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Album-Release - 17. April 2020.
„Blind über Rot“
Warum Straßenmusik stark macht.
Von der street zum ,,hot label‘‘ Universal.
Ausnahmekünstlerin. Sie hat keine
Angst, sich die Hände schmutzig
zu machen, geht ungeschminkt zu
Presseterminen und steht ohne
Schuhe auf der Bühne. Mit kleinen
Füchsen auf den Socken. Sie singt
von sich. Und das hört man. Ihre Karriere gestartet
hat sie als Straßenmusikerin, ist durch leichte und
schwere Zeiten gegangen und hat sich immer
wieder gegen alle Konventionen und für ihren Traum
entschieden: die Musik. Heute ist sie bei Universal
unter Vertrag, lebt im Brandenburger Land auf
einem kleinen Bauernhof und startet richtig durch.
Mit CAMPUS spricht sie über Sicherheitsgefühl,
Songwriting und Glauben. Unerschütterlich.
Du hast die Schule abgebrochen: Warst du
rebellisch unterwegs?
Eigentlich war ich gar nicht so rebellisch unterwegs.
Ursprünglich hatte ich den Plan, Abi zu machen und zu
studieren. Die Schule habe ich nicht abgebrochen, weil
ich gedacht habe: „Blöde Lehrer“ oder so, das war eher
ein „innerliches Ding“. Ich konnte mich nicht mehr wirklich
konzentrieren. Es war für mich persönlich eine schwere
Zeit und ich hab´ einfach gemerkt, dass ich Veränderungen
brauche. Zeitgleich mit dem Schulabbruch bin ich zuhause
ausgezogen. Ich hab´ einmal alles ganz neu, einmal alles
anders gemacht. Ganz schön mutig.
Ich hab´ nicht wirklich drüber nachgedacht, was ich da tue.
Ich habe nur gemerkt: „Ich brauche das jetzt.“
Wie und wann kam die Musik ins Spiel?
Dass ich Musik machen möchte, ob nun beruflich oder
hobbymäßig, war für mich schon lange klar. Ich bin da
irgendwie reingerutscht. Ich habe angefangen, Straßenmusik
zu machen, und habe gemerkt: „Cool, das funktioniert.“ Klar
habe ich mir Gedanken
gemacht wegen einer
Ausbildung, aber mit
dem Hutmacher-Ding
- das hat einfach nicht
funktioniert (Anm.
der Red.: Elen hat in
Berlin eine Ausbildung
zur Hutmacherin
begonnen). Ich war einfach
so ein zerstreuter Typ, es
war nicht so, als hätte ich
mich mit meiner Chefin nicht
verstanden, aber ich habe
überall meine Kaffeetassen
stehen lassen und lauter so
komische Sachen:
Es hat einfach nichts
gepasst. Und das gerade in
so einem kreativen Beruf
nicht hinzukriegen, war
schon ein deutlicher Wink,
dass ich selber etwas
machen muss.
Straßenmusik macht
stark?
Aus vielerlei Gründen! Erstens bist du wirklich in der
Lage, komplett selbstständig zu arbeiten. Du kannst Musik
machen, wo du willst und wann du willst, bist nicht
abhängig und es ist - egal wie komisch das klingt - eine
sichere Base. Du kannst quer durch die Welt fahren, und
wenn du merkst „hier ist es nicht, ich brauche Veränderung“,
nimmst du dich mit deinem Job einfach mit und bist
eigentlich immer in der Lage, dir deinen Lebensunterhalt
zu finanzieren. Das ist cool. Das gibt so ein richtig schönes
Sicherheitsgefühl.
Das hat immer geklappt? Du konntest rein von
der Straßenmusik leben?
Ja, genau, das habe ich ´ne ganze Zeit lang
gemacht, aber es ist natürlich auch anstrengend.
Man kann es ein paar Jahre machen, aber ich
glaube, irgendwann muss man sich Gedanken
machen: „Was machst du, wenn du graue Haare
hast und Gicht in den Fingern?“ Ich habe mir dann
überlegt, auf eine andere Weise Musik zu machen.
Das nächste Album zu produzieren, zum Label
zu gehen. Das ganze Ding mal von dieser Seite
aufzurollen.
Sicherheitsgefühl? Ist dir
das Thema Sicherheit wichtig?
Eigentlich nicht. Ein Stück weit ist uns das bestimmt allen
wichtig. Zu wissen, dass man seine Krankenkasse bezahlen
kann und sonstiges Sachen, ist schon gut. Aber ich kenne
es halt auch anders. Raus von Zuhause, weg von der Schule
und dann die Anfangszeit mit der Straßenmusik - da gab es
das halt alles gar nicht. Ich habe angefangen mit 3 Songs
auf der Straße. Dass das irgendwie das Überleben gesichert
hat, kam erst Stück für Stück. Sicherheit ist ein gutes Gefühl,
ein schönes Gefühl. Man kann sich freuen, wenn man es hat.
Aber ich bin gut in der Lage, auch mal mit Unsicherheiten
umzugehen, weil ich das schon durch habe.
Gab es den Universal-Moment? Das Telefon klingelt
und der große Moment war da?
Ich bin mit meinem Management auf die Labels zugegangen.
Ich hatte ein paar Demos in der Tasche und ein, zwei
Produktionen und bin damit vorstellig geworden. Und dann
gab es einen guten Run! Damit hätte ich nicht gerechnet.
Universal ist angesprungen, Sony ist angesprungen und noch
ein paar andere - ich hatte eine Art Auswahl. Das war echt
cool!
Früher weniger Geld und Straßenmusik, jetzt Label und
viel? Ist das Leben jetzt „geiler“?
Wie soll ich das beantworten? Ich glaube nicht, dass es
jetzt geiler ist. Es ist jetzt anders, auf eine Art gut, weil ich
im Winter zu Weihnachten nicht auf dem Alex sitzen und
frieren muss, auf die andere Art mochte ich aber auch die
Straßenmusik, weil man mit vielen Leuten in Kontakt kommt
und frische Luft hat. Es ist ein Lebensstil, sehr frei. Das ist
jetzt natürlich nicht mehr so. Wenn man unter einem Label
arbeitet, weiß man, was kommt, was man zu tun hat und
macht nicht jeden Tag „mal gucken, was so läuft.“
Du schreibst deine Songs im Team - wie sieht dieser
Songwriting-Prozess aus?
Credit: Christoph Köstlin