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Remake Programm 2019

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Geschichtsanschauung. HerStory im Kino<br />

Mit dem diesjährigen <strong>Remake</strong> rückt die Kinothek dasjenige Moment ins Zentrum,<br />

das ihre Arbeit seit 20 Jahren bewegt: Geschichte. Geschichte des Films, Geschichte<br />

im Film und die besondere Möglichkeit des Kinos, Vergangenheit(en) zu<br />

vergegenwärtigen. Die Filmauswahl soll deutlich werden lassen, wie unterschiedlich<br />

Filme mit der Geschichte umgehen. Spielfilme aus den 1920er Jahren – etwa<br />

der schwedische Thora van Deken – bringen das Aufklärungspotential in der<br />

Wahrnehmung von Vergangenheit auf ihre Weise ebenso zur Darstellung<br />

wie die Subversion des Western durch die Regisseurin Maggie Greenwald in<br />

The Ballad of Little Jo von Anfang der 1990er. Filme hinterfragen auch unser<br />

Geschichtsbewusstsein. Wir denken, wir wissen, was Geschichte ist, aber Daughters<br />

of the Dust von Julie Dash lässt erfahren, dass es andere Geschichtsauffassungen<br />

gibt, ein anderes Verhältnis zum Leben der Vorfahren.<br />

Die Möglichkeiten des Films zur Vergegenwärtigung von Geschichte zeigen<br />

sich in unserem <strong>Programm</strong> insbesondere in den Versuchen, Geschichte wiederzugewinnen<br />

– für diejenigen und von ihnen, denen Geschichte abgesprochen wird.<br />

Gezeigt werden Dokumentarfilme, zum Teil arbeiten sie mit Amateurmaterial: Das<br />

falsche Wort (Katrin Seybold und Melanie Spitta), Absent Present (Angelika Levi),<br />

ums freiwerden hätte es ja gehen sollen (Elfriede Irrall). Doch nehmen sich Spielfilme<br />

auf andere Weise auch der als geschichtslos geltenden an, wie gerade auch neuere<br />

Arbeiten zeigen. In Pokot (Die Spur) spielt Agnieszka Holland mit einer Umkehr der<br />

Perspektive, mit der Imagination der Tiere als Subjekte der Kriminalstory; gleichzeitig<br />

schlägt sie den Bogen von der ’68er Geschichte zu heutigen politischen Forderungen<br />

nach Anerkennung des Tierrechts und einem anderen Umgang mit unserer Umwelt.<br />

Debra Granik reflektiert in Leave No Trace die amerikanische Gegenwart von<br />

Randexistenzen her und verweist auf geschichtliche Traumata, die unaufgelöst die<br />

Gesellschaft zerstören.<br />

Die Geschichte des queer cinema und die Geschichte von lesbischen Frauen im<br />

Kino bilden einen Schwerpunkt im <strong>Programm</strong> – darunter so wunderbare, aber selten<br />

zu sehende Spielfilme wie Olivia von Jacqueline Audry und Ich, die Unwürdigste<br />

von allen der Argentinierin María Luisa Bemberg, aber auch ein Punk-Klassiker:<br />

Rote Ohren fetzen durch Asche von Ursula Pürrer, Ashley Hans Scheirl und Dietmar<br />

Schipek.<br />

Im <strong>Programm</strong> fehlen ebenso wenig prominente Filme wie Flügel von Larisa Shepitko,<br />

der den zweiten Weltkrieg im Rückblick einer ehemaligen Kampffliegerin zeigt, oder<br />

The Hour of Liberation Has Arrived von Heiny Srour, ein unerhörtes Dokument aus<br />

den 1970er Jahren von der Befreiungsbewegung im Oman und der Stellung der<br />

Frauen in diesem Kampf.<br />

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