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Text Dr. Weicherding Kopie .pdf - Jens Kilian

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Liebe Gäste,<br />

Rede anlässlich der Ausstellung „<strong>Jens</strong> <strong>Kilian</strong> Landschaftsabstraktionen“<br />

Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (15. März 2009)<br />

von <strong>Dr</strong>. Sabine <strong>Weicherding</strong><br />

herzlich willkommen zur Ausstellung „Landschaftsabstraktionen“ des Malers <strong>Jens</strong><br />

<strong>Kilian</strong>. Im Harz geboren, in Düsseldorf lebend, und als Mensch, der das Reisen liebt,<br />

zeigt Ihnen <strong>Jens</strong> <strong>Kilian</strong> ganz unterschiedliche Bildlandschaften, in denen sich Nahes<br />

und Fernes, Vertrautes und Ungewohntes zueinander gesellen.<br />

Die hier versammelten Gemälde, Gouachen und Monotypien stammen aus<br />

den letzten 3 Jahren. Zu den Werken, die um die Thematik der Rheinlandschaft<br />

kreisen, gesellen sich bildnerisch verarbeitete Eindrücke seiner Japanreisen sowie<br />

ganz aktuelle Arbeiten, in denen sich der Künstler erstmals dem Innenraum, dem<br />

Interieur, zuwendet. Gedanklicher Ausgangspunkt sind also zumeist landschaftliche<br />

Eindrücke, die der Künstler auf Reisen und in seiner alltäglichen Umgebung am<br />

Rhein in sich aufgenommen hat.<br />

Das Verfahren der Abstraktion, auf das im Ausstellungstitel verwiesen wird, basiert<br />

wesentlich auf dem Vorhandensein solcher konkreten Objekte der Wirklichkeit, die<br />

als Referenzpunkt für die inhaltliche und stilistische Abstraktion dienen. Ohne diese<br />

konkreten Bezüge ist abstrakte Kunst nicht mehr als eine leere Hülse, eine<br />

gehaltlose Oberfläche.<br />

Abstraktion, wie sie <strong>Jens</strong> <strong>Kilian</strong> versteht, geht von den individuellen<br />

Eigenschaften konkreter Örtlichkeiten aus, und transformiert diese im künstlerischen<br />

Prozess zu einem Landschaftsbild, das einen eigenständigen Wert erhält. <strong>Kilian</strong> löst<br />

sich jedoch nie ganz von der gegenständlichen Welt, da er, eigenen Aussagen<br />

zufolge mit den Möglichkeiten der rein abstrakten Malerei nicht zufrieden ist.<br />

Stattdessen weisen viele seiner Kompositionen eine abstrakte Formgebung auf, die<br />

zugleich räumlich bzw. gegenständlich lesbare Bezüge enthält.<br />

Der Rhein beispielsweise inspirierte <strong>Kilian</strong> zu einer Serie von Landschaftsgemälden,<br />

die eine endlose Weite suggerieren und eine einfache, erhabene Struktur aufweisen.<br />

Dynamisierende Elemente in diesen reduzierten Bildwelten sind die Binnenschiffe,<br />

die sich in die Bildfläche hineinbohren und durch ihre Wuchtigkeit den Eindruck des<br />

unermesslichen Flusses untermauern.<br />

Interessanterweise sind es gerade diese großformatigen Gemälde, bei denen <strong>Kilian</strong><br />

die künstlerischen Mittel auf ein Minimum reduziert:<br />

- die Grundkomposition basiert auf dem Kontrast heller und dunkler Bildelemente, die<br />

durch behutsam gesetzte Linien ausdefiniert werden<br />

- die auf wenige Töne konzentrierte Farbpalette wird auf großen Flächen feinstens<br />

ausnuanciert, mitunter bis an die Grenze der Monochromie<br />

- und strukturelle Überlagerungen werden vermieden.<br />

Dadurch erhalten die großformatigen Arbeiten ihre charakteristische Ruhe, Eleganz<br />

und Wirkungsmächtigkeit. Es scheint, als ob gerade das Großformat den Künstler<br />

herausgefordert hat, die Feinheit der künstlerischen Umsetzung auf die Spitze zu<br />

treiben.<br />

Die kleinformatigen Gouachen und Monotypien weisen zwar ebenfalls die Feinheit<br />

und Magie der Gemälde auf, besitzen aber eine ganz eigene Qualität. Besonders


deutlich wird dies bei den Arbeiten, die während der Asienreisen des Künstlers in<br />

den Jahren 2004 und 2006 entstanden sind. Auf kleiner Fläche weisen sie eine<br />

dichte Bildstruktur aus, aus ihnen spricht mitunter eine überbordende Üppigkeit, die<br />

der rheinisch inspirierten Landschaft fremd ist.<br />

Insgesamt sind die japanischen Landschaftsabstraktionen gestischer gestaltet<br />

als die zuvor erwähnten Flusslandschaften mit ihren geschlossenen Farbflächen. Der<br />

Bildraum entwickelt sich hier aus den einzelnen, breit gesetzten Pinselstrichen,<br />

wobei der Handschrift des Künstlers, der Pinselführung, eine gestalterische<br />

Bedeutung zukommt. So klingen im weit ausholenden Pinselschwung typisch<br />

asiatische Elemente wie geschwungene Tempeldächer oder sanfte Hügelketten an.<br />

Der Eindruck eines verdichteten Bildgefüges hängt auch mit der Verwendung<br />

von dunklen, nahe an den Bildvordergrund gerückten Elementen zusammen, die wie<br />

ein Repoussoir fungieren. D.h. der Betrachter scheint über ein im Vordergrund<br />

angedeutetes Motiv hinweg in den Bildraum hineinzuschauen, wodurch sein Standort<br />

in Bezug zum innerbildlichen Raum konkretisiert wird.<br />

Ein weiteres Charakteristikum der japanischen Landschaftsansichten ist die<br />

gezielte Integration des Bildträgers. Oftmals wird die natürliche Farbigkeit des<br />

Büttenpapiers sichtbar belassen und als ästhetisch wirksamer Bestandteil in die<br />

Komposition aufgenommen. So erhalten die Arbeiten ein ausgewogenes Verhältnis<br />

von farblich gestalteten und neutralen Flächen, und v.a. von atmosphärischer<br />

Leichtigkeit. Viele der Arbeiten scheinen zu atmen, in ihnen ist Platz für<br />

Zwischenräume, die Bildelemente scheinen in der Komposition zu schweben. Das<br />

hängt auch damit zusammen, dass der Farbauftrag mit Bedacht erfolgt, und selbst<br />

da, wo sich mehrere Farbschichten überlagern, bleibt der Eindruck von Luftigkeit und<br />

Transparenz erhalten, nie wirkt die Fläche überladen oder belastet.<br />

In seinen neuesten Arbeiten widmet sich <strong>Jens</strong> <strong>Kilian</strong> erstmals nicht mehr dem<br />

Außen- sondern dem Innenraum und erschließt eine neue Bildwirkung. Die<br />

Farbigkeit ist nun strahlender, und statt Schwarz wird Grau als Kontrastfarbe<br />

verwendet, so dass die bühnenhaft wirkenden Raumkonstrukte eine<br />

energiegeladene Aura erhalten.<br />

Die angedeuteten Raumsituationen sind rätselhaft, stets zeigen die<br />

vermeintlichen Zimmer Öffnungen zu angrenzenden Räumen, so dass unklar bleibt,<br />

ob man eine Durchgangssituation sieht oder schon im Hauptzimmer angekommen<br />

ist. Durch einzelne, versprengt angeordnete Gegenstände greift der Maler auf<br />

Objekte unserer sichtbaren Realität zurück und stößt unwillkürlich einen<br />

Erkenntnisprozess an. Dem Betrachter stellen sich Fragen nach der Funktion des<br />

Ortes, nach dem Geschehen. Es sind menschenleere Räume, denen eine versteckte<br />

Geschichte eigen ist, welche die Imaginationskraft des Betrachters in Gang setzt.<br />

<strong>Jens</strong> <strong>Kilian</strong>s Werke sind das Ergebnis tiefer Impressionen, die mit Bedacht in der<br />

Malerei umgesetzt werden. Nichts ist dem Zufall geschuldet, jede Farbgebung, jede<br />

Linie ist genau so gewollt. Dennoch sind die Bilder alles andere als kopflastig, im<br />

Gegenteil: es sind sinnliche, atmosphärisch durchdrungene Farbwelten, die den<br />

Betrachter umfangen, ihn aber nie einengen.<br />

Dass der Künstler sich intensiv mit seiner heimischen Landschaft und der Japans<br />

auseinandergesetzt hat, ist wesentlich für das Verständnis seiner Werke, doch<br />

drängen sich die motivischen Auslöser dem Bildbetrachter nicht auf.<br />

Was angesichts dieser Kunst als wesentlich wahrgenommen wird, das<br />

bestimmt einerseits die Kreativität des Künstlers, andererseits aber auch die<br />

Wahrnehmung des Betrachters. Diesem werden ganz eigene gedankliche<br />

Spielräume geboten, doch wenn er sich auf die Abstraktionsleistung <strong>Jens</strong> <strong>Kilian</strong>s


einlassen möchte, so kommt er auch dem latent vorhandenen, biographisch<br />

geprägten Innenleben der Werke näher. Auf jeden Fall wird der Betrachter von der<br />

tiefen Klarheit und kontemplativen Ruhe erfasst werden, die allen Arbeiten dieser<br />

Ausstellung eigen ist.<br />

© <strong>Dr</strong>. Sabine <strong>Weicherding</strong>, Dortmund

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