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Curanum

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am Freitag, 29. Mai 2020, 06:31

Artikelname 2905_lin_pflege seniorenheim

ET 30.05.2020

Ausgabe

lin

Ressort

lokales

Zeilen 178

Platziert auf Seite

(geht nicht)

Die Pflege der Seele im Blick

Wie Mitarbeiter eines Seniorenheims während der Pandemie ein Stück weit die Familie ersetzen

Von Thomas Pertz

LINGEN Ein Virus, der Entscheidungen

über Gesundheit,

Leben und Tod abverlangt,

der Trennung fordert,

wo Nähe gewünscht ist: Wie

wirkt sich eine solche Bedrohung

auf Menschen aus, die

schon aufgrund ihres Alters

zur Risikogruppe gehören?

Wer hilft ihnen in dieser Situation?

Ein Besuch in der

Lingener Seniorenresidenz

Curanum gibt Antworten.

Über 100 Jahre alt ist die

Bewohnerin des Seniorenheims

an der Jochem-Hamann-Straße.

Ganz klein war

sie, als der erste Weltkrieg zu

Ende ging, über 40 Jahre

beim zweiten. Und nun, am

Abend eines langen Lebens,

müssen sie und andere Bewohner

etwas aushalten, auf

das niemand vorbereitet

war: Wochenlang keine Besuche

von Angehörigen, die inzwischen

wieder erlaubt

sind, getrennt durch Plexiglas,

20 Minuten, einmal in

der Woche. Um den Virus zu

isolieren, müssen auch die

Bewohner isoliert werden.

Einsamkeit als Preis für die

Sicherheit: Es gibt bislang

keinen einzigen Infektionsfall

unter den Bewohnern des

Curanums.

91 Pflegeplätze

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Dafür, dass sie all’ dies aushalten,

sorgt ein Team von

Betreuerinnen im Curanum,

die eine besondere Form der

Pflege im Blick haben: nicht

die äußerliche, sondern die

seelische. Emma Moor, gelernte

Ergotherapeutin, ist

die Leiterin der Sozialen Betreuung

im Haus, ihre Stellvertreterin

ist Ilona Heinen,

gleichzeitig Hygienebeauftragte.

Vier sind es für den

stationären Bereich des Hauses,

weitere fünf für den Bereich

des betreuten Wohnens.

Im Curanum befinden

sich 91 Pflegeplätze. Hinzu

kommen 66 Appartements.

„Warum kommen meine

Kinder nicht mehr, haben wir

denn schon wieder Krieg?“

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Ähnlich wie hier im Besuchsraum eines Pflegeheims in NRW sieht es auch im Curanum aus, wenn Verwandte die Bewohner besuchen.

„Ist meinem Kind auch wirklich

nichts passiert?“ Auf solche

Fragen müssen die Mitarbeiterinnen

in der sozialen

Betreuung seit Ausbruch der

Pandemie Antworten finden.

Viele Senioren im Curanum

sind dement in unterschiedlichen

Ausprägungen. Warum

von einem Tag auf den

anderen kein Besuch mehr

kam und dieser Zustand auch

über mehrere Wochen erst

einmal so blieb, konnte sich

für die alten Menschen nicht

erschließen.

Mit Herzblut versuchen

die Mitarbeiterinnen in der

Sozialen Betreuung, die Folgen

nun fehlender familiärer

Bindungen zu verringern. Sie

wirken durch ihre Beziehungsarbeit

als Familienersatz,

machen individuelle

Einzelbetreuung und begleiten

die Bewohner bei den

nun wieder erlaubten Besuchen

mit den Angehörigen.

Nach wochenlangem Verzicht

ein erstes Wiedersehen

- ein Treffen ohne Berührung

und Umarmung. Heinen beschreibt

die Begegnungen so:

„Das sind hoch emotionale

Momente. Wir können dabei

Angehörige und Bewohner

auffangen.“ Angehörige, die

vorsichtig fragen, ob die Mutter

oder der Vater sie noch erkennt,

und alte Menschen,

die mitunter ungehalten und

verständnislos reagieren,

weil sie so lange niemand besucht

hat. Und die sich mit

vielen Fragen auch nach der

Verabschiedung weiter beschäftigen.

Dabei sind sie

nicht allein. Hier sind die

Mitarbeiterinnen der Sozialen

Betreuung wichtige und

tägliche Bezugspersonen.

Gemeinsame Spiele, Gymnastik,

Singen und zusammen

feiern: Die Möglichkeiten

„vor Corona“ für die Mitarbeiterinnen

der Sozialen

Betreuung, den Senioren im

Curanum einen abwechslungsreichen

Tag zu gestalten,

waren vielfältig. „Das

Foto: Jonas Güttler/dpa

fehlt den Bewohnern nun

sehr, der Virus nimmt ihnen

viel Lebensqualität“, berichtet

Anke Groen, zuständig für

das Belegungsmanagement

im Haus.

Gerade weil sich der Alltag

für die Senioren unter den

Bedingungen des Schutzes

vor dem Virus nun verändert

hat, lassen die Mitarbeiterinnen

in der Sozialen Betreuung

nichts unversucht, um

Viel wert auf die soziale Betreuung im Seniorenheim Curanum legen: Emma Moor, Anke Groen

und Ilona Heinen (von links).

Foto: Thomas Pertz

psychische Stabilität zu ermöglichen.

Dazu gehört der

Videochat mit den Angehörigen,

ein zumindest virtuelles

Treffen mit den Kindern und

Enkelkindern. „Es war schön,

euch zu sehen“, gibt Groen

die Äußerung einer Seniorin

wieder. Im Anschluss müsse

viel nachgearbeitet werden,

macht Moor deutlich: „Wir

erleben nämlich auch, dass

alte Menschen anschließend

niedergeschlagen sind.“

Mit den Biografien der Bewohner

ist das Team der Sozialen

Betreuung gut vertraut.

Auch hier ergeben sich

immer wieder Anknüpfungspunkte

für Gespräche zwischen

ihnen und den Senioren.

Gespräche, die auch Lücken

füllen können, die

durch die heruntergefahrenen

Besuchsmöglichkeiten

entstanden sind.

Durch die Einschränkung

der Kontakte zwischen Angehörigen

und Bewohnern ist

der Kontakt zwischen Angehörigen

und Mitarbeiterinnen

in der Sozialen Betreuung

enger geworden. „Familiärer,

noch intensiver“, beschreibt

Emma Moor dieses

Verhältnis. „Wie geht es meinem

Vater? Können wir heute

wieder skypen?“ Um solche

Fragen geht es – aber

auch um andere: „Was ist,

wenn Mama ganz allein

stirbt?“

Der Tod ist präsent

Fragen, die um die letzte

Lebensphase und den Tod

ranken, sind im Curanum,

wie in jedem Pflegeheim mit

hoch betagten Bewohnern,

stets präsent. Das gilt unabhängig

von der Corona-Pandemie.

Aber die Beschränkungen

machen diese Fragen

für Angehörige noch ein

Stück dringlicher. „Wir dürfen

Angehörige anrufen,

wenn sich der Bewohner im

akuten Sterbeprozess befindet.

Mit Schutzkleidung können

sie dann auch ins Haus,

was sonst zurzeit leider nicht

möglich ist“, erläutert Groen.

Sie und ihre Kolleginnen

haben im Laufe ihrer Berufsjahre

viele Sterbephasen von

Bewohnern im Curanum erlebt

und dort, wo es möglich

war, Angehörige begleitet.

„Ich möchte den Lebensabend

der Menschen hier so

angenehm wie möglich gestalten“,

betont Heinen. Sie

wisse, dass dieser Weg für

den Einzelnen bald zu Ende

sein könne. „Aber sie ein

Stück weit zu begleiten, das

gibt mir sehr viel.“

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