Schwarzweisse Heiratswünsche im Juristen-Dschungel - Golf Dornseif
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Rechtsordnung nach zweierlei Mass<br />
Die Rechtsverhältnisse der Bevölkerung in den deutschen Kolonien und Schutzgebieten wurden<br />
seinerzeit durch das Schutzgebiet-Gesetz nach rassischen Merkmalen geordnet, und man teilte ein in<br />
"Eingeborene" sowie "Nicht-Eingeborene" (mit getrennter Rechtspraxis). Ein Eingeborener war – nach<br />
deutscher Auffassung – eine Person, die nicht zu den Weissen oder Angehörigen europäischzivilisierter<br />
Staaten zählte oder die nicht aus politischen Gründen ... mit solchen Personen gleich<br />
behandelt werden musste <strong>im</strong> Fall einer besonderen gesetzlichen Regelung ...<br />
Diese verschachtelte Ausdrucksweise hatte ohne Zweifel massive aussenpolitische Gründe: Auf<br />
Wunsch Kaiser Wilhelms II. durften zum Beispiel Japaner laut Anordnung vom 9.November 1900 nicht<br />
als Eingeborene behandelt werden, ebensowenig die (indischen) Parsen der Zoroaster-Religion und<br />
christliche (indische) Bewohner Goas sowie Syrer. In der Schutzgebiet-Region Deutsch-Samoa waren<br />
die Chinesen ebenfalls "Weisse ehrenhalber". Anordnungen oder Best<strong>im</strong>mungen darüber, wer als<br />
Mischling zu gelten hat, existierten jedoch nicht.<br />
Erstaunlicherweise regten ausgerechnet viele Missionare in den Pionierjahren der deutschen Schutzherrschaft<br />
über Südwestafrika an, Rassenmischehen "zur Verbreitung des Christentums, zur<br />
Förderung des Deutschtums und zur Hebung tiefer stehender Volksstämme" ... durch allerlei<br />
Massnahmen zu erleichtern.<br />
Hans Tecklenburg, stellvertretender Gouverneur von DSWA, verschickte am 23. September 1905 eine<br />
Weisung an sämtliche Standesämter innerhalb des Schutzgebietes, dass ab sofort keine<br />
standesamtlichen Trauungen mehr zwischen Weissen und Nicht-Weissen vorgenommen werden<br />
sollten bis zur Entscheidung in Berlin "wegen erheblicher Zweifel an der Zulässigkeit solcher<br />
Trauungen ... und weil neben den rechtlichen, politischen und sozialen Folgen ... solche<br />
Eheschliessungen als durchaus unerwünscht erachtet werden".<br />
Am 17. März 1906 entschloss sich Gouverneur Gustav Adolf Graf von Götzen (1901 bis 1906) in<br />
Deutsch-Ostafrika zu einer gleichartigen Massnahme.<br />
Zara Schmelen selig (1793 - 1831)<br />
In der historischen Aufarbeitung von Eheschliessungen zwischen Weissen und Schwarzen auf<br />
afrikanischem Boden ist kaum bekannt, dass sich nicht nur Buren aus der Kap-Region zu kirchlichen<br />
Trauungen mit eingeborenen Mädchen entschlossen sondern auch europäische protestantische<br />
Missionare (fast <strong>im</strong>mer gegen den Willen ihrer Vorgesetzten). Die Motive beider sozialer Schichten<br />
waren unterschiedlich:<br />
Die sogenannten Treckburen (Wanderherdenbesitzer) des 17. und 18. Jahrhunderts hatten selten<br />
Gelegenheit, ein weisses Burenmädchen kennen zu lernen und fanden die kirchlich fundierte<br />
Verbindung mit fleissigen Hottentottinen sowohl wirtschaftlich als auch sexuell reizvoll, obwohl viele<br />
Glaubensbrüder darüber die Nasen rümpften. In der Abgeschiedenheit jener Epoche spielte<br />
gesellschaftliche Anerkennung keine wesentliche Rolle während des Existenzkampfs.