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Clusius Enzian
Daphne striata mit Perlmuttfalter
Schwefel Anemone
Botanische Exkursionen
im Lechtaler Bergfrühling
28.-30.6.2019
Geliefert wie bestellt – bei perfektem
Sommerwetter starteten 17 pflanzenbegeisterte
Wanderer nach Kaisers in
den Lechtaler Alpen, Tirol/ Österreich.
Am frühen Nachmittag traf die Gruppe
am Edelweißhaus ein, einer gut
ausgestatten Alpenvereinshütte der
Sektion Stuttgart. Hoch über dem
Lechtal liegt das Haus auf 1.530 m
inmitten eines prachtvollen Bergpanoramas.
Wir bezogen unsere modern
ausgestatteten Zimmer, die trotz
Mehrbettbelegung in keiner Weise an
eine Massenunterkunft erinnerten.
Gleich hinter unserer Unterkunft lockten
die Wiesen im bunten Sommerkleid,
sie waren unser Ziel an diesem
ersten Nachmittag.
Die Lechtaler Alpen gehören zu den
Nördlichen Kalkalpen mit einem Gesteinsaufbau
aus überwiegend Sedimentgestein.
Entsprechend angepasst
an einen eher basischen
Untergrund fanden wir die Flora vor.
Hans Reibold, Karl Leonhardt und
Michael Mauser, Mitarbeiter am Botanischen
Garten Tübingen, leiteten
und führten unsere Gruppe mit ihrem
breitem Wissen über die Flora des Alpenraums.
Beobachtend und fragend kam unsere
Gruppe von Laienbotanikern nur
langsam voran. Die Wiesen im Alpenfrühling
sahen aus, als habe Flora ihr
Füllhorn direkt darüber ausgeschüttet.
Doch die Überlebensbedingungen für
Pflanzen im alpinen Raum sind hart.
Die Vegetationsperiode ist kurz und
kürzer, je höher die Berglage ist. Auch
im Sommer sind Kälte- und Schneeeinbrüche
jederzeit möglich. Deshalb
hat die Natur die verschiedensten
Überlebensstrategien entwickelt.
Eine davon fanden wir beim Lebendgebärenden
Knöterich (Polygonum viviparum),
einer kleinen Wiesenpflanze.
Sie trägt am oberen Teil des Sprosses
Blüten zur Samenbildung, am unteren
Teil jedoch kleine Brutknospen. Wenn
also die Zeit zur Samenreifung nicht
ausreicht, fallen diese Brutableger als
fertige Pflänzchen und Klon der Mutterpflanze
zur Erde und sorgen zumindest
für eine vegetative Vermehrung.
An diesem Nachmittag ließ sich auch
der Unterschied zwischen einer unbeweideten
und einer beweideten Wiesenfläche
schön erkennen. Auf den
Wiesen fanden wir höher wachsende
Pflanzen wie die Flockenblume (Centaurea
montana), den Wiesenstorchschnabel
(Geranium pratense) oder die
Bibernelle (Pimpinella major). Auf den
Weiden wuchsen bodennahe Pflanzen
wie der Wiesenthymian (Thymus
vulgaris), schöne Matten des Silbermäntelchens
(Alchemilla alpina), Kugelblumen
(Globularoa nudicaulis und
G. cordifolia) oder die Alpenbergminze
(Acinos alpinus).
Später wurde das feine Abendessen
auf der Terrasse unseres Gasthauses
serviert, und erst als gegen halb neun
die Sonne hinter dem Valluga-Gipfel
versank, versammelten wir uns mit
unseren Bestimmungsbüchern, Lupen
und Pinzetten im Gastraum. Einige
botanische Knacknüsse, gesammelt
am Nachmittag, harrten noch ihrer
Bestimmung. Dabei wurden die verschiedenen
Methoden zur Pflanzenbestimmung
angesprochen und es
wurde der Grundstein für die geplante
Pflanzenliste gelegt, die ja als Dokumentation
und Infoquelle für die Teilnehmer
dienen soll.
Am nächsten Morgen strahlte wieder
die Sonne, der Beginn eines makellos
schönen Tages. Es ging hinauf
zum Hahnleskopf, dem Hausberg von
Kaisers, auf 2.210 m Höhe. Botanisieren
ist wie Pilze suchen – abseits
der Wege findet man mehr. Und so
stiegen wir immer den Pflanzen nach
die steilen Hänge hinauf und gleichzeitig
dem Vorfrühling und den letzten
Schneeresten des Winters auf
der Höhe entgegen. Oberhalb der
Baumgrenze fanden wir weitere inte-
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