Leben besser darstellen zu können, zum<br />

Beispiel seine Zeit als Soldat in Afrika,<br />

33<br />

Sarajewo und im ersten Irakkrieg. Und<br />

wenn du heute über das Leben in Frankreich<br />

schreibst, kannst du Themen wie<br />

Migration, Terrorismus oder politische<br />

Spannungen nicht außer Acht lassen.<br />

Sie haben mehrere Jahre das Büro<br />

des „Guardian“ in Moskau geleitet.<br />

Können Sie sich vorstellen, Ihren<br />

nächsten Krimi nach Russland zu<br />

verlegen?<br />

Ich habe mit meiner Frau und unseren<br />

Töchtern vier Jahre lang in Michail Gorbatschows<br />

Moskau gelebt. Durch Glasnost<br />

hatten wir die Möglichkeit, Russen und<br />

Russinnen kennenzulernen und Freundschaften<br />

mit ihnen zu schließen – so haben<br />

wir auch gelernt, russisch zu sprechen und<br />

erhielten Einblicke in die russische Küche.<br />

Im achten „Bruno“-Band „Eskapaden“<br />

gibt es einen russischen Maler, der im Périgord<br />

lebt. Aber Bruno vom Périgord nach<br />

Moskau zu versetzen – das kann ich mir<br />

nur schwer vorstellen<br />

In „Menu surprise“ löst Bruno seinen<br />

bereits elften Fall, können Sie uns<br />

schon ein paar Details zu seinem<br />

zwölften Fall verraten?<br />

Brunos zwölfter Fall „The Body and the<br />

Castle Well“ wurde dieses Jahr in Amerika<br />

und England veröffentlicht. Nächsten<br />

Mai wird der Roman auch auf Deutsch erscheinen,<br />

jedoch haben wir uns noch nicht<br />

auf einen deutschen Titel geeinigt. Die<br />

Geschichte beginnt damit, dass ein junger<br />

amerikanischer Kunststudent, Sohn einer<br />

wohlhabenden und einflussreichen Familie,<br />

tot in einem Lichtschacht einer Burg gefunden<br />

wird. Darum soll das FBI ermitteln.<br />

Auch das Essen spielt wieder eine große<br />

Rolle: Es gibt eine Fois-gras-Verkostung<br />

und weitere köstliche Gerichte bekommen<br />

ihren Platz, wie eine Tarte Tatin mit roten<br />

Zwiebeln und Ziegenkäse. Derzeit arbeite<br />

ich an einem Roman, der 2021 auf Deutsch<br />

erscheinen wird.<br />

Martin Walker wurde 1947 in Schottland geboren.<br />

Er arbeitet als Schriftsteller, Historiker und<br />

politischer Journalist. 25 Jahre lang war er bei der<br />

britischen Tageszeitung „The Guardian“ tätig, 1978<br />

wurde er mit dem britischen Reporter-des-Jahres-Preis<br />

ausgezeichnet. Seine „Bruno“-Romane<br />

erscheinen in 15 Sprachen. Er lebt in Washington<br />

und im Périgord.<br />

Buchtipp:<br />

Martin Walker:<br />

Menu surprise<br />

Diogenes Verlag, 432 S.,<br />

€ 24,70<br />

Lesung:<br />

im Rahmen vom<br />

3. Krimifest Tirol<br />

Menu surprise<br />

Mit Martin Walker<br />

Deutsche Stimme:<br />

Josef Mohamed<br />

Mi., 23. Oktober 2019,<br />

19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: € 9,– / € 7,–<br />

(Wagner-Card)


© Oliver Wolf<br />

Man kann<br />

beim Betrachten<br />

eines einzigen<br />

Bildes in die Tiefe<br />

der Erinnerung<br />

stürzen.<br />

<strong>No</strong>rbert Gstrein<br />

Bücher seit 1639<br />

Nach „Die kommenden Jahre“<br />

ist auch im neuen Roman „Als ich<br />

jung war“ ein tiefes Amerika eine<br />

Art Fluchtort für einen Mann aus<br />

den europäischen Bergen. Diesmal<br />

schreitet ja zudem die Erzählung im<br />

Doppelschritt voran, abwechselnd<br />

ein Kapitel Tirol, ein Kapitel USA.<br />

Was bedeutet dieses Amerika, stellt<br />

es einen Gegensatz zu europäischen<br />

Abgründen dar?<br />

Eher als einen Gegensatz würde ich eine<br />

Parallele darin sehen. Der Held, wenn man<br />

ihn so nennen will, geht ja von der österreichischen<br />

Provinz in die amerikanische<br />

Provinz. Die Verwerfungen dort sind ähnliche,<br />

aber vor allem entkommt er seinen<br />

eigenen Dämonen nicht. Er findet genau<br />

das wieder, wovor er davonläuft. Zu Hause<br />

hat er ein minderjähriges Mädchen gegen<br />

dessen Willen geküsst, und in Amerika ist<br />

er der Skilehrer eines Professors, dem in<br />

dieser Hinsicht wesentlich gravierendere<br />

Dinge vorgeworfen werden.<br />

<strong>No</strong>rbert<br />

Gstrein<br />

Sein neuester<br />

Roman spielt<br />

zwischen Tirol<br />

und Wyoming<br />

und führt viele<br />

Bestenlisten an.<br />

Das Gespräch mit<br />

<strong>No</strong>rbert Gstrein<br />

führte<br />

Klaus Zeyringer.<br />

35<br />

Und wie hängt dies mit sozialen<br />

Situationen zusammen, vor allem<br />

mit „Familienbanden“ (ein Wort,<br />

auf dessen Doppelsinn Karl Kraus<br />

zurecht verwiesen hat)?<br />

Das Paradoxe und Schreckliche an den<br />

Familienbanden ist, dass sie auch als<br />

zerbrochene zusammenzuschweißen vermögen.<br />

Der Erzähler sieht sich in einer<br />

unheilvollen Reihe von Männern mit<br />

patriarchalem Gebaren, der er zu entkommen<br />

versucht, aber nicht wirklich<br />

entkommt. Auch sein Entkommen nach<br />

Amerika ist nur ein Entkommen in die<br />

soziale Isolierung und in die Einsamkeit.<br />

Dein Protagonist Franz fotografiert<br />

bei Hochzeiten. Welche Rolle spielen<br />

Bilder und Gegenbilder?<br />

Er fotografiert die Hochzeitspaare immer<br />

an genau der gleichen Stelle, am Rand eines<br />

Abgrunds. Die immer gleichen Bilder von<br />

immer anderen Paaren mit den immer gleichen<br />

Vorstellungen von Glück stehen ihm<br />

nicht nur für die Austauschbarkeit, sondern<br />

für die Abgenutztheit und Schalheit des<br />

Ganzen. Um ihn geschehen ist es, als er<br />

schließlich zu denken beginnt, die Bräute<br />

müssten eigentlich am Tag ihrer Hochzeit<br />

davonlaufen, wenn sie nur einen Augenblick<br />

überlegen würden. In Amerika gibt<br />

es dagegen eine fast jungfräuliche Szene,<br />

als er einmal in der Wildnis einen Bären<br />

sieht. Er hebt die Kamera, lässt sie aber<br />

wieder sinken, ohne den Bären zu fotografieren,<br />

und schaut stattdessen zu, wie<br />

er in einem Loch in Raum und Zeit verschwindet.<br />

In mindestens zwei Bildern<br />

konzentriert sich das Geschehen, im<br />

Foto-Ort über dem Abgrund und im<br />

Hochzeitsfoto der Eltern. Vermögen<br />

– nicht nur in „Als ich jung war“ –<br />

Bilder zu anderen Tiefen (der Zeit)<br />

vorzudringen als Worte?<br />

Ich würde Bilder und Worte da gar nicht in<br />

Konkurrenz zueinander sehen. Bilder von<br />

Personen weisen immer auch aus der Zeit<br />

hinaus. Die darauf Abgebildeten sind entweder<br />

schon gestorben oder werden irgendwann<br />

gestorben sein, weshalb ihnen auch<br />

etwas Unheimliches anhaftet, wenn man<br />

sie nur lange genug anschaut. Man kann<br />

beim Betrachten eines einzigen Bildes in die<br />

Tiefe und Unabsehbarkeit der Erinnerung<br />

stürzen. Andererseits lassen sich mit Hilfe<br />

von Worten – vielleicht kontrollierter –<br />

Bewegungen in Raum und Zeit vollführen,<br />

die dem nicht nachstehen.<br />

<strong>No</strong>rbert Gstrein, 1961 in Tirol geboren, lebt in<br />

Hamburg. Er wurde unter anderem mit dem<br />

Alfred-Döblin-Preis und dem Uwe-Johnson-Preis<br />

ausgezeichnet. Bei Hanser erschienen von ihm die<br />

Romane „Die Winter im Süden“ (2008), „Die englischen<br />

Jahre“ (Neuausgabe 2008), „Das Handwerk<br />

des Tötens“ (Neuausgabe 2010), „Eine Ahnung vom<br />

Anfang“ (2013), „In der freien Welt“ (2016) und<br />

„Die kommenden Jahre“ (2018).<br />

Buchtipp:<br />

<strong>No</strong>rbert Gstrein:<br />

Als ich jung war<br />

Hanser Verlag, 248 S.,<br />

€ 23,70<br />

Buchpräsentation:<br />

Als ich jung war<br />

Mit <strong>No</strong>rbert Gstrein<br />

Moderation: Klaus Zeyringer<br />

Fr., 8. <strong>No</strong>vember 2019,<br />

19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: € 9,– / € 7,–<br />

(Ö1- oder Wagner-Card)


© Gerald von Foris<br />

Buchtipp:<br />

Dieses Buch<br />

sollte auch<br />

Gabalier lesen.<br />

Robert Prosser:<br />

Gemma Habibi<br />

Ullstein Verlag, 224 S.,<br />

€ 22,70<br />

Buchpräsentation:<br />

Gemma Habibi<br />

Mit Robert Prosser<br />

Moderation: Markus Köhle<br />

Mi., 30. Oktober 2019, 19:30 Uhr<br />

Wagner’sche Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: € 9,– / € 7,–<br />

(Wagner-Card)<br />

Robert Prosser<br />

36<br />

Wagner’sche.<br />

Was fasziniert dich an der Boxwelt?<br />

Ich mache seit einigen Jahren Kampfsport<br />

und dachte mir von Beginn an, dass<br />

die Szene viel Stoff hergibt. Charaktere,<br />

Schicksale, Geschichten. Es war eine<br />

Herausforderung, eine Sprache zu finden,<br />

die es schafft, die üblichen Klischees zu<br />

durchbrechen.<br />

Welche Klischees gibt es denn?<br />

Dass Boxer primitiv wären, Brutalos, dass<br />

im Boxen nur eine übertriebene Männlichkeit<br />

ausgelebt wird. Ich habe es spannend<br />

gefunden, nach Wegen zu suchen, die diese<br />

Stereotypen aushebeln.<br />

Haben deine KollegInnen im Boxclub<br />

dein Buch gelesen?<br />

Einige sind gerade mittendrin. Die Figur,<br />

auf dem Simon (der Trainer im Buch –<br />

Anm. d. Red.) basiert, wird seither unter<br />

seinen Kollegen mit dem Namen des<br />

Romancharakters angesprochen. Von<br />

anderen werden die Details unter die Lupe<br />

genommen. Der Unparteiische wird im<br />

Robert<br />

Prosser<br />

Robert Prossers<br />

neuer Roman haut<br />

rein: Durch die<br />

Boxwelt erfahren<br />

wir nicht nur<br />

vieles von der<br />

Flüchtlingskrise<br />

2015, sondern<br />

auch von uns selbst<br />

– die Backpackergeneration<br />

bekommt<br />

einen Spiegel<br />

vorgesetzt. Von<br />

Ágnes Czingulszki<br />

Boxen zum Beispiel nicht als Schieds-,<br />

sondern nur Ringrichter bezeichnet. Um<br />

nicht immer eine Wortwiederholung zu<br />

haben, schreibe ich aber gelegentlich<br />

Schiedsrichter. Das fällt Kennern auf, denn<br />

es ist technisch gesehen nicht ganz sauber.<br />

Nach Graffiti und Boxen – beides<br />

Aktivitäten, die du auch selbst<br />

ausgeübt hast: Sind nun alle<br />

Freizeitaktivitäten in Literatur<br />

verarbeitet?<br />

Das sind keine Freizeitaktivitäten, das<br />

waren jeweils sehr elementare, wichtige<br />

Erfahrungen, niemals bloße Hobbys.<br />

Beides sind Aktivitäten an der<br />

Grenze zur Illegalität …<br />

Graffiti schon, aber Boxen: Das ist wieder<br />

ein Klischee. Es stimmt, dass es eine Zeit<br />

im Profiboxen gegeben hat, in dem der<br />

Sport ins Rotlichtmilieu abgerutscht ist,<br />

aber olympisches Boxen ist enorm pflichtbewusst,<br />

im Grunde erschreckend brav.<br />

Wenn du erfolgreich sein willst, ist das<br />

mit einem sehr ordentlichen, ja asketischen<br />

Leben verbunden. Keine Drogen, kein<br />

Alkohol, keine Partys, kein Fastfood usw.<br />

Da ja die Nationalratswahl naht –<br />

welcher Person öffentlichen Interesses<br />

würdest du dein Buch empfehlen?<br />

Weil Lesen immer eine gute Idee ist und<br />

man sowieso nie genug lesen kann: allen.<br />

Ist dein Buch dafür geeignet, dass<br />

man mit Klischees aufräumt?<br />

Ich denke ja. Es ist mir ein Anliegen, mit<br />

„Gemma Habibi“ aus einer linken Sichtweise<br />

über Gewalt und Körperlichkeit zu<br />

schreiben. Da fällt mir ein: Gabalier sollte<br />

dieses Buch lesen. Er ist ein gutes Beispiel<br />

dafür, wie der junge, männliche Körper<br />

inszeniert und mit einer rechten Ideologie<br />

konnotiert wird. Dagegen muss man etwas<br />

unternehmen. Linke Positionen tun sich oft<br />

sehr schwer mit Körperlichkeit und Gewalt,<br />

klar, aber es gibt eine positive Gewalt, wie<br />

im Boxen etwa. Das Besondere ist, dass<br />

Boxen eine vollkommen unnatürliche Art<br />

von Gewalt darstellt. Du gehst in den Ring<br />

und hast Angst vor dem Gegner, er kommt<br />

auf dich zu und dein erster Reflex ist, dich<br />

umzudrehen und abzuhauen. Du musst<br />

dich mit Angst, mit Aggression, mit Wut<br />

auseinandersetzen und lernen, mit diesen<br />

Emotionen im Ring richtig umzugehen.<br />

Wieso hast du so viele Reisen – der<br />

Hauptdarsteller reist nach Syrien und<br />

Ghana – eingebaut?<br />

Das ist eine Art Metakonflikt, der im<br />

Buch stattfindet. Die Konfrontation mit<br />

Fremden, mit den verschiedenen Formen<br />

von Freiheit. Wir, die wir hier aufgewachsen<br />

sind, haben die Möglichkeit, überall<br />

hinzugehen. Uns steht die Welt in einer<br />

kaum vorstellbaren Weise offen. Und in<br />

der Ferne oder hier in Österreich triffst du<br />

Leute, die diese Freiheiten nicht haben, die<br />

im Asylverfahren oder äußerst prekären<br />

Verhältnissen feststecken und zum Warten<br />

verdammt sind.<br />

Und wie kommst du weiter<br />

mit neuen Projekten?<br />

Im Frühjahr 2020 kommt ein Essayband.<br />

Ausgehend von „Gemma Habibi“ führe<br />

ich die Recherche weiter, eine literarische<br />

Reportage mit dem Fokus auf die Auswirkungen<br />

des Syrien-Krieges auf Lesbos<br />

und im Libanon. Danach werde ich die Idee<br />

für den nächsten Roman ausbauen. Soviel<br />

kann ich verraten: Es geht um Dichtung<br />

und Affen.<br />

Gibt es eine Frage, die du noch<br />

nie gestellt bekommen hast, aber<br />

unbedingt beantworten willst?<br />

(denkt nach) Was ich nie gefragt bekomme,<br />

ist, ob es eine direkte Verbindung zwischen<br />

Boxen und Literatur gibt. Ich finde Boxen<br />

ist eine Metapher für sehr vieles: den<br />

Kampf gegen einen übermächtigen Gegner,<br />

für Fluchtschicksale oder die Literatur.<br />

Das Schreiben funktioniert wie ein Boxkampf.<br />

Einzelne Kombinationen, die<br />

Bewegungen, die Rhythmik, das alles kann<br />

man auf den Text umlegen. Oder die Disziplin,<br />

die man als Boxer braucht. Als Autor<br />

oder Autorin kann man sich davon etliches<br />

abschauen.<br />

Robert Prosser: „Einer der heißesten Aktien des<br />

Literaturmarktes“ wurde Prosser schon genannt.<br />

Geboren 1983 in Alpbach, lebt er heute ebendort<br />

und in Wien. Er studierte Komparatistik und Sozialanthropologie<br />

– „Gemma Habibi“ ist sein dritter<br />

Roman und erschien kürzlich bei Ullstein. Die Liste<br />

seiner Auszeichnungen, Stipendien und Longlistplätze<br />

würden hier den Rahmen sprengen – also nur<br />

so viel: Es gibt sie, und zwar zahlreich.


© Gianmaria Gava<br />

Wo sind wir hier eigentlich?<br />

Österreich im Gespräch<br />

Eine Veranstaltung mit Heide Schmidt, Stefan Apfl<br />

und Verena Ringler im Rahmen der „BUCH WIEN on Tour“.<br />

Bücher seit 1639<br />

Heide Schmidt<br />

39<br />

„Wo sind wir hier eigentlich?“ – das war die<br />

Auftaktfrage für ein publizistisches Experiment<br />

des Monatsmagazins DATUM. Aus<br />

Anlass des 15-jährigen Bestehens setzten<br />

die Magazinmacher mit dem Buch „Österreich<br />

im Gespräch“ einen Diskurs über<br />

den Zustand unseres Landes in Gang. 51<br />

Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Forschung sowie Medien<br />

und Kunst kamen im Laufe eines Tages zusammen,<br />

um über die Idee Österreich, über<br />

Herkunft und Zukunft des Landes zu sprechen.<br />

Ein Stammtisch, an dem Gegensätze<br />

aufeinandertrafen, diskutiert und manchmal<br />

sogar vereint wurden.<br />

Dieses „größte Stammtischgespräch<br />

Österreichs“ liegt nun verdichtet als Buch<br />

vor. Es ist Ausgangspunkt für eine breite<br />

Diskursserie in ganz Österreich, welche<br />

DATUM gemeinsam mit dem Brandstätter<br />

Verlag und der BUCH WIEN on Tour in<br />

den kommenden Monaten durchführt.<br />

Das Ziel ist es, möglichst viele Menschen<br />

mit ihren unterschiedlichen Standpunkten,<br />

Kompetenzen und Erfahrungen in Dialog<br />

zu bringen. Denn: Eine funktionierende<br />

Demokratie zeichnet sich vor allem durch<br />

ihre Diskursfähigkeit aus.<br />

Die Traditionsbuchhandlung Wagner’-<br />

sche wird dabei Schauplatz einer spannenden<br />

Weiterführung dieses Gesprächs.<br />

Zu Gast beim Event am 31.10. sind die<br />

ehemalige Politikerin Heide Schmidt, die<br />

Politikwissenschaftlerin Verena Ringler<br />

und der Chefredakteur von DATUM,<br />

Stefan Apfl.<br />

Im gemeinsamen Gespräch schildern sie<br />

ihre Einblicke aus Politik und Journalismus.<br />

Ein Versuch der Positionsbestimmung<br />

Österreichs, um gemeinsam die Frage zu<br />

beantworten: Wo sind wir hier eigentlich?<br />

Die Politikwissenschaftlerin Verena<br />

Ringler entwickelt und berät unter dem<br />

Namen „European Commons“ innovative<br />

Projekte rund um die Zukunft des vereinten<br />

Europas. Nach ihrem Ausscheiden aus der<br />

FPÖ 1993 gründete Heide Schmidt das<br />

Liberale Forum, zog sich 2008 aber völlig<br />

aus der Politik zurück. Heute engagiert sie<br />

sich im sozialen und demokratiepolitischen<br />

Bereich.<br />

Mit Beiträgen von: Florian Aigner, Luna<br />

Al-Mousli, Madeleine Alizadeh, Niko Alm,<br />

Hannes Androsch, Ednan Aslan, Barbara<br />

Blaha, Cecily Corti, Barbara Coudenhove-Kalergi,<br />

Gregor Demblin, Wolfgang<br />

Eder, Paul Chaim Eisenberg, Marc Elsberg,<br />

Heinz Fischer, Erhard Grossnigg, Kenan<br />

Güngör, Felix Hafner, Xenia Hausner, Gregor<br />

Henckel von Donnersmarck, Markus<br />

Hengstschläger, Lisz Hirn, Lilli Hollein,<br />

Martina Hörmer, Harald Katzmair, Florian<br />

Klenk, Wilhelm Klinger, Clemens Lahner,<br />

Peter Lammerhuber, Konrad Liessmann,<br />

Bernd Marin, Nuno Maulide, Kasia<br />

Matt-Uszynska, Peter Mitterbauer, Adele<br />

Neuhauser, Willi Resetarits, Verena Ringler,<br />

Anneliese Rohrer, Andreas Salcher, Florian<br />

Scheuba, Heide Schmidt, Elfie Semotan,<br />

Deborah Sengl, Danielle Spera, Johannes<br />

Stangl,Terezija Stoisits, Matthias Strolz,<br />

Barbara Treiber, Andreas Treichl, Andreas<br />

Vitásek, Armin Wolf, Alexander Wrabetz<br />

und <strong>No</strong>rbert Zimmerman.<br />

DATUM ist Österreichs einziges Monatsmagazin für<br />

Politik und Gesellschaft. Das unabhängige Magazin,<br />

das seit seiner Gründung 2004 mit zahlreichen<br />

Preisen ausgezeichnet wurde, gilt als eine der ersten<br />

Adressen für die Ausbildung junger Journalistinnen<br />

und Journalisten.<br />

Mit der „BUCH WIEN on Tour“ kommt Österreichs<br />

größtes Buchfestival erstmals in die Bundesländer,<br />

und das bereits vor dem offiziellen Messestart. Veranstaltungen<br />

in Lieblingsbuchhandlungen in ganz<br />

Österreich machen Lust auf die BUCH WIEN, die<br />

heuer von 6.–10. <strong>No</strong>vember über 500 heimische<br />

Publikumslieblinge und internationale StarautorInnen<br />

zu Gast hat.<br />

Alle Infos:<br />

www.buchwien.at/ontour<br />

BUCH WIEN 19: 6.–10. <strong>No</strong>vember 2019<br />

480 Veranstaltungen – 40 Locations<br />

Buchtipp:<br />

Stefan Apfl, Sebastian Loudon,<br />

Alexander Zach:<br />

Wo sind wir hier eigentlich?<br />

Österreich im Gespräch<br />

Brandstätter Verlag, 176 S.,<br />

€ 22,–<br />

Veranstaltungstipp:<br />

Wo sind wir hier eigentlich?<br />

Österreich im Gespräch<br />

Heide Schmidt<br />

& Verena Ringler<br />

Moderation: Stefan Apfl<br />

(DATUM) im Rahmen der<br />

„BUCH WIEN on Tour“<br />

Do., 31. Oktober 2019,<br />

19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: frei


© Chris Laine<br />

Das Ende<br />

der Welt<br />

scheint<br />

immer nur<br />

ein paar<br />

Schritte<br />

entfernt.<br />

Hans Platzgumer<br />

40 Wagner’sche.<br />

Sie sprechen von „Willkommen in<br />

meiner Wirklichkeit“ als einem<br />

kleinen Buch …<br />

Ja, mir gefällt diese Vorstellung, dass es<br />

sich im Vergleich zu meinen Romanen um<br />

ein kleines Biachl handelt.<br />

Ein kleines Biachl über eines der<br />

ganz großen Themen. Es geht um die<br />

Wirklichkeit, um die Art und Weise,<br />

wie wir das, was wir Wirklichkeit<br />

nennen, wahrnehmen.<br />

Das stimmt, wenn man es so sieht, ist es ein<br />

sehr großes, ein gewichtiges Thema. Aber<br />

mir war es wichtig, dass der Text leichtfüßig<br />

bleibt. Ich schreibe über das, was ich als<br />

Augenzeuge miterlebt habe, das, was mich<br />

bewegt hat. Daraus versuche ich Schlüsse<br />

zu ziehen, ich füttere die Theorie mit Erfahrung<br />

und die Erfahrung mit Theorie.<br />

Was hat Sie an der Thematik<br />

interessiert?<br />

Einerseits mag das an diesem Midlife-<br />

Zustand liegen, in dem ich jetzt, wo ich<br />

50 werde, nun einmal bin. Das Schreiben<br />

des Buches war sicher auch ein bisschen Bestandsaufnahme<br />

und Standortbestimmung.<br />

Der wichtigere Auslöser war aber die<br />

Beobachtung, dass die Gesellschaft in den<br />

vergangenen Jahren immer apokalyptischer<br />

wurde. Wenn man mit Menschen spricht,<br />

wird man mit einer durch und durch negativen<br />

Weltsicht konfrontiert. Ganz so, als<br />

wäre das Leben hoffnungslos und alles im<br />

Eimer. Spätestens seit der Weltwirtschaftskrise<br />

2007/08 scheint das Ende der Welt<br />

immer nur ein paar Schritte entfernt. Dieser<br />

Aussichtslosigkeit wollte ich durchaus schöne<br />

Aussichten entgegenstellen.<br />

Globale und persönliche Krisen<br />

blenden Sie aber nicht aus. Das<br />

Buch beginnt mit der Ermordung<br />

von John Lennon, später geht<br />

es nach Tschernobyl und in die<br />

Katastrophengebiete der Gegenwart.<br />

Es geht mir ja nicht darum, etwas schön zu<br />

reden. Natürlich gibt es Elend und Leid.<br />

Aber ich möchte zeigen, dass es keinen Sinn<br />

ergibt, davor ohnmächtig zu kapitulieren.<br />

Darin liegt die Kraft, dass nichts einfach<br />

so ist, sondern dass man Dinge auch verändern<br />

kann. Als ich das Buch Anfang<br />

des Jahres beendete, waren Klimaschutz<br />

und Umweltschutz ein Randthema. Jetzt,<br />

Hans<br />

Platzgumer<br />

Hans Platzgumer<br />

wird 50. In seinem<br />

neuen Buch „Willkommen<br />

in meiner<br />

Wirklichkeit!“<br />

Blickt er zurück<br />

und hoffnungsvoll<br />

nach vorn.<br />

Im Gespräch erklärt<br />

er, warum Kapitulation<br />

vor den<br />

Krisen der Welt<br />

keine Alternative<br />

ist.<br />

wo es erscheint, behauptet sogar die FPÖ,<br />

die außer Fremdenfeindlichkeit bislang<br />

keine Themen hatte, sie sei die einzig wahre<br />

Klimapartei.<br />

Aus Kalkül.<br />

Aus Kalkül. Aber es zeigt auch, dass das<br />

Nichtthema schnell zum bestimmenden<br />

Thema werden kann. Darin liegt eine<br />

Chance. Wenn man sich in der Negativität<br />

eingerichtet hat und sich aufs Schwarzmalen<br />

beschränkt, verengt sich die Wahrnehmung<br />

der Wirklichkeit. Vor einem<br />

halben Jahr sah die Welt in Österreich ganz<br />

anders aus als jetzt. Und es ist nicht ausgemacht,<br />

dass es in einem halben Jahr ganz<br />

anders ausschaut als heute.<br />

Ihr erster Roman „Weiss“ erschien<br />

vor gut zehn Jahren. Davor machten<br />

Sie sich als Musiker einen Namen.<br />

Es war ein fließender Übergang vom<br />

Musiker zum Autor. Als ich mit 17 Jahren<br />

professioneller Musiker wurde, haben mich<br />

Musiker nicht wirklich interessiert. Musik<br />

war für mich ein Mittel, etwas zu erzeugen,<br />

eine Stimmung zum Beispiel. Oder ich wollte<br />

etwas ausdrücken, Widerstand, Zorn,<br />

Euphorie. Echte Musiker, also solche, die<br />

Musik als Beruf oder Berufung verstanden,<br />

habe ich mit jugendlichem Übermut für<br />

komplett uninteressant gehalten. Ich war ja<br />

immer ein schlechter Über. Wenn ich Tonleitern<br />

geübt habe, hab ich spätestens nach<br />

zehn Minuten einen Ton entdeckt, der mich<br />

viel mehr interessiert hat als das Üben.<br />

Und wann wurde der Musiker, der<br />

keiner sein wollte, zum Schriftsteller?<br />

Vor Schriftstellern hatte ich immer großen<br />

Respekt. Lange habe ich es nicht gewagt,<br />

mich selbst als Autor zu bezeichnen. Das<br />

hätte ich überheblich gefunden. Schreiben<br />

ist für mich eine Möglichkeit, der Vergewisserung,<br />

eine Übung in Genauigkeit.<br />

Ich versuche möglichst bewusst zu leben<br />

und zu erleben. Nichts soll einfach an mir<br />

vorbei rauschen, weil sich überall Stoff für<br />

einen Text, für einen Roman findet.<br />

Hans Platzgumer, geb. 1969 in Innsbruck, wohnhaft<br />

in Bregenz und Wien, wo er als Autor und Komponist<br />

tätig ist. Schreibt Romane, Essays, Theatermusiken<br />

und Hörspiele. In den 90er-Jahren wurde<br />

Hans Platzgumer für einen Grammy nominiert und<br />

trat auch unter dem Namen H.P.Zinker auf. Seit<br />

Beginn des neuen Jahrtausends verlagerte er den<br />

Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens hin zur<br />

literarischen Arbeit. 2016 stand sein Roman „Am<br />

Rand“ auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.<br />

Zuletzt erschienen: „Drei Sekunden Jetzt“ (Roman,<br />

2018), „Holst Gate“ (CD/LP, 2018)<br />

Buchtipp:<br />

Hans Platzgumer:<br />

Willkommen in meiner<br />

Wirklichkeit!<br />

Milena Verlag Verlag, 170 S.,<br />

€ 22,–<br />

Buchpräsentation:<br />

Willkommen in meiner<br />

Wirklichkeit!<br />

Mit Hans Platzgumer<br />

Moderation: Joachim Leitner<br />

Mi., 20. <strong>No</strong>vember 2019,<br />

19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: € 9,– / € 7,–<br />

(Ö1- oder Wagner-Card)


© Privat<br />

Jeder geht<br />

so tief in die<br />

Geschichte,<br />

wie er will.<br />

Olivia Mae<br />

Bücher seit 1639<br />

Mit der Fantasy-Reihe „Requia“<br />

und dem dazugehörigen Online-<br />

Sammelkarten RPG haben du und<br />

dein Mann 2015 ein riesiges Projekt<br />

gestartet, da steckt unheimlich viel<br />

Arbeit dahinter – wie vereinst du<br />

das mit Familie und Job?<br />

Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung.<br />

Wenn man etwas wirklich gerne macht,<br />

dann spürt man kaum, wie die Zeit verfliegt.<br />

Bis vor zwei Jahren war ich ausschließlich<br />

Autorin, aber ich merke schon,<br />

dass dieses Zweigleisig-Fahren an die Substanz<br />

geht, vor allem, da mein Mann meine<br />

Hilfe mit den Texten, den Quests und dem<br />

Weltaufbau für „Requia Online“ braucht.<br />

Das Spiel steht ganz kurz vor der internen<br />

Beta, weshalb ich „Requia“ Band vier auf<br />

Frühjahr 2020 verschoben habe, um meinen<br />

Mann zu unterstützen.<br />

„Requia“ umfasst schon jetzt eine<br />

gewaltige Welt. Den Planeten<br />

Aurelis, der von Krieg zerfressen<br />

wird. Die Erde, wo Yana erfährt, dass<br />

Olivia<br />

Mae<br />

Die Autorin<br />

gewährt uns einen<br />

Blick hinter die<br />

Kulissen ihrer<br />

gewaltigen<br />

Fantasy-Reihe<br />

„Requia“. Das<br />

Gespräch führte<br />

Klaudia Grünfelder.<br />

43<br />

sie eine Prinzessin ist und auf Aurelis<br />

ihren Platz einnehmen soll. Da steckt<br />

viel dahinter – weißt du denn schon,<br />

wie viele Bände es werden?<br />

Staffel eins wird sechs Bände haben. Der<br />

Weg dorthin ist mir noch nicht ganz klar,<br />

weil ich eine intuitive Autorin bin, das<br />

heißt, ich plotte generell nicht. Im Moment<br />

kenne ich auch nur das Ende von<br />

Staffel eins, welche mit sechs Bänden abgeschlossen<br />

sein wird. Staffel zwei kommt<br />

auf jeden Fall und wird ebenfalls sechs<br />

Bände umfassen. Das sollte uns die nächsten<br />

drei Jahre begleiten, und dann 2025 –<br />

hoffentlich bin ich dann noch gesund und<br />

uns geht’s allen gut – schauen wir weiter.<br />

Für dich steht Originalität klar im<br />

Vordergrund, und auch, dass du<br />

dir selbst treu bleibst. Schreibt man<br />

als AutorIn für sich selbst oder für<br />

das Publikum?<br />

Viele Leser sagen, sie lesen nicht, damit sie<br />

an die Realität erinnert werden. Manche<br />

Leser tauchen tiefer in die Geschichte ein,<br />

lesen intensiver als andere, die vielleicht<br />

auch nur Aurelis als Welt fasziniert. Jeder<br />

geht so tief in die Geschichte, wie er will.<br />

„Requia“ ist z. B. ganz stark an den Zweiten<br />

Weltkrieg angelehnt. Aber man hat<br />

keine Verpflichtung, so tief in die Materie<br />

einzutauchen. Die einzige Herausforderung<br />

ist der Einstieg in die Reihe. Man muss<br />

akzeptieren, dass man erst mal gar nichts<br />

versteht. Als Leser beginnst du „Requia“<br />

wie ein blinder Reisender, der sich langsam<br />

durch die Geschichte tastet. Diese Verwirrung<br />

wollte ich, weil ich möchte, dass<br />

der Leser mitdenkt. Heutzutage wird so oft<br />

vorausgesetzt, dass jeder immer alles sofort<br />

versteht. Wo bleibt denn da die Challenge<br />

beim Lesen?<br />

Als Self-Publisher hast du alle<br />

Freiheiten, was die Gestaltung deiner<br />

Bücher angeht, du musst dich dafür<br />

aber selbst um die Vermarktung<br />

kümmern. Möchtest du in Zukunft zu<br />

einem Verlag wechseln oder ist Self-<br />

Publishing das Richtige für dich?<br />

„Requia“ bei einem großen Verlag unterzubringen<br />

ist beinahe unmöglich, da „Requia<br />

Online“ dranhängt. Die Welt, die Karte<br />

und Figuren sind dieselben. Wenn ich die<br />

Reihe an einen Verlag verkaufen würde,<br />

könnte er sagen, dass sich Bücher ab 16<br />

Jahren besser verkaufen als Bücher ab 18.<br />

Das Konzept und einige Szenen müssten<br />

abgeändert werden und dann wäre „Requia“<br />

nicht mehr „Requia“. Es wird nie<br />

mainstream werden, auch wenn ich hoffe,<br />

dass es irgendwann eine breitere Leserschaft<br />

erreicht und aus dem großen Pot ein paar<br />

Macht das für dich eine gute<br />

Geschichte aus? Wenn sie<br />

Herausforderungen für die<br />

LeserInnen bietet?<br />

Natürlich ist das eine subjektive Antwort.<br />

Ich mag Bücher, bei denen man sagt, ‚Hirn<br />

an, Konzentration!‘. Emotionen gehören<br />

rein in ein gutes Buch; man sollte weinen<br />

und lachen können oder über einen Charakter<br />

den Kopf schütteln. Einfach lesen,<br />

eintauchen und akzeptieren.<br />

Olivia Mae wuchs im Süden Österreichs auf und<br />

brachte bereits mit 16 ihre erste Fantasy-Reihe zu<br />

Papier. Seither hat sie nie mehr mit dem Schreiben<br />

aufgehört. 2015 begann ihr Mann das Online<br />

Sammelkarten RPG ‚Requia Online‘ zu entwickeln<br />

– Olivia erschuf die Welt, die Quests und die<br />

Figuren. Hauptberuflich ist sie als Lehrerin tätig<br />

und unterstützt die Leidenschaft ihrer Tochter beim<br />

Eiskunstlauf.<br />

Buchtipp:<br />

Olivia Mae:<br />

Requia III – Offenbarung<br />

Denise Greil Verlag, 630 S.,<br />

€ 19,90<br />

Buchpräsentation:<br />

Requia III – Offenbarung<br />

Mit Olivia Mae<br />

Moderation:<br />

Klaudia Grünfelder<br />

Do., 14. <strong>No</strong>vember 2019,<br />

19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Freie Platzwahl<br />

Eintritt: € 9,– / € 7,–<br />

(Ö1- oder Wagner-Card)


© Annette Pohnert / Carl Hanser Verlag<br />

Buchtipp:<br />

Raoul Schrott:<br />

Eine Geschichte des Windes<br />

Hanser Verlag, 324 S.,<br />

€ 26,80<br />

Occasione<br />

ist auch die<br />

Göttin der<br />

Poesie.<br />

Raoul Schrott<br />

44<br />

Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Ganz der Zeit verschrieben, in der der<br />

neue Roman „Eine Geschichte des Windes“<br />

spielt, nämlich zu Beginn des 16. Jahrhunderts,<br />

legt Raoul Schrott es auch sprachlich<br />

an. Und schreibt einen mitreisenden<br />

Abenteuerroman der auch historisch fundiert<br />

ist. Denn er hat entdeckt, dass Hannes aus<br />

Aachen nicht nur mit Magelan unterwegs<br />

war, sondern auch auf zwei anderen Soldlisten<br />

zu finden ist.<br />

Wann und wie hast du von Hannes<br />

aus Aachen erfahren?<br />

Vor drei Jahren, als mir ein Filmemacher<br />

den Vorschlag machte, zum 500-jährigen<br />

Jubiläum von Magellans Abreise – mit dem<br />

unsere Globalisierung eigentlich beginnt –<br />

eine Art Roadmovie zu drehen, Magellans<br />

Route nach, die Orte und Beschreibungen<br />

von damals mit heute vergleichend … um<br />

bereits bei der ersten Recherche darauf zu<br />

stoßen, dass daran auch ein Österreicher<br />

und zwei Deutsche beteiligt waren.<br />

Raoul<br />

Schrott<br />

Mit gekonnt<br />

barockem Duktus<br />

nimmt uns Raoul<br />

Schrott mit ins<br />

16. Jahrhundert<br />

und auf abenteuerliche<br />

Schiffsreisen.<br />

Ein Gespräch<br />

mit Robert Renk.<br />

45<br />

Hannes aus Aachen hat also<br />

tatsächlich gelebt?<br />

Ja, ihn hat es gegeben – obwohl man von<br />

ihm einzig und allein noch weiß, was die<br />

Verzeichnisse der Buchhalter und Abschlussberichte<br />

der Expeditionen über ihn<br />

hergeben: nämlich den Vornamen seiner<br />

Mutter – Sofia –, die spanische Schreibung<br />

des Namen seines Vaters – Juan<br />

Panhulo – und dass er auf den ersten drei<br />

Weltumsegelungen anheuerte. Was ihn<br />

zum allerersten Menschen machte, der die<br />

Welt zweimal umrundete. Um dann – trotz<br />

dieser Himmelsfahrtskommandos – zur<br />

dritten aufzubrechen. Was brachte ihn<br />

wohl dazu? Die Frage habe ich versucht<br />

zu beantworten. Wobei die jeweiligen<br />

Expeditionsberichte die Chronik der Ereignisse<br />

vorgeben, an denen er beteiligt<br />

war – und deren Verlauf ich folge –, aber<br />

nichts über ihn als Individuum oder gar als<br />

Mensch sagen. Weshalb ich ihn dem Vergessen<br />

entreißen wollte. Denn diejenigen,<br />

welche alle diese Missionen erst ermöglicht<br />

und durchgeführt haben, das waren die<br />

armen Hunde im Schiffsbauch, die nicht<br />

einmal genug zu essen oder warme Kleidung<br />

hatten, weniger die Kapitäne in ihren<br />

Kajüten und die ebenso intriganten wie<br />

unfähigen Offiziere.<br />

Im Buch lernen wir aber auch zwei<br />

andere Figuren kennen, Hans aus<br />

Mebritz und den Georg. Was wissen<br />

wir über die?<br />

Nur, dass sie Kanoniere waren. Und dass<br />

der Hans – wie der Hannes aus Aachen –<br />

ebenfalls zu der Handvoll Weltumrunder<br />

gehörte, die von den 250 Mann Megallans<br />

nach drei Jahren zurückkamen: wobei er<br />

jedoch – anders als der Hannes – von den<br />

Portugiesen auf der anderen Hälfte der<br />

Welt gefangen genommen wurde und dann<br />

im Kerker von Lisssabon starb. Und dass<br />

‚Georg de Estric‘ wohl aus Österreich gestammt<br />

haben muss. Was das erste Rätsel<br />

war, das es zumindest erzählerisch zu lösen<br />

galt: nämlich, was bringt Kanoniere aus<br />

Österreich und Deutschland auf spanische<br />

Schiffe? Eine Antwort darauf ist die Kunst<br />

des Büchsenmachens – und Kaiser Maximilian<br />

in Innsbruck, der das neueste Rüstzeug<br />

wohl seinem Enkel Karl schenken wollte,<br />

der nun ja spanischer Kaiser geworden<br />

war und Magellans Expedition entsandte.<br />

Auffallend am neuen Roman ist<br />

vor allem die gekonnt konsequente<br />

Sprachanpassung an die damalige<br />

Zeit. Gab es dafür literarische<br />

Vorbilder? Hat es Spaß gemacht,<br />

diesen Sprachduktus zu zelebrieren?<br />

Die Sprache war sofort da – zum einen<br />

konnte ich mir den Hannes aus Aachen, der<br />

blauäugig loszieht, um die Welt zu erfahren,<br />

zwischen unabdingbarem Gehorsam, freier<br />

Abenteuerlust und nie zu überwindender<br />

Armut (er hatte ja nie seine Heuer ausbezahlt<br />

bekommen) nur als Schelm vorstellen.<br />

Und Schelmenromane, die habe ich,<br />

als ich so alt wie der Hannes war, verschlungen:<br />

den Lazarillo, den Guzman von<br />

Alfarache, Gil Blas oder den Simplicius.<br />

Das Ende des Romans überrascht.<br />

Irgendwie denkt man sich, trotz aller<br />

Entbehrungen und Enttäuschungen,<br />

die Hannes hatte mitmachen müssen:<br />

Wenn ich damals gelebt hätte, wäre<br />

dieses Leben nicht das Schlechteste<br />

gewesen. Ging es dir auch so?<br />

Ohne vorher auf das Ende des Romans<br />

gestoßen zu sein, hätte ich ihn wohl nie<br />

geschrieben. Das Buch darauf hinauslaufen<br />

zu lassen – alle drei Weltumsegelungen samt<br />

allen Erfahrungen des Hannes, die ganze<br />

Geschichte des Windes – gab letztlich den<br />

Bogen vor. Wobei alles an den Fakten wahr<br />

ist – so auch das Ende: Das verrate ich dem<br />

Leser gerne. Und ja, hätte man so leben<br />

müssen, dann unter der Ägide von Hannes’<br />

Göttin der Gelegenheit, die auf dem Wind<br />

geschritten kommt, die Haare lang übers<br />

Gesicht, damit man sie nicht sieht, wenn<br />

sie kommt – und die nicht daran zurückhalten<br />

kann, wenn sie vorbei ist. Denn<br />

diese Occasione: Sie ist auch die Göttin<br />

der Poesie – und des eigenen Lebens. Für<br />

mich jedenfalls ist sie das immer schon<br />

gewesen.<br />

Raoul Schrott, geboren 1964, erhielt zahlreiche<br />

Auszeichnungen, u. a. den Peter-Huchel- und den<br />

Joseph-Breitbach-Preis. Bei Hanser erschienen zuletzt<br />

u. a. der Gedichtband „Die Kunst an nichts<br />

zu glauben“ (2015) sowie „Erste Erde Epos“ (2016),<br />

„Politiken & Ideen“ (Essays, 2018). Raoul Schrott<br />

arbeitet außerdem mit Unterstützung der Bundeskulturstiftung<br />

am Projekt „Atlas der Sternenhimmel“,<br />

das im Herbst 2022 veröffentlicht wird.<br />

Buchpräsentation:<br />

Eine Geschichte des Windes<br />

Mit Raoul Schrott<br />

Moderation: Martin Sailer<br />

Di., 26. <strong>No</strong>vember 2019, 20 Uhr<br />

ORF – Studio 3<br />

Rennweg 14, 6020 Innsbruck<br />

Eintritt frei mit Voranmeldung<br />

im ORF


© Frank Suffert<br />

Mich fasziniert<br />

der Gedanke,<br />

dass unsere<br />

Stärken auch<br />

unsere Schwächen<br />

sein können.<br />

Buchtipp:<br />

Jan-Philipp Sendker:<br />

Gedächtnis des Herzens<br />

Blessing Verlag, 336 S.,<br />

€ 22,70<br />

Jan-Philipp Sendker<br />

46 Wagner’sche.<br />

„Alle Geschichten handeln von der Liebe“,<br />

ist eine der vielen Lebensweisheiten von<br />

U Ba, dem Onkel des kleinen Bo Bo, der die<br />

Fähigkeit hat, die Gefühle der Menschen in<br />

ihren Augen zu lesen. In „Das Gedächtnis<br />

des Herzens“, das zum überwiegenden Teil<br />

in Burma spielt, überwindet die Liebe auch<br />

(kulturelle) Grenzen.<br />

Jan-Philipp Sendker, „Das<br />

Gedächtnis des Herzens“ ist Ihr<br />

bereits dritter Roman, der in Burma<br />

spielt. Was fasziniert Sie so sehr an<br />

diesem Land?<br />

Das verstehen Sie natürlich am besten,<br />

wenn Sie meine drei Romane lesen … Ich<br />

bin 1995 zum ersten Mal dort gewesen, aus<br />

Gründen, die ich erst viel später verstanden<br />

habe, und war sofort überwältigt. Es war<br />

in sehr Vielem ganz anders als jedes Land,<br />

das ich zuvor bereist hatte. Burma war jahrzehntelang<br />

vom Rest der Welt weitgehend<br />

isoliert gewesen, und das spürte man<br />

noch sehr deutlich. Es gab praktisch keine<br />

Fernseher und Telefone, überhaupt keine<br />

Der deutsche<br />

Bestsellerautor<br />

ist im <strong>No</strong>vember<br />

zu Gast in der<br />

Wagner’schen.<br />

Vorab führte<br />

Verena Zankl mit<br />

ihm ein Gespräch<br />

über sein neues<br />

Buch „Das<br />

Gedächtnis des<br />

Herzens“.<br />

Computer und Handys, kaum Autos und<br />

Strom auch nicht immer. Die Menschen<br />

waren unglaublich freundlich, ohne Arg,<br />

hilfsbereit. Sie strahlten eine Ruhe, Gelassenheit,<br />

Bescheidenheit und auch Wärme<br />

aus, wie ich es zuvor nur selten erlebt hatte.<br />

Burma stand seit 1962 unter<br />

einer Militärherrschaft, die 2011<br />

einen zivilen Präsidenten als<br />

Staatsoberhaupt eingesetzt hat.<br />

Ihre Figuren bleiben davon nicht<br />

unberührt. Wie wichtig war es Ihnen,<br />

auch Politisches zu thematisieren?<br />

Sehr wichtig. Ich kann nicht drei Romane,<br />

tausend Seiten über ein Land schreiben,<br />

einen Zeitraum von 80 Jahren vergehen<br />

lassen, und dabei die gesellschaftlichen<br />

und politischen Veränderungen ignorieren.<br />

Dann würde ich ja Märchen verfassen.<br />

Sie spielen also eine Rolle, wenn auch eher<br />

im Hintergrund. Das Wichtigste in den<br />

Büchern sind aber die Figuren und ihre,<br />

nicht einfachen, Beziehungen zueinander.<br />

Jan-Philipp<br />

Sendker<br />

Wie in Ihren anderen Büchern<br />

kommen im Roman Figuren mit<br />

körperlichen Makeln vor, die diese<br />

aber nicht als solche empfinden und<br />

stattdessen besondere Fähigkeiten<br />

entwickeln. Auch Bo Bo hat eine<br />

Gabe. Was hat es damit auf sich?<br />

Mich fasziniert der Gedanke, dass unsere<br />

Stärken auch unsere Schwächen sein<br />

können – und umgekehrt. Ein Psychiater<br />

hat mir einmal von sogenannten „Inselbegabungen“<br />

erzählt. Menschen, die eine<br />

besonders ausgeprägte Fähigkeit besitzen.<br />

Und so ist es mit Bo Bo. Er kann die Gefühle<br />

von Menschen in deren Augen lesen.<br />

Bis zu einem gewissen Grad können wir<br />

das ja alle, manche besser, andere schlechter.<br />

Wenn uns ein tieftrauriger Mensch<br />

gegenübersteht, sehen wir das in seinen<br />

Augen. Bo Bo ist in dieser Hinsicht hochbegabt.<br />

Ihn kann man nicht belügen.<br />

Der Roman wird aus der Sicht<br />

eines Kindes erzählt – warum haben<br />

Sie diese Erzählperspektive gewählt?<br />

Welche Möglichkeiten hat Ihnen<br />

diese Wahl eröffnet?<br />

In den ersten beiden Romanen sind ja die<br />

Mutter Julia und Onkel U Ba die Erzähler.<br />

Für „Das Gedächtnis des Herzens“ wollte<br />

ich eine andere Perspektive, und ich liebe<br />

Bücher, die aus der Sicht eines Kindes oder<br />

Jugendlichen geschrieben wurden, wenn sie<br />

gut, also authentisch sind. Bo Bo ist zwölf<br />

Jahre alt, ein dankbares Alter, in dem die<br />

Kinder voller Neugierde auf die Welt sind.<br />

Auf der einen Seite ist er noch sehr kindlich<br />

in seiner Sicht auf die Dinge, andererseits<br />

besitzt er auch schon eine große Lebensklugheit.<br />

Darüber zu schreiben, hat mich<br />

sehr gereizt.<br />

Bo Bos Onkel U Ba ist Restaurator<br />

von Büchern, der Touristenführer<br />

Ko Aye Min versorgt die beiden vor<br />

allem mit europäischer Literatur, die<br />

sie untereinander tauschen. Welche<br />

Rolle spielt die Literatur im Leben<br />

der Figuren?<br />

Eine sehr, sehr wichtige, genauso wie in<br />

meinem. Ich habe immer gern und viel<br />

gelesen, Bücher waren wie selbstverständlich<br />

und immer da. In Burma habe ich aber<br />

gelernt, was für Schätze sie sein können.<br />

Wenn ein Land sich von der Welt abwendet,<br />

wie es Burma für drei Jahrzehnte getan hat,<br />

dann können Bücher wie Lebensadern sein<br />

oder wie Fenster oder Brücken zur Außenwelt.<br />

Erst in Burma habe ich verstanden,<br />

wie existenziell wichtig die Literatur in<br />

einem Leben sein kann.<br />

Bo Bo hat Angst, nach den Dingen zu<br />

fragen, weil er die Antworten scheut.<br />

Und so wartet er, bis die Geschichten<br />

von selbst zu ihm kommen. Wie ist<br />

das bei Ihnen und Ihren Romanen?<br />

Wo finden Sie Ihre Geschichten?<br />

In mir – und natürlich bei den vielen Recherchen<br />

in Burma. Oder sollte ich sagen:<br />

Die Geschichten finden mich?<br />

Jan-Philipp Sendker, geboren 1960 in Hamburg,<br />

1990–1995 Amerika- und 1995–1999 Asienkorrespondent<br />

des Stern. Seine Romantrilogien<br />

über China („Das Flüstern der Schatten“ 2007,<br />

„Drachenspiele“ 2009, „Am anderen Ende der<br />

Nacht“ 2016) und über Burma („Das Herzenhören“<br />

2002, „Herzenstimmen“ 2012, „Das Gedächtnis des<br />

Herzens“ 2019) wurden in 35 Sprachen übersetzt.<br />

Er lebt mit seiner Familie in Potsdam.<br />

Buchpräsentation:<br />

Gedächtnis des Herzens<br />

Mit Jan-Philipp Sendker<br />

Do., 28. <strong>No</strong>vember 2019,<br />

19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: 9,– / 7,–<br />

(Ö1- oder Wagner-Card)


© www.fotowerk.at<br />

Meine Figuren<br />

verfolgen mich bis<br />

in den Schlaf.<br />

Buchtipp:<br />

Bernhard Aichner:<br />

Der Fund<br />

btb Verlag, 352 S.,<br />

€ 20,60<br />

Buchpräsentation:<br />

Der Fund<br />

Mit Bernhard Aichner<br />

Di., 3. Dezember 2019, 19:30 Uhr<br />

Wagner’sche<br />

Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: 9,– / 7,–<br />

(Ö1- oder Wagner-Card)<br />

Bernhard Aichner<br />

48 Wagner’sche.<br />

Dass die zwei sich treffen, ist an sich nichts<br />

Außergewöhnliches, denn sie sind gute<br />

Freunde, beide hochgewachsen, Brüder im<br />

Geiste, beide Schriftsteller, beide glücklich<br />

verheiratet, beide haben zwei Töchter im<br />

fast gleichen Alter, einen älteren Sohn, einen<br />

Hund, und sie tauschen sich ständig aus,<br />

telefonieren, whatsappen, mailen … Für das<br />

Wagner’sche Magazin haben wir die zwei<br />

allerdings zu etwas Neuem eingeladen:<br />

Hier interviewt Thomas Bernhard.<br />

Wie schön, mit dir beisammen zu<br />

sitzen, Großer! Du, wir sollten<br />

plaudern, aber nicht wie sonst,<br />

sondern es muss auch gedruckt<br />

werden können. Ist dir das recht?<br />

Klingt spannend.<br />

Na, dann sag doch gleich:<br />

War dir deine Heldin, eine<br />

Supermarktverkäuferin, in „Der<br />

Fund“ wirklich so unsympathisch?<br />

Hast du sie deshalb gleich zu Beginn<br />

ermordet? Und trotzdem schaffst du<br />

Bernhard<br />

Aichner<br />

Thomas Raab<br />

erhielt den 1. Österreichischen<br />

Krimipreis.<br />

Verliehen<br />

während des<br />

Tiroler Krimi Fests.<br />

Das wiederum<br />

hat Bernhard<br />

Aichner gegründet,<br />

der im Herbst seinen<br />

neuen Thriller<br />

veröffentlicht.<br />

es, bis zur letzten Seite die Spannung<br />

zu halten – wie gelingt dir das?<br />

Rita Dalek findet in einem Bananenkarton<br />

12 kg Kokain. Sie nimmt ihren Fund mit<br />

nach Hause und unterschreibt damit ihr<br />

Todesurteil. Trotzdem brennt diese Frau,<br />

die Hoffnung auf ein besseres Leben treibt<br />

sie an. Man bangt mit ihr, drückt ihr die<br />

Daumen und wird immer wieder von ihr<br />

überrascht. Sogar ich während des Schreibens.<br />

Eine Wahnsinnsfrauenfigur. Ich bin<br />

verliebt.<br />

In eine Tote! Na gratuliere!<br />

Dann sag mir doch gleich: Welche<br />

Beziehung pflegst du denn mit<br />

deiner Supermarktverkäuferin Rita?<br />

Träumst du von ihr?<br />

Stimmt schon, ja. Meine Figuren verfolgen<br />

mich bis in den Schlaf. Da geht es manchmal<br />

richtig wild zu. Wie wild, das willst du<br />

nicht wissen …<br />

Eine Supernacktverkäuferin also!<br />

Darüber reden wir bitte nach dem<br />

Interview. Und dein Ghostwriter?<br />

Wie heißt der? Das leuchtet mir<br />

nämlich überhaupt nicht ein, wie<br />

jemand so eifrig schreiben kann, und<br />

dann ist kein Schmarrn dabei. Liest<br />

du die Manuskripte deiner Frau<br />

überhaupt noch oder tippext du gleich<br />

deinen Namen drüber und schickst sie<br />

als Liebesromane oder Broll-Krimis<br />

weiter, während du Theaterstücke,<br />

Drehbücher schreibst?<br />

Das Schreiben ist nach der Liebe das<br />

Schönste für mich. Ich kann gar nicht anders,<br />

wenn ich stillstehe, werde ich unglücklich.<br />

Da geht es mir wohl ähnlich wie dir.<br />

Und ich darf mich dabei auch mit meinen<br />

Ängsten und dunklen Seiten beschäftigen.<br />

Das macht mich am Ende im wirklichen<br />

Leben zum flauschigen Weichei.<br />

Und deshalb trägst du bei deinen<br />

Lesungen immer diese Kuschelpullis?<br />

Stimmt’s? Wieviel hast du davon?<br />

Welche Marke? Ich will die auch!<br />

Kaschmir. Ich hab da mittlerweile wirklich<br />

ein gutes Händchen dafür. Lass uns mal<br />

ordentlich shoppen gehen, Schatz.<br />

Und wie viel „Lass mich Dein<br />

Kaschmir spüren“-Liebesbriefe hast<br />

du nach Lesungen schon bekommen,<br />

die du deiner Frau nicht zeigst?<br />

Das hält sich erstaunlicherweise in Grenzen.<br />

Was mich natürlich wundert, wenn<br />

ich von dir immer höre, wieviel Anträge<br />

du wöchentlich bekommst.<br />

Nicht An-, sondern Aufträge, mein<br />

Lieber, Arbeitsaufträge von genau<br />

3 Frauen: Meiner großen und meinen<br />

zwei kleinen (8 & 12). Wie ist das<br />

bei dir? Guter Hausmann? Was sind<br />

deine fixen Jobs daheim, und was<br />

kannst du gar nicht?<br />

Kinder liebhaben. Frau sowieso. Geschirrspüler<br />

ein und aus. Kochen: Abteilung<br />

Hausmannskost. Löcher in die Wand bohren.<br />

Buchhaltung. UND: Ich liebe Bügeln.<br />

(Das war gelogen.)<br />

Und wie ist das mit Essen? Stopfst<br />

du in Stressphasen viel in dich hinein?<br />

Bananen?<br />

Italienische Salami, Oliven, Parmesan,<br />

eingelegte Artischocken, eingelegte Tomaten,<br />

Grissini – am Schreibtisch schaut<br />

es aus wie in einer italienischen Trattoria.<br />

ODER Gummibärchen, 70 %-Schoko und<br />

Kokoskekse, weil du weißt ja: Ich bin ein<br />

Süßer. Such dir eine Antwort aus. Das mit<br />

dem Süßen ist vielleicht besser …<br />

Ich nehm beides (lacht). Und was<br />

machst du dann zum Ausgleich?<br />

Und jetzt sag nicht, mit dem Hund<br />

spazieren gehn, die Antwort zählt erst<br />

in 15 Jahren!<br />

Hund. Sex. Sauna. Täglich. Das mit der<br />

Sauna, meine ich.<br />

Jeden Tag Sauna! Ok, da wird<br />

dann jeder Mann ein Weichei.<br />

Und wenn dir Menschen ständig<br />

sagen, du seist sowieso der Größte,<br />

und es wäre unglaublich, was du noch<br />

nebenbei mit dem Krimifest für die<br />

Branche leistest, zündest du dann vor<br />

deinem Berni-Altar ein Lichtlein an<br />

und huldigst deiner, oder gibt es den<br />

gar nicht? Kurz: Wie ist das mit dem<br />

Stolz?<br />

Altar gibt es keinen. Aber stolz bin ich<br />

schon. Mit 14 hab ich mir in einem kleinen<br />

Osttiroler Dorf ausgemalt, dass ich<br />

irgendwann mal ein erfolgreicher Autor<br />

sein werde. Niemand außer meiner Frau<br />

und meinen Verlegern hat daran geglaubt.<br />

Und dann: Bin ich Mitte 40 und lese in der<br />

Times, dass ich großartige Bücher schreibe.<br />

Das ist schon absolut verrückt. Und<br />

wunderschön. Meinen Leserinnen und<br />

Lesern sei Dank!!!<br />

Was für ein treffender, wunderbarer<br />

Schlusssatz, Berni. Danke auch Dir. Und<br />

jetzt lass uns richtig plaudern. Hast du<br />

schon gehört, der …


Von Stille, Bienen und Psychopathen<br />

<strong>No</strong>rwegen ist diesjähriges Gastland bei der<br />

Frankfurter Buchmesse. Von Robert Renk<br />

Nils Petter Molvar trötet – gedämpft und<br />

elegant reduziert – aus meiner Stereoanlage<br />

und ich beschäftige mich in dieser langen<br />

Nacht kurz mit der Literatur <strong>No</strong>rwegens.<br />

Und die ist vielfältig, trotz der Tatsache, dass<br />

<strong>No</strong>rwegisch nur von knapp über 5 Millionen<br />

Menschen gesprochen wird. Das hängt auch<br />

vom besonderen Förderungsprogramm für<br />

Literatur und Buchwesen ab, das sich das<br />

fünftreichste Land der Erde leistet. Es wird<br />

zum Beispiel keine Mehrwertsteuer auf Bücher<br />

erhoben. Zudem wird jede literarische<br />

Publikation vom Staat angekauft und zwar<br />

gleich 1000 Mal! Das ist – selbst im deutschsprachigen<br />

Raum – bald mal eine ganze<br />

erste Auflage, da können Verlage gleich ganz<br />

anders kalkulieren. Auch Übersetzungen<br />

werden gut gefördert, was dazu geführt hat,<br />

dass sich Literatur aus <strong>No</strong>rwegen in den<br />

letzten 10 Jahren stärker entwickeln<br />

konnte, als solche aus anderen vergleichsweise<br />

„kleinen“ Sprachen.<br />

Der literarische Shootingstar, der den<br />

Erfolg dieses Systems bestätigt, heißt<br />

wohl Maja Lunde. Mit ihren anschaulichen<br />

Romanen über die Auswirkungen<br />

des Bienensterbens oder das Versiegen<br />

der Ressource Wasser hat sie bei uns ein<br />

Millionenpublikum erreicht. Schon beim<br />

Schreiben ihres ersten Romans plante<br />

Lunde vier Bücher zum Thema Umwelt,<br />

eine Art Klima-Quartett. Nun erscheint bei<br />

btb mit „Die letzten ihrer Art“ der dritten<br />

Band. Darin schreibt Lunde – in bewährter<br />

Art – über drei Familien, drei Jahrhunderte<br />

und über Mensch und Tier und das Tier<br />

im Menschen. Vom St. Petersburg der<br />

© mikita karasiou/unsplash<br />

Zarenzeit über das Deutschland des Zweiten<br />

Weltkriegs bis in ein <strong>No</strong>rwegen der<br />

nahen Zukunft erzählt Maja Lunde über<br />

den alles entscheidenden Kampf gegen das<br />

Aussterben der Arten, u. a. vom Schicksal<br />

einer seltenen Pferderasse. Ein bewegender<br />

Roman über Freiheit und Verantwortung,<br />

die große Gemeinschaft der Lebewesen<br />

und die alles entscheidende Frage: Reicht<br />

ein Menschenleben, um die Welt für alle zu<br />

verändern?<br />

Verändert hat sich das Leben von Karl<br />

Ove Knausgård auf jeden Fall, als er anfing,<br />

das seine öffentlich auszubreiten. Mit<br />

dem Werk „Min Kamp“ – das Luchterhand<br />

geflissentlich nicht wortwörtlich übersetzt<br />

hat – erschrieb er sich eine weltweite<br />

Fangemeinde. Natürlich erschrieb er sich<br />

– durch seine radikale Ehrlichkeit – auch so<br />

manchen Feind, selbst Familienmitglieder<br />

versuchten zu klagen. Unter anderem<br />

damit setzt sich Knausgård im letzten und<br />

sechsten Band „Kämpfen“ auseinander.<br />

Aber auch mit Adolf Hitlers Kindheit oder<br />

mit Thomas Bernhard, den Knausgård<br />

bewundert. 2010 gründete er übrigens mit<br />

den ersten Einnahmen aus seinem Min<br />

Kamp-Zyklus den kleinen Pelikan-Verlag,<br />

in dem er unter anderem Bücher von Christian<br />

Kracht, Angelika Klüssendorf und<br />

Peter Handke auf <strong>No</strong>rwegisch ediert.<br />

Wer ist der verkaufsstärkste<br />

Autor?<br />

Der gegenwärtig verkaufsstärkste norwegische<br />

Schriftsteller heißt aber nicht<br />

Knausgård. Auch nicht Anne B. Ragde, die<br />

in ihrer Heimat zu den beliebtesten AutorInnen<br />

gehört und sich hierzulande vor<br />

allem durch ihre „Lügenhausserie“ einen<br />

Namen machte. Es ist auch nicht Jo Nesbø,<br />

obwohl Nesbø sicher zu den weltweit<br />

bekanntesten norwegischen Autoren gehört<br />

und der erfolgreichste Krimiexport seiner<br />

Heimat ist. Er schreibt harte Kriminalromane<br />

und vergnügliche Kinderbücher<br />

und seine Gesamtauflage beträgt sagenhafte<br />

20 Millionen Bücher, die in fast 50 Sprachen<br />

übersetzt wurden. Mit dem kettenrauchenden<br />

Alkoholiker Harry Hole hat er<br />

eine Krimifigur geschaffen, die es sich als<br />

Dauergast auf allen Bestenlisten schön eingerichtet<br />

hat und auch verfilmt wurde (2017<br />

mit Michael Fassbender in der Hauptrolle).<br />

In „Messer“ meint es Nesbø nicht gut mit<br />

seinem Schützling. Frau weg, Job weg, da<br />

hilft nur noch Alkohol. Aber als Harry<br />

Hole nach durchzechter Nacht aufwacht,<br />

fehlt ihm jegliche Erinnerung, was blöd ist,<br />

da seine Kleidung blutdurchtränkt ist. Da<br />

kommt ihm Svein Finne, der nach 20 Jahren<br />

aus dem Gefängnis entlassen wird, gerade<br />

recht. Der Serienvergewaltiger legt gleich<br />

wieder los und Harry heftet sich an seine<br />

Fersen bis zum großen Showdown. Nesbø<br />

at his best.<br />

Von Kargheit und<br />

Entbehrung…<br />

Einer der Fleißigsten, Roy Jacobsen – der<br />

immerhin an die 25 Bücher veröffentlicht<br />

hat –, ist es ebenso nicht. Sein nun auf<br />

Deutsch erschienener Roman „Die Unsichtbaren“<br />

ist in <strong>No</strong>rwegen schon ein Klassiker.<br />

Endlich kann man die von Kargheit und<br />

Entbehrung geprägte Lebensgeschichte der<br />

Ingrid Marie Barrøy lesen, die auf einer<br />

Insel in <strong>No</strong>rwegen heute vor 100 Jahren<br />

ihren Ausgang nimmt und bis in die unmittelbare<br />

Nachkriegszeit hinein erzählt<br />

wird. „Die Unsichtbaren“ feiert packend<br />

und ergreifend eine starke Frau, an deren<br />

Strand der 2. Weltkrieg einen russischen<br />

Kriegsgefangenen spült, in den sie sich<br />

verliebt.<br />

Ähnlich karg geht es im neuen Buch von<br />

Jon Fosse zu. Vor dem Hintergrund der<br />

norwegischen Landschaft, dem Meer, den<br />

Fjorden, erzählt Fosse in diesen ersten beiden<br />

Teilen seines siebenteiligen Opus mag-<br />

num auf geradezu betörende Weise von den<br />

existentiellen Fragen des Lebens. Von Liebe<br />

und Einsamkeit, Leben und Tod, von Licht<br />

und Schatten, Glaube und Hoffnungslosigkeit<br />

– und vom Wesen der Kunst. Alles<br />

ist immer da, nichts ist vergangen, also<br />

fließen Vergangenheit und Gegenwart in<br />

eins. Dabei spielt Fosse mit dem romantischen<br />

Motiv des Doppelgängers, wenn er<br />

den Maler Asle beschreibt, der seit dem<br />

Tod seiner Frau in einem kleinen Ort an<br />

der Südwestküste <strong>No</strong>rwegens lebt. Er will<br />

nicht mehr malen, was er sieht, sondern will<br />

hinter das Gegenständliche schauen. Zur<br />

Stadt hat er nur noch Kontakt über seinen<br />

Galeristen Beyer. Dort lebt auch noch ein<br />

anderer Asle, ebenfalls Maler. Der aber<br />

ist vereinsamt und dem Alkohol verfallen.<br />

Zwei Versionen eines Lebens. Dass beide<br />

einander in der Weihnachtszeit treffen, ist<br />

ein Glanzpunkt des Romans.<br />

Jon Fosse wurde 1959 in der Küstenstadt<br />

Haugesund geboren und ist Dramatiker<br />

und Romancier. Für sein Prosawerk „Trilogie“<br />

bekam er 2015 den Literaturpreis des<br />

<strong>No</strong>rdischen Rates verliehen, den renommiertesten<br />

Literaturpreis Skandinaviens.<br />

International bekannt wurde er durch seine<br />

mehr als dreißig Theaterstücke. Seit 2011<br />

genießt er lebenslanges Wohnrecht in der<br />

„Grotte“, einer Ehrenwohnung des norwegischen<br />

Königs am Osloer Schlosspark.<br />

Mitunter lebt er aber auch in Hainburg an<br />

der Donau!<br />

Dort lässt es sich gut wandern, wenn<br />

auch die Landschaft üppiger ist. Das<br />

Karge, das Verlangsamen, das Entdecken<br />

durch Geschwindigkeitsreduktion in<br />

unserem Leben, das ist – meines Erachtens<br />

– die Stärke norwegischer Literatur. Gut<br />

nachlesbar auch in den Büchern von Tomas<br />

Espedal – der sich auch theoretisch sehr fein<br />

mit Kunst auseinandersetzt – oder Erling<br />

Kagge. Letzterer ist an sich recht abenteuerlustig,<br />

war er doch der erste Mensch, der<br />

die drei magischen Punkte Mount Everest,<br />

<strong>No</strong>rd- und Südpol erreicht hat. Auf den<br />

Expeditionen hatte er wohl genügend Zeit,<br />

sich mit den Begriffen der Stille und des<br />

Gehens auseinanderzusetzen. Beiden hat<br />

er großartige philosophische und dennoch<br />

gegen den Strich gebürstete Romanessays<br />

gewidmet.<br />

Etwas aus der „norwegischen“ Art<br />

schlägt der epische Roman „Max, Mischa<br />

und die Tet-Offensive“ von Johan Harstad.<br />

Dieser über 1000-seitige Roman, der als gelungene<br />

„Great American <strong>No</strong>vel“ angelegt<br />

ist, führt über <strong>No</strong>rwegen in die USA und<br />

in den Dschungel Vietnams. Die Tet-Offensive,<br />

also jene mehrmonatige des Vietcong<br />

gegen Südvietnamesen und Amerikaner<br />

im Jahr 1968, die mit deren Gegenaktionen<br />

den Vietnam-Krieg unfassbar grausam und<br />

verheerend werden ließ, hat im Roman eine<br />

vielfältige Funktion. Die wird aber nicht<br />

verraten. Nach vielen, vielen Seiten reduziert<br />

sich alles auf die scheinbar einfache,<br />

dennoch zuweilen schwer zu stellende Frage<br />

zwischen Max und Mischa: „Kann ich zu<br />

dir rüberkommen“?<br />

Auch mein persönlicher Liebling Dag<br />

Solstad ist nicht typisch norwegisch. Zwar<br />

ebenfalls seelenruhig, dennoch verschroben<br />

und witzig. Seine Bücher, wie „Elfter<br />

Roman, achtzehntes Buch“ oder „T. Singer“<br />

erscheinen im wohlfeinen Schweizer<br />

Dörlemann Verlag.<br />

Aber wer ist nun der norwegische<br />

Literaturkönig? Wer hat im Land, in dem<br />

durchschnittlich 218 Bücher pro Haushalt<br />

stehen und das laut PISA-Studie – nach<br />

Litauen – am meisten liest, literarisch die<br />

Nase vorn? Wer hat es geschafft, im Land,<br />

das seinen Reichtum dem Erdöl zu verdanken<br />

hat (Platz 13) und das trotzdem,<br />

oder vielleicht deshalb die meisten Elektroautos<br />

pro Einwohner vorweisen kann (jede<br />

fünfte Neuzulassung!)?<br />

Es ist einer, der vor vielen Jahren ein<br />

Buch über philosophische Fragen für<br />

Jugendliche schreiben wollte. Das hat nun<br />

längst Eingang in den literarischen Kanon<br />

gefunden, weltweit über 60 Millionen Mal<br />

verkauft und erfolgreich verfilmt. Jeder<br />

kennt „Sophies Welt“ von Jostein Gaarder.<br />

Und natürlich gibt es auch von ihm zum<br />

Schwerpunkt der Frankfurter Messe einen<br />

feinen, kleinen neuen Roman „Genau<br />

richtig – Die kurze Geschichte einer<br />

langen Nacht“.<br />

Buchtipps:<br />

Dag Solstad:<br />

T.Singer<br />

Dörlemann Verlag, 286 S.,<br />

€ 22,60<br />

Anne B. Ragde:<br />

Das Lügenhaus<br />

btb Verlag, 336 S.,<br />

€ 10,30<br />

Maja Lunde:<br />

Die letzten ihrer Art<br />

btb Verlag, 640 S.,<br />

€ 22,70<br />

Jostein Gaarder:<br />

Genau Richtig<br />

Hanser Verlag, 125 S.,<br />

€ 16,50<br />

Erling Kagge:<br />

Stille<br />

Insel Verlag, 144 S.,<br />

€ 14,40<br />

Jon Fosse:<br />

Der andere Name<br />

Rowohlt Verlag, 480 S.,<br />

€ 30,90<br />

Jo Nesbo:<br />

M messer<br />

Ullstein Verlag, 575 S.,<br />

€ 24,70<br />

Tomas Espedal:<br />

Gehen<br />

Matthes & Seitz Verlag, 235 S.,<br />

€ 20,50


Innsbruck, wie es früher war.<br />

Innsbruck-Kalender 2020<br />

Gewinnen Sie ein IVB Jahresticket im Wert von € 360,-<br />

Die Bilder unseres heurigen Kalenders<br />

stammen wieder aus dem Besitz einer<br />

namentlich leider nicht bekannten Innsbrucker<br />

Bürgersfamilie, die in einer Villa<br />

im Saggen gelebt hat. Als das Gebäude vor<br />

wenigen Jahren ausgeräumt wurde, sind<br />

diese und noch eine weitere große Zahl an<br />

Aufnahmen auf den Markt gekommen.<br />

Über mehrere Hände wurden die Innsbruck<br />

betreffenden Glasplatten dem Stadtarchiv /<br />

Stadtmuseum Innsbruck angeboten.<br />

Auch hier dauerte es noch einige Zeit, bis<br />

die Platten digitalisiert werden konnten.<br />

Mit dem neuen Kalender der Wagner’schen<br />

Universitätsbuchhandlung hat nun jeder die<br />

Möglichkeit, diese Bilder Innsbrucks der<br />

Jahre 1910 bis 1920 zu bewundern.<br />

Lukas Morscher hat 27 ganz besondere<br />

Aufnahmen ausgewählt. Begleitet werden<br />

sie mit humorvollen, spannenden und interessanten<br />

Texten. 14-tägiges Kalendarium<br />

– exklusiv erhältlich in der Wagner’schen<br />

Buchhandlung.<br />

© Stadtarchiv Innsbruck<br />

Gewinnspiel:<br />

Innsbruck,<br />

wie es früher war<br />

Mit Texten von Lukas Morscher<br />

Ein Bild für Innsbruck-<br />

Kenner: Wo ist das?<br />

Ein Ort, an dem garantiert schon jeder<br />

Einwohner der Stadt viele Male war.<br />

Und – erkannt? Mitraten und gewinnen!<br />

Hier können Sie Ihr Innsbruck-Wissen<br />

unter Beweis stellen. Welches Gebäude ist<br />

auf dem oben abgebildeten Foto zu sehen?<br />

Gewinnen Sie folgende Preise:<br />

1. Preis: Ein IVB-Jahres-Ticket im<br />

Wert von € 360,-<br />

52 53<br />

Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Kalender<br />

2020<br />

2. Preis: Ein Büchergutschein der<br />

Wagner’schen Buchhandlung im Wert<br />

von € 100,-<br />

3. Preis: Ein Büchergutschein der<br />

Wagner’schen Buchhandlung im<br />

Wert von € 50,-<br />

Bitte senden Sie Ihre Antwort an<br />

office @ wagnersche.at —<br />

oder geben diese direkt in der<br />

Wagner’schen Buchhandlung ab.


© Privat<br />

Ein Buch zum Verlieben<br />

Die Touristikerin und Managerin Maria Sofia Kittler und<br />

die Künstlerin Bettina Egger haben sich gemeinsam aufgemacht<br />

und die Vision eines Innsbrucker Wimmelbuches<br />

in die Realität umgesetzt. Im Gespräch mit Markus Renk.<br />

das Innsbruck-Wimmelbuch<br />

Bettina Egger - Maria Kittler<br />

Umweltschutz<br />

ist das aktuellste<br />

Thema.<br />

Bettina Egger - Maria Kittler<br />

Innsbruck-Wimmelbuch<br />

DAS<br />

Buchtipp:<br />

Bettina Egger/Maria Kittler:<br />

Das Innsbruck-Wimmelbuch<br />

Verlag der Wagner’schen<br />

Universitätsbuchhandlung,<br />

16 S., € 16,95<br />

Maria Sofia Kittler<br />

Bücher seit 1639<br />

Wie kommt man eigentlich auf die<br />

Idee, ein Innsbrucker Wimmelbuch<br />

zu entwickeln?<br />

Kittler: Als Touristikerin bin ich täglich<br />

mit der Hürde der Kommunikation in<br />

Fremdsprachen konfrontiert, und es gibt<br />

eigentlich nur zwei Möglichkeiten international<br />

zu kommunizieren: mit Musik und<br />

mit Bildern. Daher fand ich erst einmal die<br />

Idee eines illustrierten Buches ohne Worte<br />

fantastisch.<br />

Weiters bin ich auch noch Mutter von<br />

drei Kindern. Die schönste Zeit mit meinen<br />

Kindern ist das „Zur-Ruhe-Kommen“<br />

am Abend vor dem Schlafengehen. Das<br />

Erklären von Denkmälern, Baustrukturen,<br />

verschiedenen Situationen, Objekten,<br />

Tieren u. v. m. wurde durch die vielen<br />

Wimmelbücher, die wir zu Hause haben,<br />

wesentlich erleichtert und bildlich für die<br />

Kinder verständlich gemacht. Die Wimmelbücher<br />

gehörten immer irgendwie zu meiner<br />

Familie dazu.<br />

Wie kam es zur Zusammenarbeit<br />

zwischen Ihnen beiden?<br />

Egger: Frau Kittler hat mich nach langen<br />

Jahren wieder kontaktiert, was mich sehr<br />

freute. Ich hatte sie als sehr unternehmungslustige<br />

Frau in Erinnerung. Bei unserem<br />

ersten Treffen brauchte sie nicht lange, um<br />

mich von der Idee eines Wimmelbuches<br />

über Innsbruck zu überzeugen. Frau Kittler<br />

schenkte mir viel Vertrauen und Freiheit<br />

bezüglich der Konzeption der Seiten und<br />

ihrer graphischen Ausführung – und das<br />

ist für eine Künstlerin besonders wichtig.<br />

Die Auswahl der verschiedenen, repräsentativen<br />

Plätze für das Buch legten wir<br />

gemeinsam fest.<br />

55<br />

Welche Ausbildung haben Sie<br />

gemacht und was machen Sie, wenn<br />

Sie nicht gerade am Innsbrucker<br />

Wimmelbuch arbeiten?<br />

Egger: Ich habe in Frankreich bildende<br />

Künste studiert und das Comic-Zeichnen<br />

gelernt. Gut zehn Jahre habe ich in Frankreich<br />

gelebt und dort auch (bisher) neun<br />

Comics in französischer Sprache veröffentlicht.<br />

Ich arbeite mit verschiedenen<br />

Verlagen zusammen und war auch beizeiten<br />

selbst als Verlegerin tätig, namhaft für ein<br />

Comic-Projekt rund um Frank Zappa.<br />

Vor vier Jahren bin ich dann für mein<br />

Doktoratsstudium an der Universität Salzburg<br />

wieder nach Österreich zurückgekehrt.<br />

Seit Abschluss meines Studiums lehre ich<br />

Comics an der Universität und bin natürlich<br />

weiterhin auch als Künstlerin tätig.<br />

Der Stil im „Innsbruck-Wimmelbuch“ ist<br />

aufgrund meiner Vorgeschichte stark vom<br />

Comic beeinflusst. Ich denke, dass das zwei<br />

recht artverwandte Medien sind.<br />

Das Innsbrucker Wimmelbuch<br />

ist das erste Cradle-to-Cradle-<br />

Kinderbuch eines Tiroler Verlages,<br />

das bedeutet, sämtliche Inhaltsstoffe<br />

der Druckprodukte wurden so<br />

optimiert, dass sie für Natur und<br />

Mensch völlig unbedenklich sind.<br />

Das gilt für das Papier genauso wie<br />

für die Druckfarben. Ein Cradleto-Cradle-Buch<br />

kann problemlos<br />

in den biologischen Kreislauf<br />

rückgeführt werden. Wie gefällt<br />

Ihnen an dieser Idee?<br />

Kittler: Der Umweltschutz ist das aktuellste<br />

Thema im Jahr 2019 und darf auf keinen<br />

Fall ignoriert werden. Die Möglichkeit,<br />

das Wimmelbuch in einer so umweltfreundlichen<br />

und nachhaltigen Produktion<br />

veröffentlichen zu dürfen, ist eine besondere<br />

Ehre, für die wir uns ganz herzlich bei der<br />

Wagner’schen bedanken möchten.<br />

Zwei Figuren ziehen sich durch das<br />

Buch und sind auf allen Zeichnungen<br />

zu finden – welche sind das?<br />

Kittler: Das Trachtenpärchen wird im Buch<br />

in verschiedenen Outfits (je nach Jahreszeit)<br />

präsentiert. Das schafft auch für die<br />

LeserInnen ein Suchspiel im Buch.<br />

Egger: Ein weiteres Element, das sich durch<br />

das Buch hindurchzieht, ist ein Hund mit<br />

Trachtenhut. Seine Besitzerin verliert ihn<br />

im ersten Doppelbild und findet ihn auf<br />

der letzten Seite wieder; dazwischen streunt<br />

er durch unterschiedliche Orte und sogar<br />

durch die Zeit – denn auch bei Kaiser Maximilian<br />

taucht er auf.<br />

Welches ist Ihr Lieblingsbild<br />

und welches Bild war für Sie am<br />

schwersten zu malen? Alle Bilder<br />

bestechen ja durch eine ungemein<br />

realistische Darstellung!<br />

Egger: Mein Lieblingsbild ist das mit Kaiser<br />

Maximilian – das war eine besondere<br />

Herausforderung und es waren recht viele<br />

Recherchen bezüglich Maximilian, damaliger<br />

Kleidung, Turnierwesen und verschiedenen<br />

historischen Persönlichkeiten<br />

notwendig. Meine Erfahrung als ehemalige<br />

Touristenführerin in Schloss Ambras half<br />

mir hier sehr viel. Es war mir sehr wichtig,<br />

dass das Bild bei allen darin enthaltenen<br />

Informationen lebendig wirkt und mit<br />

Witz ein wichtiges Stück von Innsbrucker<br />

Geschichte näherbringt. Rein technisch<br />

gesehen war dies aber nicht die schwierigste<br />

Seite. Besonders schwierig zu zeichnen war<br />

die Maria-Theresien-Straße, da sich die<br />

lange Perspektive von der Annasäule bis<br />

zum Goldenen Dachl nur schwer mit einer<br />

klassischen Darstellung à la Wimmelbuch<br />

vereinbaren lässt. Hier musste ich die Wirklichkeit<br />

etwas mehr zurechtbiegen, damit<br />

der Gesamteindruck gewahrt bleibt. Für<br />

alle Illustrationen habe ich Skizzen an Ort<br />

und Stelle gemacht und auch viel mit Fotodokumentation<br />

gearbeitet. Ich habe mich<br />

beispielsweise in den Hofgarten gesetzt und<br />

dort den SchachspielerInnen zugesehen<br />

und Skizzen von ihren Gesten und ihrem<br />

Ausdruck gemacht. Da das Buch in einem<br />

Jahreszyklus entstanden ist, konnte ich<br />

auch mit meinen Bildern den Jahreszeiten<br />

folgen. So entstand der Christkindlmarkt<br />

tatsächlich in der Adventszeit. Aus den verschiedenen<br />

Elementen, die ich an einem Ort<br />

beobachten konnte, komponiere ich dann<br />

ein Gesamtbild. Das ist natürlich nicht so<br />

realistisch wie ein Foto. Aber darum geht<br />

es auch nicht, denke ich. Für mich ist es<br />

wichtiger, einen Eindruck zu erwecken von<br />

einem gewissen Flair, von dem Innsbrucker<br />

Lebensgefühl und der Vielfalt der Stadt.<br />

Kittler: Mein Lieblingsbild ist ganz klar der<br />

Kaiser Max – Bild Nr. 7 – aufgrund seiner<br />

detail- und wahrheitsgetreuen Darstellungsweise.<br />

Maximilian I. wird hier als der letzte<br />

Ritter und der erste Kanonier gezeigt in<br />

einem fiktiven Turnier zwischen Burgund<br />

und Mailand.


Jung,<br />

aber<br />

oho!<br />

Bücher<br />

für<br />

Kinder<br />

und<br />

Jugend:<br />

Es ist schon ganz cool, wenn<br />

der beste Freund zum Bruder<br />

wird. Nia und Lukas kennen<br />

sich schon seit dem Kindergarten<br />

und nun haben sich<br />

Nias Papa und Lukas’ Mama<br />

ineinander verliebt. Aber nach<br />

der anfänglichen Begeisterung<br />

merken die Freunde sehr<br />

schnell, dass diese Geschwistersache<br />

gar nicht so einfach ist.<br />

„Als uns Einstein vom Himmel<br />

fiel“ erzählt eine wunderschöne<br />

Familien- und Freundschaftsgeschichte<br />

und dies auf eine<br />

mitreißende, warmherzige, originelle<br />

und urkomische Weise.<br />

Lena Walder<br />

Anna Pfeifer:<br />

Als uns Einstein vom Himmel fiel<br />

Hummelburg Verlag, 160 S., € 11,30<br />

Ab 9 Jahre<br />

Eine moderne „Westside –<br />

Story“! Herzzerreißend und<br />

vielschichtig. Izzy und Tristan<br />

– eine unglaublich schöne<br />

Liebesgeschichte. Die 16jährige<br />

Izzy muss mit ihren Eltern nach<br />

Brooklyn ziehen und davon<br />

ist sie nicht sehr begeistert.<br />

Umgeben von Machtkämpfen,<br />

Gangs und Gruppenzwang trifft<br />

Izzy auf die Liebe ihres Lebens.<br />

Doch als Marcus, der Anführer,<br />

Izzy als seine neue Freundin<br />

auserwählt, nimmt die Tragödie<br />

ihren Lauf. Perfekt für Fans von<br />

„Eleonor & Park“ und<br />

„The Hate U Give“. Lena Walder<br />

Shannon Dunlap:<br />

We will Fall<br />

Fischer Sauerländer Verlag, 368 S.,<br />

€ 17,50<br />

Ab 10 Jahre<br />

Eine Kluge, humorvolle und<br />

düstere Sammlung, höchst<br />

unterhaltsam erzählt. Der wohl<br />

bekannteste Erzähler Österreichs<br />

hat aus allen Bundesländern<br />

zeitlose und wunderbare<br />

Märchen und Sagen zusammengetragen.<br />

Mit schönen<br />

schwarz/weiß Illustrationen von<br />

Monika Maslowska werden die<br />

Geschichten eingeleitet. Eine<br />

Sammlung von märchenhaften<br />

Erzählungen, die Michael<br />

Köhlmeier sehr lebendig, voller<br />

Witz und Spannung wiedergibt.<br />

Eine Bereicherung für das<br />

Bücherregal, zum Selbstlesen<br />

und Vorlesen. Lena Walder<br />

Michael Köhlmeier:<br />

Das Sonntagskind<br />

Obelisk Verlag, 160 S., € 18,00<br />

Ab 10 Jahre<br />

Das preisgekrönte Broadway-Musical<br />

ist nun in deutscher<br />

Romanfassung erhältlich.<br />

Amüsant und einfühlsam<br />

skizziert Val Emmich das<br />

Leben von Mark Evan Hansen.<br />

Meh – seine Initialen sind im<br />

Englischen ein Ausdruck der<br />

Gleichgültigkeit. Demgemäß<br />

fristet der Siebzehnjährige ein<br />

Dasein der Unscheinbarkeit,<br />

bis zum unerwarteten Selbstmord<br />

eines Mitschülers. Dann<br />

verleihen ihm Wohlwollen und<br />

Lügen Flügel, die jederzeit<br />

gestutzt werden könnten. Mitreißend,<br />

zum Schmunzeln und<br />

zum Nachdenken! Jenni Zeller<br />

Val Emmich:<br />

Dear Evan Hansen<br />

cbj Verlag, 405 S., € 18,50<br />

Ab 14 Jahre<br />

Dieses Romandebüt bietet eine<br />

ganz besondere Leseerfahrung.<br />

Lena (14) trifft auf Georg (17)<br />

und beide könnten nicht unterschiedlicher<br />

sein. Lena ist ein<br />

beliebtes Mädchen aus einem<br />

idyllischen Dorf und Georg<br />

ist interessiert an Ornithologie<br />

und kommuniziert mit<br />

den Vögeln. Was sie verbindet,<br />

sind die Erwachsenen. Ein<br />

ganz besonderes Jugendbuch,<br />

welches Schmerz, Tod, Verlust<br />

und Trauer thematisiert. Diesen<br />

schweren Stoff verarbeitet<br />

Wirlinger aber mit sehr viel<br />

Behutsamkeit. Ein Juwel unter<br />

den Jugendbüchern! Lena Walder<br />

Hannes Wirlinger:<br />

Der Vogelschorsch<br />

Jacoby & Stuart Verlag, 304 S.,<br />

€ 18,50<br />

Ab 14 Jahre<br />

Ein unvergesslicher und aufwühlender<br />

Auftakt einer neuen<br />

Fantasy-Reihe, die perfekt für<br />

Leser von Leigh Bardugo ist.<br />

Stur, eine junge Magierin, ist<br />

Teil der Krähen-Kaste und<br />

diese leistet einen wichtigen,<br />

aber geschmähten Beitrag, denn<br />

sie kümmert sich um die Toten<br />

und Sterbenden. Eine halsbrecherische<br />

Geschichte von<br />

Katastrophen, Verrat, Akzeptanz,<br />

mehr Katastrophen und<br />

noch mehr Verrat. Unbedingt<br />

lesen! Lena Walder<br />

Margaret Owen:<br />

Die Knochendiebin<br />

Carlsen Verlag, 416 S., € 20,60<br />

Ab 14 Jahre<br />

56<br />

Wagner’sche.<br />

Greg glaubt es kaum, er – der<br />

langweilige Schüler – soll von<br />

einem alten Zwergenvolk abstammen,<br />

welches in einem<br />

Höhlensystem unterhalb von<br />

Chicago haust. Doch als sein<br />

Vater von einem Troll entführt<br />

wird und ein Krieg zwischen<br />

den Zwergen und den verfeindeten<br />

Elfen auszubrechen<br />

droht, muss Greg in die Gänge<br />

kommen. Und dann stellt sich<br />

auch noch heraus, dass sein<br />

bester Freund nicht der ist, für<br />

den er ihn gehalten hat! Der<br />

erste Band einer zum Brüllen<br />

komischen Trilogie. Perfekt<br />

für Leser von Rick Rhiordan!<br />

Lena Walder<br />

Chris Rylander:<br />

Die Legende von Greg<br />

Carlsen Verlag, 400 S., € 17,50<br />

Ab 12 Jahre<br />

Faye findet in Island einen<br />

verzauberten Baum, dem man<br />

nachsagt, er beherberge das<br />

Tor zur Elfenwelt. Doch der<br />

Baum stirbt langsam und Faye<br />

beschließt, ihn zu retten. Dieses<br />

Unterfangen ist jedoch schwieriger<br />

als erwartet. Ein tolles<br />

Jugendbuch vor der traumhaftschönen<br />

Kulisse Islands und mit<br />

vielen liebevoll ausgearbeiteten<br />

Charakteren. „Faye“ verzaubert<br />

junge Leser mit isländischem<br />

Charme und nordischer Mythologie!<br />

Ein Muss für alle Romantasy-Liebhaber!<br />

Lena Walder<br />

Katharina Herzog:<br />

Faye – Herz aus Licht und Lava<br />

Loewe Verlag, 400 S., € 19,50<br />

Ab 14 Jahre<br />

Albert hat keinen Plan, wo es<br />

mit ihm hingehen soll. Seine<br />

Eltern sagen, er solle studieren,<br />

seine Freundin findet<br />

muskulöse Maurer gut und<br />

laut dem BFI würde er einen<br />

guten Zupfinstrumenttechniker<br />

abgeben. Nichts davon interessiert<br />

ihn. Nach einer Wette<br />

um eine Rudermaschine und<br />

einem plötzlichen Todesfall in<br />

der Familie muss Albert sich<br />

mit der Wahl beeilen. Aber<br />

ob eine Lehrstelle als Schäfer<br />

das Richtige ist? Ein schräger<br />

und witziger Coming-of-Age-<br />

Roman. Maria Neumayr<br />

Tobias Steinfeld:<br />

Kein Plan<br />

Thienemann Verlag, 288 S., € 13,40<br />

Ab 13 Jahre<br />

Das erste Bilderbuch von Paul<br />

McCartney! In diesem herrlich<br />

illustrierten Buch reisen Opapa<br />

und seine vier Enkelkinder –<br />

„die Krawaffels“ – mit einem<br />

magischen Kompass und einem<br />

Stapel Postkarten durch die<br />

ganze Welt. Von Cowboys in<br />

einer Wüstenschlucht bis hin<br />

zum Gipfel eines Berges. Dabei<br />

erleben die Krawaffels aufregende<br />

und lustige Abenteuer.<br />

Ein Highlight für die ganze<br />

Familie und für Beatle-Fans!<br />

Illustriert von Kathryn Durst<br />

und übersetzt von Judith Holofernes.<br />

Lena Walder<br />

Paul McCartney:<br />

Opapi-Opapa<br />

annette betz Verlag, 40 S., € 15,40<br />

Ab 4 Jahre<br />

Findus hat Lust darauf, sich<br />

mit jemandem zu messen.<br />

Und wer außer Pettersson<br />

käme dazu in Frage? Ob<br />

springen, klettern oder Hühner<br />

erschrecken, Findus ist in allem<br />

der Beste. Aber kann es sein,<br />

dass es vielleicht doch etwas<br />

gibt, in dem Pettersson der<br />

Beste ist …? Das neueste<br />

Abenteuer von Pettersson<br />

und Findus zeigt, dass jeder<br />

andere Stärken und Schwächen<br />

hat – wie immer lustig und<br />

liebevoll illustriert! Maria Neumayr<br />

Sven <strong>No</strong>rdqvist:<br />

Schau mal, was ich kann, Pettersson!<br />

Oetinger Verlag, 28 S., € 13,40<br />

Ab 3 Jahre<br />

Das neue Buch des beliebten<br />

Kinder- und Jugendbuchautors<br />

Barry Jonsberg! Ich bin mittlerweile<br />

zu einem richtigen Fan<br />

geworden! Unser Protagonist,<br />

Rob Fitzgerald, ist verliebt.<br />

Doch Panikattacken und seine<br />

grenzenlose Schüchternheit<br />

machen ihm das Leben schwer.<br />

Da helfen auch die vielen<br />

Ratschläge seines Großvaters<br />

und von seinem besten Freund<br />

nicht. Doch neben der Herausforderung,<br />

das Herz seiner<br />

Angebeteten zu erobern, findet<br />

Rob etwas viel wichtigeres – sich<br />

selbst. Berührend, lustig und unglaublich<br />

inspirierend! Lena Walder<br />

Barry Jonsberg:<br />

Was so in mir steckt –<br />

Träume groß, habe Mut.<br />

cbj Verlag, 348 S., € 18,50<br />

Ab 14 Jahre


Alle* britischen<br />

SchriftstellerInnen<br />

sind gegen den Brexit<br />

7, die sich persönlich für den<br />

Brexit entschuldigt haben.<br />

Irland<br />

trotzdem<br />

grenzenlos<br />

7, die uns in jedem Fall<br />

erhalten bleiben.<br />

Schottland<br />

wehrt sich<br />

noch immer<br />

7, die wir für ihren<br />

Widerstand bewundern.<br />

3×7<br />

Best<br />

aber<br />

Seller:<br />

* mit Ausnahme<br />

von John Cleese.<br />

1<br />

2<br />

The<br />

3<br />

World<br />

4<br />

The<br />

5<br />

Harry<br />

6<br />

Blue<br />

Fatherland<br />

Robert Harris<br />

Random House UK Verlag, € 12,90<br />

Horse Dancer<br />

Jojo Moyes<br />

Hodder & Stoughton Verlag, € 11,50<br />

Without End<br />

Ken Follett<br />

Macmillan Verlag, € 11,50<br />

Buried Giant<br />

Kazuo Ishiguro<br />

Faber & Faber Verlag, € 10,30<br />

Potter and<br />

the Cursed Child<br />

Joanne K. Rowlin<br />

Little, Brown Book Group Verlag, € 12,90<br />

Moon – Jack Reacher 24<br />

Lee Child<br />

Random House UK Verlag, € 18,50<br />

1<br />

2<br />

Das<br />

3<br />

Wie<br />

4<br />

Gentleman<br />

5<br />

Punk<br />

6<br />

<strong>No</strong>ra<br />

Unendlichkeiten<br />

John Banville<br />

Kiepenheuer&Witsch Verlag, € 20,60<br />

dritte Licht<br />

Claire Keegan<br />

Unionsverlag, € 10,30<br />

spät ist es jetzt dort,<br />

wo du bist?<br />

Colum McCann<br />

Rowohlt Verlag, € 12,40<br />

auf Zeit<br />

Sebastian Barry<br />

Steidl Verlag, € 24,70<br />

is Dad<br />

Roddy Doyle<br />

Haffmans & Tolkemitt Verlag, € 21,95<br />

Webster<br />

Colm Tóibín<br />

dtv Verlag, € 13,30<br />

1<br />

2<br />

Süßer<br />

3<br />

Kill<br />

4<br />

Schwarzes<br />

5<br />

Ein<br />

6<br />

Trainspotting<br />

Über Liebe und Magie –<br />

I Put a Spell on You<br />

John Burnside<br />

Penguin Verlag, € 20,60<br />

Ernst<br />

A. L. Kennedy<br />

Hanser Verlag, € 28,80<br />

em all<br />

John Niven<br />

Heyne Hardcore Verlag, € 20,60<br />

Netz<br />

Val McDermid<br />

Droemer Knaur Verlag, € 10,30<br />

Haus voller Lügen<br />

Ian Rankin<br />

Goldmann Verlag, € 10,30<br />

Irving Welsh<br />

Heyne Verlag, € 10,30<br />

58<br />

Wagner’sche.<br />

7<br />

Juliet,<br />

Naked<br />

Nick Hornby<br />

Penguin UK Verlag, € 12,90<br />

7<br />

Ireland<br />

Is Changing Mother<br />

Rita Ann Higgins<br />

Bloodaxe Books Verlag, € 16,80<br />

7<br />

Independence<br />

Alasdair Gray<br />

Canongate Books Verlag, € 14,40


Mit<br />

den<br />

besten<br />

Empfehlungen:<br />

Angefangen hat alles mit einem<br />

Artikel über Google, doch der<br />

war längst wieder vergessen.<br />

Geblieben ist der Hashtag<br />

#killtherich, der weiter durch<br />

die sozialen Medien geistert.<br />

Weltweit. Die Auswirkungen<br />

bekamen jedoch alle zu spüren,<br />

Bolsonaro in Brasilien, Trump<br />

in den USA ebenso die EU<br />

und Indien. Lucas Fassnacht<br />

hat einen politischen Thriller<br />

geschrieben, der die aktuellen<br />

Zeitgeschehnisse gekonnt<br />

fiktionalisiert. Ein spannendes<br />

Debüt. Lena Kripahle-Wiek<br />

Lucas Fassnacht:<br />

#KillTheRich<br />

Blanvalet Verlag, 688 S., € 20,70<br />

Was ist komplizierter: die<br />

deutsche Sprache oder die<br />

Außerferner? Mit Humor entdeckt<br />

Ksenia Konrad bei beiden<br />

Interessantes. Konrad, die aus<br />

der Metropole Moskau in die<br />

Tiroler Provinz übersiedelte,<br />

arbeitet heute als Deutschtrainerin<br />

für MigrantInnen und<br />

hilft anderen dabei, Sprache als<br />

Schlüssel für die Tür zur neuen<br />

Heimat zu sehen. Ein Schlüssel,<br />

der gern mal stecken bleibt.<br />

Plusquamperfekt oder Minusquamperfekt?<br />

Und was heißt<br />

bitte gschnablig oder dempfig?<br />

Konrad aber hat den Dreh raus.<br />

Robert Renk<br />

Ksenia Konrad:<br />

Alles außer fern<br />

Haymon Verlag, 204 S., € 17,90<br />

Ein interessantes Potpourri an<br />

„Bergmenschen“ hat Michael<br />

Ruhland, Chefredakteur von<br />

Bergsteiger, in diesem Band versammelt.<br />

Dass man hier auf die<br />

alten Haudegen Reinhold Messner,<br />

Hans Kammerlander oder<br />

Gerlinde Kaltenbrunner trifft,<br />

war klar. Aber auch die Hörbuchstimme<br />

der Nation, Rufus<br />

Beck, ist wohl ein Bergmensch.<br />

33 Bergmenschen hat Ruhland<br />

getroffen und sehr persönliche<br />

Gespräche über ihre Bergsucht<br />

geführt. Unterhaltsame Interviews,<br />

bereichert durch außergewöhnliche<br />

Porträtfotos von<br />

Christoph Jorda. Robert Renk<br />

Michael Ruhland (Text)/<br />

Christoph Jorda (Fotos)<br />

BERGmenschen<br />

Frederking & Thaler Verlag,<br />

224 S., € 36,–<br />

Michel kehrt zurück in seine<br />

nordfranzösische Heimat, wo<br />

sich vor 40 Jahren eine Bergwerkskatastrophe<br />

ereignete:<br />

42 Kumpel starben hier 1974,<br />

darunter Joseph, Michels älterer<br />

Bruder. Er ist gekommen, um<br />

endlich Rache zu nehmen – an<br />

den Verantwortlichen, die nie<br />

zur Rechenschaft gezogen wurden.<br />

Dichten heißt in diesem<br />

Buch Gerichtstag halten. Chalandon<br />

tut dies mit empathischer<br />

Leidenschaft und kühler<br />

Reflexion zugleich: politisch<br />

engagiert, literarisch fesselnd.<br />

Bernhard Sandbichler<br />

Sorj Chalandon:<br />

Am Tag davor<br />

dtv Verlag, 320 S., € 23,70<br />

Der schottische Afrikaforscher<br />

David Livingstone hat eine<br />

Vision: Er will den Ursprung<br />

des Nils entdecken. Drei<br />

mehrjährige Reisen unternimmt<br />

er und stirbt schließlich<br />

1873 in Bangweulu. Seine 69<br />

Lastenträger und DienerInnen<br />

tragen seinen Leichnam quer<br />

durch Afrika bis in die 1.500<br />

Meilen entfernte Küstenstadt<br />

Bagamoyo. Diese Reise ist die<br />

abenteuerlichste, dauert 285<br />

Tage, kostet 10 Menschen das<br />

Leben und wird von Petina<br />

Gappah extrem kundig und<br />

fesselnd erzählt. Beeindruckend.<br />

Markus Köhle<br />

Petina Gappah:<br />

Aus der Dunkelheit strahlendes Licht<br />

S. Fischer Verlag, 432 S., € 24,–<br />

„Blackbird“ ist zum einen ein<br />

Roman über Sprache. Darüber,<br />

was es für einen 15jährigen in<br />

den 70ger-Jahren bedeutet, in<br />

einer Welt aufzuwachsen, in der<br />

die Erwachsenen zwar reden,<br />

aber dennoch kommunikationsunfähig<br />

sind. Die Worte passen<br />

nicht zum Geschehen. Die<br />

Scheidung der Eltern, nicht<br />

in Worte zu fassen. Wie soll<br />

Motte, der 15jährige, da erst<br />

eine Sprache finden, als sein<br />

Freund Bogi plötzlich sterbenskrank<br />

wird. Und als Jacquline<br />

Schmiedebach an ihm vorbeiradelt,<br />

fehlen ihm so und so die<br />

Worte. Sehr lesenswert!<br />

Robert Renk<br />

Matthias Brandt:<br />

Blackbird<br />

KiWi Verlag, 288 S., € 22,70<br />

60<br />

Wagner’sche.<br />

Als Paul Chaim Eisenberg<br />

Oberrabbiner war, schätzte man<br />

ihn für seinen menschlichen<br />

Humor und scharfen Witz. Jetzt<br />

ist Eisenberg Privatier und hat<br />

ein neues Buch, ja geradezu ein<br />

Handbuch vorgelegt. Allen, die<br />

mehr über das Denken eines<br />

am Talmud geschulten Rabbi<br />

wissen wollen, sei dieses Buch<br />

ans Herz gelegt. Eisenberg zeigt<br />

in zahlreichen kurzen Episoden,<br />

wie der Rabbi seinen Schutzbefohlenen<br />

zur Seite steht und<br />

dabei kommt – naturgemäß –<br />

der Humor nicht zu kurz. Auch<br />

Gottlose werden daran ihr<br />

Vergnügen finden. Michael Carli<br />

Paul Chaim Eisenberg:<br />

Das ABC vom Glück<br />

Brandstätter Verlag, 160 S., € 22,–<br />

Nach der Kränkung geht Haller<br />

einen gewaltigen Schritt weiter<br />

und befasst sich mit dem Bösen.<br />

Das tut er persönlich ja schon<br />

seit Jahren. Tagelang saß er<br />

im Gefängnis Schwerstverbrechern<br />

gegenüber: Sexualmörder<br />

und Serienkiller, Terroristen,<br />

Räuber und Kinderschänder,<br />

alte NS-Verbrecher und junge<br />

Amokläufer. Unterweger und<br />

Fuchs lassen grüßen. Dieses<br />

Buch leuchtet nicht nur die<br />

Abgründe des Bösen aus, sondern<br />

gibt neue Impulse für die<br />

gesellschaftliche Debatte über<br />

Verbrechen und Bestrafung.<br />

Robert Renk<br />

Reinhard Haller:<br />

Das Böse<br />

Ecowin Verlag, 232 S., € 24,–<br />

In seinem aktuellen Buch<br />

beschreibt Peter Wohlleben<br />

das zarte Sensorium, mit dem<br />

Bäume ihre Umwelt erfassen.<br />

Der gelernte Förster zitiert<br />

Studien zu Magnetfeldern in<br />

und um Bäumen, ihrem „Herzschlag“,<br />

und zeigt, wie Pflanzen<br />

auf Streicheln reagieren. Sein<br />

Buch „Das geheime Band“<br />

zeigt Parallelen zwischen den<br />

menschlichen Sinnen und dem<br />

Sensorium der Bäume. Fast wie<br />

ein Schamane versucht er die<br />

„Sprache der Bäume“ verstehen<br />

und zu übersetzen. Und sensibilisiert<br />

damit den Leser für sein<br />

eigenes Sensorium. Peter Schafferer<br />

Peter Wohlleben:<br />

Das Geheime Band<br />

Ludwig Verlag, 240 S., € 22,70<br />

Der Bienenhüter Nuri lebt<br />

im syrischen Aleppo. Durch<br />

einen Bombenanschlag wird<br />

sein Sohn Sami getötet, Nuris<br />

Ehefrau Afra erblindet. Das<br />

Ehepaar begibt sich auf eine<br />

gefährliche Flucht nach England.<br />

Die Trauer um ihren Sohn<br />

und die verlorene Heimat, der<br />

herzzerreißende Kampf um ihre<br />

Liebe und die schrecklichen<br />

Erlebnisse gehen tief unter die<br />

Haut. Zwischen den Zeilen<br />

rufen die Stimmen der vielen<br />

Flüchtlinge, welchen Christy<br />

Lefteri – in einem Lager für<br />

Geflüchtete – zugehört und<br />

geholfen hat. Isa Hörmann<br />

Christy Lefteri:<br />

Das Versprechen des Bienenhüters<br />

Limes Verlag, 352 S., € 20,60<br />

Dirk Stermann hat einen<br />

historischen Roman geschrieben.<br />

Schon sein letzter<br />

Roman war nicht wirklich<br />

lustig. „Der Hammer“, der über<br />

den Diplomaten und Orientalisten<br />

Freiherr Joseph von<br />

Hammer-Purgstall erzählt, ist<br />

fundiert, satt geschrieben und<br />

dennoch authentisch. Leicht<br />

ironisch angelegt, aber frei<br />

von jeder Willkommen-Österreich-Satire.<br />

Ja, er ist ein Stück<br />

Literatur der Orient-Okzident<br />

wieder verbindet. So wie es einst<br />

Joseph von Hammer-Purgstall<br />

tat, indem er 1001 Nacht übersetzte.<br />

Sehr empfehlenswert!<br />

Robert Renk<br />

Dirk Stermann:<br />

Der Hammer<br />

Rowohlt Verlag, 448 S., € 24,70<br />

Was in Beat-Büchern der<br />

Whiskey, ist in „Der Sprung“<br />

Limonade. Der traumatisierte<br />

Cop, die Superheldinnen zeichnende<br />

Teenagerin, der drahtige<br />

Fahrradbote – alle laben sich<br />

an Limonade, vermutlich weil<br />

ihnen das Leben gerade unterschiedlich<br />

saure Zitronen gibt.<br />

Thalbach ist eine Wohlstandshölle.<br />

Wenn die Schwiegermutter<br />

kein Enkelchen kriegt,<br />

gibt’s kein Sommerhaus auf<br />

Usedom. Die Generationen-<br />

Romane-geschulte LeserIn<br />

holt sich eine Limo aus dem<br />

SMEG-Kühlschrank. Markus Köhle<br />

Simone Lappert:<br />

Der Sprung<br />

Diogenes Verlag, 336 S., € 22,70


Cloud ist nicht nur größter Onlinestore<br />

in einer trostlosen Welt<br />

nach dem klimatischen Overkill,<br />

es ist ein eigenes System: in<br />

stadtähnlichen MotherClouds<br />

leben tausende Menschen, allein<br />

um Waren via Drohnen in die<br />

Welt zu verschicken. Zinnia und<br />

Paxton sind neu bei Cloud, sie<br />

im riesigen Versandlager, er als<br />

Security-Mann. Doch der Job<br />

allein war es nicht, der sie zu<br />

Cloud brachte. Rob Harts „Der<br />

Store“ ist eine furchteinflößende<br />

Dystopie, oft nur Millimeter<br />

von unserer Realität entfernt –<br />

und wehe, jemand bestellt den<br />

tollen Roman via A…<br />

Andreas Hauser<br />

Rob Hart:<br />

Der Store<br />

Heyne Verlag, 590 S., € 22,70<br />

Einen wirklich überzeugenden,<br />

einen literarischen und spannenden<br />

Roman legt Schauspieler<br />

Ulrich Tukur vor.<br />

Während den Dreharbeiten zu<br />

seinem Film „Seraphine“ stieß<br />

er auf ein altes Fotoalbum,<br />

das ihn zu diesem Roman<br />

inspirierte. Es ist vielleicht<br />

kein Zufall, dass Tukurs Frau<br />

Fotografin ist! Im Roman geht<br />

es um Paul Goullet, der in Paris<br />

auf ein seltsames Fotoalbum<br />

stößt. Er erkennt sich selbst in<br />

den Fotos, nur: die Fotos sind<br />

aus den 20ern. Lesenswert und<br />

spannend, wie sich das auflöst!<br />

Robert Renk<br />

Ulrich Tukur:<br />

Der Ursprung der Welt<br />

S. Fischer Verlag, 304 S., € 22,70<br />

100 Jahre nach der Teilung<br />

Südtirols ist die Brennergrenze<br />

nach wie vor Thema. Im neuen<br />

Roman von Lilli Gruber „Der<br />

Verrat“ erinnert sie sich an die<br />

Zeit der 50er Jahre und verbindet<br />

den Roman mit wahren<br />

Begebenheiten. Drei junge Südtiroler<br />

schließen sich den Aktivisten<br />

an. Die Lage verschärft<br />

sich, als die Bombenattentate an<br />

verschiedenen Plätzen stattfinden.<br />

Diese werden allerdings<br />

in <strong>No</strong>rdtirol gebaut und über<br />

den Brenner geschmuggelt. Ein<br />

raffinierter Roman über ein zerrissenes<br />

Land. Andrea Scheiber<br />

Lilli Gruber:<br />

Der Verrat<br />

Droemer Verlag, 430 S., € 20,60<br />

Als der Autor Tony von der jungen<br />

Sibylle Besuch bekommt,<br />

hat er noch keine Ahnung, auf<br />

was er sich da einlässt. Das<br />

junge Mädchen möchte den<br />

Mord ihrer Mutter, „die narrische<br />

Erika“, aufklären, der viele<br />

Jahre zuvor als Selbstmord abgelegt<br />

wurde. Es spielt auch eine<br />

sehr einflussreiche Familie eine<br />

Rolle, aber welche? Die Verschwiegenheit<br />

im Dorf macht<br />

es ihnen nicht leichter. Und<br />

wer war damals wirklich dabei?<br />

Sie begeben sich selbst auch<br />

bald in Gefahr. Ein gelungener,<br />

spannungsgeladener Krimi.<br />

Andrea Scheiber<br />

Luca D’Andrea:<br />

Der Wanderer<br />

Penguin Verlag, 384 S., € 15,50<br />

England ist nach einer lange<br />

zurückliegenden Katastrophe<br />

in einem erbärmlichen Zustand.<br />

Der junge Priester Fairfax<br />

wird vom Bischof in ein Dorf<br />

entsandt, um dort das Begräbnis<br />

des mysteriös verstorbenen<br />

Pfarrers zu regeln. In der<br />

Umgebung finden sich besonders<br />

häufig jene verbotenen<br />

Artefakte aus vergangener Zeit<br />

– Münzen, Scherben, Plastikspielzeug<br />

-, die der Pfarrer akribisch<br />

gesammelt hat. Hat diese<br />

ketzerische Leidenschaft zu<br />

seinem Tod geführt? Harris gibt<br />

sich dystopisch, erzählt aber<br />

klar auch vom Hier & Jetzt.<br />

Robert Renk<br />

Robert Harris:<br />

Der zweite Schlaf<br />

Heyne Verlag, 416 S., € 22,70<br />

Über 30 Jahre mussten Fans<br />

von Margaret Atwoods dystopischem<br />

Roman „Der Report<br />

der Magd“ auf eine Fortsetzung<br />

warten. Nun liegt mit „Die<br />

Zeuginnen“ ein 576-Seiten-Wälzer<br />

vor. Statt Desfred treten<br />

jedoch drei Erzählerinnen auf:<br />

Tante Lydia, die Einblicke<br />

in die Erziehung der Gebärsklavinnen<br />

gibt, Agnes Jemima,<br />

die sich gegen eine Zwangsverheiratung<br />

auflehnt, und Daisy,<br />

die von Kanada in den Terrorstaat<br />

eingeschleust wird. Was<br />

die drei verbindet, bleibt lange<br />

verborgen – ein Pageturner also,<br />

allerdings auch mit Längen.<br />

Susanne Gurschler<br />

Margaret Atwood:<br />

Die Zeuginnen<br />

Berlin Verlag, 576 S., € 25,70<br />

Wir kennen das Duo bereits aus<br />

dem Genre „Mord und Totschlag“,<br />

aber immer mit einer<br />

grandiosen Portion Humor.<br />

Jetzt haben die beiden ihren<br />

ersten Thriller geschrieben und<br />

der ist alles andere als komisch.<br />

Die Geschwister Cayenne und<br />

ihr Bruder Joschua leben beide<br />

ein Leben außerhalb der Gesellschaft<br />

und immer auf dem<br />

Sprung. Die Sehnsucht nach<br />

einem normalen Leben ist groß,<br />

doch sie ahnen nicht, dass die<br />

Gefahr schon längst von ihrem<br />

Leben Besitz ergriffen hat.<br />

Lena Kripahle-Wiek<br />

Volker Klüpfel, Michael Kobr:<br />

Draußen<br />

Ullstein Verlag, 384 S., € 20,60<br />

Erscheint am 19.11.2019<br />

Sie suchen das perfekte Buch<br />

für Liebhaber*innen klassischer<br />

Musik oder solchen, die es<br />

noch werden wollen? Hier ist<br />

es! Eine Playlist in Buchform.<br />

Die renommierte Geigerin und<br />

beliebte Moderatorin Clemency<br />

Burton-Hill hat ihre Lieblingsstücke<br />

zu einem persönlicher<br />

Musikführer in Kalenderform<br />

zusammengestellt. In Tagesportionen<br />

abgepackt teilt sie<br />

Hintergrundwissen über bekannte<br />

wie unbekannte Musikstücke,<br />

die sich spätestens nach<br />

der Lektüre in unsere Herzen<br />

einspielen. Siljarosa Schletterer<br />

Clemency Burton-Hill:<br />

Ein Jahr voller Wunder<br />

Diogenes Verlag, 464 S., € 25,70<br />

Die Biographie von Brigitte<br />

Fassbänder wird bei Opernliebhaber<br />

auf gehöriges Echo stoßen.<br />

Aber auch für Innsbrucker<br />

ist sie doch recht interessant,<br />

war sie ja von 1999 – 2012<br />

Intendantin des Tiroler Landestheaters.<br />

Dann geht es um<br />

Dirigenten und Regisseure, die<br />

sie bewundert hat: von Carlos<br />

Kleiber bis Claudio Abbado.<br />

Freimütig schreibt sie auch über<br />

schwierige Themen, etwa über<br />

die Qualen der Wechseljahre für<br />

eine Sängerin, über Männermacht<br />

und Machtmissbrauch<br />

und eigene Versäumnisse.<br />

Robert Renk<br />

Brigitte Fassbänder:<br />

Komm‘ aus dem Staunen nicht heraus<br />

C.H.Beck Verlag, 381 S., € 26,80<br />

Der Schauplatz dieses Romans<br />

voller Gewalt, falscher Entscheidungen<br />

und peinlicher<br />

Jugendsprache ist Vierweg. Eine<br />

Party läuft aus dem Ruder, als<br />

vier Jugendliche eine Leiche finden<br />

und schänden, ihr sogar ein<br />

Bein abhacken. Definitiv nichts<br />

für schwache Nerven! Lang<br />

zeichnet ein beunruhigendes<br />

Bild von Gewalt, das selbst die<br />

Protagonisten erschreckt. Der<br />

Leser wird in diesen Strudel aus<br />

Konsequenzen hineingesogen<br />

und fiebert mit den Figuren<br />

einem hoffentlich guten Ausgang<br />

der Geschichte entgegen.<br />

Klaudia Grünfelder<br />

Thomas Lang:<br />

Freinacht<br />

Berlin Verlag, 335 S., € 22,70<br />

Das literarische Sensationsdebüt<br />

aus Irland und mein<br />

absolutes Jahreshighlight!<br />

Inzwischen habe ich alle Bücher<br />

von Sally Rooney gelesen.<br />

Die junge Autorin versteht es,<br />

die unscheinbarsten Alltagsmomente<br />

perfekt festzuhalten<br />

und ihre Besonderheiten aufzuzeigen.<br />

Ihre Geschichte lebt<br />

von den Dialogen, die genial<br />

konstruiert, authentisch und<br />

fesselnd sind. „Gespräche mit<br />

Freunden“ erzählt von zwei<br />

jungen Studentinnen, ihren<br />

Beziehungen, Ängsten und was<br />

es bedeutet, heute jung und<br />

weiblich zu sein. Ganz große<br />

Leseempfehlung! Lena Walder<br />

Sally Rooney:<br />

Gespräche mit Freunden<br />

Luchterhand Verlag, 384 S., € 20,60<br />

Bücher über Ghandi gibt es<br />

wahrscheinlich hunderte, jetzt<br />

ist die Autobiographie des indischen<br />

Politikers in neuer Übersetzung<br />

erschienen. Spannende<br />

Lektüre ist garantiert, zwar ist<br />

uns die Vita in groben Zügen<br />

bekannt, hier erhalten wir aber<br />

Einblicke in Ghandis Leben<br />

aus erster Hand. Ghandi legt<br />

Rechenschaft über sein Leben<br />

ab, gleichzeitig verfasst er mit<br />

dieser Autobiographie ein politisches<br />

Manifest, das bis heute<br />

wirksam ist. Gerade in „interessanten“<br />

Zeiten ein wichtiges<br />

Buch. Michael Carli<br />

Mahatma Gandhi:<br />

Mein Leben<br />

C.H.Beck Verlag, 511 S., € 26,80<br />

Cyril Dion kennt man eventuell<br />

von seinem Dokumentarfilm<br />

„Tomorrow – Die Welt ist voller<br />

Lösungen“ (2015). Nun legt er<br />

ein Handbuch für ein umweltverträgliches<br />

und erfüllendes<br />

Leben vor. Darin enthalten sind<br />

u. a. viele Vorschläge für kleine<br />

Taten die man im Kollektiv<br />

oder als Einzelner umsetzen<br />

kann, um dem Klimawandel<br />

und Artensterben entgegenzuwirken.<br />

Auch was auf politischer<br />

Ebene passieren sollte<br />

zeigt der Schriftsteller, Regisseur<br />

und Aktivist auf.<br />

Robert Renk<br />

Cyril Dion:<br />

Kurze Anleitung zur Rettung der Erde<br />

Reclam Verlag, 160 S., € 18,50<br />

Isabel Bogdan ist mit<br />

„Der Pfau“ ein Longseller in<br />

unserer Buchhandlung. Bester<br />

britischen Humor in einen<br />

deutschen Roman transferiert<br />

– wunderbar! Nun gibt es<br />

mit „Laufen“ einen weiteren<br />

Roman. Nicht dass er frei von<br />

Humor wäre, ist er aber doch<br />

auf einer tragischen Grundsituation<br />

aufgebaut. Eine Frau<br />

beginnt zu laufen. Alle körperlichen<br />

Funktionen werden exakt<br />

beschrieben. Doch eigentlich<br />

geht es um die emotionalen<br />

Funktionen, denn die Läuferin<br />

hat einen schweren Verlust<br />

zu verarbeiten. Laufend berührend!<br />

Robert Renk<br />

Isabel Bogdan:<br />

Laufen<br />

KiWi Verlag, 208 S., € 20,60<br />

Es gibt echte hardcore springsteen<br />

fans. für genau diese zielgruppe<br />

gibt es jetzt ein weiteres<br />

buch aus dem weiten feld der<br />

bruceologen. eine sammlung<br />

ausgewählter springsteen texte,<br />

mehr schlecht als recht ins deutsche<br />

übersetzt. dazu ein vorwort<br />

von ennio morricone. das kann<br />

man machen. man kann das<br />

buch auch kaufen. als echter<br />

hardcore fan muss man das<br />

vielleicht sogar. für alle anderen<br />

empfieht es sich, die lieblingsplatte<br />

auszupacken. das lohnt<br />

sich immer. Michael Carli<br />

Bruce Springsteen:<br />

Born to Run<br />

Heyne Verlag, 672 S., € 28,80<br />

Mit „Melmoth“ hat Perry ein<br />

weiteres einnehmendes Buch<br />

geschrieben. Die dunkel-düstere<br />

Atmosphäre liegt wie ein<br />

Schatten über dem Roman, der<br />

alle Voraussetzungen für eine<br />

Horrorgeschichte mitbringt,<br />

jedoch die Grausamkeit der<br />

Menschen in den Vordergrund<br />

stellt. Zusammen mit der zentralen<br />

Figur Melmoth reisen wir<br />

durch verschiedene Epochen,<br />

beobachten und werden Zeugen,<br />

ohne in die Geschehnisse<br />

eingreifen zu können. Dieser<br />

Roman klingt noch lange nach.<br />

Klaudia Grünfelder<br />

Sarah Perry:<br />

Melmoth<br />

Eichborn Verlag, 332 S., € 24,70


Eine Online-Plattform soll Orna<br />

helfen, wieder ins Leben und<br />

einen Mann zu finden; für Emilia<br />

könnten die Gespräche mit<br />

Pater Tadeusz der Anker sein,<br />

um sich mit sich und in Israel<br />

zurechtzufinden; die dreifache<br />

Mutter Ella wiederum braucht<br />

das Café, um Ruhe fürs Schreiben<br />

zu finden; schließlich findet<br />

eine Polizistin eine Akte auf<br />

ihrem Schreibtisch. Und dann<br />

ist da noch Gil! Mit „Drei“<br />

schenkt uns Dror Mishani<br />

den wohl unspektakulärsten<br />

Nervenkitzel des Herbstes,<br />

kunstvoll komponiert, wundervoll<br />

geschrieben. Mehr sei hier<br />

nicht verraten. Andreas Hauser<br />

Dror Mishani:<br />

Drei<br />

Diogenes Verlag, 330 S., € 24,70<br />

Caracas brennt und mittendrin<br />

kämpft Adelaida für sich selbst,<br />

denn sie hat nichts und niemanden<br />

mehr. Die <strong>No</strong>t zwingt<br />

sie zu grausamen Dingen und<br />

so schmiedet sie einen Plan,<br />

wie sie dem Elend in Caracas<br />

entkommt. Dabei geht sie wortwörtlich<br />

über Leichen. Präzise<br />

und auf wenigen Seiten komprimiert<br />

breitet Karina Sainz<br />

Borgo eine Geschichte über<br />

Venezuela im Ausnahmezustand<br />

aus. Fesselnd und grausam<br />

zugleich. Evelyn Unterfrauner<br />

Karina Sainz Borgo:<br />

Nacht in Caracas<br />

S. Fischer Verlag, 224 S., € 21,60<br />

Die Vergangenheit gibt nicht<br />

alles preis, doch was es über sie<br />

zu entdecken gibt, bringt Martin<br />

Pollack ans Tageslicht. Wie<br />

die Geschichte seiner Großtante<br />

Pauline, der Deutsch-Slowenin<br />

Pavla Drolc, die, ihr Leben lang<br />

unbescholten und im Gegensatz<br />

zu ihren Brüdern nicht<br />

der Nazi-Ideologie verfallen,<br />

1945 in slowenischer Gefangenschaft<br />

im Schloss Hrastovec bei<br />

Maribor stirbt. Ein Meisterwerk<br />

dokumentarischer Prosa,<br />

ein großes Stück Erinnerungsliteratur,<br />

das exemplarisch<br />

ein einzelnes Schicksal in den<br />

Geschichtswirren an einem<br />

Grenzort schildert.Anna Rottensteiner<br />

Martin Pollack:<br />

Die Frau ohne Grab<br />

Zsolnay Verlag, 184 S., € 22,70<br />

Dass Krieg ein kalkuliertes<br />

mörderisches Geschäft ist, muss<br />

der Deutsch-Amerikaner John<br />

Glueck an zwei Fronten erfahren:<br />

gegen Deutschland 1944<br />

und zwanzig Jahre später gegen<br />

Vietnam. Die Amis sind nicht<br />

nur goodguys, die Gegner nicht<br />

nur badguys. Alles dazwischen<br />

lässt Polit-Propaganda aber<br />

(damals wie heute) nicht gelten.<br />

Steffen Kopetzky hat einen<br />

packenden Schmöker über<br />

Krieg und Lüge geschrieben:<br />

beeindruckend recherchiert,<br />

spannend fiktionalisiert, brillant<br />

geschrieben. Bernhard Sandbichler<br />

Steffen Kopetzky:<br />

Propaganda<br />

Rowohlt Berlin Verlag, 496 S., € 25,70<br />

Das trauen sich nur die Großen.<br />

Und die ganz Großen – so wie<br />

Salman Rushdie – schaffen es<br />

auch. Das meistgelesene Buch<br />

Europas Don Quichotte wird<br />

behutsam neu geschrieben<br />

und dennoch radikal in unsere<br />

Zeit transferiert. Dulcinea ist<br />

Talkshowmoderatorin, Sancho<br />

der imaginierte Sohn am Beifahrersitz<br />

und die Reise geht<br />

quer durch die USA. Da kann<br />

es auch vorkommen, dass die<br />

Windmühlen echt sind und<br />

gelbe Haare tragen. Eine brillante<br />

Hommage an Cervantes<br />

und ein unverzichtbarer Kommentar<br />

zu unseren unsicheren<br />

Zeiten. Robert Renk<br />

Salman Rushdie:<br />

Quichotte<br />

C. Bertelsmann Verlag, 464 S., € 25,70<br />

Wenn sich die wunderbare<br />

Autorin Eva Rossmann, die<br />

ja schon in ihren legendären<br />

Krimis eine Köchin zur Hauptprotagonistin<br />

macht, mit dem<br />

Küchenindividualist Manfred<br />

Buchinger zusammen tut, kann<br />

das nur großartig sein! Nach<br />

dem Motto „Es gibt keine<br />

bessere Küche, nur eine gute“<br />

haben die zwei ein wunderbares<br />

und leicht nach zu kochendes<br />

Buch der österreichischen<br />

Küche gefertigt, was die Rezeptauswahl<br />

von Altwiener Backkarpfen<br />

bis Schwarzbeernocken<br />

beweist. Robert Renk<br />

Eva Rossmann & Manfred Buchinger:<br />

Entspannt kochen<br />

Pichler Verlag, 208 S., € 30,–<br />

„Wissen Sie, Bücher schulen<br />

uns vielerlei, auch Durchhalten“,<br />

dieser Satz aus dem<br />

neuen Roman von Nina George<br />

trifft bei der Geschichte nicht<br />

zu, eher das Gegenteil. Das<br />

Mädchen Marie-Jeanne kann<br />

die Liebe sehen und fühlt wer<br />

füreinander bestimmt ist. Der<br />

Blickwinkel aus der Sicht der<br />

Liebe macht diesen Roman<br />

noch poetischer. Eine Gedankliche<br />

Reise in die schöne<br />

Landschaft von Frankreich und<br />

der Duft von Lavendel der ist<br />

gewiss. Der fiktive Roman aus<br />

„Das Lavendelzimmer“ ist real<br />

geworden. Andrea Scheiber<br />

Nina George:<br />

Südlicher<br />

Knaur Verlag, 285 S., € 19,60<br />

Wenn der Horror des Lebens<br />

gleich doppelt kommt. Mit 27<br />

bekommt Kathrin Schwarzenbacher<br />

die Diagnose Krebs.<br />

Bösartig. „In diesem Moment<br />

wünschte ich mir nichts sehnlicher,<br />

als dreißig Jahre alt zu<br />

werden.“Nach mehreren Zyklen<br />

aggressiver Chemos stellt sich<br />

plötzlich heraus, alles – von<br />

Anfanfg an – eine Fehldiagnose!<br />

Schwarzenbacher schreibt sehr<br />

persönlich über ihr Schicksal<br />

und deckt dabeiTeile des selbst<br />

erkrankten Gesundheitssystems<br />

auf. Robert Renk<br />

Kathrin Schwarzenbacher:<br />

Tod auf Bewährung<br />

Ecowin Verlag, 200 S., € 22,–<br />

Der Grandseigneur der österreichischen<br />

Zeitgeschichte blickt<br />

einmal mehr auf sein Leben und<br />

seinen reichen Erfahrungsschatz<br />

zurück. Es ist erstaunlich, wie<br />

er selbst bekannten Geschichten<br />

der Weltgeschichte mit seinem<br />

immer frischen journalistischen<br />

Blick neue Facetten abgewinnt.<br />

Viel geht es um den Begriff der<br />

Freiheit, die gerade heute durch<br />

das Erstarken autokratischer<br />

Systeme mehr denn je bedroht<br />

ist, wie Lendvai betont. Brillant<br />

auch seine Analyse zu Peter<br />

Handkes Serbien-Irrtümern.<br />

Lesenswert! Bernd Schuchter<br />

Paul Lendvai:<br />

Die verspielte Welt<br />

Ecowin Verlag, 238 S., € 24,–<br />

George Washington Black,<br />

genannt Wash, wird als Versklavter<br />

auf Barbados geboren.<br />

Der brutalen Gewalt und Ausbeutung<br />

auf einer Zuckerrohrplantage<br />

entflieht er gemeinsam<br />

mit dem Abolitionisten Titch<br />

auf einem Heißluftballon,<br />

bevor es Wash über die Arktis<br />

Kanadas nach London und<br />

weiter verschlägt. Dieses<br />

vielfach preisgekröntes Lieblingsbuch<br />

von Barack Obama<br />

ist eine berührende Reflexion<br />

zu Freiheit und Freundschaft<br />

unter Ungleichen und liegt nun<br />

endlich in der Übersetzung von<br />

Anabelle Assaf vor. Martin Fritz<br />

Esi Edugyan:<br />

Washington Black<br />

Eichborn Verlag, 512 S., € 24,–<br />

Ein wunderbares und sehr<br />

persönliches Weihnachtsbuch<br />

der Luxemburgischen Köchin<br />

und Bäckerin Theresa Baumgärtner.<br />

Für dieses spezielle<br />

Buch reiste Baumgärtner durch<br />

halb Europa. Schottland, der<br />

Schwarzwald, ein bisserl Österreich<br />

und natürlich ganz viel<br />

Luxemburg, wo Baumgärtner<br />

oft das geliebte Hazelnut House<br />

besucht.Ein Kochbuch als<br />

Liebeserklärung an die wundervolle<br />

Weihnachtszeit! Baumgärtner<br />

ist Kochbuchautorin,<br />

Kolumnistin, freie Moderatorin<br />

und Foodbloggerin auf theresaskueche.de.<br />

Sie kocht monatlich<br />

im ARD-Buffe.Robert Renk<br />

Theresa Baumgärtner:<br />

Weihnachten<br />

Brandstätter Verlag, 256 S., € 30,–<br />

Ein ehrgeiziger Medizinstudent<br />

landet im Winter 2014 in einem<br />

Lazarett nahe der Ostfront. Der<br />

junge Theoretiker, der noch nie<br />

ein Skalpell benutzt hat, muss<br />

sich dort an zwei Fronten schlagen<br />

– an der medizinischen und<br />

an der Liebesfront. Krankenschwester<br />

Margarete lehrt ihn<br />

gleich beides. Ein Roman, der<br />

inhaltlich an den Medicus und<br />

an den englischen Patienten und<br />

in Eindringlichkeit und Drastik<br />

an die „Wassermusik“ von T. C.<br />

Boyle erinnert. Dieses Buch legt<br />

man nicht weg, es fällt einem<br />

aus der Hand. Beatrix Rettenbacher<br />

Daniel Mason:<br />

Der Wintersoldat<br />

C. H. Beck Verlag, 430 S., € 24,70<br />

Der Autor Jonathan Safran<br />

Foer setzt sich in seinem neuen<br />

Buch mit dem Thema Klimawandel<br />

auseinander. Er fordert<br />

uns mit einer Eindringlichkeit<br />

zum Handeln auf, der man sich<br />

nicht entziehen kann. Unser<br />

alltägliches Verhalten kann das<br />

Klima zwar weiter zerstören,<br />

oder aber auch retten. Das<br />

Buch ist ein Muss für jeden,<br />

dem unsere Zukunft nicht egal<br />

ist. Um mit den Worten des Autors<br />

zu enden: Wir können nicht<br />

unser Verhalten und zugleich<br />

unseren Planeten behalten. So<br />

einfach und so schwierig sehe es<br />

nun einmal aus. Uschi Reichholf<br />

Jonathan Safran Foer:<br />

Wir sind das Klima<br />

Kiepenheuer & Witsch Verlag,<br />

327 S., € 22,70<br />

Wolfsegg heißt der düstere<br />

Roman von Peter Keglevic,<br />

dem man anmerkt, dass sein<br />

Autor viel von Film und Fernsehen<br />

versteht. Dieses Buch<br />

schreit nach einer Verfilmung,<br />

und man kann sich vorstellen,<br />

wie die übliche österreichische<br />

Schauspielerriege durch diese<br />

blutgetränkte Geschichte watet.<br />

Es geht um Provinz, Mord,<br />

Leid, Missbrauch und den fast<br />

unwahrscheinlichen Akt der<br />

Selbstermächtigung eines jungen<br />

Mädchens, das sein Leben<br />

selbst in die Hand nimmt<br />

und damit sich und seine<br />

Geschwister rettet. Bernd Schuchter<br />

Peter Keglevic:<br />

Wolfsegg<br />

Penguin Verlag, 317 S., € 20,60<br />

Eine ausgehebelte Autobiografie.<br />

Der Lehrer, der es nie<br />

zum Autorentum geschafft<br />

hat und auf sein Leben und<br />

Scheitern zurückblickt, beginnt<br />

nach dem Kauf eines Hauses in<br />

einem verruchten Viertel eine<br />

verrückte Reise. Darin spielt<br />

der Solenoid, eine Art riesige<br />

Magnetspule, eine wichtige<br />

Rolle, die sich im Keller befindet.<br />

Das außergewöhnliche<br />

daran: Sie funktioniert umgekehrt<br />

und hebt alles, das in<br />

ihre Nähe gerät, in die Höhe.<br />

Mircea Cărtărescus Schreibstil<br />

erinnert an Borges, Cortázar<br />

oder Kafka – an die ganz<br />

Großen der Weltliteratur. Ágnes<br />

Czingulszki<br />

Mircea Cărtărescu:<br />

Solenoid<br />

Zsolnay Verlag, 912 S., € 35,–<br />

Selten stürzte ein Kunde so<br />

freudig in die Buchhandlung:<br />

„Er möchte unbedingt das Buch<br />

in der Auslage; unglaublich,<br />

dass es das nun auf deutsch<br />

gibt. Als Kind habe er es verschlungen,<br />

nun sollen es seine<br />

Kinder auch lesen dürfen“.<br />

Seine Kindheit hat er in China<br />

verbracht. Dass seine Kinder<br />

„Die Reise in den Westen“ auf<br />

deutsch lesen können, verdanken<br />

wir dem Reclam Verlag.<br />

Das Werk liegt nun illustriert<br />

und zweibändig vor. Lies und<br />

erkenne die Geschichte Chinas;<br />

eine literarisch-kulturelle Empfehlung.<br />

Robert Renk<br />

Die Reise in den Westen (2 Bände)<br />

Reclam Verlag, 1320 S., € 45,30


Radioperlen zum Nachhören<br />

Ö1 gehört gehört! Dem, was Wolf Haas einst so treffend<br />

formuliert hat, schließen wir uns vollinhaltlich an.<br />

Die Wagner’sche ist ab sofort Ö1-Buchhandelspartner !<br />

© Hummel-Berger<br />

Haben Sie einen Lieblings-Radiosender?<br />

So einen, den man nur aufdreht und sicher<br />

sein kann, jetzt bekommt man etwas zu<br />

hören, das man nicht gern versäumt hätte:<br />

spannend, unterhaltsam, aufwühlend oder<br />

voll neuer Erkenntnisse. Einen Sender, der<br />

Sie immer mit aktuellen Nachrichten aus<br />

dem In- und Ausland versorgt; einen, dessen<br />

Features Ihnen einen Wissenszuwachs<br />

verschaffen; dessen Musikprogramm neue<br />

(Spiel-)Räume erschließt; der mit Ihnen live<br />

vor Ort ist, wenn Opernpremieren, spannende<br />

Diskussionen oder Kabarett (direkt) live<br />

gesendet werden. Solche Sender gibt es. Und<br />

einer der besten Europas sitzt in Österreich.<br />

„Österreich 1 ist der erfolgreichste Kultursender<br />

Europas und bietet werbefreies Programm<br />

auf höchstem Niveau“, konstatiert<br />

der ORF über sein kulturelles Aushängeschild.<br />

Rund 111 Formate unterschiedlichster<br />

Länge und Gestaltungsvariation<br />

werden von den Redakteur/innen für den<br />

Sender produziert. Rund 50 Mal am Tag<br />

markiert eine von Christian Muthspiel<br />

eigens komponierte Signation den Beginn<br />

einer neuen Sendung on air. Hinzu kommen<br />

unzählige Möglichkeiten, die Sendungen<br />

nachzuhören – sieben Tage online, im<br />

Ö1-Player, mit den Ö1 Podcasts, …<br />

Doch was geschieht dann mit ihnen?<br />

Ein Großteil davon scheint nach dem<br />

großen Auftritt wie von der Bildfläche<br />

verschwunden. Ausnahmslos alle wandern<br />

in das Archiv von Ö1 und werden dort im<br />

digitalen Speicher von versierten Archivar/<br />

innen gehütet. Für das Publikum sind sie,<br />

als Einzelsendungen, zwar nach wie vor<br />

über das Ö1 Audioservice bestellbar. Aus<br />

rechtlichen Gründen ist es dem Sender<br />

nicht möglich, sein gesamtes Repertoire<br />

ständig verfügbar zu halten. Doch ein<br />

kleiner Teil lässt sich auch nach Ablauf<br />

der sieben Tage noch genießen, denn der<br />

Sender hat sein hauseigenes CD-Label.<br />

Die Edition Ö1 präsentiert ausgewählte<br />

Sendungen, Mitschnitte und Archivproduktionen<br />

auf CD sowie im Download.<br />

Im Zentrum steht die Intention, Inhalte<br />

des Kultursenders in adäquater Form zu<br />

präsentieren und das vielfältige Programm<br />

abseits der Vergänglichkeit des Formates<br />

Radio für sein Publikum zu erhalten.<br />

Dabei gilt es, einerseits auf das aktuelle<br />

Programm mit raschen Veröffentlichungen<br />

zu reagieren, andererseits will ein umfassendes<br />

Archiv beachtet und bearbeitet<br />

werden. Und es ist gar nicht so einfach, sich<br />

bei dieser Fülle an Material zu entscheiden,<br />

welcher Produktion man sich zuerst widmet.<br />

Perlen-Tauchen ist daher das Gebot<br />

der Stunde – Radioperlen, die sich in den<br />

Tiefen des Archivs verstecken; oder wie<br />

Sternschnuppen im aktuellen Programm<br />

aufblitzen und, kaum dass sie am Radiohimmel<br />

funkeln konnten, schon wieder<br />

verschwunden sind.<br />

Zum Heben dieser Schätze braucht es<br />

versierte Redakteur/innen, die Vorschläge<br />

zur Auswahl für die Edition Ö1 beisteuern<br />

(wie die Sommerproduktion „Der Himmel<br />

voller Götter“, die 28 Gottheiten im<br />

Kurzporträt präsentierte – ein Vorschlag<br />

von Peter Klein, bis vor Kurzem Chef des<br />

Senders). Oder Hörer/innen, die sich beim<br />

Sender melden und auf eine Produktion<br />

hinweisen, die sie gern wieder hören würden<br />

(wie zum Beispiel die Compilations der zeitlosen<br />

„Schalldämpfer“-Sendungen von Axel<br />

Corti, nach denen regelmäßig gefragt wird).<br />

Oder gute Planung (wie die CD-Produktion<br />

zu Andreas Vitáseks aktuellem Kabarettprogramm<br />

„Austrophobia“, das im März<br />

2019 aufgezeichnet wurde, um pünktlich<br />

zum 25-Jahr-Jubiläum des Ö1-Kulturzeltes<br />

auf dem Wiener Donauinselfest und Vitáseks<br />

Auftritt dort präsentiert zu werden).<br />

Letztendlich „entscheidet nicht die<br />

Mühsal, sondern der Fund“ (so der Lyriker<br />

Heinz Piontek), wenn es an die Arbeit<br />

geht. Allen Agierenden gemeinsam scheint<br />

eben jene Freude am Finden und die an<br />

der neuerlichen Verfügbarmachung von<br />

wertvollen Inhalten für ein interessiertes<br />

Publikum. Und vielleicht ist das auch das<br />

Erfolgsgeheimnis des Senders im Allgemeinen,<br />

die wertvollen Inhalte und das<br />

Wissen um ein treues Publikum, das<br />

ebendiese schätzt.<br />

Wahre Archivperlen<br />

Auch im aktuellen Herbst gibt es einiges<br />

(wieder) zu entdecken. Zum Beispiel eine<br />

Dramatisierung von Friedrich Torbergs<br />

„Der Schüler Gerber“ aus dem Jahr 1968<br />

mit Michael Heltau in der Titelrolle (Bearbeitung<br />

& Regie: Klaus Gmeiner) – eine<br />

wahre Archivperle; oder auch Erzählungen<br />

und Musik rund um die amerikanischen<br />

„Westernhelden“ mit Michael Köhlmeier<br />

und Hans Theessink. Ein besonderes<br />

Gustostückerl bietet, zum 40-jährigen Jubiläum,<br />

eine Produktion zu Christine Nöstlingers<br />

„Dschi Dsche-i Dschunior“, dem<br />

sprachbegabten Fabelwesen, das im Jahr<br />

1979 täglich im Ö3 Wecker zu hören war.<br />

Und auch erfolgreiche Reihen wie jene zum<br />

Ö1 Radiokolleg werden diesen Herbst mit<br />

der CD-Produktion „Gefühle“ von Margarethe<br />

Engelhardt-Krajanek fortgesetzt.<br />

„Ö1 Jazz contemporary“ widmet sich Leonhard<br />

Skorupa und Sketchbook Orchestra,<br />

einer 13-köpfigen Jazzformation, die in der<br />

Edition Ö1 ihr Debutalbum präsentiert.<br />

Und die CD-Reihe Zeit-Ton präsentiert<br />

mit Elisabeth Harnik und <strong>No</strong>rbert Zehm<br />

neuerlich zwei Größen der Neuen Musik<br />

aus Österreich.<br />

Neben den Neuproduktionen sei jedoch<br />

nicht auf die Klassiker von Ö1 vergessen,<br />

wie zum Beispiel Michael Köhlmeiers<br />

„Sagen des klassischen Altertums“, die<br />

in jedes zweite Wohnzimmer Österreichs<br />

Einzug gehalten haben. Auch Stefan Zweigs<br />

„Die Welt von gestern“ (wieder mit Michael<br />

Heltau) zählt zu jenen Produktionen, die<br />

aus den Regalen der Österreicher/innen<br />

nicht wegzudenken sind. Axel Corti hat sich<br />

mit drei Ausgaben des „Schalldämpfer“<br />

verewigt und ist mit seinem unverwechselbaren<br />

Stil der lakonisch-satirischen Berichterstattung<br />

über die großen und die<br />

kleinen Dinge des Lebens auf CD wieder<br />

nachzuhören. Nicht zu vergessen die CD zu<br />

Werner Pirchners „Signations“, die für alle<br />

<strong>No</strong>stalgiker/innen den alten Klang von Ö1<br />

nach wie vor hörbar macht.<br />

Um das Publikum nicht nur über den<br />

Sender und den ORF-Shop zu erreichen,<br />

sondern auch im Stadtbild österreichischer<br />

Hauptstädte präsent zu sein, pflegt Ö1<br />

seit Oktober 2018 eine Kooperation mit<br />

fachkundigen Buchhandlungen, die – als<br />

Edition Ö1 Buchhandlungen – in ihren<br />

Räumlichkeiten die Eigenproduktionen<br />

der Edition Ö1 sowie zum Sender passende<br />

Produktionen aus dem Bereich Buch,<br />

CD und DVD präsentieren. Die Partner<br />

greifen dabei Informationen des Senders<br />

über Buchbesprechungen, die Ö1 CD<br />

des Monats oder auch das Ö1 Buch des<br />

Monats zurück und präsentieren Aktuelles<br />

und Klassiker der Edition Ö1. Ö1 Clubmitglieder<br />

genießen 10 % Ermäßigung auf<br />

die Produktionen der Edition Ö1. Und<br />

Kunden, die noch kein Clubmitglied sind,<br />

können dies bei ihrem Einkauf vor Ort<br />

werden.<br />

Wagner’sche ist neuer<br />

Buchhandelspartner<br />

Ö1 und seine Buchhandelspartner sind<br />

überzeugt, dass sich das Publikum des gut<br />

sortierten Buchhandels zu einem großen<br />

Teil mit jenem des Senders Ö1 deckt.<br />

Und die Partner freuen sich, dass sich die<br />

Edition Ö1 nicht nur on air, auf CD oder<br />

im Download findet – sondern auch in<br />

der Buchhandlung Kuppitsch in Wien, der<br />

Buchhandlung Alex in Linz, der Buchhandlung<br />

Heyn in Klagenfurt und ab sofort<br />

auch in Ihrer Wagner’schen Buchhandlung<br />

in Innsbruck!<br />

Hörtipps:<br />

Kerstin Tretina:<br />

Der Himmel voller Götter<br />

2 CDs<br />

€ 21,70 (Ö1 Club: € 19,53)<br />

Friedrich Torberg /<br />

Michael Heltau:<br />

Der Schüler Gerber<br />

4 CDs<br />

€ 36,20 (Ö1 Club: € 32,58)<br />

Christine Nöstlinger:<br />

Dschi Dsche-i Dschunior<br />

1 CD<br />

€ 18,10 (Ö1 Club: € 16,29)<br />

Margarethe Engelhardt-<br />

Krajanek:<br />

Gefühle<br />

1 CD<br />

€ 18,10 (Ö1 Club: € 16,29)<br />

Michael Köhlmeier &<br />

Hans Theessink:<br />

Westernhelden<br />

2 CDs<br />

€ 21,70 (Ö1 Club: € 19,53)<br />

Andreas Vitásek:<br />

Austrophobia<br />

2 CDs<br />

€ 21,70 (Ö1 Club: € 19,53)<br />

Axel Corti:<br />

Der Schalldämpfer, Vol. 3<br />

1 CD<br />

€ 18,10 (Ö1 Club: € 16,29)<br />

Willi Resetarits:<br />

Glück<br />

1 CD<br />

€ 18,10 (Ö1 Club: € 16,29)


Im Jänner freuen wir uns …<br />

Corporate Design<br />

Fotografie<br />

Packaging<br />

Buchgestaltung<br />

Informationsdesign<br />

Editorial<br />

Ausstellungen<br />

Specials<br />

www.himmel.co.at<br />

… – neben einem Besuch von Peter Filzmaier – vor allem auf<br />

Johannes Huber. Der bekannte Arzt und noch bekanntere<br />

Vortragende kommt mit seinem neuen Buch „Die Anatomie<br />

des Schicksals“ Ende Jänner zu uns.<br />

Wieso brachte die Strauß-Dynastie so viele<br />

Musiker hervor? Zufall? Gene? Schicksal?<br />

Die moderne Medizin sieht das anders. Sie<br />

geht davon aus, dass in dieser Familie schon<br />

die Ungeborenen im Bauch der Mutter so<br />

viel Musik gehört haben, dass ihr Leben<br />

dadurch vorbestimmt war.<br />

Das ist nur eins von vielen Beispielen dafür,<br />

wie die medizinische Forschung die wahren<br />

Zusammenhänge hinter dem erkennt, was<br />

die Menschheit bisher für schicksalshaft<br />

hielt. So bestimmen über die so genannte<br />

„Epigenetik“ Verhaltensweisen von Vorfahren,<br />

die wir gar nicht gekannt haben,<br />

über unsere eigenen mit. Ob wir zum Übergewicht<br />

neigen oder fit und schlank sind,<br />

hat wie vieles andere mit dem Akt unserer<br />

Zeugung zu tun: Wie war die Temperatur?<br />

Wie fit war unser Vater? Auch scheinbar<br />

schicksalhafte gesellschaftliche Entwicklung<br />

wie die zunehmende Aggressivität haben<br />

einen nüchternen medizinischen Hintergrund:<br />

So weisen aktuelle Untersuchungen<br />

nach, dass Umweltbelastungen Aggressionen<br />

und auch Depressionen fördern.<br />

Der Reproduktionsmediziner Johannes<br />

Huber zeigt in seinem neuen Buch „Die<br />

Anatomie des Schicksals“, was wirklich<br />

über uns bestimmt, und er liefert nicht nur<br />

beeindruckende Fakten aus dem aktuellen<br />

Stand der Forschung. Er hat auch eine gute<br />

Nachricht: Wir sind dem, was wir für unser<br />

Schicksal halten, nie ausgeliefert. Wir haben<br />

immer die Chance, es mit den richtigen<br />

Methoden selbst in die Hand zu nehmen<br />

und damit unser Leben in unserem eigenen<br />

Sinn zu verändern. Diese Methoden können<br />

so einfach sein, z. B. grünen Tee<br />

trinken.<br />

© Lukas Beck<br />

Buchtipp:<br />

Johannes Huber:<br />

Die Anatomie des Schicksals<br />

edition a,<br />

256 S., € 24,–<br />

Buchpräsentation:<br />

Fotoprojekt: Fashion victim – Monbrée (2019)<br />

Mit Johannes Huber<br />

Fr., 28. Jänner 2020, 19:30 Uhr<br />

Wagner’sche Universitätsbuchhandlung<br />

Eintritt: 9,– / 7,–<br />

(Ö1- oder Wagner-Card)


Trio Lepschi’s<br />

rabenschwarze<br />

Sonntagsmatinee<br />

© XXX<br />

Frischer Wind<br />

in der<br />

Wagner’schen<br />

Haben Sie gewusst, dass 50 Prozent aller<br />

Geschäftsführer und 35 Prozent aller<br />

Unternehmensgründer Österreichs eine<br />

Lehre absolviert haben? Wir sind stolz, dass<br />

wir, trotz aller Medienberichte über den<br />

Lehrlingsmangel, allein heuer vier Lehrlinge<br />

einstellen konnten. Es ist schön, wenn junge<br />

Leute den Buchhandel von der Pike auf lernen<br />

wollen. Das muss natürlich unterstützt<br />

werden. Für uns „alte Hasen“ ist die frische<br />

Energie sehr spannend und angenehm!<br />

Alle vier neuen Kolleginnen und Kollegen<br />

– Ana, Lisa, Selina und David – sind schon<br />

gut im Team integriert. Wir wünschen<br />

ihnen auch für die Berufsschule, die sie in<br />

drei Blöcken in der Berufsschule St. Pölten<br />

besuchen, alles Gute!<br />

24 / 7.<br />

Rund um die Uhr<br />

shoppen bei der<br />

Wagner’schen<br />

Wenn das Trio Lepschi, mit Kultautor Kennen Sie schon unseren neuen Internetshop<br />

www.wagnersche.at? Seit Ende April<br />

Stefan Slupetzky, auftritt, bleibt kein<br />

Auge trocken. Besonders Liebhaber<br />

präsentiert sich dieser völlig neu und das<br />

des Schwarzen Humors sind da dann mit noch mehr Auswahl! Sie finden bei<br />

stark gefährdet. Zu Slupetzky (Texte, uns über 6 Millionen Bücher, Hörbücher,<br />

Gesang, Säge, Posaune), gesellen sich E-Books, Filme und Spiele. Aber auch jede<br />

Martin Zrost (Komposition, Arrangement,<br />

Gesang, Gitarre, Klarinetten), Außerdem zeigen wir Ihnen unsere Lieb-<br />

Menge persönlicher Buchbesprechungen.<br />

Michael Kunz (Komposition, Arrangement,<br />

Gesang, Gitarre, Nasenflöte):<br />

gerade lesen, und stellen wöchentlich unter<br />

lingsbücher, verraten Ihnen, was wir selbst<br />

Keiner dieser drei kann alles, aber der Rubrik „Schaufenster“ verschiedene,<br />

alle können eines: aus Musik und<br />

meist etwas verrückte, Bücher-Auswahllisten<br />

zusammen.<br />

Texten einen raffinierten Cocktail<br />

Buchtipp:<br />

komponieren, der gleichermaßen rührt<br />

und schüttelt.<br />

Stefan Slupetzky:<br />

Was schreibt Klaus Nüchtern vom<br />

Der letzte große Trost<br />

Falter über sie: Lustig, brutal, deppert<br />

Rowohlt Verlag,<br />

und gemein: die fantastischen Lieder<br />

1256 S., € 11,30<br />

des Trio Lepschi.<br />

Was schreibt Ernst Molden im<br />

Kurier: Vor allem aber: Trio Lepschi.<br />

Veranstaltungstipp: Dieses tintenrabenpechschwarze<br />

Wunder versüßt mir meinen Herbst am<br />

Das Trio LEPSCHI<br />

nachhaltigsten.<br />

voll im Bild – Matinee<br />

Und was werden erst Sie schreiben,<br />

So., 23. <strong>No</strong>vember 2019,<br />

wenn sie das Trio Lepschi einmal live<br />

71<br />

11 Uhr<br />

erlebt haben, und das bei freiem Eintritt!<br />

Galerie Art-Depot,<br />

Maximilianstraße 3/Stöckl,<br />

6020 Innsbruck<br />

Eintritt frei<br />

Bücher seit 1639<br />

Autorinnen und Autoren<br />

dieser Ausgabe<br />

Michael Carli, gelernter Kulturvermittler, Werber und<br />

Lebensmittelhändler. Lebt in Innsbruck, liebt Sardinien.<br />

Ágnes Czingulszki, 1987 geboren in Baja (Südungarn), lebt<br />

– nach einigen Stationen in Europa – nun als Journalistin<br />

und Autorin in Innsbruck. U. a. „ich dachte an siracusa“<br />

(ed. Exil)<br />

Christine Frei, geboren 1966 in Baden-Württemberg, aufgewachsen<br />

in Deutschland und in Südtirol, lebt seit 1986<br />

in <strong>No</strong>rdtirol. Studium der Germanistik und Geschichte,<br />

Post-Graduate-Ausbildungen in Kommunikation. Schreibt<br />

seit Mitte der neunziger Jahre, vor allem lyrische und dramatische<br />

Texte. Zuletzt etwa die Farce „entweder es brennt oder<br />

es dauert“ (Westbahntheater).<br />

Martin Fritz, geboren 1982, studierte Vergleichende<br />

Literaturwissenschaft und Deutsche Philologie in Innsbruck,<br />

hört sich in seiner Freizeit gerne DJ Patex’ Coverversion des<br />

Songs „I Wish I Was Him“ an. War Teil der 1. Innsbrucker<br />

Lesebühne „Text ohne Reiter“, ist Teil der Innsbrucker Lesebühne<br />

„FHK5K“.<br />

Nina Gruber, geboren 1988, studierte Slawistik mit Schwerpunkt<br />

auf russischer Kultur- und Literaturwissenschaft. Seit<br />

2015 ist sie als Lektorin beim Haymon Verlag tätig.<br />

Klaudia Grünfelder, 1995 im schönen Südtirol geboren, ist<br />

leidenschaftliche Buchhändlerin und hat immer ein Buch in<br />

der Tasche. Im Moment unterstützt sie die Literaturabteilung<br />

und betreut die Fremdsprachen sowie Jugendbuch, Fantasy<br />

und Manga.<br />

Susanne Gurschler lebt als freie Journalistin und Autorin<br />

in Innsbruck. Zuletzt erschienen: „111 Orte in Tirol, die<br />

man gesehen haben muss“ und „111 Orte in Innsbruck,<br />

die man gesehen haben muss“ (beide Emons Verlag) sowie<br />

„Zeitblende Tirol. Defner Fotografien von 1925 bis heute“<br />

zusammen mit Thomas Defner (Tyrolia Verlag). Weitere<br />

Infos unter: www.susannegurschler.at<br />

Andreas Hauser erbte die Liebe zur Kriminalliteratur von<br />

seinem Vater, schrieb lang im Tiroler Magazin ECHO Beiträge<br />

zu Wissenschaft und Zeitgeschichte, Empfehlungen von<br />

Krimis, Thrillern und Literatur. Seit 2015 Mitarbeiter und<br />

CP-Redakteur der KULTIG Werbeagentur in Innsbruck.<br />

Marina Höfler, 1994 in Feldkirch/Vorarlberg geboren, fürs<br />

Studium der Translationswissenschaft und Vergleichenden<br />

Literaturwissenschaft nach Innsbruck gezogen. Studiert im<br />

Master Vergleichende Literaturwissenschaft, arbeitet seit<br />

März 2019 beim Haymon Verlag.<br />

Isa Hörmann, geboren 1979 in Innsbruck, kreativ als Texterin<br />

und Autorin. Schreibverliebt. Fasziniert von Wort und<br />

Sprache. Debütroman „Dünnes Glas“, erhältlich – u. a. – in<br />

der Wagner’schen!<br />

Markus Köhle (geboren 1975, Nassereith) ist Sprachinstallateur,<br />

Literaturzeitschriftenaktivist und Papa Slam<br />

Österreichs. Er schreibt, um gehört zu werden, ist aber auch<br />

da und dort zu lesen. Aktuell: „Rohrköhlauer – Foto-Text-<br />

Interferenzen“ (Sonderzahl 2019); www.autohr.at<br />

Christophe Koroknai, geboren 1988, Studium der Komparatistik<br />

in Innsbruck. Arbeitet seit 2014 im Haymon Verlag.<br />

Lena Kripahle-Wiek, Wagner’sche-Buchhändlerin in Karenz.<br />

Neben Nähen von Babykleidung immer noch süchtig nach<br />

Büchern und Hörbüchern.<br />

Joachim Leitner, studierter Komparatist, ist seit 2012<br />

Kulturredakteur der Tiroler Tageszeitung – und macht<br />

gelegentlich Radio.<br />

Maria Neumayr, geboren 1994, studierte Germanistik<br />

und Anglistik in Innsbruck. Liebt Bücher so lange sie sich<br />

zurückerinnern kann und ist, wenn sie nicht gerade liest, in<br />

der Kinderbuch- und Ratgeberabteilung der Wagner’schen<br />

zu finden.<br />

Ruth Pearce, geborene Innsbruckerin, porträtiert unter dem<br />

Namen pearceX Charaktere nach persönlichem Gefallen.<br />

Ausstellungen finden spontan in ungewöhnlichen Locations<br />

statt. (www.fotoruth.at, www.pearceX.space)<br />

Thomas Raab, geboren 1970 in Wien. Kindheit in Ordnung,<br />

Schulzeit eher mühsam, dann doch Matura. Danach Liedermacher,<br />

inklusive Studienabschluss Mathematik & Sport,<br />

seit 2006 freier Schriftsteller. Die Metzger-Serie wurde mit<br />

Robert Pallfrader in der Rolle des Adrian Metzger verfilmt.<br />

2017 erhielt Raab den 1. Österreichischen Krimipreis. Zuletzt<br />

erschien „Walter muss weg“ (KiWi 2018).<br />

Uschi Reichholf, die gelernte Drogistin und Naturliebhaberin,<br />

arbeitet seit 2,5 Jahren in der Wagner’schen.<br />

Markus Renk, seit 33 Jahren in der Buchbranche. Fachgruppen-Obmann<br />

der Buch- und Medienwirtschaft Tirol<br />

und seit Oktober 2015 neuer Chef der Wagner’schen.<br />

Robert Renk, Buchhändler und Kulturveranstalter. Gastdozent<br />

an der Uni Innsbruck. Sortimentsleiter in der<br />

Wagner’schen. Gibt das Wagner-Magazin heraus.<br />

Beatrix Rettenbacher, geb. 1969, ist in Tirol aufgewachsen.<br />

Nach dem Kunststudium an der Angewandten in Wien<br />

war sie Texterin bei Demner, Merlicek & Bergmann und<br />

bei Scholz & Friends in Hamburg. Seit 2000 betreibt sie gemeinsam<br />

mit Heidi Sutterlüty-Kathan das Gestaltungsbüro<br />

Weiberwirtschaft in Innsbruck.<br />

Nina Rettenbacher brachte uns der Koch- und Gärtnerhimmel<br />

in die Wagner’sche. Erste Stadtgärtnerin und<br />

grandiose Köchin & Gastgeberin im 1. Stock.<br />

Florian Josef Rinderer, geboren in einem seitentalverzweigtem<br />

Seitental, hat Berge gegen Berge getauscht, um<br />

in Innsbruck zu leben. Schreibt nur seriöseste Kürzestbiografien.<br />

Anna Rottensteiner, Autorin und Leiterin des Literaturhauses<br />

am Inn. Publikationen: „Lithops. Lebende Steine“ (2013),<br />

„Nur ein Wimpernschlag“ (2016) – beide ed. laurin.<br />

Bernhard Sandbichler, geboren 1965, studierte Germanistik<br />

und Romanistik in Innsbruck und Besançon. Literaturvermittler<br />

und Sprach-Therapeut.<br />

Peter Schafferer, geboren 1968, verfasst seit 1993 Porträts<br />

und Kurzgeschichten von Menschen. Als Öffentlichkeitsarbeiter<br />

für die Lebenshilfe nutzt er die reiche Schatzkiste an<br />

Begegnungen und Entwicklungsgeschichten: vom Zivildiener<br />

bis zum Pensionisten, der sich mit 70 noch mal auf Reisen<br />

begibt.<br />

Andrea Scheiber, seit 1992 in der Wagner’schen Buchhandlung,<br />

liest natürlich gerne Kinderbücher und Krimis,<br />

liebt Backen und lange Spaziergänge.<br />

Siljarosa Schletterer studiert u. a. Musikwissenschaft (partiell<br />

Literaturwissenschaft); schreibt Rezensionen und Kritiken in<br />

verschiedenen Magazinen; feiert den Widerstand, die Kunst<br />

und die Poesie: u. a. Moderation der Lyriksendung „wortflair“<br />

auf freirad.<br />

Bernd Schuchter, geboren 1977 in Innsbruck, studierte<br />

Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Universität<br />

Innsbruck. Autor und Verleger (Limbus Verlag). Zuletzt:<br />

„Gebrauchsanweisung für Tirol“ (Piper), „Aufwachsen in<br />

Innsbruck“ (Wagner’sche) und „Rikolas letzter Auftritt“<br />

(braumüller)-<br />

Evelyn Unterfrauner, Online Marketing Managerin bei<br />

Random House (btb und Luchterhand) und Buchbloggerin<br />

im Netz. Sie schaffte es drei Jahre in Folge auf die Shortlist<br />

des Buchblog Awards und betreibt den Blog Book Broker<br />

auf www.bookbroker.wordpress.com.<br />

Marlene Walder, geboren 1994. Seit 2013 in der Wagner’-<br />

schen. Steckt hinter den Blind Dates und ist seit <strong>No</strong>vember<br />

2017 Abteilungsleiterin für Ratgeber und Kinderbuch.<br />

Verena Zankl, geboren 1980 in Lienz, Studium der Germanistik<br />

in Innsbruck (Promotion 2014), freie Lektorin und<br />

Literaturwissenschaftlerin.<br />

Jenni Zeller, geboren 1993. Von klein auf passionierte<br />

Sprachliebhaberin. Liebt Bücher, Zeichnen, Wandern und<br />

Kanada. Studiert im Master Konferenzdolmetschen und<br />

Philosophie an der Uni Innsbruck. Freiberufliche Journalistin<br />

bei der Oberländer Rundschau, seit Februar 2019 in der<br />

Wagner’schen daheim.<br />

Klaus Zeyringer war Univ.-Prof. für Germanistik in Frankreich.<br />

Ist Literaturkritiker insbesondere für Der Standard<br />

(Wien), Jurymitglied der „ORF-Bestenliste“; Bücher zuletzt:<br />

„Olympische Spiele. Eine Kulturgeschichte von 1896 bis<br />

heute“. Bd. 1: Sommer (S. Fischer 2016); Bd. 2: Winter (S.<br />

Fischer 2018); „Das wunde Leder. Wie Kommerz und Korruption<br />

den Fußball kaputt machen“ (mit Stefan Gmünder;<br />

Suhrkamp 2018).<br />

Gernot Zimmermann, 1962 in Innsbruck geboren und in den<br />

Stadteilen Höttinger Au, Wilten, Reichenau und Amras aufgewachsen.<br />

Nach Abschluss seiner kaufmännischen Lehre<br />

hat Zimmermann 1983 den Taxiführerschein gemacht und<br />

war danach 24 Jahre lang als Taxifahrer in Innsbruck unterwegs.<br />

Heute ist Gernot Zimmermann Journalist, Redakteur<br />

und Autor.


Wagner’sche.<br />

Bücher seit 1639<br />

Museumstraße 4<br />

6020 Innsbruck<br />

T. +43 512 59505 0<br />

info@wagnersche.at<br />

www.wagnersche.at

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