Rechtssicherheit ohne Staat? - Moritz Renner
Rechtssicherheit ohne Staat? - Moritz Renner
Rechtssicherheit ohne Staat? - Moritz Renner
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Handelsverträge“ (Bonell 2005). Auf der einen Seite wird so der Einfluss staatlicher<br />
Rechtssysteme auf die Vertragsgestaltung deutlich reduziert – nicht zuletzt auch deshalb, weil<br />
die Parteien äußerst detaillierte Vertragswerke erstellen können, die von vornherein wenig<br />
14<br />
Raum für den Rückgriff auf das anwendbare Recht lassen.<br />
Auf der anderen Seite aber wurde in den von Sosa untersuchten internationalen<br />
Handelsstreitigkeiten vergleichsweise häufig nationales Recht von den Schiedsrichtern<br />
angewandt. Darüber hinaus hielten sich die Schiedsrichter streng an zwingendes nationales<br />
und internationales Recht (ius cogens), da die Missachtung solcher zwingender Rechtssätze<br />
nach dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung<br />
ausländischer Schiedssprüche von 1958 zur Unvollstreckbarkeit des Schiedsspruches führt<br />
(Redfern/Hunter 2004). Jeder Schiedsspruch, der unter der Ägide der ICC ergeht, wird in<br />
einem abschließenden Überprüfungsverfahren vom Schiedsgerichtshof der ICC auf seine<br />
Vollstreckbarkeit hin überprüft (Derains/Schwartz 2005). Rechtsquellen, die typischerweise<br />
der autonomen lex mercatoria zugerechnet werden, wie allgemeine Rechtsgrundsätze und<br />
Handelsbräuche (Berger 2001; Zumbansen 2002) dienten in den untersuchten<br />
Routineschiedsverfahren meist nur der Ergänzung anderer Rechtsquellen wie des Vertrags<br />
selbst, nationalen und internationalen Rechts sowie des Ermessens der Schiedsrichter. Die von<br />
Sosa analysierten Schiedssprüche beruhen im Ergebnis auf den Vorschriften des nationalen<br />
Privatrechts ebenso wie auf komplexen Verträgen, allgemeinen Rechtsgrundsätzen und<br />
Handelsbräuchen (Sosa 2007).<br />
Beim Vergleich von Schiedsverfahren mit Verfahren vor den staatlichen Gerichten (Benson<br />
1999) scheint der entscheidende Vorteil von Routineschiedsverfahren dementsprechend<br />
weniger in der Anwendung eines genuin transnationalen Normencorpus (Zumbansen 2002,<br />
2006) zu liegen als in der pragmatischen Kombination unterschiedlicher Mechanismen zur<br />
Sicherstellung der Transaktionssicherheit wie auch der Integration nicht-juristischen<br />
Sachverstands. So können besonders interessengerechte Lösungen für Kooperationsprobleme