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Leseprobe CONNEXI Diabetes Adipositas Ausgabe 9-2019

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<strong>Diabetes</strong><br />

<strong>Adipositas</strong><br />

9-<strong>2019</strong>


Patienten mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und atherosklerotischer Herz- und Gefäßerkrankung <br />

BEKÄMPFEN SIE DEN<br />

KARDIOVASKULÄREN TOD<br />

JETZT MEHR DENN JE 1, 2<br />

JARDIANCE DIREKT NACH METFORMIN – VON ANFANG AN a<br />

38 % relative Risikoreduktion der kardiovaskulären Mortalität 1, 2<br />

35 % relative Risikoreduktion für Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz 1, 2 , b<br />

Bewährte HbA 1c -Senkung 1<br />

ADA / EASD empfehlen Empagliflozin als bevorzugten SGLT-2-Hemmer bei Patienten<br />

mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und ASCVD, HF und / oder CKD 3, c<br />

ASCVD = atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung; HF = Herzinsuffizienz; CKD = chronische Nierenerkrankung.<br />

Ú EMPA-REG OUTCOME ® -Studienpopulation: erwachsene Patienten mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und KHK oder pAVK oder vorangegangenem Myokardinfarkt oder Schlaganfall (Ereignis > 2 Monate). | a. Gemäß Anwendungsgebiet<br />

in der aktuellen Fachinformation 1 | b. Im Rahmen der Therapie des Typ-2-<strong>Diabetes</strong>. | c. Gemäß Anwendungsgebiet in der aktuellen Fachinformation. Bitte beachten: erstens sind die spezifischen<br />

Anwendungsbeschränkungen von Empagliflozin bei einer eGFR < 60 ml / min / 1,73 m 2 bzw. < 45 ml / min / 1,73 m 2 in der Fachinformation 1 ; zweitens ist Canagliflozin auf dem deutschen Markt nicht verfügbar<br />

(Stand April <strong>2019</strong>). | 1. Fachinformation JARDIANCE ® (Empagliflozin), Stand: Januar <strong>2019</strong>. | 2. Zinman B et al. N Engl J Med 2015; 373(22): 2117 – 28. | 3. Davies MJ et al. Diabetologia 2018; 61(12): 2461 – 98.<br />

Jardiance® 10 mg/25 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Empagliflozin. Zusammensetzung: Eine Tablette Jardiance® enthält 10 mg bzw. 25 mg Empagliflozin. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat, mikrokristalline<br />

Cellulose, Hyprolose, Croscarmellose-Natrium, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat, Hypromellose, Titandioxid (E171), Talkum, Macrogol (400), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172). Jede Tablette enthält<br />

weniger als 1 mmol Natrium (23 mg). Anwendungsgebiete: Jardiance wird zur Behandlung von Erwachsenen mit nicht ausreichend behandeltem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> mellitus als Ergänzung zu Diät und Bewegung<br />

angewendet: als Monotherapie bei Metforminunverträglichkeit u. zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von <strong>Diabetes</strong>. Zu Studienergebnissen im Hinblick auf Kombinationen, die Wirkung auf Blutzuckerkontrolle<br />

und kardiovaskuläre Ereignisse sowie die untersuchten Populationen siehe Fachinformation, Abschnitte 4.4, 4.5 und 5.1. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der<br />

sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Hypoglykämie (bei Kombination mit Sulfonylharnstoff oder Insulin). Häufig: vaginale Moniliasis, Vulvovaginitis, Balanitis, andere genitale Infektion, Harnwegs<br />

infektion (einschließlich Pyelonephritis und Urosepsis), Pruritus (generalisiert), Hautausschlag, verstärkte Harnausscheidung, Durst, Serumlipide erhöht. Gelegentlich: Urtikaria, Volumenmangel, Dysurie,<br />

Kreatinin im Blut erhöht / glomeruläre Filtrationsrate vermindert, Hämatokrit erhöht. Selten: diabetische Ketoazidose. Häufigkeit nicht bekannt: Angioödem, nekrotisierende Fasziitis des Perineums (Fournier’s<br />

Gangrän). Warnhinweise: Enthält Lactose. Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Weitere Hinweise: Siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Stand: Jan. <strong>2019</strong><br />

April <strong>2019</strong><br />

Pharmazeutischer Unternehmer: Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG,<br />

Binger Str. 173, 55216 Ingelheim am Rhein, Tel.: 08 00 / 77 90 90 0, Fax: 0 61 32 / 72 99 99,<br />

E-Mail: info@boehringer-ingelheim.com<br />

96/19<br />

abcd


EDITORIAL<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

in dieser connexi-<strong>Ausgabe</strong> widmen wir uns wesentlichen<br />

Aspekten der Diabetologie sowie der <strong>Adipositas</strong><br />

mit oft übergreifender Bedeutung. So berichtet Oana<br />

Patricia Zaharia aus Düsseldorf über Ergebnisse der<br />

Anwendung des von einer schwedischen Arbeitsgruppe<br />

vorgeschlagenen Cluster-Algorithmus zur<br />

Neuklassifizierung unterschiedlicher <strong>Diabetes</strong>formen,.<br />

Die neue Klassifizierung für Typ-1- und Typ-2-Patienten<br />

in fünf Subphänotypen des <strong>Diabetes</strong> könnte die<br />

Vorhersage von diabetesbedingten Komplikationen<br />

beeinflussen und damit gezieltere Therapien erlauben.<br />

Ein relevantes Thema stellt, angesichts der steigenden<br />

Zahlen der von Typ-2-<strong>Diabetes</strong> betroffenen<br />

Menschen, das Thema „Insulinresistenz und Krebs“<br />

dar. Hyper insulinämie auf der Basis von Insulinresistenz<br />

gilt als eine der möglichen Ursachen für das<br />

erhöhte Krebsrisiko von Typ-2-Patienten. Es spricht<br />

Vieles dafür, dass <strong>Adipositas</strong> beide verbindet. Karsten<br />

Müssig und Laura Dauben liefern dazu einen<br />

umfassenden Überblick.<br />

Anke Bahrmann aus Heidelberg und Michael Uhlig<br />

aus Bochum beschäftigt die Versorgung alter<br />

Menschen mit <strong>Diabetes</strong>, speziell die Frage, welche<br />

Technologien für Senioren mit <strong>Diabetes</strong> hilfreich<br />

sind. Es kommt auf Passgenauigkeit und Anwenderfreundlichkeit<br />

an. Und auch die Helfer müssen<br />

mit den Systemen zurechtkommen.<br />

Dass der Schlaf-Wach-Rhythmus von Menschen<br />

individuell verschieden ist, ist bekannt. Daten<br />

sprechen zudem dafür, dass offenbar auch Zusammenhänge<br />

zwischen dem Chronotyp und dem<br />

Gesundheitsverhalten der Menschen existieren.<br />

Dies lässt sich bereits bei Kindern und Jugendlichen<br />

beobachten und scheint auch die kognitive<br />

Kontrolle des Essverhaltens zu beeinflussen. Mit<br />

diesem Thema beschäftigt sich der Tübinger Wissenschaftler<br />

Christoph Randler.<br />

Guido Freckmann, Sara Vetrugno und Delia<br />

Walden maier befassen sich mit der Frage „Time<br />

in Range oder HbA1c?“. Es wird darüber diskutiert,<br />

ob sich die aufwändige Therapiekontrolle mittels<br />

HbA1c durch die kontinuierlich erfasste Ermittlung<br />

der Time in Range im klinischen Alltag ersetzen<br />

lässt. Die Ulmer Forscher gehen dieser Frage auf<br />

den Grund.<br />

Haben Sie sich schon einmal über die rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen der Patientenkommunikation<br />

Gedanken gemacht? Andreas Staufer, Fachanwalt<br />

für Medizinrecht und für Informationstechnologierecht<br />

hat sich mit der rechtlichen Seite der<br />

Patientenkommunikation auseinandergesetzt und<br />

beschreibt, worauf es ankommt.<br />

Vom Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie<br />

präsentieren wir Ihnen einen interessanten<br />

Beitrag über Gemeinsamkeiten zwischen Morbus<br />

Parkinson und <strong>Diabetes</strong> auf zellulärer Ebene. Es<br />

wurde untersucht, wie verflochten der Stoffwechsel<br />

von Dopamin und Insulin mit einander sind.<br />

Last but not least stellen wir Ihnen in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

ab Seite 46 eine Auswahl neuester Studienergebnisse<br />

von der Tagung der European Association<br />

for the Study of <strong>Diabetes</strong> vor.<br />

Wir wünschen Ihnen eine interessante und spannende<br />

Lektüre!<br />

Berlin, Oktober <strong>2019</strong><br />

Anja Lamprecht<br />

anja.lamprecht@thepaideiagroup.com<br />

Herzlichst Anja Lamprecht<br />

Verlegerin


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Editorial 3<br />

Anja Lamprecht<br />

<strong>Diabetes</strong> <strong>2019</strong> 6<br />

Frauen im Fokus: <strong>Diabetes</strong>-Patientinnen<br />

haben ein höheres Mortalitätsrisiko<br />

Eulen und Lerchen 20<br />

Chronotyp und Ernährungsverhalten bei<br />

Kindern und Jugendlichen<br />

Christoph Randler<br />

<strong>Diabetes</strong> neu klassifiziert 9<br />

Neue Subphänotypen des <strong>Diabetes</strong> und<br />

ihre Komplikationen<br />

Oana Patricia Zaharia<br />

<strong>Adipositas</strong><br />

Bewegung<br />

Krebs<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

Ernährung<br />

Hilfen im Alter 23<br />

Technologien für Senioren mit <strong>Diabetes</strong> –<br />

welche sind hilfreich?<br />

Anke Bahrmann, Michael Uhlig<br />

Einflussfaktoren 14<br />

Insulinresistenz und Krebs<br />

Laura Dauben, Karsten Müssig<br />

TiR<br />

Therapiekontrolle 28<br />

Time in Range (TiR) oder HbA1c?<br />

Guido Freckmann, Sara Vetrugno, Delia Waldenmaier<br />

4


EASD <strong>2019</strong> News<br />

Zusammenhänge 31<br />

Was verbindet Parkinson und <strong>Diabetes</strong>?<br />

Eine Zeitreise 34<br />

Zehn Jahre humane GLP-1-Rezeptor-Agonisten –<br />

was bringt die Zukunft?<br />

Symposiumsbericht<br />

!<br />

Ergebnisse der DAPA-HF-Studie 46<br />

Ein Antidiabetikum gegen Herzinsuffizienz?<br />

Die VERIFY-Studie 47<br />

Von Anfang an kombinieren bringt mehr<br />

Kardiovaskuläre Sicherheitsstudie 48<br />

CAROLINA: Linagliptin gegen Glimepirid<br />

Vitamin D 48<br />

Vitamin-D3-Mangel ist assoziiert mit erhöhter<br />

Mortalität<br />

Risiko für <strong>Diabetes</strong> Typ 2 49<br />

Bestimmte Berufsgruppen sind besonders gefährdet<br />

Enzyme und Typ-2-<strong>Diabetes</strong> 49<br />

Niedrige ACE-Aktivität vermindert das Risiko für<br />

<strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />

Neues nicht-invasives Verfahren 50<br />

Neuer Marker zur Vorhersage von<br />

Prädiabetes und <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />

Gewichtung von Risikofaktoren 50<br />

<strong>Adipositas</strong> wichtigste Säule bei<br />

Primärprävention von <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />

Regulatory Affairs<br />

Tipps vom Anwalt 36<br />

Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

für die Patientenkommunikation<br />

Andreas Staufer<br />

CHMP-Empfehlung 51<br />

Glucagon als Nasenspray zur Behandlung<br />

schwerer Hypoglykämien<br />

<strong>Diabetes</strong>therapie zu Hause 40<br />

Risikofaktor Patient<br />

Symposiumsbericht<br />

Kardioschutz 43<br />

SGLT2-Inhibitoren bei Typ-2-<strong>Diabetes</strong>:<br />

Mehr als nur Blutzuckersenkung<br />

Symposiumsbericht<br />

The Story Behind® 53<br />

Gleichgewicht der Entdeckungen<br />

Michael Kaplan<br />

Impressum/Pro domo 54<br />

5


DIABETES <strong>2019</strong><br />

Frauen im Fokus: <strong>Diabetes</strong>-Patientinnen<br />

haben ein höheres Mortalitätsrisiko<br />

Die <strong>Diabetes</strong>forschung der letzten Jahre hat durch praxisrelevante Ergebnisse kontinuierlich zur Verbesserung<br />

der Patientenversorgung beigetragen. Aktuellste Daten, die auf dem 54. Kongress der Deutschen<br />

<strong>Diabetes</strong>gesellschaft (DDG) in Berlin sowie dem EASD in Barcelona präsentiert wurden, spiegeln das breite<br />

Themenspektrum und die Dynamik des Fachgebietes wider − von der Diskussion zur <strong>Diabetes</strong>klassifikation<br />

über Lebererkrankungen bis zu Heilungschancen bei <strong>Diabetes</strong>. Der Vorschlag einer neuen Einteilung in fünf<br />

<strong>Diabetes</strong>typen hat in diesem Heft neben Beiträgen zu Pathomechanismen, zu <strong>Diabetes</strong> bei Kindern und<br />

Jugendlichen, bei Älteren und zu neuen Therapieoptionen seinen eigenen Raum. Zu den wichtigen Themen,<br />

die in diesem Jahr auf dem Fachkongress besprochen wurden, zählten auch genderspezifische Aspekte der<br />

<strong>Diabetes</strong>-Erkrankung. Frauen wurden als besondere Risikogruppe identifiziert.<br />

Geschlechtsbezogene Aspekte des<br />

<strong>Diabetes</strong><br />

…und sie haben ein höheres<br />

Sterberisiko<br />

CONFERENCES<br />

In der langen Historie der <strong>Diabetes</strong>forschung<br />

wurden mittlerweile ausgeprägte Unterschiede<br />

zwischen Männern und Frauen sowohl in der<br />

Entstehung des <strong>Diabetes</strong> als auch im Verlauf<br />

der Erkrankung aufgedeckt. Diese sind jedoch<br />

noch immer nicht ausreichend untersucht, wie<br />

Professor Dr. med. Michael Roden, Direktor der<br />

Klinik für Endokrinologie und Diabetologie an der<br />

Heinrich-Heine-Universität und am Universitätsklinikum<br />

Düsseldorf und diesjähriger Präsident<br />

des deutschen <strong>Diabetes</strong>kongresses, berichtete. Es<br />

sei deshalb erforderlich, auch Risikofaktoren und<br />

Begleiterkrankungen bei <strong>Diabetes</strong>patienten und<br />

-patientinnen geschlechtsspezifisch zu betrachten.<br />

Bauchfett ist bei Frauen gefährlicher…<br />

Zwar besteht für übergewichtige Menschen beiderlei<br />

Geschlechts ein erhöhtes Risiko, an einem<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> zu erkranken. Aber Frauen werden<br />

im Allgemeinen häufiger übergewichtig und<br />

auch fettleibig. Ein hoher Bauchfettanteil stellt bei<br />

Frauen einen stärkeren Risikofaktor für <strong>Diabetes</strong><br />

dar als bei Männern, obwohl Letztere häufiger die<br />

als Stoffwechselgefahr bekannte bauchbetonte<br />

Fettverteilung entwickeln.<br />

Patientinnen mit Typ-1- und Typ-2-<strong>Diabetes</strong> entwickeln<br />

zudem häufiger Folgeerkrankungen als<br />

männ liche Diabetiker. Das hat Auswirkungen auf<br />

die Lebenserwartung: Sie ist bei Frauen mit Dia betes<br />

deutlich niedriger als bei zuckerkranken Männern. Wie<br />

die Leiterin des Klinischen Studien zen trums am Deutschen<br />

<strong>Diabetes</strong>-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf Privatdozentin<br />

Dr. med. Julia Szendrö di in der Pressekonferenz<br />

erklärte, habe man in allen Altersgruppen für Frauen<br />

eine höhere diabetesbedingte Sterberate festgestellt<br />

als bei Männern, wobei der Unterschied in der Altersgruppe<br />

der 65- bis 69-Jährigen am auffälligsten ist. So<br />

wurde in Deutschland bei Männern mit Typ‐2-Dia betes<br />

eine rund 2,8-fach höhere Sterberate als bei Gesunden<br />

festgestellt. Bei Frauen dagegen war das Risiko 4,2-<br />

fach erhöht. Diese Differenzen stellen aber offenbar<br />

kein Naturgesetz dar. Denn entsprechende Untersuchungen<br />

weisen darauf hin, dass die Übersterblichkeit<br />

von <strong>Diabetes</strong>patientinnen in Deutschland höher ist<br />

als beispielsweise in Schweden – und dies, obwohl die<br />

Gesundheitsversorgung beider Länder vergleichbar ist.<br />

90-fach höheres kardiovaskuläres<br />

Risiko<br />

Bei Diabetikerinnen ist die Sterblichkeit neben<br />

anderen Ursachen aufgrund von Herz-Kreis-<br />

6


DIABETES <strong>2019</strong><br />

© Science Photo Library/Gustoimages<br />

lauf-Erkrankungen erheblich erhöht. „Selbst bei<br />

Berücksichtigung aller anderen Risikofaktoren wie<br />

Übergewicht, Bluthochdruck, Blutfettwerte und<br />

Rauchen haben Frauen mit <strong>Diabetes</strong> im Vergleich zu<br />

betroffenen Männern ein um 27 % höheres Risiko<br />

für einen Schlaganfall und ein um 44 % höheres<br />

Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu erleiden“,<br />

betonte die Diabetologin. Die erhöhte Belastung<br />

gilt für Frauen mit <strong>Diabetes</strong> Typ 1 und Typ 2. Wer<br />

schon in früher Kindheit erkrankte, bei dem ist die<br />

Gefahr für die Entwicklung einer schweren kardiovaskulären<br />

Erkrankung sogar bis zu 90-fach höher<br />

als bei Frauen ohne <strong>Diabetes</strong>.<br />

Daten der Deutschen <strong>Diabetes</strong>-Studie am Deutschen<br />

<strong>Diabetes</strong>-Zentrum in Düsseldorf zeigen zudem,<br />

dass viele Frauen trotz optimaler Behandlungsbedingungen<br />

ihre Zielwerte für Blutzucker, Blutdruck- und<br />

Blutfettwerte nicht erreichen. Das könnte ein Grund<br />

für das höhere kardiovaskuläre Risiko sein.<br />

PCOS ist mit hohem <strong>Diabetes</strong>risiko<br />

assoziiert<br />

PCOS steht für Polyzystisches Ovarialsyndrom<br />

und wird auch als „<strong>Diabetes</strong> bärtiger Frauen“<br />

bezeichnet. Privatdozentin Dr. med. Susanne<br />

Reger-Tan beschäftigt sich schon länger mit diesem<br />

Krankheitsbild und erklärte: „<strong>Diabetes</strong> bärtiger<br />

Frauen“ weist schon auf den Zusammenhang zwischen<br />

einem gestörten Glukosestoffwechsel und<br />

den Geschlechtshormonen der betroffenen Frauen<br />

hin. Das <strong>Diabetes</strong>risiko von Frauen mit PCOS ist so<br />

hoch, dass sie darüber aufgeklärt werden sollten,<br />

empfiehlt die Oberärztin an der Klinik für Endokrinologie<br />

und Stoffwechselerkrankungen am Universitätsklinikum<br />

Essen.<br />

Zudem sollten die behandelnden Ärzte bei diesen<br />

Patientinnen neben den aktuellen Beschwerden auf<br />

die konsequente Überwachung und gegebenenfalls<br />

Therapie der metabolischen Komplikationen des<br />

PCOS achten, so Reger-Tan.<br />

Gestörter Hormonhaushalt<br />

Die Aufklärung ist deshalb wichtig, weil die<br />

Krankheit in der Bevölkerung zwar nur wenig<br />

bekannt ist, aber zum einen weitreichenden Einfluss<br />

auf das Leben vieler betroffener Frauen hat<br />

und zum anderen häufig ist: Jede achte junge Frau<br />

ist davon betroffen. Das entspricht einer Prävalenz<br />

von 15 %. Das Risiko für eine Frau mit PCOS einen<br />

<strong>Diabetes</strong> zu entwickeln, ist um das 2- bis 9-Fache<br />

erhöht. Wie der bei Frauen mit PCOS oft zu sehende<br />

Bartflaum zeigt, ist bei ihnen der Geschlechtshormonhaushalt<br />

gestört. Der Grund dafür sind zu<br />

viele männliche Hormone. Diese bewirken entsprechende,<br />

wenn auch stark variierende, Veränderungen<br />

des äußeren Erscheinungsbildes. Außerdem<br />

führt das Phänomen vielfach zu einer Hemmung<br />

des Eisprungs. Die männlichen Hormone können<br />

außerdem zu einem frühen Haarausfall führen,<br />

während gleichzeitig die Körperbehaarung,<br />

ebenfalls nach männlichem Verteilungsmuster,<br />

zunimmt. Bei vielen betroffenen Frauen tritt zudem<br />

die Menstruationsblutung verspätet ein oder fällt<br />

ganz aus. Dementsprechend leiden die Frauen oft<br />

unter einer verringerten Fruchtbarkeit.<br />

CONFERENCES<br />

7


DIABETES <strong>2019</strong><br />

CONFERENCES<br />

Hohes <strong>Adipositas</strong>-Risiko<br />

Viele der betroffenen Frauen leiden unter den<br />

Folgen der hormonellen Dysbalance erheblich und<br />

fühlen sich in ihrer Weiblichkeit gestört. Dass bei<br />

ihnen Übergewicht stark verbreitet ist, erhöht den<br />

Leidensdruck zusätzlich. Die Schuld an diesem Übergewicht<br />

tragen hier aber nicht nur die Frauen selbst,<br />

auch die Krankheit trägt dazu bei: Ein bestimmtes<br />

<strong>Adipositas</strong>-Risikogen, das in der weiblichen Bevölkerung<br />

mit einem BMI-Anstieg um 0,5 kg/m² assoziiert<br />

ist, wirkt sich bei Frauen mit PCOS doppelt stark aus.<br />

Nicht überraschend ist daher, dass Frauen mit PCOS<br />

viermal häufiger eine nichtalkoholische Leberverfettung<br />

mit erhöhtem Risiko für eine nichtalkoholische<br />

Steatohepatitis, Leberzirrhose oder sogar ein hepatozelluläres<br />

Karzinom entwickeln, ergänzte Reger-Tan.<br />

Angesichts des häufigen Übergewichts liegt es<br />

nahe, dass dem PCOS typischerweise eine Insulinresistenz<br />

zugrunde liegt. Eine Hyperinsulinämie<br />

fördert die Zunahme an Gewicht und zusätzlich<br />

die Bildung männlicher Hormone. Das bedeutet,<br />

unter der Insulinresistenz leidet nicht nur das<br />

äußere Erscheinungsbild, sondern es fördert auch<br />

die Entwicklung metabolischer Erkrankungen wie<br />

Typ‐2-<strong>Diabetes</strong> und Schwangerschaftsdiabetes.<br />

Therapie des PCOS<br />

Für die Therapie steht primär Metformin zur Verfügung.<br />

Es wirkt auf die Insulinresistenz und ist ein<br />

wesentlicher Baustein der Therapie. Unter Metformin-Therapie<br />

wurden sowohl eine Verringerung des<br />

Körpergewichts als auch der Gefahr für Frühgeburten<br />

und für frühe Fehlgeburten beobachtet. Inzwischen<br />

werden auch Inkretine auf ihren Nutzen für<br />

diese Patientinnengruppe geprüft. Die bisherigen<br />

Daten seien vielversprechend, so die Referentin.<br />

Helga Brettschneider, Redaktion<br />

Quelle: Pressekonferenzen der Deutschen <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft<br />

(DDG) anlässlich des <strong>Diabetes</strong> Kongresses <strong>2019</strong> (29. Mai<br />

bis 1. Juni <strong>2019</strong>) in Berlin<br />

13. Herbsttagung der DDG<br />

Alltagsleben mit<br />

<strong>Diabetes</strong><br />

Noch unter den Eindrücken der <strong>2019</strong> bereits<br />

stattgefundenen Kongresse findet am 8. und<br />

9. November in Leipzig die 13. Herbsttagung der<br />

Deutschen <strong>Diabetes</strong>gesellschaft statt. Unter dem<br />

Motto „<strong>Diabetes</strong> – Mitten im Leben“ steht hier<br />

die Translation neuester Erkenntnisse aus der<br />

<strong>Diabetes</strong>forschung in die Praxis im Vordergund.<br />

Unter der Leitung des Tagungspräsidenten<br />

Dr. Nikolaus Scheper aus Marl werden in zahlreichen<br />

interdisziplinären Veranstaltungen innovative<br />

Möglichkeiten der Prävention und Therapie der <strong>Diabetes</strong>erkrankung<br />

präsentiert. Gesundheitspoli tische<br />

Podiumsdiskussionen, Fortbildungsveranstaltungen<br />

für Assistenzberufe sowie Angebote für den Nachwuchs<br />

im <strong>Diabetes</strong>bereich komplettieren das Programm.<br />

Besonderes Augenmerk gilt in Leipzig solchen<br />

Themen, die Menschen mit <strong>Diabetes</strong> in den verschiedenen<br />

Lebenslagen und unterschiedlichen<br />

Altersgruppen beschäftigen. Neben dem großen<br />

Einfluss auf Lebensplanung und -alltag „kommen<br />

häufig psychische Belastungen wie Ängste – zum<br />

Beispiel vor schweren Unterzuckerungen – oder<br />

Depressionen hinzu“ sagt Dr. Scheper. „Auch im<br />

Ausbildungs- und Arbeitsleben wirft die Diagnose<br />

<strong>Diabetes</strong> bei Betroffenen und Angehörigen eine<br />

Vielzahl an Fragen auf„ ergänzt Dr. Cornelia Woitek,<br />

Tagungssprecherin und -koordinatorin. Was<br />

beschäftigt unsere Patienten, welche Probleme<br />

haben sie und wie können wir sie als betreuende<br />

Diabetologen unterstützen? Alltagsfragen, die das<br />

Leben mit <strong>Diabetes</strong> birgt, bieten in Leipzig reichlich<br />

Diskussionsstoff, der auch bis zum nächsten Kongress<br />

im Mai 2020 in Berlin nicht ausgehen wird.<br />

8


DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />

Neue Subphänotypen des <strong>Diabetes</strong> und<br />

ihre Komplikationen<br />

Oana Patricia Zaharia, Düsseldorf<br />

© mauritius images/Pete Hermes Furian/AlamY<br />

n=1.105<br />

22,35 % SAID<br />

2,53 % SIDD<br />

10,95 % SIRD<br />

29,23 % MOD<br />

34,93 % MARD<br />

Beim <strong>Diabetes</strong> mellitus handelt es sich um eine heterogene Erkrankung, die sich unter anderem in den<br />

Ursachen, dem Krankheitsverlauf sowie dem Risiko für die Entwicklung von Komplikationen unterscheidet.<br />

Bisherige Klassifikationen umfassen Hauptformen des <strong>Diabetes</strong> (Typ-1- und Typ-2-<strong>Diabetes</strong>), die sich in<br />

Bezug auf Insulinsekretion und Insulinsensitivität unterscheiden [1, 2]. Eine schwedische Arbeitsgruppe<br />

schlägt jetzt eine neue Einteilung des <strong>Diabetes</strong> mellitus vor, die möglicherweise helfen könnte, Patienten<br />

genauer zu charakterisieren und gezieltere Diagnose- und Therapieverfahren zu wählen [3].<br />

Mithilfe einer Clusteranalyse werden dabei<br />

Patienten mit Typ-1- und Typ-2-<strong>Diabetes</strong> in fünf<br />

Subgruppen eingeteilt. Patienten mit Gestationsdiabetes<br />

oder anderen spezifischen <strong>Diabetes</strong>formen<br />

wurden nicht berücksichtigt, da bei diesen Gruppen<br />

spezielle physiopathologische Hintergründe<br />

Abbildung 1: Clustereinteilung in der Deutschen<br />

<strong>Diabetes</strong>-Studie:<br />

22,35 % SAID, Schwerer Autoimmundiabetes;<br />

2,53 % SIDD, Schwerer Insulinmangel-<strong>Diabetes</strong>;<br />

10,95 % SIRD, Schwerer insulinresistenter <strong>Diabetes</strong>;<br />

29,23 % MOD, Milder adipositasbedingter <strong>Diabetes</strong>;<br />

34,93 % MARD, Milder altersbedingter <strong>Diabetes</strong>.<br />

CONFERENCES<br />

9


DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />

CONFERENCES<br />

vorliegen. Ähnlich wie die klassische Einteilung<br />

in Typ-1- und Typ‐2-<strong>Diabetes</strong> berücksichtigt auch<br />

die schwedische Forschergruppe bei ihrer neuen<br />

Einteilung der <strong>Diabetes</strong>typen Indizes für die Insulinsekretion<br />

und Insulinsensitivität, schloss jedoch<br />

auch weitere einfache anthropometrische und<br />

klinische Parameter mit ein. So basiert die Einteilung<br />

der Cluster auf sechs Variablen: dem Vorhandensein<br />

von diabetesrelevanten Autoantikörpern,<br />

dem Alter bei Diagnose, Body-Mass-Index (BMI),<br />

HbA1c-Wert und Schätzungen der Betazellfunktion<br />

anhand des Homeostasis Model Assessments<br />

(HOMA-B) und der Insulinresistenz (HOMA-IR). Die<br />

HOMA-Indizes lassen sich aus Nüchtern-Blutglukose<br />

und Nüchtern-C-Peptid berechnen [4].<br />

Fünf <strong>Diabetes</strong>-Subtypen<br />

Daraus ergab sich eine mögliche Einteilung in<br />

fünf <strong>Diabetes</strong>-Subtypen [5], welche sich unter<br />

anderem hinsichtlich des Risikos für die Entwicklung<br />

von Folgeerkrankungen unterschieden. Während<br />

es bereits Hinweise auf einen Zusammenhang<br />

zwischen einer Clusterzuordnung und dem Risiko<br />

für Nephropathie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

gibt [5], wurde die Risikostratifizierung für<br />

diabetische Neuropathie und nichtalkoholische<br />

Fettlebererkrankung (NAFL) bislang nicht angesprochen.<br />

NAFL wird häufig in Zusammenhang mit<br />

<strong>Diabetes</strong> gebracht und hat sich als Hauptrisikofaktor<br />

für Lebererkrankungen im Endstadium, aber<br />

auch als Prädiktor für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

herausgestellt [6, 7]. Bemerkenswerterweise<br />

steigt die Mortalität mit zunehmendem Fibrosestadium<br />

exponentiell an [8].<br />

Diese neue Clusterzuordnung zielt darauf ab,<br />

eine geschichtete, maßgeschneiderte Behandlung<br />

nach dem Konzept der Präzisionsmedizin zu entwickeln<br />

[9, 10]. Die neue Clustereinteilung kann<br />

wichtige Auswirkungen nicht nur auf die Diagnose<br />

und das Management des <strong>Diabetes</strong> haben, sondern<br />

auch auf die Vorhersage von diabetesbedingten<br />

Komorbiditäten und das Risiko für <strong>Diabetes</strong>komplikationen.<br />

Diese Hypothese muss aber in prospektiven<br />

klinischen Studien geprüft werden. Aus<br />

diesem Grund wurde in der Deutschen <strong>Diabetes</strong>-<br />

Studie [11] der Clustering-Algorithmus angewandt<br />

und die Risikostratifizierung für NAFL und diabetische<br />

Neuropathie getestet [12].<br />

Klinische und metabolische<br />

Merkmale der fünf <strong>Diabetes</strong>-Cluster<br />

Durch Anwendung des Algorithmus wurden drei<br />

schwerere und zwei milde <strong>Diabetes</strong>formen ermittelt.<br />

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die Verteilung<br />

der Studienpopulation in die vorgeschlagenen<br />

Cluster sowie die klinischen und metabolischen<br />

Merkmale der Cluster. Cluster 1 entspricht im<br />

Wesentlichen dem klassischen Typ-1-<strong>Diabetes</strong><br />

und zeichnet sich insbesondere durch positive<br />

Glutamat-Decarboxylase(GAD)-Antikörper, einen<br />

geringen BMI sowie einen Krankheitsbeginn im<br />

jungen Alter aus und wird als „schwerer Autoimmundiabetes“<br />

(SAID) bezeichnet. Cluster 2, der<br />

„schwere Insulinmangeldiabetes“ (SIDD) ähnelt<br />

in seinen Merkmalen dem Cluster 1, weist jedoch<br />

keine GAD-Antikörper auf. Vor allem Patienten<br />

dieser beiden Cluster wurde Insulin verordnet<br />

– zum einen aufgrund einer unzureichenden<br />

Stoffwechselkontrolle und des Nachweises von<br />

Autoantikörpern (Cluster 1) und zum anderen<br />

aufgrund der Betazelldysfunktion (erniedrigter<br />

HOMA-B) (Cluster 2). Demgegenüber finden sich<br />

im Cluster 3, dem „schweren insulinresistenten<br />

<strong>Diabetes</strong>“ (SIRD), eine ausgeprägte Insulinresistenz<br />

(hoher HOMA-IR) und ein hoher BMI. Cluster<br />

4 und 5 wiederum gehören zu den milder<br />

verlaufenden <strong>Diabetes</strong>formen. So wird Cluster 4<br />

als „milder adipositasbedingter <strong>Diabetes</strong>“ (MOD)<br />

10


DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />

80<br />

Alter<br />

60<br />

BMI<br />

150<br />

HbA1c<br />

Alter (Jahre)<br />

60<br />

40<br />

20<br />

BMI (kg/m 2 )<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

HbA1c (mmol/mol)<br />

100<br />

50<br />

0<br />

SAID<br />

SIDD<br />

SIRD<br />

MOD<br />

MARD<br />

SAID<br />

SIDD<br />

SIRD<br />

MOD<br />

MARD<br />

0<br />

SAID<br />

SIDD<br />

SIRD<br />

MOD<br />

MARD<br />

400<br />

HOMA2-B<br />

15<br />

HOMA2-IR<br />

HOMA2-B (%)<br />

300<br />

200<br />

100<br />

HOMA2-IR<br />

10<br />

5<br />

0<br />

SAID<br />

SIDD<br />

SIRD<br />

MOD<br />

MARD<br />

0<br />

SAID<br />

SIDD<br />

SIRD<br />

MOD<br />

MARD<br />

Legende: BMI, Body-Mass-Index; HbA1c, glykiertes Hämoglobin; HOMA2-B, Homeostasis Model Assessment der Betazellfunktion;<br />

HOMA2-IR, Homeostasis Model Assessment der Insulinresistenz; SAID, schwerer Autoimmundiabetes; SIDD, schwerer Insulinmangel-<strong>Diabetes</strong>;<br />

SIRD, schwerer insulinresistenter <strong>Diabetes</strong>; MOD, milder adipositasbedingter <strong>Diabetes</strong>; MARD, milder altersbedingter <strong>Diabetes</strong><br />

Abbildung 2: Klinische und metabolische Merkmale der Studienpopulation<br />

bezeichnet. Seine typischen Merkmale sind bestehendes<br />

Übergewicht, aber keine ausgeprägte Insulinresistenz.<br />

Einen nur gering erhöhten BMI und<br />

HbA1c-Wert sowie ein höheres Alter bei Diagnose<br />

zeigen Patienten im Cluster 5, dem „milden altersbedingten<br />

<strong>Diabetes</strong>“ (MARD).<br />

Nichtalkoholische<br />

Fettlebererkrankung<br />

Der Leberfettgehalt war bei SIRD-Patienten zu<br />

Studienbeginn am höchsten, ein Merkmal, das<br />

auch zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nach<br />

fünf Jahren noch vorlag. Der Fettleber-Index (FLI)<br />

blieb bei Patienten mit SIRD analog am höchsten,<br />

doch unterschied sich das Progressionsmuster<br />

( FLI) zwischen den Clustern, wobei der höchste<br />

mittlere Anstieg im SIDD-Cluster vorlag (9,9 vs.<br />

2,7 (SAID), 3,1 (SIRD), 0,2 (MOD) und 8,9 (MARD).<br />

Indizes (APRI- und NAFLD-FS-Scores) wurden<br />

verwendet, um die Leberfibrose zu quantifizieren,<br />

und beide Tests zeigten bei Patienten mit SIRD die<br />

höchste Ausprägung der Leberfibrose zu Studienbeginn.<br />

Nach fünf Jahren war die Fibrose (NAFLD-<br />

FS >0,6) bei SIRD-Patienten (21 %) am stärksten<br />

ausgeprägt im Vergleich zu SAID-Patienten (10 %),<br />

SIDD-Patienten (0 %), MOD-Patienten (16 %) und<br />

MARD-Patienten (11 %).<br />

CONFERENCES<br />

11


DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />

CONFERENCES<br />

Querschnittsanalysen zeigten, dass Patienten mit<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> häufig einen erhöhten Leberfettgehalt<br />

aufweisen [13], der auch mit einer erhöhten<br />

Insulinresistenz einhergeht. Die Beziehung zeigte<br />

auch eine mögliche genetische Verbindung, bei der<br />

der TM6SF2-Genpolymorphismus [14], der normalerweise<br />

mit einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung<br />

assoziiert ist, in einer früheren Studie<br />

mit SIRD assoziiert war [5]. In unserer Studie [12]<br />

war der Leberfettgehalt bei SIRD am höchsten, und<br />

während er bei MOD über einen Zeitraum von fünf<br />

Jahren am stärksten anstieg, blieb er auch nach<br />

fünf Jahren bei SIRD am höchsten, was darauf hindeutet,<br />

dass die Insulinresistenz im Hinblick auf die<br />

NAFL-Progression eine wichtigere Rolle spielt als<br />

das Körpergewicht. Mechanistisch könnte dies mit<br />

einer gestörten mitochondrialen Biogenese zusammenhängen,<br />

die mit dem Fortschreiten der NAFL<br />

zusammenhängt [15].<br />

Diabetische Neuropathie<br />

Diabetische Neuropathie war ein weiterer<br />

Aspekt, der in der Studienpopulation untersucht<br />

wurde. Die höchste Prävalenz sowohl für eine<br />

distal-symmetrische Polyneuropathie (DSPN) als<br />

auch für eine kardiovaskuläre autonome Neuropathie<br />

(KAN) wiesen zu Studienbeginn Patienten mit<br />

SIDD auf. Eine DSPN war am häufigsten bei SIDD<br />

(40 %) im Vergleich zu SAID (8 %), SIRD (17 %),<br />

MOD (11 %) und MARD (15 %).<br />

Es scheint, dass Insulinmangel oder Hyperglykämie<br />

wichtige Auslöser der diabetischen Neuropathie<br />

sind – sowohl der DSPN als auch einer KAN<br />

–, da die höchste Prävalenz bei SIDD beobachtet<br />

wird. In diesem Cluster war der HbA1c-Wert am<br />

höchsten und die Insulinsekretion am niedrigsten.<br />

Es wurde spekuliert, dass ein Mangel an Insulin die<br />

Zellschädigung fördert [16, 17]. Nichtsdestotrotz<br />

konnte eine Therapie mit Insulin und/oder anderen<br />

glukosesenkenden Medikamenten, die die Glukosehomöostase<br />

bei SIDD-Patienten zum Zeitpunkt<br />

der Folgeuntersuchung wieder ausbalancierte, die<br />

neuronale Signalübertragung und die Nervenfunktion<br />

bei diesen Patienten nicht wiederherstellen.<br />

Daher können SIDD-Patienten von diagnostischen<br />

Instrumenten zur Früherkennung von (prä-)diabetischer<br />

Neuropathie und zur Vorbeugung wichtiger<br />

klinischer Folgen wie Schmerzen, Fußgeschwüren<br />

und autonomen Dysfunktionen, die mit erheblicher<br />

Morbidität und Mortalität verbunden sind, profitieren<br />

[18].<br />

Fazit<br />

Oana Patricia Zaharia<br />

Oana-Patricia.Zaharia@ddz.de<br />

Zusammenfassend zeigte unsere Studie, dass<br />

Patienten mit <strong>Diabetes</strong> eine breite Palette von<br />

Stoffwechselmerkmalen aufweisen, die die Klassifizierung<br />

in Cluster ermöglichen, basierend auf<br />

Autoimmunität, Alter, BMI, Betazellfunktion und<br />

Insulinsensitivität als primären ätiologischen Parametern<br />

im Zusammenhang mit dem Auftreten von<br />

12


DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />

<strong>Diabetes</strong>. Die Cluster weisen ein unterschiedliches<br />

Risikomuster für <strong>Diabetes</strong>komplikationen auf und<br />

zeigen insbesondere, dass Patienten mit SIRD<br />

häufiger an Nephro pathie, NAFL und Leberfibrose<br />

leiden und Patienten mit SIDD häufiger an DSPN<br />

und KAN. Unsere Studie, bei der ein neuer Clustering-Algorithmus<br />

zum Einsatz kommt, ebnet den<br />

Weg für eine gezielte Prävention der diabetischen<br />

Neuro pathie bei SIDD und für eine optimierte Therapie<br />

von NAFL bei SIRD.<br />

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D. Emerging biomarkers, tools, and treatments for diabetic<br />

polyneuropathy. Endocrine reviews 2018<br />

Oana Patricia Zaharia<br />

Institut für Klinische Diabetologie,<br />

Deutsches <strong>Diabetes</strong>-Zentrum, Leibniz-Zentrum für<br />

<strong>Diabetes</strong>-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität<br />

Auf’m Hennekamp 65, 40225 Düsseldorf<br />

Deutsches Zentrum für <strong>Diabetes</strong>forschung (DZD),<br />

Ingolstädter Landstraße 1, 85764 München-Neuherberg<br />

CONFERENCES<br />

13


EINFLUSSFAKTOREN<br />

Insulinresistenz und Krebs<br />

Laura Dauben 1, 2 1, 2, 3, 4<br />

und Karsten Müssig<br />

<strong>Adipositas</strong><br />

Bewegung<br />

Krebs<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

Ernährung<br />

© Shutterstock/tuulijumala<br />

Aktuell wird die Zahl der weltweit an <strong>Diabetes</strong> erkrankten Menschen auf 424,9 Millionen geschätzt. Allein in<br />

Deutschland leben mindestens 7,5 Millionen Menschen mit einer <strong>Diabetes</strong>erkrankung und jedes Jahr werden<br />

rund 600.000 Menschen neu mit <strong>Diabetes</strong> diagnostiziert [1, 2]. Etwa 90 % der Betroffenen leiden an einem<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> [1]. Wissenschaftler prognostizieren, dass die Zahl der an Typ-2-<strong>Diabetes</strong> Erkrankten in<br />

Deutschland in den nächsten 20 Jahren auf bis zu zwölf Millionen ansteigen wird [3]. Neben der steigenden<br />

Prävalenz für Typ-2-<strong>Diabetes</strong> konnte in den letzten Jahren ebenfalls eine Zunahme der Prävalenz und<br />

Inzidenz von Krebserkrankungen beobachtet werden. Laut Schätzungen sind allein im Jahr 2018 weltweit<br />

18,1 Millionen Menschen neu an Krebs erkrankt und 9,6 Millionen Menschen durch eine Krebserkrankung<br />

verstorben [4]. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen den<br />

beiden Volkskrankheiten Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und Krebs besteht.<br />

CONFERENCES<br />

In zahlreichen epidemiologischen Studien<br />

konnte gezeigt werden, dass Menschen mit Typ‐2-<br />

Dia betes ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung<br />

und das Voranschreiten von Krebs erkrankungen<br />

haben [5, 6]. Je nach Krebsart kann das Risiko bis<br />

um das 2,5-fache erhöht sein (z. B. für Leber- und<br />

Endometriumkarzinome) [6]. Bei der Differenzierung<br />

zwischen den einzelnen malignen Erkrankungen<br />

müssen zwei Krebsarten gesondert betrachtet<br />

werden : zum einen das Pankreas karzinom, dessen<br />

1<br />

Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches <strong>Diabetes</strong>-Zentrum, Düsseldorf; 2 Deutsches Zentrum für <strong>Diabetes</strong>forschung (DZD e.V.),<br />

München-Neuherberg; 3 Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;<br />

4<br />

Klinik für Innere Medizin, Niels-Stensen-Kliniken, Franziskus-Hospital Harderberg<br />

14


EINFLUSSFAKTOREN<br />

Entstehung einerseits durch eine <strong>Diabetes</strong>erkrankung<br />

begünstigt werden kann [7]. Andererseits<br />

kann sich das Pankreaskarzinom aber auch durch<br />

erhöhte Blutglukosespiegel manifestieren [8],<br />

sodass hier eine wechselseitige Beziehung besteht.<br />

Zudem ist das Prostatakarzinom zu nennen. Studien<br />

weisen darauf hin, dass ein inverser Zusammenhang<br />

zwischen einer <strong>Diabetes</strong>erkrankung<br />

und Prostatakrebs besteht [5, 9, 10]. Die genauen<br />

Gründe sind zurzeit noch unklar. Möglicherweise<br />

spielen diabetes bedingte, veränderte Testosteronspiegel<br />

eine Rolle [10].<br />

Neben der gesteigerten Prävalenz für maligne<br />

Erkrankungen weisen Studien ebenfalls darauf<br />

hin, dass die Krebsmortalität durch eine Typ-2-<br />

Dia beteserkrankung erhöht ist [11–13]. Eine Metaanalyse<br />

ergab ein insgesamt um 41 % erhöhtes<br />

Risiko, an einer Krebserkrankung zu versterben,<br />

wenn zusätzlich ein Typ-2-<strong>Diabetes</strong> vorliegt [12].<br />

Mögliche Einflussfaktoren<br />

Ein besonderer Fokus zur Klärung des Zusammenhangs<br />

zwischen <strong>Diabetes</strong> und Krebs gilt den Risikofaktoren<br />

für Typ-2-<strong>Diabetes</strong> sowie dem Vorliegen<br />

einer Hyperinsulinämie bei gleichzeitiger Insulinresistenz<br />

im Rahmen der <strong>Diabetes</strong>entstehung beziehungsweise<br />

der <strong>Diabetes</strong>therapie (Abbildung 1).<br />

Bei der Entwicklung eines Typ-2-<strong>Diabetes</strong> spielen<br />

neben der erblichen Vorbelastung auch Lebensstil-<br />

<strong>Adipositas</strong><br />

Insulinresistenz<br />

Hyperinsulinämie<br />

Hyperglykämie<br />

+<br />

+<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

-<br />

Metformin<br />

Regelmäßige Bewegung<br />

Ausgewogene Ernährung<br />

Krebs<br />

<strong>Diabetes</strong>bedingte<br />

Komorbiditäten<br />

Abbildung 1: Möglicher Zusammenhang zwischen Typ-2-<strong>Diabetes</strong>, <strong>Adipositas</strong> und Krebs sowie begünstigende und protektive<br />

Einflussfaktoren.<br />

+<br />

Tod<br />

CONFERENCES<br />

15


EINFLUSSFAKTOREN<br />

CONFERENCES<br />

faktoren, wie Übergewicht, Bewegungsmangel und<br />

Fehlernährung eine wichtige Rolle. Diese Faktoren<br />

führen dazu, dass schon lange vor der Manifestation<br />

des Typ-2-<strong>Diabetes</strong> eine Insulinresistenz<br />

vorliegt. Durch eine vermehrte Insulinsekretion<br />

können die Betazellen des Pankreas die Insulinresistenz<br />

der Körperzellen zunächst kompensieren,<br />

bis es mit der Zeit zu einer Abnahme der Funktion<br />

der pankreatischen Betazellen und in der Folge zu<br />

einem Anstieg der Blutglukose kommt [14].<br />

<strong>Adipositas</strong><br />

Die Prävalenz von Übergewicht und <strong>Adipositas</strong><br />

ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.<br />

Allein in Deutschland leiden rund zwei Drittel der<br />

Männer und die Hälfte der Frauen an Übergewicht.<br />

23 % der Deutschen weisen einen Body-Mass-<br />

Index (BMI) von ≥30 kg/m² auf [15]. <strong>Adipositas</strong><br />

stellt einen der wichtigsten Einflussfaktoren bei<br />

der Entstehung eines Typ-2-<strong>Diabetes</strong> dar [14].<br />

In Bezug auf die Entwicklung und den Verlauf<br />

von malignen Erkrankungen konnte ebenfalls ein<br />

Zusammenhang mit <strong>Adipositas</strong> aufgezeigt werden<br />

[16, 17]. Eine Metaanalyse ergab für adipöse<br />

Frauen ein über 50 % erhöhtes Risiko für Endometrium-,<br />

Gallenblasen- und Ösophaguskrebs. Bei<br />

Männern war das Erkrankungsrisiko für Karzinome<br />

des Ösophagus, der Schilddrüse und des Kolons<br />

durch <strong>Adipositas</strong> um ca. 25–50 % gesteigert [17].<br />

Eine mögliche Ursache für diesen pro-karzinogenen<br />

Effekt stellt die hormonelle Wirkung des Fettgewebes<br />

dar. <strong>Adipositas</strong> führt zu einer Dysfunktion<br />

des Fettgewebes, wodurch vermehrt Hormone, wie<br />

zum Beispiel Leptin und die Entzündungsmarker<br />

Tumornekrosefaktor-alpha (TNF- ) und Interleukin-6<br />

(IL-6), freigesetzt werden, die die Entstehung<br />

einer Insulinresistenz fördern. Gleichzeitig<br />

sinkt die Adiponektinsekretion und dadurch auch<br />

seine anti-kanzerogene Wirkung. Es kommt zu verringerter<br />

Zellapoptose sowie gesteigerter Zellproliferation<br />

und Inflammation. Diese Faktoren können<br />

die Entstehung und das Fortschreiten einer Krebserkrankung<br />

begünstigen [18, 19].<br />

Bewegung und Ernährung<br />

Weitere Faktoren, die sich sowohl auf einen Typ–<br />

2-<strong>Diabetes</strong> als auch eine Krebserkrankung auswirken<br />

können, sind körperliche Aktivität und Ernährung.<br />

Regelmäßige Bewegung steigert zum einen die<br />

Insulinsensitivität der Körperzellen und trägt gleichzeitig<br />

zu einer moderaten Gewichtsreduktion beziehungsweise<br />

zur Vermeidung von Übergewicht bei.<br />

In einer Metaanalyse konnte am Beispiel des Pankreaskarzinoms<br />

gezeigt werden, dass körperliche<br />

Aktivität auch bei malignen Erkrankungen eine protektive<br />

Wirkung hat. Dabei führte eine gesteigerte<br />

körperliche Aktivität über den gesamten Tag gesehen<br />

ebenso wie eine berufsbedingt gesteigerte Aktivität<br />

zu einem um etwa 25 % verminderten Risiko<br />

für das Auftreten eines Pankreaskarzinoms [20]. Bei<br />

Betrachtung der Krebsmortalität ergab sich zudem<br />

ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Fernsehkonsum<br />

und dem Risiko, an einer Krebserkrankung<br />

zu versterben [21]. Diese Ergebnisse deuten darauf<br />

hin, dass auch hier das Vorliegen einer Insulinresistenz,<br />

bedingt durch eine geringe körperliche Aktivität,<br />

eine Rolle spielen könnte.<br />

Ähnlich verhält es sich mit einer ausgewogenen<br />

und vollwertigen Ernährung. In mehreren Studien<br />

ergab sich ein inverser Zusammenhang zwischen<br />

dem Verzehr von Vollkornprodukten, Ballaststoffen,<br />

Obst und Gemüse und dem Risiko für einzelne<br />

Krebsarten [22–24]. Neben diesen Lebensmittelgruppen<br />

geht auch ein regelmäßiger Kaffeekonsum<br />

mit einer schützenden Wirkung gegen die<br />

Entstehung von malignen Erkrankungen [25] und<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> [26] einher. Die Ergebnisse einer<br />

Metaanalyse von Yu et al. (2011) zeigen eine Risikoreduktion<br />

von bis zu 18 % für die Krebsinzidenz<br />

durch den Konsum von Kaffee [25]. Dieser Effekt<br />

16


EINFLUSSFAKTOREN<br />

konnte sowohl für koffeinhaltigen als auch entkoffeinierten<br />

Kaffee nachgewiesen werden, sodass<br />

sehr wahrscheinlich auch die im Kaffee enthaltenen<br />

Bitterstoffe und Flavonoide zur protektiven<br />

Wirkung des Kaffees beitragen [26].<br />

Umweltfaktoren<br />

Auch äußere Faktoren wie zum Beispiel Lärm<br />

und Luftverschmutzung werden mit einem erhöhten<br />

Risiko für die Entstehung von Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

[27, 28] und Krebs in Zusammenhang gebracht<br />

[29–31]. Allerdings ist die Studienlage sehr heterogen,<br />

sodass weitere Untersuchungen notwendig<br />

sind, um Aussagen bezüglich des Einflusses von<br />

Umweltfaktoren treffen zu können.<br />

Prof. Dr. med. Karsten Müssig<br />

Karsten.Muessig@niels-stensen-kliniken.de<br />

Einfluss der <strong>Diabetes</strong>therapie<br />

Neben diesen Einflussgrößen scheint die <strong>Diabetes</strong>therapie<br />

das Entstehen von malignen Erkrankungen<br />

zu beeinflussen. Besonders die Behandlung<br />

mit Substanzen, die den endogenen oder exogenen<br />

Insulinspiegel erhöhen und dadurch eine Hyperinsulinämie<br />

erzeugen, wie Sulfonylharnstoffe und<br />

Insulin, ist mit einer Risikoerhöhung assoziiert.<br />

So konnte in einer großangelegten retrospektiven<br />

Kohortenstudie ein erhöhtes Krebsrisiko für Patienten<br />

mit einer Sulfonylharnstoff-Monotherapie<br />

sowie für Patienten mit einem insulinbehandelten<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> nachgewiesen werden [32].<br />

Auch in Bezug auf die Krebsmortalität war das<br />

Risiko bei Typ-2-<strong>Diabetes</strong>patienten durch die Einnahme<br />

von Sulfonylharnstoffen und Insulin im Vergleich<br />

zu Betroffenen mit einer Metformin therapie<br />

erhöht [33]. Die Insulinart scheint dabei keine<br />

spezifische Auswirkung auf das Risiko zu haben.<br />

Zwar wurde die Verwendung des langwirksamen<br />

Analoginsulins Insulin glargin in den vergangenen<br />

Jahren bezüglich eines erhöhten Krebsrisikos kontrovers<br />

diskutiert [34]. Eine großangelegte randomisierte,<br />

kontrollierte Studie ergab jedoch keinen<br />

Laura Dauben<br />

laura.dauben@ddz.de<br />

Hinweis auf ein erhöhtes Krebsrisiko unter Insulin<br />

glargin [35]. Im Gegensatz dazu weisen insulinsensitivierende<br />

Antidiabetika wie Metformin eine<br />

protektive Wirkung auf Krebserkrankungen und<br />

-mortalität auf [32, 36, 37]. In einer Kohortenstudie<br />

wurde eine Risikoreduktion um fast 40 % durch<br />

die Einnahme von Metformin beobachtet [36].<br />

CONFERENCES<br />

17


EINFLUSSFAKTOREN<br />

© mauritius images/Science Photo Library/Kateryna Kon<br />

CONFERENCES<br />

Molekulare Mechanismen<br />

Auf der molekularen Ebene spielen der Insulinund<br />

der Insulin-like-Growth-Faktor-1(IGF‐1)-Rezeptor<br />

eine wichtige Rolle. Beide Rezeptoren<br />

zählen zur Familie der Tyrosinkinase rezeptoren<br />

und bestehen jeweils aus einer - und einer<br />

‐Untereinheit. Unter physiologischen Bedingungen<br />

bindet das Insulin an die -Untereinheit des<br />

Insulinrezeptors und aktiviert dadurch die -Untereinheit.<br />

Dies löst wiederum eine Aktivierung der<br />

Insulinrezeptor-Substrate aus, die im Folgenden<br />

als Adaptorproteine eine Reihe von Signalwegen<br />

stimulieren. Dadurch können zum einen über die<br />

Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3-K) die metabolischen<br />

Insulinwirkungen – Glukoseaufnahme in<br />

die Zellen sowie Glykogen- und Proteinsynthese –<br />

vermittelt werden. Es kann jedoch auch über den<br />

Mitogen-aktivierte-Proteinkinase-(MAPK)-Signalweg<br />

zur pro-kanzerogenen Wirkung, Apoptosesuppression<br />

und Zellentdifferenzierung kommen [38].<br />

Der Insulinrezeptor wird in zwei Isoformen, dem<br />

Typ A (IR-A) und dem Typ B (IR-B), durch alternatives<br />

Spleißen des Exons 11 des Insulinrezeptorgens<br />

exprimiert. Dabei wird IR-A, der neben Insulin eine<br />

hohe Affinität zu IGF-2 aufweist, ubiquitär im Körper<br />

gebildet, während IR-B überwiegend in metabolisch<br />

wirksamen Geweben, wie Leber, Fettgewebe<br />

und Skelettmuskel vorkommt [39]. Studien belegen,<br />

dass bei Vorliegen eines Typ-2-<strong>Diabetes</strong>, aber auch<br />

schon bei Prädiabetes eine veränderte Expression<br />

der beiden Insulinrezeptor-Typen stattfindet<br />

[40, 41]. Des Weiteren konnte auch in bestimmten<br />

Tumorgeweben eine gesteigerte Expression von<br />

IR-A nachgewiesen werden [42]. Dies deutet darauf<br />

hin, dass eine gesteigerte Sensitivität gegenüber<br />

IGF-2 und Insulin bei einer bestehenden Hyperinsulinämie<br />

zur mitogenen Wirkung beiträgt.<br />

Die Struktur von IR-A und IR-B weist eine hohe<br />

Homologie mit dem IGF-1-Rezeptor auf, wodurch<br />

Insulin und IGF-1 bei erhöhten Konzentrationen<br />

auch die jeweils anderen Rezeptoren stimulieren<br />

können. Zudem können sich Heterodimere aus<br />

den beiden Insulinrezeptoren sowie auch Hybriddimere<br />

aus Insulinrezeptor und IGF-1-Rezeptor<br />

bilden [39]. An diese Hybridrezeptoren sowie an<br />

IR-A können sowohl Insulin als auch IGF-1 und<br />

IGF-2 binden und verschiedene Signalkaskaden<br />

aktivieren, die die Proliferation und Tumorgenese<br />

fördern (z. B. MAP-Kinase-abhängige Signalwege).<br />

Zusätzlich werden Hybridrezeptoren in Tumorzellen<br />

überexprimiert, was ebenfalls die Entstehung<br />

und das Wachstum von Tumoren begünstigt [43].<br />

Fazit<br />

Epidemiologische Studien belegen, dass ein<br />

Zusammenhang zwischen einem Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

und einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen<br />

besteht. Als mögliche Ursachen gelten eine Hyperinsulinämie<br />

bei zugrundeliegender Insulinresistenz<br />

sowie auch Veränderungen der Insulin- und<br />

IGF-1-Rezeptor-Expression. Ein entscheidendes<br />

Bindeglied zwischen den beiden Volkskrankheiten<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und Krebs stellt <strong>Adipositas</strong> dar.<br />

Deswegen sollte ein besonderer Fokus auf eine<br />

frühzeitige Prävention beziehungsweise die Therapie<br />

von <strong>Adipositas</strong> gelegt werden. Dabei spielt<br />

der Lebensstil eine entscheidende Rolle: Durch<br />

regelmäßige Bewegung und ausgewogene Ernährung<br />

kann die Entwicklung von Übergewicht und<br />

<strong>Adipositas</strong> verhindert werden. Gleichzeitig stellt<br />

eine Lebensstilveränderung die Basistherapie von<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong> dar. Reicht eine Lebensstilände-<br />

18


EINFLUSSFAKTOREN<br />

rung allein nicht aus, um die Blutglukose im Normbereich<br />

zu halten, sollten, unter Berücksichtigung<br />

von individuellen Gegebenheiten, Therapien angewandt<br />

werden, die das Risiko für die Entstehung<br />

von Krebserkrankungen nicht zusätzlich erhöhen.<br />

Nach der aktuellen Studienlage eignet sich diesbezüglich<br />

insbesondere Metformin.<br />

Referenzen<br />

1. International <strong>Diabetes</strong> Federation. IDF <strong>Diabetes</strong> Atlas<br />

2017. 8th Edition.<br />

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USA 1993;90:2633-2635.<br />

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Cancer 1995;62:501-507.<br />

43. Djiogue S, Nwabo Kamdje AH, Vecchio L et al. Endocr Relat<br />

Cancer 2013;20:R1-R17.<br />

Prof. Dr. med. Karsten Müssig<br />

Klinik für Innere Medizin<br />

Niels-Stensen-Kliniken<br />

Franziskus-Hospital Harderberg<br />

Alte Rothenfelder Str. 23, 49124 Georgsmarienhütte<br />

CONFERENCES<br />

19


EULEN UND LERCHEN<br />

Chronotyp und Ernährungsverhalten bei<br />

Kindern und Jugendlichen<br />

Christoph Randler, Tübingen<br />

© Christoph Randler<br />

Menschen besitzen eine individuelle Variation hinsichtlich ihres Schlaf-/Wachrhythmus und ihrer zirkadianen<br />

Präferenz. Dabei spricht man gemeinhin von Eulen und Lerchen [1]. Die beiden Gruppen weisen<br />

Unterschiede auf: biologische und im Gesundheitsverhalten.<br />

CONFERENCES<br />

So sind Lerchen eher morgens aktiv, erreichen<br />

eher früh ihr Leistungshoch und werden abends<br />

früh müde, während Eulen schwieriger aus dem<br />

Bett kommen, dafür aber am Abend oder in der<br />

Nacht hohe Leistung bringen können.<br />

Unterschiede bei Cortisol und<br />

Melatonin<br />

Die Hormonkonzentration des Stresshormons<br />

Cortisol ist bei Lerchen morgens in der Regel höher<br />

als bei Eulen [2], weswegen sie womöglich morgens<br />

leichter aus dem Bett und in die Gänge kommen.<br />

Das Hormon Melatonin wiederum wird bei Eulen<br />

deutlich später ausgeschüttet – sowohl in Bezug<br />

auf den „dim light melatonin onset“ (DLMO), als<br />

auch auf den Peak der Melatoninkonzentration [3].<br />

Besonders in der Pubertät verändert sich der biologische<br />

Rhythmus und Jugendliche verwandeln<br />

sich relativ schnell und ausgeprägt zur Eule [4].<br />

Auch die durchschnittliche Schlafdauer sinkt mit<br />

zunehmendem Alter und erreicht mit 16–18 Jahren<br />

einen Tiefpunkt (Abbildung 1) [5]. Dies liegt wahrscheinlich<br />

auch an den Sexualhormonen, besonders<br />

am Testosteron [6], weswegen Männer auch<br />

eher Eulen sind als Frauen [7].<br />

Obwohl das Konzept Eule/Lerche sehr eingängig<br />

ist, sollte dieser Chronotyp auf einer kontinuierlichen<br />

Skala gemessen werden. Für größere Umfragestudien<br />

ist der Einsatz von Fragebögen daher<br />

besonders geeignet. Im Folgenden werden Studien<br />

vorgestellt [8, 9, 10], die sich besonders mit dem<br />

20


EULEN UND LERCHEN<br />

Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen<br />

beschäftigten und die damit auch im Zusammenhang<br />

mit <strong>Diabetes</strong> stehen können.<br />

Generell zeigen Studien unterschiedlicher<br />

Arbeitsgruppen einen klaren Zusammenhang zwischen<br />

Chronotyp und Gesundheitsverhalten, wozu<br />

auch die sportliche Betätigung gerechnet wird. In<br />

einer Studie mit 152 Jugendlichen von 11–17 Jahren<br />

führten diese etwa eine Woche lang ein Ernährungstagebuch.<br />

So neigen jugendliche Eulen eher<br />

dazu, koffeinhaltige Getränke zu konsumieren<br />

sowie eher Fast Food [8].<br />

Späte Schlafenszeit – schlechtere<br />

Ernährung<br />

Dies kann sicherlich auch damit zusammenhängen,<br />

dass jugendliche Eulen spätabends noch<br />

Nahrung konsumieren, während die Lerchen schon<br />

Prof. Dr. Christoph Randler<br />

christoph.randler@uni-tuebingen.de<br />

schlafen. Infolgedessen zeigen viele Studien für<br />

Eulen im Vergleich zu Lerchen einen höheren<br />

Body-Mass-Index (Abbildung 2). Und je später der<br />

Schlafmittelpunkt liegt, desto höher liegt der Body-<br />

12<br />

Schlafdauer in Stunden (Mittelwert)<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

Jungen<br />

Mädchen<br />

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24<br />

Alter in Jahren<br />

CONFERENCES<br />

Abbildung 1: Veränderung der durchschnittlichen Schlafdauer von der Kindheit bis zur Adoleszenz [5]<br />

21


EULEN UND LERCHEN<br />

0,6<br />

0,4<br />

BMI (Mean +/- 1 SE)<br />

CONFERENCES<br />

0,2<br />

0,0<br />

-0,2<br />

-0,4<br />

-0,6<br />


HILFEN IM ALTER<br />

Technologien für Senioren mit <strong>Diabetes</strong> –<br />

welche sind hilfreich?<br />

Anke Bahrmann, Heidelberg, und Michael Uhlig, Bochum<br />

© iStockphoto/Juli 1491, Shutterstock/ducu59us und Khaki mullin Aleksandr<br />

Die Digitalisierung hat das deutsche Gesundheitswesen noch nicht in dem Maß erreicht, wie es technologisch<br />

bereits möglich wäre und in der Zukunft erforderlich ist. Für die Diabetologie gilt dies auch, zumal die<br />

Diagnostik- und Therapieerfordernisse hier ein besonders geeignetes Feld erkennen lassen. So ist es nicht<br />

verwunderlich, dass sich die meisten bisher angefertigten Studien zum Einsatz von eHealth-Lösungen mit<br />

dem <strong>Diabetes</strong>management befassen [1].<br />

Über die Gründe für die noch nicht hinreichend<br />

genutzten Ressourcen wird viel diskutiert.<br />

Datenschutzanforderungen, weniger innovationsfreudige<br />

Rahmenbedingungen und Verbesserungsbedarf<br />

im Zusammenspiel zwischen den Akteuren<br />

auf Seiten der Technologieanbieter und der Medizin<br />

beziehungsweise der sozialen Berufe sind hier<br />

auf jeden Fall zu nennen. Noch anspruchsvoller<br />

wird es, wenn die Systeme so zu gestalten sind,<br />

dass sie auch ältere und unterstützungsbedürftige<br />

Menschen wirksam erreichen sollen. <strong>Diabetes</strong><br />

mellitus ist meist eine Alterskrankheit. Entschei-<br />

CONFERENCES<br />

23


HILFEN IM ALTER<br />

dend sind Passgenauigkeit, Anwendungsfreundlichkeit<br />

und Integration in das Helfersystem der<br />

Menschen.<br />

Zweckmäßig und handhabbar<br />

Als handlungsleitend für das Management des<br />

<strong>Diabetes</strong> mellitus bei älteren Menschen hat die<br />

Deutsche <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft die S2k-Leitlinie<br />

Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle<br />

des <strong>Diabetes</strong> mellitus im Alter [2] heraus gegeben.<br />

Ein maßgeblicher roter Faden darin ist die<br />

Unterscheidung in die Phasen funktioneller Unabhängigkeit,<br />

leichter funktioneller Abhängigkeit<br />

sowie der starken funktionellen Abhängigkeit<br />

bis hin zur palliativen Situation. Nur bei Berücksichtigung<br />

der unterschiedlichen Bedarfe der<br />

Menschen können die Therapieempfehlungen<br />

die angestrebte Compliance erreichen. Vor dem<br />

Hintergrund dieser Systematisierung ist auch die<br />

Nutzbarkeit von technologiebasierten Unterstützungslösungen<br />

an zuschauen. Gleichzeitig gilt es,<br />

elementare Kriterien zu berücksichtigen, die für<br />

die generelle Sinnhaftigkeit zu erfüllen sind (siehe<br />

Tabelle 1).<br />

So grundsätzlich die Kriterien auch formuliert<br />

sind – es dürfte wenig Zweifel daran bestehen,<br />

dass viele der bereits entwickelten Lösungen die<br />

Potenziale aufweisen, zur Verbesserung des <strong>Diabetes</strong>managements<br />

beizutragen. Im Zuge der<br />

Arbeit an der S2k-Leitlinie sowie über Praktiker-<br />

Befragungen durch die Gremien der AG Geriatrie<br />

und Pflege wurden Einschätzungen zur Anwendbarkeit<br />

verschiedener technologischer Lösungen<br />

und Systeme vorgenommen, auf die im Folgenden<br />

näher eingegangen wird.<br />

Auf die Details kommt es an<br />

Die S2k-Leitlinie unterscheidet in „mechanische“,<br />

„technische“ und „elektronische“ Hilfsmittel.<br />

Die Tabelle 2 zeigt den entsprechenden Auszug<br />

aus der Leitlinie, inklusive erster Bewertungen zur<br />

Eignung der Hilfsmittel.<br />

Tabelle 1: Kriterien für die Anwendbarkeit von eHealth-Lösungen<br />

Bezug zur Versorgungslücke<br />

Nutzen<br />

Akzeptanz<br />

Qualitätssicherung<br />

Es gibt etwas zu verbessern und darauf wird abgezielt. „Etwas ist besser als nichts“<br />

Schneller? Einfacher? MEHR an Leistung? Erreichbarkeit individueller Zielvorstellungen<br />

Nutzbarkeit, Verständlichkeit, Bedienerfreundlichkeit, Effekt<br />

Im Benchmark bestehen, Dokumentation<br />

CONFERENCES<br />

Einhaltung ethischer Prinzipien<br />

Orientierung am aktuellen fachlichen<br />

Kenntnis stand<br />

Transparenz<br />

Arbeitserleichterung<br />

Auf selbem Niveau wie in der Präsenzbetreuung!<br />

Keine grundsätzlichen Abstriche am Standard von Leitlinien und (Experten-) Standards!<br />

Nachvollziehbarkeit des Versorgungsprinzips (als Basis der Übertragbarkeit)<br />

Entlastung der Teams aus Medizin und Pflege als inzwischen besonders wichtiges Kriterium<br />

Quelle: Arbeitskreis Telemedizin und Telematik der Arbeitsgemeinschaft Geriatrie und Pflege der Deutschen <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft, Mai <strong>2019</strong><br />

24


HILFEN IM ALTER<br />

Tabelle 2: Systematisierung der technologiebasierten Hilfsmittel gemäß S2k-Leitlinie<br />

Mechanische Hilfsmittel<br />

• Lupen und andere Sehhilfen,<br />

sprechendes Blutglukosemessgerät<br />

(sehr geeignet)<br />

• Blutglukosemessgeräte ohne Kalibrierung<br />

mit großem Display und einfacher Bedienung<br />

(sehr geeignet)<br />

• Insulin-Pens mit einfacher Auslösung und<br />

geringem Daumendruck (sehr geeignet)<br />

• Schritt-für-Schritt-Anleitungen in<br />

Alltagsgegenstände integriert<br />

(sehr geeignet)<br />

• Medikamentendosetten mit Wochenvorrat<br />

(sehr geeignet)<br />

Technische Hilfsmittel für ältere Menschen<br />

mit <strong>Diabetes</strong> im erweiterten Sinne<br />

• Automatische Blutdruckmessgeräte,<br />

präferenziell mit Oberarmmanschette<br />

und elektrischer Pumpe<br />

• Gehhilfen bei Polyneuropathie<br />

und/oder Gebrechlichkeit (zum Beispiel<br />

Gehbock, Rollator)<br />

• Frakturprävention (zum Beispiel<br />

Safehip- Schutz hosen/Hüftprotektoren,<br />

Antirutsch socken)<br />

Elektronische Hilfsmittel<br />

• PC-Programme zur Analyse erhobener<br />

Messwerte und Daten (teilweise geeignet)<br />

• Apps zur Verbesserung der Therapietreue<br />

(teilweise geeignet)<br />

• Apps zum Datenmanagement und Blutglukosesteuerung<br />

(teilweise geeignet)<br />

• Technische Hilfen zur Erinnerung an<br />

Medikamenteneinnahme oder Insulin-<br />

Injektion (teilweise geeignet)<br />

• Automatische Beleuchtungen mit Bewegungssensoren<br />

zur Sturzvermeidung<br />

(sehr geeignet)<br />

• Sensormatten oder RFID-/GPS-Systeme<br />

zur Sicherheitsverbesserung beispielsweise<br />

bei Demenzerkrankung<br />

(bedingt geeignet)<br />

Quelle: S2k-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des <strong>Diabetes</strong> mellitus im Alter“ der Deutschen <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft, Februar <strong>2019</strong><br />

Mit dem Ziel, die Praxistauglichkeit der Hilfsmittel<br />

einer aktuellen Reflexion zu unterziehen,<br />

wurden im Frühjahr <strong>2019</strong> über den Arbeitskreis<br />

Telemedizin und Telematik die Leitungen von<br />

zwölf größeren Pflegediensten gebeten, Hinweise<br />

zu geben, welche Aspekte für die Anwendbarkeit<br />

in der täglichen Versorgungssituation wichtig sind.<br />

Die Ergebnisse dieser – selbstverständlich in keinster<br />

Weise repräsentativen – Erhebung zeigen auf,<br />

worauf im weiteren Entwicklungsprozess jeweils<br />

zu achten sein dürfte.<br />

Mechanische Hilfsmittel<br />

Lupen und sonstige Sehhilfen werden sehr<br />

geschätzt. Wichtig ist aber eben auch, dass die<br />

angezeigten Werte lange genug sichtbar beziehungsweise<br />

wahrnehmbar sind. Selbiges gilt für<br />

die „sprechenden“ Blutglukosemessgeräte – wünschenswert<br />

wäre hier, wenn sich der Information<br />

zum Messwert auch direkt eine Handlungsempfehlung<br />

anschließen würde. Dass Insulin-Pens einfach<br />

auszulösen sind und es dabei nur geringen<br />

Daumendrucks bedarf – das passt; wichtig ist aber<br />

auch, dass das Display ausreichend groß und mit<br />

leuchtenden Ziffern versehen ist. Vielfach scheitert<br />

die selbstständige Nutzung auch daran, dass die<br />

Patienten die Teststreifen aufgrund motorischer<br />

Einschränkungen nicht aus der Packung herausbekommen.<br />

Hier scheint Optimierungsbedarf zu<br />

bestehen. Ähnlich verhält es sich mit den sehr sinnvollen<br />

Medikamentendosetten mit Wochenvorrat<br />

– es muss aber einen Beteiligten im Betreuungsprozess<br />

geben, der über die erforderliche Feinmotorik<br />

beim Öffnen der Behältnisse verfügt.<br />

Technische Hilfsmittel<br />

Die automatischen Blutdruckmessgeräte, präferenziell<br />

mit Oberarmmanschette und elektrischer<br />

CONFERENCES<br />

25


HILFEN IM ALTER<br />

Beispiel am Handgelenk). Ältere Menschen brauchen<br />

hier in der Regel Unterstützung.<br />

Unstrittig ist auch die unterstützende Wirkung,<br />

die etwa Gehhilfen bei Polyneuropathie und/oder<br />

Gebrechlichkeit bieten, zum Beispiel Gehbock,<br />

Rollator usw., oder auch Hilfsmittel der Frakturprävention,<br />

wie Safehip-Schutzhosen/Hüftprotektoren,<br />

Antirutschsocken etc. Wünschenswert<br />

erscheinen aber auch Systeme, die den Menschen<br />

dabei helfen, die verschiedenen Hilfsmittel gut<br />

zugriffsbereit aufzubewahren und im Bedarfsfall<br />

verfügbar zu haben.<br />

CONFERENCES<br />

Michael Uhlig<br />

m.uhlig@contec.de<br />

PD Dr. med. Anke Bahrmann<br />

anke.bahrmann@googlemail.com<br />

Pumpe, werden sich durchsetzen, das ist keine<br />

Frage. Beim aktuellen Stand der Erforschung ist<br />

aber festzuhalten, dass die selbstständige Anlage<br />

an den Körperstellen mit den effektivsten Messergebnissen<br />

(Oberarm) für viele der Betroffenen<br />

schwieriger ist als an anderen Körperstellen (zum<br />

Elektronische Hilfsmittel bis hin zum<br />

Tele monitoring<br />

Die Möglichkeiten, die PC-Programme und<br />

Apps zur Datenanalyse, zur Verbesserung der<br />

Therapietreue, zum Datenmanagement und zur<br />

Blutglukosesteuerung sowie zur Erinnerung an<br />

Medikamenteneinnahme oder Insulin-Injektionen<br />

bieten, sind inzwischen bekannt und werden von<br />

einigen Patientengruppen bereits sehr selbstverständlich<br />

genutzt. In der Praxis der Anwendung<br />

für ältere, unterstützungsbedürftige Menschen ist<br />

elementar, dass sie alltagsgerecht in das soziale<br />

Umfeld der Menschen integriert werden. In diesem<br />

Sinne ist darauf zu achten, die Eingabe-/Endgeräte<br />

kontinuierlich im Verfügungsbereich der Betroffenen<br />

zu halten, sie mit Sprechfunktion oder sehr<br />

gut sichtbarem Display auszustatten und idealerweise<br />

mit alltagstypischen Gegenständen wie<br />

Uhren, Handy, bereits vorhandenen Hilfssystemen<br />

wie zum Beispiel einem Hausnotrufsystem usw. zu<br />

verbinden. Sehr hilfreich ist, wenn die erforderlichen<br />

Erläuterungen auch über ein Sprachsystem<br />

zur Verfügung gestellt würden. Dabei kann man es<br />

nicht oft genug betonen: Es kommt auf die kluge, im<br />

Ganzen gedachte Unterstützungslösung an. Unbedingt<br />

zu empfehlen sind beispielsweise eine über<br />

Bewegungssensoren gesteuerte Beleuchtung zur<br />

26


HILFEN IM ALTER<br />

Sturzvermeidung (niedrigschwellig im Baumarkt<br />

zu erwerben oder im Rahmen von Gesamtlösungen<br />

zur „smarten“ Gestaltung des Wohnumfeldes<br />

bereitzustellen), auf das leichteste handhabbare<br />

manuelle Lichtquellen (geeignet: Touchlampen<br />

oder auch Spracherkennung) oder auch die Prävention<br />

durch Sensormatten oder RFID-/GPS-Systeme<br />

zur Verbesserung der Sicherheit. Solche Möglichkeiten<br />

lassen sich auch sinnvoll miteinander integrieren.<br />

Für Menschen mit einer stärkeren Ausprägung<br />

der funktionellen oder kognitiven Einschränkungen<br />

wird der Anteil der persönlichen medizinischen<br />

und sozialen Betreuungsleistungen höher<br />

sein müssen. Aber auch hier können inzwischen<br />

stabile digitalisierte Optionen herangezogen werden.<br />

Mit Patienten-Coachingprogrammen wie<br />

TeLiPro des Deutschen Institutes für Telemedizin<br />

und Gesundheitsförderung (DITG) oder Telemonitoring-Lösungen<br />

wie des Westdeutschen Zentrums<br />

für Angewandte Telemedizin (WZAT) lässt sich auf<br />

der Basis von elektronischer Akte, vereinbarten<br />

Kommunikationsregeln und kontinuierlicher Vitalparameterüberwachung<br />

ein sicheres und trotzdem<br />

lebensqualitätsorientiertes Management der chronischen<br />

Erkrankung sichern.<br />

Referenzen<br />

1. Grammes, J. <strong>Diabetes</strong> Apps – ein Überblick. Vortrag, September<br />

2017, auf der 32. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>Diabetes</strong> und Psychologie, Mainz, Deutschland<br />

2. S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle<br />

des <strong>Diabetes</strong> mellitus im Alter, Regnr. 057-017, 2. Aufl.,<br />

awmf.org/leitlinien/detail/ll/057-017.html<br />

Privatdozentin Dr. med. Anke Bahrmann<br />

Universitätsklink Heidelberg<br />

Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie;<br />

Klinische Geriatrie<br />

Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg<br />

Michael Uhlig<br />

Contec GmbH<br />

Die Unternehmens- und Personalberatung der Gesundheits-<br />

und Sozialwirtschaft<br />

Innovations-Zentrum Gesundheitswirtschaft<br />

Gesundheitscampus-Süd 2, 44801 Bochum<br />

CONFERENCES<br />

27


THERAPIEKONTROLLE<br />

Time in Range (TiR) oder HbA1c?<br />

Guido Freckmann, Sara Vetrugno, Delia Waldenmaier, Ulm<br />

TiR<br />

© Shutterstock/Jarun Ontakrai<br />

In der Diabetologie ist der HbA1c-Wert schon seit Jahrzehnten als Parameter zur Therapiekontrolle etabliert.<br />

Je höher der relative Anteil an HbA1c am Gesamthämoglobin ist, desto höher war der durchschnittliche Blutglukosewert<br />

der letzten zwei bis drei Monate. Der technische Fortschritt im Bereich der Glukosemessgeräte<br />

ermöglicht jedoch inzwischen einen detaillierteren Einblick in die Glukoseverläufe von Menschen mit <strong>Diabetes</strong><br />

mellitus. Sogenannte Continuous-Glucose-Monitoring-(CGM)-Systeme messen kontiniuierlich alle<br />

fünf bis 15 Minuten die Glukosekonzentration in der interstitiellen Flüssigkeit im Unterhautfettgewebe.<br />

CONFERENCES<br />

Die hohe Messfrequenz liefert eine große Datenmenge,<br />

die sich Diabetologen und ihre Patienten<br />

zur Therapieoptimierung zu Nutze machen können.<br />

Aus diesen Daten werden verschiedene Parameter<br />

berechnet und grafisch dargestellt, wie zum<br />

Beispiel das Ambulante Glukoseprofil (AGP), der<br />

Mittelwert, die Standardabweichung, der Variationskoeffizient<br />

und die Time in Range (TiR, Zeit<br />

im Zielbereich). Durch die wachsende Anzahl an<br />

CGM-Nutzern kommen in Fachkreisen unter anderem<br />

Bestrebungen auf, den HbA1c durch die Time<br />

in Range im klinischen Alltag zu ersetzen.<br />

HbA1c<br />

Der HbA1c-Wert hat sich als ein wichtiger Parameter<br />

für die Verlaufskontrolle bewährt. Viele Studien<br />

belegen den Zusammenhang zwischen dem HbA1c-<br />

Wert und Folgeerkrankungen bei <strong>Diabetes</strong> mellitus<br />

[1]. Bei Patienten mit <strong>Diabetes</strong> mellitus wird der<br />

HbA1c-Wert in der Regel alle drei Monate bestimmt,<br />

meist in einem Zentrallabor. Nach aktuellen Leitlinien<br />

sollte bei Erwachsenen mit Typ-1-<strong>Diabetes</strong><br />

ein HbA1c-Wert ≤7,5 % angestrebt werden, sofern<br />

keine problematischen Hypoglykämien auftreten [2].<br />

Je nach Patient und Begleitumständen sollten aber<br />

individuelle Ziele vereinbart werden. Darüber hinaus<br />

müssen bei der Beurteilung des HbA1c-Wertes<br />

beeinflussende Faktoren berücksichtigt werden, wie<br />

beispielsweise eine veränderte Erythrozytenlebensdauer<br />

oder der Einfluss von Medikamenten.<br />

Time in Range<br />

Die TiR ist ein Durchschnittswert über die Zeit<br />

eines Tages, in der die CGM-Messwerte in einem<br />

28


THERAPIEKONTROLLE<br />

definierten Zielbereich – in der Regel 70–180 mg/dl<br />

– liegen. Die TiR wird in Stunden oder Prozent angegeben.<br />

Aussagekräftig ist dieser Durchschnittswert,<br />

wenn die Messdaten über eine Dauer von<br />

mindestens 14 Tagen einbezogen werden. Die TiR<br />

wird normalerweise mittels herstellerspezifischer<br />

Softwarelösungen ermittelt, deren unterschiedliche<br />

Einstellungsmöglichkeiten berücksichtigt<br />

werden müssen. Die Qualität der Daten ist vom<br />

verwendeten System sowie von der Nutzung des<br />

Patienten abhängig, da die Tragedauer und eine<br />

eventuelle Kalibration des CGM-Systems Einfluss<br />

darauf nehmen.<br />

Dr. med Guido Freckmann<br />

guido.freckmann@idt-ulm.de<br />

Vergleich TiR und HbA1c<br />

Die Erkenntnisse, die ein Patient und sein/e Diabetologe/in<br />

aus verschiedenen CGM-Parametern<br />

gewinnen, sind weit detaillierter als die Informationen,<br />

die sich aus dem HbA1c-Wert ableiten lassen.<br />

So wird beispielsweise auch die Variabilität<br />

zum Teil mit abgebildet. Bei der Betrachtung der<br />

TiR ist es allerdings wichtig, auch die Time above<br />

Range (TaR, Zeit über dem Zielbereich) und die<br />

Time below Range (TbR, Zeit unter dem Zielbereich)<br />

mit einzubeziehen. Diese geben Auskunft darüber,<br />

ob ein Patient tendenziell stärker zu Hyper- oder<br />

Hypoglykämien neigt.<br />

Ein weiterer Vorteil der TiR: Sie ist, sofern ein<br />

CGM-System getragen wird, jederzeit aktuell verfügbar,<br />

während für den HbA1c-Wert zuerst eine<br />

Blutentnahme erforderlich ist und anschließend<br />

noch auf die Ergebnisse aus dem Labor gewartet<br />

werden muss.<br />

Allerdings ist die Evidenz für die Auswirkungen<br />

der TiR auf klinische Endpunkte noch beschränkt.<br />

Dagegen liegen verschiedene Studien vor, welche<br />

die Korrelation zwischen HbA1c-Werten und dem<br />

Risiko für Folgeerkrankungen belegen. Vergleichbare<br />

Studien existieren für die TiR derzeit noch<br />

B.Sc. Sara Vetrugno<br />

sara.vetrugno@idt-ulm.de<br />

M.Sc. Delia Waldenmaier<br />

delia.waldenmaier@idt-ulm.de<br />

CONFERENCES<br />

29


THERAPIEKONTROLLE<br />

CONFERENCES<br />

nicht. Untersucht wurde bisher, ob die TiR mit<br />

dem HbA1c korreliert. Die Ergebnisse zeigen, dass<br />

tendenziell niedrige TiR Werte mit hohen HbA1c<br />

Werten einhergehen, jedoch ist es schwierig, einem<br />

TiR-Wert einen eindeutigen HbA1c-Wert zuzuordnen<br />

[3].<br />

Reicht die Messgenauigkeit?<br />

Ob die Messgenauigkeit von derzeit verfügbaren<br />

CGM-Systemen ausreicht, um sie zur Therapiekontrolle<br />

und -steuerung zu nutzen, wird von<br />

aktuellen Studien in Frage gestellt. So unterschied<br />

sich beispielsweise die TbR, die sich in einer Studie<br />

aus den Messungen von zwei verschiedenen CGM-<br />

Systemen am gleichen Patienten ergab, um bis zu<br />

eine Stunde [4].<br />

Ein solcher Unterschied bedeutet in der Praxis,<br />

dass die Messwerte eines Messsystems zu einer<br />

Therapieanpassung führen können, die des anderen<br />

Messsystems hingegen vielleicht nicht. Diese<br />

Unterschiede entstehen zum einen dadurch, dass<br />

CGM-Systeme unterschiedlich kalibriert werden.<br />

So werden einige CGM-Systeme durch den Patienten<br />

selbst anhand von kapillaren Blutglukosemessungen<br />

kalibriert, während andere CGM-Systeme<br />

werkskalibriert sind. Wieder andere sind zwar<br />

werkskalibriert, bieten aber trotzdem die Möglichkeit,<br />

auch selbst zu kalibrieren. Zum anderen führt<br />

die fehlende Pflicht zur Erfüllung von Qualitätsanforderungen<br />

hinsichtlich der Messgenauigkeit zu<br />

großen Unterschieden zwischen verschiedenen<br />

CGM-Systemen.<br />

Dem gegenüber steht die standardisierte Labormessung<br />

des HbA1c. Für die Laborgeräte (oder<br />

auch für die Point-of-care-Systeme) gibt es eine<br />

Pflicht zur Erfüllung von Qualitätsanforderungen<br />

hinsichtlich der Messgenauigkeit. Diese sind in<br />

der Richtlinie der Bundesärztekammer (Rili-BÄK)<br />

definiert.<br />

Fazit<br />

Solange es keine definierten Qualitätskriterien<br />

und keine klinische Evidenz für die TiR gibt, wird<br />

diese den HbA1c-Wert nicht ersetzen können. Als<br />

Zusatzinformation neben dem HbA1c-Wert kann<br />

die TiR allerdings zusammen mit weiteren CGM-<br />

Parametern wie TaR, TbR oder als AGP dargestellt<br />

eine wertvolle Ergänzung bei der Beratung und der<br />

Therapie der Patienten darstellen.<br />

Die Kommission Labordiagnostik in der Diabetologie<br />

(KLD) der DDG und DGKL bezieht<br />

aktuell auch Stellung zum Thema „Time in<br />

Range“. Diese Stellungnahme ist abrufbar<br />

unter: https://www.deutsche-diabetesgesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/<br />

Stellungnahmen/<strong>2019</strong>/<strong>2019</strong>0509_KLD_Stellungnahme_Time_in_Range_<strong>2019</strong>_final.pdf<br />

Referenzen<br />

1. The <strong>Diabetes</strong> Control and Complications Trial Research<br />

Group. The relationship of glycemic exposure (HbA1c) to<br />

the risk of development and progression of retinopathy<br />

in the diabetes control and complications trial. <strong>Diabetes</strong>.<br />

1995;44:968-83.<br />

2. Erstellt im Auftrag der Deutschen <strong>Diabetes</strong>-Gesellschaft<br />

(DDG): S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-<strong>Diabetes</strong>. AWMF<br />

Regnr. 057-013, 2. Aufl. 2018.<br />

3. Beck RW, Bergenstal RM, Cheng P et al. The Relationships<br />

Between Time in Range, Hyperglycemia Metrics, and<br />

HbA1c. J <strong>Diabetes</strong> Sci Technol. <strong>2019</strong>:1932296818822496.<br />

4. Freckmann G, Stuhr A, Pleus S, Link M, Mende J, Haug C,<br />

editors. Time spent in glucose ranges („time in range“)<br />

varies depending on the continuous monitoring system<br />

used. 55th Annual Meeting of the European Association<br />

for the Study of <strong>Diabetes</strong>; 16-20 Sep <strong>2019</strong>; Barcelona<br />

Dr. med. Guido Freckmann<br />

Institut für <strong>Diabetes</strong>-Technologie<br />

Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH<br />

Universität Ulm<br />

Lise-Meitner-Straße 8/2, 89081 Ulm<br />

30


ZUSAMMENHÄNGE<br />

Was verbindet Parkinson und <strong>Diabetes</strong>?<br />

© iStockphoto/Rost-9D<br />

Häufige Krankheiten wie <strong>Diabetes</strong> mellitus, koronare Herzerkrankung, Alzheimer-Demenz und rheumatoide<br />

Arthritis, aber auch der seltenere Morbus Parkinson könnten auf zellulärer Ebene ähnliche beziehungsweise<br />

gemeinsame pathogenetische Mechanismen aufweisen. Darauf wies der Genetiker Professor Rudi Balling<br />

von der Universität Luxemburg bei einem Vortrag im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für<br />

Neurologie (DGN) in Stuttgart hin. So lässt sich häufig eine mitochondriale Dysfunktion zeigen.<br />

Bei Parkinson finden sich in einem Drittel der<br />

Fälle genetische Veränderungen, die die mitochondriale<br />

Funktion beeinflussen. Außerdem ist<br />

bekannt, dass Diabetiker um über 30 % häufiger an<br />

Parkinson erkranken als Menschen mit gesundem<br />

Stoffwechsel [1]. Besteht hier ein Zusammenhang,<br />

etwa eine gemeinsame Vorstufe? Dies ist noch<br />

nicht bekannt, so Balling.<br />

Dennoch stellen sich interessante Fragen. So<br />

wirken einige orale Antidiabetika neuroprotektiv<br />

[2, 3], wobei der Mechanismus noch unklar ist.<br />

Außerdem ist der Stoffwechsel von Dopamin und<br />

Insulin eng verflochten. Dopamin ist auch am Glukosestoffwechsel<br />

beteiligt [4] und Insulin auch an<br />

der Ausschüttung von Dopamin [5]. „Hier ist eine<br />

Kreuzverschaltung, die erheblich stärker ist als das,<br />

was ich zumindest erwartet hatte“, meint Balling.<br />

Enzyme, wie die Proteinkinase AKT, spielen in der<br />

Signaltransduktion für Insulin und für Dopamin<br />

eine Rolle.<br />

Genexpression in regulatorischen<br />

T-Zellen<br />

Ballings Arbeitsgruppe hat sich insbesondere<br />

für neuroinflammatorische Prozesse interessiert<br />

– nicht nur für die Mikroglia im Gehirn, sondern<br />

auch für die peripheren Prozesse mit regulatorischen<br />

T-Helfer- und T-Effektorzellen. In einem<br />

breiten Ansatz wurden aus dem Blut von gesunden<br />

Menschen naive T-Zellen isoliert, dann in vitro stimuliert<br />

und je nach Wachstumsfaktor in Richtung<br />

regulatorische T-Zellen getrieben. Der biologische<br />

Weg von der naiven zur differenzierten regulatorischen<br />

T-Zelle wurde dabei in einem Transkriptum<br />

alle 20 Minuten (high density, high frequency) über<br />

CONFERENCES<br />

31


ZUSAMMENHÄNGE<br />

CONFERENCES<br />

sechs Stunden dokumentiert. In einer Zeitreihenanalyse<br />

wurden dann korrelierende Gene bestimmt<br />

und untersucht, welche am weitesten hinauf- oder<br />

herunterreguliert waren. Zusätzlich wurden korrespondierende<br />

Ergebnisse aus der Literatur untersucht.<br />

Es entstand ein Ranking von 20 priorisierten<br />

Genen, die Hälfte waren T-Regulatoren.<br />

Das Gen DJ1 und die<br />

Pyruvatdehydrogenase<br />

Eines der identifizierten Gene ist DJ1, auch als<br />

PARK7 bezeichnet. Von allen bekannten familiären<br />

Parkinson-Genen wird dieses in humanen T-regulatorischen<br />

Zellen am höchsten exprimiert.<br />

In einem langwierigen Prozess von zwei Jahren<br />

wurde die Biochemie des DJ1 analysiert. An welche<br />

Proteine bindet es (Protein-Protein-Interaktion)?<br />

Die überraschende Antwort: Der Binder mit der<br />

höchsten Affinität war PDH, die Pyruvatdehydrogenase.<br />

„Die PDH ist das Schalt-Enzym zwischen<br />

der Glykolyse und dem TCA-Zyklus (Citratzyklus<br />

oder Krebs-Zyklus), und da wird’s spannend“, so<br />

Balling. PDH ist der Schlüssel, um das in der Glykolyse<br />

entstehende Pyruvat aus dem Zellplasma in die<br />

Mitochondrien zu befördern, wo dann die Energiegewinnung<br />

im TCA-Zyklus abläuft. „Wenn etwas im<br />

Pyruvatstoffwechsel und damit im TCA-Zyklus passiert<br />

– Vorsicht, hier ist pathogenetisches Potential!“<br />

So haben etwa Kinder mit PDH-Mutationen<br />

eine Neurodegeneration, verbunden mit einer Lactatazidose.<br />

PDH sowie weitere Enzyme sowohl in der Glykolyse<br />

als auch im TCA-Zyklus benötigen einen<br />

Kofaktor, nämlich Thiamin – Vitamin B1. Dazu<br />

gehört unter anderem die branched-chain amino<br />

acid dehydrogenase. Der relativ schnelle Anstieg<br />

verzweigtkettiger Aminosäuren als frühes Warnzeichen<br />

bei <strong>Diabetes</strong> geht vermutlich auf dieses<br />

Enzym zurück.<br />

PDH und die mitochondriale<br />

Membran<br />

Die mitochondriale Membran ist doppellagig,<br />

das bedeutet, dass der Transport von Substanzen<br />

zwei Membranen überwinden muss. Der Transport<br />

durch die äußere Membran funktioniert mittels<br />

eines VDAC (voltage dependent anion channel),<br />

für die innere Membran ist der MPC (mitochondrial<br />

pyruvate carrier) notwendig. Es gibt inzwischen<br />

eine Reihe von Hinweisen, so Balling, dass Neurodegeneration<br />

die Folge eines gestörten Transports<br />

in beiden Membrananteilen ist. Hier könnte sich<br />

ein Ansatz bieten, bei einzelnen Patienten (oder<br />

vielleicht sogar in der Gesamtbevölkerung) den<br />

Pyruvatmetabolismus mit den beteiligten Enzymen<br />

genau zu untersuchen und auch nach kompensatorischen<br />

Mechanismen zu schauen. „Das ist dann die<br />

nächste Front: Wer ist denn resistent gegenüber<br />

bestimmten genetischen oder durch die Umwelt<br />

getriggerten Erkrankungen?“<br />

Eine aktuelle Arbeit [6] hat den Flux verschiedener<br />

Komponenten im Gehirnstoffwechsel von<br />

Parkinson-Patienten gemessen. Es zeigte sich<br />

erstens ein vermehrter Flux vom Pyruvat hin zum<br />

Lactat, was die Lactatazidose erklären dürfte und<br />

zweitens eine Aktivierung des GABA-Shunts: Bei<br />

verminderter Aktivität der AKG (Alpha-Ketoglutaratdehydrogenase)<br />

entwickelt sich ein „Umweg“<br />

über Glutamat und GABA zum Succinat, das dann<br />

wieder in den TCA-Zyklus zurückgeführt wird.<br />

„Wenn sowohl die PDH als auch die AKG nicht<br />

optimal funktionieren, dann müssen im Citratzyklus<br />

alle Wege mobilisiert werden, um doch noch<br />

Substrat für die Energiegewinnung über ATP zu<br />

generieren.“ Diesen Prozess nennt man Anaplerosis<br />

(Auffüllen).<br />

Eines der beteiligten Enzyme im GABA-Shunt,<br />

die Glutamat-Decarboxylase (GAD) ist übrigens<br />

bei der Autoimmunreaktion des Typ-1-<strong>Diabetes</strong><br />

32


ZUSAMMENHÄNGE<br />

ein Ziel der Antikörper. „Wir sollten uns mal bei<br />

verschiedenen Erkrankungen den GABA-Shunt<br />

anschauen“, meinte Balling.<br />

Ist Parkinson der <strong>Diabetes</strong> des<br />

Gehirns?<br />

Eine der wichtigsten Funktionen des Insulins<br />

ist die Aktivierung der Glukosetransporter in der<br />

Zellmembran, damit diese an die Oberfläche kommen<br />

und die Glukose in die Zelle aufgenommen<br />

werden kann. Beim <strong>Diabetes</strong> ist Insulin entweder<br />

nicht vorhanden oder nicht effizient, die Glukose<br />

bleibt „ante portas“, es entsteht ein Energiemangel<br />

in der Zelle bei gleichzeitig hohen Blutzuckerspiegeln.<br />

Bei Parkinson, zumindest wenn DJ1 erhöht ist,<br />

könnte analog „Pyruvat ante portas“ bleiben, in<br />

diesem Fall vor den Mitochondrien. Die Glykolyse<br />

könnte noch ablaufen, bis zum Laktat, und durch<br />

Anaplerosis in den Mitochondrien der TCA-Zyklus<br />

stabilisiert werden. Aber je nach weiteren Umständen<br />

wie Genetik, Ernährung oder inflammatorischen<br />

Prozessen würde zu viel Glukose aus<br />

dem TCA-Zyklus „abgesaugt“ werden; ein Energiemangel<br />

der Zelle wäre die Folge.<br />

Und Neurotransmission benötigt viel Energie,<br />

zumindest bei Parkinson-Patienten. „Das ist ein<br />

richtiger Stromfresser“, veranschaulicht Balling.<br />

Wir wissen im Moment nicht genau, inwiefern<br />

Neurotransmitter auch als Energiesubstrat wirken<br />

und umgekehrt bei genügend Energie, wie<br />

viel davon in neuronale Prozesse umgesetzt werden<br />

kann. „Meine Intuition sagt mir: Unter einer<br />

bestimmten Menge an Energieversorgung geht es<br />

nicht, dann kann das Membranpotenzial der Mitochondrien<br />

nicht mehr erhalten werden.“ Wahrscheinlich<br />

sind die Neurotransmissionsprozesse<br />

das Erste, was zurückgefahren wird, wenn wirklich<br />

im TCA-Zyklus eine energetische Krise herrscht –<br />

etwa durch genetische Faktoren, Toxine oder Entzündungsprozesse.<br />

„Die Frage, die wir uns stellen müssen: Führt<br />

Energiemangel in den Zellen – genetisch oder aus<br />

anderen Gründen – zu einer Verschiebung von<br />

Neurotransmitter-Konzentrationen? Und lässt sich<br />

darüber vielleicht erklären, warum einige Zivilisationserkrankungen<br />

wie Insulinresistenz und <strong>Diabetes</strong>,<br />

aber auch neuropsychiatrische Erkrankungen,<br />

Depression und andere, so eng miteinander gekoppelt<br />

erscheinen? Es könnte sich um Komorbiditäten<br />

auf Basis der primären Erkrankung handeln“, fasste<br />

Balling zusammen. „Ich denke, wir müssen uns in<br />

den nächsten Jahren den zentralen Energiestoffwechsel,<br />

also den Pyruvatstoffwechsel, nochmal<br />

genauer anschauen.“<br />

Bericht: Dr. med. Friederike Günther<br />

Quelle: Vortrag von Prof. Rudi Balling „Ist Parkinson der <strong>Diabetes</strong><br />

des Gehirns“ auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft<br />

für Neurologie <strong>2019</strong>.<br />

Referenzen<br />

1. Schernhammer E et al. <strong>Diabetes</strong> and the Risk of Developing<br />

Parkinson’s Disease in Denmark; Diab Care Vol. 34, May<br />

2011, 1102 ff<br />

2. Bauer R et al. Glitazone Treatment and Incidence of<br />

Parkinson’s Disease among People with <strong>Diabetes</strong>: A<br />

Retrospective Cohort Study. PLoS Med 2015; 12 (7):<br />

e1001854, published online 21.7.2015. doi: 10.1371/journal.pmed.1001854<br />

3. Kim DS et al. A New Treatment Strategy for Parkinson‘s<br />

Disease through the Gut-Brain Axis: The Glucagon-Like<br />

Peptide-1 Receptor Pathway. Cell Transplant 2017 (9):<br />

1560-1571. doi: 10.1177/0963689717721234<br />

4. Ter Horst K et al. Striatal dopamine regulates systemic<br />

Glukose metabolism in humans and mice. Science Translational<br />

Medicine, 23.5.2018; 10: Issue 442, eaar3752.<br />

DOI:10.1126/scitranslmed.aar3752<br />

5. Stouffer M et al. Insulin enhances striatal dopamine<br />

release by activating cholinergic interneurons and thereby<br />

signals reward. Nat Commun 2015; 6: 8543. doi: 10.1038/<br />

ncomms9543<br />

6. Supandi F, van Beek JHGM. Computational prediction<br />

of changes in brain metabolic fluxes during Parkinson’s<br />

disease from mRNA expression. PLoS ONE 2018; 13(9):<br />

e0203687. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0203687<br />

CONFERENCES<br />

33


EINE ZEITREISE<br />

Zehn Jahre humane GLP-1-Rezeptor-<br />

Agonisten – was bringt die Zukunft?<br />

Symposiumsbericht<br />

© iStockphoto / olm26250<br />

Nach der Erstbeschreibung des GLP-1 (Glucagon-like peptide 1) im Jahr 1979 konnte eine erste Studie<br />

zeigen, dass eine Infusion von GLP-1 im Vergleich zu Placebo den Blutzucker wirksam senken kann. Die<br />

subkutane Injektion der nativen Substanz jedoch erwies sich als weniger wirksam. GLP-1 wird durch das<br />

Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4) innerhalb weniger Minuten abgebaut. Erst die Entwicklung länger<br />

wirksamer Agonisten ermöglichte den Einsatz in der Behandlung des <strong>Diabetes</strong>.<br />

EDUCATION<br />

GLP-1-Rezeptor-Agonisten: wie es<br />

anfing<br />

Professor Michael A. Nauck aus Bochum erläuterte<br />

die Entwicklung der Substanzklasse – sie<br />

begann mit einem Zufall: Auf einem Biologenkongress<br />

wurde ein Polypeptid aus dem Speichel der<br />

Gila-Krustenechse („Gila-Monster“) vorgestellt,<br />

und einem Zuhörer fiel die strukturelle Ähnlichkeit<br />

des Peptids (Exendin-4) mit dem menschlichen<br />

GLP-1 auf. Biotechnologisch hergestellt wurde die<br />

Substanz unter dem Namen Exenatide im Jahr<br />

2005 als erster Vertreter der neuen Substanzklasse<br />

der Inkretinmimetika zur <strong>Diabetes</strong>therapie zugelassen.<br />

Inzwischen existieren mehrere Vertreter dieser<br />

Substanzklasse mit unterschiedlicher Wirkdauer<br />

und unterschiedlicher Wirkstärke. Liraglutid etwa<br />

ist zu 97 % homolog mit dem humanen GLP-1 und<br />

ist deutlich wirksamer als das ursprüngliche Exenatide.<br />

Ein wichtiger Meilenstein wurde im Jahr 2016<br />

erreicht: Die LEADER-Studie [1] konnte nachweisen,<br />

dass Liraglutid nicht nur wirksam den Blutzucker<br />

und das HbA1c senken kann, sondern dass auch die<br />

kardiovaskulären Outcomes positiv beeinflusst werden.<br />

Schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte,<br />

Schlaganfälle und kardiovaskuläre Todesfälle,<br />

als Endpunkt in Studien meist zusammengefasst<br />

unter dem Schlagwort MACE (major adverse cardiovascular<br />

events) traten unter Liraglutid um 13 %<br />

seltener auf als unter Placebo (beides wurde jeweils<br />

zusätzlich zur <strong>Diabetes</strong>-Standardtherapie gegeben).<br />

Aktueller Stellenwert von Liraglutid<br />

Professor Stephan Jacob vom Kardio-Metabolischen<br />

Institut in Villingen-Schwenningen beleuchtete<br />

den aktuellen Stellenwert von Liraglutid in der<br />

Behandlung des Typ-2-<strong>Diabetes</strong>. Der Consensus<br />

Report der American <strong>Diabetes</strong> Association (ADA)<br />

und der European Association for the Study of Dia-<br />

34


EINE ZEITREISE<br />

betes (EASD) von 2018 sieht vor, dass sich die Wahl<br />

eines zusätzlichen Antidiabetikums nach dem Versagen<br />

von Lebensstilinterventionen und Metformin<br />

an der kardiovaskulären Situation des Patienten orientiert.<br />

Zur Senkung des kardiovaskulären Risikos<br />

liegen allerdings bisher nur für GLP-1-Rezeptor-<br />

Agonisten und SGLT-2-Inhibitoren Studien vor. Für<br />

die GLP-1-Rezeptor-Agonisten gibt es inzwischen<br />

auch Vergleichsstudien zu Insulin, die zugunsten<br />

der GLP-1-Rezeptor-Agonisten ausgegangen sind.<br />

Diese Substanzen senken nicht nur den Blutzucker<br />

beziehungsweise den HbA1c-Wert, sie senken<br />

auch das Körpergewicht und den Blutdruck (dies ist<br />

unabhängig vom Gewicht). Außerdem verbessern<br />

sie den postprandialen Lipidstoffwechsel.<br />

Verbesserte Lebensqualität<br />

Im Vergleich zu Insulin berichten die Patienten<br />

über eine verbesserte Lebensqualität. Eine<br />

entscheidende Rolle kommt hier den fehlenden<br />

Hypoglykämien zu. Wer Insulin spritzt, muss mit<br />

Hypoglykämien rechnen und regelmäßig den Blutzucker<br />

messen. Dies ist unter der Therapie mit GLP-<br />

1-Rezeptor-Agonisten nicht notwendig. Außerdem<br />

bewirkt die Insulinbehandlung eine Gewichtszunahme,<br />

die Behandlung mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten<br />

aber eine Gewichtsabnahme. Tatsächlich<br />

ist Liraglutid unter einem zweiten Handelsnamen<br />

bei gleicher Dosierung und gleichem Preis zur<br />

Unterstützung der Gewichtsabnahme bei adipösen<br />

Patienten zugelassen. Auch bei nicht diabetischen<br />

Patienten sind keine Hypoglykämien zu befürchten.<br />

Allerdings gibt es gerade in Bezug auf die appetithemmende<br />

Wirkung eindeutige Responder und<br />

Non-Responder.<br />

Im Januar <strong>2019</strong> wurde Liraglutid für Patienten<br />

mit kardiovaskulären Risikofaktoren auch ins<br />

Disease Management-Programm (DMP) für <strong>Diabetes</strong><br />

Typ 2 aufgenommen.<br />

Da die GLP-1-Rezeptor-Agonisten und die<br />

SGLT‐2-Inhibitoren an unterschiedlichen metabolischen<br />

Zielen ansetzen und additiv wirken, ist bei<br />

Bedarf auch eine Kombination beider Wirkprinzipien<br />

möglich, erläuterte Professor Jacob.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Professor Sebastian M. Schmid von der Universität<br />

Lübeck gab dann noch einem Ausblick auf<br />

die Zukunft. Eines der derzeitigen Forschungsgebiete<br />

ist eine andere Applikationsform. Da die<br />

GLP-1-Rezeptor-Agonisten Peptide sind, werden<br />

sie gespritzt. In der Entwicklung ist derzeit eine<br />

implantierbare Mini-Pumpe, die subkutan eingesetzt<br />

wird und das Produkt abgibt. Auch eine<br />

orale Anwendung wird erprobt. Mit Permeations-<br />

Enhancern soll das Peptid aufgenommen werden,<br />

noch bevor es im Darm enzymatisch aufgespalten<br />

und verdaut wird.<br />

Eine Kombination von GLP-1-Rezeptor-Agonisten<br />

mit den Peptiden PYY (Peptid YY) und Oxyntomodulin<br />

in der sogenannten „postbariatrischen“ Dosierung,<br />

wie sie auch nach bariatrischen Eingriffen angewandt<br />

wird, wurde zur Gewichtsabnahme untersucht<br />

und erwies sich als ebenso wirksam wie eine Magen-<br />

Bypass-Operation. Das bedeutet: Die Medikamentenkombination<br />

könnte einen solchen bariatrischen<br />

Eingriff womöglich überflüssig machen – zumindest<br />

bei den Respondern, so Schmid.<br />

Berichterstattung: Dr. med. Friederike Günther<br />

Quelle: Symposium „Eine Zeitreise: 10 Jahre humane GLP-1-Rezeptor-Agonisten,<br />

was bringt die Zukunft?“ am 29.05.<strong>2019</strong> in<br />

Berlin anlässlich des Deutschen <strong>Diabetes</strong>kongresses (Veranstalter:<br />

NOVO-NORDISK)<br />

Referenz<br />

1. Steven P.Marso et al.: Liraglutide and Cardiovascular Outcomes<br />

in Type 2 <strong>Diabetes</strong>, N Engl J Med 2016; 375:311-322<br />

EDUCATION<br />

35


TIPPS VOM ANWALT<br />

Rechtliche Rahmenbedingungen<br />

für die Patientenkommunikation<br />

Andreas Staufer, München<br />

!<br />

© iStockphoto/Vaniatos<br />

Zuweilen lassen sich medizinjuristische Streitigkeiten auf eine mangelhafte Kommunikation des Arztes<br />

zurückführen. Ärzte hätten die ein oder andere negative Bewertung und sogar den ein oder anderen Prozess<br />

durch ein einfaches Gespräch mit dem Patienten oder eine sorgsam vorbereitete Information vermeiden<br />

können – ohne Anwälte, ohne Richter, ohne ein öffentliches Verfahren und möglicherweise auch ohne<br />

negative Bewertungen.<br />

CONFERENCES<br />

Was aber hat Kommunikation mit Haftungsfällen,<br />

Risikomanagement und Google-Bewertungen<br />

zu tun? Viel.<br />

Das Wesen der Kommunikation<br />

Kommunikation hat ihren Ursprung zunächst im<br />

lateinischen Wort communicatio. Es steht übersetzt<br />

für „Mitteilung“ und bedeutet den Austausch<br />

oder die Übertragung von Information. Ein Patient,<br />

der das Gespräch mit dem Arzt sucht, will mit ihm<br />

kommunizieren. Er wünscht entweder, dem Arzt<br />

Informationen mitzuteilen oder begehrt selbst<br />

Information: über seinen Gesundheitszustand und<br />

mögliche Therapien.<br />

Leider weicht der Erwartungshorizont der<br />

Patienten an Gesprächsführung und -dauer mitunter<br />

von dem ab, was der Arzt bieten kann und<br />

will. Ein Grund hierfür ist der im Gesundheitssystem<br />

aus Kostengründen forcierte Weggang von<br />

36


TIPPS VOM ANWALT<br />

der sprechenden Medizin hin zur Apparatemedizin,<br />

teilweise aber auch eine fehlende Organisation<br />

oder Sensibilität in der Praxis. So registriert der<br />

Arzt den Gesprächswunsch, priorisiert und arbeitet<br />

zügig ab. Die hierbei dem Patienten übermittelten<br />

Informationen sind mitunter dürftig und auf das<br />

Wesentliche reduziert. Darunter kann jedoch nicht<br />

nur das Verständnis des Patienten leiden, sondern<br />

darüber hinaus auch seine Compliance und seine<br />

Zufriedenheit.<br />

Aus Sicht des Patienten erscheint der Arztkontakt<br />

mangelhaft, wenn er die erwarteten Informationen<br />

nicht in der von ihm erwarteten Zeit oder<br />

Form erhält. Das volle Wartezimmer scheint ihm<br />

dabei alles andere zu sein als der eigentliche Grund<br />

für die fehlende Zeit des Arztes.<br />

Erwidert der Arzt das Begehren des Patienten<br />

nicht, dann sucht dieser vielleicht die Kommunikation<br />

mit Dritten. Das können Freunde oder<br />

Verwandte sein, aber auch ein Anwalt, Polizei,<br />

Staatsanwaltschaft, Ärztekammer, Krankenkasse,<br />

die Presse oder das Internet. Die Wahl aus den<br />

verschiedenen Möglichkeiten hat sodann auch<br />

Auswirkungen auf den weiteren Verlauf einer möglichen<br />

Eskalation.<br />

Beispiel: Ein 95-jähriger Angehöriger wendet<br />

sich an die behandelnden Ärzte seiner verstorbenen<br />

Ehefrau. Er will wissen, woran sie während einer<br />

geplanten Operation gestorben ist. Die Klinikärzte<br />

verweigern sich gänzlich dem im Krankenhaus<br />

wartenden Mann. Schließlich verweisen sie auf<br />

anstehende Notfälle und die vermeintlich entgegenstehende<br />

ärztliche Schweigepflicht. Der Mann<br />

wendet sich ratlos an die Polizei. Diese beginnt<br />

zwar zu ermitteln, verweist ihn allerdings für sein<br />

Auskunftsbegehren an einen Fachanwalt für Medizinrecht.<br />

Diesem vertraut er schließlich im ersten<br />

interessierten Gespräch an: „Wissen’s, ich möchte<br />

doch nur wissen, ob meine Frau ohne Schmerzen<br />

ihren Frieden gefunden hat.“<br />

Die erhofften Informationen sind also aus unterschiedlichen<br />

Gründen wichtig für einen Fragesteller.<br />

Wenn sie gänzlich unbeantwortet bleiben, dann<br />

sind die Folgen regelmäßig ein – eigentlich vermeidbarer<br />

– Frust und unberechenbare Reaktionen.<br />

Einige Enttäuschte posten ihre Auffassung hierzu<br />

schließlich in den sozialen Medien oder auf Bewertungsplattformen<br />

bei Google, Jameda und Co.<br />

Abläufe optimieren<br />

Dr. jur. Andreas Staufer<br />

info@fasp.de<br />

Die Analyse gut bewerteter Praxen zeigt meist<br />

eine in der Kommunikation und im Ablauf optimierte<br />

Patientenorganisation. So werden die<br />

Patienten zum Beispiel vor dem ersten Termin mit<br />

allgemeinen Informationen zum Praxisablauf und<br />

gezielten Fragebögen zum jeweiligen Leistungsangebot<br />

versorgt. Typische Fragen werden oft schon<br />

im Vorfeld auf der Praxishomepage oder durch<br />

Flyer beantwortet. Und im Wartezimmer warten die<br />

Patienten nicht nur, sondern bereiten sich auch auf<br />

den Termin vor. Mitarbeiter erledigen delegierbare<br />

Voruntersuchungen nach Checkliste und online<br />

CONFERENCES<br />

37


TIPPS VOM ANWALT<br />

Gut bewertete Praxen<br />

kümmern sich meist um<br />

eine optimierte Patientenorganisation<br />

- in<br />

Kommunikation und<br />

Abläufen.<br />

ebenso meiden wie Hinweise auf private Sprechstunden.<br />

Andere Medien in der Praxis informieren<br />

Patienten viel subtiler und weniger aufdringlich<br />

über Angebote.<br />

Das Berufsrecht bringt es kurz, aber würzig auf<br />

den Punkt: Ärzte haben ihren Patienten gebührende<br />

Aufmerksamkeit entgegenzubringen und mit<br />

deren Kritik sowie mit Meinungsverschiedenheiten<br />

sachlich und korrekt umzugehen.<br />

Fernkommunikation<br />

Ärzte beraten und behandeln ihre Patienten im<br />

persönlichen Kontakt. Sie dürfen Kommunikationsmedien<br />

unterstützend einsetzen. Doch auch<br />

eine ausschließliche Beratung oder Behandlung<br />

über Kommunikationsmedien kann im Einzelfall<br />

erlaubt sein, wenn dies ärztlich vertretbar ist und<br />

die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt bleibt.<br />

Der Patient ist dann besonders aufzuklären. Aber<br />

Achtung: Die Fernbehandlung und -beratung ist in<br />

den einzelnen Bundesländern noch unterschiedlich<br />

geregelt.<br />

CONFERENCES<br />

einsehbare Terminkalender reduzieren die Zahl der<br />

Anrufe. Der Arzt findet ausreichend Zeit für das<br />

Patientengespräch und informiert im Nachgang<br />

automatisiert zur Nachsorge. Der Patient erfährt<br />

außerdem, dass man für Kritik persönlich da sei,<br />

sich aber auch über positive Bewertungen im Internet<br />

freue.<br />

Negativ bewertete Praxen investieren dagegen<br />

selten in das Optimieren der Praxisabläufe und<br />

erschöpfen sich oft in der juristischen Bekämpfung<br />

negativer Bewertungen auf Onlineportalen. Tatsächlich<br />

können Ärzte sich rechtlich gegen unerlaubte<br />

Bewertungen, gegen Beleidigungen und<br />

falsche Tatsachenbehauptungen wehren – meist<br />

lassen sich bereits mit Notice- and Take-Down-<br />

Hinweisen erste Ergebnisse erzielen. Man sollte<br />

sich allerdings nicht nur um die Entfernung der<br />

Onlinebewertungen bemühen: Sie geben darüber<br />

hinaus auch Hinweise zur Bekämpfung möglicher<br />

Ursachen.<br />

Ein häufiger Grund von Beanstandungen auf<br />

Bewertungsportalen sind beispielsweise die mit<br />

Patienten geführten und von beiden Seiten als<br />

ärgerlich empfundenen „Verkaufsgespräche“ über<br />

individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Ärzte<br />

sind keine Verkäufer; sie sollten das Anbiedern<br />

Pflicht zur Information<br />

Informationspflichten sind in zahlreichen Vorschriften<br />

niedergelegt. Die Pflichten beginnen<br />

bereits mit der nach der Berufsordnung auf dem<br />

Praxisschild bereitzustellenden Information. Das<br />

Telemediengesetz, die Verordnung über Informationspflichten<br />

für Dienstleistungserbringer, der<br />

Rundfunkstaatsvertrag (bei Bloggern), ebenso wie<br />

die Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO<br />

– mit ihren zusätzlichen Informations- und Auskunftspflichten<br />

enthalten weitere Pflichtangaben.<br />

Und diese Aufzählung ist bei weitem nicht abschließend.<br />

Selbst die wesentlichen Anforderungen an<br />

das Aufklärungsgespräch sind gesetzlich in § 630e<br />

des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) normiert.<br />

38


TIPPS VOM ANWALT<br />

Praxisinhaber müssen sich schon aus berufs- und<br />

haftungsrechtlichen, aber auch aus wettbewerbsrechtlichen<br />

Gründen mit ihren Informationspflichten<br />

vertraut machen und diese sorgfältig erstellen,<br />

um kostenpflichtige Beanstandungen zu vermeiden.<br />

Beispiel: Dr. A und Dr. B betreiben eine Praxisgemeinschaft.<br />

Dr. C ist bei beiden in Halbzeit angestellt.<br />

Auf Praxisschild, Briefkopf und Homepage<br />

firmieren Sie gemeinsam als Praxis Musterstadt,<br />

Dr. A, B und C. Doch die unüberlegte Aufnahme<br />

weiterer Ärzte stellt eine erhebliche Haftungsfalle<br />

dar, erwecken sie doch damit den Anschein einer<br />

Personengesellschaft. Der Schein genügt, um im<br />

Regressfall gegenüber dem Patienten für die Fehler<br />

der vermeintlichen Mitgesellschafter zu haften.<br />

Das Gesetz stellt auch an Art und Inhalt der<br />

Informationsweitergabe besondere Anforderungen.<br />

Werbung – und damit die Information über<br />

die angebotene Leistung – ist bekanntermaßen<br />

zulässig, aber Berufsrecht, das Heilmittelwerberecht<br />

und das allgemeine Wettbewerbsrecht<br />

schränken die Gestaltung ein. Beschränkungen<br />

ergeben sich bereits beim Fortführen der Namen<br />

ausgeschiedener Kollegen. Selbst Empfehlungen<br />

und Verweisungen an Kollegen sollen nicht ohne<br />

hinreichenden Grund ausgesprochen werden.<br />

Werbung für gewerbliche Zwecke oder Werbung<br />

in unlauterer Weise ist ebenso wie die Kommerzialisierung<br />

des ärztlichen Berufs durch berufswidrige,<br />

vor allem eine anpreisende, irreführende oder<br />

vergleichende Werbung zu meiden.<br />

Rechtfertigung oder mit Einwilligung des Patienten<br />

an Dritte weitergeben.<br />

Damit vertrauliche Informationen nicht versehentlich<br />

in die Hände Dritter geraten, sind<br />

technische und organisatorische Maßnahmen einzuhalten.<br />

Die Kommunikation mit den Patienten<br />

Ärzte sollten sich mit ihren<br />

Informationspflichten<br />

vertraut machen.<br />

oder Kollegen mittels unverschlüsselter E-Mails<br />

oder per WhatsApp ist insoweit doch recht bedenklich.<br />

Dies gilt auch, wenn Ärzte externe Dienstleister<br />

einbinden. Vertraglich sind Zuständigkeiten,<br />

Inhalte und Sorgfaltspflichten klar zu regeln.<br />

Fazit<br />

Kommunikation und die richtige Dosis an Informationen<br />

sind wichtig für den Praxiserfolg. Technische<br />

Hilfen können Ärzte hierbei (nur) unterstützen,<br />

wenn sie durchdacht eingesetzt werden. Bei der<br />

Umsetzung sollten sie rechtliche Vorgaben berücksichtigen<br />

und nicht blind auf die Angebote der Hersteller<br />

vertrauen.<br />

Kommunikation mit Dritten<br />

Bei der Kommunikation mit Dritten sind die Ärztliche<br />

Schweigepflicht und auch der Datenschutz<br />

zwingend zu beachten. So dürfen Ärzte Informationen<br />

über einen Patienten im Wesentlichen nur<br />

aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen<br />

Dr. jur. Andreas Staufer<br />

Fachanwalt für Medizinrecht<br />

Fachanwalt für Informationstechnologierecht<br />

Nussbaumstraße 12, 80336 München<br />

Kontaktdaten auf www.staufer.de<br />

CONFERENCES<br />

39


DIABETESTHERAPIE ZU HAUSE<br />

Risikofaktor Patient<br />

Symposiumsbericht<br />

©Shutterstock / Proxima Studio<br />

Eine chronische Krankheit wie <strong>Diabetes</strong> erfordert eine besonders enge Zusammenarbeit im Arzt-Patienten-<br />

Verhältnis. Der Therapieerfolg hängt davon ab, wie gut die Patienten die Krankheit in ihr Leben integrieren<br />

und Behandlungsempfehlungen umsetzen, ohne sich komplett vom <strong>Diabetes</strong> beherrschen zu lassen. Gefragt<br />

sind seitens der Patienten eine Akzeptanz der Krankheit – die nach heutigem Wissensstand immer noch<br />

unheilbar ist und sie ihr Leben lang begleiten wird – und genügend Interesse, um physiologische Abläufe<br />

zu verstehen. Behandelnde Ärzte müssen sich Zeit nehmen, um therapeutische Empfehlungen immer wieder<br />

zu überprüfen und anzupassen.<br />

EDUCATION<br />

Privatdozent Dr. Matthias Frank, Chefarzt im Diakonie<br />

Klinikum Neunkirchen, sprach über das Thema<br />

„Was will der Patient?“. Eigentlich ganz einfach: Der<br />

Patient will so viel Normalität wie möglich und im<br />

optimalen Fall leben wie Menschen ohne <strong>Diabetes</strong>.<br />

Aber genau das ist leider nicht möglich, denn bisher<br />

kennt die Medizin kein Mittel, um eine gesunde<br />

Funktion der Bauchspeicheldrüse wiederherzustellen.<br />

Für die Patienten kommt es also darauf an, sich<br />

mit ihrer Krankheit zu arrangieren, sie in ihr Leben<br />

zu integrieren und so viel wie möglich darüber zu<br />

wissen. Schulungen sind für Diabetiker zwar vorgesehen,<br />

aber nicht alle erhalten tatsächlich eine.<br />

Man muss sich natürlich auch fragen, ob eine einzige<br />

Schulung nach der Diagnose wirklich ausreicht.<br />

Aufgabe der Ärzte ist es, die Patienten zu entlasten<br />

und nicht zusätzlich zu belasten. Gefragt sind<br />

keine Vorwürfe (z. B. bei mangelhafter Therapietreue),<br />

sondern Lösungsvorschläge. Gelingt es, den<br />

Patienten zum Behandlungspartner zu machen, der<br />

die Verantwortung nicht vollkommen auf den Arzt<br />

abschiebt, dann bessert sich auch die Chance auf<br />

Therapietreue. Ein Onlineportal wie TheraKey® <strong>Diabetes</strong><br />

bietet ihm die Möglichkeit, wissenschaftlich<br />

abgesicherte und immer aktuelle Informationen<br />

rund um das Thema <strong>Diabetes</strong> zu erhalten.<br />

Erfahrungen aus der Praxis<br />

Dr. Andreas Lueg, niedergelassener Diabetologe<br />

aus Hameln, berichtete über seine Erfahrungen aus<br />

der Praxis. Wie lässt sich die Therapietreue verbessern?<br />

Durch Kommunikation, so die wichtigste<br />

Botschaft. Dazu gehören auch gezielte Fragen. Leider<br />

sind viele Patienten nicht gut informiert. So<br />

antworten manche auf die Arztfrage „Haben Sie<br />

hohen Blutdruck?“ mit „Nein“ – obwohl sie zum<br />

Beispiel drei Antihypertensiva nehmen, die ihren<br />

Blutdruck normalisieren. Aus dem Blickwinkel der<br />

Patienten bedeutet das: Ihr Blutdruck ist jetzt normal,<br />

also haben sie keinen Hochdruck (mehr).<br />

Gesprächsbedarf<br />

Das Vertrauensverhältnis Arzt/Patient wird<br />

gestärkt, wenn die Patienten sich gut informiert<br />

fühlen. Luegs Beispiel ist ein Arzneimittel mit<br />

Durchfall als häufiger Nebenwirkung. Wenn der<br />

40


DIABETESTHERAPIE ZU HAUSE<br />

Arzt das gleich bei der Verordnung erwähnt, wird<br />

der Patient beim Auftreten solcher Durchfälle nicht<br />

überrascht sein und die Behandlung fortführen.<br />

Bei einer lebenslangen Erkrankung wie <strong>Diabetes</strong>,<br />

so Lueg, können sich Verordnungen immer wieder<br />

ändern. Denn zum einen kommen neue Arzneimittel<br />

auf den Markt und neue Erkenntnisse zu älteren Arzneimitteln<br />

erweitern oder verändern die Indikationen.<br />

Zum anderen wird der Patient älter und/oder Komorbiditäten<br />

machen neue Therapiekonzepte notwendig.<br />

Bei solchen Therapieänderungen aber sind wieder<br />

Fragen nötig. So berichtete Lueg von einem Patienten,<br />

der nach Verordnung eines SGLT2-Hemmers<br />

eine schwere Pilzdermatitis im Genitalbereich entwickelte.<br />

Das ist zwar eine bekannte Nebenwirkung,<br />

die sich aus der Glukosurie erklärt. Aber in diesem<br />

besonderen Fall hatte der Patient nicht erwähnt,<br />

dass er unter einer Harninkontinenz litt und ständig<br />

Vorlagen tragen musste. Unter diesen Umständen<br />

hätte man das Medikament nicht verordnet. „Seitdem<br />

frage ich bei allen Patienten ganz gezielt nach,<br />

ob sie eine Harninkontinenz haben“, meinte Lueg.<br />

Bessere Adhärenz durch<br />

Fixkombinationen<br />

Die Medikamentenadhärenz kann gesteigert<br />

werden, wenn man die Zahl der einzunehmenden<br />

Medikamente verringert. Dabei sind fixe Kombinationen<br />

hilfreich. Am Anfang der <strong>Diabetes</strong>therapie<br />

stehen meist Lebensstilanpassung und frühzeitig<br />

Metformin. Aber oft warten Ärzte zu lange mit der<br />

Gabe eines zusätzlichen Medikaments, wenn diese<br />

Behandlung den HbA1c-Zielwert nicht erreicht. Bei<br />

der Wahl des zusätzlichen Arzneimittels gibt es<br />

verschiedene Optionen, die je nach den individuellen<br />

Patientenbedürfnissen ausgewählt werden. Im<br />

Falle von Sitagliptin besteht hier die Option, statt<br />

des Metformins plus Sitagliptin eine fixe Kombination<br />

aus Sitagliptin plus Metformin zu verordnen.<br />

Der Patient nimmt dann keine zusätzlichen Tabletten,<br />

sondern nur andere.<br />

Insulintherapie: Bessere Verfügbarkeit<br />

durch doppelte Konzentration<br />

Dr. Winfried Keuthage, Diabetologe aus Münster,<br />

erläuterte am Beispiel von hochkonzentriertem<br />

Mahlzeiteninsulin den Einfluss der optimierten<br />

Applikationsform auf die Medikamentenwirkung.<br />

In einer offenen, randomisierten Vergleichsstudie<br />

im Crossover-Design wurde Insulin lispro 100 E/ml<br />

direkt verglichen mit Insulin lispro 200 E/ml. Beide<br />

Insuline wurden mit dem passenden Pen subkutan<br />

injiziert. Unter der Therapie mit dem höher konzentrierten<br />

Präparat verbesserte sich der HbA1c-Wert<br />

signifikant und die Patienten erlebten weniger<br />

Hypoglykämien. Es stellte sich heraus, dass die<br />

erleichterte Injektion durch den besonders leichtgängigen<br />

Pen und das kleinere Injektionsvolumen<br />

den Unterschied machten. Viele Patienten berichteten,<br />

sie hätten es mit diesem System erstmals<br />

geschafft, tatsächlich die volle Dosis zu injizieren.<br />

Dies traf besonders auf ältere Menschen zu, die<br />

wenig Kraft in den Händen hatten.<br />

Die Injektion eines kleineren Volumens hat noch<br />

weitere Vorteile: Da sich Insulin unter der Haut flächig<br />

ausbreitet, bedeutet eine kleinere Injektionsmenge<br />

auch weniger Überlappung der Injektionsbereiche.<br />

Die Rotation der Einstichstellen fällt so leichter, und<br />

es entwickeln sich weniger Lipohypertrophien. Nicht<br />

zuletzt reicht eine Pen-Füllung doppelt so lange; das<br />

bedeutet weniger Zuzahlung für die Patienten. Die<br />

Umstellung auf das hochkonzentrierte Insulin fällt<br />

leicht: Die Patienten stellen am Pen die Insulineinheiten<br />

ein und nicht das Volumen.<br />

Berichterstattung: Dr. med. Friederike Günther<br />

Quelle: Symposium „<strong>Diabetes</strong>therapie Zuhause – Risikofaktor<br />

Patient“ am 30.05.<strong>2019</strong> in Berlin anlässlich des Deutschen <strong>Diabetes</strong>kongresses<br />

(Veranstalter: BERLIN-CHEMIE AG)<br />

EDUCATION<br />

41


DIABETES KONGRESS 2020<br />

Präzisionsmedizin – Eine Reise<br />

in die Zukunft der Diabetologie<br />

20. – 23. Mai 2020, CityCube Berlin<br />

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Mitte November!<br />

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KARDIOSCHUTZ<br />

SGLT2-Inhibitoren bei Typ-2-<strong>Diabetes</strong>:<br />

Mehr als nur Blutzuckersenkung<br />

Symposiumsbericht<br />

© Shutterstock/Airin.dizain – crystal light – Yeti studio<br />

Das glukozentrische Weltbild in der Behandlung des Typ-2-<strong>Diabetes</strong> hat heute ausgedient: Gefragt ist ein<br />

multifaktorieller Behandlungsansatz. Dies wurde bereits in die Leitlinien aufgenommen. Aber wie können die<br />

Studienergebnisse und Leitlinien im Praxisalltag umgesetzt werden? Antworten darauf gab ein Symposium<br />

von Boehringer Ingelheim & Eli Lilly im Rahmen des EASD.<br />

Prof. Kausik Ray, Kardiologe aus London, erläuterte<br />

die Studienlage. Seit rund zehn Jahren muss für<br />

neu zugelassene <strong>Diabetes</strong>medikamente nicht nur<br />

die zuverlässige Blutzuckersenkung gezeigt werden,<br />

sondern auch kardiovaskuläre Unbedenklichkeit.<br />

Gleichzeitig wird oft geprüft, ob das getestete<br />

Präparat im Hinblick auf kardiovaskuläre Komplikationen<br />

sogar günstig wirkt. Studien stellen dafür<br />

meistens auf einen MACE-Endpunkt (major advers<br />

cardiac events) mit mehreren schweren kardialen<br />

Ereignissen ab. Klassisch ist der 3-Punkte-MACE,<br />

der den Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, nicht<br />

tödliche Herzinfarkte und nicht tödliche Schlaganfälle<br />

beinhaltet.<br />

Kardiovaskulärer Nutzen bei<br />

verschiedenen Patientengruppen<br />

Für SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten<br />

konnte in Studien eine statistisch signifikante<br />

Senkung der MACE bei Typ-2-Patienten<br />

gezeigt werden, erklärte Ray. Dieser Effekt war<br />

EDUCATION<br />

43


KARDIOSCHUTZ<br />

besonders ausgeprägt, wenn die Patienten bereits<br />

eine etablierte kardiovaskuläre Erkrankung (CVD)<br />

hatten, jedoch weniger deutlich, wenn eine solche<br />

trotz Risikofaktoren noch nicht vorlag.<br />

Der Effekt der Medikation begann bereits nach<br />

wenigen Monaten deutlich zu werden und hielt<br />

über die Behandlungsdauer hinweg konsistent an.<br />

In der Studie EMPA-REG-Outcome etwa wurde<br />

mit Empagliflozin beim kardiovaskulären Tod eine<br />

relative Risikominderung (RRR) von 38 % erreicht<br />

– unabhängig von Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen<br />

der Patienten. „Dann können Sie<br />

auch davon ausgehen, dass es bei Ihrem nächsten<br />

Patienten entsprechend wirken wird.“, sagte Ray.<br />

Herzinsuffizienz: Weniger<br />

Hospitalisierungen<br />

Das Risiko einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz<br />

(HHF, hospitalization due to heart<br />

failure) konnte in allen drei großen Studien mit<br />

SGLT2-Inhibitoren gesenkt werden – in EMPA-<br />

REG -Outcome mit Empagliflozin, in DECLARE mit<br />

der Behandlung des <strong>Diabetes</strong> Typ 2; alle anderen<br />

Arzneimittel wurden nur als Zusatzmedikation<br />

empfohlen. Inzwischen werden bei Patienten mit<br />

bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren SGLT2-<br />

Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten als Erstlinientherapie<br />

empfohlen.<br />

Patienten mit Nierenfunktionsstörungen:<br />

Besseres Outcome<br />

Prof. Per-Henrik Groop, Nephrologe aus Helsinki ,<br />

betonte die Wichtigkeit der neuen Studien für<br />

Patienten mit diabetischer Nephropathie. Die großen<br />

Studien mit den SGLT2-Inhibitoren zeigen<br />

eine Senkung des Risikos für renale Komplikationen<br />

wie einer Verdopplung des Serumkreatinins,<br />

Früh stadien der Nierenerkrankung, Nierenersatztherapie<br />

oder Tod durch Nierenerkrankung.<br />

Allerdings, so Groop, waren diese Studien auf<br />

kardiovaskuläre Endpunkte ausgelegt, und die<br />

Zahl der Patienten mit Nierenerkrankung war vergleichsweise<br />

klein.<br />

Inzwischen starteten weitere Studien speziell<br />

Real-Life-Studien bestätigen die positiven Effekte<br />

der SGLT2-Inhibitoren.<br />

EDUCATION<br />

Dapagliflozin und in CANVAS mit Canagliflozin.<br />

Und zwar auch in der Untergruppe der Patienten<br />

mit bereits bekannter Herzinsuffizienz.<br />

Studien unter Alltagsbedingungen (Real-Life-<br />

Studien), bestätigen die positiven Effekte der<br />

SGLT2-Inhibitoren, so Ray. Schon jetzt wurden<br />

Leitlinien an die aktuellen Erkenntnisse angepasst.<br />

Noch 2018 war – nach Lebensstilinterventionen<br />

– Metformin das Medikament der ersten Wahl in<br />

mit Patienten, bei denen bereits eine bekannte<br />

diabetische Nierenerkrankung vorliegt. Die ersten<br />

Ergebnisse sind ermutigend. So konnte in der<br />

CREDENCE-Studie mit Canagliflozin das Risiko für<br />

den kombinierten kardiorenalen Endpunkt nach<br />

drei Jahren Behandlung um 30 % gesenkt werden.<br />

Weitere große Studien mit SGLT2-Inhibitoren in<br />

dieser wichtigen Patientenpopulation sind derzeit<br />

im Gange, wobei hier auch zwischen Patienten mit<br />

44


KARDIOSCHUTZ<br />

und ohne Proteinurie unterschieden wird. Ergebnisse<br />

werden in den nächsten zwei Jahren vorliegen.<br />

Anfängliche Bedenken, die SGLT2-Inhibitoren<br />

könnten die Nierenfunktion negativ beeinflussen,<br />

haben sich nicht bestätigt, berichtete Groop. Zwar<br />

sinkt die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate<br />

(eGFR) zu Beginn der Behandlung vorübergehend<br />

kurz ab, normalisiert sich jedoch schnell wieder.<br />

Welche Rolle spielen DPP4-<br />

Inhibitoren?<br />

Prof. Bernard Zinman aus Toronto erläuterte die<br />

Datenlage für die DPP4-Inhibitoren. Es liegen die<br />

Ergebnisse von zwei großen Studien mit Linagliptin<br />

vor. In die CARMELINA-Studie wurden Patienten<br />

mit lang bestehendem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> eingeschlossen<br />

(median seit über 14 Jahren). 57 % hatten<br />

bereits eine CVD, 27 % eine Herzinsuffizienz<br />

und 74 % eine Nierenerkrankung. Es handelte sich<br />

also um den Typ von Patienten, die im Praxisalltag<br />

häufig auftauchen.<br />

Im Vergleich zum Placebo zeigte sich keinerlei<br />

Unterschied in der kardiovaskulären Sicherheit –<br />

auch nicht in der Patientengruppe mit chronischen<br />

Nierenerkrankungen. Die Progression der Albuminurie<br />

war unter Linagliptin verlangsamt, was für<br />

einen nephroprotektiven Effekt spricht.<br />

Die CAROLINA-Studie untersuchte ein völlig<br />

anderes Patientenklientel, nämlich Patienten mit<br />

erst kurz bestehendem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und deutlich<br />

weniger Begleiterkrankungen. Verglichen<br />

wurde Linagliptin hier nicht mit einem Placebo,<br />

sondern mit Glimepirid. Nach sieben Jahren zeigten<br />

sich keine Unterschiede in der kardiovaskulären<br />

Sicherheit, aber ein dramatischer Unterschied bei<br />

den Nebenwirkungen: Das Risiko für Hypoglykämien<br />

war unter Glimepirid fünfmal so hoch wie<br />

unter Linagliptin (HR 0,23 für Linagliptin).<br />

Wirkmechanismus der SGLT2-<br />

Inhibitoren<br />

SGLT2-Inhibitoren senken zwar den Blutzucker,<br />

aber das ist nicht die einzige Erklärung für die<br />

positiven Effekte auf Herz und Nieren, erläuterte<br />

Professor Groop.<br />

Der entscheidende Mechanismus ist die Erhöhung<br />

der Glukose- und Natriumausscheidung und<br />

damit auch der Ausscheidung von Wasser (osmotische<br />

Diurese) im proximalen Tubulus der Niere. Dies<br />

bedeutet eine Senkung der Plasmaglukose, einen<br />

Verlust an Kalorien und damit eine Senkung des<br />

Körpergewichts sowie eine Erhöhung der Ketonkörper.<br />

Die Natriurese verbessert das tubuloglomeruläre<br />

Feedback, senkt den glomerulären Druck<br />

und mindert den Sauerstoffverbrauch der Niere.<br />

Gleichzeitig wird der Natriumgehalt im Myokard<br />

verringert, was die Kontraktilität des Herzens verbessert<br />

und die Arrhythmieneigung reduziert. Die<br />

osmotische Diurese verbessert die hämodynamische<br />

Funktion weiter.<br />

SGLT2-Inhibitoren sind also aufgrund ihres<br />

Wirkmechanismus sowohl kardioprotektiv als auch<br />

nephroprotektiv; ihre Wirkung geht weit über die<br />

bloße Blutzuckersenkung hinaus, fasste Groop<br />

zusammen.<br />

Bericht: Dr. med. Friederike Günther<br />

Quelle: Symposium „Beyond Metformin in patient-centred<br />

treatment of diabetes: how to make guideline-directed decisions<br />

in everyday practice“ im Rahmen der Jahrestagung der<br />

EASD im September <strong>2019</strong> in Barcelona. Veranstalter: Boehringer<br />

Ingelheim & Eli Lilly and Company Alliance<br />

EDUCATION<br />

45


Ergebnisse der DAPA-HF-Studie<br />

Ein Anti diabetikum<br />

gegen Herz insuffizienz?<br />

Das orale Antidiabetikum Dapagliflozin kann<br />

Typ-2-Patienten auch in kardiovaskulärer Hinsicht<br />

helfen. Das ist bekannt. Aber auch Nichtdiabetiker<br />

können davon offenbar profitieren.<br />

Dafür sprechen die Ergebnisse der DAPA-HF-<br />

Studie, die auf der Jahrestagung der European<br />

Association for the Study of <strong>Diabetes</strong> (EASD) in<br />

Barcelona vorgestellt wurden.<br />

CONFERENCES News<br />

Zur jährlichen Tagung der European Association<br />

for the Study of <strong>Diabetes</strong> (EASD) trafen<br />

sich Europas Diabetologen in diesem Jahr<br />

in Barcelona. Aus der Vielzahl interessanter<br />

Themen haben wir für Sie acht Studien ausgewählt<br />

und zusammengefasst, darunter drei<br />

große Arzneimittelstudien: VERIFY, CAROLINA<br />

und DAPA-HF.<br />

Die DAPA-HF-Studie greift einen Trend der letzten<br />

Jahre auf: Den Einsatz der SGLT2-Hemmer<br />

außerhalb der reinen <strong>Diabetes</strong>therapie. Untersucht<br />

wurde der Einsatz von Dapagliflozin zur<br />

Behandlung der Herzinsuffizienz bei Patienten<br />

mit und ohne <strong>Diabetes</strong>.<br />

CAROLINA verglich die Behandlung mit Linagliptin<br />

und Glimepirid bei Typ-2-Patienten mit<br />

hohem kardiovaskulärem Risiko.<br />

In der VERIFY-Studie wurde das Standard-Therapeutikum<br />

Metformin entweder mit Vildagliptin<br />

oder mit Placebo kombiniert, und zwar von<br />

Beginn der Therapie an.<br />

In weiteren fünf Beiträgen berichten wir über<br />

Untersuchungen und Studien, die auf dem<br />

EASD vorgestellt wurden, in denen zum Beispiel<br />

Zusammenhänge zwischen der Berufsgruppenzugehörigkeit<br />

und dem Risiko an <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />

zu erkranken aufgezeigt wurden, und auch eine<br />

nicht-invasive Untersuchung vorgestellt wurde,<br />

mit der Prädiabetes und <strong>Diabetes</strong> Typ 2 vorhergesagt<br />

werden können.<br />

Die placebokontrollierte, randomisierte, internationale<br />

Studie umfasst 4.744 Patienten, die unter<br />

einer Herzinsuffizienz (NYHA-Stadien II–IV) litten.<br />

Ihre Ejektionsfrequenz betrug maximal 40 %.<br />

Geprüft wurden Wirksamkeit und Sicherheit der<br />

Einnahme von einmal täglich 10 mg des SGLT2-<br />

Hemmers Dapagliflozin im Vergleich zum Placebo.<br />

Die Gabe erfolgte als Add-on zur Standardtherapie<br />

gegen Herzinsuffizienz. Teilnehmer mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

(in jedem Studienarm 41,8 %) setzten außerdem<br />

ihre antidiabetische Therapie fort.<br />

Primärer Endpunkt war eine Verschlechterung<br />

der Herzinsuffizienz (die z. B. zur Hospitalisierung<br />

führte) oder kardiovaskulärer Tod.<br />

Das Ergebnis: Innerhalb einer medianen Dauer<br />

von 18,2 Monaten erreichten 21,2 % der Placebo-<br />

Teilnehmer diesen kombinierten Endpunkt. Mit<br />

Dapagliflozin dagegen fiel das Risiko mit 16,3 %<br />

erheblich niedriger aus – ein signifikanter Vorteil<br />

(p


EASD <strong>2019</strong><br />

Die VERIFY-Studie<br />

Von Anfang an<br />

kombinieren bringt mehr<br />

Als initiale medikamentöse Behandlung erhalten<br />

Patienten mit frühem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> meist eine<br />

Monotherapie mit Metformin. Jetzt ergab der Vergleich<br />

mit einer Kombination aus Vildagliptin plus<br />

Metformin: Der Start mit der Kombinationstherapie<br />

brachte vielen Patienten bessere Ergebnisse.<br />

In der Studie VERIFY wurden 2001 Patienten mit<br />

frühem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> mit Metformin behandelt<br />

(zweimal täglich bis zu 1.000 mg), entweder kombiniert<br />

mit dem DPP-4-Hemmer Vildagliptin (zweimal<br />

täglich 50 mg) oder mit einem Placebo. Die Diagnose<br />

der Teilnehmer war höchstens zwei Jahre her und<br />

ihre HbA1c-Werte lagen zwischen 6,5 % und 7,5 %.<br />

Die Behandlungsphase erstreckte sich über fünf<br />

Jahre. VERIFY liefert also Langzeitdaten. Als primärer<br />

Wirksamkeitsendpunkt wurde die Zeit bis<br />

zum ersten Therapieversagen ermittelt. Ein solches<br />

Versagen lag vor, wenn ein Patient zweimal<br />

im Abstand von 13 Wochen einen HbA1c-Wert von<br />

7 % oder höher aufwies.<br />

In der Studie geschah dies in der kombiniert<br />

behandelten Teilnehmergruppe mit einer Rate von<br />

43,6 % erheblich seltener als im Metformin-Monotherapie-Arm<br />

(62,1 %). So betrug die mediane Dauer<br />

bis zum Therapieversagen unter Monotherapie nur<br />

36,1 Monate. Für den Kombinationstherapie-Arm<br />

dagegen konnte der Wert nur als außerhalb der<br />

Studiendauer liegend geschätzt werden – auf 61,9<br />

Monate. Und: Für Patienten mit früher Kombitherapie<br />

blieb das Risiko für zu hohe HbA1c-Werte auch<br />

im Vergleich zu den Patienten geringer, die von der<br />

Mono- zur Kombinationstherapie wechselten.<br />

Quellen:<br />

1. Pressekonferenz der EASD am 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen der<br />

Jahrestagung der EASD in Barcelona<br />

2. Matthews DR, Paldánius PM, Proot P et al. Glycaemic durability<br />

of an early combination therapy with vildagliptin<br />

and metformin versus sequential metformin monotherapy<br />

in newly diagnosed type 2 diabetes (VERIFY): a 5-year,<br />

multicentre, randomised, double-blind trial. Lancet <strong>2019</strong>,<br />

September 18, doi.org/10.1016/S0140-6736(19)32131-2<br />

© Shutterstock/Chantal de Bruijne<br />

CONFERENCES News<br />

47


EASD <strong>2019</strong><br />

CONFERENCES News<br />

Kardiovaskuläre Sicherheitsstudie<br />

CAROLINA: Linagliptin<br />

gegen Glimepirid<br />

Beim Europäischen <strong>Diabetes</strong>kongress in Barcelona<br />

wurden Ergebnisse der CAROLINA-Studie<br />

bekanntgegeben. Sie erfasste bei Typ-2-Diabetikern<br />

mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko die<br />

Wirkung von Linagliptin auf die kardiovaskuläre<br />

Morbidität und Mortalität im Vergleich zu der<br />

des Sulfonylharnstoffs Glimepirid.<br />

Die kardiovaskuläre Sicherheit von Linagliptin<br />

war in der Studie CARMELINA bereits versus Placebo<br />

gezeigt worden. CAROLINA liefert jetzt mit der<br />

Gegenüberstellung von Linagliptin und Glimepirid<br />

den direkten Vergleich mit einem Konkurrenzwirkstoff.<br />

Die Studie kann zudem möglicherweise etwas<br />

Licht in die Einschätzung des wiederholt diskutierten<br />

kardiovaskulären Risikos unter Sulfonylharnstoffen<br />

bringen. Dafür ergänzten in 43 Ländern<br />

3.023 Typ-2-Patienten ihre <strong>Diabetes</strong>therapie mit<br />

dem Gliptin (täglich 5 mg) und 3.010 Probanden<br />

mit dem Sulfonylharnstoff (täglich bis zu 4 mg).<br />

Die Auswertung erfolgte nach einem medianen<br />

Follow-up von 6,3 Jahren – und ergab für das Auftreten<br />

kardiovaskulärer Ereignisse keinen signifikanten<br />

Unterschied zwischen beiden Wirkstoffen.<br />

Anders sah es für das Unterzuckerungsrisiko aus:<br />

Im Linagliptin-Arm fiel die Hypoglykämie-Inzidenz<br />

mit 10,6 % erheblich niedriger aus als unter dem<br />

Sulfonylharnstoff (37,7 %). Dieses Ergebnis wurde<br />

erreicht, obwohl der HbA1c-Wert beider Gruppen<br />

sich nicht unterschied; der Vorteil ist signifikant.<br />

Mit einer durchschnittlichen Differenz von -1,5 kg<br />

erzielte der Linagliptin-Arm darüber hinaus auch<br />

beim Gewicht signifikant bessere Ergebnisse.<br />

Quelle: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />

der Jahrestagung der EASD in Barcelona<br />

Vitamin D<br />

Vitamin-D3-Mangel ist<br />

assoziiert mit erhöhter<br />

Mortalität<br />

Ein Mangel an Vitamin D3 (hier


EASD <strong>2019</strong><br />

Risiko für <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />

Bestimmte Berufsgruppen<br />

sind besonders<br />

gefährdet<br />

Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen haben<br />

Fabrikarbeiter, Berufskraftfahrer und Reinigungskräfte<br />

ein bis zu dreimal höheres Risiko,<br />

einen <strong>Diabetes</strong> Typ 2 zu entwickeln. Dies ergab<br />

eine aktuelle Studie aus Stockholm.<br />

Dr. Sofia Carlsson und Kollegen vom Karolinka-<br />

Institut in Stockholm untersuchten das Risiko für<br />

einen <strong>Diabetes</strong> Typ 2 im Zusammenhang mit 30<br />

häufigen Berufen.<br />

Basierend auf der Gesamtheit der arbeitenden<br />

Bevölkerung in Schweden (Studienpopulation,<br />

4.550.892 Personen) lag die Prävalenz des <strong>Diabetes</strong><br />

Typ 2 bei 4,2% (5,2% bei Männern; 3,2%<br />

bei Frauen). Je nach Berufsgruppe fanden sich<br />

jedoch erhebliche Unterschiede: Bei den Männern<br />

waren 7,8 % der Fabrikarbeiter und 8,8 % der<br />

Berufskraftfahrer Diabetiker, jedoch nur 2,5 % der<br />

Computerfachleute. Bei den Frauen hatten Fabrikarbeiterinnen<br />

(6,4 %), Küchenhilfen (5,5 %) und<br />

Reinigungskräfte (5,1 %) ein überdurchschnittlich<br />

hohes Risiko, während spezialisierte Managerinnen<br />

mit 1,2 % ein sehr niedriges Risiko für <strong>Diabetes</strong><br />

Typ 2 aufwiesen.<br />

Die Autoren meinen: „Die Assoziation zwischen<br />

Beruf und <strong>Diabetes</strong> Typ 2 hat mit den großen Unterschieden<br />

im Lebensstil zu tun. Personen in Berufen<br />

mit hohem Risiko sind häufiger übergewichtig, sie<br />

rauchen mehr und sind körperlich weniger fit als<br />

Menschen in Berufen mit niedrigem Risiko, und dies<br />

trägt aller Wahrscheinlichkeit nach zu der hohen<br />

Prävalenz und Inzidenz des Typ-2-<strong>Diabetes</strong> bei“.<br />

Quellen:<br />

1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />

der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />

2. Carlsson, S., Andersson, T., Talbäck, M. et al. Diabetologia<br />

(<strong>2019</strong>). https://doi.org/10.1007/s00125-019-04997-5<br />

Enzyme und Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

Niedrige ACE-Aktivität<br />

senkt das Risiko für<br />

Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />

Die Behandlung mit ACE-Hemmern senkt nicht<br />

nur einen erhöhten Blutdruck, sie senkt auch statistisch<br />

gesehen das Risiko, an einem <strong>Diabetes</strong><br />

Typ 2 (T2D) zu erkranken. Dies ist seit langem<br />

bekannt. Aber ist es tatsächlich das ACE selbst,<br />

das hier die entscheidende Rolle spielt? Studien<br />

aus Kanada legen dies nun nahe.<br />

Professor Marie Pigeyre und Kollegen aus Hamilton,<br />

Ontario, untersuchten zunächst die Assoziation<br />

zwischen der ACE-Serumkonzentration und<br />

dem T2D-Risiko in der ORIGIN-Studie (n=8.197).<br />

Niedrigere ACE-Konzentrationen waren mit einem<br />

erniedrigtem T2D-Risiko assoziiert (OR 0,89). In der<br />

DIAbetes Genetics Replication And Meta-analysis<br />

consortium-Studie (n=26.676 Fälle, 132.532 Kontrollen)<br />

wurde dann das T2D-Risiko bei Menschen<br />

mit einem genetisch bedingt erniedrigten Spiegel<br />

an ACE untersucht; die Ergebnisse bestätigten das<br />

verminderte Risiko.<br />

Die Meta-Analyse von sechs randomisierten,<br />

kontrollierten Studien mit ACE-Hemmern ergab<br />

sogar eine Risikoverminderung um 24 % für die<br />

Entwicklung eines T2D unter ACE-Hemmer im Vergleich<br />

zu Placebo.<br />

Die Autoren empfehlen die Einbeziehung des<br />

geschätzten Risikos für einen T2D, wenn ein<br />

Patient auf blutdrucksenkende Medikamente eingestellt<br />

werden muss. Bei erhöhtem Risiko sollte<br />

ein ACE-Hemmer erwogen werden.<br />

Quellen:<br />

1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />

der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />

2. M. Pigeyre et al.: Angiotensin-converting enzyme and<br />

type 2 diabetes risk: a Mendelian randomisation study,<br />

Abstract 213, EASD Conference Barcelona<br />

CONFERENCES News<br />

49


EASD <strong>2019</strong><br />

CONFERENCES News<br />

Neues nicht-invasives Verfahren<br />

Neuer Marker zur<br />

Vorhersage von<br />

Prädiabetes<br />

Eine neuartige Methode zur Identifikation von<br />

AGEs (Advanced Glycation Endproducts) in der<br />

Augenlinse könnte eine frühe Diagnose des Typ-<br />

2-<strong>Diabetes</strong> ermöglichen und sogar schon im<br />

Stadium des Prädiabetes die gestörte Glucosetoleranz<br />

erkennen.<br />

In einer Pilotstudie mit insgesamt 60 Teilnehmern<br />

untersuchte Dr. Mitra Tavakoli von der Universität<br />

Exeter das Ausmaß der Autofluoreszenz in<br />

der Augenlinse. Diese ist abhängig von der Menge<br />

der dort abgelagerten AGE. Ein neu entwickeltes<br />

Biomikroskop fokussiert einen blauen Lichtstrahl<br />

auf die Augenlinse und misst die Autofluoreszenz<br />

im reflektierten grünen Licht.<br />

An der Studie nahmen 20 Patienten mit Typ-<br />

2-<strong>Diabetes</strong>, 20 Personen mit Prädiabetes und 20<br />

gesunde Kontrollpersonen teil. Die Autofluoreszenz<br />

war nicht nur bei den <strong>Diabetes</strong>patienten,<br />

sondern bereits bei den Personen mit Prädiabetes<br />

signifikant erhöht und korrelierte mit den Blutzuckerspiegeln.<br />

Wenn sich die Ergebnisse der Pilotstudie in weiteren<br />

Studien bestätigen, stünde hier eine neue,<br />

nicht-invasive Methode zur Verfügung, um eine<br />

gestörte Glucosetoleranz zu diagnostizieren.<br />

Quellen:<br />

1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />

der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />

2. M. Tavakoli: Non-invasive measurements of Advanced<br />

Glycation Endproducts (AGEs) in the crystalline lens of<br />

the eye can distinguish subjects with prediabetes and<br />

type 2 diabetes, Poster-Präsentation anlässlich Rahmen<br />

der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />

Gewichtung von Risikofaktoren<br />

<strong>Adipositas</strong> wichtigste<br />

Säule bei Primärprävention<br />

Die Prävalenz des <strong>Diabetes</strong> Typ 2 nimmt weltweit<br />

zu: Im Jahr 2017 wurde die Zahl der Patienten<br />

weltweit auf 425 Millionen geschätzt, bis 2045<br />

soll die Zahl auf über 600 Millionen ansteigen.<br />

Zur Primärprävention wird empfohlen, ein normales<br />

Körpergewicht zu halten und einen aktiven<br />

(„gesunden“) Lebensstil zu pflegen. Allerdings<br />

besteht auch eine starke genetische Komponente,<br />

die den Einfluss des Lebensstils beeinflussen könnte.<br />

Dr. Hermina Jakupovic und Kollegen aus Kopenhagen<br />

untersuchten den Einfluss verschiedener<br />

Risikofaktoren auf das T2D-Risiko in einer Kohorte<br />

von 9.556 Personen aus der Kohorte der „Danish<br />

prospective Diet, Cancer and Health”-Studie. Es<br />

handelte sich bereits um eine Risikogruppe, denn<br />

im Laufe der Beobachtungszeit von durchschnittlich<br />

14,7 Jahren entwickelten 49,5 % einen <strong>Diabetes</strong><br />

Typ 2.<br />

Der Lebensstil hatte einen eher geringen Einfluss<br />

– das Risiko der „ungesund lebenden“ Personen lag<br />

um 20 % höher als das der „gesund lebenden“. Personen<br />

mit hohem genetischem Risiko hatten ein<br />

doppelt so hohes Risiko wie Personen mit niedrigem<br />

genetischem Risiko. Das Körpergewicht<br />

jedoch erhöhte das Risiko für einen T2D erheblich:<br />

Ein BMI >30 kg/m 2 erhöhte das Risiko um Faktor<br />

5,8 im Vergleich zum Normalgewicht.<br />

Die Autoren schließen aus ihren Daten, dass die<br />

Verhinderung bzw. Behandlung des starken Übergewichts<br />

die wichtigste Säule zur Primärprävention<br />

von <strong>Diabetes</strong> Typ 2 darstellt.<br />

Quellen:<br />

1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />

der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />

2. Jakupovic H et al.: Genetic predisposition contribute to the<br />

risk of incident type 2 diabetes – Danish population-based<br />

prospective cohort study, Poster-Präsentation anlässlich<br />

Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />

50


CHMP-EMPFEHLUNG<br />

Glucagon als Nasenspray zur Behandlung<br />

schwerer Hypoglykämien<br />

Hypoglykämien sind bei <strong>Diabetes</strong>patienten häufiger,<br />

als vielen Menschen bewusst ist. So erleiden<br />

innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen<br />

zum Beispiel vier von fünf Typ-1-Patienten, aber<br />

auch fast zwei Fünftel der mit Insulin behandelten<br />

Typ-2-Patienten eine Unterzuckerung. Ein<br />

großer Teil dieser Ereignisse erfordert Fremdhilfe,<br />

ist also schwer: bei Typ-1-Patienten in jedem<br />

zehnten Fall und bei Typ-2-Patienten in jedem<br />

zwanzigsten.<br />

Unterzuckerungen sind also für viele <strong>Diabetes</strong>patienten<br />

immer noch eine schwer verdauliche<br />

Erfahrung: „Wer schon einmal eine schwere<br />

Hypoglykämie erlebt hat, möchte das nicht wieder<br />

durchmachen, denn es handelt sich um ein<br />

sehr belastendes Erlebnis“, berichtete Prof. Dr.<br />

med. Werner Kern, Diabetologe aus Ulm.<br />

Viele Betroffene plagt nach einem solchen Ereignis<br />

die Angst, es könnte sich wiederholen. Die Angst<br />

vor der nächsten Unterzuckerung ist aufgrund der<br />

gerade genannten Zahlen auch nicht unberechtigt.<br />

Zwar werden viele Hypoglykämien von den Betroffenen<br />

gar nicht bemerkt. Blutzuckerwerte unter<br />

60 mg/dl bemerkte zum Beispiel bei einer Beobachtung<br />

über drei Tage jeder zweite Patient mit<br />

Typ-2- und zwei Drittel der Typ-1-Patienten nicht.<br />

Das war nachts dreimal so oft der Fall wie tagsüber.<br />

Wichtig: Auch nächtliche, verschlafene Unterzuckerungen<br />

haben Folgen – sie können nicht nur<br />

den Schlaf der Patienten beeinträchtigen, sondern<br />

am nächsten Tag auch seine kognitiven Leistungen.<br />

Zudem steigt bei häufiger auftretenden Hypoglykämien<br />

das Risiko für die Entwicklung einer<br />

Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung. Schwere<br />

Unterzuckerungen können darüber hinaus langfristig<br />

das Risiko erhöhen, eine Demenz zu entwickeln.<br />

Eine gute Stoffwechseleinstellung aber lohnt<br />

sich offenbar: „Eine gute Blutzuckereinstellung<br />

schützt das Gehirn offenbar vor den Auswirkungen<br />

leichter und auch schwerer Unterzuckerungen“, so<br />

Kern. Der Gedanke dagegen, einfach höhere Werte<br />

in Kauf zu nehmen, um keine Hypoglykämie zu riskieren,<br />

bringt keine Lösung, wie Kern berichtete.<br />

„Befragungen haben gezeigt, dass schlecht eingestellte<br />

Patienten mit einem HbA1c von 9 % nicht<br />

weniger Hypoglykämien haben als die gut eingestellten.“<br />

Außer den Patienten leiden auch die Angehörigen<br />

– nach dem Miterleben einer schweren Hypoglykämie<br />

sind sie oft traumatisiert und achten ständig<br />

auf ihren Patienten, um bei Bedarf frühzeitig eingreifen<br />

zu können. Das könnte demnächst leichter<br />

werden: Der Ausschuss für Humanarzneimittel<br />

(Committee for Medicinal Products for Human Use,<br />

CHMP) hat der Europäischen Arzneimittelagentur<br />

am 18.10.<strong>2019</strong> die Zulassung von Glucagon als<br />

Nasenspray zur Behandlung schwerer Unterzuckerungen<br />

empfohlen.<br />

Glucagon erhöht den Blutzucker, indem es zum<br />

Beispiel die Glukoseausschüttung der Leber stimuliert.<br />

Das Präparat soll als nasales Pulver (3 mg)<br />

erhältlich sein. Erhofft wird eine Zulassung für<br />

Patienten ab einem Alter von vier Jahren. In den<br />

USA erfolgte die Zulassung durch die U.S. Food and<br />

Drug Adminstration (FDA) bereits im Juli <strong>2019</strong>.<br />

Quellen:<br />

1. Arznei-News.de vom 18.10.<strong>2019</strong> (zur Zulassungsempfehlung)<br />

2. Pressemitteilung „Hypoglykämien: Patienten vorbereiten,<br />

Folgen minimieren“, Juni <strong>2019</strong>, von Lilly DeutschlandGmbH<br />

3. https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/summaries-opinion/baqsimi<br />

INDUSTRY Regulatory Affairs<br />

51


Kardiorenale Achse<br />

1-2020<br />

Das interdisziplinäre Fachmagazin<br />

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ab 2020<br />

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Kardiologie, Nephrologie, Diabetologie,<br />

Lipidologie und Ernährung.


THE STORY BEHIND®<br />

Gleichgewicht der Entdeckungen Titel<br />

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Kaplan,<br />

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Edinburgh<br />

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V<br />

ielleicht erinnern Sie sich: Der griechische Philosoph Aristoteles bezeichnete das „Gleichgewicht“,<br />

oder anders ausgedrückt das „richtige Maß“, als das Ideal des menschlichen Handelns. Extreme<br />

führen zu Unordnung und Leid, und zwar auch dann, wenn es sich um Extreme eigentlich lobenswerter<br />

Eigenschaften handelt. Großzügigkeit ist eine gute Eigenschaft, aber das Geld mit vollen Händen<br />

hinauszuwerfen nicht – Sparsamkeit ist gut, aber Geiz ist töricht und gefährlich.<br />

Diese auf Vernunft basierende Denkweise<br />

stammt aus der Ethik von Aristoteles, aber bis<br />

heute prägt sie die Art, wie wir die Welt um uns<br />

herum wahrnehmen und beurteilen, unsere eigene<br />

Gesundheit eingeschlossen. Wir sagen „die Natur<br />

ist aus dem Gleichgewicht geraten“, wenn wir<br />

über Umweltprobleme reden, und wenn wir uns<br />

über Ernährung Gedanken machen, geht es immer<br />

um Mäßigung. Und zur Beschreibung einiger<br />

grundlegender Abläufe der biochemischen Regulierung<br />

verwenden wir sogar noch heute das Wort,<br />

das Aristoteles vor über 2000 Jahren geprägt hat:<br />

Homöostase.<br />

Dieses Konzept trifft ganz besonders auf den <strong>Diabetes</strong><br />

zu, in Wissenschaft und Therapie. Ganz klar:<br />

Sowohl Hyperglykämie als auch Hypolykämie sind<br />

gefährliche Extreme. Immer neue Studien enthüllen<br />

die unglaubliche und gleichzeitig spannende<br />

Komplexität der unterschiedlichen Systeme, mit<br />

denen unser Organismus das Gleichgewicht des<br />

Blutzuckers aufrechterhält. Wir wissen inzwischen<br />

auch mehr über die Verbindungen zwischen diesen<br />

Systemen und weiteren in anderen, verwandten<br />

wissenschaftlichen Gebieten wie Immunologie,<br />

Onkologie und Gerontologie.<br />

Gerade in diesem Monat erst haben zum Beispiel<br />

Wissenschaftler in Science die Entdeckung<br />

des genauen Andockmechanismus publiziert, mit<br />

dem ein Proteinkinase-Komplex aktiviert wird, der<br />

essenzielle Aufgaben im Metabolismus der Zelle<br />

erfüllt. Die Funktion dieses Komplexes kann signifikante<br />

antidiabetische und prodiabetische Auswirkungen<br />

haben. Und doch: Diese Proteinkinase<br />

wurde ursprünglich nicht im Zusammenhang mit<br />

der <strong>Diabetes</strong>forschung identifiziert. Sie war Forschungsobjekt<br />

in der Krebsforschung, davor in der<br />

Transplantationsmedizin und noch davor in der<br />

Forschung mit Antibiotika. Ursprünglich wurde<br />

sie entdeckt, als man eine durch Menschen verursachte<br />

Umweltzerstörung untersuchte – in einem<br />

bestimmten Teil unserer Erde, wo die Natur „aus<br />

dem Gleichgewicht“ geraten war.<br />

Von welchem Gebiet ist hier die Rede?<br />

1. Das durch den Zweiten Weltkrieg zerrissene Europa?<br />

2. Eine isolierte Insel im Pazifik? oder<br />

3. Von Hungersnot betroffene Regionen in Afrika?<br />

Senden Sie uns Ihre Antwort über unsere Website<br />

Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir ein connexi plus -Abonnement 2020<br />

EDUCATION<br />

53


IMPRESSUM<br />

Herausgeber und Verlag<br />

The Paideia Group GmbH<br />

Dammsmühlerstr. 35, 13158 Berlin<br />

Tel.: 030 / 40 30 36 92<br />

Fax: 030 / 40 30 36 96<br />

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Publishing Director<br />

Anja Lamprecht<br />

publishing@thepaideiagroup.com<br />

Redaktion<br />

Helga Brettschneider<br />

editorial@thepaideiagroup.com<br />

Art Director<br />

Sigrid Lessing<br />

print@thepaideiagroup.com<br />

Gestaltung Cover<br />

Jens Vogelsang, Aachen<br />

Infografiken, Abbildungen<br />

Sigrid Lessing<br />

Lektorat<br />

Olaf Mertensacker<br />

review@thepaideiagroup.com<br />

Redaktionelle Mitarbeit<br />

Übersetzungen<br />

Dr. med. Friederike Günther<br />

Druck<br />

Königsdruck Berlin<br />

Anzeigen und Sonderdrucke<br />

Anja Lamprecht<br />

sales@thepaideiagroup.com<br />

zzt. gültige Anzeigenpreisliste<br />

Mediadaten <strong>2019</strong>_190301<br />

Einzelpreis: 15,95 Euro inkl. 7 % Mwst.<br />

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pro <strong>Ausgabe</strong><br />

Nr. 9, 7. Jahrgang, Oktober <strong>2019</strong><br />

Haftungsausschluss<br />

Diese Dokumentation enthält alle Veranstaltungsbeiträge,<br />

die bis Redaktionsschluss vorlagen. Verantwortlich<br />

für den Inhalt der im The Paideia Group<br />

Verlag veröffentlichten Beiträge ist der jeweils in<br />

den einzelnen Beiträgen genannte Autor. Die in den<br />

Beiträgen zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt in<br />

erster Linie die Auffassung der Autoren und nicht<br />

in jedem Fall die Meinung des The Paideia Group<br />

Verlages wieder. Soweit die Beiträge Dosierungen,<br />

Indikationen und Applikationsformen benennen,<br />

sollte — trotz einer sorgfältigen Recherche von<br />

Autoren, Herausgeber und Verlag — in jedem Fall<br />

vor Gebrauch oder Verordnung der genannten<br />

Medikamente der Beipackzettel mit den dort angegebenen<br />

Dosierungs- und Einnahmeempfehlungen<br />

und Hinweisen auf Kontraindikationen verglichen<br />

werden. Für etwaige Abweichungen oder Unrichtigkeiten<br />

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Jarun Ontakrai, S. 31 iStockphoto/Rost-9D, S. 34<br />

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– MAGAZIN<br />

– RUBRIKEN<br />

ADDENDUM<br />

••<br />

präsentiert Highlights von Veranstaltungen verschiedener<br />

medizinischer Fachgebiete themenspezifisch auf der Basis<br />

von Referenten beiträgen in deutscher beziehungsweise<br />

englischer Sprache,<br />

••<br />

erscheint pro Thema jeweils ein- bis zweimal pro Jahr,<br />

••<br />

verbindet die Interessen von Kongressveranstaltern, Teilnehmern<br />

und Industrie,<br />

••<br />

ist nicht mit Honorar zahlungen verbunden,<br />

••<br />

regt durch Cogitatio-Fragen zum Nachdenken „über den<br />

Tellerrand“ hinaus an,<br />

••<br />

reflektiert wissenschaftliche Inhalte in den drei Rubriken<br />

Conference, Education und Industry,<br />

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finanziert sich über Anzeigen, Sponsoring und Abonnements<br />

,<br />

••<br />

wird in zielgruppenspezifischer Auflage per Post versandt<br />

und ist mit allen <strong>Ausgabe</strong>n für medizinische Fachkreise auch<br />

digital auf www.con-nexi.de verfügbar.<br />

CONFERENCES<br />

Beiträge und Berichte von Konferenzen wie z. B. Präsidenten-<br />

und Experteninterviews, Statements von ausgesuchten<br />

Referenten, Basic Science, From Bench to Bedside, Arbeitsgruppensitzungen,<br />

Preisverleihungen sowie Regulatory Affairs.<br />

EDUCATION<br />

Berichte von industrieunterstützten Veranstaltungen wie z. B.<br />

Satellitensymposien oder Fachpressekonferenzen zu neuen<br />

Entwicklungen in der pharmazeutischen Industrie, Pro- und<br />

Contra-Debatten sowie unser Feuilleton „The Story Behind“,<br />

LeseZeichen (Kommentare zu aktuellen Studien ergebnissen),<br />

Fortbildung (Kalender) und Lösungen zu Cogitatio-Fragen der<br />

Autoren.<br />

INDUSTRY<br />

Markt- und Produktinformationen aus der pharma zeutischen<br />

und Medizintechnikindustrie.<br />

54


WISSENSCHAFT GENIESSEN<br />

Magazin


XELEVIA ®<br />

VELMETIA ®<br />

Sitagliptin: Stark 1,2 & etabliert * , wenn Metformin allein nicht ausreicht. §<br />

1 Als Add­on zu Metformin.<br />

2 Charbonnel B, Karasik A, Liu J et al for the Sitagliptin Study 020 Group: Efficacy and safety of the<br />

dipeptidyl peptidase­4 inhibitor sitagliptin added to ongoing metformin therapy in patients with type<br />

2 diabetes inadequately controlled with metformin alone. <strong>Diabetes</strong> Care. 2006; 29:2638 – 2643<br />

* Lauer Taxe: Markteinführung von Xelevia® April 2008 und von Velmetia ® September 2008.<br />

§ Bei erwachsenen Patienten mit Typ­2­<strong>Diabetes</strong> mellitus zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle<br />

in Kombination mit Metformin zusätzlich zu Diät und Bewegung indiziert, wenn eine<br />

Monotherapie mit Metformin den Blutzucker nicht ausreichend senkt. Velmetia ® ist auch bei<br />

XELEVIA ® Filmtabletten 25 mg/50 mg/100 mg Wirkstoff: Sitagliptin. VELMETIA ® 50 mg/850 mg Filmtabletten VELMETIA ®<br />

50 mg/1000 mg Filmtabletten Wirkstoff: Sitagliptin und Metforminhydrochlorid. Zus.: Arzneil. wirks. Bestandt.: XELEVIA ® : 1 Tbl. enth.<br />

Sitagliptinphosphat 1 H 2 O, entspr. 25 mg, 50 mg od. 100 mg Sitagliptin. VELMETIA ® 50 mg/850 mg Filmtabletten bzw. VELMETIA ®<br />

50 mg/1000 mg Filmtabletten: Jede Tbl. enth. Sitagliptinphosphat 1 H 2 O, entspr. 50 mg Sitagliptin, u. 850 mg bzw. 1000 mg Metforminhydrochlorid.<br />

Sonst. Bestandt.: XELEVIA ® : Tbl.-kern: Mikrokristalline Cellulose (E 460), Calciumhydrogenphosphat (E 341), Croscarmellose­<br />

Natrium (E 468), Magnesiumstearat (Ph.Eur.) (E 470b), Natriumstearylfumarat (Ph.Eur.). Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350,<br />

Talkum (E 553b), Titandioxid (E 171), Eisen(III)­hydroxid­oxid x H 2 O (E 172), Eisen(III)­oxid (E 172). VELMETIA ® 50 mg/850 mg Filmtabletten<br />

bzw. VELMETIA ® 50 mg/1000 mg Filmtabletten: Tbl.-kern: Mikrokristalline Cellulose (E 460), Povidon K29/32 (E 1201), Natriumdodecylsulfat,<br />

Natriumstearylfumarat. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350, Talkum (E 553b), Titandioxid (E 171), Eisen(III)­oxid (E 172), Eisen<br />

(II,III)­oxid (E 172). Anw.: XELEVIA ® : B. erw. Pat. mit Typ­2­<strong>Diabetes</strong> mellitus zur Verbes. d. Blut zuckerkontr. indiziert: Als Monother. b.<br />

Pat., b. denen Diät u. Beweg. allein d. Blutzucker nicht ausreichend senken u. für d. Metformin aufgr. v. Gegenanz. od. Unverträglichk. nicht<br />

geeignet ist. Als orale 2-Fachther. in Komb. mit: Metformin, wenn Diät u. Beweg. plus e. Monother. mit Metformin d. Blutzucker nicht<br />

ausreichend senken; e. Sulfonylharnstoff, wenn Diät u. Beweg. plus e. Monother. mit e. Sulfonylharnstoff in d. höchsten vertragenen Dosis<br />

d. Blutzucker nicht ausreichend senken u. wenn Metformin aufgr. v. Gegenanz. od. Unverträglichk. nicht geeignet ist; e. PPARγ-Agonisten<br />

(d. h. e. Thiazolidindion), wenn d. Anw. e. PPARγ­Agonisten angebracht ist u. Diät u. Beweg. plus Monother. mit e. PPARγ­Agonisten d. Blutzucker<br />

nicht ausreichend senken. Als orale 3-Fachther. in Komb. mit: e. Sulfonylharnstoff u. Metformin, wenn Diät u. Bewegung plus e.<br />

2­Fachther. mit diesen Arzneim. d. Blutzucker nicht ausreichend senken; e. PPARγ-Agonisten u. Metformin, wenn d. Anw. e. PPARγ­Agonisten<br />

angebracht ist u. Diät u. Beweg. plus e. 2­Fachther. mit diesen Arzneim. d. Blutzucker nicht ausreichend senken. Zusätzl. zu Insulin (mit/<br />

ohne Metformin), wenn Diät u. Beweg. sowie e. stabile Insulindos. d. Blutzucker nicht ausreichend senken. VELMETIA ® : Für erw. Pat. mit<br />

Typ­2­<strong>Diabetes</strong> mellitus zusätzl. zu Diät u. Beweg. in folg. Fällen indiziert: Zur Verbes. d. Blutzuckerkontr. b. Pat., b. denen e. Monother. mit<br />

Metformin in d. höchsten vertragenen Dosis d. Blutzucker nicht ausreichend senkt od. d. bereits mit d. Komb. v. Sitagliptin u. Metformin<br />

behandelt werden; in Komb. mit e. Sulfonylharnstoff (z. B. als 3­Fachther.) od. e. PPARγ­Agonisten (d. h. e. Thiazolidindion) b. Pat., b. denen<br />

eine Komb. aus jeweils höchster vertragener Dosis Metformin u. e. Sulfonylharnstoffs bzw. PPARγ­Agonisten nicht ausreicht, d. Blutzucker<br />

zu senken; in Komb. mit Insulin (d. h. als 3­Fachther.) b. Pat., b. denen e. stabile Insulindosis u. Metformin allein d. Blutzucker nicht ausreichend<br />

senken. Gegenanz.: Überempf.­keit gg. den/die Wirkstoff(e) od. e. d. sonst. Bestandt. Zusätzlich für VELMETIA ® : Jede Art v. akut.<br />

metabol. Azidose (z. B. Laktatazidose, diabet. Ketoazidose); diabet. Präkoma; schwere Niereninsuff. (GFR < 30 ml/min); akute Erkrank.,<br />

welche d. Nierenfunkt. beeinträchtig. können (wie Dehydratation, schwere Infekt., Schock, intravask. Gabe v. jodhalt. Kontrastmitteln);<br />

akute od. chron. Erkrank., d. e. Gewebehypoxie verursachen können (wie Herz­ od. Lungeninsuff., kürzl. erlittener Myokardinfarkt, Schock);<br />

Patienten, die bereits mit der Kombination von Sitagliptin und Metformin behandelt werden, indiziert.<br />

Wenn Sitagliptin als Add­on zu Metformin gegeben wurde, war die Inzidenz von Hypoglykämien<br />

ähnlich der unter Placebo. Patienten mit einer Kombination Sulfonylharnstoff plus Xelevia ® oder<br />

Velmetia ® bzw. Patienten mit einer Kombination Xelevia ® oder Velmetia ® plus Insulin können ein<br />

erhöhtes Risiko für Hypoglykämien haben, eine Reduktion der Sulfonylharnstoff­ bzw. Insulin­Dosierung<br />

kann nötig sein. Fachinformation Xelevia ® , Stand 08/2018; Fach information Velmetia ® , Stand<br />

06/2018. Vor der Verordnung von Xelevia ® oder Velmetia ® bitte die Fachinformation lesen.<br />

Leberfunkt.­stör.; akute Alkoholvergiftung, Alkoholismus. Stillzeit. Vors. bei: Kdrn. u. Jugendl. < 18 J. Pankreatitis in d. Vorgeschichte.<br />

Gleichz. Anw. von Sulfonylharnstoff od. Insulin. Nicht anw.: Typ­1­Diabetiker, Schwangersch. Zusätzlich b. XELEVIA ® : Pat. mit schwerer<br />

Leberfunkt.­stör., Pat. mit Nierenfunkt.­stör.(GFR < 45 ml/min), Pat. mit einer Nierenerkr. im Endstadium (GFR < 15 ml/min), einschl. derer<br />

d. Hämo­ od. Peritonealdialyse benötigen. Nicht anw.: diabet. Ketoazidose, Stillzeit. Zusätzlich b. VELMETIA ® : Älteren Pat. Pat. mit Risikofakt.<br />

f. Laktatazidose (wie Verschlecht. der Nierenfunkt., überm. Alkoholkonsum, Leberfunkt.­stör., schlecht eingest. <strong>Diabetes</strong>, Ketose, langes<br />

Fasten, m. Hypoxie assoziierte Erkrank., Komb. m. Arzneim., die Laktatazidose verursachen können). Komb. m. Arzneim., die die Nierenfunkt.<br />

akut beeinträchtigen können. Operationen. Nebenw.: XELEVIA ® : Häufig: Hypoglykämie. Kopfschm. Gelegentl.: Schwindel. Obstipation.<br />

Pruritus. Selten: Thrombozytopenie. Häufigkeit nicht bekannt: Überempf.­reakt. einschl. anaphylaktischer Reakt. Interstit. Lungenkrankh.<br />

Erbr.; akute Pankreatitis; let./nicht let. hämorrhag. u. nekrotisierende Pankreatitis. Angioödem; Hautausschlag; Urtikaria; kut. Vaskulitis;<br />

exfoliat. Hauterkr. einschl. SJS; bullöses Pemphigoid. Arthralgie; Myalgie; Rückenschm.; Arthropathie. Nierenfunkt.­stör.; akutes Nierenversagen.<br />

Zusätzl. ungeachtet e. Kausalzusammenh.: Infekt. d. oberen Atemwege; Nasopharyngitis. Osteoarthrose. Schm. in d. Gliedmaßen.<br />

Zusätzl. häufiger in Studien mit Kombinationsther.: Hypoglykämien (sehr häufig mit Sulfonylharnstoffen u. Metformin); Influenza (häufig<br />

mit Insulin [mit od. ohne Metformin]); Übelk. u. Erbr. (häufig mit Metformin); Flatulenz (häufig mit Metformin od. Pioglitazon); Obstipation<br />

(häufig mit Sulfonylharnstoffen u. Metformin); periph. Ödeme (häufig mit Pioglitazon oder d. Komb. v. Pioglitazon u. Metformin); Somnolenz<br />

u. Diarrhö (gelegentl. mit Metformin), Mundtrockenh. (gelegentl. mit Insulin [mit od. ohne Metformin]). VELMETIA ® : Häufig: Hypoglykämie.<br />

Übelk.; Flatulenz; Erbr. Gelegentl.: Somnolenz. Diarrhö; Obstipation; Schm. im Oberbauch. Pruritus. Selten: Thrombozytopenie. Häufigkeit<br />

nicht bekannt: Überempf.­keitsreakt. einschl. anaphylaktischer Reakt. Interstitielle Lungenkrankheit. Akute Pankreatitis; letale u. nicht letale<br />

hämorrhagische u. nekrotisierende Pankreatitis. Angioödem; Hautausschlag; Urtikaria; kutane Vaskulitis; exfoliative Hauterkrank. einschl. SJS;<br />

bullöses Pemphigoid. Arthralgie; Myalgie; Schm. in d. Extremitäten; Rückenschm.; Arthropathie. Nierenfunkt.­stör.; akutes Nierenversagen.<br />

Zusätzl. in Studien in Komb. mit anderen Antidiabetika: Hypoglykämien (sehr häufig mit Sulfonylharnstoffen od. Insulin), Obstipation (häufig mit<br />

Sulfonylharnstoffen), periphere Ödeme (häufig mit Pioglitazon), Kopfschm. u. Mundtrockenh. (gelegentl. mit Insulin). Zusätzl. in klin. Studien<br />

mit Sitagliptin-Monother.: Kopfschm., Hypoglykämie, Obstipation, Schwindel; ungeachtet e. Kausalzusammenh.: Infekt. d. oberen Atemwege;<br />

Nasopharyngitis; Osteoarthrose, Schm. in d. Extremitäten. Zusätzl. in klin. Studien u. nach Markteinführung mit Metformin-Monother.: Sehr<br />

häufig: Gastrointest. Symptome (wie Übelk., Erbr., Diarrhö, Schm. im Oberbauch, Appetitverlust). Häufig: metallischer Geschmack. Sehr<br />

selten: Laktatazidose; Leberfunkt.­stör.; Hepatitis; Urtikaria; Erythem; Pruritus. Vitamin­B 12 ­Mangel (z. B. megaloblastäre Anämie). Hinw.:<br />

Vor Behandl.­beginn u. in regelm. Abständen GFR ermitteln. Verschreibungspflichtig. Stand: 08/2018 ( XELEVIA ® ), 06/2018 ( VELMETIA ® )<br />

Bitte lesen Sie vor Verordnung von XELEVIA ® bzw. VELMETIA ® die Fachinformation! Pharmazeutischer Unternehmer: Merck Sharp &<br />

Dohme B.V. Waarderweg 39 2031 BN Haarlem Niederlande Lokaler Ansprechpartner: BERLIN­CHEMIE AG, Glienicker Weg 125, 12489 Berlin

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