Leseprobe CONNEXI Diabetes Adipositas Ausgabe 9-2019
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<strong>Diabetes</strong><br />
<strong>Adipositas</strong><br />
9-<strong>2019</strong>
Patienten mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und atherosklerotischer Herz- und Gefäßerkrankung <br />
BEKÄMPFEN SIE DEN<br />
KARDIOVASKULÄREN TOD<br />
JETZT MEHR DENN JE 1, 2<br />
JARDIANCE DIREKT NACH METFORMIN – VON ANFANG AN a<br />
38 % relative Risikoreduktion der kardiovaskulären Mortalität 1, 2<br />
35 % relative Risikoreduktion für Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz 1, 2 , b<br />
Bewährte HbA 1c -Senkung 1<br />
ADA / EASD empfehlen Empagliflozin als bevorzugten SGLT-2-Hemmer bei Patienten<br />
mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und ASCVD, HF und / oder CKD 3, c<br />
ASCVD = atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung; HF = Herzinsuffizienz; CKD = chronische Nierenerkrankung.<br />
Ú EMPA-REG OUTCOME ® -Studienpopulation: erwachsene Patienten mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und KHK oder pAVK oder vorangegangenem Myokardinfarkt oder Schlaganfall (Ereignis > 2 Monate). | a. Gemäß Anwendungsgebiet<br />
in der aktuellen Fachinformation 1 | b. Im Rahmen der Therapie des Typ-2-<strong>Diabetes</strong>. | c. Gemäß Anwendungsgebiet in der aktuellen Fachinformation. Bitte beachten: erstens sind die spezifischen<br />
Anwendungsbeschränkungen von Empagliflozin bei einer eGFR < 60 ml / min / 1,73 m 2 bzw. < 45 ml / min / 1,73 m 2 in der Fachinformation 1 ; zweitens ist Canagliflozin auf dem deutschen Markt nicht verfügbar<br />
(Stand April <strong>2019</strong>). | 1. Fachinformation JARDIANCE ® (Empagliflozin), Stand: Januar <strong>2019</strong>. | 2. Zinman B et al. N Engl J Med 2015; 373(22): 2117 – 28. | 3. Davies MJ et al. Diabetologia 2018; 61(12): 2461 – 98.<br />
Jardiance® 10 mg/25 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Empagliflozin. Zusammensetzung: Eine Tablette Jardiance® enthält 10 mg bzw. 25 mg Empagliflozin. Sonstige Bestandteile: Lactose-Monohydrat, mikrokristalline<br />
Cellulose, Hyprolose, Croscarmellose-Natrium, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat, Hypromellose, Titandioxid (E171), Talkum, Macrogol (400), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172). Jede Tablette enthält<br />
weniger als 1 mmol Natrium (23 mg). Anwendungsgebiete: Jardiance wird zur Behandlung von Erwachsenen mit nicht ausreichend behandeltem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> mellitus als Ergänzung zu Diät und Bewegung<br />
angewendet: als Monotherapie bei Metforminunverträglichkeit u. zusätzlich zu anderen Arzneimitteln zur Behandlung von <strong>Diabetes</strong>. Zu Studienergebnissen im Hinblick auf Kombinationen, die Wirkung auf Blutzuckerkontrolle<br />
und kardiovaskuläre Ereignisse sowie die untersuchten Populationen siehe Fachinformation, Abschnitte 4.4, 4.5 und 5.1. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der<br />
sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Hypoglykämie (bei Kombination mit Sulfonylharnstoff oder Insulin). Häufig: vaginale Moniliasis, Vulvovaginitis, Balanitis, andere genitale Infektion, Harnwegs<br />
infektion (einschließlich Pyelonephritis und Urosepsis), Pruritus (generalisiert), Hautausschlag, verstärkte Harnausscheidung, Durst, Serumlipide erhöht. Gelegentlich: Urtikaria, Volumenmangel, Dysurie,<br />
Kreatinin im Blut erhöht / glomeruläre Filtrationsrate vermindert, Hämatokrit erhöht. Selten: diabetische Ketoazidose. Häufigkeit nicht bekannt: Angioödem, nekrotisierende Fasziitis des Perineums (Fournier’s<br />
Gangrän). Warnhinweise: Enthält Lactose. Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Weitere Hinweise: Siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Stand: Jan. <strong>2019</strong><br />
April <strong>2019</strong><br />
Pharmazeutischer Unternehmer: Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG,<br />
Binger Str. 173, 55216 Ingelheim am Rhein, Tel.: 08 00 / 77 90 90 0, Fax: 0 61 32 / 72 99 99,<br />
E-Mail: info@boehringer-ingelheim.com<br />
96/19<br />
abcd
EDITORIAL<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
in dieser connexi-<strong>Ausgabe</strong> widmen wir uns wesentlichen<br />
Aspekten der Diabetologie sowie der <strong>Adipositas</strong><br />
mit oft übergreifender Bedeutung. So berichtet Oana<br />
Patricia Zaharia aus Düsseldorf über Ergebnisse der<br />
Anwendung des von einer schwedischen Arbeitsgruppe<br />
vorgeschlagenen Cluster-Algorithmus zur<br />
Neuklassifizierung unterschiedlicher <strong>Diabetes</strong>formen,.<br />
Die neue Klassifizierung für Typ-1- und Typ-2-Patienten<br />
in fünf Subphänotypen des <strong>Diabetes</strong> könnte die<br />
Vorhersage von diabetesbedingten Komplikationen<br />
beeinflussen und damit gezieltere Therapien erlauben.<br />
Ein relevantes Thema stellt, angesichts der steigenden<br />
Zahlen der von Typ-2-<strong>Diabetes</strong> betroffenen<br />
Menschen, das Thema „Insulinresistenz und Krebs“<br />
dar. Hyper insulinämie auf der Basis von Insulinresistenz<br />
gilt als eine der möglichen Ursachen für das<br />
erhöhte Krebsrisiko von Typ-2-Patienten. Es spricht<br />
Vieles dafür, dass <strong>Adipositas</strong> beide verbindet. Karsten<br />
Müssig und Laura Dauben liefern dazu einen<br />
umfassenden Überblick.<br />
Anke Bahrmann aus Heidelberg und Michael Uhlig<br />
aus Bochum beschäftigt die Versorgung alter<br />
Menschen mit <strong>Diabetes</strong>, speziell die Frage, welche<br />
Technologien für Senioren mit <strong>Diabetes</strong> hilfreich<br />
sind. Es kommt auf Passgenauigkeit und Anwenderfreundlichkeit<br />
an. Und auch die Helfer müssen<br />
mit den Systemen zurechtkommen.<br />
Dass der Schlaf-Wach-Rhythmus von Menschen<br />
individuell verschieden ist, ist bekannt. Daten<br />
sprechen zudem dafür, dass offenbar auch Zusammenhänge<br />
zwischen dem Chronotyp und dem<br />
Gesundheitsverhalten der Menschen existieren.<br />
Dies lässt sich bereits bei Kindern und Jugendlichen<br />
beobachten und scheint auch die kognitive<br />
Kontrolle des Essverhaltens zu beeinflussen. Mit<br />
diesem Thema beschäftigt sich der Tübinger Wissenschaftler<br />
Christoph Randler.<br />
Guido Freckmann, Sara Vetrugno und Delia<br />
Walden maier befassen sich mit der Frage „Time<br />
in Range oder HbA1c?“. Es wird darüber diskutiert,<br />
ob sich die aufwändige Therapiekontrolle mittels<br />
HbA1c durch die kontinuierlich erfasste Ermittlung<br />
der Time in Range im klinischen Alltag ersetzen<br />
lässt. Die Ulmer Forscher gehen dieser Frage auf<br />
den Grund.<br />
Haben Sie sich schon einmal über die rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen der Patientenkommunikation<br />
Gedanken gemacht? Andreas Staufer, Fachanwalt<br />
für Medizinrecht und für Informationstechnologierecht<br />
hat sich mit der rechtlichen Seite der<br />
Patientenkommunikation auseinandergesetzt und<br />
beschreibt, worauf es ankommt.<br />
Vom Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie<br />
präsentieren wir Ihnen einen interessanten<br />
Beitrag über Gemeinsamkeiten zwischen Morbus<br />
Parkinson und <strong>Diabetes</strong> auf zellulärer Ebene. Es<br />
wurde untersucht, wie verflochten der Stoffwechsel<br />
von Dopamin und Insulin mit einander sind.<br />
Last but not least stellen wir Ihnen in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
ab Seite 46 eine Auswahl neuester Studienergebnisse<br />
von der Tagung der European Association<br />
for the Study of <strong>Diabetes</strong> vor.<br />
Wir wünschen Ihnen eine interessante und spannende<br />
Lektüre!<br />
Berlin, Oktober <strong>2019</strong><br />
Anja Lamprecht<br />
anja.lamprecht@thepaideiagroup.com<br />
Herzlichst Anja Lamprecht<br />
Verlegerin
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Editorial 3<br />
Anja Lamprecht<br />
<strong>Diabetes</strong> <strong>2019</strong> 6<br />
Frauen im Fokus: <strong>Diabetes</strong>-Patientinnen<br />
haben ein höheres Mortalitätsrisiko<br />
Eulen und Lerchen 20<br />
Chronotyp und Ernährungsverhalten bei<br />
Kindern und Jugendlichen<br />
Christoph Randler<br />
<strong>Diabetes</strong> neu klassifiziert 9<br />
Neue Subphänotypen des <strong>Diabetes</strong> und<br />
ihre Komplikationen<br />
Oana Patricia Zaharia<br />
<strong>Adipositas</strong><br />
Bewegung<br />
Krebs<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
Ernährung<br />
Hilfen im Alter 23<br />
Technologien für Senioren mit <strong>Diabetes</strong> –<br />
welche sind hilfreich?<br />
Anke Bahrmann, Michael Uhlig<br />
Einflussfaktoren 14<br />
Insulinresistenz und Krebs<br />
Laura Dauben, Karsten Müssig<br />
TiR<br />
Therapiekontrolle 28<br />
Time in Range (TiR) oder HbA1c?<br />
Guido Freckmann, Sara Vetrugno, Delia Waldenmaier<br />
4
EASD <strong>2019</strong> News<br />
Zusammenhänge 31<br />
Was verbindet Parkinson und <strong>Diabetes</strong>?<br />
Eine Zeitreise 34<br />
Zehn Jahre humane GLP-1-Rezeptor-Agonisten –<br />
was bringt die Zukunft?<br />
Symposiumsbericht<br />
!<br />
Ergebnisse der DAPA-HF-Studie 46<br />
Ein Antidiabetikum gegen Herzinsuffizienz?<br />
Die VERIFY-Studie 47<br />
Von Anfang an kombinieren bringt mehr<br />
Kardiovaskuläre Sicherheitsstudie 48<br />
CAROLINA: Linagliptin gegen Glimepirid<br />
Vitamin D 48<br />
Vitamin-D3-Mangel ist assoziiert mit erhöhter<br />
Mortalität<br />
Risiko für <strong>Diabetes</strong> Typ 2 49<br />
Bestimmte Berufsgruppen sind besonders gefährdet<br />
Enzyme und Typ-2-<strong>Diabetes</strong> 49<br />
Niedrige ACE-Aktivität vermindert das Risiko für<br />
<strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />
Neues nicht-invasives Verfahren 50<br />
Neuer Marker zur Vorhersage von<br />
Prädiabetes und <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />
Gewichtung von Risikofaktoren 50<br />
<strong>Adipositas</strong> wichtigste Säule bei<br />
Primärprävention von <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />
Regulatory Affairs<br />
Tipps vom Anwalt 36<br />
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
für die Patientenkommunikation<br />
Andreas Staufer<br />
CHMP-Empfehlung 51<br />
Glucagon als Nasenspray zur Behandlung<br />
schwerer Hypoglykämien<br />
<strong>Diabetes</strong>therapie zu Hause 40<br />
Risikofaktor Patient<br />
Symposiumsbericht<br />
Kardioschutz 43<br />
SGLT2-Inhibitoren bei Typ-2-<strong>Diabetes</strong>:<br />
Mehr als nur Blutzuckersenkung<br />
Symposiumsbericht<br />
The Story Behind® 53<br />
Gleichgewicht der Entdeckungen<br />
Michael Kaplan<br />
Impressum/Pro domo 54<br />
5
DIABETES <strong>2019</strong><br />
Frauen im Fokus: <strong>Diabetes</strong>-Patientinnen<br />
haben ein höheres Mortalitätsrisiko<br />
Die <strong>Diabetes</strong>forschung der letzten Jahre hat durch praxisrelevante Ergebnisse kontinuierlich zur Verbesserung<br />
der Patientenversorgung beigetragen. Aktuellste Daten, die auf dem 54. Kongress der Deutschen<br />
<strong>Diabetes</strong>gesellschaft (DDG) in Berlin sowie dem EASD in Barcelona präsentiert wurden, spiegeln das breite<br />
Themenspektrum und die Dynamik des Fachgebietes wider − von der Diskussion zur <strong>Diabetes</strong>klassifikation<br />
über Lebererkrankungen bis zu Heilungschancen bei <strong>Diabetes</strong>. Der Vorschlag einer neuen Einteilung in fünf<br />
<strong>Diabetes</strong>typen hat in diesem Heft neben Beiträgen zu Pathomechanismen, zu <strong>Diabetes</strong> bei Kindern und<br />
Jugendlichen, bei Älteren und zu neuen Therapieoptionen seinen eigenen Raum. Zu den wichtigen Themen,<br />
die in diesem Jahr auf dem Fachkongress besprochen wurden, zählten auch genderspezifische Aspekte der<br />
<strong>Diabetes</strong>-Erkrankung. Frauen wurden als besondere Risikogruppe identifiziert.<br />
Geschlechtsbezogene Aspekte des<br />
<strong>Diabetes</strong><br />
…und sie haben ein höheres<br />
Sterberisiko<br />
CONFERENCES<br />
In der langen Historie der <strong>Diabetes</strong>forschung<br />
wurden mittlerweile ausgeprägte Unterschiede<br />
zwischen Männern und Frauen sowohl in der<br />
Entstehung des <strong>Diabetes</strong> als auch im Verlauf<br />
der Erkrankung aufgedeckt. Diese sind jedoch<br />
noch immer nicht ausreichend untersucht, wie<br />
Professor Dr. med. Michael Roden, Direktor der<br />
Klinik für Endokrinologie und Diabetologie an der<br />
Heinrich-Heine-Universität und am Universitätsklinikum<br />
Düsseldorf und diesjähriger Präsident<br />
des deutschen <strong>Diabetes</strong>kongresses, berichtete. Es<br />
sei deshalb erforderlich, auch Risikofaktoren und<br />
Begleiterkrankungen bei <strong>Diabetes</strong>patienten und<br />
-patientinnen geschlechtsspezifisch zu betrachten.<br />
Bauchfett ist bei Frauen gefährlicher…<br />
Zwar besteht für übergewichtige Menschen beiderlei<br />
Geschlechts ein erhöhtes Risiko, an einem<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> zu erkranken. Aber Frauen werden<br />
im Allgemeinen häufiger übergewichtig und<br />
auch fettleibig. Ein hoher Bauchfettanteil stellt bei<br />
Frauen einen stärkeren Risikofaktor für <strong>Diabetes</strong><br />
dar als bei Männern, obwohl Letztere häufiger die<br />
als Stoffwechselgefahr bekannte bauchbetonte<br />
Fettverteilung entwickeln.<br />
Patientinnen mit Typ-1- und Typ-2-<strong>Diabetes</strong> entwickeln<br />
zudem häufiger Folgeerkrankungen als<br />
männ liche Diabetiker. Das hat Auswirkungen auf<br />
die Lebenserwartung: Sie ist bei Frauen mit Dia betes<br />
deutlich niedriger als bei zuckerkranken Männern. Wie<br />
die Leiterin des Klinischen Studien zen trums am Deutschen<br />
<strong>Diabetes</strong>-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf Privatdozentin<br />
Dr. med. Julia Szendrö di in der Pressekonferenz<br />
erklärte, habe man in allen Altersgruppen für Frauen<br />
eine höhere diabetesbedingte Sterberate festgestellt<br />
als bei Männern, wobei der Unterschied in der Altersgruppe<br />
der 65- bis 69-Jährigen am auffälligsten ist. So<br />
wurde in Deutschland bei Männern mit Typ‐2-Dia betes<br />
eine rund 2,8-fach höhere Sterberate als bei Gesunden<br />
festgestellt. Bei Frauen dagegen war das Risiko 4,2-<br />
fach erhöht. Diese Differenzen stellen aber offenbar<br />
kein Naturgesetz dar. Denn entsprechende Untersuchungen<br />
weisen darauf hin, dass die Übersterblichkeit<br />
von <strong>Diabetes</strong>patientinnen in Deutschland höher ist<br />
als beispielsweise in Schweden – und dies, obwohl die<br />
Gesundheitsversorgung beider Länder vergleichbar ist.<br />
90-fach höheres kardiovaskuläres<br />
Risiko<br />
Bei Diabetikerinnen ist die Sterblichkeit neben<br />
anderen Ursachen aufgrund von Herz-Kreis-<br />
6
DIABETES <strong>2019</strong><br />
© Science Photo Library/Gustoimages<br />
lauf-Erkrankungen erheblich erhöht. „Selbst bei<br />
Berücksichtigung aller anderen Risikofaktoren wie<br />
Übergewicht, Bluthochdruck, Blutfettwerte und<br />
Rauchen haben Frauen mit <strong>Diabetes</strong> im Vergleich zu<br />
betroffenen Männern ein um 27 % höheres Risiko<br />
für einen Schlaganfall und ein um 44 % höheres<br />
Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu erleiden“,<br />
betonte die Diabetologin. Die erhöhte Belastung<br />
gilt für Frauen mit <strong>Diabetes</strong> Typ 1 und Typ 2. Wer<br />
schon in früher Kindheit erkrankte, bei dem ist die<br />
Gefahr für die Entwicklung einer schweren kardiovaskulären<br />
Erkrankung sogar bis zu 90-fach höher<br />
als bei Frauen ohne <strong>Diabetes</strong>.<br />
Daten der Deutschen <strong>Diabetes</strong>-Studie am Deutschen<br />
<strong>Diabetes</strong>-Zentrum in Düsseldorf zeigen zudem,<br />
dass viele Frauen trotz optimaler Behandlungsbedingungen<br />
ihre Zielwerte für Blutzucker, Blutdruck- und<br />
Blutfettwerte nicht erreichen. Das könnte ein Grund<br />
für das höhere kardiovaskuläre Risiko sein.<br />
PCOS ist mit hohem <strong>Diabetes</strong>risiko<br />
assoziiert<br />
PCOS steht für Polyzystisches Ovarialsyndrom<br />
und wird auch als „<strong>Diabetes</strong> bärtiger Frauen“<br />
bezeichnet. Privatdozentin Dr. med. Susanne<br />
Reger-Tan beschäftigt sich schon länger mit diesem<br />
Krankheitsbild und erklärte: „<strong>Diabetes</strong> bärtiger<br />
Frauen“ weist schon auf den Zusammenhang zwischen<br />
einem gestörten Glukosestoffwechsel und<br />
den Geschlechtshormonen der betroffenen Frauen<br />
hin. Das <strong>Diabetes</strong>risiko von Frauen mit PCOS ist so<br />
hoch, dass sie darüber aufgeklärt werden sollten,<br />
empfiehlt die Oberärztin an der Klinik für Endokrinologie<br />
und Stoffwechselerkrankungen am Universitätsklinikum<br />
Essen.<br />
Zudem sollten die behandelnden Ärzte bei diesen<br />
Patientinnen neben den aktuellen Beschwerden auf<br />
die konsequente Überwachung und gegebenenfalls<br />
Therapie der metabolischen Komplikationen des<br />
PCOS achten, so Reger-Tan.<br />
Gestörter Hormonhaushalt<br />
Die Aufklärung ist deshalb wichtig, weil die<br />
Krankheit in der Bevölkerung zwar nur wenig<br />
bekannt ist, aber zum einen weitreichenden Einfluss<br />
auf das Leben vieler betroffener Frauen hat<br />
und zum anderen häufig ist: Jede achte junge Frau<br />
ist davon betroffen. Das entspricht einer Prävalenz<br />
von 15 %. Das Risiko für eine Frau mit PCOS einen<br />
<strong>Diabetes</strong> zu entwickeln, ist um das 2- bis 9-Fache<br />
erhöht. Wie der bei Frauen mit PCOS oft zu sehende<br />
Bartflaum zeigt, ist bei ihnen der Geschlechtshormonhaushalt<br />
gestört. Der Grund dafür sind zu<br />
viele männliche Hormone. Diese bewirken entsprechende,<br />
wenn auch stark variierende, Veränderungen<br />
des äußeren Erscheinungsbildes. Außerdem<br />
führt das Phänomen vielfach zu einer Hemmung<br />
des Eisprungs. Die männlichen Hormone können<br />
außerdem zu einem frühen Haarausfall führen,<br />
während gleichzeitig die Körperbehaarung,<br />
ebenfalls nach männlichem Verteilungsmuster,<br />
zunimmt. Bei vielen betroffenen Frauen tritt zudem<br />
die Menstruationsblutung verspätet ein oder fällt<br />
ganz aus. Dementsprechend leiden die Frauen oft<br />
unter einer verringerten Fruchtbarkeit.<br />
CONFERENCES<br />
7
DIABETES <strong>2019</strong><br />
CONFERENCES<br />
Hohes <strong>Adipositas</strong>-Risiko<br />
Viele der betroffenen Frauen leiden unter den<br />
Folgen der hormonellen Dysbalance erheblich und<br />
fühlen sich in ihrer Weiblichkeit gestört. Dass bei<br />
ihnen Übergewicht stark verbreitet ist, erhöht den<br />
Leidensdruck zusätzlich. Die Schuld an diesem Übergewicht<br />
tragen hier aber nicht nur die Frauen selbst,<br />
auch die Krankheit trägt dazu bei: Ein bestimmtes<br />
<strong>Adipositas</strong>-Risikogen, das in der weiblichen Bevölkerung<br />
mit einem BMI-Anstieg um 0,5 kg/m² assoziiert<br />
ist, wirkt sich bei Frauen mit PCOS doppelt stark aus.<br />
Nicht überraschend ist daher, dass Frauen mit PCOS<br />
viermal häufiger eine nichtalkoholische Leberverfettung<br />
mit erhöhtem Risiko für eine nichtalkoholische<br />
Steatohepatitis, Leberzirrhose oder sogar ein hepatozelluläres<br />
Karzinom entwickeln, ergänzte Reger-Tan.<br />
Angesichts des häufigen Übergewichts liegt es<br />
nahe, dass dem PCOS typischerweise eine Insulinresistenz<br />
zugrunde liegt. Eine Hyperinsulinämie<br />
fördert die Zunahme an Gewicht und zusätzlich<br />
die Bildung männlicher Hormone. Das bedeutet,<br />
unter der Insulinresistenz leidet nicht nur das<br />
äußere Erscheinungsbild, sondern es fördert auch<br />
die Entwicklung metabolischer Erkrankungen wie<br />
Typ‐2-<strong>Diabetes</strong> und Schwangerschaftsdiabetes.<br />
Therapie des PCOS<br />
Für die Therapie steht primär Metformin zur Verfügung.<br />
Es wirkt auf die Insulinresistenz und ist ein<br />
wesentlicher Baustein der Therapie. Unter Metformin-Therapie<br />
wurden sowohl eine Verringerung des<br />
Körpergewichts als auch der Gefahr für Frühgeburten<br />
und für frühe Fehlgeburten beobachtet. Inzwischen<br />
werden auch Inkretine auf ihren Nutzen für<br />
diese Patientinnengruppe geprüft. Die bisherigen<br />
Daten seien vielversprechend, so die Referentin.<br />
Helga Brettschneider, Redaktion<br />
Quelle: Pressekonferenzen der Deutschen <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft<br />
(DDG) anlässlich des <strong>Diabetes</strong> Kongresses <strong>2019</strong> (29. Mai<br />
bis 1. Juni <strong>2019</strong>) in Berlin<br />
13. Herbsttagung der DDG<br />
Alltagsleben mit<br />
<strong>Diabetes</strong><br />
Noch unter den Eindrücken der <strong>2019</strong> bereits<br />
stattgefundenen Kongresse findet am 8. und<br />
9. November in Leipzig die 13. Herbsttagung der<br />
Deutschen <strong>Diabetes</strong>gesellschaft statt. Unter dem<br />
Motto „<strong>Diabetes</strong> – Mitten im Leben“ steht hier<br />
die Translation neuester Erkenntnisse aus der<br />
<strong>Diabetes</strong>forschung in die Praxis im Vordergund.<br />
Unter der Leitung des Tagungspräsidenten<br />
Dr. Nikolaus Scheper aus Marl werden in zahlreichen<br />
interdisziplinären Veranstaltungen innovative<br />
Möglichkeiten der Prävention und Therapie der <strong>Diabetes</strong>erkrankung<br />
präsentiert. Gesundheitspoli tische<br />
Podiumsdiskussionen, Fortbildungsveranstaltungen<br />
für Assistenzberufe sowie Angebote für den Nachwuchs<br />
im <strong>Diabetes</strong>bereich komplettieren das Programm.<br />
Besonderes Augenmerk gilt in Leipzig solchen<br />
Themen, die Menschen mit <strong>Diabetes</strong> in den verschiedenen<br />
Lebenslagen und unterschiedlichen<br />
Altersgruppen beschäftigen. Neben dem großen<br />
Einfluss auf Lebensplanung und -alltag „kommen<br />
häufig psychische Belastungen wie Ängste – zum<br />
Beispiel vor schweren Unterzuckerungen – oder<br />
Depressionen hinzu“ sagt Dr. Scheper. „Auch im<br />
Ausbildungs- und Arbeitsleben wirft die Diagnose<br />
<strong>Diabetes</strong> bei Betroffenen und Angehörigen eine<br />
Vielzahl an Fragen auf„ ergänzt Dr. Cornelia Woitek,<br />
Tagungssprecherin und -koordinatorin. Was<br />
beschäftigt unsere Patienten, welche Probleme<br />
haben sie und wie können wir sie als betreuende<br />
Diabetologen unterstützen? Alltagsfragen, die das<br />
Leben mit <strong>Diabetes</strong> birgt, bieten in Leipzig reichlich<br />
Diskussionsstoff, der auch bis zum nächsten Kongress<br />
im Mai 2020 in Berlin nicht ausgehen wird.<br />
8
DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />
Neue Subphänotypen des <strong>Diabetes</strong> und<br />
ihre Komplikationen<br />
Oana Patricia Zaharia, Düsseldorf<br />
© mauritius images/Pete Hermes Furian/AlamY<br />
n=1.105<br />
22,35 % SAID<br />
2,53 % SIDD<br />
10,95 % SIRD<br />
29,23 % MOD<br />
34,93 % MARD<br />
Beim <strong>Diabetes</strong> mellitus handelt es sich um eine heterogene Erkrankung, die sich unter anderem in den<br />
Ursachen, dem Krankheitsverlauf sowie dem Risiko für die Entwicklung von Komplikationen unterscheidet.<br />
Bisherige Klassifikationen umfassen Hauptformen des <strong>Diabetes</strong> (Typ-1- und Typ-2-<strong>Diabetes</strong>), die sich in<br />
Bezug auf Insulinsekretion und Insulinsensitivität unterscheiden [1, 2]. Eine schwedische Arbeitsgruppe<br />
schlägt jetzt eine neue Einteilung des <strong>Diabetes</strong> mellitus vor, die möglicherweise helfen könnte, Patienten<br />
genauer zu charakterisieren und gezieltere Diagnose- und Therapieverfahren zu wählen [3].<br />
Mithilfe einer Clusteranalyse werden dabei<br />
Patienten mit Typ-1- und Typ-2-<strong>Diabetes</strong> in fünf<br />
Subgruppen eingeteilt. Patienten mit Gestationsdiabetes<br />
oder anderen spezifischen <strong>Diabetes</strong>formen<br />
wurden nicht berücksichtigt, da bei diesen Gruppen<br />
spezielle physiopathologische Hintergründe<br />
Abbildung 1: Clustereinteilung in der Deutschen<br />
<strong>Diabetes</strong>-Studie:<br />
22,35 % SAID, Schwerer Autoimmundiabetes;<br />
2,53 % SIDD, Schwerer Insulinmangel-<strong>Diabetes</strong>;<br />
10,95 % SIRD, Schwerer insulinresistenter <strong>Diabetes</strong>;<br />
29,23 % MOD, Milder adipositasbedingter <strong>Diabetes</strong>;<br />
34,93 % MARD, Milder altersbedingter <strong>Diabetes</strong>.<br />
CONFERENCES<br />
9
DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />
CONFERENCES<br />
vorliegen. Ähnlich wie die klassische Einteilung<br />
in Typ-1- und Typ‐2-<strong>Diabetes</strong> berücksichtigt auch<br />
die schwedische Forschergruppe bei ihrer neuen<br />
Einteilung der <strong>Diabetes</strong>typen Indizes für die Insulinsekretion<br />
und Insulinsensitivität, schloss jedoch<br />
auch weitere einfache anthropometrische und<br />
klinische Parameter mit ein. So basiert die Einteilung<br />
der Cluster auf sechs Variablen: dem Vorhandensein<br />
von diabetesrelevanten Autoantikörpern,<br />
dem Alter bei Diagnose, Body-Mass-Index (BMI),<br />
HbA1c-Wert und Schätzungen der Betazellfunktion<br />
anhand des Homeostasis Model Assessments<br />
(HOMA-B) und der Insulinresistenz (HOMA-IR). Die<br />
HOMA-Indizes lassen sich aus Nüchtern-Blutglukose<br />
und Nüchtern-C-Peptid berechnen [4].<br />
Fünf <strong>Diabetes</strong>-Subtypen<br />
Daraus ergab sich eine mögliche Einteilung in<br />
fünf <strong>Diabetes</strong>-Subtypen [5], welche sich unter<br />
anderem hinsichtlich des Risikos für die Entwicklung<br />
von Folgeerkrankungen unterschieden. Während<br />
es bereits Hinweise auf einen Zusammenhang<br />
zwischen einer Clusterzuordnung und dem Risiko<br />
für Nephropathie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
gibt [5], wurde die Risikostratifizierung für<br />
diabetische Neuropathie und nichtalkoholische<br />
Fettlebererkrankung (NAFL) bislang nicht angesprochen.<br />
NAFL wird häufig in Zusammenhang mit<br />
<strong>Diabetes</strong> gebracht und hat sich als Hauptrisikofaktor<br />
für Lebererkrankungen im Endstadium, aber<br />
auch als Prädiktor für kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
herausgestellt [6, 7]. Bemerkenswerterweise<br />
steigt die Mortalität mit zunehmendem Fibrosestadium<br />
exponentiell an [8].<br />
Diese neue Clusterzuordnung zielt darauf ab,<br />
eine geschichtete, maßgeschneiderte Behandlung<br />
nach dem Konzept der Präzisionsmedizin zu entwickeln<br />
[9, 10]. Die neue Clustereinteilung kann<br />
wichtige Auswirkungen nicht nur auf die Diagnose<br />
und das Management des <strong>Diabetes</strong> haben, sondern<br />
auch auf die Vorhersage von diabetesbedingten<br />
Komorbiditäten und das Risiko für <strong>Diabetes</strong>komplikationen.<br />
Diese Hypothese muss aber in prospektiven<br />
klinischen Studien geprüft werden. Aus<br />
diesem Grund wurde in der Deutschen <strong>Diabetes</strong>-<br />
Studie [11] der Clustering-Algorithmus angewandt<br />
und die Risikostratifizierung für NAFL und diabetische<br />
Neuropathie getestet [12].<br />
Klinische und metabolische<br />
Merkmale der fünf <strong>Diabetes</strong>-Cluster<br />
Durch Anwendung des Algorithmus wurden drei<br />
schwerere und zwei milde <strong>Diabetes</strong>formen ermittelt.<br />
Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die Verteilung<br />
der Studienpopulation in die vorgeschlagenen<br />
Cluster sowie die klinischen und metabolischen<br />
Merkmale der Cluster. Cluster 1 entspricht im<br />
Wesentlichen dem klassischen Typ-1-<strong>Diabetes</strong><br />
und zeichnet sich insbesondere durch positive<br />
Glutamat-Decarboxylase(GAD)-Antikörper, einen<br />
geringen BMI sowie einen Krankheitsbeginn im<br />
jungen Alter aus und wird als „schwerer Autoimmundiabetes“<br />
(SAID) bezeichnet. Cluster 2, der<br />
„schwere Insulinmangeldiabetes“ (SIDD) ähnelt<br />
in seinen Merkmalen dem Cluster 1, weist jedoch<br />
keine GAD-Antikörper auf. Vor allem Patienten<br />
dieser beiden Cluster wurde Insulin verordnet<br />
– zum einen aufgrund einer unzureichenden<br />
Stoffwechselkontrolle und des Nachweises von<br />
Autoantikörpern (Cluster 1) und zum anderen<br />
aufgrund der Betazelldysfunktion (erniedrigter<br />
HOMA-B) (Cluster 2). Demgegenüber finden sich<br />
im Cluster 3, dem „schweren insulinresistenten<br />
<strong>Diabetes</strong>“ (SIRD), eine ausgeprägte Insulinresistenz<br />
(hoher HOMA-IR) und ein hoher BMI. Cluster<br />
4 und 5 wiederum gehören zu den milder<br />
verlaufenden <strong>Diabetes</strong>formen. So wird Cluster 4<br />
als „milder adipositasbedingter <strong>Diabetes</strong>“ (MOD)<br />
10
DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />
80<br />
Alter<br />
60<br />
BMI<br />
150<br />
HbA1c<br />
Alter (Jahre)<br />
60<br />
40<br />
20<br />
BMI (kg/m 2 )<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
HbA1c (mmol/mol)<br />
100<br />
50<br />
0<br />
SAID<br />
SIDD<br />
SIRD<br />
MOD<br />
MARD<br />
SAID<br />
SIDD<br />
SIRD<br />
MOD<br />
MARD<br />
0<br />
SAID<br />
SIDD<br />
SIRD<br />
MOD<br />
MARD<br />
400<br />
HOMA2-B<br />
15<br />
HOMA2-IR<br />
HOMA2-B (%)<br />
300<br />
200<br />
100<br />
HOMA2-IR<br />
10<br />
5<br />
0<br />
SAID<br />
SIDD<br />
SIRD<br />
MOD<br />
MARD<br />
0<br />
SAID<br />
SIDD<br />
SIRD<br />
MOD<br />
MARD<br />
Legende: BMI, Body-Mass-Index; HbA1c, glykiertes Hämoglobin; HOMA2-B, Homeostasis Model Assessment der Betazellfunktion;<br />
HOMA2-IR, Homeostasis Model Assessment der Insulinresistenz; SAID, schwerer Autoimmundiabetes; SIDD, schwerer Insulinmangel-<strong>Diabetes</strong>;<br />
SIRD, schwerer insulinresistenter <strong>Diabetes</strong>; MOD, milder adipositasbedingter <strong>Diabetes</strong>; MARD, milder altersbedingter <strong>Diabetes</strong><br />
Abbildung 2: Klinische und metabolische Merkmale der Studienpopulation<br />
bezeichnet. Seine typischen Merkmale sind bestehendes<br />
Übergewicht, aber keine ausgeprägte Insulinresistenz.<br />
Einen nur gering erhöhten BMI und<br />
HbA1c-Wert sowie ein höheres Alter bei Diagnose<br />
zeigen Patienten im Cluster 5, dem „milden altersbedingten<br />
<strong>Diabetes</strong>“ (MARD).<br />
Nichtalkoholische<br />
Fettlebererkrankung<br />
Der Leberfettgehalt war bei SIRD-Patienten zu<br />
Studienbeginn am höchsten, ein Merkmal, das<br />
auch zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nach<br />
fünf Jahren noch vorlag. Der Fettleber-Index (FLI)<br />
blieb bei Patienten mit SIRD analog am höchsten,<br />
doch unterschied sich das Progressionsmuster<br />
( FLI) zwischen den Clustern, wobei der höchste<br />
mittlere Anstieg im SIDD-Cluster vorlag (9,9 vs.<br />
2,7 (SAID), 3,1 (SIRD), 0,2 (MOD) und 8,9 (MARD).<br />
Indizes (APRI- und NAFLD-FS-Scores) wurden<br />
verwendet, um die Leberfibrose zu quantifizieren,<br />
und beide Tests zeigten bei Patienten mit SIRD die<br />
höchste Ausprägung der Leberfibrose zu Studienbeginn.<br />
Nach fünf Jahren war die Fibrose (NAFLD-<br />
FS >0,6) bei SIRD-Patienten (21 %) am stärksten<br />
ausgeprägt im Vergleich zu SAID-Patienten (10 %),<br />
SIDD-Patienten (0 %), MOD-Patienten (16 %) und<br />
MARD-Patienten (11 %).<br />
CONFERENCES<br />
11
DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />
CONFERENCES<br />
Querschnittsanalysen zeigten, dass Patienten mit<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> häufig einen erhöhten Leberfettgehalt<br />
aufweisen [13], der auch mit einer erhöhten<br />
Insulinresistenz einhergeht. Die Beziehung zeigte<br />
auch eine mögliche genetische Verbindung, bei der<br />
der TM6SF2-Genpolymorphismus [14], der normalerweise<br />
mit einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung<br />
assoziiert ist, in einer früheren Studie<br />
mit SIRD assoziiert war [5]. In unserer Studie [12]<br />
war der Leberfettgehalt bei SIRD am höchsten, und<br />
während er bei MOD über einen Zeitraum von fünf<br />
Jahren am stärksten anstieg, blieb er auch nach<br />
fünf Jahren bei SIRD am höchsten, was darauf hindeutet,<br />
dass die Insulinresistenz im Hinblick auf die<br />
NAFL-Progression eine wichtigere Rolle spielt als<br />
das Körpergewicht. Mechanistisch könnte dies mit<br />
einer gestörten mitochondrialen Biogenese zusammenhängen,<br />
die mit dem Fortschreiten der NAFL<br />
zusammenhängt [15].<br />
Diabetische Neuropathie<br />
Diabetische Neuropathie war ein weiterer<br />
Aspekt, der in der Studienpopulation untersucht<br />
wurde. Die höchste Prävalenz sowohl für eine<br />
distal-symmetrische Polyneuropathie (DSPN) als<br />
auch für eine kardiovaskuläre autonome Neuropathie<br />
(KAN) wiesen zu Studienbeginn Patienten mit<br />
SIDD auf. Eine DSPN war am häufigsten bei SIDD<br />
(40 %) im Vergleich zu SAID (8 %), SIRD (17 %),<br />
MOD (11 %) und MARD (15 %).<br />
Es scheint, dass Insulinmangel oder Hyperglykämie<br />
wichtige Auslöser der diabetischen Neuropathie<br />
sind – sowohl der DSPN als auch einer KAN<br />
–, da die höchste Prävalenz bei SIDD beobachtet<br />
wird. In diesem Cluster war der HbA1c-Wert am<br />
höchsten und die Insulinsekretion am niedrigsten.<br />
Es wurde spekuliert, dass ein Mangel an Insulin die<br />
Zellschädigung fördert [16, 17]. Nichtsdestotrotz<br />
konnte eine Therapie mit Insulin und/oder anderen<br />
glukosesenkenden Medikamenten, die die Glukosehomöostase<br />
bei SIDD-Patienten zum Zeitpunkt<br />
der Folgeuntersuchung wieder ausbalancierte, die<br />
neuronale Signalübertragung und die Nervenfunktion<br />
bei diesen Patienten nicht wiederherstellen.<br />
Daher können SIDD-Patienten von diagnostischen<br />
Instrumenten zur Früherkennung von (prä-)diabetischer<br />
Neuropathie und zur Vorbeugung wichtiger<br />
klinischer Folgen wie Schmerzen, Fußgeschwüren<br />
und autonomen Dysfunktionen, die mit erheblicher<br />
Morbidität und Mortalität verbunden sind, profitieren<br />
[18].<br />
Fazit<br />
Oana Patricia Zaharia<br />
Oana-Patricia.Zaharia@ddz.de<br />
Zusammenfassend zeigte unsere Studie, dass<br />
Patienten mit <strong>Diabetes</strong> eine breite Palette von<br />
Stoffwechselmerkmalen aufweisen, die die Klassifizierung<br />
in Cluster ermöglichen, basierend auf<br />
Autoimmunität, Alter, BMI, Betazellfunktion und<br />
Insulinsensitivität als primären ätiologischen Parametern<br />
im Zusammenhang mit dem Auftreten von<br />
12
DIABETES NEU KLASSIFIZIERT<br />
<strong>Diabetes</strong>. Die Cluster weisen ein unterschiedliches<br />
Risikomuster für <strong>Diabetes</strong>komplikationen auf und<br />
zeigen insbesondere, dass Patienten mit SIRD<br />
häufiger an Nephro pathie, NAFL und Leberfibrose<br />
leiden und Patienten mit SIDD häufiger an DSPN<br />
und KAN. Unsere Studie, bei der ein neuer Clustering-Algorithmus<br />
zum Einsatz kommt, ebnet den<br />
Weg für eine gezielte Prävention der diabetischen<br />
Neuro pathie bei SIDD und für eine optimierte Therapie<br />
von NAFL bei SIRD.<br />
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Oana Patricia Zaharia<br />
Institut für Klinische Diabetologie,<br />
Deutsches <strong>Diabetes</strong>-Zentrum, Leibniz-Zentrum für<br />
<strong>Diabetes</strong>-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität<br />
Auf’m Hennekamp 65, 40225 Düsseldorf<br />
Deutsches Zentrum für <strong>Diabetes</strong>forschung (DZD),<br />
Ingolstädter Landstraße 1, 85764 München-Neuherberg<br />
CONFERENCES<br />
13
EINFLUSSFAKTOREN<br />
Insulinresistenz und Krebs<br />
Laura Dauben 1, 2 1, 2, 3, 4<br />
und Karsten Müssig<br />
<strong>Adipositas</strong><br />
Bewegung<br />
Krebs<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
Ernährung<br />
© Shutterstock/tuulijumala<br />
Aktuell wird die Zahl der weltweit an <strong>Diabetes</strong> erkrankten Menschen auf 424,9 Millionen geschätzt. Allein in<br />
Deutschland leben mindestens 7,5 Millionen Menschen mit einer <strong>Diabetes</strong>erkrankung und jedes Jahr werden<br />
rund 600.000 Menschen neu mit <strong>Diabetes</strong> diagnostiziert [1, 2]. Etwa 90 % der Betroffenen leiden an einem<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> [1]. Wissenschaftler prognostizieren, dass die Zahl der an Typ-2-<strong>Diabetes</strong> Erkrankten in<br />
Deutschland in den nächsten 20 Jahren auf bis zu zwölf Millionen ansteigen wird [3]. Neben der steigenden<br />
Prävalenz für Typ-2-<strong>Diabetes</strong> konnte in den letzten Jahren ebenfalls eine Zunahme der Prävalenz und<br />
Inzidenz von Krebserkrankungen beobachtet werden. Laut Schätzungen sind allein im Jahr 2018 weltweit<br />
18,1 Millionen Menschen neu an Krebs erkrankt und 9,6 Millionen Menschen durch eine Krebserkrankung<br />
verstorben [4]. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen den<br />
beiden Volkskrankheiten Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und Krebs besteht.<br />
CONFERENCES<br />
In zahlreichen epidemiologischen Studien<br />
konnte gezeigt werden, dass Menschen mit Typ‐2-<br />
Dia betes ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung<br />
und das Voranschreiten von Krebs erkrankungen<br />
haben [5, 6]. Je nach Krebsart kann das Risiko bis<br />
um das 2,5-fache erhöht sein (z. B. für Leber- und<br />
Endometriumkarzinome) [6]. Bei der Differenzierung<br />
zwischen den einzelnen malignen Erkrankungen<br />
müssen zwei Krebsarten gesondert betrachtet<br />
werden : zum einen das Pankreas karzinom, dessen<br />
1<br />
Institut für Klinische Diabetologie, Deutsches <strong>Diabetes</strong>-Zentrum, Düsseldorf; 2 Deutsches Zentrum für <strong>Diabetes</strong>forschung (DZD e.V.),<br />
München-Neuherberg; 3 Klinik für Endokrinologie und Diabetologie, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;<br />
4<br />
Klinik für Innere Medizin, Niels-Stensen-Kliniken, Franziskus-Hospital Harderberg<br />
14
EINFLUSSFAKTOREN<br />
Entstehung einerseits durch eine <strong>Diabetes</strong>erkrankung<br />
begünstigt werden kann [7]. Andererseits<br />
kann sich das Pankreaskarzinom aber auch durch<br />
erhöhte Blutglukosespiegel manifestieren [8],<br />
sodass hier eine wechselseitige Beziehung besteht.<br />
Zudem ist das Prostatakarzinom zu nennen. Studien<br />
weisen darauf hin, dass ein inverser Zusammenhang<br />
zwischen einer <strong>Diabetes</strong>erkrankung<br />
und Prostatakrebs besteht [5, 9, 10]. Die genauen<br />
Gründe sind zurzeit noch unklar. Möglicherweise<br />
spielen diabetes bedingte, veränderte Testosteronspiegel<br />
eine Rolle [10].<br />
Neben der gesteigerten Prävalenz für maligne<br />
Erkrankungen weisen Studien ebenfalls darauf<br />
hin, dass die Krebsmortalität durch eine Typ-2-<br />
Dia beteserkrankung erhöht ist [11–13]. Eine Metaanalyse<br />
ergab ein insgesamt um 41 % erhöhtes<br />
Risiko, an einer Krebserkrankung zu versterben,<br />
wenn zusätzlich ein Typ-2-<strong>Diabetes</strong> vorliegt [12].<br />
Mögliche Einflussfaktoren<br />
Ein besonderer Fokus zur Klärung des Zusammenhangs<br />
zwischen <strong>Diabetes</strong> und Krebs gilt den Risikofaktoren<br />
für Typ-2-<strong>Diabetes</strong> sowie dem Vorliegen<br />
einer Hyperinsulinämie bei gleichzeitiger Insulinresistenz<br />
im Rahmen der <strong>Diabetes</strong>entstehung beziehungsweise<br />
der <strong>Diabetes</strong>therapie (Abbildung 1).<br />
Bei der Entwicklung eines Typ-2-<strong>Diabetes</strong> spielen<br />
neben der erblichen Vorbelastung auch Lebensstil-<br />
<strong>Adipositas</strong><br />
Insulinresistenz<br />
Hyperinsulinämie<br />
Hyperglykämie<br />
+<br />
+<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
-<br />
Metformin<br />
Regelmäßige Bewegung<br />
Ausgewogene Ernährung<br />
Krebs<br />
<strong>Diabetes</strong>bedingte<br />
Komorbiditäten<br />
Abbildung 1: Möglicher Zusammenhang zwischen Typ-2-<strong>Diabetes</strong>, <strong>Adipositas</strong> und Krebs sowie begünstigende und protektive<br />
Einflussfaktoren.<br />
+<br />
Tod<br />
CONFERENCES<br />
15
EINFLUSSFAKTOREN<br />
CONFERENCES<br />
faktoren, wie Übergewicht, Bewegungsmangel und<br />
Fehlernährung eine wichtige Rolle. Diese Faktoren<br />
führen dazu, dass schon lange vor der Manifestation<br />
des Typ-2-<strong>Diabetes</strong> eine Insulinresistenz<br />
vorliegt. Durch eine vermehrte Insulinsekretion<br />
können die Betazellen des Pankreas die Insulinresistenz<br />
der Körperzellen zunächst kompensieren,<br />
bis es mit der Zeit zu einer Abnahme der Funktion<br />
der pankreatischen Betazellen und in der Folge zu<br />
einem Anstieg der Blutglukose kommt [14].<br />
<strong>Adipositas</strong><br />
Die Prävalenz von Übergewicht und <strong>Adipositas</strong><br />
ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.<br />
Allein in Deutschland leiden rund zwei Drittel der<br />
Männer und die Hälfte der Frauen an Übergewicht.<br />
23 % der Deutschen weisen einen Body-Mass-<br />
Index (BMI) von ≥30 kg/m² auf [15]. <strong>Adipositas</strong><br />
stellt einen der wichtigsten Einflussfaktoren bei<br />
der Entstehung eines Typ-2-<strong>Diabetes</strong> dar [14].<br />
In Bezug auf die Entwicklung und den Verlauf<br />
von malignen Erkrankungen konnte ebenfalls ein<br />
Zusammenhang mit <strong>Adipositas</strong> aufgezeigt werden<br />
[16, 17]. Eine Metaanalyse ergab für adipöse<br />
Frauen ein über 50 % erhöhtes Risiko für Endometrium-,<br />
Gallenblasen- und Ösophaguskrebs. Bei<br />
Männern war das Erkrankungsrisiko für Karzinome<br />
des Ösophagus, der Schilddrüse und des Kolons<br />
durch <strong>Adipositas</strong> um ca. 25–50 % gesteigert [17].<br />
Eine mögliche Ursache für diesen pro-karzinogenen<br />
Effekt stellt die hormonelle Wirkung des Fettgewebes<br />
dar. <strong>Adipositas</strong> führt zu einer Dysfunktion<br />
des Fettgewebes, wodurch vermehrt Hormone, wie<br />
zum Beispiel Leptin und die Entzündungsmarker<br />
Tumornekrosefaktor-alpha (TNF- ) und Interleukin-6<br />
(IL-6), freigesetzt werden, die die Entstehung<br />
einer Insulinresistenz fördern. Gleichzeitig<br />
sinkt die Adiponektinsekretion und dadurch auch<br />
seine anti-kanzerogene Wirkung. Es kommt zu verringerter<br />
Zellapoptose sowie gesteigerter Zellproliferation<br />
und Inflammation. Diese Faktoren können<br />
die Entstehung und das Fortschreiten einer Krebserkrankung<br />
begünstigen [18, 19].<br />
Bewegung und Ernährung<br />
Weitere Faktoren, die sich sowohl auf einen Typ–<br />
2-<strong>Diabetes</strong> als auch eine Krebserkrankung auswirken<br />
können, sind körperliche Aktivität und Ernährung.<br />
Regelmäßige Bewegung steigert zum einen die<br />
Insulinsensitivität der Körperzellen und trägt gleichzeitig<br />
zu einer moderaten Gewichtsreduktion beziehungsweise<br />
zur Vermeidung von Übergewicht bei.<br />
In einer Metaanalyse konnte am Beispiel des Pankreaskarzinoms<br />
gezeigt werden, dass körperliche<br />
Aktivität auch bei malignen Erkrankungen eine protektive<br />
Wirkung hat. Dabei führte eine gesteigerte<br />
körperliche Aktivität über den gesamten Tag gesehen<br />
ebenso wie eine berufsbedingt gesteigerte Aktivität<br />
zu einem um etwa 25 % verminderten Risiko<br />
für das Auftreten eines Pankreaskarzinoms [20]. Bei<br />
Betrachtung der Krebsmortalität ergab sich zudem<br />
ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Fernsehkonsum<br />
und dem Risiko, an einer Krebserkrankung<br />
zu versterben [21]. Diese Ergebnisse deuten darauf<br />
hin, dass auch hier das Vorliegen einer Insulinresistenz,<br />
bedingt durch eine geringe körperliche Aktivität,<br />
eine Rolle spielen könnte.<br />
Ähnlich verhält es sich mit einer ausgewogenen<br />
und vollwertigen Ernährung. In mehreren Studien<br />
ergab sich ein inverser Zusammenhang zwischen<br />
dem Verzehr von Vollkornprodukten, Ballaststoffen,<br />
Obst und Gemüse und dem Risiko für einzelne<br />
Krebsarten [22–24]. Neben diesen Lebensmittelgruppen<br />
geht auch ein regelmäßiger Kaffeekonsum<br />
mit einer schützenden Wirkung gegen die<br />
Entstehung von malignen Erkrankungen [25] und<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> [26] einher. Die Ergebnisse einer<br />
Metaanalyse von Yu et al. (2011) zeigen eine Risikoreduktion<br />
von bis zu 18 % für die Krebsinzidenz<br />
durch den Konsum von Kaffee [25]. Dieser Effekt<br />
16
EINFLUSSFAKTOREN<br />
konnte sowohl für koffeinhaltigen als auch entkoffeinierten<br />
Kaffee nachgewiesen werden, sodass<br />
sehr wahrscheinlich auch die im Kaffee enthaltenen<br />
Bitterstoffe und Flavonoide zur protektiven<br />
Wirkung des Kaffees beitragen [26].<br />
Umweltfaktoren<br />
Auch äußere Faktoren wie zum Beispiel Lärm<br />
und Luftverschmutzung werden mit einem erhöhten<br />
Risiko für die Entstehung von Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
[27, 28] und Krebs in Zusammenhang gebracht<br />
[29–31]. Allerdings ist die Studienlage sehr heterogen,<br />
sodass weitere Untersuchungen notwendig<br />
sind, um Aussagen bezüglich des Einflusses von<br />
Umweltfaktoren treffen zu können.<br />
Prof. Dr. med. Karsten Müssig<br />
Karsten.Muessig@niels-stensen-kliniken.de<br />
Einfluss der <strong>Diabetes</strong>therapie<br />
Neben diesen Einflussgrößen scheint die <strong>Diabetes</strong>therapie<br />
das Entstehen von malignen Erkrankungen<br />
zu beeinflussen. Besonders die Behandlung<br />
mit Substanzen, die den endogenen oder exogenen<br />
Insulinspiegel erhöhen und dadurch eine Hyperinsulinämie<br />
erzeugen, wie Sulfonylharnstoffe und<br />
Insulin, ist mit einer Risikoerhöhung assoziiert.<br />
So konnte in einer großangelegten retrospektiven<br />
Kohortenstudie ein erhöhtes Krebsrisiko für Patienten<br />
mit einer Sulfonylharnstoff-Monotherapie<br />
sowie für Patienten mit einem insulinbehandelten<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> nachgewiesen werden [32].<br />
Auch in Bezug auf die Krebsmortalität war das<br />
Risiko bei Typ-2-<strong>Diabetes</strong>patienten durch die Einnahme<br />
von Sulfonylharnstoffen und Insulin im Vergleich<br />
zu Betroffenen mit einer Metformin therapie<br />
erhöht [33]. Die Insulinart scheint dabei keine<br />
spezifische Auswirkung auf das Risiko zu haben.<br />
Zwar wurde die Verwendung des langwirksamen<br />
Analoginsulins Insulin glargin in den vergangenen<br />
Jahren bezüglich eines erhöhten Krebsrisikos kontrovers<br />
diskutiert [34]. Eine großangelegte randomisierte,<br />
kontrollierte Studie ergab jedoch keinen<br />
Laura Dauben<br />
laura.dauben@ddz.de<br />
Hinweis auf ein erhöhtes Krebsrisiko unter Insulin<br />
glargin [35]. Im Gegensatz dazu weisen insulinsensitivierende<br />
Antidiabetika wie Metformin eine<br />
protektive Wirkung auf Krebserkrankungen und<br />
-mortalität auf [32, 36, 37]. In einer Kohortenstudie<br />
wurde eine Risikoreduktion um fast 40 % durch<br />
die Einnahme von Metformin beobachtet [36].<br />
CONFERENCES<br />
17
EINFLUSSFAKTOREN<br />
© mauritius images/Science Photo Library/Kateryna Kon<br />
CONFERENCES<br />
Molekulare Mechanismen<br />
Auf der molekularen Ebene spielen der Insulinund<br />
der Insulin-like-Growth-Faktor-1(IGF‐1)-Rezeptor<br />
eine wichtige Rolle. Beide Rezeptoren<br />
zählen zur Familie der Tyrosinkinase rezeptoren<br />
und bestehen jeweils aus einer - und einer<br />
‐Untereinheit. Unter physiologischen Bedingungen<br />
bindet das Insulin an die -Untereinheit des<br />
Insulinrezeptors und aktiviert dadurch die -Untereinheit.<br />
Dies löst wiederum eine Aktivierung der<br />
Insulinrezeptor-Substrate aus, die im Folgenden<br />
als Adaptorproteine eine Reihe von Signalwegen<br />
stimulieren. Dadurch können zum einen über die<br />
Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3-K) die metabolischen<br />
Insulinwirkungen – Glukoseaufnahme in<br />
die Zellen sowie Glykogen- und Proteinsynthese –<br />
vermittelt werden. Es kann jedoch auch über den<br />
Mitogen-aktivierte-Proteinkinase-(MAPK)-Signalweg<br />
zur pro-kanzerogenen Wirkung, Apoptosesuppression<br />
und Zellentdifferenzierung kommen [38].<br />
Der Insulinrezeptor wird in zwei Isoformen, dem<br />
Typ A (IR-A) und dem Typ B (IR-B), durch alternatives<br />
Spleißen des Exons 11 des Insulinrezeptorgens<br />
exprimiert. Dabei wird IR-A, der neben Insulin eine<br />
hohe Affinität zu IGF-2 aufweist, ubiquitär im Körper<br />
gebildet, während IR-B überwiegend in metabolisch<br />
wirksamen Geweben, wie Leber, Fettgewebe<br />
und Skelettmuskel vorkommt [39]. Studien belegen,<br />
dass bei Vorliegen eines Typ-2-<strong>Diabetes</strong>, aber auch<br />
schon bei Prädiabetes eine veränderte Expression<br />
der beiden Insulinrezeptor-Typen stattfindet<br />
[40, 41]. Des Weiteren konnte auch in bestimmten<br />
Tumorgeweben eine gesteigerte Expression von<br />
IR-A nachgewiesen werden [42]. Dies deutet darauf<br />
hin, dass eine gesteigerte Sensitivität gegenüber<br />
IGF-2 und Insulin bei einer bestehenden Hyperinsulinämie<br />
zur mitogenen Wirkung beiträgt.<br />
Die Struktur von IR-A und IR-B weist eine hohe<br />
Homologie mit dem IGF-1-Rezeptor auf, wodurch<br />
Insulin und IGF-1 bei erhöhten Konzentrationen<br />
auch die jeweils anderen Rezeptoren stimulieren<br />
können. Zudem können sich Heterodimere aus<br />
den beiden Insulinrezeptoren sowie auch Hybriddimere<br />
aus Insulinrezeptor und IGF-1-Rezeptor<br />
bilden [39]. An diese Hybridrezeptoren sowie an<br />
IR-A können sowohl Insulin als auch IGF-1 und<br />
IGF-2 binden und verschiedene Signalkaskaden<br />
aktivieren, die die Proliferation und Tumorgenese<br />
fördern (z. B. MAP-Kinase-abhängige Signalwege).<br />
Zusätzlich werden Hybridrezeptoren in Tumorzellen<br />
überexprimiert, was ebenfalls die Entstehung<br />
und das Wachstum von Tumoren begünstigt [43].<br />
Fazit<br />
Epidemiologische Studien belegen, dass ein<br />
Zusammenhang zwischen einem Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
und einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen<br />
besteht. Als mögliche Ursachen gelten eine Hyperinsulinämie<br />
bei zugrundeliegender Insulinresistenz<br />
sowie auch Veränderungen der Insulin- und<br />
IGF-1-Rezeptor-Expression. Ein entscheidendes<br />
Bindeglied zwischen den beiden Volkskrankheiten<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und Krebs stellt <strong>Adipositas</strong> dar.<br />
Deswegen sollte ein besonderer Fokus auf eine<br />
frühzeitige Prävention beziehungsweise die Therapie<br />
von <strong>Adipositas</strong> gelegt werden. Dabei spielt<br />
der Lebensstil eine entscheidende Rolle: Durch<br />
regelmäßige Bewegung und ausgewogene Ernährung<br />
kann die Entwicklung von Übergewicht und<br />
<strong>Adipositas</strong> verhindert werden. Gleichzeitig stellt<br />
eine Lebensstilveränderung die Basistherapie von<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong> dar. Reicht eine Lebensstilände-<br />
18
EINFLUSSFAKTOREN<br />
rung allein nicht aus, um die Blutglukose im Normbereich<br />
zu halten, sollten, unter Berücksichtigung<br />
von individuellen Gegebenheiten, Therapien angewandt<br />
werden, die das Risiko für die Entstehung<br />
von Krebserkrankungen nicht zusätzlich erhöhen.<br />
Nach der aktuellen Studienlage eignet sich diesbezüglich<br />
insbesondere Metformin.<br />
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Prof. Dr. med. Karsten Müssig<br />
Klinik für Innere Medizin<br />
Niels-Stensen-Kliniken<br />
Franziskus-Hospital Harderberg<br />
Alte Rothenfelder Str. 23, 49124 Georgsmarienhütte<br />
CONFERENCES<br />
19
EULEN UND LERCHEN<br />
Chronotyp und Ernährungsverhalten bei<br />
Kindern und Jugendlichen<br />
Christoph Randler, Tübingen<br />
© Christoph Randler<br />
Menschen besitzen eine individuelle Variation hinsichtlich ihres Schlaf-/Wachrhythmus und ihrer zirkadianen<br />
Präferenz. Dabei spricht man gemeinhin von Eulen und Lerchen [1]. Die beiden Gruppen weisen<br />
Unterschiede auf: biologische und im Gesundheitsverhalten.<br />
CONFERENCES<br />
So sind Lerchen eher morgens aktiv, erreichen<br />
eher früh ihr Leistungshoch und werden abends<br />
früh müde, während Eulen schwieriger aus dem<br />
Bett kommen, dafür aber am Abend oder in der<br />
Nacht hohe Leistung bringen können.<br />
Unterschiede bei Cortisol und<br />
Melatonin<br />
Die Hormonkonzentration des Stresshormons<br />
Cortisol ist bei Lerchen morgens in der Regel höher<br />
als bei Eulen [2], weswegen sie womöglich morgens<br />
leichter aus dem Bett und in die Gänge kommen.<br />
Das Hormon Melatonin wiederum wird bei Eulen<br />
deutlich später ausgeschüttet – sowohl in Bezug<br />
auf den „dim light melatonin onset“ (DLMO), als<br />
auch auf den Peak der Melatoninkonzentration [3].<br />
Besonders in der Pubertät verändert sich der biologische<br />
Rhythmus und Jugendliche verwandeln<br />
sich relativ schnell und ausgeprägt zur Eule [4].<br />
Auch die durchschnittliche Schlafdauer sinkt mit<br />
zunehmendem Alter und erreicht mit 16–18 Jahren<br />
einen Tiefpunkt (Abbildung 1) [5]. Dies liegt wahrscheinlich<br />
auch an den Sexualhormonen, besonders<br />
am Testosteron [6], weswegen Männer auch<br />
eher Eulen sind als Frauen [7].<br />
Obwohl das Konzept Eule/Lerche sehr eingängig<br />
ist, sollte dieser Chronotyp auf einer kontinuierlichen<br />
Skala gemessen werden. Für größere Umfragestudien<br />
ist der Einsatz von Fragebögen daher<br />
besonders geeignet. Im Folgenden werden Studien<br />
vorgestellt [8, 9, 10], die sich besonders mit dem<br />
20
EULEN UND LERCHEN<br />
Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen<br />
beschäftigten und die damit auch im Zusammenhang<br />
mit <strong>Diabetes</strong> stehen können.<br />
Generell zeigen Studien unterschiedlicher<br />
Arbeitsgruppen einen klaren Zusammenhang zwischen<br />
Chronotyp und Gesundheitsverhalten, wozu<br />
auch die sportliche Betätigung gerechnet wird. In<br />
einer Studie mit 152 Jugendlichen von 11–17 Jahren<br />
führten diese etwa eine Woche lang ein Ernährungstagebuch.<br />
So neigen jugendliche Eulen eher<br />
dazu, koffeinhaltige Getränke zu konsumieren<br />
sowie eher Fast Food [8].<br />
Späte Schlafenszeit – schlechtere<br />
Ernährung<br />
Dies kann sicherlich auch damit zusammenhängen,<br />
dass jugendliche Eulen spätabends noch<br />
Nahrung konsumieren, während die Lerchen schon<br />
Prof. Dr. Christoph Randler<br />
christoph.randler@uni-tuebingen.de<br />
schlafen. Infolgedessen zeigen viele Studien für<br />
Eulen im Vergleich zu Lerchen einen höheren<br />
Body-Mass-Index (Abbildung 2). Und je später der<br />
Schlafmittelpunkt liegt, desto höher liegt der Body-<br />
12<br />
Schlafdauer in Stunden (Mittelwert)<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
Jungen<br />
Mädchen<br />
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24<br />
Alter in Jahren<br />
CONFERENCES<br />
Abbildung 1: Veränderung der durchschnittlichen Schlafdauer von der Kindheit bis zur Adoleszenz [5]<br />
21
EULEN UND LERCHEN<br />
0,6<br />
0,4<br />
BMI (Mean +/- 1 SE)<br />
CONFERENCES<br />
0,2<br />
0,0<br />
-0,2<br />
-0,4<br />
-0,6<br />
HILFEN IM ALTER<br />
Technologien für Senioren mit <strong>Diabetes</strong> –<br />
welche sind hilfreich?<br />
Anke Bahrmann, Heidelberg, und Michael Uhlig, Bochum<br />
© iStockphoto/Juli 1491, Shutterstock/ducu59us und Khaki mullin Aleksandr<br />
Die Digitalisierung hat das deutsche Gesundheitswesen noch nicht in dem Maß erreicht, wie es technologisch<br />
bereits möglich wäre und in der Zukunft erforderlich ist. Für die Diabetologie gilt dies auch, zumal die<br />
Diagnostik- und Therapieerfordernisse hier ein besonders geeignetes Feld erkennen lassen. So ist es nicht<br />
verwunderlich, dass sich die meisten bisher angefertigten Studien zum Einsatz von eHealth-Lösungen mit<br />
dem <strong>Diabetes</strong>management befassen [1].<br />
Über die Gründe für die noch nicht hinreichend<br />
genutzten Ressourcen wird viel diskutiert.<br />
Datenschutzanforderungen, weniger innovationsfreudige<br />
Rahmenbedingungen und Verbesserungsbedarf<br />
im Zusammenspiel zwischen den Akteuren<br />
auf Seiten der Technologieanbieter und der Medizin<br />
beziehungsweise der sozialen Berufe sind hier<br />
auf jeden Fall zu nennen. Noch anspruchsvoller<br />
wird es, wenn die Systeme so zu gestalten sind,<br />
dass sie auch ältere und unterstützungsbedürftige<br />
Menschen wirksam erreichen sollen. <strong>Diabetes</strong><br />
mellitus ist meist eine Alterskrankheit. Entschei-<br />
CONFERENCES<br />
23
HILFEN IM ALTER<br />
dend sind Passgenauigkeit, Anwendungsfreundlichkeit<br />
und Integration in das Helfersystem der<br />
Menschen.<br />
Zweckmäßig und handhabbar<br />
Als handlungsleitend für das Management des<br />
<strong>Diabetes</strong> mellitus bei älteren Menschen hat die<br />
Deutsche <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft die S2k-Leitlinie<br />
Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle<br />
des <strong>Diabetes</strong> mellitus im Alter [2] heraus gegeben.<br />
Ein maßgeblicher roter Faden darin ist die<br />
Unterscheidung in die Phasen funktioneller Unabhängigkeit,<br />
leichter funktioneller Abhängigkeit<br />
sowie der starken funktionellen Abhängigkeit<br />
bis hin zur palliativen Situation. Nur bei Berücksichtigung<br />
der unterschiedlichen Bedarfe der<br />
Menschen können die Therapieempfehlungen<br />
die angestrebte Compliance erreichen. Vor dem<br />
Hintergrund dieser Systematisierung ist auch die<br />
Nutzbarkeit von technologiebasierten Unterstützungslösungen<br />
an zuschauen. Gleichzeitig gilt es,<br />
elementare Kriterien zu berücksichtigen, die für<br />
die generelle Sinnhaftigkeit zu erfüllen sind (siehe<br />
Tabelle 1).<br />
So grundsätzlich die Kriterien auch formuliert<br />
sind – es dürfte wenig Zweifel daran bestehen,<br />
dass viele der bereits entwickelten Lösungen die<br />
Potenziale aufweisen, zur Verbesserung des <strong>Diabetes</strong>managements<br />
beizutragen. Im Zuge der<br />
Arbeit an der S2k-Leitlinie sowie über Praktiker-<br />
Befragungen durch die Gremien der AG Geriatrie<br />
und Pflege wurden Einschätzungen zur Anwendbarkeit<br />
verschiedener technologischer Lösungen<br />
und Systeme vorgenommen, auf die im Folgenden<br />
näher eingegangen wird.<br />
Auf die Details kommt es an<br />
Die S2k-Leitlinie unterscheidet in „mechanische“,<br />
„technische“ und „elektronische“ Hilfsmittel.<br />
Die Tabelle 2 zeigt den entsprechenden Auszug<br />
aus der Leitlinie, inklusive erster Bewertungen zur<br />
Eignung der Hilfsmittel.<br />
Tabelle 1: Kriterien für die Anwendbarkeit von eHealth-Lösungen<br />
Bezug zur Versorgungslücke<br />
Nutzen<br />
Akzeptanz<br />
Qualitätssicherung<br />
Es gibt etwas zu verbessern und darauf wird abgezielt. „Etwas ist besser als nichts“<br />
Schneller? Einfacher? MEHR an Leistung? Erreichbarkeit individueller Zielvorstellungen<br />
Nutzbarkeit, Verständlichkeit, Bedienerfreundlichkeit, Effekt<br />
Im Benchmark bestehen, Dokumentation<br />
CONFERENCES<br />
Einhaltung ethischer Prinzipien<br />
Orientierung am aktuellen fachlichen<br />
Kenntnis stand<br />
Transparenz<br />
Arbeitserleichterung<br />
Auf selbem Niveau wie in der Präsenzbetreuung!<br />
Keine grundsätzlichen Abstriche am Standard von Leitlinien und (Experten-) Standards!<br />
Nachvollziehbarkeit des Versorgungsprinzips (als Basis der Übertragbarkeit)<br />
Entlastung der Teams aus Medizin und Pflege als inzwischen besonders wichtiges Kriterium<br />
Quelle: Arbeitskreis Telemedizin und Telematik der Arbeitsgemeinschaft Geriatrie und Pflege der Deutschen <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft, Mai <strong>2019</strong><br />
24
HILFEN IM ALTER<br />
Tabelle 2: Systematisierung der technologiebasierten Hilfsmittel gemäß S2k-Leitlinie<br />
Mechanische Hilfsmittel<br />
• Lupen und andere Sehhilfen,<br />
sprechendes Blutglukosemessgerät<br />
(sehr geeignet)<br />
• Blutglukosemessgeräte ohne Kalibrierung<br />
mit großem Display und einfacher Bedienung<br />
(sehr geeignet)<br />
• Insulin-Pens mit einfacher Auslösung und<br />
geringem Daumendruck (sehr geeignet)<br />
• Schritt-für-Schritt-Anleitungen in<br />
Alltagsgegenstände integriert<br />
(sehr geeignet)<br />
• Medikamentendosetten mit Wochenvorrat<br />
(sehr geeignet)<br />
Technische Hilfsmittel für ältere Menschen<br />
mit <strong>Diabetes</strong> im erweiterten Sinne<br />
• Automatische Blutdruckmessgeräte,<br />
präferenziell mit Oberarmmanschette<br />
und elektrischer Pumpe<br />
• Gehhilfen bei Polyneuropathie<br />
und/oder Gebrechlichkeit (zum Beispiel<br />
Gehbock, Rollator)<br />
• Frakturprävention (zum Beispiel<br />
Safehip- Schutz hosen/Hüftprotektoren,<br />
Antirutsch socken)<br />
Elektronische Hilfsmittel<br />
• PC-Programme zur Analyse erhobener<br />
Messwerte und Daten (teilweise geeignet)<br />
• Apps zur Verbesserung der Therapietreue<br />
(teilweise geeignet)<br />
• Apps zum Datenmanagement und Blutglukosesteuerung<br />
(teilweise geeignet)<br />
• Technische Hilfen zur Erinnerung an<br />
Medikamenteneinnahme oder Insulin-<br />
Injektion (teilweise geeignet)<br />
• Automatische Beleuchtungen mit Bewegungssensoren<br />
zur Sturzvermeidung<br />
(sehr geeignet)<br />
• Sensormatten oder RFID-/GPS-Systeme<br />
zur Sicherheitsverbesserung beispielsweise<br />
bei Demenzerkrankung<br />
(bedingt geeignet)<br />
Quelle: S2k-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des <strong>Diabetes</strong> mellitus im Alter“ der Deutschen <strong>Diabetes</strong> Gesellschaft, Februar <strong>2019</strong><br />
Mit dem Ziel, die Praxistauglichkeit der Hilfsmittel<br />
einer aktuellen Reflexion zu unterziehen,<br />
wurden im Frühjahr <strong>2019</strong> über den Arbeitskreis<br />
Telemedizin und Telematik die Leitungen von<br />
zwölf größeren Pflegediensten gebeten, Hinweise<br />
zu geben, welche Aspekte für die Anwendbarkeit<br />
in der täglichen Versorgungssituation wichtig sind.<br />
Die Ergebnisse dieser – selbstverständlich in keinster<br />
Weise repräsentativen – Erhebung zeigen auf,<br />
worauf im weiteren Entwicklungsprozess jeweils<br />
zu achten sein dürfte.<br />
Mechanische Hilfsmittel<br />
Lupen und sonstige Sehhilfen werden sehr<br />
geschätzt. Wichtig ist aber eben auch, dass die<br />
angezeigten Werte lange genug sichtbar beziehungsweise<br />
wahrnehmbar sind. Selbiges gilt für<br />
die „sprechenden“ Blutglukosemessgeräte – wünschenswert<br />
wäre hier, wenn sich der Information<br />
zum Messwert auch direkt eine Handlungsempfehlung<br />
anschließen würde. Dass Insulin-Pens einfach<br />
auszulösen sind und es dabei nur geringen<br />
Daumendrucks bedarf – das passt; wichtig ist aber<br />
auch, dass das Display ausreichend groß und mit<br />
leuchtenden Ziffern versehen ist. Vielfach scheitert<br />
die selbstständige Nutzung auch daran, dass die<br />
Patienten die Teststreifen aufgrund motorischer<br />
Einschränkungen nicht aus der Packung herausbekommen.<br />
Hier scheint Optimierungsbedarf zu<br />
bestehen. Ähnlich verhält es sich mit den sehr sinnvollen<br />
Medikamentendosetten mit Wochenvorrat<br />
– es muss aber einen Beteiligten im Betreuungsprozess<br />
geben, der über die erforderliche Feinmotorik<br />
beim Öffnen der Behältnisse verfügt.<br />
Technische Hilfsmittel<br />
Die automatischen Blutdruckmessgeräte, präferenziell<br />
mit Oberarmmanschette und elektrischer<br />
CONFERENCES<br />
25
HILFEN IM ALTER<br />
Beispiel am Handgelenk). Ältere Menschen brauchen<br />
hier in der Regel Unterstützung.<br />
Unstrittig ist auch die unterstützende Wirkung,<br />
die etwa Gehhilfen bei Polyneuropathie und/oder<br />
Gebrechlichkeit bieten, zum Beispiel Gehbock,<br />
Rollator usw., oder auch Hilfsmittel der Frakturprävention,<br />
wie Safehip-Schutzhosen/Hüftprotektoren,<br />
Antirutschsocken etc. Wünschenswert<br />
erscheinen aber auch Systeme, die den Menschen<br />
dabei helfen, die verschiedenen Hilfsmittel gut<br />
zugriffsbereit aufzubewahren und im Bedarfsfall<br />
verfügbar zu haben.<br />
CONFERENCES<br />
Michael Uhlig<br />
m.uhlig@contec.de<br />
PD Dr. med. Anke Bahrmann<br />
anke.bahrmann@googlemail.com<br />
Pumpe, werden sich durchsetzen, das ist keine<br />
Frage. Beim aktuellen Stand der Erforschung ist<br />
aber festzuhalten, dass die selbstständige Anlage<br />
an den Körperstellen mit den effektivsten Messergebnissen<br />
(Oberarm) für viele der Betroffenen<br />
schwieriger ist als an anderen Körperstellen (zum<br />
Elektronische Hilfsmittel bis hin zum<br />
Tele monitoring<br />
Die Möglichkeiten, die PC-Programme und<br />
Apps zur Datenanalyse, zur Verbesserung der<br />
Therapietreue, zum Datenmanagement und zur<br />
Blutglukosesteuerung sowie zur Erinnerung an<br />
Medikamenteneinnahme oder Insulin-Injektionen<br />
bieten, sind inzwischen bekannt und werden von<br />
einigen Patientengruppen bereits sehr selbstverständlich<br />
genutzt. In der Praxis der Anwendung<br />
für ältere, unterstützungsbedürftige Menschen ist<br />
elementar, dass sie alltagsgerecht in das soziale<br />
Umfeld der Menschen integriert werden. In diesem<br />
Sinne ist darauf zu achten, die Eingabe-/Endgeräte<br />
kontinuierlich im Verfügungsbereich der Betroffenen<br />
zu halten, sie mit Sprechfunktion oder sehr<br />
gut sichtbarem Display auszustatten und idealerweise<br />
mit alltagstypischen Gegenständen wie<br />
Uhren, Handy, bereits vorhandenen Hilfssystemen<br />
wie zum Beispiel einem Hausnotrufsystem usw. zu<br />
verbinden. Sehr hilfreich ist, wenn die erforderlichen<br />
Erläuterungen auch über ein Sprachsystem<br />
zur Verfügung gestellt würden. Dabei kann man es<br />
nicht oft genug betonen: Es kommt auf die kluge, im<br />
Ganzen gedachte Unterstützungslösung an. Unbedingt<br />
zu empfehlen sind beispielsweise eine über<br />
Bewegungssensoren gesteuerte Beleuchtung zur<br />
26
HILFEN IM ALTER<br />
Sturzvermeidung (niedrigschwellig im Baumarkt<br />
zu erwerben oder im Rahmen von Gesamtlösungen<br />
zur „smarten“ Gestaltung des Wohnumfeldes<br />
bereitzustellen), auf das leichteste handhabbare<br />
manuelle Lichtquellen (geeignet: Touchlampen<br />
oder auch Spracherkennung) oder auch die Prävention<br />
durch Sensormatten oder RFID-/GPS-Systeme<br />
zur Verbesserung der Sicherheit. Solche Möglichkeiten<br />
lassen sich auch sinnvoll miteinander integrieren.<br />
Für Menschen mit einer stärkeren Ausprägung<br />
der funktionellen oder kognitiven Einschränkungen<br />
wird der Anteil der persönlichen medizinischen<br />
und sozialen Betreuungsleistungen höher<br />
sein müssen. Aber auch hier können inzwischen<br />
stabile digitalisierte Optionen herangezogen werden.<br />
Mit Patienten-Coachingprogrammen wie<br />
TeLiPro des Deutschen Institutes für Telemedizin<br />
und Gesundheitsförderung (DITG) oder Telemonitoring-Lösungen<br />
wie des Westdeutschen Zentrums<br />
für Angewandte Telemedizin (WZAT) lässt sich auf<br />
der Basis von elektronischer Akte, vereinbarten<br />
Kommunikationsregeln und kontinuierlicher Vitalparameterüberwachung<br />
ein sicheres und trotzdem<br />
lebensqualitätsorientiertes Management der chronischen<br />
Erkrankung sichern.<br />
Referenzen<br />
1. Grammes, J. <strong>Diabetes</strong> Apps – ein Überblick. Vortrag, September<br />
2017, auf der 32. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>Diabetes</strong> und Psychologie, Mainz, Deutschland<br />
2. S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle<br />
des <strong>Diabetes</strong> mellitus im Alter, Regnr. 057-017, 2. Aufl.,<br />
awmf.org/leitlinien/detail/ll/057-017.html<br />
Privatdozentin Dr. med. Anke Bahrmann<br />
Universitätsklink Heidelberg<br />
Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie;<br />
Klinische Geriatrie<br />
Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg<br />
Michael Uhlig<br />
Contec GmbH<br />
Die Unternehmens- und Personalberatung der Gesundheits-<br />
und Sozialwirtschaft<br />
Innovations-Zentrum Gesundheitswirtschaft<br />
Gesundheitscampus-Süd 2, 44801 Bochum<br />
CONFERENCES<br />
27
THERAPIEKONTROLLE<br />
Time in Range (TiR) oder HbA1c?<br />
Guido Freckmann, Sara Vetrugno, Delia Waldenmaier, Ulm<br />
TiR<br />
© Shutterstock/Jarun Ontakrai<br />
In der Diabetologie ist der HbA1c-Wert schon seit Jahrzehnten als Parameter zur Therapiekontrolle etabliert.<br />
Je höher der relative Anteil an HbA1c am Gesamthämoglobin ist, desto höher war der durchschnittliche Blutglukosewert<br />
der letzten zwei bis drei Monate. Der technische Fortschritt im Bereich der Glukosemessgeräte<br />
ermöglicht jedoch inzwischen einen detaillierteren Einblick in die Glukoseverläufe von Menschen mit <strong>Diabetes</strong><br />
mellitus. Sogenannte Continuous-Glucose-Monitoring-(CGM)-Systeme messen kontiniuierlich alle<br />
fünf bis 15 Minuten die Glukosekonzentration in der interstitiellen Flüssigkeit im Unterhautfettgewebe.<br />
CONFERENCES<br />
Die hohe Messfrequenz liefert eine große Datenmenge,<br />
die sich Diabetologen und ihre Patienten<br />
zur Therapieoptimierung zu Nutze machen können.<br />
Aus diesen Daten werden verschiedene Parameter<br />
berechnet und grafisch dargestellt, wie zum<br />
Beispiel das Ambulante Glukoseprofil (AGP), der<br />
Mittelwert, die Standardabweichung, der Variationskoeffizient<br />
und die Time in Range (TiR, Zeit<br />
im Zielbereich). Durch die wachsende Anzahl an<br />
CGM-Nutzern kommen in Fachkreisen unter anderem<br />
Bestrebungen auf, den HbA1c durch die Time<br />
in Range im klinischen Alltag zu ersetzen.<br />
HbA1c<br />
Der HbA1c-Wert hat sich als ein wichtiger Parameter<br />
für die Verlaufskontrolle bewährt. Viele Studien<br />
belegen den Zusammenhang zwischen dem HbA1c-<br />
Wert und Folgeerkrankungen bei <strong>Diabetes</strong> mellitus<br />
[1]. Bei Patienten mit <strong>Diabetes</strong> mellitus wird der<br />
HbA1c-Wert in der Regel alle drei Monate bestimmt,<br />
meist in einem Zentrallabor. Nach aktuellen Leitlinien<br />
sollte bei Erwachsenen mit Typ-1-<strong>Diabetes</strong><br />
ein HbA1c-Wert ≤7,5 % angestrebt werden, sofern<br />
keine problematischen Hypoglykämien auftreten [2].<br />
Je nach Patient und Begleitumständen sollten aber<br />
individuelle Ziele vereinbart werden. Darüber hinaus<br />
müssen bei der Beurteilung des HbA1c-Wertes<br />
beeinflussende Faktoren berücksichtigt werden, wie<br />
beispielsweise eine veränderte Erythrozytenlebensdauer<br />
oder der Einfluss von Medikamenten.<br />
Time in Range<br />
Die TiR ist ein Durchschnittswert über die Zeit<br />
eines Tages, in der die CGM-Messwerte in einem<br />
28
THERAPIEKONTROLLE<br />
definierten Zielbereich – in der Regel 70–180 mg/dl<br />
– liegen. Die TiR wird in Stunden oder Prozent angegeben.<br />
Aussagekräftig ist dieser Durchschnittswert,<br />
wenn die Messdaten über eine Dauer von<br />
mindestens 14 Tagen einbezogen werden. Die TiR<br />
wird normalerweise mittels herstellerspezifischer<br />
Softwarelösungen ermittelt, deren unterschiedliche<br />
Einstellungsmöglichkeiten berücksichtigt<br />
werden müssen. Die Qualität der Daten ist vom<br />
verwendeten System sowie von der Nutzung des<br />
Patienten abhängig, da die Tragedauer und eine<br />
eventuelle Kalibration des CGM-Systems Einfluss<br />
darauf nehmen.<br />
Dr. med Guido Freckmann<br />
guido.freckmann@idt-ulm.de<br />
Vergleich TiR und HbA1c<br />
Die Erkenntnisse, die ein Patient und sein/e Diabetologe/in<br />
aus verschiedenen CGM-Parametern<br />
gewinnen, sind weit detaillierter als die Informationen,<br />
die sich aus dem HbA1c-Wert ableiten lassen.<br />
So wird beispielsweise auch die Variabilität<br />
zum Teil mit abgebildet. Bei der Betrachtung der<br />
TiR ist es allerdings wichtig, auch die Time above<br />
Range (TaR, Zeit über dem Zielbereich) und die<br />
Time below Range (TbR, Zeit unter dem Zielbereich)<br />
mit einzubeziehen. Diese geben Auskunft darüber,<br />
ob ein Patient tendenziell stärker zu Hyper- oder<br />
Hypoglykämien neigt.<br />
Ein weiterer Vorteil der TiR: Sie ist, sofern ein<br />
CGM-System getragen wird, jederzeit aktuell verfügbar,<br />
während für den HbA1c-Wert zuerst eine<br />
Blutentnahme erforderlich ist und anschließend<br />
noch auf die Ergebnisse aus dem Labor gewartet<br />
werden muss.<br />
Allerdings ist die Evidenz für die Auswirkungen<br />
der TiR auf klinische Endpunkte noch beschränkt.<br />
Dagegen liegen verschiedene Studien vor, welche<br />
die Korrelation zwischen HbA1c-Werten und dem<br />
Risiko für Folgeerkrankungen belegen. Vergleichbare<br />
Studien existieren für die TiR derzeit noch<br />
B.Sc. Sara Vetrugno<br />
sara.vetrugno@idt-ulm.de<br />
M.Sc. Delia Waldenmaier<br />
delia.waldenmaier@idt-ulm.de<br />
CONFERENCES<br />
29
THERAPIEKONTROLLE<br />
CONFERENCES<br />
nicht. Untersucht wurde bisher, ob die TiR mit<br />
dem HbA1c korreliert. Die Ergebnisse zeigen, dass<br />
tendenziell niedrige TiR Werte mit hohen HbA1c<br />
Werten einhergehen, jedoch ist es schwierig, einem<br />
TiR-Wert einen eindeutigen HbA1c-Wert zuzuordnen<br />
[3].<br />
Reicht die Messgenauigkeit?<br />
Ob die Messgenauigkeit von derzeit verfügbaren<br />
CGM-Systemen ausreicht, um sie zur Therapiekontrolle<br />
und -steuerung zu nutzen, wird von<br />
aktuellen Studien in Frage gestellt. So unterschied<br />
sich beispielsweise die TbR, die sich in einer Studie<br />
aus den Messungen von zwei verschiedenen CGM-<br />
Systemen am gleichen Patienten ergab, um bis zu<br />
eine Stunde [4].<br />
Ein solcher Unterschied bedeutet in der Praxis,<br />
dass die Messwerte eines Messsystems zu einer<br />
Therapieanpassung führen können, die des anderen<br />
Messsystems hingegen vielleicht nicht. Diese<br />
Unterschiede entstehen zum einen dadurch, dass<br />
CGM-Systeme unterschiedlich kalibriert werden.<br />
So werden einige CGM-Systeme durch den Patienten<br />
selbst anhand von kapillaren Blutglukosemessungen<br />
kalibriert, während andere CGM-Systeme<br />
werkskalibriert sind. Wieder andere sind zwar<br />
werkskalibriert, bieten aber trotzdem die Möglichkeit,<br />
auch selbst zu kalibrieren. Zum anderen führt<br />
die fehlende Pflicht zur Erfüllung von Qualitätsanforderungen<br />
hinsichtlich der Messgenauigkeit zu<br />
großen Unterschieden zwischen verschiedenen<br />
CGM-Systemen.<br />
Dem gegenüber steht die standardisierte Labormessung<br />
des HbA1c. Für die Laborgeräte (oder<br />
auch für die Point-of-care-Systeme) gibt es eine<br />
Pflicht zur Erfüllung von Qualitätsanforderungen<br />
hinsichtlich der Messgenauigkeit. Diese sind in<br />
der Richtlinie der Bundesärztekammer (Rili-BÄK)<br />
definiert.<br />
Fazit<br />
Solange es keine definierten Qualitätskriterien<br />
und keine klinische Evidenz für die TiR gibt, wird<br />
diese den HbA1c-Wert nicht ersetzen können. Als<br />
Zusatzinformation neben dem HbA1c-Wert kann<br />
die TiR allerdings zusammen mit weiteren CGM-<br />
Parametern wie TaR, TbR oder als AGP dargestellt<br />
eine wertvolle Ergänzung bei der Beratung und der<br />
Therapie der Patienten darstellen.<br />
Die Kommission Labordiagnostik in der Diabetologie<br />
(KLD) der DDG und DGKL bezieht<br />
aktuell auch Stellung zum Thema „Time in<br />
Range“. Diese Stellungnahme ist abrufbar<br />
unter: https://www.deutsche-diabetesgesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/<br />
Stellungnahmen/<strong>2019</strong>/<strong>2019</strong>0509_KLD_Stellungnahme_Time_in_Range_<strong>2019</strong>_final.pdf<br />
Referenzen<br />
1. The <strong>Diabetes</strong> Control and Complications Trial Research<br />
Group. The relationship of glycemic exposure (HbA1c) to<br />
the risk of development and progression of retinopathy<br />
in the diabetes control and complications trial. <strong>Diabetes</strong>.<br />
1995;44:968-83.<br />
2. Erstellt im Auftrag der Deutschen <strong>Diabetes</strong>-Gesellschaft<br />
(DDG): S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-<strong>Diabetes</strong>. AWMF<br />
Regnr. 057-013, 2. Aufl. 2018.<br />
3. Beck RW, Bergenstal RM, Cheng P et al. The Relationships<br />
Between Time in Range, Hyperglycemia Metrics, and<br />
HbA1c. J <strong>Diabetes</strong> Sci Technol. <strong>2019</strong>:1932296818822496.<br />
4. Freckmann G, Stuhr A, Pleus S, Link M, Mende J, Haug C,<br />
editors. Time spent in glucose ranges („time in range“)<br />
varies depending on the continuous monitoring system<br />
used. 55th Annual Meeting of the European Association<br />
for the Study of <strong>Diabetes</strong>; 16-20 Sep <strong>2019</strong>; Barcelona<br />
Dr. med. Guido Freckmann<br />
Institut für <strong>Diabetes</strong>-Technologie<br />
Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH<br />
Universität Ulm<br />
Lise-Meitner-Straße 8/2, 89081 Ulm<br />
30
ZUSAMMENHÄNGE<br />
Was verbindet Parkinson und <strong>Diabetes</strong>?<br />
© iStockphoto/Rost-9D<br />
Häufige Krankheiten wie <strong>Diabetes</strong> mellitus, koronare Herzerkrankung, Alzheimer-Demenz und rheumatoide<br />
Arthritis, aber auch der seltenere Morbus Parkinson könnten auf zellulärer Ebene ähnliche beziehungsweise<br />
gemeinsame pathogenetische Mechanismen aufweisen. Darauf wies der Genetiker Professor Rudi Balling<br />
von der Universität Luxemburg bei einem Vortrag im Rahmen des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für<br />
Neurologie (DGN) in Stuttgart hin. So lässt sich häufig eine mitochondriale Dysfunktion zeigen.<br />
Bei Parkinson finden sich in einem Drittel der<br />
Fälle genetische Veränderungen, die die mitochondriale<br />
Funktion beeinflussen. Außerdem ist<br />
bekannt, dass Diabetiker um über 30 % häufiger an<br />
Parkinson erkranken als Menschen mit gesundem<br />
Stoffwechsel [1]. Besteht hier ein Zusammenhang,<br />
etwa eine gemeinsame Vorstufe? Dies ist noch<br />
nicht bekannt, so Balling.<br />
Dennoch stellen sich interessante Fragen. So<br />
wirken einige orale Antidiabetika neuroprotektiv<br />
[2, 3], wobei der Mechanismus noch unklar ist.<br />
Außerdem ist der Stoffwechsel von Dopamin und<br />
Insulin eng verflochten. Dopamin ist auch am Glukosestoffwechsel<br />
beteiligt [4] und Insulin auch an<br />
der Ausschüttung von Dopamin [5]. „Hier ist eine<br />
Kreuzverschaltung, die erheblich stärker ist als das,<br />
was ich zumindest erwartet hatte“, meint Balling.<br />
Enzyme, wie die Proteinkinase AKT, spielen in der<br />
Signaltransduktion für Insulin und für Dopamin<br />
eine Rolle.<br />
Genexpression in regulatorischen<br />
T-Zellen<br />
Ballings Arbeitsgruppe hat sich insbesondere<br />
für neuroinflammatorische Prozesse interessiert<br />
– nicht nur für die Mikroglia im Gehirn, sondern<br />
auch für die peripheren Prozesse mit regulatorischen<br />
T-Helfer- und T-Effektorzellen. In einem<br />
breiten Ansatz wurden aus dem Blut von gesunden<br />
Menschen naive T-Zellen isoliert, dann in vitro stimuliert<br />
und je nach Wachstumsfaktor in Richtung<br />
regulatorische T-Zellen getrieben. Der biologische<br />
Weg von der naiven zur differenzierten regulatorischen<br />
T-Zelle wurde dabei in einem Transkriptum<br />
alle 20 Minuten (high density, high frequency) über<br />
CONFERENCES<br />
31
ZUSAMMENHÄNGE<br />
CONFERENCES<br />
sechs Stunden dokumentiert. In einer Zeitreihenanalyse<br />
wurden dann korrelierende Gene bestimmt<br />
und untersucht, welche am weitesten hinauf- oder<br />
herunterreguliert waren. Zusätzlich wurden korrespondierende<br />
Ergebnisse aus der Literatur untersucht.<br />
Es entstand ein Ranking von 20 priorisierten<br />
Genen, die Hälfte waren T-Regulatoren.<br />
Das Gen DJ1 und die<br />
Pyruvatdehydrogenase<br />
Eines der identifizierten Gene ist DJ1, auch als<br />
PARK7 bezeichnet. Von allen bekannten familiären<br />
Parkinson-Genen wird dieses in humanen T-regulatorischen<br />
Zellen am höchsten exprimiert.<br />
In einem langwierigen Prozess von zwei Jahren<br />
wurde die Biochemie des DJ1 analysiert. An welche<br />
Proteine bindet es (Protein-Protein-Interaktion)?<br />
Die überraschende Antwort: Der Binder mit der<br />
höchsten Affinität war PDH, die Pyruvatdehydrogenase.<br />
„Die PDH ist das Schalt-Enzym zwischen<br />
der Glykolyse und dem TCA-Zyklus (Citratzyklus<br />
oder Krebs-Zyklus), und da wird’s spannend“, so<br />
Balling. PDH ist der Schlüssel, um das in der Glykolyse<br />
entstehende Pyruvat aus dem Zellplasma in die<br />
Mitochondrien zu befördern, wo dann die Energiegewinnung<br />
im TCA-Zyklus abläuft. „Wenn etwas im<br />
Pyruvatstoffwechsel und damit im TCA-Zyklus passiert<br />
– Vorsicht, hier ist pathogenetisches Potential!“<br />
So haben etwa Kinder mit PDH-Mutationen<br />
eine Neurodegeneration, verbunden mit einer Lactatazidose.<br />
PDH sowie weitere Enzyme sowohl in der Glykolyse<br />
als auch im TCA-Zyklus benötigen einen<br />
Kofaktor, nämlich Thiamin – Vitamin B1. Dazu<br />
gehört unter anderem die branched-chain amino<br />
acid dehydrogenase. Der relativ schnelle Anstieg<br />
verzweigtkettiger Aminosäuren als frühes Warnzeichen<br />
bei <strong>Diabetes</strong> geht vermutlich auf dieses<br />
Enzym zurück.<br />
PDH und die mitochondriale<br />
Membran<br />
Die mitochondriale Membran ist doppellagig,<br />
das bedeutet, dass der Transport von Substanzen<br />
zwei Membranen überwinden muss. Der Transport<br />
durch die äußere Membran funktioniert mittels<br />
eines VDAC (voltage dependent anion channel),<br />
für die innere Membran ist der MPC (mitochondrial<br />
pyruvate carrier) notwendig. Es gibt inzwischen<br />
eine Reihe von Hinweisen, so Balling, dass Neurodegeneration<br />
die Folge eines gestörten Transports<br />
in beiden Membrananteilen ist. Hier könnte sich<br />
ein Ansatz bieten, bei einzelnen Patienten (oder<br />
vielleicht sogar in der Gesamtbevölkerung) den<br />
Pyruvatmetabolismus mit den beteiligten Enzymen<br />
genau zu untersuchen und auch nach kompensatorischen<br />
Mechanismen zu schauen. „Das ist dann die<br />
nächste Front: Wer ist denn resistent gegenüber<br />
bestimmten genetischen oder durch die Umwelt<br />
getriggerten Erkrankungen?“<br />
Eine aktuelle Arbeit [6] hat den Flux verschiedener<br />
Komponenten im Gehirnstoffwechsel von<br />
Parkinson-Patienten gemessen. Es zeigte sich<br />
erstens ein vermehrter Flux vom Pyruvat hin zum<br />
Lactat, was die Lactatazidose erklären dürfte und<br />
zweitens eine Aktivierung des GABA-Shunts: Bei<br />
verminderter Aktivität der AKG (Alpha-Ketoglutaratdehydrogenase)<br />
entwickelt sich ein „Umweg“<br />
über Glutamat und GABA zum Succinat, das dann<br />
wieder in den TCA-Zyklus zurückgeführt wird.<br />
„Wenn sowohl die PDH als auch die AKG nicht<br />
optimal funktionieren, dann müssen im Citratzyklus<br />
alle Wege mobilisiert werden, um doch noch<br />
Substrat für die Energiegewinnung über ATP zu<br />
generieren.“ Diesen Prozess nennt man Anaplerosis<br />
(Auffüllen).<br />
Eines der beteiligten Enzyme im GABA-Shunt,<br />
die Glutamat-Decarboxylase (GAD) ist übrigens<br />
bei der Autoimmunreaktion des Typ-1-<strong>Diabetes</strong><br />
32
ZUSAMMENHÄNGE<br />
ein Ziel der Antikörper. „Wir sollten uns mal bei<br />
verschiedenen Erkrankungen den GABA-Shunt<br />
anschauen“, meinte Balling.<br />
Ist Parkinson der <strong>Diabetes</strong> des<br />
Gehirns?<br />
Eine der wichtigsten Funktionen des Insulins<br />
ist die Aktivierung der Glukosetransporter in der<br />
Zellmembran, damit diese an die Oberfläche kommen<br />
und die Glukose in die Zelle aufgenommen<br />
werden kann. Beim <strong>Diabetes</strong> ist Insulin entweder<br />
nicht vorhanden oder nicht effizient, die Glukose<br />
bleibt „ante portas“, es entsteht ein Energiemangel<br />
in der Zelle bei gleichzeitig hohen Blutzuckerspiegeln.<br />
Bei Parkinson, zumindest wenn DJ1 erhöht ist,<br />
könnte analog „Pyruvat ante portas“ bleiben, in<br />
diesem Fall vor den Mitochondrien. Die Glykolyse<br />
könnte noch ablaufen, bis zum Laktat, und durch<br />
Anaplerosis in den Mitochondrien der TCA-Zyklus<br />
stabilisiert werden. Aber je nach weiteren Umständen<br />
wie Genetik, Ernährung oder inflammatorischen<br />
Prozessen würde zu viel Glukose aus<br />
dem TCA-Zyklus „abgesaugt“ werden; ein Energiemangel<br />
der Zelle wäre die Folge.<br />
Und Neurotransmission benötigt viel Energie,<br />
zumindest bei Parkinson-Patienten. „Das ist ein<br />
richtiger Stromfresser“, veranschaulicht Balling.<br />
Wir wissen im Moment nicht genau, inwiefern<br />
Neurotransmitter auch als Energiesubstrat wirken<br />
und umgekehrt bei genügend Energie, wie<br />
viel davon in neuronale Prozesse umgesetzt werden<br />
kann. „Meine Intuition sagt mir: Unter einer<br />
bestimmten Menge an Energieversorgung geht es<br />
nicht, dann kann das Membranpotenzial der Mitochondrien<br />
nicht mehr erhalten werden.“ Wahrscheinlich<br />
sind die Neurotransmissionsprozesse<br />
das Erste, was zurückgefahren wird, wenn wirklich<br />
im TCA-Zyklus eine energetische Krise herrscht –<br />
etwa durch genetische Faktoren, Toxine oder Entzündungsprozesse.<br />
„Die Frage, die wir uns stellen müssen: Führt<br />
Energiemangel in den Zellen – genetisch oder aus<br />
anderen Gründen – zu einer Verschiebung von<br />
Neurotransmitter-Konzentrationen? Und lässt sich<br />
darüber vielleicht erklären, warum einige Zivilisationserkrankungen<br />
wie Insulinresistenz und <strong>Diabetes</strong>,<br />
aber auch neuropsychiatrische Erkrankungen,<br />
Depression und andere, so eng miteinander gekoppelt<br />
erscheinen? Es könnte sich um Komorbiditäten<br />
auf Basis der primären Erkrankung handeln“, fasste<br />
Balling zusammen. „Ich denke, wir müssen uns in<br />
den nächsten Jahren den zentralen Energiestoffwechsel,<br />
also den Pyruvatstoffwechsel, nochmal<br />
genauer anschauen.“<br />
Bericht: Dr. med. Friederike Günther<br />
Quelle: Vortrag von Prof. Rudi Balling „Ist Parkinson der <strong>Diabetes</strong><br />
des Gehirns“ auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft<br />
für Neurologie <strong>2019</strong>.<br />
Referenzen<br />
1. Schernhammer E et al. <strong>Diabetes</strong> and the Risk of Developing<br />
Parkinson’s Disease in Denmark; Diab Care Vol. 34, May<br />
2011, 1102 ff<br />
2. Bauer R et al. Glitazone Treatment and Incidence of<br />
Parkinson’s Disease among People with <strong>Diabetes</strong>: A<br />
Retrospective Cohort Study. PLoS Med 2015; 12 (7):<br />
e1001854, published online 21.7.2015. doi: 10.1371/journal.pmed.1001854<br />
3. Kim DS et al. A New Treatment Strategy for Parkinson‘s<br />
Disease through the Gut-Brain Axis: The Glucagon-Like<br />
Peptide-1 Receptor Pathway. Cell Transplant 2017 (9):<br />
1560-1571. doi: 10.1177/0963689717721234<br />
4. Ter Horst K et al. Striatal dopamine regulates systemic<br />
Glukose metabolism in humans and mice. Science Translational<br />
Medicine, 23.5.2018; 10: Issue 442, eaar3752.<br />
DOI:10.1126/scitranslmed.aar3752<br />
5. Stouffer M et al. Insulin enhances striatal dopamine<br />
release by activating cholinergic interneurons and thereby<br />
signals reward. Nat Commun 2015; 6: 8543. doi: 10.1038/<br />
ncomms9543<br />
6. Supandi F, van Beek JHGM. Computational prediction<br />
of changes in brain metabolic fluxes during Parkinson’s<br />
disease from mRNA expression. PLoS ONE 2018; 13(9):<br />
e0203687. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0203687<br />
CONFERENCES<br />
33
EINE ZEITREISE<br />
Zehn Jahre humane GLP-1-Rezeptor-<br />
Agonisten – was bringt die Zukunft?<br />
Symposiumsbericht<br />
© iStockphoto / olm26250<br />
Nach der Erstbeschreibung des GLP-1 (Glucagon-like peptide 1) im Jahr 1979 konnte eine erste Studie<br />
zeigen, dass eine Infusion von GLP-1 im Vergleich zu Placebo den Blutzucker wirksam senken kann. Die<br />
subkutane Injektion der nativen Substanz jedoch erwies sich als weniger wirksam. GLP-1 wird durch das<br />
Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4) innerhalb weniger Minuten abgebaut. Erst die Entwicklung länger<br />
wirksamer Agonisten ermöglichte den Einsatz in der Behandlung des <strong>Diabetes</strong>.<br />
EDUCATION<br />
GLP-1-Rezeptor-Agonisten: wie es<br />
anfing<br />
Professor Michael A. Nauck aus Bochum erläuterte<br />
die Entwicklung der Substanzklasse – sie<br />
begann mit einem Zufall: Auf einem Biologenkongress<br />
wurde ein Polypeptid aus dem Speichel der<br />
Gila-Krustenechse („Gila-Monster“) vorgestellt,<br />
und einem Zuhörer fiel die strukturelle Ähnlichkeit<br />
des Peptids (Exendin-4) mit dem menschlichen<br />
GLP-1 auf. Biotechnologisch hergestellt wurde die<br />
Substanz unter dem Namen Exenatide im Jahr<br />
2005 als erster Vertreter der neuen Substanzklasse<br />
der Inkretinmimetika zur <strong>Diabetes</strong>therapie zugelassen.<br />
Inzwischen existieren mehrere Vertreter dieser<br />
Substanzklasse mit unterschiedlicher Wirkdauer<br />
und unterschiedlicher Wirkstärke. Liraglutid etwa<br />
ist zu 97 % homolog mit dem humanen GLP-1 und<br />
ist deutlich wirksamer als das ursprüngliche Exenatide.<br />
Ein wichtiger Meilenstein wurde im Jahr 2016<br />
erreicht: Die LEADER-Studie [1] konnte nachweisen,<br />
dass Liraglutid nicht nur wirksam den Blutzucker<br />
und das HbA1c senken kann, sondern dass auch die<br />
kardiovaskulären Outcomes positiv beeinflusst werden.<br />
Schwere kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte,<br />
Schlaganfälle und kardiovaskuläre Todesfälle,<br />
als Endpunkt in Studien meist zusammengefasst<br />
unter dem Schlagwort MACE (major adverse cardiovascular<br />
events) traten unter Liraglutid um 13 %<br />
seltener auf als unter Placebo (beides wurde jeweils<br />
zusätzlich zur <strong>Diabetes</strong>-Standardtherapie gegeben).<br />
Aktueller Stellenwert von Liraglutid<br />
Professor Stephan Jacob vom Kardio-Metabolischen<br />
Institut in Villingen-Schwenningen beleuchtete<br />
den aktuellen Stellenwert von Liraglutid in der<br />
Behandlung des Typ-2-<strong>Diabetes</strong>. Der Consensus<br />
Report der American <strong>Diabetes</strong> Association (ADA)<br />
und der European Association for the Study of Dia-<br />
34
EINE ZEITREISE<br />
betes (EASD) von 2018 sieht vor, dass sich die Wahl<br />
eines zusätzlichen Antidiabetikums nach dem Versagen<br />
von Lebensstilinterventionen und Metformin<br />
an der kardiovaskulären Situation des Patienten orientiert.<br />
Zur Senkung des kardiovaskulären Risikos<br />
liegen allerdings bisher nur für GLP-1-Rezeptor-<br />
Agonisten und SGLT-2-Inhibitoren Studien vor. Für<br />
die GLP-1-Rezeptor-Agonisten gibt es inzwischen<br />
auch Vergleichsstudien zu Insulin, die zugunsten<br />
der GLP-1-Rezeptor-Agonisten ausgegangen sind.<br />
Diese Substanzen senken nicht nur den Blutzucker<br />
beziehungsweise den HbA1c-Wert, sie senken<br />
auch das Körpergewicht und den Blutdruck (dies ist<br />
unabhängig vom Gewicht). Außerdem verbessern<br />
sie den postprandialen Lipidstoffwechsel.<br />
Verbesserte Lebensqualität<br />
Im Vergleich zu Insulin berichten die Patienten<br />
über eine verbesserte Lebensqualität. Eine<br />
entscheidende Rolle kommt hier den fehlenden<br />
Hypoglykämien zu. Wer Insulin spritzt, muss mit<br />
Hypoglykämien rechnen und regelmäßig den Blutzucker<br />
messen. Dies ist unter der Therapie mit GLP-<br />
1-Rezeptor-Agonisten nicht notwendig. Außerdem<br />
bewirkt die Insulinbehandlung eine Gewichtszunahme,<br />
die Behandlung mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten<br />
aber eine Gewichtsabnahme. Tatsächlich<br />
ist Liraglutid unter einem zweiten Handelsnamen<br />
bei gleicher Dosierung und gleichem Preis zur<br />
Unterstützung der Gewichtsabnahme bei adipösen<br />
Patienten zugelassen. Auch bei nicht diabetischen<br />
Patienten sind keine Hypoglykämien zu befürchten.<br />
Allerdings gibt es gerade in Bezug auf die appetithemmende<br />
Wirkung eindeutige Responder und<br />
Non-Responder.<br />
Im Januar <strong>2019</strong> wurde Liraglutid für Patienten<br />
mit kardiovaskulären Risikofaktoren auch ins<br />
Disease Management-Programm (DMP) für <strong>Diabetes</strong><br />
Typ 2 aufgenommen.<br />
Da die GLP-1-Rezeptor-Agonisten und die<br />
SGLT‐2-Inhibitoren an unterschiedlichen metabolischen<br />
Zielen ansetzen und additiv wirken, ist bei<br />
Bedarf auch eine Kombination beider Wirkprinzipien<br />
möglich, erläuterte Professor Jacob.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Professor Sebastian M. Schmid von der Universität<br />
Lübeck gab dann noch einem Ausblick auf<br />
die Zukunft. Eines der derzeitigen Forschungsgebiete<br />
ist eine andere Applikationsform. Da die<br />
GLP-1-Rezeptor-Agonisten Peptide sind, werden<br />
sie gespritzt. In der Entwicklung ist derzeit eine<br />
implantierbare Mini-Pumpe, die subkutan eingesetzt<br />
wird und das Produkt abgibt. Auch eine<br />
orale Anwendung wird erprobt. Mit Permeations-<br />
Enhancern soll das Peptid aufgenommen werden,<br />
noch bevor es im Darm enzymatisch aufgespalten<br />
und verdaut wird.<br />
Eine Kombination von GLP-1-Rezeptor-Agonisten<br />
mit den Peptiden PYY (Peptid YY) und Oxyntomodulin<br />
in der sogenannten „postbariatrischen“ Dosierung,<br />
wie sie auch nach bariatrischen Eingriffen angewandt<br />
wird, wurde zur Gewichtsabnahme untersucht<br />
und erwies sich als ebenso wirksam wie eine Magen-<br />
Bypass-Operation. Das bedeutet: Die Medikamentenkombination<br />
könnte einen solchen bariatrischen<br />
Eingriff womöglich überflüssig machen – zumindest<br />
bei den Respondern, so Schmid.<br />
Berichterstattung: Dr. med. Friederike Günther<br />
Quelle: Symposium „Eine Zeitreise: 10 Jahre humane GLP-1-Rezeptor-Agonisten,<br />
was bringt die Zukunft?“ am 29.05.<strong>2019</strong> in<br />
Berlin anlässlich des Deutschen <strong>Diabetes</strong>kongresses (Veranstalter:<br />
NOVO-NORDISK)<br />
Referenz<br />
1. Steven P.Marso et al.: Liraglutide and Cardiovascular Outcomes<br />
in Type 2 <strong>Diabetes</strong>, N Engl J Med 2016; 375:311-322<br />
EDUCATION<br />
35
TIPPS VOM ANWALT<br />
Rechtliche Rahmenbedingungen<br />
für die Patientenkommunikation<br />
Andreas Staufer, München<br />
!<br />
© iStockphoto/Vaniatos<br />
Zuweilen lassen sich medizinjuristische Streitigkeiten auf eine mangelhafte Kommunikation des Arztes<br />
zurückführen. Ärzte hätten die ein oder andere negative Bewertung und sogar den ein oder anderen Prozess<br />
durch ein einfaches Gespräch mit dem Patienten oder eine sorgsam vorbereitete Information vermeiden<br />
können – ohne Anwälte, ohne Richter, ohne ein öffentliches Verfahren und möglicherweise auch ohne<br />
negative Bewertungen.<br />
CONFERENCES<br />
Was aber hat Kommunikation mit Haftungsfällen,<br />
Risikomanagement und Google-Bewertungen<br />
zu tun? Viel.<br />
Das Wesen der Kommunikation<br />
Kommunikation hat ihren Ursprung zunächst im<br />
lateinischen Wort communicatio. Es steht übersetzt<br />
für „Mitteilung“ und bedeutet den Austausch<br />
oder die Übertragung von Information. Ein Patient,<br />
der das Gespräch mit dem Arzt sucht, will mit ihm<br />
kommunizieren. Er wünscht entweder, dem Arzt<br />
Informationen mitzuteilen oder begehrt selbst<br />
Information: über seinen Gesundheitszustand und<br />
mögliche Therapien.<br />
Leider weicht der Erwartungshorizont der<br />
Patienten an Gesprächsführung und -dauer mitunter<br />
von dem ab, was der Arzt bieten kann und<br />
will. Ein Grund hierfür ist der im Gesundheitssystem<br />
aus Kostengründen forcierte Weggang von<br />
36
TIPPS VOM ANWALT<br />
der sprechenden Medizin hin zur Apparatemedizin,<br />
teilweise aber auch eine fehlende Organisation<br />
oder Sensibilität in der Praxis. So registriert der<br />
Arzt den Gesprächswunsch, priorisiert und arbeitet<br />
zügig ab. Die hierbei dem Patienten übermittelten<br />
Informationen sind mitunter dürftig und auf das<br />
Wesentliche reduziert. Darunter kann jedoch nicht<br />
nur das Verständnis des Patienten leiden, sondern<br />
darüber hinaus auch seine Compliance und seine<br />
Zufriedenheit.<br />
Aus Sicht des Patienten erscheint der Arztkontakt<br />
mangelhaft, wenn er die erwarteten Informationen<br />
nicht in der von ihm erwarteten Zeit oder<br />
Form erhält. Das volle Wartezimmer scheint ihm<br />
dabei alles andere zu sein als der eigentliche Grund<br />
für die fehlende Zeit des Arztes.<br />
Erwidert der Arzt das Begehren des Patienten<br />
nicht, dann sucht dieser vielleicht die Kommunikation<br />
mit Dritten. Das können Freunde oder<br />
Verwandte sein, aber auch ein Anwalt, Polizei,<br />
Staatsanwaltschaft, Ärztekammer, Krankenkasse,<br />
die Presse oder das Internet. Die Wahl aus den<br />
verschiedenen Möglichkeiten hat sodann auch<br />
Auswirkungen auf den weiteren Verlauf einer möglichen<br />
Eskalation.<br />
Beispiel: Ein 95-jähriger Angehöriger wendet<br />
sich an die behandelnden Ärzte seiner verstorbenen<br />
Ehefrau. Er will wissen, woran sie während einer<br />
geplanten Operation gestorben ist. Die Klinikärzte<br />
verweigern sich gänzlich dem im Krankenhaus<br />
wartenden Mann. Schließlich verweisen sie auf<br />
anstehende Notfälle und die vermeintlich entgegenstehende<br />
ärztliche Schweigepflicht. Der Mann<br />
wendet sich ratlos an die Polizei. Diese beginnt<br />
zwar zu ermitteln, verweist ihn allerdings für sein<br />
Auskunftsbegehren an einen Fachanwalt für Medizinrecht.<br />
Diesem vertraut er schließlich im ersten<br />
interessierten Gespräch an: „Wissen’s, ich möchte<br />
doch nur wissen, ob meine Frau ohne Schmerzen<br />
ihren Frieden gefunden hat.“<br />
Die erhofften Informationen sind also aus unterschiedlichen<br />
Gründen wichtig für einen Fragesteller.<br />
Wenn sie gänzlich unbeantwortet bleiben, dann<br />
sind die Folgen regelmäßig ein – eigentlich vermeidbarer<br />
– Frust und unberechenbare Reaktionen.<br />
Einige Enttäuschte posten ihre Auffassung hierzu<br />
schließlich in den sozialen Medien oder auf Bewertungsplattformen<br />
bei Google, Jameda und Co.<br />
Abläufe optimieren<br />
Dr. jur. Andreas Staufer<br />
info@fasp.de<br />
Die Analyse gut bewerteter Praxen zeigt meist<br />
eine in der Kommunikation und im Ablauf optimierte<br />
Patientenorganisation. So werden die<br />
Patienten zum Beispiel vor dem ersten Termin mit<br />
allgemeinen Informationen zum Praxisablauf und<br />
gezielten Fragebögen zum jeweiligen Leistungsangebot<br />
versorgt. Typische Fragen werden oft schon<br />
im Vorfeld auf der Praxishomepage oder durch<br />
Flyer beantwortet. Und im Wartezimmer warten die<br />
Patienten nicht nur, sondern bereiten sich auch auf<br />
den Termin vor. Mitarbeiter erledigen delegierbare<br />
Voruntersuchungen nach Checkliste und online<br />
CONFERENCES<br />
37
TIPPS VOM ANWALT<br />
Gut bewertete Praxen<br />
kümmern sich meist um<br />
eine optimierte Patientenorganisation<br />
- in<br />
Kommunikation und<br />
Abläufen.<br />
ebenso meiden wie Hinweise auf private Sprechstunden.<br />
Andere Medien in der Praxis informieren<br />
Patienten viel subtiler und weniger aufdringlich<br />
über Angebote.<br />
Das Berufsrecht bringt es kurz, aber würzig auf<br />
den Punkt: Ärzte haben ihren Patienten gebührende<br />
Aufmerksamkeit entgegenzubringen und mit<br />
deren Kritik sowie mit Meinungsverschiedenheiten<br />
sachlich und korrekt umzugehen.<br />
Fernkommunikation<br />
Ärzte beraten und behandeln ihre Patienten im<br />
persönlichen Kontakt. Sie dürfen Kommunikationsmedien<br />
unterstützend einsetzen. Doch auch<br />
eine ausschließliche Beratung oder Behandlung<br />
über Kommunikationsmedien kann im Einzelfall<br />
erlaubt sein, wenn dies ärztlich vertretbar ist und<br />
die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt bleibt.<br />
Der Patient ist dann besonders aufzuklären. Aber<br />
Achtung: Die Fernbehandlung und -beratung ist in<br />
den einzelnen Bundesländern noch unterschiedlich<br />
geregelt.<br />
CONFERENCES<br />
einsehbare Terminkalender reduzieren die Zahl der<br />
Anrufe. Der Arzt findet ausreichend Zeit für das<br />
Patientengespräch und informiert im Nachgang<br />
automatisiert zur Nachsorge. Der Patient erfährt<br />
außerdem, dass man für Kritik persönlich da sei,<br />
sich aber auch über positive Bewertungen im Internet<br />
freue.<br />
Negativ bewertete Praxen investieren dagegen<br />
selten in das Optimieren der Praxisabläufe und<br />
erschöpfen sich oft in der juristischen Bekämpfung<br />
negativer Bewertungen auf Onlineportalen. Tatsächlich<br />
können Ärzte sich rechtlich gegen unerlaubte<br />
Bewertungen, gegen Beleidigungen und<br />
falsche Tatsachenbehauptungen wehren – meist<br />
lassen sich bereits mit Notice- and Take-Down-<br />
Hinweisen erste Ergebnisse erzielen. Man sollte<br />
sich allerdings nicht nur um die Entfernung der<br />
Onlinebewertungen bemühen: Sie geben darüber<br />
hinaus auch Hinweise zur Bekämpfung möglicher<br />
Ursachen.<br />
Ein häufiger Grund von Beanstandungen auf<br />
Bewertungsportalen sind beispielsweise die mit<br />
Patienten geführten und von beiden Seiten als<br />
ärgerlich empfundenen „Verkaufsgespräche“ über<br />
individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Ärzte<br />
sind keine Verkäufer; sie sollten das Anbiedern<br />
Pflicht zur Information<br />
Informationspflichten sind in zahlreichen Vorschriften<br />
niedergelegt. Die Pflichten beginnen<br />
bereits mit der nach der Berufsordnung auf dem<br />
Praxisschild bereitzustellenden Information. Das<br />
Telemediengesetz, die Verordnung über Informationspflichten<br />
für Dienstleistungserbringer, der<br />
Rundfunkstaatsvertrag (bei Bloggern), ebenso wie<br />
die Datenschutzgrundverordnung – kurz DSGVO<br />
– mit ihren zusätzlichen Informations- und Auskunftspflichten<br />
enthalten weitere Pflichtangaben.<br />
Und diese Aufzählung ist bei weitem nicht abschließend.<br />
Selbst die wesentlichen Anforderungen an<br />
das Aufklärungsgespräch sind gesetzlich in § 630e<br />
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) normiert.<br />
38
TIPPS VOM ANWALT<br />
Praxisinhaber müssen sich schon aus berufs- und<br />
haftungsrechtlichen, aber auch aus wettbewerbsrechtlichen<br />
Gründen mit ihren Informationspflichten<br />
vertraut machen und diese sorgfältig erstellen,<br />
um kostenpflichtige Beanstandungen zu vermeiden.<br />
Beispiel: Dr. A und Dr. B betreiben eine Praxisgemeinschaft.<br />
Dr. C ist bei beiden in Halbzeit angestellt.<br />
Auf Praxisschild, Briefkopf und Homepage<br />
firmieren Sie gemeinsam als Praxis Musterstadt,<br />
Dr. A, B und C. Doch die unüberlegte Aufnahme<br />
weiterer Ärzte stellt eine erhebliche Haftungsfalle<br />
dar, erwecken sie doch damit den Anschein einer<br />
Personengesellschaft. Der Schein genügt, um im<br />
Regressfall gegenüber dem Patienten für die Fehler<br />
der vermeintlichen Mitgesellschafter zu haften.<br />
Das Gesetz stellt auch an Art und Inhalt der<br />
Informationsweitergabe besondere Anforderungen.<br />
Werbung – und damit die Information über<br />
die angebotene Leistung – ist bekanntermaßen<br />
zulässig, aber Berufsrecht, das Heilmittelwerberecht<br />
und das allgemeine Wettbewerbsrecht<br />
schränken die Gestaltung ein. Beschränkungen<br />
ergeben sich bereits beim Fortführen der Namen<br />
ausgeschiedener Kollegen. Selbst Empfehlungen<br />
und Verweisungen an Kollegen sollen nicht ohne<br />
hinreichenden Grund ausgesprochen werden.<br />
Werbung für gewerbliche Zwecke oder Werbung<br />
in unlauterer Weise ist ebenso wie die Kommerzialisierung<br />
des ärztlichen Berufs durch berufswidrige,<br />
vor allem eine anpreisende, irreführende oder<br />
vergleichende Werbung zu meiden.<br />
Rechtfertigung oder mit Einwilligung des Patienten<br />
an Dritte weitergeben.<br />
Damit vertrauliche Informationen nicht versehentlich<br />
in die Hände Dritter geraten, sind<br />
technische und organisatorische Maßnahmen einzuhalten.<br />
Die Kommunikation mit den Patienten<br />
Ärzte sollten sich mit ihren<br />
Informationspflichten<br />
vertraut machen.<br />
oder Kollegen mittels unverschlüsselter E-Mails<br />
oder per WhatsApp ist insoweit doch recht bedenklich.<br />
Dies gilt auch, wenn Ärzte externe Dienstleister<br />
einbinden. Vertraglich sind Zuständigkeiten,<br />
Inhalte und Sorgfaltspflichten klar zu regeln.<br />
Fazit<br />
Kommunikation und die richtige Dosis an Informationen<br />
sind wichtig für den Praxiserfolg. Technische<br />
Hilfen können Ärzte hierbei (nur) unterstützen,<br />
wenn sie durchdacht eingesetzt werden. Bei der<br />
Umsetzung sollten sie rechtliche Vorgaben berücksichtigen<br />
und nicht blind auf die Angebote der Hersteller<br />
vertrauen.<br />
Kommunikation mit Dritten<br />
Bei der Kommunikation mit Dritten sind die Ärztliche<br />
Schweigepflicht und auch der Datenschutz<br />
zwingend zu beachten. So dürfen Ärzte Informationen<br />
über einen Patienten im Wesentlichen nur<br />
aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen<br />
Dr. jur. Andreas Staufer<br />
Fachanwalt für Medizinrecht<br />
Fachanwalt für Informationstechnologierecht<br />
Nussbaumstraße 12, 80336 München<br />
Kontaktdaten auf www.staufer.de<br />
CONFERENCES<br />
39
DIABETESTHERAPIE ZU HAUSE<br />
Risikofaktor Patient<br />
Symposiumsbericht<br />
©Shutterstock / Proxima Studio<br />
Eine chronische Krankheit wie <strong>Diabetes</strong> erfordert eine besonders enge Zusammenarbeit im Arzt-Patienten-<br />
Verhältnis. Der Therapieerfolg hängt davon ab, wie gut die Patienten die Krankheit in ihr Leben integrieren<br />
und Behandlungsempfehlungen umsetzen, ohne sich komplett vom <strong>Diabetes</strong> beherrschen zu lassen. Gefragt<br />
sind seitens der Patienten eine Akzeptanz der Krankheit – die nach heutigem Wissensstand immer noch<br />
unheilbar ist und sie ihr Leben lang begleiten wird – und genügend Interesse, um physiologische Abläufe<br />
zu verstehen. Behandelnde Ärzte müssen sich Zeit nehmen, um therapeutische Empfehlungen immer wieder<br />
zu überprüfen und anzupassen.<br />
EDUCATION<br />
Privatdozent Dr. Matthias Frank, Chefarzt im Diakonie<br />
Klinikum Neunkirchen, sprach über das Thema<br />
„Was will der Patient?“. Eigentlich ganz einfach: Der<br />
Patient will so viel Normalität wie möglich und im<br />
optimalen Fall leben wie Menschen ohne <strong>Diabetes</strong>.<br />
Aber genau das ist leider nicht möglich, denn bisher<br />
kennt die Medizin kein Mittel, um eine gesunde<br />
Funktion der Bauchspeicheldrüse wiederherzustellen.<br />
Für die Patienten kommt es also darauf an, sich<br />
mit ihrer Krankheit zu arrangieren, sie in ihr Leben<br />
zu integrieren und so viel wie möglich darüber zu<br />
wissen. Schulungen sind für Diabetiker zwar vorgesehen,<br />
aber nicht alle erhalten tatsächlich eine.<br />
Man muss sich natürlich auch fragen, ob eine einzige<br />
Schulung nach der Diagnose wirklich ausreicht.<br />
Aufgabe der Ärzte ist es, die Patienten zu entlasten<br />
und nicht zusätzlich zu belasten. Gefragt sind<br />
keine Vorwürfe (z. B. bei mangelhafter Therapietreue),<br />
sondern Lösungsvorschläge. Gelingt es, den<br />
Patienten zum Behandlungspartner zu machen, der<br />
die Verantwortung nicht vollkommen auf den Arzt<br />
abschiebt, dann bessert sich auch die Chance auf<br />
Therapietreue. Ein Onlineportal wie TheraKey® <strong>Diabetes</strong><br />
bietet ihm die Möglichkeit, wissenschaftlich<br />
abgesicherte und immer aktuelle Informationen<br />
rund um das Thema <strong>Diabetes</strong> zu erhalten.<br />
Erfahrungen aus der Praxis<br />
Dr. Andreas Lueg, niedergelassener Diabetologe<br />
aus Hameln, berichtete über seine Erfahrungen aus<br />
der Praxis. Wie lässt sich die Therapietreue verbessern?<br />
Durch Kommunikation, so die wichtigste<br />
Botschaft. Dazu gehören auch gezielte Fragen. Leider<br />
sind viele Patienten nicht gut informiert. So<br />
antworten manche auf die Arztfrage „Haben Sie<br />
hohen Blutdruck?“ mit „Nein“ – obwohl sie zum<br />
Beispiel drei Antihypertensiva nehmen, die ihren<br />
Blutdruck normalisieren. Aus dem Blickwinkel der<br />
Patienten bedeutet das: Ihr Blutdruck ist jetzt normal,<br />
also haben sie keinen Hochdruck (mehr).<br />
Gesprächsbedarf<br />
Das Vertrauensverhältnis Arzt/Patient wird<br />
gestärkt, wenn die Patienten sich gut informiert<br />
fühlen. Luegs Beispiel ist ein Arzneimittel mit<br />
Durchfall als häufiger Nebenwirkung. Wenn der<br />
40
DIABETESTHERAPIE ZU HAUSE<br />
Arzt das gleich bei der Verordnung erwähnt, wird<br />
der Patient beim Auftreten solcher Durchfälle nicht<br />
überrascht sein und die Behandlung fortführen.<br />
Bei einer lebenslangen Erkrankung wie <strong>Diabetes</strong>,<br />
so Lueg, können sich Verordnungen immer wieder<br />
ändern. Denn zum einen kommen neue Arzneimittel<br />
auf den Markt und neue Erkenntnisse zu älteren Arzneimitteln<br />
erweitern oder verändern die Indikationen.<br />
Zum anderen wird der Patient älter und/oder Komorbiditäten<br />
machen neue Therapiekonzepte notwendig.<br />
Bei solchen Therapieänderungen aber sind wieder<br />
Fragen nötig. So berichtete Lueg von einem Patienten,<br />
der nach Verordnung eines SGLT2-Hemmers<br />
eine schwere Pilzdermatitis im Genitalbereich entwickelte.<br />
Das ist zwar eine bekannte Nebenwirkung,<br />
die sich aus der Glukosurie erklärt. Aber in diesem<br />
besonderen Fall hatte der Patient nicht erwähnt,<br />
dass er unter einer Harninkontinenz litt und ständig<br />
Vorlagen tragen musste. Unter diesen Umständen<br />
hätte man das Medikament nicht verordnet. „Seitdem<br />
frage ich bei allen Patienten ganz gezielt nach,<br />
ob sie eine Harninkontinenz haben“, meinte Lueg.<br />
Bessere Adhärenz durch<br />
Fixkombinationen<br />
Die Medikamentenadhärenz kann gesteigert<br />
werden, wenn man die Zahl der einzunehmenden<br />
Medikamente verringert. Dabei sind fixe Kombinationen<br />
hilfreich. Am Anfang der <strong>Diabetes</strong>therapie<br />
stehen meist Lebensstilanpassung und frühzeitig<br />
Metformin. Aber oft warten Ärzte zu lange mit der<br />
Gabe eines zusätzlichen Medikaments, wenn diese<br />
Behandlung den HbA1c-Zielwert nicht erreicht. Bei<br />
der Wahl des zusätzlichen Arzneimittels gibt es<br />
verschiedene Optionen, die je nach den individuellen<br />
Patientenbedürfnissen ausgewählt werden. Im<br />
Falle von Sitagliptin besteht hier die Option, statt<br />
des Metformins plus Sitagliptin eine fixe Kombination<br />
aus Sitagliptin plus Metformin zu verordnen.<br />
Der Patient nimmt dann keine zusätzlichen Tabletten,<br />
sondern nur andere.<br />
Insulintherapie: Bessere Verfügbarkeit<br />
durch doppelte Konzentration<br />
Dr. Winfried Keuthage, Diabetologe aus Münster,<br />
erläuterte am Beispiel von hochkonzentriertem<br />
Mahlzeiteninsulin den Einfluss der optimierten<br />
Applikationsform auf die Medikamentenwirkung.<br />
In einer offenen, randomisierten Vergleichsstudie<br />
im Crossover-Design wurde Insulin lispro 100 E/ml<br />
direkt verglichen mit Insulin lispro 200 E/ml. Beide<br />
Insuline wurden mit dem passenden Pen subkutan<br />
injiziert. Unter der Therapie mit dem höher konzentrierten<br />
Präparat verbesserte sich der HbA1c-Wert<br />
signifikant und die Patienten erlebten weniger<br />
Hypoglykämien. Es stellte sich heraus, dass die<br />
erleichterte Injektion durch den besonders leichtgängigen<br />
Pen und das kleinere Injektionsvolumen<br />
den Unterschied machten. Viele Patienten berichteten,<br />
sie hätten es mit diesem System erstmals<br />
geschafft, tatsächlich die volle Dosis zu injizieren.<br />
Dies traf besonders auf ältere Menschen zu, die<br />
wenig Kraft in den Händen hatten.<br />
Die Injektion eines kleineren Volumens hat noch<br />
weitere Vorteile: Da sich Insulin unter der Haut flächig<br />
ausbreitet, bedeutet eine kleinere Injektionsmenge<br />
auch weniger Überlappung der Injektionsbereiche.<br />
Die Rotation der Einstichstellen fällt so leichter, und<br />
es entwickeln sich weniger Lipohypertrophien. Nicht<br />
zuletzt reicht eine Pen-Füllung doppelt so lange; das<br />
bedeutet weniger Zuzahlung für die Patienten. Die<br />
Umstellung auf das hochkonzentrierte Insulin fällt<br />
leicht: Die Patienten stellen am Pen die Insulineinheiten<br />
ein und nicht das Volumen.<br />
Berichterstattung: Dr. med. Friederike Günther<br />
Quelle: Symposium „<strong>Diabetes</strong>therapie Zuhause – Risikofaktor<br />
Patient“ am 30.05.<strong>2019</strong> in Berlin anlässlich des Deutschen <strong>Diabetes</strong>kongresses<br />
(Veranstalter: BERLIN-CHEMIE AG)<br />
EDUCATION<br />
41
DIABETES KONGRESS 2020<br />
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KARDIOSCHUTZ<br />
SGLT2-Inhibitoren bei Typ-2-<strong>Diabetes</strong>:<br />
Mehr als nur Blutzuckersenkung<br />
Symposiumsbericht<br />
© Shutterstock/Airin.dizain – crystal light – Yeti studio<br />
Das glukozentrische Weltbild in der Behandlung des Typ-2-<strong>Diabetes</strong> hat heute ausgedient: Gefragt ist ein<br />
multifaktorieller Behandlungsansatz. Dies wurde bereits in die Leitlinien aufgenommen. Aber wie können die<br />
Studienergebnisse und Leitlinien im Praxisalltag umgesetzt werden? Antworten darauf gab ein Symposium<br />
von Boehringer Ingelheim & Eli Lilly im Rahmen des EASD.<br />
Prof. Kausik Ray, Kardiologe aus London, erläuterte<br />
die Studienlage. Seit rund zehn Jahren muss für<br />
neu zugelassene <strong>Diabetes</strong>medikamente nicht nur<br />
die zuverlässige Blutzuckersenkung gezeigt werden,<br />
sondern auch kardiovaskuläre Unbedenklichkeit.<br />
Gleichzeitig wird oft geprüft, ob das getestete<br />
Präparat im Hinblick auf kardiovaskuläre Komplikationen<br />
sogar günstig wirkt. Studien stellen dafür<br />
meistens auf einen MACE-Endpunkt (major advers<br />
cardiac events) mit mehreren schweren kardialen<br />
Ereignissen ab. Klassisch ist der 3-Punkte-MACE,<br />
der den Tod durch kardiovaskuläre Ursachen, nicht<br />
tödliche Herzinfarkte und nicht tödliche Schlaganfälle<br />
beinhaltet.<br />
Kardiovaskulärer Nutzen bei<br />
verschiedenen Patientengruppen<br />
Für SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten<br />
konnte in Studien eine statistisch signifikante<br />
Senkung der MACE bei Typ-2-Patienten<br />
gezeigt werden, erklärte Ray. Dieser Effekt war<br />
EDUCATION<br />
43
KARDIOSCHUTZ<br />
besonders ausgeprägt, wenn die Patienten bereits<br />
eine etablierte kardiovaskuläre Erkrankung (CVD)<br />
hatten, jedoch weniger deutlich, wenn eine solche<br />
trotz Risikofaktoren noch nicht vorlag.<br />
Der Effekt der Medikation begann bereits nach<br />
wenigen Monaten deutlich zu werden und hielt<br />
über die Behandlungsdauer hinweg konsistent an.<br />
In der Studie EMPA-REG-Outcome etwa wurde<br />
mit Empagliflozin beim kardiovaskulären Tod eine<br />
relative Risikominderung (RRR) von 38 % erreicht<br />
– unabhängig von Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen<br />
der Patienten. „Dann können Sie<br />
auch davon ausgehen, dass es bei Ihrem nächsten<br />
Patienten entsprechend wirken wird.“, sagte Ray.<br />
Herzinsuffizienz: Weniger<br />
Hospitalisierungen<br />
Das Risiko einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz<br />
(HHF, hospitalization due to heart<br />
failure) konnte in allen drei großen Studien mit<br />
SGLT2-Inhibitoren gesenkt werden – in EMPA-<br />
REG -Outcome mit Empagliflozin, in DECLARE mit<br />
der Behandlung des <strong>Diabetes</strong> Typ 2; alle anderen<br />
Arzneimittel wurden nur als Zusatzmedikation<br />
empfohlen. Inzwischen werden bei Patienten mit<br />
bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren SGLT2-<br />
Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten als Erstlinientherapie<br />
empfohlen.<br />
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen:<br />
Besseres Outcome<br />
Prof. Per-Henrik Groop, Nephrologe aus Helsinki ,<br />
betonte die Wichtigkeit der neuen Studien für<br />
Patienten mit diabetischer Nephropathie. Die großen<br />
Studien mit den SGLT2-Inhibitoren zeigen<br />
eine Senkung des Risikos für renale Komplikationen<br />
wie einer Verdopplung des Serumkreatinins,<br />
Früh stadien der Nierenerkrankung, Nierenersatztherapie<br />
oder Tod durch Nierenerkrankung.<br />
Allerdings, so Groop, waren diese Studien auf<br />
kardiovaskuläre Endpunkte ausgelegt, und die<br />
Zahl der Patienten mit Nierenerkrankung war vergleichsweise<br />
klein.<br />
Inzwischen starteten weitere Studien speziell<br />
Real-Life-Studien bestätigen die positiven Effekte<br />
der SGLT2-Inhibitoren.<br />
EDUCATION<br />
Dapagliflozin und in CANVAS mit Canagliflozin.<br />
Und zwar auch in der Untergruppe der Patienten<br />
mit bereits bekannter Herzinsuffizienz.<br />
Studien unter Alltagsbedingungen (Real-Life-<br />
Studien), bestätigen die positiven Effekte der<br />
SGLT2-Inhibitoren, so Ray. Schon jetzt wurden<br />
Leitlinien an die aktuellen Erkenntnisse angepasst.<br />
Noch 2018 war – nach Lebensstilinterventionen<br />
– Metformin das Medikament der ersten Wahl in<br />
mit Patienten, bei denen bereits eine bekannte<br />
diabetische Nierenerkrankung vorliegt. Die ersten<br />
Ergebnisse sind ermutigend. So konnte in der<br />
CREDENCE-Studie mit Canagliflozin das Risiko für<br />
den kombinierten kardiorenalen Endpunkt nach<br />
drei Jahren Behandlung um 30 % gesenkt werden.<br />
Weitere große Studien mit SGLT2-Inhibitoren in<br />
dieser wichtigen Patientenpopulation sind derzeit<br />
im Gange, wobei hier auch zwischen Patienten mit<br />
44
KARDIOSCHUTZ<br />
und ohne Proteinurie unterschieden wird. Ergebnisse<br />
werden in den nächsten zwei Jahren vorliegen.<br />
Anfängliche Bedenken, die SGLT2-Inhibitoren<br />
könnten die Nierenfunktion negativ beeinflussen,<br />
haben sich nicht bestätigt, berichtete Groop. Zwar<br />
sinkt die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate<br />
(eGFR) zu Beginn der Behandlung vorübergehend<br />
kurz ab, normalisiert sich jedoch schnell wieder.<br />
Welche Rolle spielen DPP4-<br />
Inhibitoren?<br />
Prof. Bernard Zinman aus Toronto erläuterte die<br />
Datenlage für die DPP4-Inhibitoren. Es liegen die<br />
Ergebnisse von zwei großen Studien mit Linagliptin<br />
vor. In die CARMELINA-Studie wurden Patienten<br />
mit lang bestehendem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> eingeschlossen<br />
(median seit über 14 Jahren). 57 % hatten<br />
bereits eine CVD, 27 % eine Herzinsuffizienz<br />
und 74 % eine Nierenerkrankung. Es handelte sich<br />
also um den Typ von Patienten, die im Praxisalltag<br />
häufig auftauchen.<br />
Im Vergleich zum Placebo zeigte sich keinerlei<br />
Unterschied in der kardiovaskulären Sicherheit –<br />
auch nicht in der Patientengruppe mit chronischen<br />
Nierenerkrankungen. Die Progression der Albuminurie<br />
war unter Linagliptin verlangsamt, was für<br />
einen nephroprotektiven Effekt spricht.<br />
Die CAROLINA-Studie untersuchte ein völlig<br />
anderes Patientenklientel, nämlich Patienten mit<br />
erst kurz bestehendem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> und deutlich<br />
weniger Begleiterkrankungen. Verglichen<br />
wurde Linagliptin hier nicht mit einem Placebo,<br />
sondern mit Glimepirid. Nach sieben Jahren zeigten<br />
sich keine Unterschiede in der kardiovaskulären<br />
Sicherheit, aber ein dramatischer Unterschied bei<br />
den Nebenwirkungen: Das Risiko für Hypoglykämien<br />
war unter Glimepirid fünfmal so hoch wie<br />
unter Linagliptin (HR 0,23 für Linagliptin).<br />
Wirkmechanismus der SGLT2-<br />
Inhibitoren<br />
SGLT2-Inhibitoren senken zwar den Blutzucker,<br />
aber das ist nicht die einzige Erklärung für die<br />
positiven Effekte auf Herz und Nieren, erläuterte<br />
Professor Groop.<br />
Der entscheidende Mechanismus ist die Erhöhung<br />
der Glukose- und Natriumausscheidung und<br />
damit auch der Ausscheidung von Wasser (osmotische<br />
Diurese) im proximalen Tubulus der Niere. Dies<br />
bedeutet eine Senkung der Plasmaglukose, einen<br />
Verlust an Kalorien und damit eine Senkung des<br />
Körpergewichts sowie eine Erhöhung der Ketonkörper.<br />
Die Natriurese verbessert das tubuloglomeruläre<br />
Feedback, senkt den glomerulären Druck<br />
und mindert den Sauerstoffverbrauch der Niere.<br />
Gleichzeitig wird der Natriumgehalt im Myokard<br />
verringert, was die Kontraktilität des Herzens verbessert<br />
und die Arrhythmieneigung reduziert. Die<br />
osmotische Diurese verbessert die hämodynamische<br />
Funktion weiter.<br />
SGLT2-Inhibitoren sind also aufgrund ihres<br />
Wirkmechanismus sowohl kardioprotektiv als auch<br />
nephroprotektiv; ihre Wirkung geht weit über die<br />
bloße Blutzuckersenkung hinaus, fasste Groop<br />
zusammen.<br />
Bericht: Dr. med. Friederike Günther<br />
Quelle: Symposium „Beyond Metformin in patient-centred<br />
treatment of diabetes: how to make guideline-directed decisions<br />
in everyday practice“ im Rahmen der Jahrestagung der<br />
EASD im September <strong>2019</strong> in Barcelona. Veranstalter: Boehringer<br />
Ingelheim & Eli Lilly and Company Alliance<br />
EDUCATION<br />
45
Ergebnisse der DAPA-HF-Studie<br />
Ein Anti diabetikum<br />
gegen Herz insuffizienz?<br />
Das orale Antidiabetikum Dapagliflozin kann<br />
Typ-2-Patienten auch in kardiovaskulärer Hinsicht<br />
helfen. Das ist bekannt. Aber auch Nichtdiabetiker<br />
können davon offenbar profitieren.<br />
Dafür sprechen die Ergebnisse der DAPA-HF-<br />
Studie, die auf der Jahrestagung der European<br />
Association for the Study of <strong>Diabetes</strong> (EASD) in<br />
Barcelona vorgestellt wurden.<br />
CONFERENCES News<br />
Zur jährlichen Tagung der European Association<br />
for the Study of <strong>Diabetes</strong> (EASD) trafen<br />
sich Europas Diabetologen in diesem Jahr<br />
in Barcelona. Aus der Vielzahl interessanter<br />
Themen haben wir für Sie acht Studien ausgewählt<br />
und zusammengefasst, darunter drei<br />
große Arzneimittelstudien: VERIFY, CAROLINA<br />
und DAPA-HF.<br />
Die DAPA-HF-Studie greift einen Trend der letzten<br />
Jahre auf: Den Einsatz der SGLT2-Hemmer<br />
außerhalb der reinen <strong>Diabetes</strong>therapie. Untersucht<br />
wurde der Einsatz von Dapagliflozin zur<br />
Behandlung der Herzinsuffizienz bei Patienten<br />
mit und ohne <strong>Diabetes</strong>.<br />
CAROLINA verglich die Behandlung mit Linagliptin<br />
und Glimepirid bei Typ-2-Patienten mit<br />
hohem kardiovaskulärem Risiko.<br />
In der VERIFY-Studie wurde das Standard-Therapeutikum<br />
Metformin entweder mit Vildagliptin<br />
oder mit Placebo kombiniert, und zwar von<br />
Beginn der Therapie an.<br />
In weiteren fünf Beiträgen berichten wir über<br />
Untersuchungen und Studien, die auf dem<br />
EASD vorgestellt wurden, in denen zum Beispiel<br />
Zusammenhänge zwischen der Berufsgruppenzugehörigkeit<br />
und dem Risiko an <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />
zu erkranken aufgezeigt wurden, und auch eine<br />
nicht-invasive Untersuchung vorgestellt wurde,<br />
mit der Prädiabetes und <strong>Diabetes</strong> Typ 2 vorhergesagt<br />
werden können.<br />
Die placebokontrollierte, randomisierte, internationale<br />
Studie umfasst 4.744 Patienten, die unter<br />
einer Herzinsuffizienz (NYHA-Stadien II–IV) litten.<br />
Ihre Ejektionsfrequenz betrug maximal 40 %.<br />
Geprüft wurden Wirksamkeit und Sicherheit der<br />
Einnahme von einmal täglich 10 mg des SGLT2-<br />
Hemmers Dapagliflozin im Vergleich zum Placebo.<br />
Die Gabe erfolgte als Add-on zur Standardtherapie<br />
gegen Herzinsuffizienz. Teilnehmer mit Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
(in jedem Studienarm 41,8 %) setzten außerdem<br />
ihre antidiabetische Therapie fort.<br />
Primärer Endpunkt war eine Verschlechterung<br />
der Herzinsuffizienz (die z. B. zur Hospitalisierung<br />
führte) oder kardiovaskulärer Tod.<br />
Das Ergebnis: Innerhalb einer medianen Dauer<br />
von 18,2 Monaten erreichten 21,2 % der Placebo-<br />
Teilnehmer diesen kombinierten Endpunkt. Mit<br />
Dapagliflozin dagegen fiel das Risiko mit 16,3 %<br />
erheblich niedriger aus – ein signifikanter Vorteil<br />
(p
EASD <strong>2019</strong><br />
Die VERIFY-Studie<br />
Von Anfang an<br />
kombinieren bringt mehr<br />
Als initiale medikamentöse Behandlung erhalten<br />
Patienten mit frühem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> meist eine<br />
Monotherapie mit Metformin. Jetzt ergab der Vergleich<br />
mit einer Kombination aus Vildagliptin plus<br />
Metformin: Der Start mit der Kombinationstherapie<br />
brachte vielen Patienten bessere Ergebnisse.<br />
In der Studie VERIFY wurden 2001 Patienten mit<br />
frühem Typ-2-<strong>Diabetes</strong> mit Metformin behandelt<br />
(zweimal täglich bis zu 1.000 mg), entweder kombiniert<br />
mit dem DPP-4-Hemmer Vildagliptin (zweimal<br />
täglich 50 mg) oder mit einem Placebo. Die Diagnose<br />
der Teilnehmer war höchstens zwei Jahre her und<br />
ihre HbA1c-Werte lagen zwischen 6,5 % und 7,5 %.<br />
Die Behandlungsphase erstreckte sich über fünf<br />
Jahre. VERIFY liefert also Langzeitdaten. Als primärer<br />
Wirksamkeitsendpunkt wurde die Zeit bis<br />
zum ersten Therapieversagen ermittelt. Ein solches<br />
Versagen lag vor, wenn ein Patient zweimal<br />
im Abstand von 13 Wochen einen HbA1c-Wert von<br />
7 % oder höher aufwies.<br />
In der Studie geschah dies in der kombiniert<br />
behandelten Teilnehmergruppe mit einer Rate von<br />
43,6 % erheblich seltener als im Metformin-Monotherapie-Arm<br />
(62,1 %). So betrug die mediane Dauer<br />
bis zum Therapieversagen unter Monotherapie nur<br />
36,1 Monate. Für den Kombinationstherapie-Arm<br />
dagegen konnte der Wert nur als außerhalb der<br />
Studiendauer liegend geschätzt werden – auf 61,9<br />
Monate. Und: Für Patienten mit früher Kombitherapie<br />
blieb das Risiko für zu hohe HbA1c-Werte auch<br />
im Vergleich zu den Patienten geringer, die von der<br />
Mono- zur Kombinationstherapie wechselten.<br />
Quellen:<br />
1. Pressekonferenz der EASD am 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen der<br />
Jahrestagung der EASD in Barcelona<br />
2. Matthews DR, Paldánius PM, Proot P et al. Glycaemic durability<br />
of an early combination therapy with vildagliptin<br />
and metformin versus sequential metformin monotherapy<br />
in newly diagnosed type 2 diabetes (VERIFY): a 5-year,<br />
multicentre, randomised, double-blind trial. Lancet <strong>2019</strong>,<br />
September 18, doi.org/10.1016/S0140-6736(19)32131-2<br />
© Shutterstock/Chantal de Bruijne<br />
CONFERENCES News<br />
47
EASD <strong>2019</strong><br />
CONFERENCES News<br />
Kardiovaskuläre Sicherheitsstudie<br />
CAROLINA: Linagliptin<br />
gegen Glimepirid<br />
Beim Europäischen <strong>Diabetes</strong>kongress in Barcelona<br />
wurden Ergebnisse der CAROLINA-Studie<br />
bekanntgegeben. Sie erfasste bei Typ-2-Diabetikern<br />
mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko die<br />
Wirkung von Linagliptin auf die kardiovaskuläre<br />
Morbidität und Mortalität im Vergleich zu der<br />
des Sulfonylharnstoffs Glimepirid.<br />
Die kardiovaskuläre Sicherheit von Linagliptin<br />
war in der Studie CARMELINA bereits versus Placebo<br />
gezeigt worden. CAROLINA liefert jetzt mit der<br />
Gegenüberstellung von Linagliptin und Glimepirid<br />
den direkten Vergleich mit einem Konkurrenzwirkstoff.<br />
Die Studie kann zudem möglicherweise etwas<br />
Licht in die Einschätzung des wiederholt diskutierten<br />
kardiovaskulären Risikos unter Sulfonylharnstoffen<br />
bringen. Dafür ergänzten in 43 Ländern<br />
3.023 Typ-2-Patienten ihre <strong>Diabetes</strong>therapie mit<br />
dem Gliptin (täglich 5 mg) und 3.010 Probanden<br />
mit dem Sulfonylharnstoff (täglich bis zu 4 mg).<br />
Die Auswertung erfolgte nach einem medianen<br />
Follow-up von 6,3 Jahren – und ergab für das Auftreten<br />
kardiovaskulärer Ereignisse keinen signifikanten<br />
Unterschied zwischen beiden Wirkstoffen.<br />
Anders sah es für das Unterzuckerungsrisiko aus:<br />
Im Linagliptin-Arm fiel die Hypoglykämie-Inzidenz<br />
mit 10,6 % erheblich niedriger aus als unter dem<br />
Sulfonylharnstoff (37,7 %). Dieses Ergebnis wurde<br />
erreicht, obwohl der HbA1c-Wert beider Gruppen<br />
sich nicht unterschied; der Vorteil ist signifikant.<br />
Mit einer durchschnittlichen Differenz von -1,5 kg<br />
erzielte der Linagliptin-Arm darüber hinaus auch<br />
beim Gewicht signifikant bessere Ergebnisse.<br />
Quelle: Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />
der Jahrestagung der EASD in Barcelona<br />
Vitamin D<br />
Vitamin-D3-Mangel ist<br />
assoziiert mit erhöhter<br />
Mortalität<br />
Ein Mangel an Vitamin D3 (hier
EASD <strong>2019</strong><br />
Risiko für <strong>Diabetes</strong> Typ 2<br />
Bestimmte Berufsgruppen<br />
sind besonders<br />
gefährdet<br />
Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen haben<br />
Fabrikarbeiter, Berufskraftfahrer und Reinigungskräfte<br />
ein bis zu dreimal höheres Risiko,<br />
einen <strong>Diabetes</strong> Typ 2 zu entwickeln. Dies ergab<br />
eine aktuelle Studie aus Stockholm.<br />
Dr. Sofia Carlsson und Kollegen vom Karolinka-<br />
Institut in Stockholm untersuchten das Risiko für<br />
einen <strong>Diabetes</strong> Typ 2 im Zusammenhang mit 30<br />
häufigen Berufen.<br />
Basierend auf der Gesamtheit der arbeitenden<br />
Bevölkerung in Schweden (Studienpopulation,<br />
4.550.892 Personen) lag die Prävalenz des <strong>Diabetes</strong><br />
Typ 2 bei 4,2% (5,2% bei Männern; 3,2%<br />
bei Frauen). Je nach Berufsgruppe fanden sich<br />
jedoch erhebliche Unterschiede: Bei den Männern<br />
waren 7,8 % der Fabrikarbeiter und 8,8 % der<br />
Berufskraftfahrer Diabetiker, jedoch nur 2,5 % der<br />
Computerfachleute. Bei den Frauen hatten Fabrikarbeiterinnen<br />
(6,4 %), Küchenhilfen (5,5 %) und<br />
Reinigungskräfte (5,1 %) ein überdurchschnittlich<br />
hohes Risiko, während spezialisierte Managerinnen<br />
mit 1,2 % ein sehr niedriges Risiko für <strong>Diabetes</strong><br />
Typ 2 aufwiesen.<br />
Die Autoren meinen: „Die Assoziation zwischen<br />
Beruf und <strong>Diabetes</strong> Typ 2 hat mit den großen Unterschieden<br />
im Lebensstil zu tun. Personen in Berufen<br />
mit hohem Risiko sind häufiger übergewichtig, sie<br />
rauchen mehr und sind körperlich weniger fit als<br />
Menschen in Berufen mit niedrigem Risiko, und dies<br />
trägt aller Wahrscheinlichkeit nach zu der hohen<br />
Prävalenz und Inzidenz des Typ-2-<strong>Diabetes</strong> bei“.<br />
Quellen:<br />
1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />
der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />
2. Carlsson, S., Andersson, T., Talbäck, M. et al. Diabetologia<br />
(<strong>2019</strong>). https://doi.org/10.1007/s00125-019-04997-5<br />
Enzyme und Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
Niedrige ACE-Aktivität<br />
senkt das Risiko für<br />
Typ-2-<strong>Diabetes</strong><br />
Die Behandlung mit ACE-Hemmern senkt nicht<br />
nur einen erhöhten Blutdruck, sie senkt auch statistisch<br />
gesehen das Risiko, an einem <strong>Diabetes</strong><br />
Typ 2 (T2D) zu erkranken. Dies ist seit langem<br />
bekannt. Aber ist es tatsächlich das ACE selbst,<br />
das hier die entscheidende Rolle spielt? Studien<br />
aus Kanada legen dies nun nahe.<br />
Professor Marie Pigeyre und Kollegen aus Hamilton,<br />
Ontario, untersuchten zunächst die Assoziation<br />
zwischen der ACE-Serumkonzentration und<br />
dem T2D-Risiko in der ORIGIN-Studie (n=8.197).<br />
Niedrigere ACE-Konzentrationen waren mit einem<br />
erniedrigtem T2D-Risiko assoziiert (OR 0,89). In der<br />
DIAbetes Genetics Replication And Meta-analysis<br />
consortium-Studie (n=26.676 Fälle, 132.532 Kontrollen)<br />
wurde dann das T2D-Risiko bei Menschen<br />
mit einem genetisch bedingt erniedrigten Spiegel<br />
an ACE untersucht; die Ergebnisse bestätigten das<br />
verminderte Risiko.<br />
Die Meta-Analyse von sechs randomisierten,<br />
kontrollierten Studien mit ACE-Hemmern ergab<br />
sogar eine Risikoverminderung um 24 % für die<br />
Entwicklung eines T2D unter ACE-Hemmer im Vergleich<br />
zu Placebo.<br />
Die Autoren empfehlen die Einbeziehung des<br />
geschätzten Risikos für einen T2D, wenn ein<br />
Patient auf blutdrucksenkende Medikamente eingestellt<br />
werden muss. Bei erhöhtem Risiko sollte<br />
ein ACE-Hemmer erwogen werden.<br />
Quellen:<br />
1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />
der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />
2. M. Pigeyre et al.: Angiotensin-converting enzyme and<br />
type 2 diabetes risk: a Mendelian randomisation study,<br />
Abstract 213, EASD Conference Barcelona<br />
CONFERENCES News<br />
49
EASD <strong>2019</strong><br />
CONFERENCES News<br />
Neues nicht-invasives Verfahren<br />
Neuer Marker zur<br />
Vorhersage von<br />
Prädiabetes<br />
Eine neuartige Methode zur Identifikation von<br />
AGEs (Advanced Glycation Endproducts) in der<br />
Augenlinse könnte eine frühe Diagnose des Typ-<br />
2-<strong>Diabetes</strong> ermöglichen und sogar schon im<br />
Stadium des Prädiabetes die gestörte Glucosetoleranz<br />
erkennen.<br />
In einer Pilotstudie mit insgesamt 60 Teilnehmern<br />
untersuchte Dr. Mitra Tavakoli von der Universität<br />
Exeter das Ausmaß der Autofluoreszenz in<br />
der Augenlinse. Diese ist abhängig von der Menge<br />
der dort abgelagerten AGE. Ein neu entwickeltes<br />
Biomikroskop fokussiert einen blauen Lichtstrahl<br />
auf die Augenlinse und misst die Autofluoreszenz<br />
im reflektierten grünen Licht.<br />
An der Studie nahmen 20 Patienten mit Typ-<br />
2-<strong>Diabetes</strong>, 20 Personen mit Prädiabetes und 20<br />
gesunde Kontrollpersonen teil. Die Autofluoreszenz<br />
war nicht nur bei den <strong>Diabetes</strong>patienten,<br />
sondern bereits bei den Personen mit Prädiabetes<br />
signifikant erhöht und korrelierte mit den Blutzuckerspiegeln.<br />
Wenn sich die Ergebnisse der Pilotstudie in weiteren<br />
Studien bestätigen, stünde hier eine neue,<br />
nicht-invasive Methode zur Verfügung, um eine<br />
gestörte Glucosetoleranz zu diagnostizieren.<br />
Quellen:<br />
1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />
der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />
2. M. Tavakoli: Non-invasive measurements of Advanced<br />
Glycation Endproducts (AGEs) in the crystalline lens of<br />
the eye can distinguish subjects with prediabetes and<br />
type 2 diabetes, Poster-Präsentation anlässlich Rahmen<br />
der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />
Gewichtung von Risikofaktoren<br />
<strong>Adipositas</strong> wichtigste<br />
Säule bei Primärprävention<br />
Die Prävalenz des <strong>Diabetes</strong> Typ 2 nimmt weltweit<br />
zu: Im Jahr 2017 wurde die Zahl der Patienten<br />
weltweit auf 425 Millionen geschätzt, bis 2045<br />
soll die Zahl auf über 600 Millionen ansteigen.<br />
Zur Primärprävention wird empfohlen, ein normales<br />
Körpergewicht zu halten und einen aktiven<br />
(„gesunden“) Lebensstil zu pflegen. Allerdings<br />
besteht auch eine starke genetische Komponente,<br />
die den Einfluss des Lebensstils beeinflussen könnte.<br />
Dr. Hermina Jakupovic und Kollegen aus Kopenhagen<br />
untersuchten den Einfluss verschiedener<br />
Risikofaktoren auf das T2D-Risiko in einer Kohorte<br />
von 9.556 Personen aus der Kohorte der „Danish<br />
prospective Diet, Cancer and Health”-Studie. Es<br />
handelte sich bereits um eine Risikogruppe, denn<br />
im Laufe der Beobachtungszeit von durchschnittlich<br />
14,7 Jahren entwickelten 49,5 % einen <strong>Diabetes</strong><br />
Typ 2.<br />
Der Lebensstil hatte einen eher geringen Einfluss<br />
– das Risiko der „ungesund lebenden“ Personen lag<br />
um 20 % höher als das der „gesund lebenden“. Personen<br />
mit hohem genetischem Risiko hatten ein<br />
doppelt so hohes Risiko wie Personen mit niedrigem<br />
genetischem Risiko. Das Körpergewicht<br />
jedoch erhöhte das Risiko für einen T2D erheblich:<br />
Ein BMI >30 kg/m 2 erhöhte das Risiko um Faktor<br />
5,8 im Vergleich zum Normalgewicht.<br />
Die Autoren schließen aus ihren Daten, dass die<br />
Verhinderung bzw. Behandlung des starken Übergewichts<br />
die wichtigste Säule zur Primärprävention<br />
von <strong>Diabetes</strong> Typ 2 darstellt.<br />
Quellen:<br />
1. Pressemitteilung der EASD vom 18.09.<strong>2019</strong> im Rahmen<br />
der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />
2. Jakupovic H et al.: Genetic predisposition contribute to the<br />
risk of incident type 2 diabetes – Danish population-based<br />
prospective cohort study, Poster-Präsentation anlässlich<br />
Rahmen der Jahrestagung der EASD in Barcelona <strong>2019</strong><br />
50
CHMP-EMPFEHLUNG<br />
Glucagon als Nasenspray zur Behandlung<br />
schwerer Hypoglykämien<br />
Hypoglykämien sind bei <strong>Diabetes</strong>patienten häufiger,<br />
als vielen Menschen bewusst ist. So erleiden<br />
innerhalb eines Zeitraums von vier Wochen<br />
zum Beispiel vier von fünf Typ-1-Patienten, aber<br />
auch fast zwei Fünftel der mit Insulin behandelten<br />
Typ-2-Patienten eine Unterzuckerung. Ein<br />
großer Teil dieser Ereignisse erfordert Fremdhilfe,<br />
ist also schwer: bei Typ-1-Patienten in jedem<br />
zehnten Fall und bei Typ-2-Patienten in jedem<br />
zwanzigsten.<br />
Unterzuckerungen sind also für viele <strong>Diabetes</strong>patienten<br />
immer noch eine schwer verdauliche<br />
Erfahrung: „Wer schon einmal eine schwere<br />
Hypoglykämie erlebt hat, möchte das nicht wieder<br />
durchmachen, denn es handelt sich um ein<br />
sehr belastendes Erlebnis“, berichtete Prof. Dr.<br />
med. Werner Kern, Diabetologe aus Ulm.<br />
Viele Betroffene plagt nach einem solchen Ereignis<br />
die Angst, es könnte sich wiederholen. Die Angst<br />
vor der nächsten Unterzuckerung ist aufgrund der<br />
gerade genannten Zahlen auch nicht unberechtigt.<br />
Zwar werden viele Hypoglykämien von den Betroffenen<br />
gar nicht bemerkt. Blutzuckerwerte unter<br />
60 mg/dl bemerkte zum Beispiel bei einer Beobachtung<br />
über drei Tage jeder zweite Patient mit<br />
Typ-2- und zwei Drittel der Typ-1-Patienten nicht.<br />
Das war nachts dreimal so oft der Fall wie tagsüber.<br />
Wichtig: Auch nächtliche, verschlafene Unterzuckerungen<br />
haben Folgen – sie können nicht nur<br />
den Schlaf der Patienten beeinträchtigen, sondern<br />
am nächsten Tag auch seine kognitiven Leistungen.<br />
Zudem steigt bei häufiger auftretenden Hypoglykämien<br />
das Risiko für die Entwicklung einer<br />
Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung. Schwere<br />
Unterzuckerungen können darüber hinaus langfristig<br />
das Risiko erhöhen, eine Demenz zu entwickeln.<br />
Eine gute Stoffwechseleinstellung aber lohnt<br />
sich offenbar: „Eine gute Blutzuckereinstellung<br />
schützt das Gehirn offenbar vor den Auswirkungen<br />
leichter und auch schwerer Unterzuckerungen“, so<br />
Kern. Der Gedanke dagegen, einfach höhere Werte<br />
in Kauf zu nehmen, um keine Hypoglykämie zu riskieren,<br />
bringt keine Lösung, wie Kern berichtete.<br />
„Befragungen haben gezeigt, dass schlecht eingestellte<br />
Patienten mit einem HbA1c von 9 % nicht<br />
weniger Hypoglykämien haben als die gut eingestellten.“<br />
Außer den Patienten leiden auch die Angehörigen<br />
– nach dem Miterleben einer schweren Hypoglykämie<br />
sind sie oft traumatisiert und achten ständig<br />
auf ihren Patienten, um bei Bedarf frühzeitig eingreifen<br />
zu können. Das könnte demnächst leichter<br />
werden: Der Ausschuss für Humanarzneimittel<br />
(Committee for Medicinal Products for Human Use,<br />
CHMP) hat der Europäischen Arzneimittelagentur<br />
am 18.10.<strong>2019</strong> die Zulassung von Glucagon als<br />
Nasenspray zur Behandlung schwerer Unterzuckerungen<br />
empfohlen.<br />
Glucagon erhöht den Blutzucker, indem es zum<br />
Beispiel die Glukoseausschüttung der Leber stimuliert.<br />
Das Präparat soll als nasales Pulver (3 mg)<br />
erhältlich sein. Erhofft wird eine Zulassung für<br />
Patienten ab einem Alter von vier Jahren. In den<br />
USA erfolgte die Zulassung durch die U.S. Food and<br />
Drug Adminstration (FDA) bereits im Juli <strong>2019</strong>.<br />
Quellen:<br />
1. Arznei-News.de vom 18.10.<strong>2019</strong> (zur Zulassungsempfehlung)<br />
2. Pressemitteilung „Hypoglykämien: Patienten vorbereiten,<br />
Folgen minimieren“, Juni <strong>2019</strong>, von Lilly DeutschlandGmbH<br />
3. https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/summaries-opinion/baqsimi<br />
INDUSTRY Regulatory Affairs<br />
51
Kardiorenale Achse<br />
1-2020<br />
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V<br />
ielleicht erinnern Sie sich: Der griechische Philosoph Aristoteles bezeichnete das „Gleichgewicht“,<br />
oder anders ausgedrückt das „richtige Maß“, als das Ideal des menschlichen Handelns. Extreme<br />
führen zu Unordnung und Leid, und zwar auch dann, wenn es sich um Extreme eigentlich lobenswerter<br />
Eigenschaften handelt. Großzügigkeit ist eine gute Eigenschaft, aber das Geld mit vollen Händen<br />
hinauszuwerfen nicht – Sparsamkeit ist gut, aber Geiz ist töricht und gefährlich.<br />
Diese auf Vernunft basierende Denkweise<br />
stammt aus der Ethik von Aristoteles, aber bis<br />
heute prägt sie die Art, wie wir die Welt um uns<br />
herum wahrnehmen und beurteilen, unsere eigene<br />
Gesundheit eingeschlossen. Wir sagen „die Natur<br />
ist aus dem Gleichgewicht geraten“, wenn wir<br />
über Umweltprobleme reden, und wenn wir uns<br />
über Ernährung Gedanken machen, geht es immer<br />
um Mäßigung. Und zur Beschreibung einiger<br />
grundlegender Abläufe der biochemischen Regulierung<br />
verwenden wir sogar noch heute das Wort,<br />
das Aristoteles vor über 2000 Jahren geprägt hat:<br />
Homöostase.<br />
Dieses Konzept trifft ganz besonders auf den <strong>Diabetes</strong><br />
zu, in Wissenschaft und Therapie. Ganz klar:<br />
Sowohl Hyperglykämie als auch Hypolykämie sind<br />
gefährliche Extreme. Immer neue Studien enthüllen<br />
die unglaubliche und gleichzeitig spannende<br />
Komplexität der unterschiedlichen Systeme, mit<br />
denen unser Organismus das Gleichgewicht des<br />
Blutzuckers aufrechterhält. Wir wissen inzwischen<br />
auch mehr über die Verbindungen zwischen diesen<br />
Systemen und weiteren in anderen, verwandten<br />
wissenschaftlichen Gebieten wie Immunologie,<br />
Onkologie und Gerontologie.<br />
Gerade in diesem Monat erst haben zum Beispiel<br />
Wissenschaftler in Science die Entdeckung<br />
des genauen Andockmechanismus publiziert, mit<br />
dem ein Proteinkinase-Komplex aktiviert wird, der<br />
essenzielle Aufgaben im Metabolismus der Zelle<br />
erfüllt. Die Funktion dieses Komplexes kann signifikante<br />
antidiabetische und prodiabetische Auswirkungen<br />
haben. Und doch: Diese Proteinkinase<br />
wurde ursprünglich nicht im Zusammenhang mit<br />
der <strong>Diabetes</strong>forschung identifiziert. Sie war Forschungsobjekt<br />
in der Krebsforschung, davor in der<br />
Transplantationsmedizin und noch davor in der<br />
Forschung mit Antibiotika. Ursprünglich wurde<br />
sie entdeckt, als man eine durch Menschen verursachte<br />
Umweltzerstörung untersuchte – in einem<br />
bestimmten Teil unserer Erde, wo die Natur „aus<br />
dem Gleichgewicht“ geraten war.<br />
Von welchem Gebiet ist hier die Rede?<br />
1. Das durch den Zweiten Weltkrieg zerrissene Europa?<br />
2. Eine isolierte Insel im Pazifik? oder<br />
3. Von Hungersnot betroffene Regionen in Afrika?<br />
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EDUCATION<br />
53
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WISSENSCHAFT GENIESSEN<br />
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VELMETIA ®<br />
Sitagliptin: Stark 1,2 & etabliert * , wenn Metformin allein nicht ausreicht. §<br />
1 Als Addon zu Metformin.<br />
2 Charbonnel B, Karasik A, Liu J et al for the Sitagliptin Study 020 Group: Efficacy and safety of the<br />
dipeptidyl peptidase4 inhibitor sitagliptin added to ongoing metformin therapy in patients with type<br />
2 diabetes inadequately controlled with metformin alone. <strong>Diabetes</strong> Care. 2006; 29:2638 – 2643<br />
* Lauer Taxe: Markteinführung von Xelevia® April 2008 und von Velmetia ® September 2008.<br />
§ Bei erwachsenen Patienten mit Typ2<strong>Diabetes</strong> mellitus zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle<br />
in Kombination mit Metformin zusätzlich zu Diät und Bewegung indiziert, wenn eine<br />
Monotherapie mit Metformin den Blutzucker nicht ausreichend senkt. Velmetia ® ist auch bei<br />
XELEVIA ® Filmtabletten 25 mg/50 mg/100 mg Wirkstoff: Sitagliptin. VELMETIA ® 50 mg/850 mg Filmtabletten VELMETIA ®<br />
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50 mg/1000 mg Filmtabletten: Jede Tbl. enth. Sitagliptinphosphat 1 H 2 O, entspr. 50 mg Sitagliptin, u. 850 mg bzw. 1000 mg Metforminhydrochlorid.<br />
Sonst. Bestandt.: XELEVIA ® : Tbl.-kern: Mikrokristalline Cellulose (E 460), Calciumhydrogenphosphat (E 341), Croscarmellose<br />
Natrium (E 468), Magnesiumstearat (Ph.Eur.) (E 470b), Natriumstearylfumarat (Ph.Eur.). Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350,<br />
Talkum (E 553b), Titandioxid (E 171), Eisen(III)hydroxidoxid x H 2 O (E 172), Eisen(III)oxid (E 172). VELMETIA ® 50 mg/850 mg Filmtabletten<br />
bzw. VELMETIA ® 50 mg/1000 mg Filmtabletten: Tbl.-kern: Mikrokristalline Cellulose (E 460), Povidon K29/32 (E 1201), Natriumdodecylsulfat,<br />
Natriumstearylfumarat. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Macrogol 3350, Talkum (E 553b), Titandioxid (E 171), Eisen(III)oxid (E 172), Eisen<br />
(II,III)oxid (E 172). Anw.: XELEVIA ® : B. erw. Pat. mit Typ2<strong>Diabetes</strong> mellitus zur Verbes. d. Blut zuckerkontr. indiziert: Als Monother. b.<br />
Pat., b. denen Diät u. Beweg. allein d. Blutzucker nicht ausreichend senken u. für d. Metformin aufgr. v. Gegenanz. od. Unverträglichk. nicht<br />
geeignet ist. Als orale 2-Fachther. in Komb. mit: Metformin, wenn Diät u. Beweg. plus e. Monother. mit Metformin d. Blutzucker nicht<br />
ausreichend senken; e. Sulfonylharnstoff, wenn Diät u. Beweg. plus e. Monother. mit e. Sulfonylharnstoff in d. höchsten vertragenen Dosis<br />
d. Blutzucker nicht ausreichend senken u. wenn Metformin aufgr. v. Gegenanz. od. Unverträglichk. nicht geeignet ist; e. PPARγ-Agonisten<br />
(d. h. e. Thiazolidindion), wenn d. Anw. e. PPARγAgonisten angebracht ist u. Diät u. Beweg. plus Monother. mit e. PPARγAgonisten d. Blutzucker<br />
nicht ausreichend senken. Als orale 3-Fachther. in Komb. mit: e. Sulfonylharnstoff u. Metformin, wenn Diät u. Bewegung plus e.<br />
2Fachther. mit diesen Arzneim. d. Blutzucker nicht ausreichend senken; e. PPARγ-Agonisten u. Metformin, wenn d. Anw. e. PPARγAgonisten<br />
angebracht ist u. Diät u. Beweg. plus e. 2Fachther. mit diesen Arzneim. d. Blutzucker nicht ausreichend senken. Zusätzl. zu Insulin (mit/<br />
ohne Metformin), wenn Diät u. Beweg. sowie e. stabile Insulindos. d. Blutzucker nicht ausreichend senken. VELMETIA ® : Für erw. Pat. mit<br />
Typ2<strong>Diabetes</strong> mellitus zusätzl. zu Diät u. Beweg. in folg. Fällen indiziert: Zur Verbes. d. Blutzuckerkontr. b. Pat., b. denen e. Monother. mit<br />
Metformin in d. höchsten vertragenen Dosis d. Blutzucker nicht ausreichend senkt od. d. bereits mit d. Komb. v. Sitagliptin u. Metformin<br />
behandelt werden; in Komb. mit e. Sulfonylharnstoff (z. B. als 3Fachther.) od. e. PPARγAgonisten (d. h. e. Thiazolidindion) b. Pat., b. denen<br />
eine Komb. aus jeweils höchster vertragener Dosis Metformin u. e. Sulfonylharnstoffs bzw. PPARγAgonisten nicht ausreicht, d. Blutzucker<br />
zu senken; in Komb. mit Insulin (d. h. als 3Fachther.) b. Pat., b. denen e. stabile Insulindosis u. Metformin allein d. Blutzucker nicht ausreichend<br />
senken. Gegenanz.: Überempf.keit gg. den/die Wirkstoff(e) od. e. d. sonst. Bestandt. Zusätzlich für VELMETIA ® : Jede Art v. akut.<br />
metabol. Azidose (z. B. Laktatazidose, diabet. Ketoazidose); diabet. Präkoma; schwere Niereninsuff. (GFR < 30 ml/min); akute Erkrank.,<br />
welche d. Nierenfunkt. beeinträchtig. können (wie Dehydratation, schwere Infekt., Schock, intravask. Gabe v. jodhalt. Kontrastmitteln);<br />
akute od. chron. Erkrank., d. e. Gewebehypoxie verursachen können (wie Herz od. Lungeninsuff., kürzl. erlittener Myokardinfarkt, Schock);<br />
Patienten, die bereits mit der Kombination von Sitagliptin und Metformin behandelt werden, indiziert.<br />
Wenn Sitagliptin als Addon zu Metformin gegeben wurde, war die Inzidenz von Hypoglykämien<br />
ähnlich der unter Placebo. Patienten mit einer Kombination Sulfonylharnstoff plus Xelevia ® oder<br />
Velmetia ® bzw. Patienten mit einer Kombination Xelevia ® oder Velmetia ® plus Insulin können ein<br />
erhöhtes Risiko für Hypoglykämien haben, eine Reduktion der Sulfonylharnstoff bzw. InsulinDosierung<br />
kann nötig sein. Fachinformation Xelevia ® , Stand 08/2018; Fach information Velmetia ® , Stand<br />
06/2018. Vor der Verordnung von Xelevia ® oder Velmetia ® bitte die Fachinformation lesen.<br />
Leberfunkt.stör.; akute Alkoholvergiftung, Alkoholismus. Stillzeit. Vors. bei: Kdrn. u. Jugendl. < 18 J. Pankreatitis in d. Vorgeschichte.<br />
Gleichz. Anw. von Sulfonylharnstoff od. Insulin. Nicht anw.: Typ1Diabetiker, Schwangersch. Zusätzlich b. XELEVIA ® : Pat. mit schwerer<br />
Leberfunkt.stör., Pat. mit Nierenfunkt.stör.(GFR < 45 ml/min), Pat. mit einer Nierenerkr. im Endstadium (GFR < 15 ml/min), einschl. derer<br />
d. Hämo od. Peritonealdialyse benötigen. Nicht anw.: diabet. Ketoazidose, Stillzeit. Zusätzlich b. VELMETIA ® : Älteren Pat. Pat. mit Risikofakt.<br />
f. Laktatazidose (wie Verschlecht. der Nierenfunkt., überm. Alkoholkonsum, Leberfunkt.stör., schlecht eingest. <strong>Diabetes</strong>, Ketose, langes<br />
Fasten, m. Hypoxie assoziierte Erkrank., Komb. m. Arzneim., die Laktatazidose verursachen können). Komb. m. Arzneim., die die Nierenfunkt.<br />
akut beeinträchtigen können. Operationen. Nebenw.: XELEVIA ® : Häufig: Hypoglykämie. Kopfschm. Gelegentl.: Schwindel. Obstipation.<br />
Pruritus. Selten: Thrombozytopenie. Häufigkeit nicht bekannt: Überempf.reakt. einschl. anaphylaktischer Reakt. Interstit. Lungenkrankh.<br />
Erbr.; akute Pankreatitis; let./nicht let. hämorrhag. u. nekrotisierende Pankreatitis. Angioödem; Hautausschlag; Urtikaria; kut. Vaskulitis;<br />
exfoliat. Hauterkr. einschl. SJS; bullöses Pemphigoid. Arthralgie; Myalgie; Rückenschm.; Arthropathie. Nierenfunkt.stör.; akutes Nierenversagen.<br />
Zusätzl. ungeachtet e. Kausalzusammenh.: Infekt. d. oberen Atemwege; Nasopharyngitis. Osteoarthrose. Schm. in d. Gliedmaßen.<br />
Zusätzl. häufiger in Studien mit Kombinationsther.: Hypoglykämien (sehr häufig mit Sulfonylharnstoffen u. Metformin); Influenza (häufig<br />
mit Insulin [mit od. ohne Metformin]); Übelk. u. Erbr. (häufig mit Metformin); Flatulenz (häufig mit Metformin od. Pioglitazon); Obstipation<br />
(häufig mit Sulfonylharnstoffen u. Metformin); periph. Ödeme (häufig mit Pioglitazon oder d. Komb. v. Pioglitazon u. Metformin); Somnolenz<br />
u. Diarrhö (gelegentl. mit Metformin), Mundtrockenh. (gelegentl. mit Insulin [mit od. ohne Metformin]). VELMETIA ® : Häufig: Hypoglykämie.<br />
Übelk.; Flatulenz; Erbr. Gelegentl.: Somnolenz. Diarrhö; Obstipation; Schm. im Oberbauch. Pruritus. Selten: Thrombozytopenie. Häufigkeit<br />
nicht bekannt: Überempf.keitsreakt. einschl. anaphylaktischer Reakt. Interstitielle Lungenkrankheit. Akute Pankreatitis; letale u. nicht letale<br />
hämorrhagische u. nekrotisierende Pankreatitis. Angioödem; Hautausschlag; Urtikaria; kutane Vaskulitis; exfoliative Hauterkrank. einschl. SJS;<br />
bullöses Pemphigoid. Arthralgie; Myalgie; Schm. in d. Extremitäten; Rückenschm.; Arthropathie. Nierenfunkt.stör.; akutes Nierenversagen.<br />
Zusätzl. in Studien in Komb. mit anderen Antidiabetika: Hypoglykämien (sehr häufig mit Sulfonylharnstoffen od. Insulin), Obstipation (häufig mit<br />
Sulfonylharnstoffen), periphere Ödeme (häufig mit Pioglitazon), Kopfschm. u. Mundtrockenh. (gelegentl. mit Insulin). Zusätzl. in klin. Studien<br />
mit Sitagliptin-Monother.: Kopfschm., Hypoglykämie, Obstipation, Schwindel; ungeachtet e. Kausalzusammenh.: Infekt. d. oberen Atemwege;<br />
Nasopharyngitis; Osteoarthrose, Schm. in d. Extremitäten. Zusätzl. in klin. Studien u. nach Markteinführung mit Metformin-Monother.: Sehr<br />
häufig: Gastrointest. Symptome (wie Übelk., Erbr., Diarrhö, Schm. im Oberbauch, Appetitverlust). Häufig: metallischer Geschmack. Sehr<br />
selten: Laktatazidose; Leberfunkt.stör.; Hepatitis; Urtikaria; Erythem; Pruritus. VitaminB 12 Mangel (z. B. megaloblastäre Anämie). Hinw.:<br />
Vor Behandl.beginn u. in regelm. Abständen GFR ermitteln. Verschreibungspflichtig. Stand: 08/2018 ( XELEVIA ® ), 06/2018 ( VELMETIA ® )<br />
Bitte lesen Sie vor Verordnung von XELEVIA ® bzw. VELMETIA ® die Fachinformation! Pharmazeutischer Unternehmer: Merck Sharp &<br />
Dohme B.V. Waarderweg 39 2031 BN Haarlem Niederlande Lokaler Ansprechpartner: BERLINCHEMIE AG, Glienicker Weg 125, 12489 Berlin