XtraBlatt Ausgabe 02-2019
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2<br />
<strong>2019</strong><br />
<strong>XtraBlatt</strong><br />
GRÜNLAND<br />
Wirtschaften mit Nährstoff-Limit<br />
GENUSS-ARCHE<br />
Direktvermarkter-Hof Berbalk<br />
ZUKUNFT<br />
LANDWIRTSCHAFT<br />
Interview mit DLG-Präsident<br />
Hubertus Paetow<br />
1
TITELTHEMA<br />
Die Kuh ist der Maßstab – diese Devise steht für<br />
Landwirte, Lohnunternehmer und auch das Krone-<br />
Team im Mittelpunkt. Denn hohe Milchleistung,<br />
gute Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit sind<br />
nur mit optimalem Grundfutter und der richtigen<br />
Technik möglich.
EDITORIAL<br />
LIEBE LESERINNEN UND LESER,<br />
Weihnachten steht vor der Tür, und wir finden die Muße, das<br />
alte Jahr Revue passieren zu lassen. So fiel das Geschäftsjahr<br />
2018/<strong>2019</strong> für Krone mit 2,24 Mrd. € Umsatz der Gruppe<br />
sehr zufriedenstellend aus. Im laufenden Geschäftsjahr ist<br />
die Entwicklung verhaltener, aber insgesamt noch positiv.<br />
Mut macht mir dabei der Erfolg der Agritechnica mit ihren<br />
erneut 450.000 Besuchern – die damit besser endete, als es<br />
im Vorfeld zu hoffen war.<br />
Die vielen Gespräche auf unserem Stand spiegelten aber sehr<br />
unterschiedliche Gefühle der Besucher wider. Ungebrochen<br />
ist das große Interesse an technischen Lösungen, um die<br />
Futtergewinnung und die Wirtschaftlichkeit der Milch- und<br />
Rindviehhaltung zu verbessern. Sehr präsent ist aber auch die<br />
Verärgerung über die schwierigen Rahmenbedingungen, die<br />
für große Unsicherheit sorgen. Hierzu gehört sicher das als unfair<br />
empfundene und – leider – in zahlreichen Fällen sachlich<br />
falsche Bild, das in den allgemeinen Medien über die Landwirtschaft<br />
gezeichnet wird. Nicht zu akzeptieren ist für mich auch<br />
die zunehmende Sprunghaftigkeit, mit der die Politik zurzeit<br />
die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft<br />
ändert. DLG-Präsident Hubertus Paetow bringt es im Interview<br />
ab Seite 32 sehr treffend auf den Punkt, in dem er sich in der<br />
politischen Beschlussfindung zunehmend an einen Basar<br />
erinnert fühlt. Sachliche Diskussion und fundierte Fakten<br />
waren gestern, maßgeblich scheinen nur noch Umfragen und<br />
emotionsbeladene Kampagnen. Sehr verständlich sind daher<br />
die Proteste der Landwirte, die mit ihren Traktor-Konvois auf<br />
Unfairness und große Unsicherheit hinweisen. Gefreut hat<br />
mich, dass diese Aktionen in der Bevölkerung mehrheitlich<br />
auf große Zustimmung gestoßen sind!<br />
Wichtig ist, dass sich die Landwirtschaft den Veränderungsprozessen<br />
proaktiv und konstruktiv stellt. Und es muss<br />
deutlich werden, welche großartigen Leistungen unsere Landwirtsfamilien<br />
für Gesellschaft, Wohlstand und Umwelt leisten.<br />
Es kann nicht sein, dass unsere Landwirte höchste Standards<br />
zu erfüllen haben und beim Produktpreis zum Beispiel mit<br />
Südamerika konkurrieren müssen. Doch unsere Branche wird<br />
passende Produktionsverfahren und -techniken entwickeln,<br />
die Verbraucherwünsche und vernünftige Wirtschaftsweise<br />
weitgehend deckungsgleich werden lassen. Und wir seitens<br />
Krone forcieren mehr denn je die aktive Imagearbeit pro<br />
Landwirtschaft in Politik und Verbänden.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien Zuversicht<br />
– doch zuerst natürlich ein friedvolles, besinnliches<br />
Weihnachtsfest sowie ein erfolgreiches und besonders<br />
gesundes Jahr 2<strong>02</strong>0!<br />
Ihr Bernard Krone<br />
3
4<br />
INHALT<br />
Ackergras mit Kleeanteil ist für viele dänische Milchviehhalter<br />
eine wesentliche Futtergrundlage.<br />
6<br />
TITELTHEMA<br />
GRÜNLAND-MANAGEMENT: DÄNEMARK<br />
ERFOLGREICH<br />
TROTZ<br />
DÜNGERLIMIT<br />
7<br />
Die Fahrt vom Grenzübergang Padborg in Richtung<br />
Nordwest durch das südliche Jütland zeigte es im<br />
September sehr deutlich: Die Silomaisbestände sahen sehr<br />
vielversprechend aus und ließen auf eine überdurchschnittlich<br />
gute Ernte hoffen. „Im Vergleich zu Deutschland wird<br />
der Mais hier bei uns im hohen Norden in der Regel nicht so<br />
hoch – aber in diesem Jahr ist es eine wahre Pracht“, freut<br />
sich Dan Hamann, Geschäftsführer der Brøns-Gruppe, den<br />
ich am Firmensitz im gleichnamigen Örtchen Brøns direkt<br />
an der Westküste Jütlands besuche. Er ist u. a. exklusiver<br />
Importeur für Krone und Amazone in Dänemark und betreut<br />
zusammen mit seinem 30-köpfigen Team sowie etwa<br />
20 regionalen Fachhändlern die dänischen Landwirte in<br />
Vertrieb, Service und Beratung.<br />
Auch sonst sehen sich die dänischen Milchviehhalter derzeit<br />
recht gut aufgestellt, so Dan Hamanns Einschätzung.<br />
Ein Blick auf die offiziellen Statistiken zeigt: Mitte des<br />
Jahrzehnts waren die dänischen Kuhbestände auf rund<br />
525.000 Tiere gesunken, aber seit dem Wegfall der Quoten<br />
geht es aufwärts. Mittlerweile gibt es in Königin Margrethes<br />
Reich wieder rund 575.000 Kühe. Gesunken ist allerdings die<br />
Zahl der Betriebe: Schon 2017 rutschte sie bei den Milchviehhaltern<br />
unter die Marke von 3.000, bei Schweinen sind<br />
es weniger als 2.300, und bei der Gesamtzahl aller Höfe in<br />
Dänemark weisen die Statistiker für das gleiche Jahr gut<br />
34.700 aus – das sind fast 20 % weniger als im Jahr 2010.<br />
„Im Schnitt der zukunftsfähigen Milchviehbetriebe dürfte<br />
die Betriebsgröße heute bei etwa 300 ha bzw. 300 Kühen<br />
liegen – doppelt so groß wie noch 2010. Und die Tendenz<br />
zeigt weiter nach oben“, so der Krone-Importeur.<br />
FLÄCHENBINDUNG<br />
Doch wo liegen die Ursachen für diesen drastischen Strukturwandel?<br />
Um dem auf den Grund zu gehen, besuchen wir<br />
Landwirt Niels Laursen in Ribe, etwa 15 km nördlich von Brøns.<br />
Er bewirtschaftet rund 450 ha voll arrondierter Acker- und<br />
Grünlandflächen, davon 220 ha eigene Flächen. Ihm gehören<br />
420 Kühe plus Nachzucht, insgesamt 800 Tiere. Sie stehen in<br />
zwei etwa 1 km voneinander entfernten Ställen – vor einigen<br />
Jahren konnte er den Nachbarbetrieb dazu kaufen.<br />
Den Herdendurchschnitt beziffert er auf rund 10.900 kg Milch<br />
bei knapp 3,8 % Fett und 3,4 % Eiweiß, während wir durch<br />
den Betrieb gehen. Gemolken wird mit Robotern, je nach<br />
Leistungsgruppe drei- bzw. zweimal täglich.<br />
Die Ausstattung seines Betriebes mit Land bewertet Niels<br />
Laursen als gut. Bei diesem Verhältnis von Tieren zu Fläche<br />
gelinge es, den anfallenden organischen Dünger komplett<br />
Von den rund 450 ha bewirtschafteter Fläche<br />
nutzt Landwirt Niels Laursen rund 100 ha als<br />
Grünland, vor allem Ackergras.<br />
Während in Deutschland die verschärfte<br />
Düngeverordnung wie<br />
eine schwarze Wolke über der<br />
Landwirtschaft hängt, haben die<br />
dänischen Kollegen die Stürme<br />
dieses „Tiefs“ schon hinter sich<br />
und seit 20 Jahren Erfahrungen<br />
mit Grünland-Management unter<br />
dem „Nährstoff-Deckel“, wie<br />
<strong>XtraBlatt</strong> vor Ort erfahren hat.<br />
20<br />
PRAXIS-TIPP<br />
SAISONCHECK<br />
LADEWAGEN<br />
Zeit ist Geld – das gilt besonders in der Grünfutterernte. Hier<br />
haben Ladewagen eine zentrale Rolle, deshalb müssen sie<br />
störungsfrei arbeiten und 1a-Qualität abliefern. Damit das<br />
gelingt, sind ein Generalcheck vor Saisonbeginn und tägliche<br />
Wartung unerlässlich. <strong>XtraBlatt</strong> gibt Tipps.<br />
WISSEN<br />
21<br />
Zu den Kernaufgaben der Ladewagen gehören in besonderem<br />
Maß die leistungsfähige, verschmutzungsfreie<br />
Aufnahme und der bestmögliche Schnitt des Futters. Darum<br />
sind Pickup-Messer und Rotor zentrale Arbeitswerkzeuge,<br />
die es optimal einzustellen und zu pflegen gilt.<br />
Grundsätzlich ist die ungesteuerte EasyFlow-Pickup<br />
wartungsarm. Dennoch sollten die Zinken sowie der Antriebstrang<br />
beim jährlichen Saisoncheck auf Verschleiß<br />
und Zustand geprüft werden. Direkt hinter der Pickup befindet<br />
sich der Schneidrotor, der das Erntegut durch einen<br />
Messerkamm in den Laderaum fördert. Die Messer und<br />
die Auflage des Förderrotorzinkens sind so angeordnet,<br />
dass das Erntegut nicht entweichen kann, sondern nach<br />
dem Scherenprinzip sauber geschnitten wird und nicht<br />
zerreißt oder vermust. Wichtig: Vor Saisonbeginn sollte<br />
der Abstand der Abstreifer zum Rotor kontrolliert werden,<br />
bei einem festen Sitz ist ein Abstand von 25 mm sicherzustellen.<br />
Ein weiterer „Checkpoint“ ist der Kratzboden des<br />
Ladewagens. Für eine störungsfreie Saison sollte dieser in<br />
einem optimalen Zustand sein. Dazu sind die Ketten sowie<br />
Nussräder hinsichtlich Verschleiß zu begutachten und auf<br />
ausreichende Spannung bzw. Funktion zu überprüfen.<br />
MESSERS SCHNEIDE …<br />
… sollte scharf sein! Die Messer des Ladewagens sollten, je<br />
nach Flächenleistung des Wagens, wenigstens einmal am<br />
Tag geschärft werden, bei Bedarf auch zweimal. Das optional<br />
erhältliche SpeedSharp-System mit automatischem<br />
Arbeitsablauf für das Schleifen aller Messer ist fest am<br />
Wagen montiert – somit immer dabei und einsatzbereit.<br />
Der Messerbalken lässt sich zum Schärfen hydraulisch<br />
aus- und wieder in den Förderkanal einschwenken. Die<br />
Schleifscheiben sind auf einer seitlich verschiebbaren und<br />
hydraulisch angetriebenen Welle angeordnet. Es wird immer<br />
eine ganze Messergruppe geschliffen und dabei zeitgleich<br />
jedes zweite Messer des Balkens bearbeitet. Im Anschluss<br />
folgt dann die andere Hälfte.<br />
Die Schleifvorrichtung am Ladewagen bietet den Vorteil, die<br />
Messer bei Bedarf auch zwischendurch schärfen zu können<br />
und nicht warten zu müssen, bis der Arbeitseinsatz am<br />
Abend beendet ist. Ohne dieses System müssten alle Messer<br />
einzeln ausgebaut und nachgeschärft werden oder direkt<br />
gegen einen zweiten Messersatz getauscht werden – ein<br />
enormer Zeit- und Kostenfaktor. Der Einsatz des Ladewagens<br />
mit stets scharfen Messern sorgt für ein sauberes Schnittbild<br />
– und spart so auch Energie und Kosten. Der Verschleiß des<br />
Die Schleifvorrichtung am Ladewagen<br />
bietet den Vorteil, die Messer<br />
bei Bedarf auch zwischendurch<br />
schärfen zu können.<br />
Das Rezept des Scherrhofs ist ganz einfach: Gute<br />
Kühe geben gute Milch. Und gute Milch gibt guten<br />
Käse. Mit der eigenen Schaukäserei veredelt die<br />
Landwirtsfamilie Walch aus Tirol nicht nur das<br />
eigene Produkt, sondern hat den Betrieb so auch<br />
auf zukunftssichere Beine gestellt.<br />
24<br />
INTERNATIONAL<br />
FAMILIE WALCH, KIRCHBERG (A)<br />
GUTE MILCH –<br />
GUTER KÄSE<br />
Tiere werden ausschließlich im Natursprung in Frankreich<br />
gedeckt, die Fohlen in Ungarn aufgezogen und als Jährlinge<br />
dann wiederum nach Frankreich zum Training für die Rennbahn<br />
verkauft. „Auf dem Betrieb arbeiten 16 Menschen“,<br />
so der Landwirt weiter. „Ich bin zwar etwa alle zehn Tage<br />
einmal vor Ort, das Tagesgeschäft wird aber von einer<br />
Wirtschafterin geleitet.“<br />
Zurück nach Tirol. Als wir mit Hans Walch auf den Scherrhof<br />
im drei Kilometer entfernten Ortsteil Spertendorf fahren,<br />
sind die Ställe zwar blitzsauber, es ist aber kein einziges Rind<br />
zu sehen. „Die Tiere kommen erst nächstes Wochenende<br />
von der Alm zurück“, erklärt der Landwirt: „Dort sind sie<br />
seit Mitte Mai. Wir haben eine Nieder- und eine Hochalm.<br />
Erstere liegt auf 1.140 m über dem Meer, Letztere reicht<br />
von 1.640 bis über 2.000 m. Der Almabtrieb findet immer<br />
Ende September statt und ist mit einem Fest vor dem Hotel<br />
verbunden. Wir bieten so den Gästen in unserer Region und<br />
den Einheimischen eine weitere touristische Attraktion.“<br />
SCHAUKÄSEREI<br />
Den gesamten Sommer verbringen die Rinder also im<br />
Gebirge am Fuße des Großen Rettensteins. „Wir nehmen<br />
alle unsere 60 Milchkühe und das gesamte Jungvieh mit<br />
nach oben“, sagt Hans Walch. „Die Abkalbungen finden<br />
hauptsächlich im Herbst statt, ideal wäre für uns in der<br />
Zeit Oktober/November. So können die Kühe den frischen<br />
Frühjahrsaufwuchs auf der Alm voll nutzen. Wird das Futter<br />
dann weniger, sind sie eh in einem späteren Stadium der<br />
Laktation oder stehen schon trocken. Früher hat unsere<br />
Familie Pinzgauer gehalten, mein Vater hat dann aber auf<br />
Fleckvieh umgestellt. Die passen sehr gut in die Region,<br />
und da die männlichen Kälber besser vermarktet werden<br />
können, sind sie zudem wirtschaftlicher.“ Familie Walch<br />
züchtet einen nicht zu großrahmigen Typ Fleckvieh mit<br />
Kirchberg in Tirol, nur wenige Kilometer vom weltbekannten<br />
Ferienort Kitzbühel entfernt. Wir sitzen in<br />
der Bar des Hotels Elisabeth. Der Kellner bringt Kaffee. Verabredet<br />
sind wir hier mit Hans Walch, Hotelier und Landwirt. Er<br />
hat gemeinsam mit seiner Frau aus dem elterlichen Gasthof<br />
ein modernes Haus mit Vier-Sterne-Superior-Standard, großzügigem<br />
Wellness-Bereich und 200 Betten gemacht. Und<br />
auch sein landwirtschaftlicher Betrieb ist fit für die Zukunft.<br />
„Die Landwirtschaft in Kirchberg, den Scherrhof, habe ich<br />
eigentlich bereits vor einiger Zeit an meinen Sohn übergeben“,<br />
erzählt Hans Walch. „Er hat vor rund zehn Jahren seine Ausbildung<br />
als Agraringenieur abgeschlossen. Als es darum ging,<br />
die Betriebsentwicklung zu planen, war schnell klar, dass wir<br />
unser Produkt Milch veredeln müssen, um die Wertschöpfung<br />
zu erhöhen. So haben wir eine eigene Käserei gebaut.“<br />
ZWEI BETRIEBE<br />
Darüber hinaus besitzt Hans Walch noch einen weiteren<br />
landwirtschaftlichen Betrieb in Ungarn. Die Idee dazu entstand<br />
bei einem Urlaubsaufenthalt in Loipersdorf, nahe<br />
der ungarischen Grenze. „Ich war so begeistert von den<br />
Bedingungen dort, dass ich dort auch landwirtschaftlich<br />
etwas unternehmen wollte“, erzählt Hans Walch. „Irgendwann<br />
war ein passender Betrieb zu verkaufen und da<br />
habe ich zugegriffen. Das war im Jahr 1991. Ich halte dort<br />
350 Milchkühe der Rasse Holstein sowie etwa die gleiche<br />
Anzahl an Nachzucht. Die Milchleistung beträgt im Durchschnitt<br />
8.000 kg pro Jahr. Gemolken wird in einem neuen<br />
Doppel-16er-Fischgrätenmelkstand. Bewirtschaftet werden<br />
etwas mehr als 600 ha, davon sind ca. 520 ha im Eigentum.<br />
Wir bauen dort viel Grünroggen und Futtergerste an, dazu<br />
kommen rund 130 ha Weizen, 30 ha Triticale und 15 bis 20 ha<br />
Hafer.“ Letztgenannter dient als Pferdefutter, denn Hans<br />
Walch hält dort als Hobby einige Traber-Zuchtstuten. Die<br />
25<br />
ZUKUNFT LANDWIRTSCHAFT<br />
„DAS GELINGT NICHT AN DER<br />
LADENKASSE.“<br />
32<br />
INTERVIEW<br />
Die Landwirtschaft steckt derzeit im Spannungsfeld zwischen<br />
Markt auf der einen und gesellschaftlichen Wünschen sowie<br />
politischen Auflagen auf der anderen Seite. Welcher Weg wird<br />
allen gerecht? Ein spannendes Bild zeichnet DLG-Präsident<br />
Hubertus Paetow im <strong>XtraBlatt</strong>-Interview.<br />
ZUKUNFT LANDWIRTSCHAFT<br />
„DAS GELINGT NICHT AN DER<br />
LADENKASSE.“<br />
Zu den derzeit heißen Eisen der Branche gehört sicher<br />
die Diskussion um Nitratbelastung des Grundwassers,<br />
die Ausweisung roter Gebiete, die kurz getakteten<br />
Verschärfungen der Düngeverordnung sowie das Ringen<br />
zwischen Brüssel und Berlin um die „akzeptable“ Lösung<br />
aus politischer Sicht. Doch wie ist eigentlich der Blickwinkel<br />
der Praxis? Was kann und muss auch die Landwirtschaft<br />
dazu beitragen? Und wer soll am Ende des Tages die Kosten<br />
für alle Wünsche tragen? Hubertus Paetow, Landwirt<br />
mit Ackerbau- und Schweinemastbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern<br />
und seit 2018 Präsident der Deutschen<br />
Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), hat dazu eine klare<br />
Auffassung. <strong>XtraBlatt</strong> traf ihn im Sommer am Rande der<br />
DLG-Unternehmertage in Magdeburg, die sich ebenfalls mit<br />
der Zukunft der Landwirtschaft beschäftigten.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Herr Paetow – was ist von der laufenden Verschärfung<br />
der Düngeverordnung aus Sicht der Praxis zu halten?<br />
Hubertus Paetow: Aus rein ackerbaulicher Sicht sind wir für<br />
unseren Betrieb zum Ergebnis gekommen, dass wir damit<br />
relativ gut leben können. Wohlgemerkt: auf Basis der bis<br />
Sommer <strong>2019</strong> gültigen Variante der Düngeverordnung, die<br />
2017 in Kraft gesetzt wurde. Aber der nächste Schritt wird<br />
davon abhängen, wie stark die Politik die Daumenschrauben<br />
anlegt in den roten Gebieten, egal, ob wegen Nitrat oder<br />
Phosphat.<br />
Ganz anders sieht das jedoch aus, wenn man es aus der<br />
Perspektive eines Betriebes, zum Beispiel in Westfalen, betrachtet,<br />
der seine Schweinehaltung soweit ausgebaut hat,<br />
wie es nach bisheriger Rechtslage seine verfügbare Fläche<br />
zuließ, eventuell mit etwas Gülleabgabe. Der ist von der<br />
gegenwärtigen bzw. sich abzeichnenden Regelung in seinem<br />
Gesamtbetriebssystem natürlich extrem betroffen. Schon<br />
heute werden dort zwischen 18 und 20 €/m³ Gülle allein<br />
für die Abfuhr bezahlt – davon können Sie kein Schwein<br />
mehr wirtschaftlich mästen. Aus DLG-Sicht muss ich deshalb<br />
mit Blick auf die Nitratproblematik feststellen: Es besteht<br />
zweifelsfrei in einigen Regionen Handlungsbedarf. Aber wir<br />
brauchen deutlich intelligentere Lösungen als das, was derzeit<br />
politisch diskutiert wird, wie etwa eine pauschale Deckelung<br />
der Nährstoffobergrenzen.<br />
33<br />
VITA HUBERTUS PAETOW<br />
Hubertus Paetow, Jahrgang 1967, ist gebürtiger<br />
Schleswig-Holsteiner und absolvierte dort seine<br />
Ausbildung zum Landwirt. Nach dem Studium der<br />
Agrarwissenschaften in Göttingen und Kiel war er bis<br />
2005 als Geschäftsführer eines Ackerbaubetriebes in<br />
der Nähe von Kiel tätig. Seitdem bewirtschaftet er<br />
seinen Betrieb mit den Schwerpunkten Ackerbau<br />
und Saatguterzeugung in Finkenthal-Schlutow<br />
(Mecklenburg-Vorpommern). Neben anderen Ämtern<br />
in Verbänden und der Kommunalpolitik war<br />
Hubertus Paetow seit 2015 Vizepräsident der DLG<br />
und Vorsitzender des DLG-Testzentrums. Seit 2018<br />
ist Hubertus Paetow Präsident der DLG.<br />
42<br />
WISSEN<br />
BIOANBAU<br />
Eine überwiegend ökologische Ernährung<br />
in Deutschland bräuchte – bei gleichem<br />
Konsumverhalten – rund 40 % mehr Fläche<br />
als die „konventionelle Produktion“.<br />
BUTTERPREIS<br />
Im Jahr 1914 kostete 1 kg Butter etwa<br />
2,85 Reichsmark, während der Tageslohn<br />
eines Landarbeiters bei etwa 2,40 Mark<br />
lag. Wäre das Preis-Lohn-Verhältnis heute<br />
noch wie vor 100 Jahren, so würde die<br />
Butter rund 129 €/kg bzw. 32,25 € pro<br />
Stück kosten. Dass es gegenwärtig nur<br />
1,80 €/Stück sind, ist vor allem der Leistung<br />
moderner Landwirtschaft zu verdanken.<br />
82 FUSSBALL-<br />
FELDER/TAG<br />
CO2-SPEICHER<br />
Ungefähr 51 Mrd. t CO2-Äquivalente sind in<br />
der EU in den Oberböden landwirtschaftlicher<br />
Flächen gespeichert. Zum Vergleich:<br />
Die gesamten EU-Emissionen belaufen sich<br />
auf ungefähr 4,4 Mrd. t CO2-Äquivalente<br />
pro Jahr.<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
FLÄCHENVERBRAUCH<br />
Täglich werden in Deutschland rund 58 ha<br />
als Siedlungs- und Verkehrsflächen ausgewiesen.<br />
Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme<br />
– kurz Flächenverbrauch<br />
– von rund 82 Fußballfeldern.<br />
ZAHLEN &<br />
FAKTEN<br />
Die Landwirtschaft steht vielfach in der Kritik. Wenig bekannt und<br />
kommuniziert wird dabei, wie groß die Leistungen dieses Berufszweigs<br />
für Gesellschaft und Umwelt sind.<br />
43<br />
TREIBHAUSGASE<br />
Seit 1990, dem Bezugsjahr des Kyoto-Protokolls,<br />
hat die deutsche Landwirtschaft die<br />
Treibhausgasemissionen bereits von rund<br />
79,4 Mio. t auf 65,2 Mio. t CO2-Äquivalent<br />
in 2016 gesenkt. Dies entspricht einer<br />
Reduzierung der Emissionen um 18 %.<br />
Durch Veränderung der Landnutzung,<br />
Aktivitäten der Forstwirtschaft und vor<br />
allem die Nutzung von Bioenergie (feste<br />
Biomasse, Biokraftsstoffe, Biogas) konnten<br />
2016 zusätzlich mehr als 75 Mio. t CO2-<br />
Äquivalent vermieden werden.<br />
UNKRAUTBEKÄMPFUNG<br />
Waren zum Beispiel in den 1950er-Jahren<br />
für die Unkrautbekämpfung noch durchschnittliche<br />
Aufwandmengen von über<br />
1 kg Wirkstoff pro Hektar Anbau fläche<br />
nötig, reichen heute oft schon 10 g/ha zur<br />
wirkungsvollen Bekämpfung aus.<br />
KOSTEN FÜR UMWELT-<br />
SCHUTZ JE HEKTAR<br />
Das HFFA Research Institut hat im Rahmen<br />
einer Studie errechnet, dass die wesentlichen<br />
EU-Standards und Auflagen in der<br />
Tierhaltung, für Cross Compliance sowie<br />
zum Schutz von Wasser, Boden und Luft für<br />
die deutsche Landwirtschaft mit Kosten von<br />
rund 5,3 Mrd. € oder 315 €/ha verbunden<br />
sind. Nur etwa 1,2 Mrd. € oder 69 €/ha<br />
würden an entsprechenden Kosten anfallen,<br />
wenn vergleichbare Wettbewerbsbedingungen<br />
wie in wichtigen Wettbewerbsländern<br />
außerhalb der EU gelten würden. Damit<br />
haben die deutschen Landwirte gegenüber<br />
ihren Berufskollegen im Wettbewerb und<br />
bei offenen Märkten einen Nachteil von<br />
4,1 Mrd. € oder 246 €/ha.<br />
EU<br />
nicht EU<br />
<strong>2019</strong>: 10 g/ha<br />
82 FUSSBALL-<br />
FELDER/TAG<br />
ERNÄHRUNGSINDUSTRIE<br />
Die deutsche Ernährungsindustrie ist mit<br />
einem Umsatz von rund 179,6 Mrd. €<br />
(2018) sowie über 600.000 Beschäftigten<br />
in mehr als 6.000 Betrieben der viertgrößte<br />
Industriezweig in Deutschland. Zum Vergleich:<br />
Die Automobilindustrie beschäftigt<br />
in Deutschland etwa 820.000 Menschen.<br />
6.000 BETRIEBE<br />
180 MRD. €<br />
UMSATZ/JAHR<br />
600.000 BESCHÄFTIGTE<br />
CO2<br />
CO2<br />
1950: > 1 kg/ha<br />
12<br />
TITELTHEMA<br />
GRÜNLAND-MANAGEMENT: NIEDERLANDE<br />
NUR QUALITÄT ZÄHLT<br />
In den Niederlanden gelten, ähnlich wie in<br />
Dänemark, seit Jahren strenge Regeln zum<br />
Umwelt- und Grundwasserschutz. Von Lohn-<br />
unternehmer Erik Morssink aus Voorst haben<br />
wir erfahren, was das in der Praxis<br />
bedeutet, vor allem mit Blick<br />
auf das Grünland.<br />
13<br />
GRÜNLAND-MANAGEMENT: NIEDERLANDE<br />
NUR QUALITÄT ZÄHLT<br />
Der niederländische Name „Achterhoek“ bedeutet<br />
wörtlich übersetzt „hintere Ecke“ und<br />
bezeichnet eine landschaftlich reizvolle Region der<br />
Niederlande, die direkt an Deutschland angrenzt<br />
und – auf der Karte betrachtet – zwischen Emmerich<br />
und Vreden wie eine Ausbuchtung der Grenze nach<br />
Osten aussieht. Und wer, vom deutschen Anholt<br />
kommend, zum Beispiel das Lohnunternehmen van<br />
Hal der Familie Morssink im niederländischen Voorst<br />
erreichen möchte, merkt erst auf den zweiten Blick<br />
anhand der Straßenschilder und Pkw-Kennzeichen,<br />
dass er die Grenze überschritten hat.<br />
Der Achterhoek und die angrenzenden Regionen<br />
bis nach Arnheim und Zwolle gehören zu den Gebieten<br />
der Niederlande mit sehr hohen Besatzdichten<br />
an Rindern, Schweinen und Geflügel – durchaus<br />
vergleichbar mit dem westlichen Münsterland.<br />
Entsprechend groß waren in der Vergangenheit die<br />
Auswirkungen intensiver Düngung mit Wirtschaftsdüngern<br />
– bis die niederländische Regierung mit<br />
scharfen Auflagen gegensteuerte. Das blieb natürlich<br />
nicht ohne Folgen für die Landwirte, wie Lohnunternehmer<br />
Erik Morssink berichtet. „Die Intensität der<br />
Tierhaltung hat durchaus abgenommen – allerdings<br />
bisher nur in Form kleinerer Bestände und kaum<br />
durch Aufgabe ganzer Betriebe. Ich hoffe, dass es<br />
soweit auch nicht kommt, denn immerhin gut 60 %<br />
unseres Umsatzes erzielen wir mit landwirtschaftlichen<br />
Dienstleistungen. Was die Existenz der Höfe<br />
betrifft, wird eine große Rolle spielen, wie praxisgerecht<br />
die Instrumente der Düngegesetzgebung<br />
weiterhin gehandhabt werden.“<br />
AUSNAHMEN HELFEN<br />
Die bisherigen Rahmenbedingungen bewertet der<br />
Lohnunternehmer als „machbar“, wobei der Aufwand<br />
für alle Beteiligten durchaus erheblich ist. Gemäß<br />
Nitratrichtlinie dürfen pro Hektar nicht mehr als<br />
170 kg Stickstoff aus organischem Wirtschaftsdünger<br />
ausgebracht werden. Davon werden<br />
Lohnunternehmer Erik Morssink:<br />
„Was die Existenz der Höfe betrifft,<br />
wird eine große Rolle spielen, wie<br />
praxisgerecht die Instrumente der<br />
Düngegesetzgebung weiterhin<br />
gehandhabt werden.“<br />
55<br />
LOHNUNTERNEHMER MICHEL MAUREL, SAINTE-COLOMBE (FR)<br />
KOMFORT-<br />
PRESSEN<br />
Rund 12.000 km verbringt Michel Maurel, Inhaber der Enterprise<br />
Agricole AR aus Sainte-Colombe (Frankreich), jährlich auf der Straße.<br />
Aus diesem Grund sind die Ansprüche des auf Pressen spezialisierten<br />
Lohnunternehmers an seine Maschinen ganz besondere.<br />
44<br />
INTERNATIONAL<br />
TRIO-GRUPPE, LIPEZK (RU)<br />
HERAUSFORDERUNG LOGISTIK<br />
Einer der Betriebe, die das Team in der<br />
einwöchigen Recherchereise besucht<br />
hat, gehört zur „Trio-Gruppe“. Die Gruppe<br />
wurde 1997 gegründet und betreibt heute<br />
auf mehreren Standorten rund um den<br />
Ort Lipezk im gleichnamigen Verwaltungsbezirk<br />
(russisch: Oblast) Landwirtschaft.<br />
Insgesamt bewirtschaftet die Gruppe knapp<br />
90.000 Hektar Fläche. Zum besuchten<br />
Standort, etwa 460 km südlich von Moskau,<br />
gehören 19.000 Hektar, die komplett<br />
pfluglos bzw. auch ohne aktiv angetriebene<br />
Auf den riesigen Flächen ist das<br />
Einsammeln der Strohballen eine<br />
Herausforderung. Die Logistik muss<br />
stimmen.<br />
Krone und die Redaktion profi waren<br />
zu Dreharbeiten für eine Video-DVD<br />
gemeinsam im russischen „Schwarzerdegürtel“<br />
unterwegs. Eines der Ziele war<br />
ein landwirtschaftlicher Betrieb in der<br />
Region Lipezk – Impressionen eines<br />
großen Landes.<br />
45<br />
Bodenbearbeitungswerkzeuge bewirtschaftet<br />
werden. Im langjährigen Mittel fallen<br />
hier rund 400 mm Niederschlag, sodass<br />
Bewässerung notwendig ist. Rund 2.500 ha<br />
der hiesigen Fläche sind mit Kreisregnern<br />
ausgestattet. Zusätzliche 350 mm gelangen<br />
so auf die Flächen. Beregnet werden<br />
allerdings nur Kartoffeln und Zuckerrüben.<br />
Außerdem stehen noch Winter- sowie Sommergerste<br />
(als Braugerste) im Anbauplan.<br />
Weitere Ackerfrüchte sind Winterweizen,<br />
Silo- und Körnermais sowie Gras und Roggen<br />
– jeweils als Vermehrungsfrüchte. Erbsen,<br />
Luzerne und Weißkohl<br />
runden das Programm ab.<br />
Bei den Kartoffeln erzielt<br />
der Betrieb Erträge von<br />
rund 40 t je Hektar.<br />
Abgesetzt wird die Ware nahezu ausschließlich<br />
in Chipsfabriken der Gesellschaft<br />
Frito-Lay, die zum PepsiCo-Konzern gehört.<br />
Ganzjährige Lagerkapazitäten bestehen für<br />
30.000 t Ernteware. Für Trio ist das Kartoffelgeschäft<br />
mit rund 6 % des Firmenumsatzes<br />
ein wichtiges Standbein.<br />
HOHE<br />
INVESTITIONEN<br />
Ähnliche Qualitäten erreichen die<br />
Zuckerrüben. Eine eigene Zuckerfabrik<br />
gehört zum Unternehmen. In den vergangenen<br />
Jahren hat Trio hier über 100 Mio. €<br />
investiert, um die Verarbeitungskapazitäten<br />
auf täglich 10.000 t Zuckerrüben auszuweiten.<br />
Außerdem wurde die Energieeffizienz<br />
der Anlage verbessert und die Verlustrate<br />
reduziert. Die 24.000 ha Zuckerrüben der<br />
Trio-Gruppe werden komplett hier verarbeitet.<br />
Langfristiges Ziel ist ein Zuckerreinertrag<br />
von 7 t/ha – an diesem Ziel sind<br />
die Russen noch nicht ganz angelangt. Die<br />
Qualitäten stimmen jedoch dagegen schon<br />
heute: Einen guten Teil des Ertrags kauft<br />
Coca-Cola zur Produktion koffeinhaltiger<br />
Erfrischungsgetränke.<br />
In den westeuropäisch und amerikanisch<br />
geprägten Maschinenpark hat Trio in den<br />
vergangenen Jahren über 25 Mio. € investiert.<br />
Bei den Hauptschleppern ist vor allem<br />
John Deere vertreten. Auf dem besuchten<br />
Betrieb kommen insgesamt acht 8000er<br />
zum Einsatz – gut ausgelastete Schlepper<br />
erzielen hier jährliche Leistungen von<br />
3.500 Einsatzstunden.<br />
TRIO-GRUPPE, LIPEZK (RU)<br />
HERAUSFORDERUNG LOGISTIK<br />
SCHREINER MASCHINENVERTRIEB<br />
PARTNER<br />
AUF AUGEN-<br />
HÖHE<br />
52<br />
PARTNER<br />
Eine Familie, drei Generationen, vier Standorte und ein hochmotiviertes<br />
Team von 89 Mitarbeitenden – das ist der Fachbetrieb<br />
Schreiner in Steffenberg. Kundenorientierung, Kompetenz<br />
und exklusive Marken stehen dabei im Mittelpunkt – und<br />
große Investitionen bilden die Basis für weiteres Wachstum.<br />
A uf den ersten Blick sieht der Bauplan an der Wand<br />
architektonisch unspektakulär aus: eine schlichte<br />
Werkstatthalle in den Grundmaßen 25 m mal 13 m sowie<br />
8 m Höhe, mit Pultdach und vier Toren. Und doch ist sie<br />
für den Landmaschinen-Fachbetrieb Schreiner mit Hauptsitz<br />
im hessischen Steffenberg-Niedereisenhausen etwas<br />
Besonderes, wie Gerhold Schreiner erklärt, der das Unternehmen<br />
zusammen mit seinem Bruder Arno leitet: „Diese<br />
Halle wird hinter unserer heutigen Werkstatt stehen und<br />
weitgehend für Krone-Technik vorbehalten sein, sei es für<br />
die Auslieferungsvorbereitung von Neumaschinen oder für<br />
Reparaturen. Und sie ist so konzipiert, dass Lkw vorn hinein<br />
und hinten wieder herausfahren können, was die Logistik<br />
hier auf dem Betriebsgelände enorm erleichtert.“<br />
In diesem Moment kommt Seniorchef und Firmengründer<br />
Helmut Schreiner ins Büro, der mit seinen 82 Jahren<br />
nach wie vor topfit und im Tagesgeschäft aktiv ist „und<br />
hilft, wo es nötig ist“, wie er es formuliert. Jetzt hat er<br />
eine gute Neuigkeit: Der Architekt habe angerufen, die<br />
letzten Absprachen für die Ausschachtungsarbeiten seien<br />
getroffen, sodass es jetzt im Prinzip losgehen könne. Also<br />
Grund genug, sich vor Ort anzuschauen, wo besagte Halle<br />
entstehen soll. Auf dem Weg dorthin erklärt sich auch die<br />
angesprochene „Erleichterung“. Denn der Betrieb ist in<br />
mehr als fünf Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen, was<br />
sich auch in den verschiedenen baulichen Erweiterungen<br />
widerspiegelt – und in der Erkenntnis, dass Platz auf dem<br />
nicht mehr erweiterbaren Grundstück ein kostbares Gut<br />
ist. „Umso mehr freuen wir uns, dass wir hier doch die<br />
Baugenehmigung für diesen Neubau bekommen haben“,<br />
erzählt Gerhold Schreiner weiter.<br />
VIEL INVESTIERT<br />
Aus diesem Grund hatte die Unternehmerfamilie im gleichen<br />
Ort 2012 einen 3.000 m² großen Gebäudekomplex erworben,<br />
der als „Werk 2“ der Flurfördertechnik vorbehalten<br />
ist. 2015 folgte, ebenfalls in Niedereisenhausen, mit dem<br />
Kauf einer 4.700 m² großen Halle das „Werk 3“; dort ist die<br />
Werkstatt für Großmaschinen angesiedelt. Denn neben der<br />
Landtechnik mit Deutz-Fahr und Krone als Hauptmarken<br />
bildet u. a. Merlo ein wichtiges Standbein innerhalb der<br />
Umschlags- und Industrietechnik. „Gerade die großen Rotor-Teleskoplader<br />
mit bis zu 20 m Ausleger brauchen auch<br />
im Service viel Platz“, erklärt Niclas Schreiner, der ebenfalls<br />
zur Gesprächsrunde dazu gestoßen ist. Er und sein Bruder<br />
Jonas sind die dritte Generation Schreiner im Unternehmen,<br />
wobei Niclas seine Stärken im Vertrieb sieht, während sich<br />
Sehen den Fachbetrieb als wichtigste Schnittstelle zwischen Hersteller und Kunden:<br />
(v.r.n.l.) Gerhold, Jonas und Niclas Schreiner sowie Thomas Märte (Vertrieb).<br />
53<br />
16<br />
PRAXIS<br />
LANDWIRT HEIKO BERBALK, WALDEMS<br />
GENUSS-ARCHE<br />
„Bei mir hat noch nie ein Lkw<br />
Schlachtlämmer aufgeladen“,<br />
sagt Heiko Berbalk. Er betreibt<br />
gemeinsam mit seiner Frau<br />
Katja die Schäferei Hof Berbalk.<br />
Sie vermarkten ihr hochwer tiges<br />
Lammfleisch auf verschiedenen<br />
Wochenmärkten und direkt ab<br />
Hof.<br />
17<br />
Pro Jahr isst jeder Bürger der Bundesrepublik<br />
rund 60 kg Fleisch. Der Anteil,<br />
der dabei vom Schaf stammt, ist relativ<br />
gering – er liegt gerade einmal bei 600 g.<br />
Die Ursache dafür liegt allerdings nicht nur<br />
in den Verzehrgewohnheiten, sondern auch<br />
im Angebot. Fleisch direkt vom Schäfer gibt<br />
es meist nur in Form ganzer oder halber<br />
Lämmer, und wer Teilstücke kaufen will,<br />
findet in den Theken der Supermärkte meist<br />
Tiefkühlware aus Neuseeland.<br />
Dass der Verzehr von Lammfleisch zwar<br />
lang sam, aber kontinuierlich ansteigt,<br />
liegt an Betrieben wie dem Hof Berbalk<br />
in Waldems-Wüstems im Taunus, knapp<br />
40 km von den Innenstädten Frankfurts und<br />
Wiesbadens entfernt. Denn sie haben die<br />
Qualität ihrer Produkte auf allen Stufen<br />
selbst in der Hand: bei der Schafhaltung, bei<br />
der Schlachtung und der Verarbeitung – vor<br />
allem aber direkt im Kundenkontakt beim<br />
Verkauf.<br />
HOBBY ALS BERUF<br />
Heiko Berbalks Eltern waren Hobby-Tierhalter<br />
– von Geflügel und Schafen. Er selbst<br />
machte zunächst eine Ausbildung zum Gas-<br />
und Wasserinstallateur, später die Prüfung<br />
zum Meister in diesem Beruf. Ende der<br />
neunziger Jahre arbeitete er in Österreich,<br />
doch es zog ihn nach einem Jahr wieder<br />
nach Hause. Hier war inzwischen die Herde<br />
auf 400 Mutterschafe angewachsen. Heiko<br />
Berbalk packte die Sache nun von Grund<br />
auf an: Erst legte er die Gehilfenprüfung als<br />
Tierwirt in der Fachrichtung Schafhaltung<br />
ab, vier Jahre später die Meisterprüfung.<br />
Gleich nach der Übernahme des Betriebes<br />
setzte er eine größere Baumaßnahme um:<br />
einen Stall für 650 Mutterschafe. Seine Herde<br />
besteht hauptsächlich aus Rhönschafen.<br />
Das ist eine bewährte Landschafrasse. Die<br />
Tiere sind mittelrahmig. Charakteristisch ist<br />
ihr edler schwarzer Kopf, Körper und Beine<br />
sind weiß. „Mit der Zucht von Rhönschafen<br />
haben bereits meine Eltern begonnen“, berichtet<br />
der Schäfer. „Sie sind meiner Ansicht<br />
nach für meinen Betrieb die beste Rasse.<br />
Zwar handelt es sich nicht um ein ausgesprochenes<br />
Fleischschaf, sie sind aber robust<br />
und genügsam. Auf unseren Standort<br />
passen sie ideal.“ Obwohl Heiko Berbalk für<br />
sein Leben gern Schafe hütet, übernimmt<br />
die tägliche Betreuung weitgehend sein<br />
Schäfer Jaak. Mit bei der Herde sind noch<br />
etwa 30 bis 40 braune Bergschafe und die<br />
gleiche Anzahl an Buren- sowie Thüringer<br />
Wald Ziegen. Die beiden Letzteren dienen<br />
hauptsächlich der Landschaftspflege. Fast<br />
das ganze Jahr werden die Schafe gehütet,<br />
Anfang Januar geht es dann für etwa<br />
100 Tage in den Tiefstreu-Stall. Gleich einige<br />
Tage später wird geschoren.<br />
ABLAMMUNG<br />
Obwohl das Rhönschaf eine asaisonale<br />
Brunst hat, findet der Schwerpunkt der<br />
Lammungen im späten Winter/Anfang<br />
Frühjahr statt. Dann bekommen die Tiere<br />
eine 24-Stunden-Betreuung. In dieser<br />
sind auch die beiden anderen Mitarbeiter,<br />
Karsten und Marcel, meist im Stall tätig.<br />
„Jedes Lamm, das wir mehr aufziehen, ist<br />
für uns wichtig“, sagt Heiko Berbalk. „Da<br />
sollte fast immer jemand dabei sein, um zu<br />
schauen, ob es bei den Lammungen Komplikationen<br />
gibt, und ob die neugeborenen<br />
Lämmer auch gut getrunken haben“, betont<br />
er. Mutterschafe und Lämmer kommen nach<br />
der Geburt grundsätzlich in Einzelboxen.<br />
Dies erleichtert die Bindung zueinander<br />
und die Kontrolle durch die Schäfer. Später<br />
kommen die Tiere dann in größere Gruppen.<br />
Die Futterfläche des Betriebes beträgt etwa<br />
28<br />
WISSEN<br />
MENSCHEN BEI KRONE<br />
TEAM-SPIELER<br />
29<br />
Maximilian Fritz arbeitet bei Krone in der Schwader-Montage<br />
und ist seit dem Frühjahr auch Teil der eSport-Gruppe. Sie spielt<br />
mittlerweile in der internationalen „Farming Simulator League“<br />
im Spitzenfeld mit – eine Welt für sich.<br />
Beifall brandet auf – dann ein kollektives<br />
Aufstöhnen – wie gebannt starren<br />
die Zuschauer auf das Spiel vor ihnen, das<br />
auf eine Großleinwand übertragen wird,<br />
während zwei Kommentatoren das Turniergeschehen<br />
wortreich begleiten. Doch es<br />
handelt sich hier nicht etwa um die Leichtathletik-Weltmeisterschaften<br />
oder ein Fußball-Bundesligaspiel.<br />
Objekt der Faszination<br />
Tausender in der Halle und Zuhause an den<br />
Bildschirmen ist stattdessen das Live-Turnier<br />
der „Farming Simulator League“, kurz FSL,<br />
das während der Messe „Zürich Game Show<br />
19“ stattfand. Und im harten Wettstreit<br />
um die schnellsten Ernte-Logistiker hat ein<br />
Team gerade einen herben Rückschlag hinnehmen<br />
müssen. Dieses FSL-Turnier ist das<br />
dritte von insgesamt neun, die während der<br />
ersten Liga-Saison zwischen Juli <strong>2019</strong> und<br />
Juli 2<strong>02</strong>0 stattfinden.<br />
HARTES TRAINING<br />
Doch was steckt eigentlich dahinter?<br />
„Basis und Ausgangspunkt ist das seit<br />
Längerem schon beliebte PC-Spiel Landwirtschaftssimulator.<br />
Mit der FSL wurde<br />
es <strong>2019</strong> jedoch um eine hochkarätige<br />
eSport-Komponente erweitert“, erzählt<br />
Maximilian Fritz. Er arbeitet bei Krone am<br />
Standort Spelle in der Schwader-Fertigung<br />
und ist seit diesem Frühjahr Mitstreiter<br />
im Krone eSport-Team, zusammen mit<br />
Frederic Leifeling, Sascha Straub, Martin<br />
Potzmader, Lukas Steurer und Andreas<br />
Beisswenger. „In den jeweiligen FSL-Turnieren<br />
spielen Dreier-Teams gegeneinander,<br />
ganz klassisch nach dem K.-o.-System<br />
mit Achtel-, Viertel- und Halbfinale bis<br />
zum Endspiel. Das können sogenannte<br />
Wildcard-Teams sein, mit dabei sind aber<br />
auch die sogenannten Seeded Teams, die<br />
ein generelles Startrecht bei den großen<br />
Turnieren haben“, erzählt er weiter.<br />
Von diesen Seeded Teams spielt mittlerweile<br />
knapp ein Dutzend bei der FSL mit,<br />
die allesamt von Herstellern aus dem<br />
landwirtschaftlichen Umfeld unterstützt<br />
werden – wie zum Beispiel Krone. „Unsere<br />
eSport-Gruppe wurde in diesem Frühjahr<br />
gegründet, nach dem internen Aufruf habe<br />
ich mich spontan mal gemeldet“, berichtet<br />
Maximilian Fritz weiter. Insgesamt spielen<br />
sechs Personen im Team. Dank der Sechsergruppe<br />
können in den Trainings jeweils zwei<br />
Dreiergruppen gegeneinander antreten.<br />
Wobei man sich unter Trainings keine<br />
schweißtreibenden Übungseinheiten auf<br />
der Tartanbahn vorstellen muss, sondern<br />
am PC. „Doch das fordert auch enorm. Wir<br />
trainieren mindestens zweimal pro Woche<br />
einige Stunden und vor Turnieren auch am<br />
Wochenende. eSport ist eben doch eine<br />
echte Sportart, für die man wirklich ackern<br />
muss, um gut zu sein“, betont er.<br />
NEU-EMSLÄNDER<br />
In der Krone eSport-Gruppe ist er der einzige<br />
Kollege aus der Fertigung im Werk – und ist<br />
erkennbar stolz, dabei sein zu können. Das<br />
hat nicht nur mit seinem generellen Hobby<br />
der Computerspiele zu tun, sondern auch ein<br />
wenig mit seinem beruflichen „Ankommen“<br />
in Spelle. Ursprünglich stammt er aus dem<br />
kleinen Ort Ketzin bei Potsdam. Dort lernte er<br />
den Beruf des Nutzfahrzeug-Mechatronikers,<br />
konnte von seinem Lehrbetrieb am Ende<br />
der Ausbildung aber nicht übernommen<br />
werden. Kurzentschlossen nutzte er 2011 das<br />
Angebot einer Zeitarbeitsfirma, bei Krone<br />
im Speller Werk anzufangen. Zunächst als<br />
klassischer Leiharbeiter, dann mit Zeitvertrag<br />
direkt beim Hersteller und seit 2016 mit<br />
unbefristeter Anstellung. Gleich in der An-<br />
Eingespieltes Team: Seit Kurzem ist Maximilian Fritz (2.v.r.) Teamleiter der Gruppe Getriebebau innerhalb der<br />
Montagelinie Schwader.<br />
48<br />
INTERVIEW<br />
LOGISTIK<br />
FÜR DIE<br />
„LETZTE MEILE“<br />
49<br />
Wie häufig kommt ein Paketbote bei Ihnen vorbei? Einmal die<br />
Woche, oder häufiger? Wir kaufen zunehmend online ein und<br />
lassen selbstverständlich liefern. Aber in den Ballungszentren sind<br />
die Lieferfahrzeuge oft ein Hindernis im täglichen Verkehrskollaps.<br />
Eine vielversprechende Lösung kommt aus der Krone-Gruppe.<br />
Der Onlinehandel boomt und mit ihm die Paket-,<br />
Kurier- und Expressdienste – eine Entwicklung, die in<br />
der Krone-Gruppe sehr genau beobachtet wird. Aus gutem<br />
Grund: In der Nutzfahrzeugsparte des Unternehmens werden<br />
unter anderem jährlich rund 12.000 Wechselbrücken<br />
gefertigt. Sie sind der wichtigste Ladungsträger für die<br />
Logistikbranche in diesem Segment. Seit zwei Jahren ist<br />
das Familienunternehmen auch auf der sogenannten<br />
„letzten Meile“ aktiv. Zum einen werden Paketaufbauten<br />
für leichte Nutzfahrzeuge gefertigt, zudem stieg man in<br />
die Umsetzung neuer Logistikkonzepte ein. Dafür wurde<br />
2017 eigens ein Joint-Venture namens Rytle gegründet,<br />
welches mittlerweile auch eigene Cargobikes produziert. Die<br />
Idee dazu hatten Ingo Lübs und Dr. Arne Kruse, ein Bremer<br />
Unternehmer und Radexperte, nach einer eher zufälligen<br />
Begegnung. Beide sind heute Geschäftsführer der Rytle<br />
GmbH und dabei, ein weltweites Netzwerk aufzubauen,<br />
welches ungeahnte Möglichkeiten aufzeigt. Wir haben mit<br />
Ingo Lübs über das Projekt gesprochen.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Die Krone-Gruppe ist mit Landmaschinen weltweit<br />
erfolgreich, sie ist einer der wichtigsten europäischen<br />
Nutzfahrzeughersteller – und jetzt auch noch Hersteller von<br />
Lastenfahrrädern. Wie kam es dazu?<br />
Ingo Lübs: Die Aussage, dass wir bei Krone nun Lastenräder<br />
fertigen, trifft es nicht wirklich. Wir haben vielmehr einen<br />
ganzheitlichen Blick auf die Prozesse in der Paketlogistik,<br />
und daraus ist unser Rytle-System entstanden. Ein System,<br />
das punktgenau für die „letzten Meter“ der City-Logistik<br />
konzipiert wurde. Denn genau dort wird oft über die Profitabilität<br />
der Paketzustellung entschieden. Wir helfen unseren<br />
Kunden mit Hard- und Software, ihre Prozesse effizienter zu<br />
gestalten, damit sie auf den letzten Metern das Rennen in der<br />
Paketlogistik gewinnen können, sprich profitabel arbeiten.<br />
58<br />
AGRITECHNICA <strong>2019</strong><br />
VOLLES HAUS<br />
Wie wird die Stimmung<br />
der Landwirte sein? Diese<br />
Frage beschäftigte im<br />
Vorfeld der Agritechnica<br />
wohl alle Aussteller. Doch<br />
mit 450.000 Besuchern<br />
lag das Ergebnis auf dem<br />
gleichen Super-Niveau<br />
wie 2017. Bei Krone war<br />
der „gefühlte Ansturm“<br />
sogar noch größer –<br />
herzlichen Dank an alle<br />
Besucher!<br />
TELEGRAMM<br />
59<br />
36<br />
PRAXIS<br />
LANDWIRT MARIO ORTLIEB, SARNOW<br />
QUALITÄT<br />
DIREKT ERLEBEN<br />
Wachsen oder spezialisieren? Mario Ortlieb hat sich<br />
für Letzteres entschieden. Er setzt auf Direktvermarktung<br />
seiner Produkte, und er hat Jahr für Jahr mehr Gäste<br />
auf seinem Hof, die Landwirtschaft erleben wollen.<br />
37<br />
Das Land ist leicht hügelig, die<br />
Felder und Wiesen ziehen sich<br />
weit hin. Das Getreide ist abgeerntet,<br />
bis zur Maisernte wird es nicht mehr<br />
lange dauern. Es ist ein heißer Tag, als<br />
wir Mario Ortlieb auf seinem Hof in<br />
Sarnow bei Pritzwalk besuchen. Schon am frühen Vormittag<br />
ist das Thermometer auf 30 Grad geklettert. Keine Wolke<br />
ist am Himmel, und das Vieh auf den Weiden sucht im<br />
Schatten der Bäume Schutz vor der Sonne. Mario Ortlieb<br />
wischt sich lächelnd den Schweiß von der Stirn, als er aus der<br />
Scheune kommt. Er ist gerade dabei, einen Ladewagen für<br />
die bevorstehende Maisernte vorzubereiten. Üppig wird die<br />
Ernte nicht ausfallen. Wie bei allen anderen Kulturen auch,<br />
hat die anhaltende Trockenheit den Erträgen zugesetzt.<br />
Doch der Landwirt aus der Prignitz ist kein Mensch, der sich<br />
damit aufhält, über das Wetter zu schwadronieren, auch<br />
wenn es von existenzieller Bedeutung für ihn ist. Viel lieber<br />
denkt Mario Ortlieb darüber nach, wie er seinen Betrieb<br />
weiterentwickeln kann. Das, was er bereits auf den Weg<br />
gebracht hat, ist beeindruckend, was er noch alles an Ideen<br />
im Kopf hat, klingt visionär. Mario Ortlieb will nicht weniger,<br />
als Landwirtschaft erlebbar zu machen! Er will zeigen, wie<br />
Lebensmittel erzeugt werden, will dazu beitragen, dass sie<br />
wieder die Wertschätzung erfahren, die ihnen zusteht.<br />
VOLLE TRANSPARENZ<br />
Das Wort Nachhaltigkeit fällt im Laufe unseres Gespräches<br />
nicht ein einziges Mal. Dabei hat Mario Ortlieb schon<br />
früh einen sehr nachhaltigen Weg eingeschlagen. Vor<br />
knapp zehn Jahren ist er in die Direktvermarktung<br />
der von ihm erzeugten Lebensmittel eingestiegen.<br />
Kein einfacher Weg in einer strukturschwachen<br />
Region wie der Prignitz, in der die Discounter<br />
den Lebensmitteleinzelhandel dominieren. „Um<br />
hier mit regionalen Produkten erfolgreich zu<br />
sein, muss man durch Qualität überzeugen“,<br />
sagt Mario Ortlieb. Und Qualität hat für<br />
den Landwirt eine Dimension, die weit<br />
über Frische und den Geschmack eines<br />
Stück Fleisches oder einer Kartoffel hinausgeht.<br />
Qualität beinhaltet für ihn auch ein<br />
Maximum an Transparenz: „Unsere Kunden<br />
wollen wissen, wie Lebensmittel produziert<br />
werden. Sie wollen sehen, wie unsere Tiere<br />
gehalten werden und wie wir unsere Felder<br />
bearbeiten.“ Diesen Wunsch hat Mario<br />
Ortlieb aufgegriffen und über die Jahre<br />
weiterentwickelt. So hat sich aus der Direktvermarktung<br />
ein direktes Erleben entwickelt, das mittlerweile weit über<br />
1.000 Menschen pro Jahr genießen, die den Bauernhof in<br />
Sarnow besuchen.<br />
Die Gäste werden auf Wunsch mit einem vom Traktor gezogenen<br />
Ausflugswagen über die Ländereien gefahren,<br />
können zum Beispiel zuschauen, wenn das Getreide gedroschen<br />
wird. Sie dürfen einen Blick in die Schweineställe<br />
werfen oder Hühner und Enten füttern. Mehr noch: Sie<br />
können auch auf dem Dachboden einer sanierten Scheune<br />
feiern. Bis zu 120 Gäste haben dort Platz. Ein Angebot, das<br />
von Hochzeitspaaren in der Region gerne genutzt wird.<br />
Organisiert werden Feiern und Veranstaltungen von Mario<br />
Ortliebs Ehefrau Nicole. Die gelernte Hotelfachfrau kennt<br />
sich mit der Organisation größerer Feiern bestens aus.<br />
Und sie hat ein sehr gutes Gespür für Details sowie die<br />
Dekorationen für die einzelnen Veranstaltungen. Das alles<br />
stellt sie gewissermaßen nebenbei auf die Beine, da sie<br />
nach wie vor ihrem Beruf nachgeht. Ihre Idee war es auch,<br />
in unregelmäßigen Abständen Verkostungen „der etwas<br />
anderen Art“ zu veranstalten: „Wir braten unser eigenes<br />
Fleisch und dazu Billigfleisch aus einem Discounter. Beides<br />
servieren wir unseren Gästen, die nicht um die Herkunft<br />
der jeweiligen Fleischprobe wissen. Raten Sie mal, was den<br />
Leuten besser schmeckt“, sagt Mario Ortlieb und lacht.<br />
BEWUSSTER SCHRITT<br />
Seinen Kunden einen so weitreichenden Einblick zu gewähren,<br />
setzt ein sehr hohes Maß an Aufgeschlossenheit<br />
voraus. Eine Eigenschaft, die sich im für einen Landwirt<br />
untypischen Lebenslauf von Mario Ortlieb widerspiegelt.<br />
Immer wieder kam er mit Menschen unterschiedlicher<br />
Couleur in Verbindung. Vor 43 Jahren in Pritzwalk geboren,<br />
hat er seine Kindheit und Jugend auf dem elterlichen Hof<br />
in Sarnow verbracht. Nach der Schule absolvierte er eine<br />
kaufmännische Ausbildung, anschließend ging er zur<br />
Bundeswehr. Es folgten einige Jahre in Berlin, wo er dank<br />
seiner kräftigen und sportlichen Statur unter anderem als<br />
gefragter Personenschützer arbeitete. Doch schon während<br />
seiner Berliner Jahre hat es ihn immer wieder auf den Hof<br />
in seinem Heimatdorf gezogen.<br />
Der wurde einige Jahre nach der Wende zunächst im Nebenerwerb<br />
wiederbelebt. Später entschloss sich Mario Ortlieb,<br />
mit seinem Vater eine GbR zu gründen und den Betrieb im<br />
Vollerwerb zu bewirtschaften. „Es war keine Entscheidung,<br />
die aus der Not heraus getroffen wurde, sondern ein<br />
Fleisch und Wurstprodukte stammen nicht<br />
nur von den eigenen Tieren, sondern auch aus<br />
eigener Verarbeitung.<br />
INHALT
IMPRESSUM<br />
3 Editorial<br />
6<br />
12<br />
Grünland-Management: Dänemark<br />
Erfolgreich trotz Düngerlimit<br />
Grünland-Management: Niederlande<br />
Nur Qualität zählt<br />
16 Landwirt Heiko Berbalk, Waldems: Genuss-Arche<br />
20 Praxis-Tipp: Saisoncheck Ladewagen<br />
23 Neuheiten<br />
24 Familie Walch, Kirchberg (A): Gute Milch – guter Käse<br />
28 Menschen bei Krone: Team-Spieler<br />
31 Neuheiten<br />
32<br />
Zukunft Landwirtschaft:<br />
„Das gelingt nicht an der Ladenkasse.“<br />
36 Landwirt Mario Ortlieb, Sarnow: Qualität direkt erleben<br />
40 News-Ticker<br />
42 Zahlen & Fakten<br />
44 Trio-Gruppe, Lipezk (RU): Herausforderung Logistik<br />
48 Logistik: Für die „letzte Meile“<br />
52 Schreiner Maschinenvertrieb: Partner auf Augenhöhe<br />
55<br />
Lohnunternehmer Michel Maurel, Sainte-Colombe (FR):<br />
Komfort-Pressen<br />
58 Agritechnica <strong>2019</strong>: Volles Haus<br />
Herausgeber:<br />
Maschinenfabrik<br />
Bernard Krone GmbH & Co. KG<br />
Heinrich-Krone-Straße 10<br />
48480 Spelle<br />
Tel.: +49(0)5977/935-0<br />
info.ldm@krone.de<br />
www.krone.de<br />
Verantwortlich i.S.d.P.:<br />
Heinrich Wingels<br />
Redaktion:<br />
Beckmann Verlag GmbH & Co. KG<br />
Rudolf-Petzold-Ring 9<br />
31275 Lehrte<br />
www.beckmann-verlag.de<br />
Layout:<br />
Beckmann Verlag GmbH & Co. KG<br />
Rudolf-Petzold-Ring 9<br />
31275 Lehrte<br />
www.beckmann-verlag.de<br />
Druck:<br />
Bonifatius Druckerei<br />
Karl-Schurz-Straße 26<br />
33100 Paderborn<br />
Fotomaterial:<br />
Falls nicht anders angegeben:<br />
Maschinenfabrik<br />
Bernard Krone GmbH & Co. KG<br />
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S. 7: Laursen (1)<br />
S. 24–27: Walch (3)<br />
S. 30: FSL (2)<br />
S. 32–35: DLG<br />
S. 36–39: Ortlieb (2)<br />
S. 52–53: Schreiner (1)<br />
S. 44–47: Redaktion profi<br />
Auflage:<br />
38.000 Exemplare<br />
<strong>XtraBlatt</strong> erscheint halbjährlich für Kunden<br />
in Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz. Nachdruck nur mit Genehmigung<br />
des Herausgebers. Dies gilt auch für die<br />
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und Vervielfältigung auf CD-ROM.<br />
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diesem Fall selbstverständlich sofort aus<br />
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behandelt und ausschließlich dafür<br />
verwendet, Ihre Anfragen und Rückmeldungen<br />
bearbeiten zu können. Wir geben<br />
keine Daten an Dritte weiter.<br />
5
TITELTHEMA<br />
GRÜNLAND-MANAGEMENT: DÄNEMARK<br />
ERFOLGREICH<br />
TROTZ<br />
DÜNGERLIMIT<br />
Ackergras mit Kleeanteil ist für viele dänische Milchviehhalter<br />
eine wesentliche Futtergrundlage.<br />
6
Während in Deutschland die verschärfte<br />
Düngeverordnung wie<br />
eine schwarze Wolke über der<br />
Landwirtschaft hängt, haben die<br />
dänischen Kollegen die Stürme<br />
dieses „Tiefs“ schon hinter sich<br />
und seit 20 Jahren Erfahrungen<br />
mit Grünland-Management unter<br />
dem „Nährstoff-Deckel“, wie<br />
<strong>XtraBlatt</strong> vor Ort erfahren hat.<br />
Von den rund 450 ha bewirtschafteter Fläche<br />
nutzt Landwirt Niels Laursen rund 100 ha als<br />
Grünland, vor allem Ackergras.<br />
Die Fahrt vom Grenzübergang Padborg in Richtung<br />
Nordwest durch das südliche Jütland zeigte es im<br />
September sehr deutlich: Die Silomaisbestände sahen sehr<br />
vielversprechend aus und ließen auf eine überdurchschnittlich<br />
gute Ernte hoffen. „Im Vergleich zu Deutschland wird<br />
der Mais hier bei uns im hohen Norden in der Regel nicht so<br />
hoch – aber in diesem Jahr ist es eine wahre Pracht“, freut<br />
sich Dan Hamann, Geschäftsführer der Brøns-Gruppe, den<br />
ich am Firmensitz im gleichnamigen Örtchen Brøns direkt<br />
an der Westküste Jütlands besuche. Er ist u. a. exklusiver<br />
Importeur für Krone und Amazone in Dänemark und betreut<br />
zusammen mit seinem 30-köpfigen Team sowie etwa<br />
20 regionalen Fachhändlern die dänischen Landwirte in<br />
Vertrieb, Service und Beratung.<br />
Auch sonst sehen sich die dänischen Milchviehhalter derzeit<br />
recht gut aufgestellt, so Dan Hamanns Einschätzung.<br />
Ein Blick auf die offiziellen Statistiken zeigt: Mitte des<br />
Jahrzehnts waren die dänischen Kuhbestände auf rund<br />
525.000 Tiere gesunken, aber seit dem Wegfall der Quoten<br />
geht es aufwärts. Mittlerweile gibt es in Königin Margrethes<br />
Reich wieder rund 575.000 Kühe. Gesunken ist allerdings die<br />
Zahl der Betriebe: Schon 2017 rutschte sie bei den Milchviehhaltern<br />
unter die Marke von 3.000, bei Schweinen sind<br />
es weniger als 2.300, und bei der Gesamtzahl aller Höfe in<br />
Dänemark weisen die Statistiker für das gleiche Jahr gut<br />
34.700 aus – das sind fast 20 % weniger als im Jahr 2010.<br />
„Im Schnitt der zukunftsfähigen Milchviehbetriebe dürfte<br />
die Betriebsgröße heute bei etwa 300 ha bzw. 300 Kühen<br />
liegen – doppelt so groß wie noch 2010. Und die Tendenz<br />
zeigt weiter nach oben“, so der Krone-Importeur.<br />
FLÄCHENBINDUNG<br />
Doch wo liegen die Ursachen für diesen drastischen Strukturwandel?<br />
Um dem auf den Grund zu gehen, besuchen wir<br />
Landwirt Niels Laursen in Ribe, etwa 15 km nördlich von Brøns.<br />
Er bewirtschaftet rund 450 ha voll arrondierter Acker- und<br />
Grünlandflächen, davon 220 ha eigene Flächen. Ihm gehören<br />
420 Kühe plus Nachzucht, insgesamt 800 Tiere. Sie stehen in<br />
zwei etwa 1 km voneinander entfernten Ställen – vor einigen<br />
Jahren konnte er den Nachbarbetrieb dazu kaufen.<br />
Den Herdendurchschnitt beziffert er auf rund 10.900 kg Milch<br />
bei knapp 3,8 % Fett und 3,4 % Eiweiß, während wir durch<br />
den Betrieb gehen. Gemolken wird mit Robotern, je nach<br />
Leistungsgruppe drei- bzw. zweimal täglich.<br />
Die Ausstattung seines Betriebes mit Land bewertet Niels<br />
Laursen als gut. Bei diesem Verhältnis von Tieren zu Fläche<br />
gelinge es, den anfallenden organischen Dünger komplett<br />
7
TITELTHEMA<br />
1<br />
auf dem eigenen Land unterzubringen. Damit steht der<br />
Landwirt jedoch nicht allein, wie Erik Helbo Bjergmark<br />
ergänzt, der bei dem Gespräch mit anwesend ist. Er ist für<br />
die landwirtschaftliche Beratungsorganisation Seges in<br />
Aarhus tätig, die sich mehrheitlich von Beiträgen der rund<br />
15.000 dänischen Landwirte finanziert, die Mitglied in dieser<br />
Organisation sind. „Ein Transport von organischem Dünger<br />
über größere Distanzen und/oder Abgabe an Fremdbetriebe,<br />
wie man es in Deutschland oder den Niederlanden sehen<br />
kann, war bei uns lange Zeit nicht erlaubt. Der Zwang der<br />
Flächenbindung hat deshalb den Strukturwandel sehr getrieben“,<br />
erklärt er.<br />
LOCKERUNG DER AUFLAGEN<br />
Möglich war vielen Betrieben die Erweiterung ihrer Betriebsfläche<br />
in den zurückliegenden Jahren vor allem durch<br />
die deutlich gesunkenen Pacht- und Kaufpreise für Land.<br />
Nach Aussage des Beraters lag zum Beispiel der Pachtpreis<br />
in Westjütland im Jahr 2013 bei etwa 4.000 Kronen/ha,<br />
was etwa 540 € entsprach. Gegenwärtig bewegen sich die<br />
Kurse zwischen 2.000 und 3.000 DKr, also zwischen 260 und<br />
400 €/ha, wie auch Niels Laursen bestätigt. Das klingt auf<br />
den ersten Blick paradox, denn eine steigende Nachfrage<br />
nach Land sollte eigentlich den gegenteiligen Effekt erwarten<br />
lassen. „Doch die Betriebe hier haben aus verschiedenen<br />
Gründen wirtschaftlich teils sehr schwierige Jahre hinter<br />
sich. Zahlreiche Betriebsleiter mussten aufgeben, sodass<br />
viel Land freikam. Jetzt hat sich das Pachtniveau allerdings<br />
stabilisiert“, meint er.<br />
Zu den Einflussfaktoren dieser wirtschaftlich schwierigen<br />
Phase gehört sicher nicht nur, aber zum Teil eben auch die<br />
Düngeverordnung, wie aus dem Gespräch mit Niels Laursen,<br />
Erik Bjergmark und Dan Hamann herauszuhören ist. Obergrenzen<br />
für Stickstoff und Phosphor gibt es in Dänemark seit<br />
etwa 20 Jahren. In dieser Zeit wurden seitens der Politik die<br />
unterschiedlichsten Konzepte vorgegeben, wie die Düngung<br />
zu erfolgen habe. „Nicht alles davon war aus fachlicher Sicht<br />
wirklich immer sinnvoll und hat viel Geld gekostet. Aber im<br />
Laufe der Jahre wurden die Regelungen angepasst, und seit<br />
2017 haben alle politisch sowie fachlich Beteiligten einen<br />
durchaus praktikablen Weg gefunden“, erzählt der Berater.<br />
Hintergrund der „Lockerung“ im Jahr 2017 seitens der<br />
Regierung war, dass erstens die ursprünglich zu hohen<br />
Nitratwerte im Grundwasser deutlich gesunken waren,<br />
und zweitens die früheren Obergrenzen vor allem im Getreideanbau<br />
zu Qualitäts- und Ertragseinbußen führten,<br />
was speziell bei Weizenproduzenten zu wirtschaftlichen<br />
Einbußen führte und vor allem in der Schweinehaltung zur<br />
Konsequenz hatte, dass zusätzliche Proteinfuttermittel<br />
eingekauft werden mussten, um die Rationen auf Leistungsniveau<br />
zu halten. Als Milchproduzent sah und sieht Niels<br />
Laursen darin jedoch kein Problem. Ein gewisser Anteil<br />
Kraftfutter müsse ohnehin zugekauft werden. Und auf<br />
8
2<br />
3<br />
seinen mehrheitlich eher sandigen Ackerböden wachsen als<br />
Getreide ohnehin nur Gerste und Roggen, zusammen etwa<br />
250 ha. „Dabei sind wir nicht auf Höchsterträge angewiesen<br />
und mit den durchschnittlich 70 dt/ha zufrieden“, sagt er.<br />
Weitere 150 ha entfallen auf Mais und rund 100 ha auf Gras.<br />
Doch mit welchen Vorgaben müssen die Landwirte denn<br />
gegenwärtig nun auskommen? Die Obergrenze von<br />
170 kg N/ha bzw. 30 kg P/ha aus organischem Dünger gilt<br />
nach wie vor. Als verwertbar gelten 70 % der Menge, sodass<br />
letztlich effektiv etwa 135 kg N/ha aus organischem Dünger<br />
stammen dürfen. Allerdings – und hier liegt der wichtige<br />
Unterschied – orientiert sich die Regelung jetzt stärker<br />
am tatsächlichen Bedarf der Pflanzen. „Bis 2017 durften<br />
pauschal höchstens 80 % des pflanzenbaulichen Optimums<br />
gedüngt werden. Jetzt gilt diese Deckelung so nicht mehr,<br />
und wir können uns am tatsächlichen Bedarf orientieren“,<br />
berichtet Erik Bjergmark. Entsprechend der in der Gülle<br />
enthaltenen Nährstoffe – hier arbeiten Verwaltung und<br />
Politik mit pauschalen Werten und geben keinen Zwang zur<br />
Beprobung vor – setzt Niels Laursen auf Gras normalerweise<br />
gut 20 m³/ha als erste Gabe ein. Nach dem zweiten Schnitt<br />
folgen weitere 15 m³/ha, auf Mais dagegen setzt er 30 m³/ha<br />
als einzige Güllegabe vor der Saat ein.<br />
Weiterer Pluspunkt in dem Zusammenhang: Zusätzlich<br />
dürfen die Landwirte Mineraldünger einsetzen, sodass in<br />
Summe bis zu 300 kg N/ha möglich sind. Positiv wirkt zudem<br />
1 Zum Betrieb Laursen gehören 420 Kühe plus<br />
380 Nachzucht-Tiere in zwei Ställen.<br />
2 Lohnunternehmer Torben Kamp: „Die genaue<br />
Dokumentation der ausgebrachten Düngermengen<br />
ist vom Staat vorgeschrieben.“<br />
3 Lohnunternehmer Hans Tobiasen sieht in<br />
„controlled traffic“ auf Grünland, also fest<br />
definierten Fahrspuren, die Chance auf<br />
Mehrerträge von bis zu 7 %.<br />
die Möglichkeit, innerhalb des Betriebes den organischen<br />
Dünger je nach Bodenart, Entzug der Pflanzenart und<br />
Niederschlagsmengen Zuschläge zu kalkulieren, was die<br />
Obergrenze auf bis zu 230 kg N/ha verschieben könne. Besagte<br />
170 kg N aus organischem Dünger müssen letztlich<br />
rechnerisch für den Gesamtbetrieb passen.<br />
AUSREICHENDE ERTRÄGE<br />
Unverändert geblieben sind dagegen Vorgaben wie der<br />
Zwang zur Winterbegrünung aller Flächen – wobei „grün“<br />
nicht bedeutet, zwingend einen üppigen Zwischenfruchtbestand<br />
zu haben. Eine Folge dessen ist die Grasuntersaat in<br />
Mais, die nach der Ernte ein übermäßiges Auswaschen von<br />
Nährstoffen verhindern soll. Auch die Einarbeitungspflicht<br />
9
TITELTHEMA<br />
4<br />
von Gülle auf Ackerflächen gilt unverändert. Schlitzen auf<br />
Grünland ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben, wie<br />
Niels Laursen ergänzt, der in dieser Ausbringform ohnehin<br />
eine unnötige Schädigung der Grasnarbe sieht. „Bei uns<br />
nutzt der Lohnunternehmer Schleppschläuche. Allerdings<br />
wird die Gülle generell mit SyreN angesäuert und so die<br />
Ammoniumverluste begrenzt. Das funktioniert gut“, berichtet<br />
er.<br />
Apropos Grünland: Hier setzt Niels Laursen, wie die meisten<br />
seiner Berufskollegen, in hohem Maß auf „Ackergras“, also<br />
die Ansaat von Grasmischungen auf Ackerflächen, die<br />
spätestens nach vier Jahren wieder umgebrochen werden.<br />
„Auf diese Weise haben wir immer gute Grasflächen mit<br />
hohem Leistungsstand“, begründet er diese Vorgehensweise.<br />
Außerdem gelten Grünlandflächen nach besagten vier<br />
Jahren als Dauergrünland und dürfen nach dänischem Recht<br />
nicht mehr umgebrochen werden. Angereichert wird die<br />
Grassaat bei Laursen übrigens mit einem Anteil von 5 % Klee.<br />
Mehr dürfe es aber nicht sein, weil auch der durch den Klee<br />
verfügbare Stickstoff auf die erlaubte Menge organischen<br />
Düngers bzw. N-Gehalts angerechnet werden muss.<br />
GEFRAGTE DIENSTLEISTER<br />
Einer der beiden Lohnunternehmer, die für Niels Laursen<br />
arbeiten, ist Torben Kamp, Inhaber der Maskinstation<br />
Skamstrup in Varde. Der Betrieb hat 27 Festangestellte und<br />
drei wesentliche Standbeine: landwirtschaftliche Dienstleistungen,<br />
Erd- und Tiefbauarbeiten sowie Transporte. Im<br />
Bereich Agrar sind vor allem Milchviehhalter seine Kunden.<br />
Pro Jahr bringt der Lohnunternehmer für sie nach eigener<br />
4 LU Kamp setzt bisher vier Häckselketten ein.<br />
5 Krone-Importeur Dan Hamann schätzt den<br />
Durchschnitt der dänischen Milchviehbetriebe<br />
Aussage rund 600.000 m³ Gülle aus, häckselt etwa 3.500<br />
bis 4.000 ha Mais mit vier Häckslern und bringt auf etwa<br />
2.500 ha Gras vier bis fünf Schnitte ins Silo. Auch er hat den<br />
heftigen Strukturwandel der vergangenen Jahre erlebt:<br />
„Vor zehn Jahren hatten noch 20 % unserer Kunden weniger<br />
als 100 Kühe – heute sind es noch genau drei Betriebe.<br />
Alle anderen haben die Bestände erheblich aufgestockt“,<br />
berichtet er.<br />
auf 300 Kühe, Tendenz steigend.<br />
Aus seiner Sicht sei diese Entwicklung durchaus von Vorteil,<br />
denn die meisten Betriebsleiter seien professioneller eingestellt,<br />
würden sich mehr auf die Tierhaltung konzentrieren<br />
und quasi alle Außenarbeiten an den Lohnunternehmer<br />
vergeben. „Natürlich steigt auch die Abhängigkeit als<br />
Lohnunternehmer, wenn die Zahl der Kunden sinkt und<br />
einzelne ein größeres Umsatzgewicht bekommen“, ist er<br />
sich bewusst. „Aber bei den meisten Landwirten ist die Preisdiskussion<br />
weniger zu beobachten als früher. Sie erwarten<br />
beste Qualität und sehr hohe Flexibilität von uns. Dann<br />
sind sie auch bereit, die Kosten dafür zu bezahlen“, fügt er<br />
hinzu. Der eine oder andere Kunde suche auch mal sein Heil<br />
in einem eigenen Häcksler, zumal ein bestimmter Hersteller<br />
derzeit mit Macht Technik in den Markt zu drücken versuche.<br />
„Aber spätestens dann stellen diese Landwirte fest, dass es<br />
10
mir ein Rätsel, weshalb man in Deutschland bisher mit der<br />
Umsetzung der schon vor Langem beschlossenen EU-Vorgaben<br />
so lange gewartet hat. Jetzt muss es dort übers Knie<br />
gebrochen werden.“<br />
CONTROLLED TRAFFIC<br />
5<br />
mit dem Häcksler allein nicht getan ist. Es braucht auch eine<br />
schlagkräftige Abfuhrkette, Ersatzteile und Werkstattservice<br />
sind teuer – und es braucht vor allem Menschen, die bei der<br />
Ernte helfen. Aber die sind mehr denn je Mangelware“, so<br />
Torben Kamp, der sich sowohl über viele Stammkunden als<br />
auch langjährige Mitarbeiter freut.<br />
Das Kostenthema greift auch beim Thema Gülleausbringung,<br />
denn die teure Technik mit Schlitzgeräten und<br />
SyreN-Logistik könne kein Landwirt selbst wirtschaftlich<br />
auslasten, sondern allein die Lohnunternehmer. Außerdem<br />
sei für den Säureeinsatz in Gülle ein spezielles Zertifikat<br />
erforderlich. Zusätzlich übernimmt Torben Kamp als Service<br />
die Nährstoff-Dokumentation für die meisten seiner<br />
Kunden. Hierzu seien die dänischen Landwirte verpflichtet.<br />
„Zwar müssen wir keine Gülleproben nehmen und auch<br />
nichts teilflächenspezifisch erfassen, aber eine genaue<br />
Dokumentation der ausgebrachten Düngermengen ist vom<br />
Staat vorgeschrieben. Und jede Kuh ist in Dänemark exakt<br />
erfasst“, erklärt er. Neben den Landwirten seien zudem die<br />
Händler zu Meldungen verpflichtet. Einmal pro Jahr sind<br />
nach seiner Aussage die Daten an eine zentrale Behörde<br />
zu melden, die stichprobenartig auch Angaben vor Ort<br />
prüft. „Wenn etwas nicht stimmt, drohen Rückzahlung von<br />
EU-Geldern und empfindliche Strafen“, fügt er hinzu.<br />
Die Rosskur der Düngeverordnung seit dem Jahr 2000 ist<br />
aus seiner Sicht für die Landwirtschaft hart gewesen, so<br />
sein Fazit dazu. Aber insgesamt kommen die Bauern nach<br />
seiner Einschätzung inzwischen mit der Düngeverordnung<br />
gut zurecht. „Glücklicherweise hatten wir in Dänemark<br />
genug Zeit, diesen Prozess schrittweise zu vollziehen. Es ist<br />
Ein anderes, in Dänemark scheinbar vielfach diskutiertes<br />
Thema im Zusammenhang mit Grünlandmanagement ist<br />
„controlled traffic“. Das bestätigt nicht nur Torben Kamp,<br />
sondern auch sein Lohnunternehmer-Kollege Hans Tobiasen<br />
aus Ribe. Er beschäftigt 21 Festangestellte und hat ein mit<br />
LU Skamstrup vergleichbares Dienstleistungsspektrum.<br />
Hinter besagtem controlled traffic verbirgt sich die Idee, auf<br />
den Flächen immer die gleichen Fahrspuren zu verwenden.<br />
Mittels GPS-Steuerung ist dies problemlos machbar. Damit<br />
würden sich die Bodenverdichtungen durch die schweren<br />
Fahrzeuge einzig auf diese Spuren beschränken, was auf<br />
der Gesamtfläche jedoch eine Ertragssteigerung zur Folge<br />
hat, was z. B. bei Gras bis zu 7 % ausmacht, wie dänische<br />
Feldversuche ergeben haben.<br />
Ziel ist es dabei, die Fahrgassen auf Grünland im Abstand<br />
von 24 m zu setzen, bei Mais auf 12 m. Mit der Gülleausbringung<br />
funktioniere dies bereits sehr gut, so Hans<br />
Tobiasen. Hierfür setzt er fünf gezogene Tridemfässer<br />
sowie ein Gülle-Trike ein, für zusammen etwa 350.000 m³/<br />
Jahr. 60 % seiner Kunden setzen auf Grünland übrigens auf<br />
Schlitztechnik, die anderen auf Schleppschlauchverteiler.<br />
„Nur in der Grünfuttererntetechnik, etwa bei Mähern und<br />
Schwadern, passen die im Markt verfügbaren Arbeitsbreiten<br />
noch nicht ganz. Und auch beim Maishäckseln sind wir noch<br />
nicht bei den 12 m“, stellt er fest.<br />
Auch aus seiner Sicht sind die seit 2017 praxisgerechteren<br />
gesetzlichen Vorgaben bezüglich N und P positiv zu bewerten.<br />
„Die Erträge auf Grünland passen, Stickstoff ist<br />
kein begrenzender Faktor mehr, wie noch vor drei Jahren.<br />
Dies wird auf längere Sicht eher beim Phosphor der Fall<br />
sein, wenn auch nicht unbedingt bei Gras, aber sicher bei<br />
Mais“, meint er. Interessant bewertet er daher ein Versuchsprojekt<br />
des ortsansässigen Biogasanlagebetreibers.<br />
Dort wird gezielt Phosphor aus den Gärresten separiert.<br />
Die P-reduzierten Partien dienen dann der Grünland-Düngung,<br />
während der gewonnene Phosphor den für Mais<br />
zugedachten Mengen beigemischt wird. „Damit lassen<br />
sich die erlaubten Grenzwerte bestens einhalten und der<br />
Pflanzenbedarf weitgehend decken“, so sein erster Eindruck<br />
dieses Pilotprojekts. «<br />
11
TITELTHEMA<br />
GRÜNLAND-MANAGEMENT: NIEDERLANDE<br />
NUR QUALITÄT<br />
In den Niederlanden gelten, ähnlich wie in<br />
Dänemark, seit Jahren strenge Regeln zum<br />
Umwelt- und Grundwasserschutz. Von Lohnunternehmer<br />
Erik Morssink aus Voorst haben<br />
wir erfahren, was das in der Praxis<br />
bedeutet, vor allem mit Blick<br />
auf das Grünland.<br />
12
ZÄHLT<br />
Der niederländische Name „Achterhoek“ bedeutet<br />
wörtlich übersetzt „hintere Ecke“ und<br />
bezeichnet eine landschaftlich reizvolle Region der<br />
Niederlande, die direkt an Deutschland angrenzt<br />
und – auf der Karte betrachtet – zwischen Emmerich<br />
und Vreden wie eine Ausbuchtung der Grenze nach<br />
Osten aussieht. Und wer, vom deutschen Anholt<br />
kommend, zum Beispiel das Lohnunternehmen van<br />
Hal der Familie Morssink im niederländischen Voorst<br />
erreichen möchte, merkt erst auf den zweiten Blick<br />
anhand der Straßenschilder und Pkw-Kennzeichen,<br />
dass er die Grenze überschritten hat.<br />
Der Achterhoek und die angrenzenden Regionen<br />
bis nach Arnheim und Zwolle gehören zu den Gebieten<br />
der Niederlande mit sehr hohen Besatzdichten<br />
an Rindern, Schweinen und Geflügel – durchaus<br />
vergleichbar mit dem westlichen Münsterland.<br />
Entsprechend groß waren in der Vergangenheit die<br />
Auswirkungen intensiver Düngung mit Wirtschaftsdüngern<br />
– bis die niederländische Regierung mit<br />
scharfen Auflagen gegensteuerte. Das blieb natürlich<br />
nicht ohne Folgen für die Landwirte, wie Lohnunternehmer<br />
Erik Morssink berichtet. „Die Intensität der<br />
Tierhaltung hat durchaus abgenommen – allerdings<br />
bisher nur in Form kleinerer Bestände und kaum<br />
durch Aufgabe ganzer Betriebe. Ich hoffe, dass es<br />
soweit auch nicht kommt, denn immerhin gut 60 %<br />
unseres Umsatzes erzielen wir mit landwirtschaftlichen<br />
Dienstleistungen. Was die Existenz der Höfe<br />
betrifft, wird eine große Rolle spielen, wie praxisgerecht<br />
die Instrumente der Düngegesetzgebung<br />
weiterhin gehandhabt werden.“<br />
AUSNAHMEN HELFEN<br />
Die bisherigen Rahmenbedingungen bewertet der<br />
Lohnunternehmer als „machbar“, wobei der Aufwand<br />
für alle Beteiligten durchaus erheblich ist. Gemäß<br />
Nitratrichtlinie dürfen pro Hektar nicht mehr als<br />
170 kg Stickstoff aus organischem Wirtschaftsdünger<br />
ausgebracht werden. Davon werden<br />
Lohnunternehmer Erik Morssink:<br />
„Was die Existenz der Höfe betrifft,<br />
wird eine große Rolle spielen, wie<br />
praxisgerecht die Instrumente der<br />
Düngegesetzgebung weiterhin<br />
gehandhabt werden.“<br />
13
TITELTHEMA<br />
1<br />
2<br />
1 Graslandpflege und -nachsaat sind<br />
den niederländischen Landwirten<br />
wichtig.<br />
2 Ein Teil der Landwirte lässt die Kühe<br />
im Sommer weiden.<br />
3 Zur Verbesserung von Grünland und<br />
Grasaufwuchs ebnet LU van Hal bei<br />
Kunden pro Jahr auch bis zu 100 ha<br />
Flächen und sät neu ein.<br />
jeweils 80 % als mineralisierbar angerechnet,<br />
was etwa 135 kg N/ha entspricht. Die restliche<br />
Menge darf mit Mineraldünger bis zu<br />
besagten 170 kg quasi aufgefüllt werden.<br />
Darüber hinaus besteht in den Niederlanden<br />
die Möglichkeit zur sogenannten<br />
„derogatie“, also einer Ausnahmegenehmigung.<br />
Sie werde von der Regierung bei der<br />
EU jährlich beantragt, wobei es durchaus<br />
Anpassungen der Vorgaben geben könne,<br />
so der Lohnunternehmer. „2018 und <strong>2019</strong><br />
blieben die Regelungen jedoch weitgehend<br />
unverändert. Was 2<strong>02</strong>0 kommt, wissen wir<br />
noch nicht, aber alle hoffen natürlich auf<br />
weitere Konstanz“, erklärt er zum Zeitpunkt<br />
des Gesprächs Mitte September.<br />
Besagte Ausnahmeregelung sieht vor, dass<br />
je nach Bodenart auf einzelnen Flächen<br />
auch 230 bis 250 kg N/ha ausgebracht<br />
werden dürfen, so Erik Morssink: „Damit<br />
können die Landwirte bei einzelnen stark<br />
zehrenden Fruchtarten, wie zum Beispiel<br />
Mais oder Kartoffeln, besser den Nährstoffbedarf<br />
der Pflanzen treffen. Und es reduziert<br />
den Druck, noch mehr organischen Dünger<br />
vom eigenen Betrieb abtransportieren zu<br />
müssen.“ Was nichts daran ändert, dass<br />
etwa 75 % seiner landwirtschaftlichen Kunden<br />
mit Tierhaltung zumindest einen Teil<br />
ihrer Gülle bzw. des Mistes „exportieren“<br />
müssen – allerdings primär durch Abgabe<br />
an Ackerbaubetriebe in den Niederlanden<br />
und nur noch in Einzelfällen ins Nachbarland,<br />
wie er weiter erläutert. „Seit der<br />
Verschärfung der deutschen Düngeverordnung<br />
werden nach meiner Einschätzung<br />
nur relativ geringe Mengen über die Grenze<br />
gebracht, vor allem Schweinegülle, und das<br />
meist auch nur, wenn ein niederländischer<br />
Landwirt auf der deutschen Seite Flächen<br />
bewirtschaftet.“<br />
Nicht unerheblich ist der Kontroll- und<br />
Dokumentationsaufwand. So sind von<br />
Güllepartien, die nicht auf dem eigenen<br />
Betrieb bleiben, Proben zu entnehmen, deren<br />
Nährstoffgehalt in einem Zentrallabor<br />
untersucht wird. Darüber hinaus muss jeder,<br />
der Wirtschaftsdünger ausbringt, exakt erfassen,<br />
welche Mengen auf welcher Fläche<br />
ausgebracht werden. Im Lohnunternehmen<br />
van Hal geschieht dies dadurch, dass die<br />
Fahrer bei jedem Auftrag ein zusätzliches<br />
Formular mit den entsprechenden Angaben<br />
ausfüllen. Dieses Papier wird aufbewahrt<br />
und dient bei behördlichen Kontrollen dem<br />
Nachweis. „Bisher ist es allerdings nicht<br />
erforderlich, die Daten an eine zentrale<br />
Meldestelle zu geben“, so Erik Morssink.<br />
Auch eine digitale Erfassung an seinen<br />
Ausbringfahrzeugen oder die Nährstoffmessung<br />
mittels NIRS-Technik praktiziert<br />
er noch nicht.<br />
Die Düngeverordnung der Niederlande<br />
fokussiert sich jedoch nicht nur auf Stickstoff,<br />
sondern mindestens so intensiv auf<br />
den Phosphorgehalt. Eine Klassifizierung<br />
der Böden nach den Versorgungsstufen A–E,<br />
wie in Deutschland, gibt es nach Aussage<br />
des Lohnunternehmers in den Niederlanden<br />
zwar nicht, doch unbestreitbar ist ein großer<br />
Flächenanteil bisher nach Einschätzung<br />
des Gesetzgebers überversorgt. Vorgabe<br />
ist deshalb, pro Jahr und Hektar nicht<br />
mehr als 50 kg P auszubringen. Bei einem<br />
angenommenen Gehalt von 1,5 kg/m³<br />
nutzbarem Phosphor entspricht dies etwa<br />
34 m³ Rindergülle. „Das reicht nicht für den<br />
tatsächlichen Bedarf, wenn bei etwa 18 t/ha<br />
Futtertrockenmasse etwa 74 kg P entzogen<br />
werden“, meint er. Um jedoch die Phosphor-<br />
14
3<br />
limits einzuhalten, habe die Separierung von<br />
Gülle in der Region erheblich zugenommen.<br />
GRASERTRÄGE<br />
STIMMEN – NOCH<br />
Aus Sicht der Milch- und Rindviehhalter<br />
ist allerdings nicht nur die Verwertung des<br />
Düngers relevant, sondern mindestens so<br />
sehr die Sicherung der Futtergrundlage.<br />
Auch hier ist das Lohnunternehmen für<br />
seine Kunden aktiv, indem das Team van Hal<br />
Grünfutter von rund 3.000 ha Grünland – bei<br />
vier bis sechs Schnitten jährlich – und von<br />
600 ha Silomais erntet. Die Erträge beziffert<br />
Erik Morssink auf etwa 12 t Trockenmasse<br />
pro Hektar Gras und 16 t Trockenmasse<br />
pro Hektar Mais. „Insgesamt sind die Erträge<br />
trotz der Nährstoffobergrenzen in den<br />
letzten Jahren kaum gesunken. Und auch<br />
die Futterqualitäten sind ok. Was allerdings<br />
passiert, wenn Phosphor irgendwann zu<br />
einem begrenzenden Faktor wird, lässt<br />
sich nicht absehen. Ich hoffe, dass dann die<br />
Obergrenzen angepasst werden“, meint er.<br />
Derzeit düngt das Team van Hal bei den<br />
Landwirten auf Grünland als erste Gabe 25<br />
bis 30 m³ Gülle. Nach dem ersten Schnitt<br />
folgen weitere 15 bis 20 m³ – fast alles<br />
wird übrigens geschlitzt bzw. mit Injektor<br />
platziert. In Summe macht das zwischen<br />
80.000 und 100.000 m³ pro Jahr. Weitere<br />
40.000 m³, die das Lohnunternehmen jedes<br />
Jahr ausbringt, sind für Ackerflächen bestimmt.<br />
Hier wird unmittelbar mit an den<br />
Fässern angebauten Scheibeneggen oder<br />
Grubbern eingearbeitet.<br />
Um von den verfügbaren Flächen das<br />
Optimum an Leistung zu erzielen, legen<br />
seine Kunden viel Wert auf Qualität. Dabei<br />
spielen natürlich in erster Instanz die<br />
klassischen Aspekte, wie sauberer Schnitt,<br />
geringe Futterverschmutzung, optimaler<br />
Silierzeitpunkt, rasche und saubere Bergung<br />
sowie eine gute Verdichtung im Silo eine<br />
unverändert große Rolle. „Diesbezüglich<br />
möchte ich meinem Team ein großes Lob<br />
aussprechen, denn durch die gute Arbeit der<br />
Mitarbeiter haben wir uns einen guten Ruf<br />
erarbeitet, den die Kunden auch honorieren.<br />
So werden wir sogar von deutschen Landwirten<br />
beauftragt, obwohl wir im Stundenlohn<br />
deutlich über den LU-Kollegen liegen“,<br />
erzählt der Lohnunternehmer zufrieden. Im<br />
Vergleich zur deutschen Seite der Grenze<br />
überlassen die niederländischen Landwirte<br />
ihrem Dienstleister meistens auch einen<br />
größeren Anteil der Arbeit, bis hin zur<br />
kompletten Arbeitskette.<br />
Den Unterschied zwischen „hüben und<br />
drüben“ sieht er jedoch auch in der Bereitschaft,<br />
in die Pflege des Grünlandes zu<br />
investieren. Etwa 75 % der Flächen seiner<br />
Kunden sind Dauergrünland. Hier wird in<br />
vielen Fällen regelmäßig gestriegelt und<br />
nachgesät – wobei dies aus Sicht des Lohnunternehmers<br />
durchaus noch intensiver<br />
geschehen könnte. Das restliche Viertel<br />
besteht aus mehrjährigem Ackergras, das<br />
regelmäßig umgebrochen wird und im<br />
Fruchtwechsel mit Mais steht. „Sehr wichtig<br />
ist dabei die verwendete Saatgutmischung.<br />
Und da habe ich den Eindruck, dass hier bei<br />
uns oftmals bessere und jüngere Sorten<br />
verwendet werden als in Deutschland“, hat<br />
Erik Morssink festgestellt und meint damit<br />
auch tetraploide Typen.<br />
Nicht zu vergessen in dem Zusammenhang<br />
ist die professionelle Bodennivellierung, die<br />
der Lohnunternehmer ebenfalls anbietet.<br />
Pro Jahr sorgt sein Team auf 50 bis 100 ha<br />
Fläche für ebenen Boden, auf dem in der<br />
Folge deutlich effektiver und verschmutzungsfreier<br />
Gras geerntet werden kann.<br />
„Insgesamt hatte die Leistungsfähigkeit des<br />
Grünlandes bei den meisten Landwirten<br />
schon lange einen hohen Stellenwert. Mit<br />
den schärferen Düngeregeln hat dieses<br />
Bewusstsein aber noch zugenommen, um<br />
aus dem Möglichen das Beste zu machen“,<br />
stellt er abschließend fest. «<br />
15
PRAXIS<br />
LANDWIRT HEIKO BERBALK, WALDEMS<br />
GENUSS-ARCHE<br />
„Bei mir hat noch nie ein Lkw<br />
Schlachtlämmer aufgeladen“,<br />
sagt Heiko Berbalk. Er betreibt<br />
gemeinsam mit seiner Frau<br />
Katja die Schäferei Hof Berbalk.<br />
Sie vermarkten ihr hochwer tiges<br />
Lammfleisch auf verschiedenen<br />
Wochenmärkten und direkt ab<br />
Hof.<br />
16
Pro Jahr isst jeder Bürger der Bundesrepublik<br />
rund 60 kg Fleisch. Der Anteil,<br />
der dabei vom Schaf stammt, ist relativ<br />
gering – er liegt gerade einmal bei 600 g.<br />
Die Ursache dafür liegt allerdings nicht nur<br />
in den Verzehrgewohnheiten, sondern auch<br />
im Angebot. Fleisch direkt vom Schäfer gibt<br />
es meist nur in Form ganzer oder halber<br />
Lämmer, und wer Teilstücke kaufen will,<br />
findet in den Theken der Supermärkte meist<br />
Tiefkühlware aus Neuseeland.<br />
Dass der Verzehr von Lammfleisch zwar<br />
lang sam, aber kontinuierlich ansteigt,<br />
liegt an Betrieben wie dem Hof Berbalk<br />
in Waldems-Wüstems im Taunus, knapp<br />
40 km von den Innenstädten Frankfurts und<br />
Wiesbadens entfernt. Denn sie haben die<br />
Qualität ihrer Produkte auf allen Stufen<br />
selbst in der Hand: bei der Schafhaltung, bei<br />
der Schlachtung und der Verarbeitung – vor<br />
allem aber direkt im Kundenkontakt beim<br />
Verkauf.<br />
HOBBY ALS BERUF<br />
Heiko Berbalks Eltern waren Hobby-Tierhalter<br />
– von Geflügel und Schafen. Er selbst<br />
machte zunächst eine Ausbildung zum Gas-<br />
und Wasserinstallateur, später die Prüfung<br />
zum Meister in diesem Beruf. Ende der<br />
neunziger Jahre arbeitete er in Österreich,<br />
doch es zog ihn nach einem Jahr wieder<br />
nach Hause. Hier war inzwischen die Herde<br />
auf 400 Mutterschafe angewachsen. Heiko<br />
Berbalk packte die Sache nun von Grund<br />
auf an: Erst legte er die Gehilfenprüfung als<br />
Tierwirt in der Fachrichtung Schafhaltung<br />
ab, vier Jahre später die Meisterprüfung.<br />
Gleich nach der Übernahme des Betriebes<br />
setzte er eine größere Baumaßnahme um:<br />
einen Stall für 650 Mutterschafe. Seine Herde<br />
besteht hauptsächlich aus Rhönschafen.<br />
Das ist eine bewährte Landschafrasse. Die<br />
Tiere sind mittelrahmig. Charakteristisch ist<br />
ihr edler schwarzer Kopf, Körper und Beine<br />
sind weiß. „Mit der Zucht von Rhönschafen<br />
haben bereits meine Eltern begonnen“, berichtet<br />
der Schäfer. „Sie sind meiner Ansicht<br />
nach für meinen Betrieb die beste Rasse.<br />
Zwar handelt es sich nicht um ein ausgesprochenes<br />
Fleischschaf, sie sind aber robust<br />
und genügsam. Auf unseren Standort<br />
passen sie ideal.“ Obwohl Heiko Berbalk für<br />
sein Leben gern Schafe hütet, übernimmt<br />
die tägliche Betreuung weitgehend sein<br />
Schäfer Jaak. Mit bei der Herde sind noch<br />
etwa 30 bis 40 braune Bergschafe und die<br />
gleiche Anzahl an Buren- sowie Thüringer<br />
Wald Ziegen. Die beiden Letzteren dienen<br />
hauptsächlich der Landschaftspflege. Fast<br />
das ganze Jahr werden die Schafe gehütet,<br />
Anfang Januar geht es dann für etwa<br />
100 Tage in den Tiefstreu-Stall. Gleich einige<br />
Tage später wird geschoren.<br />
ABLAMMUNG<br />
Obwohl das Rhönschaf eine asaisonale<br />
Brunst hat, findet der Schwerpunkt der<br />
Lammungen im späten Winter/Anfang<br />
Frühjahr statt. Dann bekommen die Tiere<br />
eine 24-Stunden-Betreuung. In dieser<br />
sind auch die beiden anderen Mitarbeiter,<br />
Karsten und Marcel, meist im Stall tätig.<br />
„Jedes Lamm, das wir mehr aufziehen, ist<br />
für uns wichtig“, sagt Heiko Berbalk. „Da<br />
sollte fast immer jemand dabei sein, um zu<br />
schauen, ob es bei den Lammungen Komplikationen<br />
gibt, und ob die neugeborenen<br />
Lämmer auch gut getrunken haben“, betont<br />
er. Mutterschafe und Lämmer kommen nach<br />
der Geburt grundsätzlich in Einzelboxen.<br />
Dies erleichtert die Bindung zueinander<br />
und die Kontrolle durch die Schäfer. Später<br />
kommen die Tiere dann in größere Gruppen.<br />
Die Futterfläche des Betriebes beträgt etwa<br />
17
PRAXIS<br />
2<br />
1<br />
3<br />
160 ha, davon ca. 90 ha Mahdfläche. Meist<br />
wird nur ein Schnitt gemacht, der weitere<br />
Aufwuchs wird abgehütet. „Dieses Jahr hatten<br />
wir einen so hohen Ertrag vom Grünland,<br />
dass nur der erste Schnitt gemäht wurde.<br />
Wir machen hauptsächlich Heu beziehungsweise<br />
Heulage. Dazu haben wir eine eigene<br />
Presse und ein Wickelgerät. Dieses Jahr<br />
habe ich genau 1.282 Rundballen gepresst<br />
und etwa 500 davon gewickelt“, erklärt uns<br />
der Schäfer. Die topgepflegten Maschinen<br />
stehen alle in einer neuen Halle direkt neben<br />
dem Wohnhaus. Außerdem laufen auf dem<br />
Betrieb noch drei Traktoren und ein Hoflader.<br />
Ein großer Muldenkipper leistet wertvolle<br />
Dienste, wenn der Stall ausgemistet wird.<br />
Zur Nachpflege der Weideflächen gibt es<br />
einen Front- und einen Heckmulcher.<br />
VIEL BÜROKRATIE<br />
Im Wohnhaus treffen wir Katja Berbalk.<br />
Die Agraringenieurin hat früher in der<br />
Landwirtschaftsverwaltung und bei der<br />
Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft<br />
(DLG) gearbeitet. Seit zwölf Jahren ist sie<br />
auf dem Hof tätig, seit fünf Jahren ist sie<br />
komplett daheim. Neben Büro und Marktverkauf<br />
kümmert sie sich um die Tochter<br />
Anna. „Zu tun gibt es genug“, sagt Katja<br />
Berbalk. „Schließlich haben wir insgesamt<br />
zwei Betriebe: Die Schäferei sowie die<br />
Vermarktung inklusive der Veredlung nach<br />
der Schlachtung.“ Ihr Aufgabenspektrum<br />
reicht also von der Verwaltung der Flächen<br />
samt Verpächterkontakten über die Dokumentation<br />
aller Vorgänge bis hin zum<br />
Marketing und der Kundenkommunikation<br />
in den sozialen Medien. Und gerade in der<br />
Landwirtschaft in Kombination mit der<br />
Direktvermarktung ist die Bürokratie noch<br />
größer. Ein Beispiel ist hier die Dokumentation<br />
der Reinigungs- und Temperaturlisten<br />
im Schlachthaus. Ihr Organisationstalent<br />
konnte sie vor zwei Jahren beweisen, als<br />
zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft zur<br />
Zucht Altdeutscher Hütehunde das Bundesleistungshüten<br />
auf dem Hof durchgeführt<br />
wurde. Neben dem eigentlichen Wettkampf<br />
gab es eine Tierschau, es waren Verbände<br />
und Vereine präsent, es fand ein großer<br />
Bauernmarkt statt und selbstverständlich<br />
wurde für die Verpflegung der vielen Gäste<br />
gesorgt. Mit 1.500 Besuchern am Samstag<br />
und 6.500 am Sonntag – bei weitem nicht<br />
alle vom Fach – gelang außerdem eine<br />
1 Heiko Berbalk, Schäfer aus dem<br />
Taunus.<br />
2 Der Großteil der Herde des<br />
Hofes Berbalk besteht aus<br />
Rhönschafen.<br />
3 Auch optisch ein Leckerbissen:<br />
Lammfleisch.<br />
4 Katja Berbalk auf dem<br />
Erzeugermarkt auf der<br />
Konstablerwache in Frankfurt.<br />
ausgezeichnete Werbung für die Schafhaltung<br />
im Allgemeinen und den Hof im<br />
Besonderen.<br />
MARKTVERKAUF<br />
„Unser Betrieb hat sich kontinuierlich<br />
weiterentwickelt“, sagt Heiko Berbalk.<br />
„Da müssen wir laufend die Strukturen<br />
anpassen. Meine Eltern waren mit ihrer<br />
Landwirtschaft sehr gebunden und sie<br />
haben dazu noch die Direktvermarktung<br />
unserer Produkte etabliert. Geschlachtet<br />
wurde bei uns schon immer – und zwar<br />
18
4<br />
fast jeden Tag. Inzwischen gibt es drei feste<br />
Tage. Das eigene Schlachthaus haben wir<br />
im Jahr 2009 erweitert, umgebaut und<br />
EU-zertifiziert. Früher haben wir unseren<br />
Kunden halbe und ganze Lämmer verkauft.<br />
Heute sind es ausschließlich Teilstücke. Egal,<br />
ob nur ein Kotelett oder gleich 20: Das ist<br />
überhaupt kein Problem.“ Gute Beratung<br />
ist natürlich inklusive. Heiko Berbalk weiter:<br />
„Das Lamm hat sehr viele interessante<br />
Teilstücke, nicht nur Kotelett oder Keule.<br />
Nehmen wir zum Beispiel den wenig attraktiven<br />
Hals: Ist er sauber ausgelöst, wird<br />
daraus ein schmackhaftes und appetitlich<br />
aussehendes Gulasch.“<br />
Ergänzt wird der Fleischverkauf durch ein<br />
Sortiment an Wurstwaren. Auch einige<br />
Woll- und Fellprodukte gibt es an den<br />
Ständen des Hofes Berbalk. Die wichtigste<br />
Verkaufsstelle ist der Bauernmarkt Konstablerwache<br />
in Frankfurt. „In meinen Augen ist<br />
das einer der besten Märkte Deutschlands“,<br />
sagt der Landwirt und Schäfer. Zugelassen<br />
sind ausschließlich Erzeuger, keine Händler.<br />
Er findet zweimal in der Woche statt. Entstanden<br />
ist er vor über 30 Jahren aus einem<br />
Erntedankfest heraus.“<br />
Zudem wird der Bauernmarkt im Hessenpark,<br />
der Schillermarkt in Frankfurt und der<br />
Wiesbadener Wochenmarkt beschickt. Dazu<br />
kommen einige Einzelveranstaltungen. „Wir<br />
haben unsere Präsenz aber mittlerweile<br />
etwas eingeschränkt“, erklärt der Schäfer.<br />
„Früher waren wir zum Beispiel die kompletten<br />
Adventswochenenden unterwegs,<br />
teilweise auf mehreren Veranstaltungen.<br />
Das haben wir etwas zurückgefahren und<br />
sind auch donnerstags nicht mehr auf der<br />
Konstablerwache.“ Sonst würden sowohl<br />
Familie als auch Betrieb darunter leiden,<br />
ergänzt er. Dafür wurde der Ab-Hof-Verkauf<br />
intensiviert. Dieser findet immer freitagnachmittags<br />
am Schlachthaus statt. „Für<br />
noch mehr Attraktivität sorgt meine ältere<br />
Tochter Selina, die dann immer mit ihrer<br />
‚Milchbar‘ hier ist. Sie hat sich nach ihrer<br />
Berufsausbildung nun im Marktgewerbe<br />
selbständig gemacht“, meint Heiko Berbalk.<br />
ARCHE-HOF<br />
Neben den vier Schaf- und Ziegenrassen<br />
– davon befinden sich die Rhön- und die<br />
Braunen Bergschafe sowie die Thüringer<br />
Wald Ziegen auf der roten Liste der vom<br />
Aussterben bedrohten Nutztierrassen – hält<br />
Familie Berbalk noch zwei Tiroler Grauvieh<br />
Rinder. Sie sind ein Hobby Katja Berbalks.<br />
Außerdem gibt es noch mehrere Altdeutsche<br />
Hütehunde. Beide sind ebenfalls vom<br />
Aussterben bedroht. Deshalb hat der Hof<br />
von der Gesellschaft zur Erhaltung alter<br />
und gefährdeter Haustierrassen den Titel<br />
„Arche-Hof“ erhalten. Oftmals sind es eher<br />
die Hobbyzüchter, die sich mit solchen Rassen<br />
beschäftigen, der Hof Berbalk ist einer<br />
der wenigen Vollerwerbsbetriebe, der sich<br />
löblicherweise um diese Erhaltungszucht<br />
kümmert.<br />
„Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“,<br />
freut sich Heiko Berbalk. „Dass sich daraus<br />
einmal ein solcher Betrieb entwickelt, hätte<br />
ich nie gedacht. Unsere Tätigkeit hier ist<br />
sehr vielfältig. Es macht mir großen Spaß,<br />
auf den Märkten mit unserer Ware zu stehen.<br />
Wir haben eine tolle Kundschaft. Ein<br />
bisschen bedauere ich es aber doch, dass ich<br />
anderweitig so viel eingebunden bin. Denn<br />
schließlich bin ich nicht Schäfer geworden,<br />
weil ich Fleisch verkaufen will, sondern weil<br />
ich die Natur und die Tiere liebe.“ «<br />
19
WISSEN<br />
PRAXIS-TIPP<br />
SAISONCHECK<br />
LADEWAGEN<br />
Zeit ist Geld – das gilt besonders in der Grünfutterernte. Hier<br />
haben Ladewagen eine zentrale Rolle, deshalb müssen sie<br />
störungsfrei arbeiten und 1a-Qualität abliefern. Damit das<br />
gelingt, sind ein Generalcheck vor Saisonbeginn und tägliche<br />
Wartung unerlässlich. <strong>XtraBlatt</strong> gibt Tipps.<br />
20
Die Schleifvorrichtung am Ladewagen<br />
bietet den Vorteil, die Messer<br />
bei Bedarf auch zwischendurch<br />
schärfen zu können.<br />
Zu den Kernaufgaben der Ladewagen gehören in besonderem<br />
Maß die leistungsfähige, verschmutzungsfreie<br />
Aufnahme und der bestmögliche Schnitt des Futters. Darum<br />
sind Pickup-Messer und Rotor zentrale Arbeitswerkzeuge,<br />
die es optimal einzustellen und zu pflegen gilt.<br />
Grundsätzlich ist die ungesteuerte EasyFlow-Pickup<br />
wartungsarm. Dennoch sollten die Zinken sowie der Antriebstrang<br />
beim jährlichen Saisoncheck auf Verschleiß<br />
und Zustand geprüft werden. Direkt hinter der Pickup befindet<br />
sich der Schneidrotor, der das Erntegut durch einen<br />
Messerkamm in den Laderaum fördert. Die Messer und<br />
die Auflage des Förderrotorzinkens sind so angeordnet,<br />
dass das Erntegut nicht entweichen kann, sondern nach<br />
dem Scherenprinzip sauber geschnitten wird und nicht<br />
zerreißt oder vermust. Wichtig: Vor Saisonbeginn sollte<br />
der Abstand der Abstreifer zum Rotor kontrolliert werden,<br />
bei einem festen Sitz ist ein Abstand von 25 mm sicherzustellen.<br />
Ein weiterer „Checkpoint“ ist der Kratzboden des<br />
Ladewagens. Für eine störungsfreie Saison sollte dieser in<br />
einem optimalen Zustand sein. Dazu sind die Ketten sowie<br />
Nussräder hinsichtlich Verschleiß zu begutachten und auf<br />
ausreichende Spannung bzw. Funktion zu überprüfen.<br />
MESSERS SCHNEIDE …<br />
… sollte scharf sein! Die Messer des Ladewagens sollten, je<br />
nach Flächenleistung des Wagens, wenigstens einmal am<br />
Tag geschärft werden, bei Bedarf auch zweimal. Das optional<br />
erhältliche SpeedSharp-System mit automatischem<br />
Arbeitsablauf für das Schleifen aller Messer ist fest am<br />
Wagen montiert – somit immer dabei und einsatzbereit.<br />
Der Messerbalken lässt sich zum Schärfen hydraulisch<br />
aus- und wieder in den Förderkanal einschwenken. Die<br />
Schleifscheiben sind auf einer seitlich verschiebbaren und<br />
hydraulisch angetriebenen Welle angeordnet. Es wird immer<br />
eine ganze Messergruppe geschliffen und dabei zeitgleich<br />
jedes zweite Messer des Balkens bearbeitet. Im Anschluss<br />
folgt dann die andere Hälfte.<br />
Die Schleifvorrichtung am Ladewagen bietet den Vorteil, die<br />
Messer bei Bedarf auch zwischendurch schärfen zu können<br />
und nicht warten zu müssen, bis der Arbeitseinsatz am<br />
Abend beendet ist. Ohne dieses System müssten alle Messer<br />
einzeln ausgebaut und nachgeschärft werden oder direkt<br />
gegen einen zweiten Messersatz getauscht werden – ein<br />
enormer Zeit- und Kostenfaktor. Der Einsatz des Ladewagens<br />
mit stets scharfen Messern sorgt für ein sauberes Schnittbild<br />
– und spart so auch Energie und Kosten. Der Verschleiß des<br />
21
WISSEN<br />
1<br />
2<br />
Messersatzes ist abhängig von den Erntebedingungen, aber<br />
grundsätzlich sollte dieser jedoch ausgetauscht werden,<br />
sobald der Wellenschliff sich dem Ende neigt.<br />
Unvermeidlich ist, dass Fremdkörper, insbesondere<br />
Steine, den Weg über die Pickup in die Maschine finden.<br />
Um zu verhindern, dass die Messer durch die Fremdkörper<br />
beschädigt werden, ist eine Messereinzelsicherung<br />
verbaut. So kann jedes Messer für sich aus dem<br />
Schnittbereich herausschwenken. Wenn also Fremdkörperkontakt<br />
besteht, schwenkt das jeweilige Messer<br />
aus und der Fremdkörper wird weiter geführt, ohne dass<br />
eine Blockade entsteht. Hat der Fremdkörper das Messer<br />
passiert, schwenkt es wieder ein. Über die Saison hinweg<br />
kann es sein, dass das Auslösen der Sicherung durch<br />
Verschmutzungen erschwert wird. In der Folge könnte<br />
ein Fremdkörper die jeweiligen Messer beschädigen<br />
– oder im schlimmsten Fall komplett zerstören. Da<br />
dies unbedingt vermieden werden muss, ist es wichtig,<br />
Verschmutzungen an der Messereinzelsicherung zu entfernen<br />
und eine gute Schmierung zu gewährleisten.<br />
LÄUFT WIE GESCHMIERT<br />
Um die Straßenverkehrssicherheit zu gewährleisten, ist die<br />
Kontrolle der Brems- und Beleuchtungsanlage sowie des<br />
Fahrwerks und der Reifen eine wichtige Aufgabe, sowohl<br />
beim Saisoncheck als auch zwischendurch. Angefangen bei<br />
dem Entlüften der Bremsanlage und dem Säubern der Filter<br />
über das Prüfen der Schlauchverbindungen sowie der Kabel<br />
1 Vor Saisonbeginn sollte überprüft werden, ob der Messerabstand<br />
einen sauberen Scherenschnitt gewährleistet.<br />
2 Das Abschmieren ist essentiell für die reibungslose<br />
Funktionsfähigkeit einer jeden Maschine – auch beim<br />
Ladewagen.<br />
und Stecker: Vor Saisonbeginn muss alles gewissenhaft begutachtet<br />
werden. Einen weiteren Blick sollten Sie auf den<br />
Zustand von Radbolzen und Reifen sowie den Reifenluftdruck<br />
werfen, um Ausfällen durch Beschädigungen vorzubeugen.<br />
Nicht umsonst gibt es Sprichwörter wie „da klemmt das<br />
Fett“. Denn beim Abschmieren sollte man nicht sparen.<br />
Es ist essentiell für die reibungslose Funktionsfähigkeit<br />
einer jeden Maschine – das trifft auch beim Ladewagen<br />
zu. Hier ist es zu empfehlen, sich anhand des beiliegenden<br />
Schmierplans durch die Maschine zu arbeiten. Nach<br />
jedem Einsatzjahr sollte außerdem ein Ölwechsel durchgeführt<br />
werden. Die im Öl angefallenen Verschmutzungen<br />
werden beseitigt und das neue Öl sorgt zudem für eine<br />
optimale Schmierung bei minimalem Verschleiß.<br />
Um den Vorsaisoncheck abzuschließen, sollten alle Funktionen<br />
der Maschine „trocken“ getestet werden. Läuft die<br />
Maschine ruhig oder ist etwas auffällig, gibt es Fehlermeldungen<br />
oder Probleme? Schäden in Sensorik oder der<br />
Aktorik werden so schnell erkannt und können behoben<br />
werden, somit sparen Sie sich ärgerliche Ausfälle in der<br />
Ernte. «<br />
22
EASYCUT F 320 M / F 320 / F360 M<br />
PUSH & PULL<br />
Auf der Agritechnica <strong>2019</strong> zeigte der Grundfuttererntespezialist<br />
Krone u. a. die drei<br />
neuen Frontmähwerke EasyCut F 320 M,<br />
F 320 und F 360 M. Die Geräte arbeiten<br />
ohne Aufbereiter, jeweils in der geschobenen<br />
(Push) als auch in der gezogenen Variante<br />
(Pull). Ihre Arbeitsbreiten liegen zwischen<br />
3,14 m und 3,60 m, die Transportbreiten<br />
bei 3 m (F 320 und F 320 M) bzw. 3,44 m<br />
(F 360 M). Gemeinsame Kennzeichen der drei<br />
Baureihen sind das einheitliche, neue Design<br />
mit gespannten Schutztüchern, als auch die<br />
weit öffnenden Frontschutze, wodurch z. B.<br />
die Mähholme beim Klingenwechsel gut<br />
erreichbar sind. Zudem sind die Mähwerke<br />
deutlich leichter, was eine bessere Bodenanpassung<br />
erlaubt.<br />
Alle drei neuen Modelle arbeiten mit dem<br />
bewährten Krone SmartCut-Mähholm. Die<br />
nach vorn auseinander laufenden Scheiben<br />
liegen jetzt näher nebeneinander, dadurch<br />
ergibt sich eine größere Überlappung der<br />
Messerlaufbahnen. So kann das Mähwerk<br />
auch in leichten Beständen streifenlos arbeiten.<br />
Zudem verfügen die neuen Geräte über<br />
die innovative SafeCut-Lösung. Der Abstand<br />
zwischen den beiden Schwadtrommeln<br />
beträgt 145 cm, so gelingt auch bei gut<br />
gewachsenen Beständen eine kompakte<br />
Schwadablage, bei der das Futter nicht vom<br />
Traktor überfahren wird. Auf Wunsch können<br />
die neuen Mähwerke mit hydraulischen<br />
Klappschutzen, einem Kamerasystem oder<br />
zwei Begrenzungsleuchten mit farbigen LED<br />
ausgestattet werden. «<br />
VARIPACK V 165 XC PLUS / V 190 XC PLUS<br />
REINE RIEMENPRESSE<br />
Weltpremiere feierte kürzlich die neue Rundballenpressen-Baureihe<br />
VariPack von Krone. Sie wurde speziell für die Bergung trockener<br />
Erntegüter wie Heu, Stroh und Heulage konstruiert und ist in den<br />
Varianten VariPack V 165 XC Plus (Ballengrößen von 0,80 bis 1,65 m)<br />
sowie V 190 XC Plus (0,80 bis 1,90 m) erhältlich. In der Presskammer<br />
befinden sich vier, je 275 mm breite Flachriemen, die eine hohe<br />
Verdichtung garantieren. Sowohl Presskraft als auch Weichkernwert<br />
werden vom Traktorsitz aus über das Terminal eingestellt.<br />
Ein Highlight ist der schnelle Ballenauswurf. In weniger als 5 sek lässt<br />
sich die Heckklappe öffnen und schließen. Für mehr Fahrkomfort<br />
verfügen die Maschinen zudem über eine Automatikfunktion: Die<br />
Netzbindung wird automatisch gestartet; ebenfalls automatisch<br />
gesteuert wird das Öffnen und Schließen der Heckklappe.<br />
Serienmäßig sind die neuen Pressen mit einem Hochleistungs-<br />
Integralrotor mit 26-Messer-Schneidwerk ausgerüstet; der Messerabstand<br />
beträgt 42 mm bzw. 84 mm (zweimal schaltbar), die Messer<br />
können schnell an das jeweilige Erntegut angepasst werden. Serienmäßig<br />
wird die Presse mit Netzbindung angeboten (Garnbindung<br />
optional); ebenfalls serienmäßig ist die Netzrutsche, über die das<br />
Netz einfach, schnell und ohne großen Kraftaufwand eingelegt<br />
werden kann. Die Netzzufuhr zur Presskammer läuft automatisch<br />
über eine hydraulische Netzschwinge ohne vorgelagerte Walze.«<br />
23
INTERNATIONAL<br />
Das Rezept des Scherrhofs ist ganz einfach: Gute<br />
Kühe geben gute Milch. Und gute Milch gibt guten<br />
Käse. Mit der eigenen Schaukäserei veredelt die<br />
Landwirtsfamilie Walch aus Tirol nicht nur das<br />
eigene Produkt, sondern hat den Betrieb so auch<br />
auf zukunftssichere Beine gestellt.<br />
24
FAMILIE WALCH, KIRCHBERG (A)<br />
GUTE MILCH –<br />
GUTER KÄSE<br />
Kirchberg in Tirol, nur wenige Kilometer vom weltbekannten<br />
Ferienort Kitzbühel entfernt. Wir sitzen in<br />
der Bar des Hotels Elisabeth. Der Kellner bringt Kaffee. Verabredet<br />
sind wir hier mit Hans Walch, Hotelier und Landwirt. Er<br />
hat gemeinsam mit seiner Frau aus dem elterlichen Gasthof<br />
ein modernes Haus mit Vier-Sterne-Superior-Standard, großzügigem<br />
Wellness-Bereich und 200 Betten gemacht. Und<br />
auch sein landwirtschaftlicher Betrieb ist fit für die Zukunft.<br />
„Die Landwirtschaft in Kirchberg, den Scherrhof, habe ich<br />
eigentlich bereits vor einiger Zeit an meinen Sohn übergeben“,<br />
erzählt Hans Walch. „Er hat vor rund zehn Jahren seine Ausbildung<br />
als Agraringenieur abgeschlossen. Als es darum ging,<br />
die Betriebsentwicklung zu planen, war schnell klar, dass wir<br />
unser Produkt Milch veredeln müssen, um die Wertschöpfung<br />
zu erhöhen. So haben wir eine eigene Käserei gebaut.“<br />
ZWEI BETRIEBE<br />
Darüber hinaus besitzt Hans Walch noch einen weiteren<br />
landwirtschaftlichen Betrieb in Ungarn. Die Idee dazu entstand<br />
bei einem Urlaubsaufenthalt in Loipersdorf, nahe<br />
der ungarischen Grenze. „Ich war so begeistert von den<br />
Bedingungen dort, dass ich dort auch landwirtschaftlich<br />
etwas unternehmen wollte“, erzählt Hans Walch. „Irgendwann<br />
war ein passender Betrieb zu verkaufen und da<br />
habe ich zugegriffen. Das war im Jahr 1991. Ich halte dort<br />
350 Milchkühe der Rasse Holstein sowie etwa die gleiche<br />
Anzahl an Nachzucht. Die Milchleistung beträgt im Durchschnitt<br />
8.000 kg pro Jahr. Gemolken wird in einem neuen<br />
Doppel-16er-Fischgrätenmelkstand. Bewirtschaftet werden<br />
etwas mehr als 600 ha, davon sind ca. 520 ha im Eigentum.<br />
Wir bauen dort viel Grünroggen und Futtergerste an, dazu<br />
kommen rund 130 ha Weizen, 30 ha Triticale und 15 bis 20 ha<br />
Hafer.“ Letztgenannter dient als Pferdefutter, denn Hans<br />
Walch hält dort als Hobby einige Traber-Zuchtstuten. Die<br />
Tiere werden ausschließlich im Natursprung in Frankreich<br />
gedeckt, die Fohlen in Ungarn aufgezogen und als Jährlinge<br />
dann wiederum nach Frankreich zum Training für die Rennbahn<br />
verkauft. „Auf dem Betrieb arbeiten 16 Menschen“,<br />
so der Landwirt weiter. „Ich bin zwar etwa alle zehn Tage<br />
einmal vor Ort, das Tagesgeschäft wird aber von einer<br />
Wirtschafterin geleitet.“<br />
Zurück nach Tirol. Als wir mit Hans Walch auf den Scherrhof<br />
im drei Kilometer entfernten Ortsteil Spertendorf fahren,<br />
sind die Ställe zwar blitzsauber, es ist aber kein einziges Rind<br />
zu sehen. „Die Tiere kommen erst nächstes Wochenende<br />
von der Alm zurück“, erklärt der Landwirt: „Dort sind sie<br />
seit Mitte Mai. Wir haben eine Nieder- und eine Hochalm.<br />
Erstere liegt auf 1.140 m über dem Meer, Letztere reicht<br />
von 1.640 bis über 2.000 m. Der Almabtrieb findet immer<br />
Ende September statt und ist mit einem Fest vor dem Hotel<br />
verbunden. Wir bieten so den Gästen in unserer Region und<br />
den Einheimischen eine weitere touristische Attraktion.“<br />
SCHAUKÄSEREI<br />
Den gesamten Sommer verbringen die Rinder also im<br />
Gebirge am Fuße des Großen Rettensteins. „Wir nehmen<br />
alle unsere 60 Milchkühe und das gesamte Jungvieh mit<br />
nach oben“, sagt Hans Walch. „Die Abkalbungen finden<br />
hauptsächlich im Herbst statt, ideal wäre für uns in der<br />
Zeit Oktober/November. So können die Kühe den frischen<br />
Frühjahrsaufwuchs auf der Alm voll nutzen. Wird das Futter<br />
dann weniger, sind sie eh in einem späteren Stadium der<br />
Laktation oder stehen schon trocken. Früher hat unsere<br />
Familie Pinzgauer gehalten, mein Vater hat dann aber auf<br />
Fleckvieh umgestellt. Die passen sehr gut in die Region,<br />
und da die männlichen Kälber besser vermarktet werden<br />
können, sind sie zudem wirtschaftlicher.“ Familie Walch<br />
züchtet einen nicht zu großrahmigen Typ Fleckvieh mit<br />
25
INTERNATIONAL<br />
1<br />
2<br />
wenig Red-Holstein-Einfluss und legt Wert auf gute, leicht<br />
melkbare Euter.<br />
3<br />
Fast die gesamte Sommermilch wird verkäst. Bei einer Jahresdurchschnittsleistung<br />
der Kühe von 8.400 l werden über<br />
die Sommermonate aus rund 100.000 l Milch knapp 10 t<br />
Bergkäse erzeugt, dazu noch Tilsiter, Weichkäse, Joghurt<br />
und Molkegetränke. Stehen die Kühe voll in der Laktation,<br />
wird jeden Tag gekäst, lässt die Milchmenge über den Sommer<br />
nach, entsprechend weniger. „Der wichtigste Schritt<br />
war hier der Bau unserer Schaukäserei ‚Kasplatzl‘ auf der<br />
Niederalm“, berichtet Hans Walch. „Denn hier wird nicht<br />
nur produziert, sondern auch verkauft. Angeschlossen ist<br />
ein Gastraum und eine große Sonnenterasse. Die Gäste<br />
gelangen zu uns mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem<br />
Auto. Im Sommer wird hier oben Brot gebacken und zusätzlich<br />
gibt es Wurstwaren sowie Speck von den eigenen<br />
Almschweinen, die die Molke aus der Käseproduktion verwerten.<br />
Was wir nicht direkt ab Alm verkaufen, wird über<br />
die Gastronomie unseres eigenen Hotels, den Einzelhandel<br />
oder über Kollegen abgesetzt. Außerdem haben wir neben<br />
dem Hotel einen Verkaufsladen.“ Von der Wintermilch<br />
aus dem Talbetrieb wird etwas frischer Joghurt für den<br />
Verbrauch in der Gastronomie erzeugt, der Rest wird an<br />
die Molkerei Pinzgau Milch geliefert.<br />
Die Käseproduktion auf Sennalpen hat in der Region Tradition,<br />
allerdings gab es in den letzten Jahrzehnten einen<br />
starken Rückgang. Das Engagement der Familie Walch<br />
wurde deshalb positiv aufgenommen. Auch die öffentliche<br />
Hand unterstützte den Landwirt bei seinem Vorhaben.<br />
Während der Almsaison kümmern sich Hans Walch jun.<br />
und ein Melker um die Tiere. Zum Käsen kommt ein Senner<br />
aus dem Tal. Unterstützt wird das Alm-Team durch<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Gastronomie.<br />
Gemolken wird auf der Niederalm im Anbindestall mit<br />
einer Rohrmelkanlage, auf der Hochalm mit einem Doppel-2er-Tandemmelkstand.<br />
Dieser reicht von der Kapazität<br />
aus, da zu dieser Zeit schon viele der Rinder trockenstehen.<br />
Der Stall ist relativ neu, da vor einigen Jahren ein Herbststurm<br />
das Dach des alten Gebäudes völlig weggefegt hat.<br />
Nach dem Motto: „Wenn neu, dann richtig“, wurde in einen<br />
modernen Laufstall sowie Melktechnik investiert.<br />
DREI SCHNITTE<br />
Die Flächenausstattung des Scherrhofs sieht folgendermaßen<br />
aus: 65 ha Grünland, davon 50 ha im Eigentum, die<br />
Nieder- und die Hochalm sind 60 bzw. 190 ha groß. Über die<br />
Jahre hinweg hat Hans Walch immer wieder Wiesen dazu<br />
erworben, deshalb sind seine Flächen nicht arrondiert. So<br />
wird der erste und der dritte Schnitt komplett zu Rundballen-Silage<br />
gewickelt. Der zweite Schnitt wird als Grummet<br />
eingebracht und unter Dach belüftet.<br />
26
4<br />
1 Hans Walch, Hotelier und Landwirt aus Kirchberg<br />
in Tirol.<br />
2 Das gesamte Jungvieh kommt mit auf die Alm.<br />
3 Im Sommer gibt es für die Milchkühe ausschließlich<br />
frisches Almwiesengras und etwas Kraftfutter.<br />
4 Blitzsauber, aber im Sommer unbenutzt. Dann ist<br />
das gesamte Vieh auf der Alm.<br />
5 Auf der Alm wird die gesamte Sommermilch direkt<br />
verarbeitet.<br />
5<br />
Eigentlich vertragen sich aber Silage und Bergkäseproduktion<br />
nicht, da es dadurch zu Fehlgärungen im Produkt<br />
kommen kann. Hans Walch erklärt den vermeintlichen<br />
Widerspruch: „14 Tage vor dem Almauftrieb stellen wir die<br />
Fütterung auf frisches Gras um. Sind die Tiere dann oben,<br />
wird erst ab dem 20. Tag die Milch für die Hartkäseproduktion<br />
verwendet. Anders würde es nicht funktionieren.“ Und<br />
während der Almsaison gibt es für die Kühe dann eh nur<br />
Bergwiesengras und etwas Kraftfutter.<br />
Auf dem Scherrhof in Tirol laufen Traktoren der Marke John<br />
Deere, in Ungarn Fendt. Auf beiden Betrieben kommt die<br />
Futtererntetechnik von Krone zum Einsatz. „Eigentlich sollte<br />
man ja denken, dass wir in Österreich bevorzugt von einem<br />
einheimischen Hersteller kaufen“, meint Hans Walch. „Und<br />
das war in der Vergangenheit auch so. Allerdings hatte ich<br />
mit unserem örtlichen Händler einmal ein Problem, weil<br />
einer unserer Traktoren in Ungarn nicht optimal gelaufen<br />
ist. Leider konnte das nicht zu meiner Zufriedenheit gelöst<br />
werden, sodass ich mich nach einem anderen Partner umgeschaut<br />
habe. Der hatte Krone im Programm“, schildert<br />
er die Situation. Inzwischen setzt er je ein Front- und ein<br />
Heckmähwerk, ein Bergmähwerk sowie eine Rundballenpresse<br />
ein, die hauptsächlich im Stroh und ein bisschen im<br />
Heu läuft. In Ungarn nutzt er ein Schmetterlingsmähwerk,<br />
außerdem gehören zwei große Schwader, ein Zetter und<br />
zwei weitere Rundballenpressen zum Maschinenpark.<br />
„Durch die durchweg guten Erfahrungen bin ich so zu einem<br />
Krone-Fan geworden. Ich war schon mehrfach im Werk und<br />
finde es auch sehr sympathisch, mit einem Familienunternehmen<br />
zusammenzuarbeiten.“<br />
In Zukunft wird sich Hans Walch sen. immer mehr aus dem<br />
Geschäft zurückziehen. Seine Frau ist bereits im Ruhestand,<br />
das Hotel Elisabeth wird von einem Direktor geleitet. Und<br />
auch bei ihm ist die Rente nicht mehr fern. Aber untätig<br />
wird der Landwirt sicherlich nicht sein. Neben dem Betrieb<br />
in Ungarn wird er sich wieder mehr auf dem Scherrhof<br />
einbringen. „Aber ausschließlich als Helfer bei den Tieren<br />
oder in der Ernte“, meint er lachend. „In die Führung werde<br />
ich mich ganz sicher nicht einmischen. Das ist die Sache<br />
meines Sohnes.“ «<br />
27
WISSEN<br />
MENSCHEN BEI KRONE<br />
TEAM-SPIELER<br />
28
Maximilian Fritz arbeitet bei Krone in der Schwader-Montage<br />
und ist seit dem Frühjahr auch Teil der eSport-Gruppe. Sie spielt<br />
mittlerweile in der internationalen „Farming Simulator League“<br />
im Spitzenfeld mit – eine Welt für sich.<br />
Beifall brandet auf – dann ein kollektives<br />
Aufstöhnen – wie gebannt starren<br />
die Zuschauer auf das Spiel vor ihnen, das<br />
auf eine Großleinwand übertragen wird,<br />
während zwei Kommentatoren das Turniergeschehen<br />
wortreich begleiten. Doch es<br />
handelt sich hier nicht etwa um die Leichtathletik-Weltmeisterschaften<br />
oder ein Fußball-Bundesligaspiel.<br />
Objekt der Faszination<br />
Tausender in der Halle und Zuhause an den<br />
Bildschirmen ist stattdessen das Live-Turnier<br />
der „Farming Simulator League“, kurz FSL,<br />
das während der Messe „Zürich Game Show<br />
19“ stattfand. Und im harten Wettstreit<br />
um die schnellsten Ernte-Logistiker hat ein<br />
Team gerade einen herben Rückschlag hinnehmen<br />
müssen. Dieses FSL-Turnier ist das<br />
dritte von insgesamt neun, die während der<br />
ersten Liga-Saison zwischen Juli <strong>2019</strong> und<br />
Juli 2<strong>02</strong>0 stattfinden.<br />
HARTES TRAINING<br />
Doch was steckt eigentlich dahinter?<br />
„Basis und Ausgangspunkt ist das seit<br />
Längerem schon beliebte PC-Spiel Landwirtschaftssimulator.<br />
Mit der FSL wurde<br />
es <strong>2019</strong> jedoch um eine hochkarätige<br />
eSport-Komponente erweitert“, erzählt<br />
Maximilian Fritz. Er arbeitet bei Krone am<br />
Standort Spelle in der Schwader-Fertigung<br />
und ist seit diesem Frühjahr Mitstreiter<br />
im Krone eSport-Team, zusammen mit<br />
Frederic Leifeling, Sascha Straub, Martin<br />
Potzmader, Lukas Steurer und Andreas<br />
Beisswenger. „In den jeweiligen FSL-Turnieren<br />
spielen Dreier-Teams gegeneinander,<br />
ganz klassisch nach dem K.-o.-System<br />
mit Achtel-, Viertel- und Halbfinale bis<br />
zum Endspiel. Das können sogenannte<br />
Wildcard-Teams sein, mit dabei sind aber<br />
auch die sogenannten Seeded Teams, die<br />
Eingespieltes Team: Seit Kurzem ist Maximilian Fritz (2.v.r.) Teamleiter der Gruppe Getriebebau innerhalb der<br />
Montagelinie Schwader.<br />
ein generelles Startrecht bei den großen<br />
Turnieren haben“, erzählt er weiter.<br />
Von diesen Seeded Teams spielt mittlerweile<br />
knapp ein Dutzend bei der FSL mit,<br />
die allesamt von Herstellern aus dem<br />
landwirtschaftlichen Umfeld unterstützt<br />
werden – wie zum Beispiel Krone. „Unsere<br />
eSport-Gruppe wurde in diesem Frühjahr<br />
gegründet, nach dem internen Aufruf habe<br />
ich mich spontan mal gemeldet“, berichtet<br />
Maximilian Fritz weiter. Insgesamt spielen<br />
sechs Personen im Team. Dank der Sechsergruppe<br />
können in den Trainings jeweils zwei<br />
Dreiergruppen gegeneinander antreten.<br />
Wobei man sich unter Trainings keine<br />
schweißtreibenden Übungseinheiten auf<br />
der Tartanbahn vorstellen muss, sondern<br />
am PC. „Doch das fordert auch enorm. Wir<br />
trainieren mindestens zweimal pro Woche<br />
einige Stunden und vor Turnieren auch am<br />
Wochenende. eSport ist eben doch eine<br />
echte Sportart, für die man wirklich ackern<br />
muss, um gut zu sein“, betont er.<br />
NEU-EMSLÄNDER<br />
In der Krone eSport-Gruppe ist er der einzige<br />
Kollege aus der Fertigung im Werk – und ist<br />
erkennbar stolz, dabei sein zu können. Das<br />
hat nicht nur mit seinem generellen Hobby<br />
der Computerspiele zu tun, sondern auch ein<br />
wenig mit seinem beruflichen „Ankommen“<br />
in Spelle. Ursprünglich stammt er aus dem<br />
kleinen Ort Ketzin bei Potsdam. Dort lernte er<br />
den Beruf des Nutzfahrzeug-Mechatronikers,<br />
konnte von seinem Lehrbetrieb am Ende<br />
der Ausbildung aber nicht übernommen<br />
werden. Kurzentschlossen nutzte er 2011 das<br />
Angebot einer Zeitarbeitsfirma, bei Krone<br />
im Speller Werk anzufangen. Zunächst als<br />
klassischer Leiharbeiter, dann mit Zeitvertrag<br />
direkt beim Hersteller und seit 2016 mit<br />
unbefristeter Anstellung. Gleich in der An-<br />
29
WISSEN<br />
1<br />
2<br />
fangszeit lernte er auch seine Frau kennen.<br />
Heute lebt das Paar in Rheine.<br />
Möglich machte den Festvertrag u. a. die<br />
gute Konjunktur in der Landtechnik, ist<br />
Maximilian Fritz überzeugt. Doch auch<br />
sein Engagement für die Arbeit und sein<br />
Team am Band dürfte dabei eine Rolle<br />
gespielt haben. Denn im September ist er<br />
zum Teamleiter der Gruppe Getriebebau<br />
befördert worden – eines von insgesamt<br />
vier Teams in der Schwader-Fertigung.<br />
Die koordinierende Aufgabe kommt dabei<br />
für ihn „on top“, denn seine eigentliche<br />
Tätigkeit an verschiedenen Positionen im<br />
Fertigungsablauf ist geblieben. „Gerade die<br />
Vielseitigkeit macht meinen Arbeitsplatz so<br />
interessant. Wichtig ist mir aber besonders<br />
der Zusammenhalt unter den Kollegen –<br />
es funktioniert eben am besten in einem<br />
guten Team“, so sein Credo.<br />
Was das Gespräch wieder auf das Thema FSL<br />
lenkt, denn auch da funktioniert es nur im<br />
Team, wie Maximilian Fritz inzwischen aus<br />
Erfahrung weiß. Aus der 6er-Gruppe treten<br />
zu den einzelnen Live- und Online-Turnieren<br />
jeweils nur drei an. Das ist auch gut so, denn<br />
die Veranstaltungen finden im vierwöchigen<br />
Abstand statt, „und das Privatleben<br />
sollte bei aller Begeisterung dafür nicht zu<br />
kurz kommen, vor allem für die Familienväter<br />
im Team“, meint er weiter. Wobei ihm der<br />
Kampfgeist schon im Gespräch anzumerken<br />
ist, wenn er von den einzelnen Spielen berichtet,<br />
die Herausforderungen schildert<br />
und die diversen Fachbegriffe erklärt.<br />
GUT DABEI<br />
Aber bis der eher analog geprägte Zuhörer<br />
mit rushs, mods, picks, powerplays, patch,<br />
changelog oder Spawn-Status etwas anfangen<br />
kann, dauert es ein wenig. Was genau ist<br />
nun das so offensichtlich Spannende an Spiel<br />
und Wettbewerb – mal ganz einfach formuliert?<br />
„Die beiden Wettbewerbs-Teams müssen<br />
sich aus einem zur Auswahl stehenden<br />
Pool die passenden Fahrzeuge auswählen,<br />
also zum Beispiel Traktoren, Mähdrescher,<br />
Ballenpressen. Die einzelnen Modelle haben<br />
unterschiedliche Eigenschaften und auch die<br />
Spielmodi verändern sich von Spiel zu Spiel.<br />
Letztlich geht es darum, möglichst schnell<br />
möglichst viel Getreide zu dreschen, Stroh zu<br />
pressen und das Erntegut in die Scheune zu<br />
transportieren. Es geht um Geschwindigkeit,<br />
sehr viel Geschick und das Wissen um die<br />
richtigen Kniffe“, erklärt Maximilian Fritz.<br />
Nicht zu vergessen eine gute Portion Glück:<br />
„Manchmal weißt Du wirklich nicht, warum<br />
1 Bei den Wettkämpfen treten Dreier-<br />
Teams gegeneinander an. Dabei geht<br />
es u. a. um Schnelligkeit und Geschick<br />
in Ernte und Logistik.<br />
2 Bronze und Silber gab’s für das Krone<br />
eSport-Team bereits – für Gold wird<br />
weiter hart gekämpft.<br />
der Gegner gerade so gut ist. Dann vollziehen<br />
wir später den Wettkampf nach und<br />
versuchen, daraus zu lernen. Das ist ein echt<br />
harter Fight.“ Doch offensichtlich hat das<br />
Speller Team den Dreh ganz gut raus, denn<br />
nach drei von neun Turnieren stand es im<br />
Wettbewerberfeld von etwa 20 Teams auf<br />
Platz 2 – und so mancher Wettbewerber<br />
aus der analogen Welt sieht nur die Speller<br />
Rücklichter, um es mal plastisch zu formulieren.<br />
Eine echt harte Nuss ist dagegen der<br />
bisherige Spitzenreiter – das Team eines<br />
bekannten Reifenherstellers. „Die Jungs<br />
sind echt klasse“, gibt Maximilian Fritz mit<br />
sportlicher Fairness zu. „Aber wir arbeiten<br />
hart daran, noch weiter nach vorn zu kommen“,<br />
ergänzt der Wettkämpfer. Und was<br />
reizt ihn, abgesehen vom Turnier-Feeling,<br />
gerade am Landwirtschaftssimulator?<br />
eSport-Ligen gibt es ja viele … „Es macht<br />
einfach Spaß, auch in der virtuellen Welt<br />
mit Maschinen zu arbeiten, die wir täglich<br />
im Werk live montieren.“ «<br />
30
COMPRIMA PLUS<br />
KOMPAKTE PROFI-ALLROUNDER<br />
Zu den aktuellen Krone-Neuheiten, die das bestehende Produktprogramm<br />
erweitern, gehören auch die neuen Rundballenpressen der<br />
Serie Comprima Plus. Der Futtereinzug erfolgt über die ungesteuerte,<br />
gewendelte EasyFlow Pick-up, die Krone bereits erfolgreich im Ladewagen-<br />
und Rundballenpressensegment getestet hat. Für eine<br />
hohe Schnittqualität steht das Rotorschneidwerk XCut mit präzisem<br />
Zwangsschnitt und gleichmäßiger Verteilung des Erntegutes bis in<br />
die Randbereiche. Daher erreicht die Maschine in allen Beständen<br />
feste Ballenkanten. Das Präzisionsschneidwerk bietet Krone mit 17<br />
oder 26 Messern an (Schnittlängen von 42 bzw. 64 mm), die sich in<br />
Gruppen schalten lassen. Beim Pressorgan setzt Krone auf das bewährte<br />
Novogrip-System. Durch die elektrische Pressdruckverstellung<br />
kann die Ballendichte vom Schlepper aus eingestellt werden.<br />
Die Comprima Plus bietet Krone in vier Varianten an: Die Solomaschinen<br />
Comprima F 155 XC Plus (bewährtes semivariables<br />
Presssystem mit einem Durchmesser von 1,25–1,50 m) und<br />
V 150 XC Plus (variabel; Durchmesser von 1,00–1,50 m) sowie<br />
jeweils auch als Presswickelkombination. Alle Maschinen können<br />
wahlweise mit einer Folien- oder Netzbindung ausgestattet werden.<br />
Die Allroundpressen sind ISOBUS-fähig. Das serienmäßige<br />
Tractor-Implement-Management-System (TIM) entlastet den<br />
Fahrer, da z. B. Funktionen wie das Öffnen und Schließen der<br />
Heckklappe vollautomatisch ablaufen. «<br />
SWADRO TC 1370<br />
NOCH MEHR KOMFORT<br />
Der neue Swadro TC 1370 ergänzt die Schwader-Linie bei Krone um<br />
einen 4-Kreisel-Mittelschwader, der durch zahlreiche Komfort-Features<br />
besticht. So verfügt er serienmäßig über eine einstellbare<br />
hydraulische Kreiselentlastung mit integrierter Schwingungsdämpfung<br />
und Soft-Down-Absenkautomatik, eine elektrische Kreiselhöheneinstellung<br />
und eine einstellbare Vorgewende-Aushubhöhe.<br />
Die beiden vorderen Kreisel sind mit vier Liftzinken pro Zinkenarm<br />
ausgerüstet, die beiden hinteren Kreisel verfügen über fünf Liftzinken.<br />
Darüber hinaus fährt der Schwader – zum Beispiel nach<br />
Straßenfahrt – beim Ausklappen der Kreiselarme automatisch die<br />
zuvor gewählten Arbeits- und Schwadbreiten an. Die Arbeitsbreite<br />
des Schwaders ist wählbar zwischen 10,80 m und 13,70 m; die<br />
Schwadbreite liegt zwischen 1,40 und 2,60 m.<br />
Für den Swadro TC 1370 sind zwei Bereifungspakete erhältlich. Das<br />
Transportfahrwerk ist serienmäßig mit Druckluftbremsanlage ausgestattet.<br />
Zur Wahl stehen die Anbau-Varianten 2-Punkt-Anbaubock<br />
(serienmäßig) sowie die Kugelkopfanhängung 80. Serienmäßig wird<br />
der Swadro TC 1370 mit einem ISOBUS-fähigen Schlepperterminal<br />
bedient. Optional können sowohl die neuen Krone-Terminals DS 100<br />
bzw. DS 500 oder die zwei ISOBUS-fähigen Terminals CCI 800 und<br />
CCI 1200 verwendet werden. Für noch mehr Komfort sind der<br />
bewährte WTK-Joystick oder der neue CCI-A3-Joystick optional<br />
erhältlich. «<br />
31
INTERVIEW<br />
ZUKUNFT LANDWIRTSCHAFT<br />
„DAS GELINGT N<br />
LADENKASSE.“<br />
32
ICHT AN DER<br />
Die Landwirtschaft steckt derzeit im Spannungsfeld zwischen<br />
Markt auf der einen und gesellschaftlichen Wünschen sowie<br />
politischen Auflagen auf der anderen Seite. Welcher Weg wird<br />
allen gerecht? Ein spannendes Bild zeichnet DLG-Präsident<br />
Hubertus Paetow im <strong>XtraBlatt</strong>-Interview.<br />
Zu den derzeit heißen Eisen der Branche gehört sicher<br />
die Diskussion um Nitratbelastung des Grundwassers,<br />
die Ausweisung roter Gebiete, die kurz getakteten<br />
Verschärfungen der Düngeverordnung sowie das Ringen<br />
zwischen Brüssel und Berlin um die „akzeptable“ Lösung<br />
aus politischer Sicht. Doch wie ist eigentlich der Blickwinkel<br />
der Praxis? Was kann und muss auch die Landwirtschaft<br />
dazu beitragen? Und wer soll am Ende des Tages die Kosten<br />
für alle Wünsche tragen? Hubertus Paetow, Landwirt<br />
mit Ackerbau- und Schweinemastbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern<br />
und seit 2018 Präsident der Deutschen<br />
Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), hat dazu eine klare<br />
Auffassung. <strong>XtraBlatt</strong> traf ihn im Sommer am Rande der<br />
DLG-Unternehmertage in Magdeburg, die sich ebenfalls mit<br />
der Zukunft der Landwirtschaft beschäftigten.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Herr Paetow – was ist von der laufenden Verschärfung<br />
der Düngeverordnung aus Sicht der Praxis zu halten?<br />
Hubertus Paetow: Aus rein ackerbaulicher Sicht sind wir für<br />
unseren Betrieb zum Ergebnis gekommen, dass wir damit<br />
relativ gut leben können. Wohlgemerkt: auf Basis der bis<br />
Sommer <strong>2019</strong> gültigen Variante der Düngeverordnung, die<br />
2017 in Kraft gesetzt wurde. Aber der nächste Schritt wird<br />
davon abhängen, wie stark die Politik die Daumenschrauben<br />
anlegt in den roten Gebieten, egal, ob wegen Nitrat oder<br />
Phosphat.<br />
Ganz anders sieht das jedoch aus, wenn man es aus der<br />
Perspektive eines Betriebes, zum Beispiel in Westfalen, betrachtet,<br />
der seine Schweinehaltung soweit ausgebaut hat,<br />
wie es nach bisheriger Rechtslage seine verfügbare Fläche<br />
zuließ, eventuell mit etwas Gülleabgabe. Der ist von der<br />
gegenwärtigen bzw. sich abzeichnenden Regelung in seinem<br />
Gesamtbetriebssystem natürlich extrem betroffen. Schon<br />
heute werden dort zwischen 18 und 20 €/m³ Gülle allein<br />
für die Abfuhr bezahlt – davon können Sie kein Schwein<br />
mehr wirtschaftlich mästen. Aus DLG-Sicht muss ich deshalb<br />
mit Blick auf die Nitratproblematik feststellen: Es besteht<br />
zweifelsfrei in einigen Regionen Handlungsbedarf. Aber wir<br />
brauchen deutlich intelligentere Lösungen als das, was derzeit<br />
politisch diskutiert wird, wie etwa eine pauschale Deckelung<br />
der Nährstoffobergrenzen.<br />
VITA HUBERTUS PAETOW<br />
Hubertus Paetow, Jahrgang 1967, ist gebürtiger<br />
Schleswig-Holsteiner und absolvierte dort seine<br />
Ausbildung zum Landwirt. Nach dem Studium der<br />
Agrarwissenschaften in Göttingen und Kiel war er bis<br />
2005 als Geschäftsführer eines Ackerbaubetriebes in<br />
der Nähe von Kiel tätig. Seitdem bewirtschaftet er<br />
seinen Betrieb mit den Schwerpunkten Ackerbau<br />
und Saatguterzeugung in Finkenthal-Schlutow<br />
(Mecklenburg-Vorpommern). Neben anderen Ämtern<br />
in Verbänden und der Kommunalpolitik war<br />
Hubertus Paetow seit 2015 Vizepräsident der DLG<br />
und Vorsitzender des DLG-Testzentrums. Seit 2018<br />
ist Hubertus Paetow Präsident der DLG.<br />
33
INTERVIEW<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Woran denken Sie dabei?<br />
Paetow: Es ist ja kein Hexenwerk, Nitrat im Wasser zu messen.<br />
Warum tun wir das nicht an repräsentativen Punkten auf<br />
verschiedenen Schlägen in unseren Betrieben, in verschiedenen<br />
Tiefen und vollautomatisiert? Dadurch haben wir<br />
jederzeit eine verbindliche Aussage, was in Sachen Nitratauswaschung<br />
gerade los ist – und können auch kurzfristig<br />
gegensteuern, etwa durch Fruchtfolgeanpassung und/oder<br />
Zwischenfruchtanbau. Denn selbst bei uns in Mecklenburg<br />
mit seiner relativ flachen Trinkwasserförderung liegt das,<br />
was unten im Grundwasserkörper an Nährstoffen ankommt,<br />
in der Ursache 20 oder 30 Jahre zurück. Je präziser wir also<br />
wissen, was schon im Oberboden los ist, desto besser lässt<br />
sich ein „Zuviel“ an Auswaschung verhindern. Rein technisch<br />
halte ich das für machbar, wie mir eine Reise seitens der DLG<br />
nach Israel gezeigt hat, wo wir in Sachen Bewässerung und<br />
Nährstoffmanagement Forschungsinstitutionen besucht und<br />
ihre Lösungsansätze kennengelernt haben. Damit könnte<br />
man die Düngeauflagen in den sogenannten roten Gebieten<br />
anders handhaben als derzeit von der Politik vorgesehen, denn<br />
seitens der DLG sind wir keine Freunde davon, eine Flächenbindung<br />
der Tierhaltung anzustreben,<br />
weil es fachlich das Problem im Kern<br />
nicht trifft. Das gilt in der Schweine-<br />
wie in der Rinderhaltung.<br />
Aber ich finde es auch wichtig, dass<br />
der Berufsstand bei unvernünftigen<br />
Praktiken selbst gegenhält. Dass<br />
zum Beispiel im Jahr <strong>2019</strong> immer<br />
noch 50 % des flüssigen Wirtschaftsdüngers<br />
breitwürfig ausgebracht<br />
werden, ist problematisch! Wenn man durch sein Handeln<br />
sichtbar macht, dass man bereit ist, Dinge nicht nur zu tun,<br />
weil man es muss, sondern weil man sich verantwortlich fühlt,<br />
finden Verbraucher das gut. Ein anderes Beispiel dafür sind<br />
die Blühstreifen an den Feldrändern, die sehr zum positiven<br />
Bild beitragen. Wichtig ist: Seht her, wir haben zugehört, wir<br />
machen da jetzt was. Und wir werden als Branche insgesamt<br />
einen sehr großen Aufwand betreiben müssen, um das Bild in<br />
der Gesellschaft über Landwirtschaft zu drehen.<br />
„WIR BRAUCHEN DEUTLICH<br />
INTELLIGENTERE LÖSUNGEN<br />
ALS ETWA EINE PAUSCHALE<br />
DECKELUNG DER NÄHRSTOFF-<br />
OBERGRENZEN.“<br />
HUBERTUS PAETOW<br />
ist es nicht ausgeschlossen, dass zum Beispiel die Schweinehaltung<br />
aus Deutschland verschwindet, wenn die Politik<br />
nicht die richtigen Weichen stellt. Denn am Ende müssen<br />
verteuernde Auflagen von irgendwem bezahlt werden. Der<br />
Weltmarkt diktiert uns nach wie vor den Weg der billigsten<br />
Produktion über die Preisgestaltung. Das reduziert die Standards<br />
der Tierproduktion auf den kleinsten gemeinsamen<br />
Nenner. Wenn das in Deutschland anders gewünscht ist,<br />
muss es immer eine Differenz im Preis geben, und da ist die<br />
Frage an die Konsumenten: Wollt Ihr das oder nicht? Meines<br />
Erachtens geht das nur, wenn man wieder ein System der<br />
Produktionssubvention einführt. Die Differenz der Kosten von<br />
Auflagen, die von den Verbrauchern gewünscht ist, müssen<br />
wir den Landwirten bezahlen.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Die andere Variante wäre, Standards zu definieren,<br />
die bei Importen eingehalten werden müssen …<br />
Paetow: So etwas ginge nur, wenn man Grenzen schließt,<br />
und das wird nicht passieren. Aber man muss auch fragen:<br />
Wie egal ist es den Menschen, dass es – um bei dem Beispiel<br />
zu bleiben – in Deutschland eine Schweinehaltung gibt?<br />
Darüber muss mal scharf nachgedacht werden. Es ist deshalb<br />
gesellschaftlich zu diskutieren, ob<br />
man gegenüber Tieren eine Verantwortung<br />
dafür empfindet, wie sie<br />
gehalten werden, oder ob man nur<br />
will, dass es in Deutschland eine<br />
bestimmte Form der Tierhaltung<br />
nicht mehr gibt.<br />
Diese beiden Betrachtungsweisen<br />
haben unterschiedliche Auswirkungen.<br />
Will man Ersteres, dann<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Viele Landwirte fürchten, dass sie diesen Aufwand<br />
nicht werden tragen können und stellen deshalb die<br />
Tierhaltung ein …<br />
Paetow: Leider ist dieser Prozess zu beobachten. Und in der Tat<br />
34
geht das nur, wenn man dem Landwirt diese aufwendigere<br />
Form der Produktion auch bezahlt. Noch dazu, wenn mit der<br />
Haltungsform auch bestimmte Betriebsstrukturen identifiziert<br />
werden – Stichwort Familienbetrieb. Wenn man aber<br />
die Verantwortung auf lokale Nachhaltigkeit legt, wie beim<br />
Nitratthema, ohne einen Ausgleich zu schaffen, dann kaufen<br />
wir die Schweine in Brasilien, und man macht die Augen<br />
davor zu, was dort passiert. Das<br />
sind die beiden Varianten, die ganz<br />
klar auf den Tisch müssen – und<br />
die leider kaum jemand in der<br />
öffentlichen Diskussion so deutlich<br />
thematisiert. Die Kunst der Politik<br />
wäre es, die Meinungsbildung in<br />
der Gesellschaft in die eine oder<br />
andere Richtung zu moderieren.<br />
„AM ENDE MÜSSEN VER-<br />
TEUERNDE AUFLAGEN VON<br />
IRGENDWEM BEZAHLT<br />
WERDEN.“<br />
HUBERTUS PAETOW<br />
einmal zu Ende zu denken, wohin die Reise gehen soll, dann<br />
auszurechnen, was dafür an Maßnahmen erforderlich ist und<br />
was diese kosten, und dann das Ergebnis in brauchbare Bilder<br />
zu packen, um sie den Menschen vor Augen zu führen. Im<br />
Moment sind die Tagesmedien, genauso wie die sogenannten<br />
Nicht-Regierungs-Organisationen, kurz NGO, und in Folge<br />
dessen viele Verbraucher ja immer nur gegen alles Mögliche.<br />
Aber das ist keine Vision, auf deren<br />
Basis man etwas entwickeln kann. Eine<br />
tragfähige Vision brauchen wir aber.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Wer sollte die Vision denn<br />
haben?<br />
Paetow: Die verschiedenen Optionen<br />
müssen wir als Landwirtschaft<br />
entwickeln, um dann die Meinungsbildner bzw. politisch<br />
Verantwortlichen damit zu konfrontieren und mit ihnen zu<br />
einer Entscheidung zu kommen. Wenn am Ende feststeht,<br />
was denen, die von außen auf Landwirtschaft schauen, als<br />
Bild oder Vision reichen würde, könnte man daraus passende<br />
Produktionssysteme entwickeln – und sagen, was zu tun ist,<br />
um dieses Ziel zu erreichen. Und dann wird man darüber reden<br />
müssen, wie viel teurer das Fleisch werden muss.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Für wie realistisch halten Sie das?<br />
Paetow: Grundsätzlich bin ich auch in dieser Hinsicht Optimist.<br />
Aber vor dem Hintergrund der jüngsten Beschlüsse sehe<br />
ich mit etwas Sorge, dass agrarpolitische Entscheidungen<br />
leider im Stile eines Basars getroffen werden, nach dem Motto<br />
„tausche Glyphosat gegen Tierwohllabel“ – das spricht leider<br />
nicht dafür, dass man mit fachlicher Praxis und sachlichen<br />
Argumenten die Diskussion führt. Somit bin ich gespannt,<br />
ob die Moderation der Politik gelingt.<br />
Die Bilder und Konzepte dazu zu entwerfen, wie mögliche<br />
Lösungen aussehen können, muss dagegen die Landwirtschaft<br />
leisten. Hier ist der Bauernverband gefragt, aber zum<br />
Beispiel durchaus auch wir als DLG. Wichtig wäre es, erst<br />
Wenn die Antwort dazu lautet: 30 % teurer, was ich für<br />
realistisch halte und was in Summe von der Gesellschaft<br />
auch tragbar wäre, dann ist zu fragen, woher die kommen<br />
sollen. Eines steht aber jetzt schon fest: Das gelingt nicht<br />
an der Ladenkasse, sondern geht nur über den Fiskus. Dazu<br />
gibt es Untersuchungen, die das bestätigen. Und es gibt<br />
Lösungen, wie es aussehen kann, etwa über den Wegfall<br />
des Mehrwertsteuer-Privilegs oder eine Fleischabgabe. Über<br />
den Produktpreis wird die Mehrheit der Verbraucher die notwendigen<br />
Erlöse nicht bezahlen, deshalb sind auch die bisher<br />
diskutierten Tierwohl-Zuschläge nicht wirklich zielführend,<br />
zumal sie auf Freiwilligkeit der Konsumenten beruhen.<br />
Wichtig ist mir aber auch, eine andere Haltung in unsere<br />
Branche zu bringen. Denn die gegenwärtig sehr pessimistische<br />
Stimmung der Landwirte führt zu einer mangelhaften<br />
Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen, und das ist<br />
sehr schwierig. Auch die Landwirtschaft wird sich bewegen<br />
müssen, ein „weiter so“ kann es nicht geben. Man darf nicht<br />
erst aktiv werden, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht,<br />
sondern schon, wenn es auf Höhe des Bauchnabels ist. An<br />
dem Punkt sind wir als Agrarbranche im Moment – und wir<br />
haben jetzt die Chance, aktiv zu werden. Das sollten wir alle<br />
gemeinsam nutzen! «<br />
35
PRAXIS<br />
LANDWIRT MARIO ORTLIEB, SARNOW<br />
QUALITÄT<br />
DIREKT ERLEBEN<br />
Wachsen oder spezialisieren? Mario Ortlieb hat sich<br />
für Letzteres entschieden. Er setzt auf Direktvermarktung<br />
seiner Produkte, und er hat Jahr für Jahr mehr Gäste<br />
auf seinem Hof, die Landwirtschaft erleben wollen.<br />
36
Fleisch und Wurstprodukte stammen nicht<br />
nur von den eigenen Tieren, sondern auch aus<br />
eigener Verarbeitung.<br />
Das Land ist leicht hügelig, die<br />
Felder und Wiesen ziehen sich<br />
weit hin. Das Getreide ist abgeerntet,<br />
bis zur Maisernte wird es nicht mehr<br />
lange dauern. Es ist ein heißer Tag, als<br />
wir Mario Ortlieb auf seinem Hof in<br />
Sarnow bei Pritzwalk besuchen. Schon am frühen Vormittag<br />
ist das Thermometer auf 30 Grad geklettert. Keine Wolke<br />
ist am Himmel, und das Vieh auf den Weiden sucht im<br />
Schatten der Bäume Schutz vor der Sonne. Mario Ortlieb<br />
wischt sich lächelnd den Schweiß von der Stirn, als er aus der<br />
Scheune kommt. Er ist gerade dabei, einen Ladewagen für<br />
die bevorstehende Maisernte vorzubereiten. Üppig wird die<br />
Ernte nicht ausfallen. Wie bei allen anderen Kulturen auch,<br />
hat die anhaltende Trockenheit den Erträgen zugesetzt.<br />
Doch der Landwirt aus der Prignitz ist kein Mensch, der sich<br />
damit aufhält, über das Wetter zu schwadronieren, auch<br />
wenn es von existenzieller Bedeutung für ihn ist. Viel lieber<br />
denkt Mario Ortlieb darüber nach, wie er seinen Betrieb<br />
weiterentwickeln kann. Das, was er bereits auf den Weg<br />
gebracht hat, ist beeindruckend, was er noch alles an Ideen<br />
im Kopf hat, klingt visionär. Mario Ortlieb will nicht weniger,<br />
als Landwirtschaft erlebbar zu machen! Er will zeigen, wie<br />
Lebensmittel erzeugt werden, will dazu beitragen, dass sie<br />
wieder die Wertschätzung erfahren, die ihnen zusteht.<br />
VOLLE TRANSPARENZ<br />
Das Wort Nachhaltigkeit fällt im Laufe unseres Gespräches<br />
nicht ein einziges Mal. Dabei hat Mario Ortlieb schon<br />
früh einen sehr nachhaltigen Weg eingeschlagen. Vor<br />
knapp zehn Jahren ist er in die Direktvermarktung<br />
der von ihm erzeugten Lebensmittel eingestiegen.<br />
Kein einfacher Weg in einer strukturschwachen<br />
Region wie der Prignitz, in der die Discounter<br />
den Lebensmitteleinzelhandel dominieren. „Um<br />
hier mit regionalen Produkten erfolgreich zu<br />
sein, muss man durch Qualität überzeugen“,<br />
sagt Mario Ortlieb. Und Qualität hat für<br />
den Landwirt eine Dimension, die weit<br />
über Frische und den Geschmack eines<br />
Stück Fleisches oder einer Kartoffel hinausgeht.<br />
Qualität beinhaltet für ihn auch ein<br />
Maximum an Transparenz: „Unsere Kunden<br />
wollen wissen, wie Lebensmittel produziert<br />
werden. Sie wollen sehen, wie unsere Tiere<br />
gehalten werden und wie wir unsere Felder<br />
bearbeiten.“ Diesen Wunsch hat Mario<br />
Ortlieb aufgegriffen und über die Jahre<br />
weiterentwickelt. So hat sich aus der Direktvermarktung<br />
ein direktes Erleben entwickelt, das mittlerweile weit über<br />
1.000 Menschen pro Jahr genießen, die den Bauernhof in<br />
Sarnow besuchen.<br />
Die Gäste werden auf Wunsch mit einem vom Traktor gezogenen<br />
Ausflugswagen über die Ländereien gefahren,<br />
können zum Beispiel zuschauen, wenn das Getreide gedroschen<br />
wird. Sie dürfen einen Blick in die Schweineställe<br />
werfen oder Hühner und Enten füttern. Mehr noch: Sie<br />
können auch auf dem Dachboden einer sanierten Scheune<br />
feiern. Bis zu 120 Gäste haben dort Platz. Ein Angebot, das<br />
von Hochzeitspaaren in der Region gerne genutzt wird.<br />
Organisiert werden Feiern und Veranstaltungen von Mario<br />
Ortliebs Ehefrau Nicole. Die gelernte Hotelfachfrau kennt<br />
sich mit der Organisation größerer Feiern bestens aus.<br />
Und sie hat ein sehr gutes Gespür für Details sowie die<br />
Dekorationen für die einzelnen Veranstaltungen. Das alles<br />
stellt sie gewissermaßen nebenbei auf die Beine, da sie<br />
nach wie vor ihrem Beruf nachgeht. Ihre Idee war es auch,<br />
in unregelmäßigen Abständen Verkostungen „der etwas<br />
anderen Art“ zu veranstalten: „Wir braten unser eigenes<br />
Fleisch und dazu Billigfleisch aus einem Discounter. Beides<br />
servieren wir unseren Gästen, die nicht um die Herkunft<br />
der jeweiligen Fleischprobe wissen. Raten Sie mal, was den<br />
Leuten besser schmeckt“, sagt Mario Ortlieb und lacht.<br />
BEWUSSTER SCHRITT<br />
Seinen Kunden einen so weitreichenden Einblick zu gewähren,<br />
setzt ein sehr hohes Maß an Aufgeschlossenheit<br />
voraus. Eine Eigenschaft, die sich im für einen Landwirt<br />
untypischen Lebenslauf von Mario Ortlieb widerspiegelt.<br />
Immer wieder kam er mit Menschen unterschiedlicher<br />
Couleur in Verbindung. Vor 43 Jahren in Pritzwalk geboren,<br />
hat er seine Kindheit und Jugend auf dem elterlichen Hof<br />
in Sarnow verbracht. Nach der Schule absolvierte er eine<br />
kaufmännische Ausbildung, anschließend ging er zur<br />
Bundeswehr. Es folgten einige Jahre in Berlin, wo er dank<br />
seiner kräftigen und sportlichen Statur unter anderem als<br />
gefragter Personenschützer arbeitete. Doch schon während<br />
seiner Berliner Jahre hat es ihn immer wieder auf den Hof<br />
in seinem Heimatdorf gezogen.<br />
Der wurde einige Jahre nach der Wende zunächst im Nebenerwerb<br />
wiederbelebt. Später entschloss sich Mario Ortlieb,<br />
mit seinem Vater eine GbR zu gründen und den Betrieb im<br />
Vollerwerb zu bewirtschaften. „Es war keine Entscheidung,<br />
die aus der Not heraus getroffen wurde, sondern ein<br />
37
PRAXIS<br />
Nach beruflich<br />
bedingtem Wohnen<br />
in Berlin zog Mario<br />
Ortlieb bewusst wieder<br />
zurück aufs Land<br />
und übernahm den<br />
elterlichen Betrieb.<br />
Der schmuck ausgebaute<br />
Dachboden kann von<br />
Festgesellschaften<br />
gebucht werden.<br />
die Erzeugung von Lebensmitteln auch die Wertschätzung<br />
gegenüber qualitativ hochwertigen Lebensmitteln wieder<br />
zunehmen wird.<br />
EIGENE SCHLACHTUNG<br />
Auch der „Knieper“, die Prignitzer Grünkohlvariante, gehört zum Angebot<br />
des Hofladens.<br />
bewusster Schritt“, erläutert er. Was hat ihn dazu motiviert?<br />
Die Antwort kommt spontan. Es war auch der Wunsch, die<br />
Hektik der Großstadt gegen das Leben auf dem eigenen<br />
Hof zu tauschen, auf dem er seine Kindheit und Jugend<br />
verbracht hat.<br />
Landwirtschaft erlebbar zu machen, ist für den Vater<br />
zweier Kinder längst zur Herzensangelegenheit geworden.<br />
Vor allem die Besuche von Schulklassen aus der Region<br />
sind es, die den Landwirt immer wieder neu motivieren.<br />
„Für die Kinder ist so ein Tag auf dem Bauernhof oft ein<br />
Aha-Erlebnis“, freut sich Mario Ortlieb. Die seien mitunter<br />
erstaunt, wenn sie sehen, dass Kartoffeln auf dem Feld und<br />
nicht im Regal eines Discounters wachsen. Mario Ortlieb ist<br />
sich auch sicher, dass mit dem so erworbenen Wissen um<br />
Die in weiten Kreisen der Gesellschaft verbreitete, geringe<br />
Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln ist etwas, das<br />
dem Landwirt die Zornesröte ins Gesicht steigen lässt. „Wir<br />
sind das einzige Land, in dem Lebensmittel verramscht werden“,<br />
ärgert sich Mario Ortlieb. Der Preis sei für die meisten<br />
Verbraucher mittlerweile die einzig kaufentscheidende<br />
Eigenschaft von Lebensmitteln. Dass Menschen 365 Tage<br />
im Jahr für die Erzeugung gesunder Lebensmittel arbeiten,<br />
werde dabei ausgeblendet.<br />
Um sich aus der Abhängigkeit der Fleischindustrie zu befreien,<br />
werden die Schweine auf dem Hof geschlachtet und<br />
die Produkte ausschließlich über den eigenen Hofladen<br />
vermarktet, erzählt der Landwirt weiter. Dafür hat er extra<br />
eine eigene, EU-konforme Schlachtung gebaut. „Der Bau hat<br />
allerdings einiges an Geld und vor allem Nerven gekostet“,<br />
erklärt er. Jede Woche sei irgendjemand aus der Verwaltung<br />
da gewesen und habe ihm gesagt, „was alles nicht gehe.“<br />
Mario Ortlieb ließ sich trotzdem nicht abschrecken, zog das<br />
Projekt durch. „Alles in allem haben wir rund 300.000 € in<br />
die Räumlichkeiten investiert“, ergänzt er. Das Schlachten<br />
selbst übernimmt ein Hausschlachter aus der Region, beim<br />
Zerlegen und Verarbeiten der Tiere fasst auch das Landwirtsehepaar<br />
mit an.<br />
38
Direktvermarktung, Landwirtschaft<br />
erlebbar machen und Raum für Feiern<br />
bieten: Familie Ortlieb hat jedes Jahr<br />
viele Gäste auf ihrem Hof.<br />
Inzwischen denkt Mario Ortlieb über den Bau einer Schlachtung<br />
für Rinder nach, um auch hier die Vermarktung in<br />
die eigene Hand nehmen zu können. Auf den Weiden des<br />
Betriebes laufen aktuell rund 40 Rinder. Angesichts der<br />
diesjährigen Futtererträge zu viele, um über den Winter zu<br />
kommen. Die Hälfte der Herde wird daher den Betrieb noch<br />
in diesem Jahr verlassen.<br />
GUTES NETZWERK<br />
Mario Ortlieb hat in den letzten Jahren zusammen mit<br />
weiteren Landwirten und Imkern aus der Region ein kleines<br />
Direktvermarkter-Netzwerk aufgebaut. „Wir beliefern uns<br />
gegenseitig mit unseren Erzeugnissen und konnten so<br />
gemeinsam zusätzliche Absatzkanäle aufbauen“, freut<br />
sich der Landwirt. In seinem Hofladen finden sich neben<br />
Kartoffeln und Getreide sowie Fleisch- und Wurstwaren<br />
aus eigener Produktion vor allem regionale Spezialitäten,<br />
wie die Prignitzer Grünkohlvariante „Knieper“, verschiedene<br />
Honigsorten und Liköre. Zum Hofladen gehört darüber<br />
hinaus eine Erlebnisküche, die vor allem von Schulklassen<br />
genutzt wird. Hier können die Kinder Getreide mahlen und<br />
aus dem Mehl Brot oder Kuchen backen – und ihr Backwerk<br />
natürlich auch selbst verzehren.<br />
Die eigentliche Landwirtschaft bleibt natürlich der<br />
Mittelpunkt des Hofes. Mario Ortlieb und sein Vater bewirtschaften<br />
200 ha eigenes Land sowie 100 ha Pachtland.<br />
Zur Fruchtfolge gehören Getreide, Kartoffeln, Rüben und<br />
Raps. Dazu kommen in der Tierhaltung Rinder, Schweine<br />
Bewirtschaftet werden rund 300 ha. Eine zentrale Rolle spielt dabei die<br />
Futter- und Strohernte.<br />
und Hühner. „Die Pachtverträge werden wir jedoch nicht<br />
verlängern“, sagt der Landwirt, dem mittlerweile wegen<br />
der Trockenheit das dritte ertragsschwache Jahr in den<br />
Knochen steckt.<br />
Aber wenn die von ihm bewirtschaftete Fläche schrumpft,<br />
wird die Arbeit für ihn nicht weniger werden. Mario Ortlieb<br />
will den Betrieb noch stärker zum „Erlebnis-Bauernhof“<br />
umgestalten: zu einem Hof, auf dem die Besucher noch<br />
intensiver erleben können, wie die Produktion gesunder<br />
und nachhaltiger Lebensmittel funktioniert – und zu einem<br />
Hof, der die von ihm erzeugten Produkte direkt vermarktet.<br />
„Wenn wir diesen Weg konsequent weitergehen, werden<br />
auch künftige Generationen diesen Hof gerne weiterbewirtschaften“,<br />
ist er überzeugt. «<br />
39
TELEGRAMM<br />
NEWS-TICKER<br />
50 JAHRE KRONE<br />
Seit 50 Jahren importiert die Firma Tulloch<br />
nun schon Krone-Technik nach Neuseeland.<br />
Aus diesem Grund hatte das Unternehmen<br />
seine Händler und Endkunden zu einer<br />
Jubiläumsfeier mit einem beeindruckenden<br />
Rahmenprogramm eingeladen. Die Glückwünsche<br />
aus Spelle gingen insbesondere an<br />
Graeme, John und Henriette Tulloch.<br />
AUTONOM<br />
WENDEN<br />
Auf dem Grünlandabend des Krone-Händlers<br />
Prinz war erstmals ein unbemanntes<br />
Fahrzeug im Einsatz. Der vollständig autonome,<br />
sogenannte GreenBot überzeugte<br />
in Kombination mit einem Krone-Wender.<br />
BIG RENAULT CLIO<br />
Mit einem „BiG Renault Clio“ überraschte<br />
das Team des französischen Lohnunternehmers<br />
Pierre Pesqueux den Chef zur Hochzeit.<br />
In das einmalige Gefährt investierte<br />
das Team rund 350 Arbeitsstunden.<br />
FÜR DIE AUSBILDUNG<br />
Praxisbezug ist das Wichtigste – frei<br />
nach diesem Motto stellt Krone dem<br />
Bildungszentrum der Handwerkskammer<br />
in Landshut einen Feldhäcksler der Baureihe<br />
BiG X V8 zur Verfügung. „Bildung<br />
und Nachwuchsförderung haben bei uns<br />
einen signifikanten Stellenwert“, betonte<br />
Krone-Geschäftsführer Wolfgang Jung<br />
(Mitte) bei der Übergabe.<br />
KRONE-TEAM IN<br />
DER FSL<br />
Premiere in der Farming Simulator League:<br />
Das Krone-eSport-Team trat erfolgreich auf<br />
der Farmcon <strong>2019</strong> an – und trainiert nun<br />
bereits intensiv für alle Challenges in 2<strong>02</strong>0.<br />
Zum „Manufacturer Team“ gehören (v.l.n.r.)<br />
Frederic Leifeling, Sascha Straub, Martin<br />
Potzmader, Lukas Steurer, Maximilian Fritz<br />
und Andreas Beisswenger.<br />
FELDTAG IN KENIA<br />
In der Nähe der kenianischen Hauptstadt<br />
Nairobi fand ein Feldtag zum Thema<br />
Grundfutterernte/Futterqualität statt.<br />
Mehrere Farmer, die zumeist Sorghumhirse<br />
anbauen, berichteten, dass sie dank der<br />
professionellen Krone-Erntetechnik und des<br />
hochwertigen Futters die Milchleistung in<br />
ihren Betrieben spürbar steigern konnten.<br />
40
RADELNDE<br />
POLIZISTEN<br />
Einen Scheck in Höhe von 1.000 € für die<br />
Kinderkrebshilfe überreichte Geschäftsführer<br />
Wolfgang Jung an die „IPA-Niedersachsen-Tour“.<br />
Die „IPA“ (International Police<br />
Association) ist eine Vereinigung, in der<br />
sich rund 420.000 Polizeibedienstete aus<br />
mehr als 60 Ländern zusammengeschlossen<br />
haben.<br />
WECHSEL IN DEN<br />
AUFSICHTSRAT<br />
Alfons Veer (r.) gibt seine Position als<br />
Vorstandsvorsitzender der Krone-Holding<br />
nach 16 erfolgreichen Jahren altersbedingt<br />
zum Jahresende ab und wechselt in den<br />
Aufsichtsrat der Krone-Gruppe. Seine Nachfolge<br />
tritt Dr. David Frink (l.) an.<br />
BESTE LIEFERANTEN<br />
Beim Lieferanten-Award vergab Krone Auszeichnungen<br />
an sieben Zulieferer, die durch<br />
herausragende Leistungen überzeugen<br />
konnten. Prämiert wurden die Firmen AQ<br />
Wiring, MBH, Vacu Form, Comer, Agrostroj,<br />
Bühring und Köklüce.<br />
GROSSES INTERESSE<br />
IN BELGIEN<br />
Das neue Krone-Team Belgien hatte zu<br />
zwei Vorführungen eingeladen. Mit rund<br />
700 Zuschauern in Geel/Flandern und etwa<br />
450 Gästen in Warzée/Wallonie waren die<br />
Veranstaltungen der Werksbeauftragten<br />
Bart Deprez und Marc Baguette hervorragend<br />
besucht.<br />
„HEISSE KRONE“<br />
Industrie ist Zukunft – so lautete die Kampagne<br />
zum Fotowettbewerb der IHK und<br />
des Industriellen Arbeitgeberverbandes<br />
Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim<br />
e. V. Mit dem Foto „Heiße Krone“<br />
belegten die Krone-Azubis Derk Schoolkate,<br />
Niklas Vernim und Marcel Thien den 3. Platz.<br />
SAMMLER<br />
AUFGEPASST<br />
Neu im Krone-Shop ist das Sammler-Modell<br />
eines BiG X 1180 im Maßstab 1:32. Mit Liftkabine<br />
und zwei Vorsätzen: XCollect 900-3<br />
und EasyFlow 300S.<br />
41
WISSEN<br />
ZAHLEN &<br />
FAKTEN<br />
Die Landwirtschaft steht vielfach in der Kritik. Wenig bekannt und<br />
kommuniziert wird dabei, wie groß die Leistungen dieses Berufszweigs<br />
für Gesellschaft und Umwelt sind.<br />
BIOANBAU<br />
Eine überwiegend ökologische Ernährung<br />
in Deutschland bräuchte – bei gleichem<br />
Konsumverhalten – rund 40 % mehr Fläche<br />
als die „konventionelle Produktion“.<br />
BUTTERPREIS<br />
Im Jahr 1914 kostete 1 kg Butter etwa<br />
2,85 Reichsmark, während der Tageslohn<br />
eines Landarbeiters bei etwa 2,40 Mark<br />
lag. Wäre das Preis-Lohn-Verhältnis heute<br />
noch wie vor 100 Jahren, so würde die<br />
Butter rund 129 €/kg bzw. 32,25 € pro<br />
Stück kosten. Dass es gegenwärtig nur<br />
1,80 €/Stück sind, ist vor allem der Leistung<br />
moderner Landwirtschaft zu verdanken.<br />
CO2-SPEICHER<br />
Ungefähr 51 Mrd. t CO 2-Äquivalente sind in<br />
der EU in den Oberböden landwirtschaftlicher<br />
Flächen gespeichert. Zum Vergleich:<br />
Die gesamten EU-Emissionen belaufen sich<br />
auf ungefähr 4,4 Mrd. t CO 2-Äquivalente<br />
pro Jahr.<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
CO2<br />
82 FUSSBALL-<br />
FELDER/TAG<br />
FLÄCHENVERBRAUCH<br />
Täglich werden in Deutschland rund 58 ha<br />
als Siedlungs- und Verkehrsflächen ausgewiesen.<br />
Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme<br />
– kurz Flächenverbrauch<br />
– von rund 82 Fußballfeldern.<br />
42
1950: > 1 kg/ha<br />
<strong>2019</strong>: 10 g/ha<br />
6.000 BETRIEBE<br />
UNKRAUTBEKÄMPFUNG<br />
Waren zum Beispiel in den 1950er-Jahren<br />
für die Unkrautbekämpfung noch durchschnittliche<br />
Aufwandmengen von über<br />
1 kg Wirkstoff pro Hektar Anbau fläche<br />
nötig, reichen heute oft schon 10 g/ha zur<br />
wirkungsvollen Bekämpfung aus.<br />
ERNÄHRUNGSINDUSTRIE<br />
Die deutsche Ernährungsindustrie ist mit<br />
einem Umsatz von rund 179,6 Mrd. €<br />
(2018) sowie über 600.000 Beschäftigten<br />
in mehr als 6.000 Betrieben der viertgrößte<br />
Industriezweig in Deutschland. Zum Vergleich:<br />
Die Automobilindustrie beschäftigt<br />
in Deutschland etwa 820.000 Menschen.<br />
600.000 BESCHÄFTIGTE<br />
180 MRD. €<br />
UMSATZ/JAHR<br />
EU<br />
nicht EU<br />
KOSTEN FÜR UMWELT-<br />
SCHUTZ JE HEKTAR<br />
Das HFFA Research Institut hat im Rahmen<br />
einer Studie errechnet, dass die wesentlichen<br />
EU-Standards und Auflagen in der<br />
Tierhaltung, für Cross Compliance sowie<br />
zum Schutz von Wasser, Boden und Luft für<br />
die deutsche Landwirtschaft mit Kosten von<br />
rund 5,3 Mrd. € oder 315 €/ha verbunden<br />
sind. Nur etwa 1,2 Mrd. € oder 69 €/ha<br />
würden an entsprechenden Kosten anfallen,<br />
wenn vergleichbare Wettbewerbsbedingungen<br />
wie in wichtigen Wettbewerbsländern<br />
außerhalb der EU gelten würden. Damit<br />
haben die deutschen Landwirte gegenüber<br />
ihren Berufskollegen im Wettbewerb und<br />
bei offenen Märkten einen Nachteil von<br />
4,1 Mrd. € oder 246 €/ha.<br />
TREIBHAUSGASE<br />
Seit 1990, dem Bezugsjahr des Kyoto-Protokolls,<br />
hat die deutsche Landwirtschaft die<br />
Treibhausgasemissionen bereits von rund<br />
79,4 Mio. t auf 65,2 Mio. t CO 2-Äquivalent<br />
in 2016 gesenkt. Dies entspricht einer<br />
Reduzierung der Emissionen um 18 %.<br />
Durch Veränderung der Landnutzung,<br />
Aktivitäten der Forstwirtschaft und vor<br />
allem die Nutzung von Bioenergie (feste<br />
Biomasse, Biokraftsstoffe, Biogas) konnten<br />
2016 zusätzlich mehr als 75 Mio. t CO 2-<br />
Äquivalent vermieden werden.<br />
CO2<br />
43
INTERNATIONAL<br />
TRIO-GRUPPE, LIPEZK (RU)<br />
HERAUSFORDER<br />
Krone und die Redaktion profi waren<br />
zu Dreharbeiten für eine Video-DVD<br />
gemeinsam im russischen „Schwarzerdegürtel“<br />
unterwegs. Eines der Ziele war<br />
ein landwirtschaftlicher Betrieb in der<br />
Region Lipezk – Impressionen eines<br />
großen Landes.<br />
Einer der Betriebe, die das Team in der<br />
einwöchigen Recherchereise besucht<br />
hat, gehört zur „Trio-Gruppe“. Die Gruppe<br />
wurde 1997 gegründet und betreibt heute<br />
auf mehreren Standorten rund um den<br />
Ort Lipezk im gleichnamigen Verwaltungsbezirk<br />
(russisch: Oblast) Landwirtschaft.<br />
Insgesamt bewirtschaftet die Gruppe knapp<br />
90.000 Hektar Fläche. Zum besuchten<br />
Standort, etwa 460 km südlich von Moskau,<br />
gehören 19.000 Hektar, die komplett<br />
pfluglos bzw. auch ohne aktiv angetriebene<br />
Auf den riesigen Flächen ist das<br />
Einsammeln der Strohballen eine<br />
Herausforderung. Die Logistik muss<br />
stimmen.<br />
44
UNG LOGISTIK<br />
Bodenbearbeitungswerkzeuge bewirtschaftet<br />
werden. Im langjährigen Mittel fallen<br />
hier rund 400 mm Niederschlag, sodass<br />
Bewässerung notwendig ist. Rund 2.500 ha<br />
der hiesigen Fläche sind mit Kreisregnern<br />
ausgestattet. Zusätzliche 350 mm gelangen<br />
so auf die Flächen. Beregnet werden<br />
allerdings nur Kartoffeln und Zuckerrüben.<br />
Außerdem stehen noch Winter- sowie Sommergerste<br />
(als Braugerste) im Anbauplan.<br />
Weitere Ackerfrüchte sind Winterweizen,<br />
Silo- und Körnermais sowie Gras und Roggen<br />
– jeweils als Vermehrungsfrüchte. Erbsen,<br />
Luzerne und Weißkohl<br />
runden das Programm ab.<br />
Bei den Kartoffeln erzielt<br />
der Betrieb Erträge von<br />
rund 40 t je Hektar.<br />
Abgesetzt wird die Ware nahezu ausschließlich<br />
in Chipsfabriken der Gesellschaft<br />
Frito-Lay, die zum PepsiCo-Konzern gehört.<br />
Ganzjährige Lagerkapazitäten bestehen für<br />
30.000 t Ernteware. Für Trio ist das Kartoffelgeschäft<br />
mit rund 6 % des Firmenumsatzes<br />
ein wichtiges Standbein.<br />
HOHE<br />
INVESTITIONEN<br />
Ähnliche Qualitäten erreichen die<br />
Zuckerrüben. Eine eigene Zuckerfabrik<br />
gehört zum Unternehmen. In den vergangenen<br />
Jahren hat Trio hier über 100 Mio. €<br />
investiert, um die Verarbeitungskapazitäten<br />
auf täglich 10.000 t Zuckerrüben auszuweiten.<br />
Außerdem wurde die Energieeffizienz<br />
der Anlage verbessert und die Verlustrate<br />
reduziert. Die 24.000 ha Zuckerrüben der<br />
Trio-Gruppe werden komplett hier verarbeitet.<br />
Langfristiges Ziel ist ein Zuckerreinertrag<br />
von 7 t/ha – an diesem Ziel sind<br />
die Russen noch nicht ganz angelangt. Die<br />
Qualitäten stimmen jedoch dagegen schon<br />
heute: Einen guten Teil des Ertrags kauft<br />
Coca-Cola zur Produktion koffeinhaltiger<br />
Erfrischungsgetränke.<br />
In den westeuropäisch und amerikanisch<br />
geprägten Maschinenpark hat Trio in den<br />
vergangenen Jahren über 25 Mio. € investiert.<br />
Bei den Hauptschleppern ist vor allem<br />
John Deere vertreten. Auf dem besuchten<br />
Betrieb kommen insgesamt acht 8000er<br />
zum Einsatz – gut ausgelastete Schlepper<br />
erzielen hier jährliche Leistungen von<br />
3.500 Einsatzstunden.<br />
45
INTERNATIONAL<br />
1<br />
1 Nicht nur Quaderballen spielen eine Rolle,<br />
auch Rundballen sind in Russland sehr beliebt<br />
– die Flächengrößen sind beeindruckend.<br />
2 Das BaleCollect-System von Krone vereinfacht<br />
die Strohbergung und trägt erheblich<br />
zur Effizienz bei.<br />
3 Zur Bodenbearbeitung sind Versatile-Knicklenker<br />
in der Region sehr verbreitet. Die<br />
angehängte Technik kommt oft aus Westeuropa<br />
bzw. Nordamerika.<br />
2 3<br />
46
LEISTUNG ZÄHLT<br />
Neben dem Ackerbau bildet auch die Milchviehhaltung<br />
eine wichtige Einnahmequelle.<br />
Die 3.000 Kühe erreichen einen Stalldurchschnitt<br />
von gut 10.500 l pro Kuh und Jahr.<br />
Verarbeiter der Milch sind v.a. Wimm-<br />
Bill-Dann Foods sowie Danone Russland.<br />
Zusätzlich hält der Betrieb 1.000 Kälber,<br />
Färsen und Bullen, letztere zur Mast. Wichtigste<br />
Futtergrundlage bilden Gras sowie<br />
etwa 1.000 ha Silomais. Aber auch 750 ha<br />
Sommergerste, geerntet als Ganzpflanzensilage,<br />
und eine Mischung aus Sorghum und<br />
Sudangras (etwa 750 ha) gehören dazu. Die<br />
Frischmasse-Erträge beziffert der Betrieb<br />
auf 21 t/ha bei GPS, 32 t/ha bei Sudangras/<br />
Sorghum und 39 t/ha bei Silomais.<br />
Bei der Futterernte setzt das Unternehmen<br />
auf Technik aus Spelle: Zwei 9-m-Mähkombinationen<br />
mit Aufbereiter, zwei Vierkreiselschwader<br />
sowie mehrere Wender kommen<br />
zum Einsatz und auch ein BiG X 700. Dieser<br />
steht derzeit im Vergleich mit einem John<br />
Deere: Die emsländische Maschine liefert<br />
die deutlich bessere Häckselqualität, dafür<br />
ist der John Deere nach Einschätzung der<br />
Fahrer einfacher zu bedienen. Die einfache<br />
Verständlichkeit ist durchaus wichtig, denn<br />
auch in Russland sind gute, umsichtige und<br />
mitdenkende Fahrer äußerst rar und dementsprechend<br />
gesucht.<br />
Deshalb setzt der Betrieb auch auf ein Prämien-System:<br />
Zu Beginn des Wirtschaftsjahres<br />
werden Zielerträge festgelegt. Übertrifft<br />
das Team diese Ziele, zahlt Trio Prämien<br />
aus – weil davon ausgegangen wird, dass<br />
nicht nur das Wetter und der Niederschlag<br />
zu den Erträgen beitragen. Von zentraler<br />
Bedeutung sind auch eine ordentliche<br />
Bestandsführung und eine gute fachliche<br />
Praxis, die wiederum von den Mitarbeitern<br />
bei den anfallenden Feldarbeiten umgesetzt<br />
wird und hoffentlich zu ordentlichen Ernten<br />
führt. Nebenbei bemerkt: Die Trio-Gruppe<br />
hat 570 Mitarbeiter, davon arbeiten 220 in<br />
der Tierhaltung. Weitere 100 Mitarbeiter<br />
gehören allein zur Sicherheitsabteilung,<br />
die nichts anderes macht, als die im Feld<br />
„übernachtenden“ Maschinen zu bewachen<br />
und auf die Bewässerungsanlagen aufzupassen<br />
– Diebstähle sind hier ein sehr<br />
ernstes Thema.<br />
LEICHTE BALLEN<br />
Emsländische Technik ist auch bei der<br />
Strohernte im Einsatz. Zwei BiG Pack 1270<br />
haben während unseres Besuches ihre<br />
Bahnen gezogen. Rund 6.000 t Stroh müssen<br />
jährlich ins Bund. Das meiste wird davon<br />
in der eigenen Tierhaltung verbraucht. Der<br />
Betrieb hat dabei zwei interessante Ansätze:<br />
Einerseits arbeiten die beiden Pressen mit<br />
maximal 60 % Pressdichte. In den gut 2 m<br />
langen Ballen waren bei unserem Besuch<br />
gerade mal 260 kg Gerstenstroh. Als Argument<br />
führt der Betriebsleiter an, dass er<br />
so billiges, leichtes Garn verwenden kann,<br />
denn Lagerplatz sei ausreichend vorhanden.<br />
Andererseits experimentiert Trio aktuell mit<br />
dem BaleCollect-System von Krone, um das<br />
Ballensammeln zu vereinfachen und um<br />
die Logistik zu optimieren. Hier fehlt dem<br />
Betrieb allerdings noch eine Greifzange,<br />
die auch drei Ballen auf einmal aufnehmen<br />
kann. Denn nur mit einer solchen<br />
Zange erzielt die Dreierablage den vollen<br />
Effizienz-Effekt.<br />
Verkauft wird die Krone-Technik vom<br />
Händler Vladimir Silin. Krone hat eine eigene<br />
russische Niederlassung und arbeitet mit<br />
regionalen Händlern zusammen. Regelmäßig<br />
werden diese Händler und auch deren<br />
Kunden in Spelle weitergebildet und geschult.<br />
Diese Fortbildungen werden dankbar<br />
angenommen, denn in Sachen Leistungsoptimierung<br />
und korrekter Maschineneinstellung<br />
gibt es häufig noch Potenzial.<br />
Plattformwagen oder ähnliches sucht man<br />
beim Ballentransport übrigens ebenso<br />
vergeblich, wie Ladungssicherungen.<br />
Abgefahren wird ausschließlich mit den<br />
landestypischen Kamaz-Lkw, die wirklich<br />
überall das Straßenbild prägen. Mit der<br />
Palettengabel werden die Strohballen<br />
gesammelt und auf die Mulde geschoben<br />
bzw. darin abgelegt. Aber auch speziell<br />
umgebaute Belarus-Traktoren mit einem<br />
Frontlader, der über der Kabine angelenkt ist<br />
und dessen Schwinge die Kabine umfasst,<br />
kommen hier zum Einsatz.<br />
Aufgrund des geringen Niederschlags ist die<br />
unmittelbare Stoppelbearbeitung „Pflicht“,<br />
vor allem auf dem pfluglos wirtschaftenden<br />
Betrieb. Sobald das Feld geräumt ist,<br />
wird der Stoppel gebrochen. In der Regel<br />
geschieht das mit Scheibeneggenkombinationen.<br />
Wert legt der Betriebsleiter dabei auf<br />
die Arbeitstiefe von rund 5 cm, was auf den<br />
ebenen Flächen gut gelingt. Hier spielen die<br />
schweren Versatile-Knicklenker ihre Trümpfe<br />
aus, die in dieser Region häufig ihre Bahnen<br />
ziehen und immer wieder beeindruckend<br />
anzuschauen sind. Ebenso beeindruckend<br />
wie das Land und die gigantische Logistik,<br />
die zur Bewirtschaftung derartiger Betriebe<br />
notwendig ist. «<br />
profi-DVD<br />
„ABENTEUER<br />
RUSSLAND“<br />
Der Besuch des Trio-Betriebes<br />
und die komplette Rundreise des<br />
profi-Kamerateams von Moskau<br />
nach St. Petersburg und von Moskau<br />
nach Woronesch sind auf der neuen,<br />
70-minütigen profi-DVD „Abenteuer<br />
Russland“ dokumentiert, die ab<br />
sofort erhältlich ist. Bestellungen<br />
per E-Mail: shop@profi.de oder auf<br />
der Homepage shop.profi.de.<br />
47
INTERVIEW<br />
LOGISTIK<br />
FÜR DIE<br />
„LETZTE MEILE“<br />
48
Wie häufig kommt ein Paketbote bei Ihnen vorbei? Einmal die<br />
Woche, oder häufiger? Wir kaufen zunehmend online ein und<br />
lassen selbstverständlich liefern. Aber in den Ballungszentren sind<br />
die Lieferfahrzeuge oft ein Hindernis im täglichen Verkehrskollaps.<br />
Eine vielversprechende Lösung kommt aus der Krone-Gruppe.<br />
Der Onlinehandel boomt und mit ihm die Paket-,<br />
Kurier- und Expressdienste – eine Entwicklung, die in<br />
der Krone-Gruppe sehr genau beobachtet wird. Aus gutem<br />
Grund: In der Nutzfahrzeugsparte des Unternehmens werden<br />
unter anderem jährlich rund 12.000 Wechselbrücken<br />
gefertigt. Sie sind der wichtigste Ladungsträger für die<br />
Logistikbranche in diesem Segment. Seit zwei Jahren ist<br />
das Familienunternehmen auch auf der sogenannten<br />
„letzten Meile“ aktiv. Zum einen werden Paketaufbauten<br />
für leichte Nutzfahrzeuge gefertigt, zudem stieg man in<br />
die Umsetzung neuer Logistikkonzepte ein. Dafür wurde<br />
2017 eigens ein Joint-Venture namens Rytle gegründet,<br />
welches mittlerweile auch eigene Cargobikes produziert. Die<br />
Idee dazu hatten Ingo Lübs und Dr. Arne Kruse, ein Bremer<br />
Unternehmer und Radexperte, nach einer eher zufälligen<br />
Begegnung. Beide sind heute Geschäftsführer der Rytle<br />
GmbH und dabei, ein weltweites Netzwerk aufzubauen,<br />
welches ungeahnte Möglichkeiten aufzeigt. Wir haben mit<br />
Ingo Lübs über das Projekt gesprochen.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Die Krone-Gruppe ist mit Landmaschinen weltweit<br />
erfolgreich, sie ist einer der wichtigsten europäischen<br />
Nutzfahrzeughersteller – und jetzt auch noch Hersteller von<br />
Lastenfahrrädern. Wie kam es dazu?<br />
Ingo Lübs: Die Aussage, dass wir bei Krone nun Lastenräder<br />
fertigen, trifft es nicht wirklich. Wir haben vielmehr einen<br />
ganzheitlichen Blick auf die Prozesse in der Paketlogistik,<br />
und daraus ist unser Rytle-System entstanden. Ein System,<br />
das punktgenau für die „letzten Meter“ der City-Logistik<br />
konzipiert wurde. Denn genau dort wird oft über die Profitabilität<br />
der Paketzustellung entschieden. Wir helfen unseren<br />
Kunden mit Hard- und Software, ihre Prozesse effizienter zu<br />
gestalten, damit sie auf den letzten Metern das Rennen in der<br />
Paketlogistik gewinnen können, sprich profitabel arbeiten.<br />
49
INTERVIEW<br />
1<br />
2<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Was konkret muss man sich unter dem Rytle-System<br />
vorstellen?<br />
Lübs: Dabei handelt es sich um ein Box-in-Box-inBox-Logistiksystem<br />
mit cleveren Komponenten. Herzstück ist eine fahrbare<br />
Transportbox. Dank ihrer Abmessungen ist sie mit einer<br />
Europalette und damit mit einem der weltweit wichtigsten<br />
Ladungsträger kompatibel, kann also auch mit den bei den<br />
Paketdienstleistern so beliebten Wechselbrücken kombiniert<br />
werden. Hinzu kommt eine mobile Hauptumschlagbasis, im<br />
Fachjargon HUB abgekürzt, auf Basis des Krone-Baukastens<br />
der Wechselbrücke. Sie kann nach dem Abstellen hydraulisch<br />
auf Bodenniveau abgelassen und entladen werden. Dieses<br />
Feature macht die Wechselbrücke zu einem autarken Mini-HUB<br />
für die City. Die Transportboxen können problemlos<br />
und sehr schnell auf das neu konzipierte Lastenrad, den<br />
„MOVR“ umgeladen werden, mit dessen Hilfe die letzten<br />
Meter zu den Paketempfängern zurückgelegt werden. So sind<br />
Ladungsträger und Fahrzeug voneinander getrennt nutzbar.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Klingt eigentlich simpel. Warum gibt es ein<br />
solches System nicht schon längst?<br />
Lübs: Simple Lösungen liegen nicht immer auf der Hand.<br />
Das Visionäre daran ist, auch im Einsatz des Lastenrades die<br />
Ladungsträger vom Trägerfahrzeug zu trennen – Logistiksysteme<br />
zu kombinieren, die es schon sehr lange gibt und<br />
die auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammenpassen.<br />
Bei näherer Betrachtung finden sich dann allerdings doch<br />
einige Innovationen, die den Rytle „MOVR“ zum perfekten<br />
Transportmittel für die letzten Meter in der City-Logistik<br />
macht: Es verfügt über einen effizienten Elektroantrieb,<br />
um dem Fahrer die Arbeit zu erleichtern. Ein Wetterschutz<br />
sorgt dafür, dass der Fahrer vor Regen geschützt ist, und es<br />
besitzt mit seiner Ladevorrichtung die Möglichkeit, unsere<br />
Transportboxen schnellstens zu wechseln. Um dieses System<br />
noch effizienter zu machen, hat der Kunde die Möglichkeit,<br />
seine Logistikprozesse mit einer genau auf dieses System<br />
ausgerichteten Software zu steuern. Sie hat zum Beispiel<br />
offene Schnittstellen zur Krone-Telematik, die bei unseren<br />
Nutzfahrzeug- sowie Landtechnikkunden weltweit ein sehr<br />
hohes Renommee genießt.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Lastenfahrräder stehen auch für Umweltfreundlichkeit.<br />
Welche Rolle spielt dieser Aspekt?<br />
Lübs: Unser System stellt die traditionelle Paketzustellung<br />
etwas auf den Kopf. Die Paketdienstleister betreiben durchweg<br />
sehr große professionelle Verteilzentren vor den Städten.<br />
Dort kommen die Pakete per Lkw an, werden auf die einzelnen<br />
Zustellbezirke verteilt und mit den bekannten Lieferwagen<br />
ausgefahren. Anschließend kommen die Lieferfahrzeuge leer<br />
in den HUB zurück. Bei unserem System führen wir mobile<br />
Mini-Hubs in den Innenstädten ein. Statt vieler kleiner Lieferfahrzeuge,<br />
die den ganzen Tag in die Citys fahren, werden<br />
morgens die Mini-Hubs in die Stadtzentren transportiert und<br />
abends wieder abgeholt. Die Auslieferung selbst erfolgt von<br />
hier aus mit Hilfe der Lastenräder, die kaum Verkehrsraum<br />
benötigen, oder auch zu Fuß.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Welche Auswirkungen hat das auf die Kosten<br />
der Zustellung?<br />
Lübs: Erhebliche! Betrachtet man die Kostensituation in der<br />
Paketlogistik, fällt auf, dass ein Großteil der Kosten auf den<br />
bereits mehrfach angesprochenen letzten Metern anfallen.<br />
Für die langen Distanzen zwischen den Verteilzentren wurden<br />
effiziente Konzepte entwickelt. Das Handling der Pakete in<br />
50
3<br />
1 Vermarkten das Rytle-Konzept in der<br />
ganzen Welt: Geschäftsführer Ingo<br />
Lübs und Arne Kruse.<br />
2 Hydraulisch absenkbare Wechselbrücken<br />
bilden in Innenstädten einen<br />
mobilen, temporären Umschlagpunkt<br />
(HUB), von dem aus die Sendungen<br />
verteilt werden.<br />
3 Aus dem Wechselbrücken-Container<br />
heraus werden genormte Behälter in<br />
das Lastenrad umgeladen und dann<br />
weitertransportiert.<br />
den Sortierzentren erfolgt vollautomatisch. Das Verladen<br />
der Paketflut in die Zustellfahrzeuge und das Ausliefern beim<br />
Kunden ist dagegen kostenintensive Handarbeit. Verschärfend<br />
hinzu kommt die sehr angespannte Verkehrssituation in den<br />
Ballungsräumen. Zustellfahrzeuge stehen im Stau, sie stehen<br />
vor Ampeln, sie suchen nach Haltemöglichkeiten. Mitunter<br />
muss der gesamte Aufwand sogar wiederholt werden, weil<br />
der Empfänger nicht anzutreffen<br />
war. All das führt dazu, dass die<br />
Kosten auf den letzten Metern überproportional<br />
hoch sind. Dies können<br />
wir mit unserem preisgekrönten<br />
Logistik-Konzept nachhaltig entschärfen,<br />
da wir näher und schneller<br />
an den Zustellpunkt kommen.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Wer stellt die Flächen für die Mini-HUB zur<br />
Verfügung?<br />
„UNSER SYSTEM STELLT<br />
DIE TRADITIONELLE PAKET-<br />
ZUSTELLUNG AUF DEN KOPF.“<br />
INGO LÜBS<br />
Lübs: Ja und nein… Jeder internationale Paketdienst hat über<br />
Jahrzehnte gewachsene Prozesse, in die sich neue, disruptive<br />
Konzepte manchmal schwer integrieren lassen. Aber der eben<br />
beschriebene Kostendruck hat uns bereits viele Türen geöffnet.<br />
Das Rytle-System wird gegenwärtig von vielen global tätigen<br />
Paketdienstleistern getestet. Vorreiter war hier maßgeblich<br />
die Firma UPS, die das System in vielen europäischen<br />
Städten bereits einführt. Wir sind<br />
aber nicht nur in Europa am Start,<br />
sondern weltweit aktiv. Rytle ist<br />
unter anderem in mehreren asiatischen<br />
Mega-Citys wie Singapur im<br />
Einsatz, wir sind in den USA damit<br />
aktiv, und auch Kanada steht auf<br />
der Einsatzliste. Last but not least<br />
wurden erste MOVR nach Japan<br />
exportiert. Und wir sind mit unseren Vertriebsaktivitäten<br />
mittlerweile auch in Australien angekommen.<br />
Lübs: Wie in der Landwirtschaft sind auch für unser Rytle-<br />
Konzept Flächen der Schlüssel zum Erfolg. Um effektiv<br />
arbeiten zu können, benötigen unsere Kunden einen gewissen<br />
Abstellplatz in den Innenstädten, die sie für die besagten<br />
Mini-HUB nutzen können. Diese Orte sind natürlich absolute<br />
Mangelware. Da wir es mit unterschiedlichen Interessensgruppen<br />
vom Bürgermeister bis zum Parkhausbetreiber zu<br />
tun haben, ist es herausfordernd, diese Flächen zu finden,<br />
vor allem, wenn es um öffentliche Flächen geht. Hier gibt es<br />
beim Gesetzgeber noch einiges zu tun. Erste Kooperationen<br />
mit privaten Flächeninhabern, wie etwa Lebensmittelketten,<br />
werden helfen, die Situation zu entschärfen.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Die Paketdienstleister müssten Ihnen eigentlich<br />
die Türen einrennen. Ist das so?<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Wie sind die bisherigen Praxiserfahrungen?<br />
Lübs: Die Rückmeldungen sind mehr als sehr positiv. Das bisherige<br />
Feedback unserer Kunden hat zudem dazu beigetragen,<br />
das Rytle kontinuierlich an allen Stellschrauben optimiert<br />
wird. Neue Hardware ist bereits in der Revision, um Kunden<br />
schnell eine verbesserte Generation unseres Lastenrades zu<br />
bieten. Außerdem arbeiten wir sehr intensiv an weiteren<br />
Möglichkeiten zur Verknüpfung unserer Software mit den<br />
IT-Systemen unserer Kunden. Wir wollen ihnen ein maximal<br />
effizientes System für die letzte Meile bzw. die letzten Meter zu<br />
ihren Kunden zur Verfügung stellen. Hier sind wir auf einem<br />
sehr guten Weg – und suchen weiterhin kluge Köpfe für diese<br />
Mission. «<br />
<br />
51
PARTNER<br />
SCHREINER MASCHINENVERTRIEB<br />
PARTNER<br />
AUF AUGEN-<br />
HÖHE<br />
Eine Familie, drei Generationen, vier Standorte und ein hochmotiviertes<br />
Team von 89 Mitarbeitenden – das ist der Fachbetrieb<br />
Schreiner in Steffenberg. Kundenorientierung, Kompetenz<br />
und exklusive Marken stehen dabei im Mittelpunkt – und<br />
große Investitionen bilden die Basis für weiteres Wachstum.<br />
52
Sehen den Fachbetrieb als wichtigste Schnittstelle zwischen Hersteller und Kunden:<br />
(v.r.n.l.) Gerhold, Jonas und Niclas Schreiner sowie Thomas Märte (Vertrieb).<br />
Auf den ersten Blick sieht der Bauplan an der Wand<br />
architektonisch unspektakulär aus: eine schlichte<br />
Werkstatthalle in den Grundmaßen 25 m mal 13 m sowie<br />
8 m Höhe, mit Pultdach und vier Toren. Und doch ist sie<br />
für den Landmaschinen-Fachbetrieb Schreiner mit Hauptsitz<br />
im hessischen Steffenberg-Niedereisenhausen etwas<br />
Besonderes, wie Gerhold Schreiner erklärt, der das Unternehmen<br />
zusammen mit seinem Bruder Arno leitet: „Diese<br />
Halle wird hinter unserer heutigen Werkstatt stehen und<br />
weitgehend für Krone-Technik vorbehalten sein, sei es für<br />
die Auslieferungsvorbereitung von Neumaschinen oder für<br />
Reparaturen. Und sie ist so konzipiert, dass Lkw vorn hinein<br />
und hinten wieder herausfahren können, was die Logistik<br />
hier auf dem Betriebsgelände enorm erleichtert.“<br />
In diesem Moment kommt Seniorchef und Firmengründer<br />
Helmut Schreiner ins Büro, der mit seinen 82 Jahren<br />
nach wie vor topfit und im Tagesgeschäft aktiv ist „und<br />
hilft, wo es nötig ist“, wie er es formuliert. Jetzt hat er<br />
eine gute Neuigkeit: Der Architekt habe angerufen, die<br />
letzten Absprachen für die Ausschachtungsarbeiten seien<br />
getroffen, sodass es jetzt im Prinzip losgehen könne. Also<br />
Grund genug, sich vor Ort anzuschauen, wo besagte Halle<br />
entstehen soll. Auf dem Weg dorthin erklärt sich auch die<br />
angesprochene „Erleichterung“. Denn der Betrieb ist in<br />
mehr als fünf Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen, was<br />
sich auch in den verschiedenen baulichen Erweiterungen<br />
widerspiegelt – und in der Erkenntnis, dass Platz auf dem<br />
nicht mehr erweiterbaren Grundstück ein kostbares Gut<br />
ist. „Umso mehr freuen wir uns, dass wir hier doch die<br />
Baugenehmigung für diesen Neubau bekommen haben“,<br />
erzählt Gerhold Schreiner weiter.<br />
VIEL INVESTIERT<br />
Aus diesem Grund hatte die Unternehmerfamilie im gleichen<br />
Ort 2012 einen 3.000 m² großen Gebäudekomplex erworben,<br />
der als „Werk 2“ der Flurfördertechnik vorbehalten<br />
ist. 2015 folgte, ebenfalls in Niedereisenhausen, mit dem<br />
Kauf einer 4.700 m² großen Halle das „Werk 3“; dort ist die<br />
Werkstatt für Großmaschinen angesiedelt. Denn neben der<br />
Landtechnik mit Deutz-Fahr und Krone als Hauptmarken<br />
bildet u. a. Merlo ein wichtiges Standbein innerhalb der<br />
Umschlags- und Industrietechnik. „Gerade die großen Rotor-Teleskoplader<br />
mit bis zu 20 m Ausleger brauchen auch<br />
im Service viel Platz“, erklärt Niclas Schreiner, der ebenfalls<br />
zur Gesprächsrunde dazu gestoßen ist. Er und sein Bruder<br />
Jonas sind die dritte Generation Schreiner im Unternehmen,<br />
wobei Niclas seine Stärken im Vertrieb sieht, während sich<br />
53
PARTNER<br />
Gerhold Schreiner freut sich<br />
über die neue Werkstatthalle am<br />
Hauptstandort in Steffenberg.<br />
Blickfang in Steffenberg-Niedereisenhausen ist<br />
das Ausstellungs- und Schulungsgebäude.<br />
Jonas auf Betriebsmanagement, Controlling<br />
und Abwicklung konzentriert.<br />
Beide sind angesichts des erheblichen<br />
Wachstums der jüngeren Vergangenheit<br />
damit gut gefordert. Denn neben den drei<br />
Gebäudekomplexen in Niedereisenhausen<br />
gehören mittlerweile zwei weitere Filialen<br />
in Schwalmstadt-Treysa und in Allendorf-<br />
Haine zum Unternehmen. Damit hat sich<br />
der Einzugsbereich deutlich erweitert, wobei<br />
die Aktionsradien für die Bereiche Landtechnik,<br />
Flurförder- und Industriemaschinen<br />
sowie Motorgeräte- und Kommunaltechnik<br />
sehr unterschiedlich sind. „Generell setzen<br />
wir allerdings auf die exklusive Zusammenarbeit<br />
mit langjährigen Lieferanten. Nur<br />
durch diese enge Kooperation können wir<br />
als Fachhändler die Wachstumsschritte<br />
vollziehen, vor allem aber unseren Kunden<br />
die Qualität, Kompetenz und die Serviceleistung<br />
bieten, die sie zu Recht erwarten<br />
und für ihre Arbeit auch benötigen“, hebt<br />
Gerhold Schreiner hervor. Glücklicherweise<br />
funktioniere diese Partnerschaft auf Augenhöhe<br />
hervorragend. „Nicht umsonst arbeiten<br />
wir zum Beispiel seit über 50 Jahren mit<br />
Deutz-Fahr und seit 17 Jahren mit Krone<br />
so gut zusammen. Davon profitieren auch<br />
unsere Kunden“, freut er sich.<br />
TEAM-ARBEIT<br />
Das Stichwort Kundenerwartungen greift<br />
auch Thomas Märte im Gespräch auf, nun<br />
sechster in der Runde, die sich in Gerhold<br />
Schreiners Büro eingefunden hat. Er ist im<br />
Landtechnik-Vertrieb die rechte Hand des<br />
Chefs. „In unserer mittelhessischen Region<br />
sind Milchvieh- und Grünlandwirtschaft<br />
traditionell eines der wichtigsten Standbeine.<br />
Doch die Zahl der Betriebe ist seit<br />
Jahren rückläufig. Dafür werden die verbleibenden<br />
Betriebe immer größer – und<br />
für sie liegt mehr denn je der Erfolg in der<br />
bestmöglichen Futtergewinnung. Da muss<br />
die Technik passen, genauso wie unsere<br />
Beratung – und natürlich der Service. Damit<br />
wir auch von den Kunden als Partner auf<br />
Augenhöhe akzeptiert werden, darf die<br />
Technik in den Arbeitsspitzen nicht ausfallen.<br />
Oder es muss schnellstens Abhilfe<br />
geschaffen werden“, erklärt er.<br />
Damit es im Ernstfall schnell gehen kann,<br />
unterhält Schreiner eine beachtliche<br />
Flotte von mehr als 20 modern ausgestatteten<br />
Werkstattwagen, die genau diesen<br />
schnellen Service sicherstellen. „Zu unserer<br />
Hausausstellung präsentieren wir diese<br />
Flotte, denn Vergleichbares findet sich in<br />
weitem Umkreis nicht“, so der Hinweis<br />
seitens Gerhold Schreiner. Jonas Schreiner<br />
ergänzt noch einen anderen Aspekt: „Während<br />
dieser Ausstellung sind auch immer<br />
viele junge Leute hier, die sich für Technik<br />
interessieren. Das ist für uns eine gute Gelegenheit,<br />
um für die vielen spannenden<br />
Berufe im Fachbetrieb zu werben. Denn<br />
der Fachkräftemangel ist schon jetzt kein<br />
Zukunftsszenario mehr. Unser Erfolg steht<br />
und fällt jedoch mit der Motivation und<br />
Kompetenz unseres Teams.“ Dies hat bisher<br />
offensichtlich gut funktioniert, denn<br />
seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der<br />
Mitarbeitenden fast verdoppelt, auf inzwischen<br />
89.<br />
NEUER MIETPARK<br />
In die Zukunft zu investieren, bedeutet<br />
im Landtechnik-Geschäft auch, den Kunden<br />
„neue“ Angebote zu machen. In der<br />
Landwirtschaft ist dies u. a. der 2018 eingerichtete<br />
„Schreiner Premium Pool“, wie<br />
Thomas Märte einwirft. Dahinter steht ein<br />
Fahrzeugpark mit Schlüsselmaschinen von<br />
Traktor bis Ladewagen. In anderen Segmenten,<br />
wie Industrie- und Umschlagstechnik,<br />
gehört dies schon lange zum Repertoire<br />
bei Schreiner. „Gern nutzen auch die Landwirte<br />
dieses Angebot in Zeiten mit großen<br />
Arbeitsspitzen oder zum Kennenlernen<br />
neuer Technik. Sehr oft übernehmen sie<br />
die Maschinen dann am Ende der Mietzeit“,<br />
berichtet Niclas Schreiner weiter. Dies sei<br />
vor allem 2018 und <strong>2019</strong> für viele Milchviehhalter<br />
von großer Bedeutung gewesen,<br />
denn in Folge der langen Trockenperioden<br />
hätten sie viel Futter zukaufen müssen, mit<br />
entsprechenden Liquiditätsengpässen. „Als<br />
Fachhändler müssen wir auch bei der Vermietung<br />
angemessene Preise kalkulieren.<br />
Aber wir verstehen die Partnerschaft mit<br />
den Kunden in guten wie in schlechten Zeiten<br />
und versuchen, tragbare Lösungen für<br />
alle Beteiligten zu finden“, meint Gerhold<br />
Schreiner abschließend. «<br />
54
LOHNUNTERNEHMER MICHEL MAUREL, SAINTE-COLOMBE (FR)<br />
KOMFORT-<br />
PRESSEN<br />
Rund 12.000 km verbringt Michel Maurel, Inhaber der Enterprise<br />
Agricole AR aus Sainte-Colombe (Frankreich), jährlich auf der Straße.<br />
Aus diesem Grund sind die Ansprüche des auf Pressen spezialisierten<br />
Lohnunternehmers an seine Maschinen ganz besondere.<br />
55
INTERNATIONAL<br />
1<br />
2<br />
Etwa 50 km östlich von Bordeaux liegt das Lohnunternehmen<br />
von Michel Maurel in Sainte-Colombe,<br />
inmitten sanfter Grastäler und weidenden Rindern. Sein<br />
Firmenlogo ist in grün, gelb und schwarz gehalten, was auf<br />
seine Dienstleistungen hinweisen soll: grün für Grünland,<br />
gelb für Stroh und schwarz für Ackerbau.<br />
Auf seinem Firmengelände hat der Unternehmer vor einigen<br />
Jahren eine Maschinenhalle für seine fünf Schlepper, ein<br />
Mähwerk, zwei Rundballenpressen, eine Großpackenpresse,<br />
einen Miststreuer, eine Schlauchmaschine sowie diverse<br />
weitere Anbaugeräte errichtet. „Unser Schwerpunkt liegt<br />
allerdings klar auf den Rundballen“, erklärt Michel Maurel.<br />
10.000 Ballen presst er jährlich – sowohl Grassilage als auch<br />
Heu. Mit seiner Großpackenpresse ist er im Stroh unterwegs<br />
und kommt hier auf rund 2.000 Ballen jährlich. „Wir haben<br />
ein Einzugsgebiet von etwa 70 km um unseren Standort herum.<br />
Zwei bis drei Helfer unterstützen mich neben meinem<br />
Sohn in der Saison. Bisher ist es immer gelungen, Helfer zu<br />
finden, dank entsprechender Mund-zu-Mund-Propaganda.<br />
Aber es wird immer schwieriger, qualifizierte Fahrer zu<br />
finden“, erzählt der Lohnunternehmer.<br />
400 KUNDEN JÄHRLICH<br />
Michel Maurel hat ausschließlich Milchviehbetriebe als<br />
Kunden. Von den rund 400 Betrieben sind etwa 150 Stammkunden,<br />
schätzt er. „Die Zahlungsmoral ist in Ordnung.<br />
Manche brauchen allerdings regelmäßig Erinnerungen per<br />
SMS“, erzählt er. Die Buchführung übernimmt er selbst,<br />
ebenso die Mahnungen. „Bei guten Kunden runde ich die<br />
Rechnungen auch schon mal zu ihren Gunsten ab“, erklärt<br />
er. Die durchschnittliche Größe der Flächen beträgt 2 ha –<br />
dennoch setzt der Lohnunternehmer auf große Maschinen.<br />
„Das liegt an dem kupierten Gelände hier mit Höhenunterschieden<br />
von bis zu 500 Höhenmetern“, sagt er.<br />
Rund 12.000 km verbringt er jährlich auf der Straße. „Unser<br />
im Januar 2018 gekaufter Fastrac 4220 hatte im August<br />
desselben Jahres bereits 8.000 km mehr auf der Uhr“, erklärt<br />
Michel Maurel. Aus diesem Grund nutzt der Lohnunternehmer<br />
auch Schlepper wie den Fastrac von JCB oder andere<br />
„Komfort-Traktoren“ für die Straße. „Wir kaufen unsere<br />
Schlepper als junge Gebrauchte, die Pressen als Schlüsselmaschinen<br />
kommen allerdings alle drei Jahre neu dazu“,<br />
sagt der Unternehmer. Er setzt dabei auf Krone; zum einen<br />
sei die nächste Werkstatt nur 10 km entfernt, und er habe<br />
ein gutes Verhältnis zu seinem Händler. Zum anderen sei er<br />
mit den Achsen sehr zufrieden. „Die Presse darf hinter dem<br />
Fastrac auf den langen Straßenfahrten nicht hüpfen“, sagt<br />
er. Die großen Reifen seien bei Nässe besonders vorteilhaft,<br />
und auch der hohe Wiederverkaufswert sowie die gute<br />
Ballenqualität rechne sich für den Lohnunternehmer.<br />
PRESSEN & WICKELN<br />
Das Pressen rechnet Michel Maurel pro Ballen ab. „Wir<br />
nutzen dafür den Zähler an der Presse“, erklärt er. Bei der<br />
Aussaat schreibt er Rechnungen pro Hektar, beim Miststreuen<br />
pro Stunde und bei der Schlauchlagerung pro Meter<br />
und Inhalt. „Wir nutzen keine Kontroll- oder Analysesysteme<br />
und kein GPS oder ähnliches, da wir solche Dienstleistungen<br />
nicht voll ausschöpfen könnten, weil wir keine Ernte anbieten“,<br />
findet der Lohnunternehmer.<br />
Die Kunden fordern hauptsächlich die Press-Wickel-Kombination<br />
wegen des guten Siliereffektes durch die Folie.<br />
„Dabei ist diese Dienstleistung teurer als das Garn und<br />
verursacht auch mehr Müll“, wundert sich Michel Maurel.<br />
56
3<br />
Im Jahr 2018 hat er auf 850 ha Rundballen gepresst und auf<br />
150 ha Quaderballen.<br />
Eine weitere Dienstleistung, für die sich seine Kunden immer<br />
mehr interessieren, ist die bereits erwähnte Schlauchlagerung<br />
für Silage. „Die Landwirte<br />
müssen sich nicht um die<br />
Lagerung oder das Festfahren im<br />
Silo kümmern, sondern haben das<br />
Erntegut vor Ort, wo es gebraucht<br />
wird. Sie sind dadurch einfach<br />
unabhängiger“, erklärt Michel<br />
Maurel den Trend.<br />
25 t Körnermais pro Stunde kann<br />
er mit dem Schlauch einlagern.<br />
Dieser hat dabei eine Feuchtigkeit von 32 % und wird mit<br />
Silierhilfsstoffen versetzt. Aber auch Getreide wird bei den<br />
Kunden immer häufiger im Schlauch gelagert. „Die Kunden<br />
liefern es selbst mit dem Kipper an. 15 t/h kann ich so verarbeiten,<br />
pro Meter komme ich auf bis zu 2 t Getreide. Es<br />
hat eine Feuchtigkeit von 15 %, wenn es in den Schlauch<br />
kommt“, erzählt der Lohnunternehmer. Bis zu zwei Jahre<br />
könne die Ernte dann im Schlauch gelagert werden, wobei<br />
die Folie geschützt werden müsse, sagt Michel Maurel<br />
und erklärt weiter: „Zu Spitzenzeiten verarbeite ich 3.000 t<br />
Körnermais und Getreide mit meiner Schlauchmaschine.“<br />
KLIMAWANDEL<br />
Lohnunternehmer war Michel Maurel allerdings nicht immer:<br />
„Bis 2003 habe ich eine Landwirtschaft mit Ackerbau<br />
geführt, allerdings hat mich das Dürrejahr zu einem Umdenken<br />
gezwungen.“ Heute bewirtschaftet er selbst noch 50 ha<br />
„WIR KAUFEN UNSERE<br />
SCHLEPPER ALS JUNGE<br />
GEBRAUCHTE, DIE PRESSEN<br />
ALS SCHLÜSSELMASCHINEN<br />
KOMMEN ALLERDINGS ALLE<br />
DREI JAHRE NEU DAZU.“<br />
MICHEL MAUREL, LOHNUNTERNEHMER<br />
Ackerbau im Nebenerwerb und hält 400 Pensionsrinder auf<br />
seinen Flächen. Der Landwirt und Lohnunternehmer baut<br />
überwiegend Getreide an, was er von einem anderen Lohnunternehmen<br />
ernten lässt, um selbst das Korn sowie Stroh<br />
zu verkaufen. Je nach Marktlage bietet er auch Körnermais<br />
oder Maissilage an.<br />
In der Winterzeit ist Michel Maurel<br />
lediglich mit seinem Miststreuer<br />
unterwegs und nutzt die Zeit für<br />
Urlaub und Wartungen seiner<br />
Maschinen. Etwas besorgt sieht<br />
er aktuell die klimatischen Veränderungen:<br />
„2018 konnten wir nur<br />
den ersten Schnitt im Grünland<br />
zu Silage verarbeiten, danach war<br />
es zu trocken, und es wurde lediglich Heu gemacht. Der<br />
erste Schnitt war dagegen sehr verregnet, das Pressen hat<br />
dreimal länger gedauert als üblich.“ Normalerweise presst<br />
Michel Maurel 25 Ballen pro Stunde. Die Maisernte war dann<br />
aufgrund der Trockenheit drei Wochen früher dran als üblich.<br />
„Noch habe ich keine Umsatzeinbußen, aber ich musste die<br />
Preise anheben, um das Niveau halten zu können“, sagt er<br />
abschließend. «<br />
1 Die Press-Wickel-Kombination ist bei den Kunden besonders<br />
beliebt, obwohl sie teurer ist und im Vergleich<br />
zu Garn mehr Wickelmaterial benötigt.<br />
2 Michel Maurel führt mit seinem Sohn das Lohnunternehmen<br />
als Familienbetrieb.<br />
3 Angesichts der teils langen Straßenfahrten sind die<br />
Achsen bzw. die Federung der Pressen dem Lohnunternehmer<br />
besonders wichtig.<br />
57
TELEGRAMM<br />
AGRITECHNICA <strong>2019</strong><br />
VOLLES HAUS<br />
Wie wird die Stimmung<br />
der Landwirte sein? Diese<br />
Frage beschäftigte im<br />
Vorfeld der Agritechnica<br />
wohl alle Aussteller. Doch<br />
mit 450.000 Besuchern<br />
lag das Ergebnis auf dem<br />
gleichen Super-Niveau<br />
wie 2017. Bei Krone war<br />
der „gefühlte Ansturm“<br />
sogar noch größer –<br />
herzlichen Dank an alle<br />
Besucher!<br />
58
59
Landtechnik<br />
Dienstleistung<br />
Pflanzenproduktion<br />
Werde<br />
eld<br />
Held<br />
Berufsziel: Fachkraft Agrarservice<br />
Eine moderne Ausbildung<br />
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