2019-12
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
THEMA //// 9
GESEHEN ...“
So war es auch bei Familie Klemp in Nordhorn. Frau Marie
Luise Klemp (MLK) berichtet:
MLK: Ich habe immer schon gerne genäht und gebastelt.
Vor vielen Jahren hat sich meine Tochter auf einem Basar in
Nordhorn einen Stern gekauft. Er gefiel mir und ich dachte,
ich könnte auch versuchen, einen Stern zu basteln. Mehr
als 10 Jahren habe ich das nun gemacht. Viele habe ich
verschenkt, andere verkauft.
REI: Wie viele Sterne haben Sie pro Jahr gebastelt?
MLK: Etwa 20 pro Jahr - mal mehr, mal weniger.
REI: Wie lange brauchen Sie für einen Stern?
MLK: Für einen kleinen Stern mit einem Durchmesser von
10 cm brauche ich ca. 3 Stunden. Es ist wegen der Größe
schwieriger, einen kleinen als einen größeren herzustellen.
REI: Wie viele Zacken hat ein Stern normalerweise?
MLK: Ich habe unterschiedliche Sterne gebastelt, mit 25
bzw. 26, 32 und 38 und 50 Zacken. Einmal habe ich einen
großen mit 70 cm Durchmesser und mit sieben Metern Kabel
für eine Kirche gebastelt. Er konnte dann aber doch
nicht in der Kirche aufgehängt werden, sondern durfte nur
den Gemeindesaal schmücken. Heute ist das aber anders.
Mein Mann hat zusätzlich Ständer gebaut, auf dem man
die Sterne lagern kann, ohne dass die empfindlichen Spitzen
geknickt werden.
REI: Und basteln Sie heute auch noch?
MLK: Ich bastle keine Sterne mehr. Das hat mehrere Gründe:
zum einen gesundheitliche und zeitliche, zum anderen
wurde der original Herrnhuter Stern patentiert. So
muss man heute im privaten Bereich auf andere Vorlagen
bzw. Schablonen zurückgreifen.
REI: Vielen Dank, dass Sie über Ihre „Sternerlei“ berichtet
haben, Frau Klemp.
Patentiert wurde der Stern 2012. Natürlich konnten die
kleinen Hausbetriebe auch schon früher der steigenden
Nachfrage nicht nachkommen. Die Herrnhuter Sterne
GmbH produziert heute mit ca. 140 Arbeitskräften ein Sortiment
von über 60 verschiedenen Sternen nebst Zubehör
für die Beleuchtung in einer Stückzahl von ca. 700 000
jährlich.
WWW.HERRNHUTER-STERNE.DE
Dazu ein Auszug aus einem Interview mit dem Manager
Oskar Scholz (aus: Lachmann, Harald: Die Mutter aller
Weihnachtssterne, VDI nachrichten vom 19.12.08):
VDI: Seit wann produzieren Sie die Sterne industriell?
Scholz: Seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Die 25-zackige-
Version produziert seit den 1920er Jahren die Sternegesellschaft
mbH in Herrnhut. [...]
VDI: Aber alle 25 Zacken sind Gesetz?
Scholz: Sogar ein mathematisches. [...] In der damaligen
DDR gingen wegen der Deviseneinnahmen 90% in den
Export.
VDI: Nüchtern betrachtet stellen Sie elektrische Industrieprodukte
her. Doch zugleich verkaufen Sie ein Kulturgut,
eine deutsche Tradition. Wie passt das zusammen?
Scholz: Auch wenn sich mit unseren Produkten eine Botschaft
verbindet, müssen wir wirtschaftlich arbeiten. Ohne
schwarze Zahlen geht auch ein christliches Unternehmen
Pleite. Für die einen verkörpert der Stern die Weihnachtsgeschichte.
Für andere ist es ein schöner Brauch. Ich sehe
ihn als Brücke für alle Menschen guten Willens, egal ob
einer gläubig ist oder nicht.