WERTVOLL 2019/2020
Jahrbuch DEUTSCHE WOHNWERTE WERTVOLL 2019/2020
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SERGIO CANTON
IM GESPRÄCH
113
City-Life
im Grünen
WERTVOLL: Frankfurt: Weltstadt, Finanzplatz,
Messezentrum, Wertpapierbörse,
internationales Luftfahrtdrehkreuz, Buchmesse,
Deutscher Fußballbund – und was
ist der „Riedberg“?
S. Canton: Der Riedberg ist ein Geheimtipp!
Aber bestimmt nicht mehr lange: Bis in die
1990er-Jahre war der Riedberg einfach nur
ein landschaftlich geprägter Außenbezirk von
Frankfurt, dann eine klassische „Vorstadtsiedlung“
– aber heute ist der Riedberg eine attraktive
und sehr beliebte „Kleinstadt innerhalb
der Großstadt“. Was auf den ersten Blick aussieht
wie eine „zufällige“ Entwicklung, war ein
von Anfang an durchdachtes städtebauliches
Konzept. Die Idee: Eine Durchmischung von universitären
Funktionen und unterschiedlichsten
Wohnkonzepten. Heute leben 15.000 Bewohner
am Riedberg – und genauso viele Besucher
gehen täglich in der Universität ein und aus.
Möglich wird das durch viele vernetzte Maßnahmen
in Infrastruktur und Landschaftsplanung.
Den entscheidenden Durchbruch im Bewusstsein
der „Frankfurter“ hat der Riedberg 2010
mit der Anbindung an das U-Bahn-Netz erfahren.
Anders als andere Gemeinden am Taunusrand
oder die Frankfurter Kernstadt präsentiert
sich der Riedberg als familienfreundliches,
durchgrüntes und sozial durchmischtes Innovationsquartier.
Die zahlreichen Kindertagesstätten
und Schulen am Riedberg machen das
Quartier gerade für junge Familien sehr attraktiv.
Die Bewohner genießen das Spannungsfeld
zwischen „City-Life“ und „Wohnen-im-Grünen“.
WERTVOLL: Die Zukunft ist grün. Und die
Konzeption der Berghöfe als parkähnliches,
autofreies Quartier setzt ein sichtbares Zeichen.
Aber nicht nur in dieser Hinsicht ist das
Projekt zukunftsweisend ...
S. Canton: Wenn wir über das Bauen in der
Zukunft sprechen, dann geht es nicht mehr nur
um „Gebäude“. Es wird immer wichtiger, was
sich im Umfeld abspielt und wie der Freiraum
gestaltet ist. Gemeinsam mit den Landschaftsplanern
von TOPOTEK 1 aus Berlin und den
Stadtplanern von KCAP aus Zürich konnten wir
die Investoren für ein innovatives Raumkonzept
begeistern: Acht viergeschossige Wohnblöcke,
unterschiedlich in ihrer Erscheinung und Größe,
bilden ein Ensemble, das sich durch eine private
Innenwelt, „den Berghof“, aber auch durch die
markante Hanglage auszeichnet. Es entsteht
erstmals am Riedberg ein autofreies Wohnquartier
mit einem faszinierenden Außenraum: Ein
dörfliches Ambiente mit städtischer Verdichtung
– eine Art urbaner Grünraum. Alle Höfe sind
durch eine gemeinsame Tiefgarage verbunden
und tragen damit den Anforderungen an hohe
Mobilität Rechnung – ohne dass sie in Erscheinung
tritt.
WERTVOLL: Die Klinkerfassaden der Berghöfe
zitieren die nahe gelegene Goethe-Universität.
Goethe meinte: „Ein neues Haus, ein
neuer Mensch“. Ist das „Stadt-Land-Leben“
ein neues urbanes Lebensgefühl?
S. Canton: Absolut. Die junge Stadtbevölkerung
will unter keinen Umständen auf die Reize einer
Metropole verzichten. Aber mindestens genauso
wichtig sind die Nähe zur Natur und selbstverständlich
eine bunt gemischte, sozial ausbalancierte
Nachbarschaft.
Eine faszinierende Herausforderung für uns als
Architekten. In unserem Büro haben wir eine Architektursprache
gefunden, die auf traditioneller
Baukultur beruht, sich aber transformieren und
weiterentwickeln lässt. Dabei geht es niemals um
kurzfristige Modeströmungen, sondern immer
um eine nutzungsgerechte Planung mit hohem
Anspruch an Qualität und Kreativität – und mit
einem nachhaltigen Respekt vor natürlichen
Ressourcen.
WERTVOLL: Herr Canton, vielen Dank für das
Gespräch.