Peter Zimmermann abstractness 2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Anja Dorn
VORWORT
Bereits in seinem frühesten Werk Diercke Weltatlas von 1987 geht es
Peter Zimmermann um Bilder als Träger von Wissen. Die Malerei zeigt den
Einschlag des Atlas, den viele aus ihrer Schulzeit kennen. Das Buch, in dem
gerne geblättert wurde, wenn der Unterricht langweilig war, erschloss
Generationen von Schüler*innen ihre Vorstellung von einer durch Karten
und Bilder geordneten Welt. Das riesige Format von Zimmermanns Öl
gemälde mag dem Gefühl des Schülers gegenüber dem schweren Atlas
Genüge tun. Peter Zimmermann verortete sich mit dieser Malerei zu Beginn
seiner Karriere in einem künstlerischen Feld zwischen Pop Art und Konzeptkunst.
Er adressiert das Verhältnis von bildender Kunst und Alltagskultur,
das auch in seinem weiteren Schaffen nicht aus dem Blick gerät.
Indem sie den Status des Bildes hinterfragen, wie es bereits die frühe
Konzeptkunst tat, verdeutlichen Zimmermanns Arbeiten, wie Bilder einerseits
unseren Zugang zur Welt öffnen und andererseits unsere Wahrnehmung
eingrenzen und bestimmen. Seine Bilder von Michelin- und Polyglott
Reiseführern in Epoxidharz sind nicht nur ironischer Kommentar zu einer
bildungsbürgerlichen Reisekultur, sondern verweisen auch darauf, dass
Reiseführer unsere Erfahrung fremder Orte und Landschaften filtern.
Zimmermanns Beiträge zu einer Reflexion der „Kunst im Zeitalter
ihrer technischen Reproduzierbarkeit“ nehmen Anfang der 1990er Jahre
angesichts des zunehmenden Angriffs auf den Status des Bildes durch die
Entwicklung der digitalen Medien und der damit einhergehenden Multiplikation
der Produktion, Reproduktion und Manipulation von Bildern an
Fahrt auf. Neben die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Sprache
und Bild, Schriftmedien und Malerei tritt die Frage danach, wie digitale
Medien und Bilder unser Verhältnis zur Kunst und wie neue Darstellungsmöglichkeiten
umgekehrt unser Vorstellungsvermögen formen. So spielt
Zimmermann in aktuellen Arbeiten mit der Silhouette von Mobiltelefonen,
vorher waren schon die abstrakten Formen von Computermonitoren auf getaucht
– Formate, die unser bildliches Raumgefühl längst verändert haben.
Während man im Fall der Epoxidharzbilder an den perfekten, objekthaften
Oberflächen der übereinandergelegten bunten Handysilhouetten
abzugleiten scheint, erzeugen seine neueren Ölgemälde, in der er per
Hand die Funktionsweise von Malprogrammen imitiert, mit denen man
aus einzelnen Farbpixeln impressionistische, schwarmartige Farbstrukturen
18 19