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Programmheft der Musikschule Klassika e.V. - Dr. Ilina Fach

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Einleitung<br />

1<br />

<strong>Programmheft</strong> <strong>der</strong> <strong>Musikschule</strong> <strong>Klassika</strong> e.V.<br />

Wir begrüßen sie herzlich zum multimedialen Konzertabend.<br />

Ein roter Faden zieht sich durch die Biographie <strong>der</strong> 1207 geborenen ungarischen<br />

Prinzessin und thüringischen Landgräfin Elisabeth:<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> Herrscherhäuser und <strong>der</strong> Mord an König Philipp von<br />

Staufen als Ausgangspunkt für ihre Verlobung,<br />

ihre Verunsicherung in <strong>der</strong> Fremde und ihre Suche nach Sicherheit in <strong>der</strong><br />

Religion<br />

ihre imitatio Christi als radikale Abkehr von gesicherten Verhältnissen, als<br />

Großzügigkeit gegenüber Armen in einer Zeit ohne soziale Absicherung, als Pflege von<br />

Kranken und Aussätzigen im Sinne <strong>der</strong> Freiheits-, Gleichheits-, Brü<strong>der</strong>lichkeits- und<br />

Friedensutopie des Franziskus von Assisi.<br />

Auf die außergewöhnliche Liebe zwischen Elisabeth und ihrem Mann, Ludwig von<br />

Thüringen folgt die Trauer Elisabeths über den Tod ihres Mannes, <strong>der</strong> 1227 in den<br />

Kreuzzug mit Kaiser Friedrich II. zieht.<br />

Elisabeth verläßt ohne Wittum die Wartburg im Jahr 1227. Sie fühlt sich von<br />

adeligen Verpflichtungen befreit, bindet sich aber ab 1228 an ihren Beichtvater, den<br />

glänzenden Redner, Kreuzzugsprediger und Großinquisitor Deutschlands, Konrad von<br />

Marburg. Er verteidigt ihre Witwenrechte und för<strong>der</strong>t ihre Krankenfürsorge, lenkt aber<br />

als brutaler Ketzerverfolger ihren Wunsch nach imitatio Christi durch psychisch und<br />

physisch verletzende Schläge in Richtung Demut einer Heiligen.<br />

Erst nach ihrem Tod gestattet sich Konrad ein Gefühl <strong>der</strong> Schuld an ihrem Tod und<br />

sorgt als erster für ihre Heiligsprechung.<br />

Nach ihrem Tod im Jahr 1231 beginnt Elisabeths Verwertung für kirchliche<br />

Interessen an <strong>der</strong> Ketzerverfolgung, für Bedeutungszuwachs des Deutschen Ordens,<br />

für dynastische Familieninteressen Heinrich Raspes und päpstliche Interessen an<br />

dessen Wahl zum Kaiser <strong>der</strong> Welfenpartei, für Pilger- und Tourismus-Interessen.<br />

Elisabeth ist keine Frau, <strong>der</strong>en kritiklose Hinnahme <strong>der</strong> Kirchenideologie, des<br />

Kreuzzuges o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Unterwerfung unter ihren Beichvater ein Vorbild sein kann.<br />

Dennoch bleibt ihre konsequente Abwendung vom adeligen Leben aus ihrer Erkenntnis<br />

heraus, wer das Elend auf dem Land und in den Städten verursacht, ein Stachel.<br />

Für uns sind daher an Elisabeths Biographie mehrere Aspekte wichtig:<br />

<strong>der</strong> franziskanische Gedanke <strong>der</strong> Liebe und Gleichheit als Auffor<strong>der</strong>ung, die<br />

Natur <strong>der</strong> Schöpfung zu bewahren,<br />

sich für an<strong>der</strong>e Menschen zu engagieren<br />

die Liebe <strong>der</strong> Gefährten zueinan<strong>der</strong> und die Trauer Elisabeths über den Tod<br />

ihres Gefährten<br />

<strong>der</strong> franziskanische Freiheitsgedanke als Ablehnung <strong>der</strong> Unterordnung unter<br />

an<strong>der</strong>e Menschen und<br />

<strong>der</strong> Friedensgedanke von Franziskus als Antikriegshaltung<br />

Themen und Motive <strong>der</strong> Poesie, Lie<strong>der</strong> und Instrumentalmusik haben wir an diesen<br />

Gedanken orientiert.


I. Elisabeths Kindheit<br />

2<br />

I.1. Zu Elisabeths Herkunft aus dem Geschlecht <strong>der</strong> Arpaden und<br />

Andechs-Meraner<br />

Bild 1: 1207 wird Elisabeth auf <strong>der</strong> Burg Sárospatak als Prinzessin des<br />

machtbewußten ungarischen Herrschergeschlechts <strong>der</strong> Arpaden und des ehrgeizigen<br />

andechs-meranischen Geschlechts geboren.<br />

Bild 2: Auf dem Hedwig-Codex sehen wir von links nach rechts Elisabeth an <strong>der</strong><br />

Hand ihrer resuluten Mutter Gertrud (+1213), ihre Schwestern Agnes, die damalige<br />

Königin von Frankreich, die Heilige Hedwig, die mit dem König von Schlesien<br />

verheiretat war, unten die Äbtissin Mechthild aus Kissingen. Oben in <strong>der</strong> Mitte<br />

Gertruds Mutter Agnes von Groitzsch aus dem Hause Wettin und ihr Vater, Berthold<br />

IV., <strong>der</strong> mächtige Herzog von Andechs-Meran, Markgraf von Istrien und Tirol. Neben<br />

ihm Gertruds Brü<strong>der</strong>: Berthold (+1251) wirkte als Patriarch von Aquileja, Egbert<br />

(+1237) als Bischof von Bamberg, Heinrich (+1228) als Markgraf von Istrien und Otto<br />

(+1204) als Herzog von Meranien und Markgraf von Burgund über seine Heirat mit<br />

Beatrix (<strong>der</strong> Nichte König Philipps von Staufen und Tochter des 1200 gestorbenen<br />

Barbarossasohnes Otto II.). So beherrschte die Familie den damals so wichtigen<br />

nordwestlichen Adriaraum.<br />

Bild 3: Elisabeths Eltern sehen wir auf dem Psalter, den Sophie von Wittelsbach<br />

ihrer Schwiegertochter als Trost in allen Lebenslagen schenkte.<br />

Elisabeths Vater, Andreas II. lebte von 1176-1235. Er war mit dem<br />

byzantinischen, staufischen, welfischen, polnischen, russischen und tschechischen<br />

Königs- und Kaiserhaus verwandt. Ungarn reichte bis nach Polen, umfaßte Slovenien,<br />

Kroatien, Bosnien-Herzegovina und das Banat bis Belgrad. Andreas II. herrschte aber<br />

über ein durch Bru<strong>der</strong>zwist zerrissenes, von Adelsaufständen ständig bedrohtes Land.<br />

Die Adeligen, die ihn beim Kampf gegen seinen Bru<strong>der</strong> und dessen Sohn bis 1205<br />

unterstützt hatten, mußte er abfinden. Die Grenzsicherung und <strong>der</strong> Kreuzzug ins Hl.<br />

Land scheiterten. Danach musste er den Adeligen weitgehende Zugeständnisse<br />

machen, die den Verlust <strong>der</strong> Zentralmacht zur Folge hatten. Diesen Verlust konnte<br />

auch sein Sohn Bela IV. (ab 1214 rex junior) nicht mehr rückgängig machen, obwohl<br />

er die Großzügigkeit des Vaters gegenüber dessen Günstlingen und Gertruds Brü<strong>der</strong>n,<br />

welche die Adelsrebellion heraufbeschworen hatte, überprüfte.<br />

I.2 Elisabeths Verlobung und ihre Reise nach Thüringen<br />

Bild 3: Der Lübecker Elisabethzyklus aus dem Heilig-Geist-Hospital, 15 Jh.<br />

Kurz nach ihrer Geburt im Jahr 1208 wird Elisabeth verlobt. 1 Auf dem Lübecker<br />

Elisabethzyklus aus dem 15. Jh. vereinbart Walther von Vargula, ein Diplomat <strong>der</strong><br />

Thüringer Landgrafen, mit Andreas II. den Heiratsvertrag. Ausgangspunkt <strong>der</strong><br />

Verlobung Elisabeths von Ungarn mit Ludwig von Thüringen dürfte die mit dem Mord<br />

an Philipp von Staufen einhergehende gemeinsame Politik gewesen sein.<br />

Bild 4: Ermordung Philipps von Staufen durch Pfalzgraf Otto von Wittelsbach<br />

Andreas II. war durch seine Frau Gertrud von Andechs-Meran mit <strong>der</strong>en Brü<strong>der</strong>n,<br />

Bischof Egbert und Heinrich von Istrien, den Begünstigern des Mordes an Philipp von<br />

Staufen, verwandt. Sie weilten als Flüchtlinge gerade am Hof. Landgraf Hermann I.<br />

von Thüringen war möglicherweise <strong>der</strong> Auftraggeber des Mordes, den ein Cousin<br />

seiner Frau Sophie, <strong>der</strong> Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, ausgeführt hatte. König<br />

1Dietrich von Apolda, Elisabeth-Vita, 1297.


3<br />

Philipp, <strong>der</strong> Hermann I. 1204 unterworfen und zu seinem – wenn auch nicht offenen -<br />

Gegner gemacht hatte, verkündete beim Kriegsrat in Bamberg im Juni 1208 2 , „gegen<br />

Fürsten, die keine echten Freunde seien, wie Hermann I. und Dietrich von Meißen, die<br />

böhmischen Hilfstruppen durch ihr Land zu schicken.<br />

Es liegt also nahe, dass sich Hermann I. mit dem Königsmör<strong>der</strong>, Pfalzgraf Otto<br />

von Wittelsbach 3 , und dessen Andechs-Meraner Verwandten verband und Elisabeth,<br />

die Tochter Gertruds mit seinem Sohn Ludwig verlobte.<br />

Bild 4: Burg Sarospatak und Preßburg.<br />

Als Elisabeth vier Jahre alt ist, sandte das thüringische Paar eine Delegation 4 nach<br />

Ungarn, um die kleine Königstochter nach Thüringen zu bringen. Elisabeth wird von<br />

<strong>der</strong> Burg Sárospatak nach Preßburg, an die äußerste Grenze des Reiches von <strong>der</strong><br />

Amme begleitet. Bild 5: Der Lübecker Gemäldezyklus zeigt: Dort wird <strong>der</strong><br />

Thüringer Delegation <strong>der</strong> Wagen übergeben mit Elisabeth, ihrem Gefolge 5 , und<br />

<strong>der</strong> Wagen mit <strong>der</strong> Mitgift übergeben. 6 Der Zug hält in Eisenach [vor einem alten<br />

Gasthof des Hellgref am Georgentor], wo Landgräfin Sophie das Kind Elisabeth in Empfang<br />

nimmt. „Es war ein Mädchen von zartem, schlanken Wuchs, bräunlicher Haut,<br />

schwarzen Haaren und mächtigen Augen.“ Bild: Wartburg: Ritter trugen das Kind am<br />

an<strong>der</strong>n Morgen – wie es heißt „in einem goldenen Bettchen“ – den steilen Berg zur<br />

Wartburg hinauf. 7 Bild 6: Lübecker Elisabethzyklus zur Verlobung: die vierjährige<br />

Elisabeth wird mit dem 11-jährigen Ludwig verlobt. Beide werden in sein Bett gelegt,<br />

damit die Verlobung als Zeichen ihrer künftigen Hochzeit kanonisiert wird. Sie<br />

wachsen wie Bru<strong>der</strong> und Schwester auf.<br />

2 Wilhelm von Nagiaco, <strong>der</strong> Chronist <strong>der</strong> Reinhardsbrunner Chroniken, berichtet darüber.<br />

3 Pfalzgraf Otto von Wittelsbach focht nicht nur eine private Fehde aus wegen einer<br />

zurückgezogenen Heirat mit Philipps Tochter, weil er in Acht erklärt worden war und sich nicht<br />

aus ihr gelöst hatte. Die erstaunlich gut informierte Historia Reinhardbrunnensis bestätigt, dass<br />

Otto, als er auf den Philipp losging, diesem vorgeworfen habe, ihn, Otto, verklagt und durch<br />

ein Fürstengericht Schaden zugefügt habe.<br />

Die Andechs-Meraner Brü<strong>der</strong> Egbert, in dessen Palast <strong>der</strong> Mord geschehen war, und<br />

Heinrich von Istrien, <strong>der</strong> möglicherweise für den Schutz des Königs zuständig war, flohen.<br />

Egbert gelang nach vier Jahren mit Hilfe von Papst Innozenz III. die Rückkehr in sein Amt,<br />

während Heinrich von Istrien sich später auf seine Güter zurückziehen konnte, weil sich<br />

inzwischen die Politik des Papstes zugunsten eines Welfen, Heinrich Raspe von Thüringen, und<br />

zu Ungunsten von Friedrich II. geän<strong>der</strong>t hatte. (Bernd Ulrich Hucker, Der Königsmord von<br />

1208 – Privatrache o<strong>der</strong> Staatsstreich? In: Die Andechs-Meranier in Franken, Mainz, S.<br />

115-123.) Pfalzgraf Otto wurde hingegen bei seinem Ergreifen sofort erschlagen, offenbar<br />

auch um keine Mitwisser verraten zu können.<br />

4 Die Delegation des Grafen Meinhard von Mühlberg, Walther von Vargula und Bertha, <strong>der</strong> Witwe des<br />

Egelolf von Bendeleben, sei von Fürsten und Prälaten ehrenvoll aufgenommen und in <strong>der</strong> ungarischen<br />

Königsburg Preßburg königlich empfangen worden.<br />

5 Guda, ihre gleichaltrige Hofdame blieb zeitlebens bei ihr. Comes Berthold, dessen Frau und ein Priester<br />

weilten ein Jahr lang am thüringischen Hof. Eine adelige Harfinistin trat während <strong>der</strong> Reise in ein<br />

Beginenkloster ein (vgl. Th. v. Bogyay, Urkunde König Belas IV., 1230, S. 341, in Fürstin, Dienerin,<br />

Heilige).<br />

6 Apolda schreibt 1297, „dass ... Königin Gertrud, die thüringischen Gesandten mit königlichen Gaben<br />

beschenkte und ihnen das Kind „in Gold, Silber und Seide gewickelt und in einer silbernen Wiege liegend“<br />

übergab. Sie fügte zahlreiche Gold- und Silbergefäße, kostbare Diademe, vielerlei Schmuck, einen<br />

silbernen Badezuber, Pupur- und Seidenstoffe und viele an<strong>der</strong>e wertvolle Gegenstände hinzu, etwa auch<br />

ein Glas aus Byzanz. Dazu übergab sie den Gesandten die hohe Summe von 1000 Mark und kündigte<br />

weitere Zahlungen an.“ (M. Werner, Bericht über die Überbringung Elisabeths von Ungarn nach<br />

Thüringen, S. 338, in: Fürstin, Dienerin, Heilige.)<br />

7 Charles R. De Montalembert, Das Leben <strong>der</strong> heiligen Elisabeth von Ungarn, Landgräfin von Thüringen<br />

und Hessen, Leipzig o.J., zit. Reinhold Schnei<strong>der</strong>, Elisabeth von Thüringen, S. 8.


I.3 Macht <strong>der</strong> Thüringer und ihre höfische Kultur<br />

4<br />

Bild 7: Auch das Thüringer Landgrafenpaar waren auf dem Psalter<br />

abgebildet, den Sophie ihrer Schwiegertochter schenkte.<br />

Elisabeth kommt an einen mächtigen, für seine Kultur berühmten Hof: Die Thüringer<br />

Landgrafen hatten im Bund mit den Hohenstaufen – Hermanns Vater hatte eine<br />

Staufin zur Frau – in Kriegen, durch Heiraten und Erbfolgen eine bedeutende zentrale<br />

Macht aufgebaut. Hermann I. gebot über Thüringen, Hessen und die sächsische<br />

Pfalz 8 ; von <strong>der</strong> Lahn bis weit über die Elbe gegen die O<strong>der</strong> hin dehnten sich seine<br />

Herrschaften als Streubesitz aus. Seit 1137 war die Wartburg Mittelpunkt <strong>der</strong> nach<br />

Osten gerichteten Macht-, Reichsdienste und Familienpolitik. Elisabeth wächst an<br />

einem Hof auf, an dem Landgraf Hermann I. einerseits durch ständigen Wechsel <strong>der</strong><br />

Partei <strong>der</strong> Welfen mit jener <strong>der</strong> Staufer und damit verbundene Kriege und Ränkespiele<br />

Territorialgewinn zu erwerben sucht, an<strong>der</strong>erseits Minnesänger, wie Walther von <strong>der</strong><br />

Vogelweide und Wolfram von Eschenbach för<strong>der</strong>t, so dass <strong>der</strong> thüringische dem<br />

ungarischen Hof auch kulturell als angemessene Umgebung für ihr Kind erschien.<br />

Bild 8: Miniatur „Der Sängerwettstreit“<br />

Walther von <strong>der</strong> Vogelweide erinnert an diesen Hof mit dem Gedicht: „Ich bin<br />

des milten lantgrâfen ingesinde.“ (Ich gehöre zum Hof des freigebigen Landgrafen)<br />

„Ich bin des milten lantgrâfen ingesinde.<br />

Es ist mîn site daz man mich iemer bî den<br />

tiursten vinde,<br />

die an<strong>der</strong>n fürsten alle sind vil milte, iedoch<br />

sô staeteclichen niht. Er was ez ê und ist ez<br />

noch.<br />

Dâ von kan er baz dan sie <strong>der</strong>mite gebâren,<br />

er enwil de keiner lûne vâren.<br />

Swer hure schallet und ist hin ze jâre boese<br />

als ê,<br />

des lop gruonet und valwt sô <strong>der</strong> klê.<br />

Der <strong>Dr</strong>unge Bluome schînet dur den snê<br />

summer und winter blüet sîn lop als in den<br />

êrsten jâren.“<br />

I.4. Elisabeths Kindheit und Liebe zur Mutter<br />

„ich bin des freigebigen Landgrafen Gesinde.“<br />

Es ist meine Art, dass man mich immer bei den<br />

Besten finde.<br />

Die an<strong>der</strong>n Fürsten alle sind sehr freigebig, jedoch<br />

so stetig nicht. Er wars seit je und ist es noch.<br />

Daher macht er es besser als die an<strong>der</strong>en<br />

Er läßt sich von keiner Laune leiten.<br />

Wer heute protzt und übers Jahr geizig ist wie eh<br />

und je,<br />

dessen Ruhm wird grün und welkt wie Klee.<br />

Die Blume Thüringens leuchtet durch den Schnee.<br />

Sommer wie Winter blüht sein Lob wie in den<br />

ersten Jahren.“<br />

Bild 9: Lübecker Elisabethzyklus: Die Ermordung <strong>der</strong> Mutter<br />

Elisabeths Kindheit ist überschattet von <strong>der</strong> Ermordung ihrer Mutter Gertrud 1213.<br />

Ungarische Adelige vierteilten sie auf einer Jagd wegen ihrer Vetterleswirtschaft. Da<br />

erscheint Gertrud ihrer Tochter im Traum und bittet sie, für sie zu beten, was sie tut.<br />

1216 starb Elisabeths Schwager Hermann, 1217 ihr Schwiegervaters Hermann I. 9 in<br />

8 das seinem Vater von Barbarossa verliehene Osterland war die sächsische Pfalz.<br />

9 So verschaffte Gertrud ihrem Bru<strong>der</strong> Berthold, dem späteren Patriarch von Aquileja, 1206<br />

eine vorteilhafte Stellung als Erzbischof von Kolosca, 1209-1212 als Ban von Kroatien und<br />

1213 als Reichsverweser. Sie gwährte ihren gebannten Brü<strong>der</strong>n Egbert und Heinrich im<br />

Jahr 1208 Asyl, als diese wegen ihrer Mitwisserschaft an dem Mordanschlag auf König Philipp<br />

von Schwaben aus Bamberg fliehen mußten.<br />

Gertrud verheiratet im Sinne <strong>der</strong> andechs-meranischen Familienpolitik ihre 5 Kin<strong>der</strong>:<br />

Elisabeth mit dem thüringischen Landgrafensohn, ihren Sohn Bela IV., <strong>der</strong> 1235 nach dem<br />

Tod des Vaters auf den Thron folgte, mit einer Prinzessin des byzantinischen Herrschers,<br />

Koloman, Andreas und Maria mit einflußreichen Familien aus dem Hochadel in Polen,<br />

Rußland und Bulgarien.


5<br />

geistiger Umnachtung.<br />

Bild 10: Lübecker Elisabethzyklus: Elisabeths Kirchgang und Spiele<br />

Der Lübecker Gemäldezyklus schil<strong>der</strong>t Elisabeths Reaktion 10 : Wenn Elisabeth mit ihren<br />

Hofdamen spielt, läuft sie immer wie<strong>der</strong> in die Kirche und weiht jeweils ein Spiel dem<br />

Herrgott.<br />

II. Zur Liebe <strong>der</strong> Gefährten zueinan<strong>der</strong><br />

Bild 10 Lübecker Elisabethzyklus: Elisabeths Kirchgang und Spiele<br />

Elisabeths Lage am Hof ist nach dem Tod ihres Schwiegervaters seit 1217 unsicher.<br />

Ob ihrer Religiosität wird sie am Hof verlacht und manche wünschen eine an<strong>der</strong>e<br />

Prinzessin als Frau des Landgrafen als dieses Kind, das sich wie in <strong>der</strong> Ostkirche auf<br />

den Boden wirft. Jedoch steht Landgraf Ludwig IV. zu ihr. Als Walter von Vargula, <strong>der</strong><br />

Schenk des Landgrafen, Ludwig direkt fragt, ob er Elisabeth behalten o<strong>der</strong> in ihre<br />

Heimat zurückschicken wolle, wie man munkelt, antwortet er:<br />

„Siehst Du den schönen Berg dort? Und wäre er aus purem Gold und gehörte<br />

mir, so wollte ich lieber auf ihn verzichten als auf Elisabeth, meine Braut. Ich sage dir,<br />

sie ist mir sehr lieb. Auf Erden hab ich nichts Lieberes.“<br />

Als Zeichen seiner Liebe gibt er dem Ritter einen kleinen Spiegel für sie mit,<br />

dessen eine Seite aus blankem Glas, die an<strong>der</strong>e mit einem Kruzifix verziert ist. Über<br />

die Botschaft und dieses Geschenk war Elisabeth von Herzen froh, küßte den Spiegel,<br />

dankte Gott und nannte den Schenken von Vargula fortan ihren lieben Freund und<br />

Vater. 11<br />

Wolfram von Eschenbach soll - einer Vermutung Josef Nadlers zufolge - als Gast<br />

auf <strong>der</strong> Wartburg das Verhältnis <strong>der</strong> einan<strong>der</strong> geweihten Kin<strong>der</strong> in seinem Spätwerk<br />

„Titurel“ geschil<strong>der</strong>t haben in <strong>der</strong> „Zartheit und unbefangenen Leidenschaft zwischen<br />

Sigune und Schionatulan<strong>der</strong>“:<br />

„Wer solche Minne hat, dass er<br />

durch Minne gefährde<br />

so lieben Freund, wie du mir bist,<br />

mir <strong>der</strong> liebste Freund auf <strong>der</strong> Erde<br />

solch gefährlich Ding ist mir nicht Minne.<br />

Gott weiß wohl, wie ich wußte,<br />

Nie von <strong>der</strong> Minne Verluste noch Gewinne.<br />

II.1 Zur Heirat Elisabeths und Ludwigs<br />

Minne, ist das ein Er?<br />

Kannst du Minne beschreiben?<br />

Ist es ein Sie? Und kommt mir<br />

Minne, wo soll ich mit ihr bleiben?<br />

Soll ich sie verwahren bei <strong>der</strong> Docken?<br />

Fliegt sie uns auf die Hand?<br />

O<strong>der</strong> ist sie wild? Ich kann ihr wohl<br />

locken?“<br />

Bild: Fresko im Turm <strong>der</strong> Erfurter Elisabethkapelle, 1361 12 , und Mittelalterfest<br />

in Marburg 2007<br />

Elisabeth heiratet Ludwig im Alter von 14. Sie ist volljährig. Er ist 21 und regiert<br />

bereits, seit er 17 Jahre ist.<br />

10 Der Legende nach erscheint Gertrud ihrem Kind im Traum und bittet sie, Gott um Verzeihung für ihre<br />

Sünden zu bitten. Elisabeth betet so lange für sie, bis ihr Gertrud in einem Traum dafür dankt, dass sie<br />

nun vom Fegefeuer befreit sei.<br />

11 Vgl. Rainer Hohberg, Sylvia Weigelt, Brot und Rosen. Das Leben <strong>der</strong> Heiligen Elisabeth in Sagen und<br />

Legenden, Weimar 2006, S. 30.<br />

12 Monika Vogt, Weil wir wie das Schilfrohr im Flusse sind, Frankfurt 2007, S. 80


6<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus, Das Paar beim Essen; (evtl. weg)<br />

Es wird für beide eine Liebesheirat in dem Sinne von Walther von <strong>der</strong> Vogelweides<br />

(1170-1230) Hochzeitslied: „Ich bin dîn, dû bist mîn“ 13<br />

„Ich bin dîn, dû bist mîn: des solt dû gewis sîn.<br />

Dû bist beslozzen in mînem Herzen<br />

verloren ist das Slüzzelîn dû muost immer darinne sîn.“<br />

Süße Minne, hohe Minne, winde Dir dies Kränzelin<br />

auf dem Haupte sollst Du`s tragen, als Kron, die Königin<br />

Du bist schöner als ein Falke als im Feld ein Bluomelin,<br />

willst du mir die Treue halten, werd ich immer dine sin.<br />

Hast du Tränen mir vergossen, bleibst im Herz zu mir gesloszen.<br />

Verloren ist das Slüsselin du muost immer drinne sin.<br />

Du bist min – ich bin din, min Herzen ist rin<br />

des sollst du mir alle Tage gewisse sin.“<br />

II.2 Zur Ehe <strong>der</strong> Liebenden (1 Minute)<br />

Bild: Das Paar an <strong>der</strong> Hochzeitstafel <strong>der</strong> Schwägerin (Johann van <strong>der</strong><br />

Leyten), Marburger Altar linke Seite<br />

In den Dokumenten steht, dass sie sich tausendmal geküßt haben, wenn sie für kurze<br />

Zeit voneinan<strong>der</strong> getrennt waren. Das kam öfters vor, denn Ludwig führte die<br />

Territorialpolitik seines Vaters fort. „1218 zum Ritter geschlagen, war Ludwig ein<br />

kriegerischer Fürst; rasch in Händel verstrickt, zog er in Handelsinteressen gegen den<br />

Herzog von Polen und den Bischof von Würzburg. Kam er zurück, so brachte er<br />

Elisabeth kleine Geschenke mit: einen Rosenkranz, Korallen, Ketten, Handschuhe,<br />

Beutel, Schmucknadeln und Edelsteine. Der Chonist rühmt die Wie<strong>der</strong>sehensfreude<br />

<strong>der</strong> Gatten.“ 14 In Erwartung Ludwigs zog Elisabeth dann die einfachen Klei<strong>der</strong> aus und<br />

tauschte sie gegen die festlichen ein.<br />

Zu ihren Gefühlen passt ein Gedicht aus <strong>der</strong> Carmina Burana:<br />

Komm, komm mein Gefährte,<br />

ich warte sehr auf dich!<br />

Ich warte sehr auf dich,<br />

komm, komm mein Gefährte!<br />

Beide waren einan<strong>der</strong> in treuer Liebe zugetan.<br />

II.3 Die Elternliebe von Elisabeth und Ludwig<br />

Süßer, rosenfarbener Mund<br />

komm und mache mich gesund!<br />

Komm und mache mich gesund<br />

süßer, rosenfarbener Mund.“<br />

Bild: Neuenburg und Kreuzburg.<br />

Das junge Paar bekommt innerhalb von kurzer Zeit 3 Kin<strong>der</strong>, Hermann, Sophie und<br />

Gertrud, die sie nach ihren Eltern benennen. Sie wohnen außer auf <strong>der</strong> Wartburg auch<br />

auf <strong>der</strong> Neuenburg und Kreuzburg.<br />

Zuweilen wird Elisabeth ein Wiegenlied gesungen haben, etwa in <strong>der</strong> Art, wie solches<br />

von ca. 1324: „Abends wenn ich schlafen geh!“<br />

„Abends wenn ich schlafen geh, vierzehn Engel mit mir gehen,<br />

13 Rabenlie<strong>der</strong>, S. 25.<br />

14 Reinhold Schnei<strong>der</strong>, ebd., S. 17.


zwei zu meiner Rechten, zwei zu meiner Linken,<br />

zwei zu meinen Häupten, zwei zu meinen Füßen,<br />

zwei, die mich decken, zwei, die mich wecken,<br />

zwei, die mich weisen in das himmlische Paradies.“ 15<br />

7<br />

Bild: Hermann II. im Turm <strong>der</strong> Nikolaikirche in Erfurt mit <strong>der</strong><br />

Elisabethkapelle, 1361<br />

Hermann II. (1222-1241) sieht auf dem Fresko <strong>der</strong> Erfurter Nikolaikirche wie Ludwig<br />

aus. Er orientiert sich als künftiger Herrscher in <strong>der</strong> Haltung an ihm.<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Elisabeth stillt Sophie und verabschiedet sich<br />

von Ludwig, <strong>der</strong> ihr gemeinsames Territorium verteidigt.<br />

Elisabeth nährt ihre Kin<strong>der</strong> selbst, was für Adelige damals – wie das Libellus erwähnt -<br />

ungewöhnlich ist: hier Sophie (1224-1275), die als zweite Ehefrau des Brabanter<br />

Herzogs zwischen 1248 und 1264 gegen ihren Cousin, Herzog Heinrich von Meißen,<br />

teilweise erfolgreich für sich und ihren Sohn um ihr hessisch-thüringisches Erbe<br />

kämpfen wird; neben ihr im Bett liegt wahrscheinlich Hermann, <strong>der</strong> als 19jähriger<br />

vom Adel vergiftet wurde;<br />

Bild: Gesicht Gertrud von Altenbergs, Grabmal (ca. 1298) und Klostergarten<br />

Gertrud (1227-1297) wird angesichts <strong>der</strong> Kreuzfahrt Ludwigs dem Kloster geweiht.<br />

Nach seinem Tod geboren, pflegt sie als Äbtissin von Altenberg, wie ihre Mutter, Arme<br />

und Kranke und wird nach ihrem Tod selig gesprochen. Unter ihrer Leitung wuchs das<br />

Adelsstift von 20 auf 80 Klosterfrauen. Wir sehen Gertruds Porträt, ihr Grabmal und<br />

einen ihrer Klostergärten.<br />

III. Franziskanisches Armuts- und Demutsideal (4 Minuten)<br />

Bild: Franziskus im Marburger Glasfenster.<br />

1223 kommt Rodegerus, ein Franziskanermönch an den Thüringischen Hof und<br />

berichtet <strong>der</strong> 16jährigen Elisabeth und dem 23jährigen Ludwig aus erster Hand über<br />

Franziskus.<br />

Franziskus wurde 1182 als Sohn des reichen Tuchhändlers Bernadone in Assisi<br />

geboren. Seine Erlebnisse <strong>der</strong> Gefangenschaft, von Kriegen (Perugia-Assisi,<br />

Süditalien), Krankheit und Enterbung aus den Jahren 1204 bis 1206 sind Grund für<br />

den Wandel des Franziskus vom weltlichen Genußmenschen zum Asketen: Er erkennt<br />

keine Autorität über sich an außer Chistus. Im Vertrauen auf seiner Hände Arbeit<br />

verschenkt er Geld und kümmert sich um Aussätzige, Kranke und Tiere. Er folgt seiner<br />

von Gott offenbarten Vision: ruinöse Kirchen zu restaurieren und sich für die Liebe zur<br />

Schöpfung, zur Natur, zu Mensch und Tier und <strong>der</strong>en kosmische Gleichheit<br />

einzusetzen. In diesem Sinne predigt er einen realisierbaren Frieden. Er will seine<br />

Mitmenschen durch eigenes Vorleben, Predigten und Gesänge am Arbeitsplatz von <strong>der</strong><br />

imitatio Christi überzeugen. 1221 zieht er sich vom Generalat zurück, weil die Brü<strong>der</strong><br />

eine Ordensregel wünschen und päpstliche Schutzbriefe o<strong>der</strong> Privilegien annehmen<br />

wollen, für die er nicht ist. Dieser Freiheitsgedanke war neu.<br />

Gegen die mit ihnen finanziell konkurrierenden Weltgeistlichen konnten die<br />

Fratres ihre Missionsziele nur mit Hilfe von Päpsten, Klerus, Adel und städtischen<br />

Führungsschichten durchsetzen. Der junge Orden brauchte die Unterstützung auch <strong>der</strong><br />

deutschen Höfe. Rodegerus hat bei Ludwig und Elisabeth Erfolg. Sie stiften nach<br />

Besuch des Mönches 1223 ein Franziskuskloster in Eisenach. Weshalb sich das<br />

Landgrafenpaar zur franziskanischen Armutsbewegung hingezogen fühlt, wird<br />

erkennbar, wenn wir den 1225 entstandenen „Sonnengesang“ des Franziskus hören.<br />

15 D-Dur, Text und Musik, ca. 1324, vgl. <strong>Dr</strong>. Benno Bulitta, Rabenlie<strong>der</strong>, 2001, S. 33.


8<br />

Bild: Kloster San Damiano von Clara und ihren Gefährtinnen 16 : Nach Empfang<br />

<strong>der</strong> Wundmerkmale Christi im Jahr 1224 erkrankt Franziskus 1225 schwer. Damals<br />

dichtet er bei Clara, Agnes und ihren Gefährtinnen in San Damiano „il cantico delle<br />

creature“ auf die Geschöpfe, die Gestirne, die Elemente, Menschen, Tiere und Pflanzen<br />

und feuert sie an, nach Kräften den Schöpfer zu loben. Im Oktober 1226 stirbt er,<br />

1228 wird er heilig gesprochen.<br />

Franziskus von Assisi: „Sonnengesang“, 1225 17 :<br />

Altissimum onnipotente bon Signore,<br />

tue son le lauda, la gloria e l`onore et onne<br />

benedictione:<br />

ad Te solo, altissimo, se konfano,<br />

et nullo home ene dignu Te mentovare.<br />

Laudato si, mi Signore, cum tuncte le Tue creature,<br />

spetialmente messor lo fratre sole,<br />

lo qual`é iorno, et allumini noi per lui.<br />

Et ellu è bellu e radiante cum grande splendore:<br />

de Te, altissimo, porta significatione.<br />

Laudato si, mi Signore, per sora luna e le stelle,<br />

in celui l`ai formate clarite e pretiose e belle.<br />

Laudato si, mi Signore per frate vento<br />

e per aere e nubilo e sereno et onne tempo<br />

per lo quale a le tue creatura dai sustentamento.<br />

Laudato si, mi Signore, per sor aqua,<br />

la quale è multo utile et humile e pretiosa e casta.<br />

Laudato si, mi signore, per frate focu,<br />

per lo quale ennallumini la nocte,<br />

et ello è bello e iocundo e robustoso e forte.<br />

Laudato si, mi Signore, per sora nostra matre<br />

terra.<br />

La quale ne sustenta e governa<br />

e produce diversi fructi con coloriti flori et herba.<br />

Laudato si, mi Signore, per quelli ke<br />

perdonnano per lo Tuo amore<br />

e sustengono infirmatate e tribulatione.<br />

Beati quelli kel sosterrano in pace,<br />

ka da Te, altissimo, sirano incoronati.<br />

Höchster allmächtiger guter Herr,<br />

Dein sind <strong>der</strong> Lobpreis, die Herrlichkeit<br />

und die Ehre und jeglicher Segen:<br />

Dir allein, Höchster, gebühren sie,<br />

und kein Mensch ist würdig, Dich zu nennen.<br />

Gelobt seist Du, mein Herr, mit allein Deinen<br />

Geschöpfen,<br />

beson<strong>der</strong>s dem edlen Herrn, dem Bru<strong>der</strong> Sonne,<br />

welcher <strong>der</strong> Tag ist und uns durch ihn das Licht<br />

spendet;<br />

und schön ist er und strahlend mit großem Glanze:<br />

Dein Sinnbild, Höchster, ist er.<br />

Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond<br />

und die Sterne.<br />

Am Himmel hast du sie geformt, klar, kostbar und<br />

schön.<br />

Gelobt seist Du, mein Herr, durch Bru<strong>der</strong> Wind<br />

und durch Luft und Wolken und<br />

heiteren Himmel und jegliches Wetter,<br />

durch das Du Deinen Geschöpfen Unterhalt gibst.<br />

Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester<br />

Wasser,<br />

welches sehr nützlich ist, und demütig und kostbar<br />

und keusch.<br />

Gelobt seist Du, mein Herr, durch Bru<strong>der</strong> Feuer,<br />

durch den du die Nacht erleuchtest;<br />

und schön ist er, und fröhlich und kraftvoll und<br />

stark.<br />

Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester<br />

Mutter Erde,<br />

die uns erhält und lenkt<br />

und mancherlei Früchte hervorbringt und bunte<br />

Blumen und Kräuter.<br />

Gelobt seist Du, mein Herr, durch jene, die<br />

verzeihen um Deiner Liebe willen<br />

und Schwachheit und <strong>Dr</strong>angsal ertragen.<br />

Selig jene, die solches ertragen in Frieden,<br />

denn von Dir, Höchster, werden sie einst<br />

gekrönt.<br />

16 In San Damiano gründet Clara und ihre Schwester Agnes im Olivenhain um Assisi die erste<br />

Gemeinschaft <strong>der</strong> „Armen Frauen“. (Vgl. Bernardino Greco, Elisabeth Fuchs-Hauffen,<br />

Franziskus von Assisi. Der zärtliche Umgang mit <strong>der</strong> Schöpfung, München 1989, S. 45.)<br />

17 Ute Jung-Kaiser (Hg.), „Laudato si, mi Signore, per sora nostra matre terra“. Zur Ästhetik<br />

und Spiritualität des „Sonnengesangs“ in Musik, Kunst, Religion, Naturwissenschaften,<br />

Literatur, Film und Fotografie. 2. Interdisziplinäres Symposion <strong>der</strong> Hochschule für Musik und<br />

Darstellende Kunst in Frankfurt am Main, 6.-8. Juni 2001, Bern u.a. 2002, S. 11-12.


Laudato si, mi Signore, per sora nostra<br />

morte corporale,<br />

da la quale nullo homo vivente pò skappare.<br />

Guai a quelli ke morano ne la peccata mortali,<br />

beati quelli ke trovertà ne le le Tue<br />

sanctissime voluntati.<br />

Ka le morte secunda nul farà male.<br />

laudate e benedicete mi Signore,<br />

e ringratiate e serviteli cum grande<br />

umilitate.<br />

9<br />

Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere<br />

Schwester, den leiblichen Tod,<br />

dem kein leben<strong>der</strong> Mensch entrinnen kann.<br />

Wehe jenen, die sterben in tödlichen<br />

Sünden,<br />

selig jene, die er in deinem heiligsten Willen findet,<br />

denn <strong>der</strong> zweite Tod wird ihnen nichts Böses antun.<br />

Lobet und preiset meinen Herrn,<br />

und danket und dienet ihm mit großer<br />

Demut.<br />

In einer Zeit, in <strong>der</strong> die Menschen die Natur in Urwäl<strong>der</strong>n wegen Überfällen und<br />

wilden Tieren als bedrohlich empfinden, im Wetter dämonische Kräfte walten sehen, in<br />

<strong>der</strong> das reine Wasser infolge <strong>der</strong> städtischen Abwässer vergiftet war, schreibt er eine<br />

Ode an die Reinheit und Schönheit <strong>der</strong> Natur. Das war insofern revolutionär, als es die<br />

erste in umbrischer Volkssprache vertonte Poesie war und ein radikal-demokratisches<br />

Denken veranschaulichte, das im Wi<strong>der</strong>spruch stand zur feudalen Hierarchie <strong>der</strong><br />

Gesellschaft, zur Polarisierung in Arme und Reiche und zu den Kriegen. Er verkündete<br />

eine paradiesische Friedensutopie als realisierbar, denn von Gottes Schöpfung sind<br />

Gestirne, Feuer, Erde, Wasser, Luft undTiere und Menschen als Geschwister<br />

gleichwertig, demzufolge auch Frau und Mann als Schwester und Bru<strong>der</strong> versöhnbar.<br />

Mo<strong>der</strong>n an diesem Ansatz ist <strong>der</strong> Anspruch, dass die Gestirne, die Elemente und<br />

Gattungen als Geschöpfe Gottes gleich sind, <strong>der</strong>selben Zuwendung, Anerkennung und<br />

Liebe bedürfen, denselben Anspruch auf Leben haben, Mann und Frau gleich geboren<br />

werden. Eine Ausbeutung <strong>der</strong> Erde, des Wassers, <strong>der</strong> Luft, <strong>der</strong> Tiere und Pflanzen<br />

zugunsten von einzelnen Menschen ist von diesem Ansatz her nicht denkbar.<br />

III.1 Das Bedürfnis nach einer „Imitatio Christi“<br />

Die franziskanische Armuts- und Demutsbewegung entsprach dem Bedürfnis von<br />

Menschen, nach dem christlichen Urgemeinde-Ideal zu leben. Ein solches Bedürfnis ist<br />

als Utopie verständlich angesichts <strong>der</strong> Brände, Gewalttaten und Hungersnöte. Auch<br />

Landgraf Ludwig nahm an den Territorialkriegen teil. Er kannte die Angst des Volkes<br />

vor den staufischen und welfischen Scharen, vor den Böhmen, den Landgrafen und<br />

seinen Vasallen. Bekannt war das Grauen in belagerten Städten, das Elend<br />

verlassener Burgfrauen und ratloser Armen. Elisabeth konnte an den Wi<strong>der</strong>sprüchen<br />

zwischen dem Luxus <strong>der</strong> Herrschenden, an dem zu Wohlstand aufsteigenden Bürgern<br />

und <strong>der</strong> Armut mancher Bürger und Bauern in Stadt und Land und an sonstigen<br />

Mißständen <strong>der</strong> Zeit nicht vorbeisehen.<br />

Sie hören jetzt eine musikalische Klage aus <strong>der</strong> Zeit: „Mundus vult decipi“ 18<br />

„mundus vult decipi, die Welt ist nur ein Schein,<br />

mundus vult decipi, und will betrogen sein.<br />

Ich wollt für einen Festtagsschmaus ein schönes Stückerl Fleisch<br />

<strong>der</strong> Metzger doch ein Schin<strong>der</strong> war und schnitts aus fauler Leich<br />

Der Medicus mir Pillen gab, zu leichtern meine Leiden,<br />

erleichtert war mein Säckel nur, ich mußte mich bescheiden.<br />

Der König sprach, in seinem Reich, soll`s allen besser gehen,<br />

er baute sich ein teures Schloss und sonst ist nichts geschehen.<br />

18 <strong>Dr</strong>. Benno Bulita, Mundus vult decipi, altes Lied in d-Moll, in: Lebendiges Mittelalter. Rabenlie<strong>der</strong>,<br />

Zirndorf 2001, S. 88.


Vom Geizhals ich Kredit bekam zu tilgen meine Schulden<br />

Ich zahlte dann mein Leben lang zehn Mal so viele Gulden.<br />

Der Pfaff mir meine Sünden nahm für eine halbe Sau,<br />

die fraß er dann bei Bier und Wein und buhlte meine Frau.<br />

Und was ihr hört und was ihr seht, ist alles eitler Schein,<br />

so will`s betrogen sein.“<br />

III.2 Elisabeths orientiert sich während einer Hungesnot in<br />

Thüringen am franziskanischen Armutsideal (3 Minuten)<br />

10<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Kornverteilung<br />

Als Ludwig 1226 auf einen Hoftag nach Cremona gereist ist, bricht in Thüringen eine<br />

Hungersnot aus. Der Legende nach macht sie die herrschaftlichen Scheuern auf und<br />

verteilt alles Korn.<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Brot-, Fleischverteilung<br />

Sie spendet mit ihren Hofdamen Guda und Isentrud Brot und Fisch, verkauft ihre<br />

kostbare Kleidung, verschenkt das Geld an Arme, spinnt und verschenkt das<br />

Gesponnene. In Eisenach gründet Elisabeth ein Hospital am Fuß <strong>der</strong> Wartburg, tut<br />

darin morgens und abends Dienst und erzeugt damit am Hof die Angst vor<br />

Ansteckung.<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Verzicht auf Luxuskleidung<br />

Auf dem Lübecker Gemädezyklus entdecken Hofdamen unter Elisabeths<br />

Hermelinpelzmantel ein einfaches härenes Kleid und sind entsetzt. Elisabeth regt sie<br />

an, auf Klei<strong>der</strong>luxus zu verzichten.<br />

Als Ludwig von Cremona zurückkehrt, kommen ihm Reiter entgegen und sagen:<br />

„jetzt hat Dich Deine Frau arm gemacht.“ Er jedoch antwortet: „solange noch genug<br />

da ist, um auf <strong>der</strong> Burg zu leben, mag es hingehen.“<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Elisabeth schneidet einem Aussätzigen die<br />

Haare und Johann van <strong>der</strong> Leyten: Kreuzwun<strong>der</strong><br />

Der Legende nach soll sich ein Aussätziger, den Elisabeth gewaschen und ins Ehebett<br />

gelegt hätte, in Christus verwandelt haben. Dem libellus zufolge schneidet Elisabeth<br />

einem Aussätzigen in einem Garten die Haare, die sich vor Ludwig in ihrem Schoß in<br />

Seide verwandelt hätten o<strong>der</strong> Beides ist Ludwig daher recht.<br />

Zu dieser Situation zwei Zeilen aus dem witzigen mittelalterlichen Lied „ Im<br />

Badehaus“ 19<br />

Reinlichkeit ist mir ein Graus, doch ich<br />

geh`ins Badehaus.<br />

Um im Bade zu verweilen, muß ich nun<br />

von dannen eilen.<br />

Zupf mit Wollust meinen Bart, mein<br />

Körper will ich kühlen.<br />

Wonnen ganz besondrer Art, kann man<br />

nur im Wasser fühlen.<br />

19 Im Badehaus, e-moll, Text trad., Musik: B. Bulitta, Rabenlie<strong>der</strong>, S. 72 f.<br />

In <strong>der</strong> Therme angelangt, wird mein<br />

Wamst mir abverlangt.<br />

Allerliebste Zuckerdinger schneiden Nägel<br />

mir vom Finger.<br />

Eine an<strong>der</strong>e frisch und fein stutzt den Bart<br />

mir und die Haare<br />

und läßt sie vergessen sein, all die vielen<br />

Hungerjahre.


IV. Elisabeths verspricht ihrem Beichtvater Gehorsam und<br />

Ludwig zieht in den Kreuzzug<br />

11<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Der franziskanische Freiheitsgedanke richtet sich<br />

gegen den Gehorsam, den Elisabeth ihrem seit 1226 bestellten Beichtvater, Konrad<br />

von Marburg, in Gegenwart ihres Mannes verspricht. Ludwig möchte seine junge Frau<br />

in mächtigen Händen in sicherer Obhut geschützt wissen, wenn er in den Kreuzzug<br />

zieht. 20<br />

Wie viele deutsche Adelige wollte Ludwig nicht in den Kreuzzug ziehen. Kaiser<br />

Friedrich II. von Hohenstaufen, <strong>der</strong> Oberitalien unter seine Herrschaft bringen wollte,<br />

wird vom Papst daran gehin<strong>der</strong>t, indem er ihn mit einem Bann bedroht, falls er seine<br />

Kreuzfahrt nach Jerusalem verschiebt. Nun hängt <strong>der</strong> Reichsfriede von <strong>der</strong> Kreuzfahrt<br />

ab. 1224 verspricht Friedrich II. Ludwig IV. 4000 Silbermark für seine Mannen, wenn<br />

er mitzieht. Ludwig lehnt ab, weil damit die Kosten für all seine Mannen nicht<br />

abgedeckt seien. Daraufhin verspricht <strong>der</strong> Kaiser 5000 Silbermark und die<br />

Übertragung <strong>der</strong> Anwartschaft auf die Mark Meißen sowie alles Land, das er in<br />

Preußen und Litauen erobern würde. Hätte Ludwig gezögert, so wäre das nicht nur ein<br />

Territorial- und Imageverlust für die Familie gewesen, son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong> Fürst hätte<br />

gedacht, er könnte Thüringen ungestraft überfallen. Die Schwangerschaft Elisabeths<br />

war kein Grund, nicht in den Kreuzzug zu ziehen. Es dauert noch bis 1227, bis die<br />

Truppen zusammengestellt sind.<br />

Gegen Walther von <strong>der</strong> Vogelweides Kriegspropaganda 21 weisen<br />

Kriegsgegner, wie Kaiser Heinrich VI. von Hohenstaufen, auf die Leiden <strong>der</strong><br />

Liebenden. 22<br />

IV.1 Ludwig zieht in den Kreuzzug<br />

Er überläßt die Regentschaft seinem Bru<strong>der</strong> Heinrich Raspe und läßt seine<br />

schwangere Frau mit zwei kleinen Kin<strong>der</strong>n zurück.<br />

Bild: Das bis 1980 auf <strong>der</strong> Creuzburg vorhandene, danach verschollene<br />

Gemälde aus dem 19. Jh. zeigt, wie Ludwig IV. in den Kreuzzug zieht. Elisabeth<br />

begleitet ihn zwei Tage zu Pferd bis an die äußersten Grenzen des thüringischen<br />

Territoriums. Dort müssen sie sich verabschieden. Es wird ein tränenreicher Abschied.<br />

20 1215 setzt <strong>der</strong> Papst Honorius IV. Magister Konrad als Kreuzzugsprediger und seit 1224 als<br />

Großinquisitor und Ketzerverfolger ein. 1226 gelobt Elisabeth ihm als Beichtvater Gehorsam, sofern<br />

dies nicht ihrem Mann Ludwig wi<strong>der</strong>spricht.<br />

21 Walther von <strong>der</strong> Vogelweide tritt in seinem Palästinalied „Jetzt erst hat mein Leben Wert und<br />

Würde“ für den Kreuzzug ein, weil er in Jerusalem auf den Spuren Jesu wandeln möchte. Er bittet<br />

Gott, gerecht zu entscheiden, wem von den dreien, „Christen, Juden und Heiden“ Jerusalem gehöre.<br />

Die Christen for<strong>der</strong>t er in seinem Lied „Du so süße, wahre Liebe“ auf: „Nun befreit unverzagt das<br />

Heilige Land“.<br />

22 Kaiser Heinrich VI. von Hohenstaufen (1165 Nymwegen – 1197 Messina, Sizilien) zum<br />

Trennungsschmerz aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Frau und des Mannes:<br />

„Reitest du nun von hinnen, du von allen liebster Mann?<br />

Du bist in meinen Sinnen von allem, was je ich gewann.<br />

Kommst du mir nicht bald, so verlier ich mein Leben:<br />

das möchte mir in aller Welt<br />

Gott nicht mehr zurückgeben“, so sprach die liebliche Frau<br />

Dank sei dir, Gefährtin, gute, dass ich je bei dir lag.<br />

Du wohnst in meinem Mute Nacht und Tag.<br />

Du verschönst meine Sinne und bist mir dazu hold:<br />

nun seht, wie ich das meine:<br />

wie edles Gestein, wo man`s faßt in Gold.“


12<br />

Bild: Lübecker Elisabethzyklus: Sie steckt auf sein Gewand ein Kreuz als Zeichen,<br />

dass er als Ritter Christi in den Kreuzzug zieht. Die Liebenden können sich fast nicht<br />

voneinan<strong>der</strong> trennen.<br />

Bild: Elisabethfenster zum Abschied: Da ziehen Ludwigs Mannen – wie das<br />

Fenster in <strong>der</strong> Elisabethkirche zeigt – ihn von Elisabeth weg.<br />

Zur Melodie von „Greensleeves“ 23 zwei passende Strophen eines<br />

Antikriegsgedichts<br />

Mein Liebchen, Du tust mir weh,<br />

ich geh schweren Herzens von dir fort.<br />

Und wenn ich dich auch nicht wie<strong>der</strong>seh,<br />

mein Herz nimmt dich mit an jeden Ort.<br />

IV.2 Elisabeths Trauer um Ludwig<br />

Liebchen war so treu und hold<br />

Liebchen hatte ein Herz aus Gold<br />

Liebchen war wie ein Sonnenstrahl<br />

auf all meinen Wegen und überall.<br />

Dem Libellus nach bringt Sophie ihrer Schwiegertochter Elisabeth vorsichtig bei, dass<br />

Ludwig an einer Seuche, (wahrscheinlich Typhus), in Otranto (Süditalien) gestorben<br />

ist.<br />

„Elisabeths Hände verkrampften sich vor Schmerz, Tränen schossen aus ihren<br />

Augen und sie sank auf die Knie.`Tot? Ach, Mutter, was sagt Ihr da? Tot? Wenn nun<br />

mein Bru<strong>der</strong> gestorben ist, so ist auch für mich die Welt gestorben.`Dann erhob sie<br />

sich, lief schreiend hin und her wie ein Mensch, <strong>der</strong> von Sinnen ist. Sophie und<br />

niemand konnte sie trösten, alle brachen selbst in Wehklagen und Tränen aus.“ 24<br />

Bild: Ludwig Juppe, Elisabethaltar, rechter Flügel: Auszug Elisabeths aus <strong>der</strong><br />

Wartburg und zieht sich in ein Franziskanerkloster zurück<br />

Elisabeth erkennt ihre Lage. An <strong>der</strong> Wartburg hat sie keinen Schutz mehr. Sie kann<br />

hier nicht bleiben: Die Adeligen geben ihr kein Wittumsgeld und gestehen ihr nur noch<br />

die Nahrung zu, die am Hof gereicht wird. Das hätte für sie und ihre Hofdamen<br />

Hunger bedeutet. Sie verläßt mit ihren Kin<strong>der</strong>n und Hofdamen die Wartburg. Da die<br />

Bevölkerung Angst vor den neuen Herren hat, findet sie zuerst nur Unterschlupf bei<br />

einer Auswärtigen, die sie nicht kennt, und dann in einem Franziskanerkloster.<br />

Zu ihrem Vater, <strong>der</strong> ihr anbietet, in die Heimat zurückkehren zu können, will sie nicht.<br />

Da holt sie ihre Tante Mechthild, die Äbtissin aus Kitzingen, ab und bringt sie nach<br />

Bamberg zu ihrem Onkel, Bischof Egbert, dem Bru<strong>der</strong> ihrer Mutter, und ihrem<br />

Vormund.<br />

Bild: Bamberger Bischofspalast und Burg Pottenstein: Er sperrt sie auf <strong>der</strong> Burg<br />

Pottenstein ein, um sie gegen ihren Willen zu verheiraten. Sie hatte aber Ludwig<br />

geschworen, sich im Falle seines Todes nicht noch einmal zu verehelichen. Die<br />

Zwanzigjährige war aber eine gute Partie. Eine Ehe war im Interesse <strong>der</strong><br />

Familienpolitik nicht auszuschlagen.<br />

Bild: Marburger Elisabethfenster: Ein Franziskaner bringt ihr die Gebeine<br />

ihres Ehemannes.<br />

Elisabeth nutzt jedoch die Gelegenheit, die Gebeine ihres Ehemannes nach<br />

Reinhardsbrunn zu begleiten, um sich aus diesem Gefängnis zu befreien.<br />

Bil<strong>der</strong>: Kloster Reinhardsbrunn, Stahlstich, 1717, und Ludwigs Grabmal dort<br />

Während <strong>der</strong> Beerdigung spricht sie unter Tränen folgende Worte:<br />

23 Vgl. Galgenlie<strong>der</strong>, ebd.<br />

24 Hoberg, Weigelt, Brot und Rosen, ebd., S. 94.


13<br />

„Herr, ich danke Dir, in Deiner Barmherzigkeit hast Du mich mit <strong>der</strong> heiß<br />

ersehnten Wie<strong>der</strong>kehr <strong>der</strong> Gebeine meines Gatten getröstet. Du weißt, wie sehr ich<br />

ihn liebte, gleichwohl mißgönne ich Dir das Opfer nicht, das er für sich und für mich<br />

gebracht hat, als er dem Heiligen Land helfen wollte. Ich würde ihn gegen die ganze<br />

Welt tauschen und würde mit ihm betteln gehen, könnte ich ihn wie<strong>der</strong>haben. Aber<br />

gegen Deinen Willen – Du bist mein Zeuge – will ich ihn nicht wie<strong>der</strong> haben, selbst<br />

wenn es mich nur ein Haar kosten würde. Ich empfehle ihn und mich Deiner Gnade,<br />

an uns geschehe Dein Wille.“ 25<br />

V. Elisabeths Marburger Zeit zwischen Aufopferung und Schlägen<br />

Bild von Magister Konrad (Siegel) 26<br />

Inzwischen ist Elisabeths Beichtvater, Magister Konrad, zur Stelle. Sie folgt ihm nach<br />

Marburg.<br />

Bild: Wandteppich Basel zum Erhalt des Wittumgeldes 27<br />

Er verteidigt ihre Rechte als Landgräfin. Sie erhält ihr Wittum und gründet ein<br />

Hospital.<br />

Bild: Ausgrabung, Elisabethbrunnen und Kanne<br />

Ohne Wasser ist kein Hospitalsdienst möglich. Sie schöpft es aus dem<br />

Elisabethbrunnen und verteilt es mit ihrer Kanne.<br />

Bild: Johann van <strong>der</strong> Leyten, rechte Altartafel: Verzicht Elisabeths auf ihre<br />

Kin<strong>der</strong><br />

Sie muss ihre Kin<strong>der</strong> auf Konrads Geheiß weggeben und bittet Gott, ihre Liebe zu<br />

ihren leiblichen Kin<strong>der</strong>n zu löschen, damit sie in Christi Nachfolge handeln kann. Das<br />

jüngste Kind, Gertrud, besucht sie immer wie<strong>der</strong> in Altenberg bei Wetzlar. Kin<strong>der</strong> von<br />

Armen trägt sie zur Taufe. Aussätzige und verwaiste Kin<strong>der</strong> beschenkt sie mit<br />

Spielzeug und wäscht sie. Sie laufen zu ihr und nennen sie „Mutter“.<br />

Bil<strong>der</strong>: Elisabethschrein: Werke <strong>der</strong> Barmherzigkeit und Einkleidung<br />

Elisabeths<br />

Sie beherbergt Arme und versorgt Kranke, kümmert sich um Schwangere und spricht<br />

mit Gefangenen.<br />

Als Finanzverwalter des weltlichen Bru<strong>der</strong>ordens kleidet Konrad Elisabeth mit dem<br />

grauen Gewand einer „professa“ des Brü<strong>der</strong>ordens ein. Elisabeth unterschreibt jedoch<br />

ihren Brief an den Papst mit Landgräfin, nicht mir „soror“. Sie wählt also, wie Beginen,<br />

einen individuellen Weg <strong>der</strong> „imitatio Christi“.<br />

4 Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Ausstellung vom Wert des Geldes: Magister Konrad erwartet,<br />

dass Elisabeth vom Wittumsgeld Liegenschaften erwirbt, um das von ihr gegründete<br />

Hospital dauerhaft unabhängig zu machen. Sie jedoch verteilt an einem Tag 500<br />

Silbermark an die Armen von Marburg und Umgebung, d.h. 6 Pfennige an jeden, dh.<br />

rd. 137 € nach heutigem Wert, und nimmt ein aussätziges Kind an die Bettlagerstatt.<br />

Bild: Konrads Brutalität auf Peter Jordans Ölzeichnung zum Aulazyklus, 19. Jh.<br />

Daraufhin läßt Konrad Elisabeth das Verschenkte durch Spinnen verdienen, ersetzt<br />

ihre Jugendgespielinnen durch zwei mißgünstige Frauen, gibt ihr anstelle des<br />

aussätzigen ein gelähmtes Kind an ihre Bettlagerstatt und schlägt sie mehrfach so,<br />

25 Libellus, Seite 124, Zeile 1127.<br />

26 Wolfgang Vahl, Konrad von Marburg, die Heilige Elisabeth und <strong>der</strong> Deutsche Orden,<br />

Marburg 2007, S. 10 f.<br />

27 „Vita <strong>der</strong> Hl. Elisabeth, um 1480 – 1490“, Wolle, Leinen, Seide, gefärbt, 104-11 x 309-315, Eisenach,<br />

Wartburg-Stiftung, Kat. Nr. 86, in: Herzöge und Heilige. Das Geschlecht <strong>der</strong> Andechs-Meraner im<br />

europäischen Hochmittelalter. Haus <strong>der</strong> Bayrischen Geschichte, Landesausstellung im Kloster Andechs<br />

13. Juli -24. Oktober 1993, Abb. S. 135, Text 240.


14<br />

dass sie zwei Wochen den Rücken blutig offen hat.<br />

Für uns heute nur schwer historisch nachvollziehbar ist ihre Unterordnung unter<br />

den Willen Konrads. Damals konnten sich Frauen vor Gericht ohne männlichen Schutz<br />

nicht verteidigen. Eine Ehe kam für Elisabeth nicht in mehr Frage. Missionierende<br />

Franziskaner ohne Wohnsitz, wie Rodegerus, kamen als Beichtvater in Frage. So wählt<br />

Elisabeth Konrad, weil er ihr als Weltgeistlicher ohne Hab und Gut eher als Garant<br />

scheint für die richtige Anleitung zur Nachfolge Christi, als die in Reichtum<br />

schwelgenden Erzbischöfe, die häufiger Kriege machen o<strong>der</strong> auf die Jagd gehen als<br />

Seelsorge zu betreiben. Einen Eintritt ins Kloster, wie das ihre Schwiegermutter tat,<br />

verhin<strong>der</strong>t Konrad, weil sie erst die Schulden ihres Mannes begleichen muss und Geld<br />

braucht, wenn sie ein Hospital gründen will. So blieb ihr nur übrig, sich innerlich von<br />

seiner Brutalität frei zu machen, indem sie ihren Hofdamen mitteilt: „sie sollen sich<br />

wie das Gras verhalten, das nach <strong>der</strong> Flut gestärkt wie<strong>der</strong> aufsteht.“ Prügelstrafe gilt<br />

als Erziehungsmittel und wird erst 1945 in Deutschland per Gesetz verboten. Konrads<br />

Schläge und das Demutsideal waren für Elisabeth fatal.<br />

Bild: Ludwig Juppe, mittlere Altartafel links: Tod. Sie stirbt nach zweiwöchiger<br />

Krankheit vom 18. auf den 19. November 1231 im Alter von 24 Jahren.<br />

VI. Heiligsprechung Elisabeths und Verwertung <strong>der</strong> Heiligen<br />

gegen die Ketzerbewegungen<br />

Bild vom Dokument Konrads „Summa vitae“ 28<br />

Wie seine „summa vitae“ an den Papst belegt, fühlt sich Konrad an Elisabeths Tod<br />

mitschuldig. Aber er weiß, wie man eine Heilige macht. Er bahrt Elisabeth im<br />

Vorgängerbau <strong>der</strong> Elisabethkirche auf.<br />

Bild: Elisabethgrabmal, Ende des 13. Jh., Elisabethkirche Mbg.<br />

Auf dem Elisabethgrabmal trauern Inhaftierte, evtl. Tobsüchtige, Blinde, Aussätzige<br />

und ihrer Gliedmaßen durch Krieg, Lepra o<strong>der</strong> Mutterkorn beraubte Menschen.<br />

Ihnen bleibt nur die Hoffnung auf Kooperation, wie das Lied vom „Blinden und<br />

Lahmen“ zeigt: 29<br />

„Der Lahme hängt mit seinen Krücken sich auf des Blinden breiten Rücken.<br />

vereint wirkt also dieses Paar, was einzeln keinem möglich war.<br />

Du hast das nicht, was an<strong>der</strong>e haben, und an<strong>der</strong>n mangeln deine Gaben; aus<br />

dieser Unvollkommenheit entspricht die Geselligkeit.<br />

Beschwer die Götter nicht mit Klagen! Der Vorteil, den sie dir versagen und<br />

jenem schenken, wird gemein, wir dürfen nur gesellig sein.“<br />

Bild: Die Totenklage auf dem Elisabethgrabmal<br />

Angestachelt von Konrads Predigten und durch ihre Trauer werden Elisabeths<br />

Fingerkuppen und Brustwarzen abgezwickt. Je<strong>der</strong> will ein heilbringendes Souvenir. Da<br />

ereignen sich an ihrem Grab Wun<strong>der</strong>taten. Angesichts <strong>der</strong> 60 Wun<strong>der</strong>taten bittet<br />

Konrad den Papst, Elisabeth bei ihrem tugendsamen Leben gegen die<br />

Ketzerbewegungen heilig zu sprechen. Er nutzt den Mainzer Erzbischof als Bestätiger<br />

<strong>der</strong> Wun<strong>der</strong>. Der Papst ist einverstanden, läßt die Wun<strong>der</strong>taten aber von einer<br />

Kommission überprüfen.<br />

Konrad läßt das Hospital sofort unter den Schutz des Papstes stellen. Die<br />

Thüringer übertragen es dem Deutschen Orden, <strong>der</strong> das Territorium gegen den<br />

28 Ausstellung im Rathaus 2007: „Krone, Brot und Rosen. 800 Jahre Elisabeth von Thüringen“,<br />

S. 60, Foto von I. <strong>Fach</strong>.<br />

29 Der Lahme und <strong>der</strong> Blinde, e-moll, trad. Musik B. Bulitta, Rabenlie<strong>der</strong>, S. 32.


15<br />

Mainzer Erzbischof schützen soll. Da wird Magister Konrad 1233 nach einem<br />

Freispruch des von ihm <strong>der</strong> Ketzerei angeklagten Adeligen Sayn zu Wittgenstein auf<br />

seinem Heimweg von dessen adeligen Anhängern umgebracht. 30<br />

Bild: Konrad von Thüringen und das Comturgebäude in Marburg<br />

Nun begreifen die Thüringer Landgrafen, dass sie sofort handeln müssen, um als<br />

König für die Kaiserwahl aufgestellt zu werden. Dazu war es nützlich, eine Heilige im<br />

Familienrepertoire aufweisen zu können. So tritt Konrad, <strong>der</strong> unverheiratete jüngste<br />

Sohn <strong>der</strong> Thüringer, 1234 in den Deutschen Orden mit dem Versprechen ein: „wenn<br />

Elisabeth heilig gesprochen und er nach Hermann von Salza Hochmeister wird, dann<br />

sorgt er dafür, dass die Elisabethkirche so schnell wie möglich aufgebaut wird“. Dieses<br />

Versprechen hält er:<br />

Bild: <strong>Dr</strong>eichoranlage <strong>der</strong> Elisabethkirche und Grabmal Konrad von Thüringens<br />

Von 1235, Elisabeths Heiligsprechung, bis zu seinem Tod im Jahr 1240 stehen die<br />

ersten drei Chöre und die kirchlichen Funktionen können in Gebrauch genommen<br />

werden.<br />

VI.1 Mit <strong>der</strong> Erhebung <strong>der</strong> Gebeine 1236 beginnt die Verwertung<br />

Elisabeths als Reliquie für Pilgerfahrten, die Tourismusindustrie<br />

<strong>der</strong> damaligen Zeit<br />

Bild: Ludwig Juppe-Altar, Marburg, Erhebung <strong>der</strong> Gebeine<br />

1236 findet die Erhebung <strong>der</strong> Gebeine <strong>der</strong> Heiligen statt in Anwesenheit von Kaiser<br />

Friedrich II. von Hohenstaufen, <strong>der</strong> barfuß im Pilgergewand ans Grab kommt, <strong>der</strong><br />

Heiligen eine Krone aufs Haupt setzt und ein Hauptreliquiar stiftet.<br />

Bil<strong>der</strong>: Kopfreliquiar aus Schweden, Handreliquiar, Reliquienrä<strong>der</strong>, Innereien<br />

Durch Berühren von Elisabeths Schädel mit einem fremden glaubte man, gehe die<br />

Aura <strong>der</strong> Heiligen auf den an<strong>der</strong>en Kopf über. So kann eine Pilgerfahrt nach Soisson,<br />

Bruxelles und Würzburg und an an<strong>der</strong>e Orte, wie Besançon erfolgen. Der korrekte<br />

Kopf bleibt zunächst in Marburg, wohin Tausende pilgern.<br />

Bild: Pilgerabzeichen 31<br />

VI.2 Wie verhielten sich die Franziskaner in dieser Zeit? 32<br />

Als <strong>der</strong> Deutsche Orden das Franziskus-Hospital Elisabeths übernimmt, ziehen sich die<br />

Franziskaner im Brü<strong>der</strong>orden daraus zurück und siedeln sich am äußersten Ende <strong>der</strong><br />

Oberstadt am Barfüßer Tor an. Sie finanzieren sich durch Seelsorge, Abschreiben und<br />

Verkaufen von Büchern, durch Schenkungen und in geringerem Maße durch<br />

Geldverleih, Immobilienan- und verkauf.<br />

Das positive Image <strong>der</strong> Franziskaner wird nach <strong>der</strong> Heiligsprechung von<br />

Franziskus im Jahr 1228 maßgeblich beschädigt. Die Päpste Honorius IV. und<br />

Innozenz IV. funktionalisieren die Franziskaner in ihrem Interesse als päpstliche<br />

Legaten. Franziskaner haben die Bannung des Stauferkaisers Friedrich II. 1228 im hl.<br />

Land von <strong>der</strong> Kanzel zu verkünden. Sie fungieren als Geldeinsammler für Kreuzzüge<br />

30 Sein Nachfolger, <strong>der</strong> Hildesheimer Bischof Konrad II., kümmert sich um die Zeugenaussage zu den<br />

Wun<strong>der</strong>taten an Elisabeths Grab und darum, dass auf dem Schrein Elisabeths Taten <strong>der</strong><br />

Barmherzigkeit verewigt werden. Die Totengesänge „Es ist ein Schnitter“, e-moll, Text u.<br />

Musik, trad., Rabenlie<strong>der</strong>, S. 58, zeigen, dass <strong>der</strong> Tod auch den Klerus holt, <strong>der</strong> ihn<br />

fürchtet.<br />

31 Bild in: W. Vahl, Konrad von Marburg, ebd., 2007, S. 53.<br />

32 Dazu Dieter Berg in „Armut und Geschichte. Studien zur Geschichte <strong>der</strong> Bettelorden im Hohen und<br />

Späten Mittelalter, Kevelaer 2001, S. 273 ff.


16<br />

und für die welfischen Gegenkönige, wie Heinrich Raspe von Thüringen 1247 und nach<br />

seinem Tod für Wilhelm von Holland 1248. Obwohl sie gerade in Deutschland häufig<br />

Stauferanhänger sind, haben sie die Welfenpartei zu propagieren. Am schlimmsten für<br />

ihr Image ist ihr Einsatz als Inquisitoren in <strong>der</strong> Ketzerverfolgung. Im Zusammenhang<br />

mit ihrer Institutionalisierung als Orden entsteht in Italien bereits seit 1228, in<br />

Deutschland erst seit 1247 eine Spaltung zwischen Papst- und Kaiseranhängern,<br />

zwischen solchen, die mit ihrem Leben und solchen, die durch Bildung überzeugen und<br />

entsprechende Posten bekleiden wollen.<br />

Weitere Mißstände in <strong>der</strong> Gesellschaft schil<strong>der</strong>t das Lied „mundus vult decipi“. 33<br />

VI.3 Säkularisation und Gedenken an Elisabeth vom 16.-18. Jh.<br />

Bild: Die Umwandlung des Klosters Haina in ein Hospital<br />

1527 stoppt Landgraf Philipp die Pilgerfahrten zum Grab Elisabeths, indem er ihre<br />

Gebeine aus dem Schrein raubt, vereinnahmt Elisabeth aber als Ahnfrau des<br />

Herrscherhauses bei <strong>der</strong> Verwandlung <strong>der</strong> Klöster in protestantische Hospitäler für<br />

Arme und Kranke, wie in Haina. Kaiser Karl V. besiegt 1547 Landgraf Philipp in <strong>der</strong><br />

Schlacht bei Schmalkalden und setzt ihn gefangen, bis er dem Deutschen Orden 1548<br />

die Gebeine zurückgibt. Der Deutsche Orden gibt sie 1588 an Erzherzog Maximilian<br />

von Österreich nach Wien, <strong>der</strong> sie dem 1283 gegründeten Klarissenkloster schenkt.<br />

Bild: Der Heiligenkult setzt sich in katholischen Gegenden fort, z.B. in Breslau,<br />

wo Ercole Ferrara 1682 Elisabeth unter ihrem Herrschermantel zur Franziskanerin<br />

macht.<br />

Bild: Johan Baptist Straub schafft 1755 im katholischen Andechs, <strong>der</strong> Geburtsstadt<br />

von Elisabeths Mutter, eine adelige Figur, die von oben herab Brot verteilt. Genau das<br />

war aber nicht im Interesse Elisabeths.<br />

Bild: Säkularisation in Wien im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t: Elisabeths Schädel in Wien<br />

Als das Wiener Klarissenkloster im Zuge <strong>der</strong> Säkularisation 1782 aufgelöst wird, gibt<br />

Kaiser Josef II. Elisabeths Haupt und Oberschenkelknochen an die Elisabethinnen, die<br />

neben ihrem Kloster Hospitalsdienst leisten. Nur diese Klöster wurden nicht aufgelöst.<br />

VI.4 Legendenbildung um Elisabeth im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t: Das<br />

Rosenwun<strong>der</strong><br />

Im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t wird das Mittelalter idealisiert, Gothik ahistorisch mit <strong>der</strong><br />

Demokratie des Bürgertums verbunden und die Legende vom Rosenwun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hl.<br />

Elisabeth von Portugal auf die Hl. Elisabeth übertragen. Wagner greift das Leben<br />

Elisabeths als Stoff für seine Oper auf, o<strong>der</strong> Brahms und Franz Liszt für ihre<br />

Musikstücke. 34<br />

33 Vgl. Rabenlie<strong>der</strong>, ebd.<br />

34 Vgl. Wagner konfrontiert z.B. im „Tannhäuser“ Frau Venus als Lustprinzip mit Elisabeths Ethik<br />

universeller Liebe und kritisiert gleichzeitig die Anmaßung des Papstes, über die Gnade Gottes urteilen<br />

zu können. Vgl. dazu auch Tannhuser, -Dur, Text u. Musik trad. Aus dem Zupfgeigenhansl, in:<br />

Rabenlie<strong>der</strong>, S. 34.


17<br />

VI.5 St. Peter und Paul und ihre Elisabethreliquien in Marburg als<br />

Auffor<strong>der</strong>ung, Liebe und Zivilcourage zu för<strong>der</strong>n<br />

Bild von St. Peter und Paul, den Reliquien und Elisabethfenster in <strong>der</strong> Krypta<br />

Der zweite Weltkrieg erzeugte Tausende von Toten, Kriegsversehrte und Flüchtlinge.<br />

Durch die katholischen Flüchtlinge wächst die katholische Gemeinde und baut St.<br />

Peter und Paul und eine Krypta über einem Knochensplitter Elisabeths. „Sie soll für die<br />

Not und Hilfsbedürftigkeit <strong>der</strong> Mitmenschen sensibel machen.“ Die Kirche for<strong>der</strong>t die<br />

Gläubigen deshalb auf: „Baut mit an einer Zivilisation <strong>der</strong> Liebe und <strong>der</strong><br />

Gerechtigkeit“.<br />

Gegen das Unrecht und den Terror im Gefolge des zweiten Weltkrieges und aller<br />

Kriege hören Sie zum Schluß die „Toccata“ des Kriegsgegners Prokofjev mit Kaj<br />

Noack am Klavier.<br />

Auf Wie<strong>der</strong>sehen. Wir Danken für Ihren Besuch.<br />

Mitwirkende:<br />

- Leitung, Arrangement, Übersetzung von Brodskis „Pilgrim“: Nina Rippe<br />

– die Lehrenden und Schüler <strong>der</strong> <strong>Musikschule</strong> <strong>Klassika</strong><br />

– Musik (siehe <strong>Programmheft</strong>): Nina Rippe, Leiterin, und ihre Kollegen und Schüler:<br />

Zemlin Benjamin, Annette Bessler, Achim Brendel, Irina Büschel, Esteban Cordi,<br />

Jochim Konstantin, Kurihara, Kaj Noak, Denis Okatyev, Wolf-Dieter Sänger,<br />

Angela Witten-Dewies, Viktor.<br />

– Bühnentechnik: Denis Rippe<br />

– Bil<strong>der</strong>, Poesie und Texte: <strong>Dr</strong>. <strong>Ilina</strong> <strong>Fach</strong><br />

– Bildtechnik: Dieter Mosburger

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