WHI News: Somali-Land Projekt, Juni 2020
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WHI News 2020
– 2
Auch für die Somali-Region gilt:
Wir lassen niemanden zurück
Bereits 2016 beschloss Women’s Hope International, das langjährige Engagement
in verschiedenen Regionen Äthiopiens zu erweitern. Nun, mehr als drei Jahre später
und um viele Erfahrungen reicher, ist dieses Ziel erreicht. Seit rund neun Monaten
sind wir dabei, ein neues Projekt in der Somali-Region von Äthiopien umzusetzen.
Und: In Äthiopien haben wir auch das erste WHI-Landesbüro eröffnet.
Projektkriterien
Women’s Hope leistet mit seinen Programmen einen Beitrag
zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung,
insbesondere Ziel DREI (Gesundheit) und FÜNF (Geschlechtergleichheit).
Gleichzeitig versuchen wir nationale Entwicklungspläne
unserer Partnerländer zu stärken und dort tätig
zu werden, wo die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen
am grössten sind. Dabei ist es uns besonders wichtig,
dass wir unseren Anspruch von «Leaving no one behind»
(niemanden zurücklassen) in die Tat umsetzen. All diese
Faktoren haben dazu geführt, dass wir nun in der Doolo–
Zone, dem östlichsten Zipfel Äthiopiens an der Grenze zu
Somalia, aktiv geworden sind.
Die Somali-Region in Äthiopien ist in Bezug auf die Gesundheitsversorgung
stark vernachlässigt. Die Mütterund
Kindersterblichkeitsraten sind besonders hoch, und von
rund sechzig Gesundheitsposten verfügen nur drei über
Solarstrom. Die nomadische Somali-Bevölkerung der Doolo-
Zone teilt sich seit der Dürre von 2017 die knappen Ressourcen
mit rund 72 000 Binnenvertriebenen, welche in
einfachsten Flüchtlingslagern ausharren.
Wo setzen wir an?
In all unseren Projekten wollen wir die Initiativen der lokalen
Bevölkerung stärken. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen
fokussiert sich Women’s Hope deshalb auf
die Ressourcen der Menschen vor Ort. An Dialogforen und
im Rahmen der mobilen Gesundheitskliniken erhalten wir
wichtige Informationen über die Bedürfnisse von Frauen und
Mädchen. So können wir, gemeinsam mit unserer lokalen
Partnerorganisation OWDA, Massnahmen unterstützen,
welche nachhaltig und für die Dorfgemeinschaften nachvollziehbar
sind.
Valentina Maggiulli
Somali-Region: Zahlen & Fakten
Die Somali-Region macht mehr als 20 Prozent der Fläche von Äthiopien aus.
Das Projektgebiet der Doolo-Zone befindet sich ganz im Osten des Landes und
teilt eine durchlässige Grenze mit Somalia. Die Bevölkerung wird auf etwa
307 000 geschätzt (letzter Census von 2007), etwa 37 Prozent sind Viehhirten.
Als eine der am stärksten benachteiligten Regionen Äthiopiens
erstaunt es nicht, dass die Gesundheitsindikatoren
in der Somali-Region deutlich schlechter ausfallen als im
Rest des Landes.
• Nur etwa 26% der Geburten werden von qualifizierten
Geburtshelfer*innen begleitet und nur 23,3%
der Frauen gebären ihr Kind in einer Gesundheitseinrichtung
(2019).
• Müttersterblichkeit: 412 Sterbefälle pro 100 000
Lebendgeburten, der Landesdurchschnitt liegt bei 401.
Jijiga
• Fehlende Familienplanung: Frauen in der
Somali-Region haben durchschnittlich 7 Kinder (2019),
97% der verheirateten Frauen benützen keine Verhütungsmethode.
SOMALI-REGION
Doolo-
Zone
• 62% der verheirateten Frauen wurden als
Minderjährige verheiratet (2018), im Landesdurchschnitt
sind es 58%.
• 98,5% der Mädchen und Frauen sind von
Genitalverstümmelung betroffen (2016).
Ziele und Ansatz des Somali-Projekts
In der Somali-Region in Äthiopien ist die gesundheitliche
Versorgung insbesondere im Bereich Mutter-Kind-
Gesundheit äusserst mangelhaft. Das tiefe Niveau der
Versorgungsqualität in den wenigen existierenden Gesundheitszentren
führt ausserdem zu Misstrauen in der
Bevölkerung gegenüber Gesundheitsdiensten. Mit dem
neuen Projekt werden Gemeinschaften mobilisiert, um
die Gesundheitsversorgung durch eigene Initiativen zu
verbessern. Das Projekt stützt sich auf drei Hauptpfeiler:
1. Bürgerinitiativen
Damit das Projekt die Bedürfnisse der Dorfgemeinschaften
abdeckt und die gemachten Fortschritte auch nach
Projektende Bestand haben, sind die 24 Dorfgemeinschaften
direkt involviert. Sie entwickeln Initiativen und unterstützen
die Partnerorganisation von Women’s Hope vor
Ort in der Umsetzung und im Monitoring des Projektes.
Eigens dafür gebildete Komitees werden für die Belange
der Mutter-Kind-Gesundheit sensibilisiert und darin
geschult. Zusätzlich überwachen sie den Einkauf von
Medi kamen ten, die Ausstattung von Gebärsälen oder
einfache Re novationsarbeiten in den Gesundheitsposten.
2. Qualitätsverbesserung von Gesundheitsdiensten
Das Projekt bietet spezialisierte Weiterbildungen im Bereich
Mutter-Kind-Gesundheit für das Personal der Gesundheitszentren
an. Das Erlernte wird unmittelbar in
die Praxis umgesetzt und die Fertigkeiten laufend verbessert.
Die Gesundheitszentren werden durch den Kauf
von Behandlungsmaterial und Geräten aufgewertet und
können professionelle Dienstleistungen für Schwangere
und Gebärende anbieten.
3. Geburten in den Gesundheitszentren
Frauen aus den Dörfern und Flüchtlingslagern sollen die
Gesundheitszentren für regelmässige pränatale Untersuchungen
aufsuchen. Bis zum Ende des Projektes sollte
sich eine Mehrheit der Schwangeren entscheiden, in
einem Gesundheitszentrum zu gebären. Damit können
Geburtskomplikationen auf ein Minimum reduziert werden.
Das Wohlbefinden von Mutter und Kind steht im Mittelpunkt.
Landesdirektorin Mabruka Abdisamad (links) mit lokalen Projektmitarbeiterinnen.
Interview mit Mabruka Abdisamad
Mabruka Abdisamad ist ein Glücksfall für Women’s Hope International: Aus der
Somali-Region Äthiopiens stammend, in den USA aufgewachsen und mit viel
Arbeitserfahrung im NGO-Bereich ausgestattet, bringt sie die idealen Voraussetzungen
für eine Landesdirektorin mit. Sie hat vier Kinder und wohnt in Jijiga.
Was hat dich motiviert, nach all den Jahren in den USA
zurückzukehren nach Äthiopien?
Ich wollte schon lange zurück, nach 18 Jahren Arbeit wollte
ich einfach mehr tun – für meine Community und mit meiner
Community. Zudem ist es mir auch wichtig, dass meine
Kinder eine Verbindung zum Ort und zur Kultur ihrer Herkunft
haben. Vor sechs Jahren waren wir schon einmal für
eine Weile in Äthiopien, aber die Lage war nicht sicher
genug. Mit der Wahl des neuen Präsidenten, Abiy Ahmed
Ali, hat sich das geändert.
Was sind deine Aufgaben und wie sieht dein Arbeitsalltag
aus?
Bis jetzt war es sehr viel Aufbauarbeit. Dazu gehören Behördengänge,
Bewilligungen einholen, Versicherungen
abschliessen, das Aufstellen von Budgets etc. Und dann
haben wir ja im Dezember das Projekt in der Doolo-Zone
lanciert. Da arbeiten wir mit OWDA zusammen. Das Ganze
muss auch mit regionalen und nationalen Policy-Richtlinien
abgestimmt sein.
Erzähl uns vom Projekt, wo siehst du die grössten
Herausforderungen, was macht es so speziell?
Das Projekt soll nachhaltig Wirkung entfalten – also auch
nachdem es abgeschlossen ist. Das bedeutet, dass die
Menschen dann wissen, wie sie sich selbst helfen und
organisieren können.
Erfolgreich sind wir dann, wenn Mädchen und Frauen
ihre Bedürfnisse in Bezug auf ihre Gesundheit äussern
können und wenn sie wissen, dass ihre Stimme gehört
wird.
Der Ansatz, die lokalen Gemeinschaften so stark in
das Projekt einzubinden, ist für viele hier neu. Andere
Projekte haben bislang nach einem «Top-Down-Ansatz»
funktioniert – ohne nachhaltigen Erfolg. Zudem haben
die Menschen eine gewisse Erwartungshaltung an NGOs
entwickelt, so erhielten sie früher oft gewisse Produkte
wie Moskitonetze oder Seife. Das gibt es bei uns nicht,
denn wir sagen, dass Gesundheit eben umfassender
ist. Mit den lokalen Diskussionsforen und den mobilen
Kliniken gelingt es uns nun mehr und mehr, den Dialog
zu finden. Die Menschen merken, dass es uns ernst ist
und Gesundheitsdienstleistungen werden zur Verfügung
gestellt. Die Mitarbeitenden (von OWDA) sind ja auch Teil
der Community und leben vor Ort. Wir merken, wie wichtig
es ist, präsent zu sein, zuzuhören und Vertrauen aufzubauen.
Der Kontakt zu den Community Leaders ist dabei
zentral.
Viele Dinge funktionieren noch nicht. Gerade die Gesundheitszentren
sind sehr schlecht ausgestattet. Wir
können nicht erwarten, dass Frauen in ein Zentrum gehen
für die Geburt, wenn sie dort eine schlechte Erfahrung
machen.
Was war bisher dein Highlight?
Bei der Reise in die Doolo-Zone im Februar mit Valentina
Maggiulli (Geschäftsleiterin WHI) haben eines Abends einige
Community Leaders, alles ältere Männer, das Gespräch
mit uns gesucht. Die Initiative kam von ihnen. Sie haben
ihren Einsatzwillen bekräftigt und gesagt, dass sie für ihre
Kinder und Frauen eine bessere Zukunft haben wollen. Das
hat mir bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Interview durch
Susanne Rudolf geführt
Das Coronavirus im Globalen Süden
Das Coronavirus ist in den vergangenen Wochen und Monaten in unseren Projektländern
angekommen und hat auch dort zu gravierenden Umstellungen im Leben
der Menschen geführt. Auch Women’s Hope International handelt in diversen Projektregionen
und unterstützt Sofortmassnahmen zum Schutz der Bevölkerung.
Die Angst vor dem unkontrollierbaren Ausbruch von COVID-
19 im Globalen Süden ist nach wie vor gross. Wie bei uns
in der Schweiz wurden auch in unseren Projektländern
grosse staatliche Institutionen wie Schulen und Universitäten
bis auf Weiteres geschlossen und Versammlungen
verboten. Da Coronatests bei Weitem nicht so grossflächig
durchgeführt werden wie hierzulande, bleibt die tatsächliche
Anzahl von Infizierten ungewiss. Da die dortigen Wohnund
Lebensverhältnisse Social Distancing erschweren und
die fragilen Gesundheitssysteme schnell überlastet sein
werden, ist eine effiziente Präventionsarbeit von höch ster
Priorität.
Women’s Hope reagiert
Women’s Hope beteiligt sich deshalb an der Sensibilisierungs-
und Präventionsarbeit im Bereich von COVID-19.
Im Tschad beispielsweise wurde gemeinsam mit unserer
lokalen Part nerorganisation BASE eine Kampagne aufgezogen,
welche die Bevölkerung für die Thematik sensibilisiert
und bei der Einhaltung der Hygienemassnahmen
unterstützt. Für diese Kampagne wurden unter anderem
grossformatige Plakate gedruckt, Broschüren verteilt und
Werbespots bei Radiosendern platziert. Die Mitarbeitenden
des bestehenden Projektes werden jetzt auch für die Aufklärungsarbeit
eingesetzt.
In Äthiopien unterstützen wir das Pflegepersonal des
St. Luke Hospitals in Wollisso konkret mit der Bereitstellung
von Schutzmaterial und Medikamenten. So wird die
Sicherheit und Kapazität des Gesundheitspersonals erhöht.
Die Weiterführung von wichtigen Gesundheitsdiensten wie
der Geburtenabteilung ist dadurch sichergestellt. Dies ist
umso wichtiger, da der Zugang zu sexuellen und reproduktiven
Gesundheitsleistungen für Frauen und Mädchen
durch die Pandemie vielfach erschwert wird. Es ist zu befürchten,
dass Geburtskomplikationen zunehmen werden.
Die Weiterführung unserer Programme ist für uns und unsere
Partnerorganisationen deshalb enorm wichtig, denn
Frauen brauchen – trotz COVID-19 – weiterhin Zugang zu
einer guten Gesundheitsversorgung.
Handwaschanlage als Präventionsmassnahme im Tschad.
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Impressum Herausgeber: Women’s Hope International (WHI) Redaktion: Susanne Rudolf, Valentina Maggiulli,
Claudia Leimgruber Gestaltung: www.annatinablaser.ch Bildbearbeitung: www.uelichristoffel.com
Druck: www.jordibelp.ch Auflage: 1 500