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Übung macht den Meister – Kreatives Schreiben
„Der Roman ist kein Spiegel, sondern eine Linse.“ (Umberto Eco, nach: Gesing, Fritz: Kreativ
Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite 122)
1 Einleitung
Wenn man sich durch die Ratgeber zum Kreativen Schreiben wühlt, fällt schnell auf, dass praktisch
alle im Konjunktiv schreiben, der Möglichkeitsform. Es könnte, sollte, müsste. Es hängt von der
Lesenden Person ab, die schreibend mit den Ratschlägen und Praxishinweisen umgehen wird. Um
die konkreten Tipps, die sich meist um den Handlungsaufbau und die Entwicklung der Figuren,
manchmal auch um das Schreiben an sich drehen, werden viele Worte gesponnen. Worte, bei denen
es allzu klar ist, dass sie nicht mehr sind als Füllmaterial und darum schon zu viel.
Zitat Mark Twain.
Offensichtlich steht also der schreibende Mensch mit seinem Handeln im Vordergrund und
offensichtlich kann man nicht einschätzen, welche Wirkung die eigenen Tipps hinterlassen werden.
Wahr und Wahrheit sind, was für den Leser passend ist, was ihm in seiner Schreibpraxis hilft.
Eigentlich gibt es nur eine große, objektive Schreibweisheit: Form und Inhalt gemeinsam erzeugen
die Wirkung und ist nur eines von beiden nicht gelungen, kann das andere die Gesamtwirkung nicht
retten. Daraus leiten sich Regeln wie die Drei-Akt-Struktur, die Notwendigkeit eines Konflikts und
die Notwendigkeit der Entwicklung der Figuren ab – aber für alles gibt es auch Beispiele, dass dies
nicht so sein muss.
In der Schreibratgeberliteratur wird immer der Vergleich zu einem Werkzeugkasten betont. Der
Elektriker braucht seinen Stromprüfer, der Installateur seinen Schraubenschlüssel und der Autor
eben sein Handwerkszeug.
„Durch die Vieldeutigkeit der kompositorischen und sprachlichen Bezüge und durch die kaum
auflösbare Verdichtung einzelner Passagen und Szenen entstehen immer neue Lesarten desselben
Textes, die sich nie ganz verbrauchen. Aber spätestens an diesem Punkt wird Handwerk zur Kunst
und Kunst zum Geheimnis.“ 1
Jeder, der schreiben will, stößt unweigerlich auf die Frage, ob zum Schreiben auch Talent nötig ist?
Hollmann und Johanus schreiben in ihrem Buch „Romane schreiben und veröffentlichen für
dummies“ 2 , dass Talent nicht zwingend notwendig sei, sondern jeder mit Know-How, Motivation
und Übung in der Lage sei, einen Roman zu verfassen. Dieser Auffassung wird sich hier
angeschlossen.
Schreiben und Kreativität…
Kreativität braucht auch Regeln. Jeder weiß, Regeln sind in der Regel einengend, sie verbieten und
stehen im Weg. Kreativität dagegen braucht Raum, in dem sie sich entfalten kann. Jede Begrenzung
wird als Einengung verstanden. Kreativität und Regeln stehen sich demnach unvereinbar gegenüber.
Tatsächlich jedoch benötigt Kreativität Regeln, weil sie ohne diese uferlos wäre, es würden die
Kontexte fehlen und alles geschriebene auseinanderstreben.
1 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
184.
2 Hollmann, Axel / Johanus, Marcus: Romane schreiben und veröffentlichen für dummies, Wiley Verlag, Weinheim
2019.
Regeln sind das, was einen Text zusammenhält und ihm Fassung verleiht. Kreativität ist das, was
den Text interessant und die Fassung aufregend macht. Das große Können zeigt sich, wenn ein
Autor innerhalb der Regeln etwas interessantes, aufregendes, neuartiges schafft. Dadurch zeichnet
sich nämlich Kreativität wirklich aus: sie kennt die Regeln und schafft dennoch etwas Neues.
Roy Peter Clark geht sogar so weit, Schreiben als eine zweckdienliche Fähigkeit aufzufassen, die
als solche wie ein Handwerk erlernt werden kann. Entsprechend beschreibt er sein Buch „Die 50
Werkzeuge für gutes Schreiben“ als einen Werkzeugkasten.
Im Online-Lexikon Wikipedia werden vier Konzepte des kreativen Schreibens unterschieden.
Zuerst kreatives Schreiben als Spiel mit Sprache, als zweites dann zu therapeutischen und
autobiografischen Zwecken, drittens als Didaktik in der Schule und viertens als Pragmatik des
Schreibens in verschiedenen Bereichen. Dieser Leitfaden wendet sich nicht an die ersten drei
Punkte. Die Sprachspiele dienen nur dazu, überhaupt einen Schreibfluss zu gewinnen und die
beiden folgenden Konzepte tragen ihre Adressaten schon im Begriff. Erst das vierte Konzept
umfasst Kreatives Schreiben als Anleitung zum Schreiben von fiktionalen oder auch pragmatischen
Texten, die eine potentielle Leserschaft in den Blick nehmen.
Dennoch kann der Leitfaden allen helfen, die kreativ schreiben wollen, unabhängig davon, welches
der vier Konzepte sie verfolgen. Insbesondere Kapitel (?) kann gut und gerne gewinnbringend
genutzt werden, denn dort werden Schreibtechniken und Methoden für die verschiedenen
Prozessstufen des Schreibens vorgestellt. Überhaupt ist das (?) Kapitel das Herzstück dieses Textes
und alle anderen Kapitel zielen darauf ab, es vorzubereiten.
Wer Kreatives Schreiben erlernen will, braucht, wie in allen Kunstformen, nicht nur eine Mischung
aus Talent und Handwerk. Man braucht auch Durchhaltevermögen und die Kraft nach
Rückschlägen (und es werden einige kommen) neuen Mut zu fassen. Entsprechend zitiert Gesing
James Baldwin: „Jenseits des Talents liegen all die gewöhnlichen Worte: Disziplin, Hingabe, Glück
und, vor allem Geduld.“ 3 Es entsteht also ein Dreieck aus Handwerk, harter Arbeit und Talent und
wer nur eine der Enden vernachlässigt, wird kein Autor werden. ((?) Grafik des Dreiecks einfügen)
Der Vorletzte und arbeitsintensivste Schritt beim Verfassen eines schriftlichen Werkes ist das
Überarbeiten. Meist fehlt dem Autor, wenn er die erste Fassung fertiggestellt hat, die notwendige
Distanz zu seinem Werk, so dass diese Distanz mit verschiedenen Strategien aufgebaut werden oder
ein (oder mehrere) Erstleser gefunden werden muss. „Erstleser sollten sprachliche Fehler finden
und Unklarheiten, Widersprüche, sprachliche Ungeschicklichkeiten und Redundanzen aufzuspüren
helfen.“ 4
Für Gesing ist wichtig, dass der Schreibende „lernt, seinen Text mit den Augen eines künftigen
Lesers zu betrachten.“ 5 Dazu gehört auch, dass der Autor erkennt, ob er wirklich mit seinem Text
aussagt, was er ausdrücken wollte. 6 Bei ungeübten und schlechten Autoren gibt es an dieser Stelle
meist ein Missverhältnis. Somit gehört zum Handwerk, dass der Autor weiß, welche Zielgruppe er
erreichen will und es außerdem reflektieren kann, ob ihm dies mit seinem Text gelingt.
3 Zit. nach: Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln
1994, Seite 13.
4 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
220.
5 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite 8,
aber auch vgl. S. 57.
6 Vgl. Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994,
Seite 11.
Warum überhaupt Schreiben, wird sich mancher fragen. Für die, die gerne Autor, also
Berufsschriftsteller werden wollen, stellt sich die Frage nicht, aber alle anderen werden sicher
fragen, was ihnen ein Leitfaden zum kreativen Schreiben bieten kann. In einem Schulbuch für
Kreatives Schreiben 7 wird die treffendste und einleuchtendste Begründung geliefert: „In der
Informationsgesellschaft, in der wir leben, ist Schreiben in vielen Berufen wichtiger denn je.“
Schreiben ist eine wichtige Voraussetzung der gesellschaftlichen Teilhabe. Das allein sollte doch
Ansporn genug sein.
Die Beschäftigung mit kreativem Schreiben verbessert neben dem Wortschatz auch die
Kommunikationskompetenz und diese ist in der heutigen Zeit eine wichtige berufliche Eigenschaft.
Insofern haben Schreibworkshops weit mehr positive Effekte als die dabei entstehenden Texte.
Zumal der bewusste Umgang mit Sprache außerdem dazu führt, dass man einen anderen, meist
besseren Einblick in diese Welt und auch in sich selbst gewinnt.
Das Kreative Schreiben wird auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Dann zielt es darauf ab,
schreibend eigenen Problemen, vielleicht sogar Störungen auf die Spur zu kommen. Diesem Aspekt
des Kreativen Schreibens wird hier nicht nachgegangen, wobei sich einige der Schreibtechniken aus
Kapitel xy dafür nutzen lassen.
Für eine bessere Übersichtlichkeit wurden die einzelnen Schreibtechniken den Phasen des
Schreibprozesses zugeordnet. Somit kann man als Schreibender oder als Workshopleiter
zielgerichteter nach einer passenden Methode suchen. Diese Einordnung ist nicht immer zwingend
und hätte manches Mal auch anders getroffen werden können.
Warum überhaupt Schreiben mit Hilfe von Hilfsliteratur lernen? Clark gibt dazu die treffende
Antwort: „je größer ihr kritisches Vokabular, umso besser werden Sie als Autor“ 8 Die Kenntnis von
Werkzeugen und Regeln hilft das eigene Schreiben zu verbessern, selbst wenn man sie nicht alle
anwendet.
Kleiner Überblick über bestehende Literatur
„Lehrbuch des kreativen Schreibens“ klingt nach einem passenden Einstieg in das Thema.
Geschrieben wurde der mehr als 500 Seiten dicke Wälzer von Lutz von Werder und leider hält das
Buch nicht, was sein Titel verspricht. Natürlich wird das Thema umfassend angegangen, aber
eigentlich ist das Buch eher ausufernd, zumal einige Passagen ziemlich lieblos zusammengestellt
sind. Zudem haben manche Abschnitte nur am Rand mit Kreativem Schreiben zu tun. Insgesamt
entsteht der Eindruck von viel Masse statt Klasse. Der eigentliche Schreibgegenstand, das Kreative
Schreiben, gerät häufiger aus dem Blick. Wer sich mal in wissenschaftlichen Texten über viele
Fußnoten geärgert hat und darüber, dass diese den Textfluss unterbrechen, der muss diesen Text
lesen, in dem alle Literaturhinweise in Klammern im Fließtext stehen.
Anders sieht es bei dem Buch „Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens“ von
Fritz Gesing aus. Es ist mit seinen 250 Seiten deutlich weniger umfangreich als das Buch von Lutz
von Werder, dafür jedoch meist genau auf den Punkt geschrieben. Zudem ist das Buch von Gesing
gut strukturiert, angenehm sachlich und letztlich eine sehr gute Quelle zum Thema Kreatives
Schreiben.
7 Erlach, Dietrich / Brenner, Gerd: Kurzprosa: Kreatives Schreiben und Textverstehen. Kursthemen Deutsch,
Cornelsen Verlag, Berlin 2000.
8 Clark, Roy Peter: Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben. Handbuch für Autoren, Journalisten & Texter,
Autorenhaus Verlag, Berlin 2009, Seite 16.
Das Reclam-Heft „Kreatives Schreiben. 111 Übungen“ von Mario Leis leistet genau das, was der
Titel verspricht. Neben einer sehr knappen Einleitung gibt es nur noch Literaturhinweise und einen
Verweis auf Wettbewerbe und ansonsten ausschließlich die 111 Übungen für Kreatives Schreiben.
Es richtet sich in erster Linie an Lehrerinnen und Lehrer, die das Heftchen im Unterricht einsetzen
wollen. Auf diese Weise kann man sich die einzelnen Übungen leicht rauspicken, wenn man als
Lehrer kreative Schreibübungen machen will. Wenn man aber mehr über das Kreative Schreiben
wissen oder vermitteln will, zum Beispiel, wie man sinnvollerweise vorgeht oder wie man sich
gegenseitig beim Schreiben unterstützen kann, dann ist man mit diesem Buch nicht gut bedient.
Zuletzt gilt: ganz sicher ist Schreiben Arbeit – auch wenn sie Spaß macht!
2 Wesentliche Grundlagen des Erzählens
Aus den Grundlagen des Erzählens, die hier nur sehr knapp dargestellt werden sollen, da es deutlich
umfangreichere, sorgfältigere, kurz bessere Werke dazu gibt, lassen sich leicht Kriterien ableiten,
die dann bei Anwendung der Schreibtechniken zu gezielteren und somit besseren Ergebnissen
führen.
Es gibt zwei grundlegende Wege, um einen längeren Text zu verfassen. Weitaus häufiger wird das
planende Schreiben angewendet. Hierbei überlegt sich der Autor im Vorhinein wichtige Teile der
Geschichte und fängt erst dann mit dem eigentlichen (Nieder-)Schreiben an. Diese
Herangehensweise wird auch als „plotten“ bezeichnet, weil man hier zuerst den Plot der Geschichte
entwirft.
Der zweite Weg ist das entdeckende Schreiben. Hierbei gibt sich der Autor ein Thema, eine Figur,
eine Ausgangssituation und lässt sich den Roman entwickeln. Er folgt seinen Figuren und seiner
Handlung, wie es später auch die Leser tun.
In der Schreibpraxis vermischen sich diese beiden Ansätze immer wieder.
Anders als im echten, wahren, realen Leben hat in einer Erzählung alles einen Nutzen.
1 Erzählen als Zusammenspiel von Form und Inhalt
Beim Erzählen geht es immer um die Frage, was erzähle ich und wie erzähle ich es. Bei dem Was
handelt es sich um den Inhalt und bei dem Wie um die Form.
Die inhaltliche Ebene spaltet sich auf in zumindest drei Aspekte: den dramatischen Aspekt, den
thematischen und den emotionalen. Idealerweise spricht man alle drei Aspekte als Autor an.
Jedes erzählende Werk baut auf einer Prämisse auf, sozusagen die grundlegende Idee, die schon in
einen Konflikt mit Figuren übersetzt wurde. (Bild einfügen von S. 135). Hollmann und Johanus
empfehlen, jede Szene daraufhin zu prüfen, welchen dramatischen, thematischen und emotionalen
Beitrag sie zur Prämisse leistet.
Das Zusammenspiel von Form und Inhalt ist bei jeder künstlerischen Ausdrucksweise zentral für
die Wirkung des künstlerischen Werks. Auf die Literatur bezogen heißt die, dass der Inhalt (die
Geschichte) und die Form (Sprache, Stil, Klang) eine Einheit bilden müssen. Die Wahrheit dieser
Aussage wird deutlich, wenn man an Genre-Erzählungen denkt oder auch an die sprachlichen
Unterschiede zwischen Groschenroman, Thriller und hoher Literatur. Alle ‚klingen‘ anders und alle
klingen, sofern sie gelungen sind, ihrem Anspruch entsprechend.
2 Den Leser mitdenken
Wer nicht für sich selber schreibt, der schreibt für jemand anderen: den Leser. Darum sollte man
immer seinen potentiellen Leser mitdenken. Hierbei helfen Genres, denn ein Leser von
Liebesromanen hat andere Erwartungen als eine Leserin von Thrillern. Diese Liste ließe sich leicht
fortsetzen.
3 Die Struktur einer Erzählung
Jeder erzählende Text (also auch z.B. Filme oder Videospiele) hat eine Struktur. Die Drei-Akte-
Struktur ist die bekannteste dieser Strukturen, wahrscheinlich wegen ihrer Einfachheit. Daneben
gibt es auch noch eine Fünf-Akte-Struktur, die die Drei-Akte-Struktur verfeinert, das 7-Punkte-
System oder auch die Heldenreise.
Die Drei-Akte-Struktur
Die Drei-Akte-Struktur ist sehr einfach: es gibt (1) einen Anfang, (2) einen Mittelteil und (3) ein
Ende. Zu Beginn, Exposition genannt, muss der Leser die fiktionale Welt und ihre wichtigsten
Bewohner kennenlernen: Figuren, Orte, Themen. Bald darauf und immer noch als Teil der
Exposition sollte auch der Gegenspieler, Antagonist genannt, seinen Auftritt haben.
Zwischen den einzelnen Akten stehen die Wendepunkte (manchmal auch Plotpunkte genannt). Hier
kommt es, wie der Name sagt, zu einer Wendung z.B. durch eine Enthüllen, eine unerwartete Tat,
ein gemeiner Hinterhalt. In jedem Fall geht die Handlung in eine unerwartete Richtung weiter. Jeder
erzählende Text sollte zumindest drei Wendepunkte haben. Am Ende der Exposition, was meist
zugleich auch das Ende des ersten Akts ist, zum Höhepunkt des zweiten Akts und am Ende des
zweiten Akts, was dann den dritten Akt einleitet bzw. das Finale.
Im zweiten Akt wird der im ersten Akt entwickelte Konflikt auf die Spitze getrieben. Protagonist
und Antagonist ringen darum, ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Dieser Akt ist länger als der erste
und dritte Akt zusammengenommen. Sinnvollerweise wird es im zweiten Akt für den Helden der
Geschichte immer schwieriger, sein Ziel zu erreichen, bis es nahezu aussichtslos erscheint.
Szene
Eine Szene beginnt meist an einem neuen Ort, manchmal auch mit dem auf- oder abtreten einer
Figur, immer jedoch mit einem Einschnitt in die Handlung.
Idealerweise ist eine Szene ein Film, Roman oder Drama im Miniaturformat mit einem Anfang, in
dem sich ein Konflikt etabliert, einem Mittelteil, in dem der Konflikt entwickelt wird und einem
Ende, in dem der Konflikt auf die Spitze getrieben und dann aufgelöst wird.
Kapitel / Sequenz
Rückblenden und Vorausdeutungen
Rückblenden und Vorausdeutungen halten die Handlung auf. Sie sollten darum nur sehr gut
begründet eingesetzt werden.
Prologe und Epiloge
Prologe und Epiloge wirken oft wie Metainformationen und zerschneiden dadurch das Band
zwischen Erzähler und Leser / Zuschauer.
Die Heldenreise
Die „Heldenreise“ bezeichnet einen bestimmten Aufbau einer Erzählung, der sich in seiner Struktur
am Protagonisten orientiert. Sie ist eine feste Struktur, ein festes Muster, um eine Erzählung zu
strukturieren.
• Der Held verlässt seine Alltagswelt
• mythischer Wald
• erstrebenswertes Zielgruppe
• Fabelwesen
• Sieg über den Schurken
• Rückkehr
4 Figuren und Handlung, Handlung und Figuren
Beim Schreiben kommt immer wieder die Frage auf, was die Erzählung nun präge, sind es die
Figuren, die darin handeln oder ist es die Handlung, die die Figuren herausfordert? Henry James
schreibt, dass beides Teil derselben Einheit sei: „Aus dem Charakter folgt zwangsläufig das
Ereignis. Das Ereignis kennzeichnet den Charakter.“ 9 In der modernen Erzähltheorie unterscheidet
man hierbei zwischen einer Erzählung, die „character driven“ ist, bei der also die Figuren den
Ausgangspunkt der Arbeit darstellen und „plot driven“, bei der die Handlung im Mittelpunkt der
Arbeit steht.
Manche Autoren entwerfen die Handlung als eine Szenenabfolge und entwerfen gleichermaßen
Figuren, die sich darin verhalten. Gesing stellt richtigerweise dar, dass eine Reihe von Ereignissen
zwar eine Handlung ergeben, aber noch keine Geschichte. Eine Geschichte entsteht, wenn
„Handlungselemente (…) durch Ursache und Wirkung bzw. durch Grund und Folge aufeinander
bezogen“ 10 sind. Eine Geschichte Forderung, dass man kein Teil einer Geschichte ändern darf, ohne
dass dadurch zugleich die gesamte Geschichte geändert wird.
Andere Autoren erfinden Figuren, die sich verhalten und daraus ergibt sich dann die Handlung.
Beide Herangehensweisen sind demnach legitim.
Im Genre des Krimis (und ähnlichen Erzählungen) ist die Ermittlerfigur zentral. Sie muss das
Puzzle, welches der Fall ist, wieder zusammensetzen. Dafür stellt sie die richtigen Fragen und hält
auf diese Weise die Geschichte im Gang. Die Ermittlung ist hierbei immer Ergebnis der Fragen der
Ermittlerfigur und nicht die Folge verschiedener Zufälle. Idealerweise ist die Ermittlerfigur die
personifizierte Neugierde des Lesenden.
9 Zit. nach: Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln
1994, Seite 63.
10 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
94.
Die Hauptfiguren durchlaufen eine Figurenentwicklung. Sie lernen neue Fähigkeiten oder auch
Charakterseiten an sich kennen. Sie überwinden alte Ängste oder Traumata, Hauptsache sie sind am
Ende reifere (bessere) Menschen als zu Beginn.
5 Erzählperspektive
Jede Geschichte wird aus der Perspektive einer fiktiven Person erzählt, diese heißt Erzähler und ist
meist unsichtbar. Die Perspektive des Erzählers wird dann auch Erzählperspektive genannt und
beschreibt die Perspektive, aus der das Werk erzählt wird. (Bild S. 161).
Im Weiteren unterscheidet man zwischen dem allwissenden Erzähler und einem limitierten
Erzähler.
Der allwissende Erzähler unterliegt keinen Beschränkungen, er weiß alles über die Geschichte und
die Figuren, ihre Gedanken, Gefühle und Pläne. Man spricht darum auch von einer gottgleichen
Perspektive.
Der limitierte Erzähler schildert die Erzählung aus der Perspektive einer (oder mehrerer) Figur(en)
des Romans. Hierbei kann nur erzählt werden, was die jeweilige Figur erlebt und weiß.
Entsprechend besteht die Beschränkung dieser Erzählweise darin, dass man nicht erfährt, was in
den Köpfen der anderen Figuren vor sich geht oder wie sich die Handlung entwickeln wird.
Zusätzlich wird der limitierte Erzähler unterschieden in dritte Person (Er-Erzählung) und erste
Person (Ich-Erzähler). Beim erzählen in der dritten Person geht es darum, einer Figur durch die
Handlung zu folgen und sie mir ihr zu erleben. Darum weiß man als Leser auch nichts, was die
Figur nicht weiß.
Mit dem Erzähler in der ersten Person, dem Ich-Erzähler, identifiziert sich der Leser besonders
leicht. Meist handelt es sich um den Protagonisten, aus dessen Innensicht erzählt wird. Es handelt
sich um eine subjektive Perspektive, nämlich auch dem Blickwinkel des Erzählers. Herbei taucht
man auch in seine Gedanken- und Gefühlswelt ein – was eben zur Identifikation führt.
6 Konflikt
Ein Konflikt entsteht, wenn zwei widerstrebende Kräfte oder Wünsche aufeinander treffen. Je
widerstrebend, desto wirksamer. Sie entwickeln ihre Dynamik aus ihrer polaren Anordnung und
daraus, dass die beiden Kräfte, Wünsche etc. nicht nebeneinander bestehen können. Darum muss
der Konflikt für die beteiligten Figuren auch wichtig sein, denn nur dann wird die
Auseinandersetzung als wichtig empfunden und die Lösung führt zu einem Wendepunkt. Meist wird
der Konflikt zwischen Hauptfigur (Protagonist) und Bösewicht (Antagonist) ausgetragen.
Es gibt äußerliche und innerliche Konflikte, wobei natürlich beide Formen jeweils vorkommen,
aber meist steht eine Form im Vordergrund. In dramatischen Werken sind die Konflikte meist
äußerlich, also mit anderen Figuren, der Gesellschaft oder historischen Umständen. In literarischen
Werken kann der Konflikt genauso gut innerlich sein, d.h. moralische, psychische oder seelische
Konflikte, da man einen besseren Einblick in die Figuren erhält. Dies hat natürlich etwas mit den
Gattungen zu tun, da sich die Literatur einfach deutlich besser anbietet, wenn man in Figuren
hineinschauen will und anders herum, die Dramatik von mitreißender Handlung lebt.
Wichtig für einen guten Konflikt ist, dass die widerstreitenden Kräfte in etwa gleich stark sind und
der Konflikt auch – im Rahmen der Erzählung – glaubwürdig ist. Wichtig ist auch, dass die am
Konflikt beteiligten Figuren diesem nicht ausweichen können.
7 Das Setting
Das Setting wird für die Lesbarkeit eines Romans häufig unterschätzt. Es beschreibt die
grundlegenden Regeln, die in diesem Universum gültig sind. Bei Fantasy- oder Science-Fiction-
Romanen ist dies offensichtlich. Aber auch Thriller haben ein Setting, auch wenn sie (vermeintlich)
in unserer Welt spielen.
Zentral für dieses Setting ist, dass es konsistent bleibt. Der Leser akzeptiert, dass es in diesem
Universum Magie gibt oder Untote oder eine andere Unwahrscheinlichkeit. Das wäre eine Regel
des Settings. Diese Regel sollte anschließend durch das gesamte Werk gelten. Wenn der Zuschauer
nicht das sichere Gefühl hat, die Regeln des fiktionalen Universums zu kennen, wird er sich darin
verloren fühlen. Ausgenommen sind hierbei jene Romane, die genau damit spielen, dass der Leser
sich verloren fühlt, weil er diese Regeln nicht kennt. Aber auch in diesen Fällen wird der Leser die
Regeln irgendwann vermittelt bekommen, nur eben später.
8 Show don‘t tell
„Für die Darstellung von Charakteren lässt sich folgern, dass wir sie möglichst konkret schildern
und zeigen und das Weitere dem Leser überlassen sollten. Er wird seinen Reim aus das vorgegebene
Wort schon finden. Daher ist es auch so wichtig, nicht nur zu behaupten (= beschreiben, beurteilen),
sondern zu zeigen (= visualisieren, szenisch darstellen) oder, noch besser, zu evozieren und
suggerieren (= ausphantasieren und deuten lassen)“ 11 Die Amerikaner haben für diese Art des
Erzählens das Diktum „Show, don‘t tell“ aufgestellt, an das man sich immer halten sollte, bei
dramatischen Werken sogar insbesondere.
9 Spannung
Ein guter Erzähler vermittelt den nächsten Schritt der Handlung, das nächste Detail, die nächste
Wendung nicht immer sofort, sondern zur genau richtigen Zeit. Das Vorenthalten von Informationen
erzeugt Spannung. Hierbei sind die unterschiedlichen Genres unterschiedlich zu behandeln und man
kann viele Fehler machen.
Eine Regel könnte lauten, wenn der Leser gerade wissen will, wie es weiter geht, dann sollte man
eine kurze Pause einlegen. Dies ist das Wesen der Cliffhanger. Das Problem ist, sollte man als Autor
diesen Punkt falsch einschätzen, könnte der Leser auch sagen, „schade, gerade wurde es spannend“,
man setzt die Pause also zu früh und bricht die Spannung darum für den Leser ab.
Ähnliches gilt für die Vergabe von Informationen. Wer ist nun der böse Gegenspieler und welche
Kräfte entwickelt er? Sagt man es zu früh, so wirkt die Figur platt und der Protagonist hatte keine
11 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
70.
Zeit, sich zu entwickeln bzw. selbst durch Tätigkeit zu diesen Informationen zu kommen. Der Autor
„schenkt“ Protagonist und Leser diese Informationen, was nicht zur weiteren Spannung beiträgt.
Anders ist es, wenn man die Informationen zu spät vergibt. Dann kann man schon zuvor das
Interesse verlieren, da man immer auf der Hut vor der nächsten Information ist, die eine
Veränderung bringen kann. Man „glaubt“ der Erzählung nicht, da sie sich ständig ändern kann.
Neben dem Konflikt, der meist schon Spannung erzeugt, ist die Spannung als solche wichtig. Der
Leser soll neugierig darauf sein, wie die Geschichte weitergeht, er hat eine Frage im Kopf, die er
beantwortet haben möchte.
Wie beim Konflikt erzeugen auch hier Gegensätze den Unterschied, der zur Spannung führt.
10 Der Dialog
Der gelungene Dialog ist dann reizvoll, wenn er Handlungen, Gefühle und Beschreibungen liefert
und zugleich einen eigenen Ton besitzt.
Dieser eigene Ton ist nicht rein individuell, sondern erzählt einiges über die sprechende Figur:
Alter, soziale Schicht, eventuell Beruf und kultureller Hintergrund.
Die Wortwahl erzählt bestenfalls auch etwas über die Beziehung, die die Figur zu ihrem Gegenüber
hat. Ist sie eher schüchtern oder frech, zurückhaltend oder aufdringlich.
Wortwahl und Satzbau sind hierbei sehr wichtig. Sind es umgangssprachliche oder
bildungssprachliche Worte, vielleicht sogar Fachworte. Spricht die Figur in langen, verschachtelten
Sätzen oder in kurzen, unvollständigen Sätzen. Spricht sie grammatikalisch einwandfrei oder
mischen sich bestimmte Fehler in die Sätze?
Zuletzt ist es hilfreich, wenn man sich ein wenig mit Kommunikationstheorien auskennt, wobei hier
das Vier-Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun hervorgehoben werden soll.
11 Beschreibungen
Für die Beschreibungen gilt grundsätzlich dasselbe wie für den Dialog. Sie haben nicht nur das Ziel
Informationen zu vermitteln, sondern sind auch noch Träger von Emotionen, Figurenbeziehung,
Handlung, Ort und Zeit – eigentlich allem.
Die Beschreibung muss vermitteln, was im Film das Bild vermittelt (und kann zugleich mehr
vermitteln): Ort, Zeit, anwesende Figuren, Beziehungen der Figuren zueinander. Dies muss die
Beschreibung für jede einzelne Szene erreichen, außer der Autor möchte dies ausdrücklich nicht, da
das Geheimnis im Vordergrund stünde.
Daneben ist die Beschreibung ein gutes Steuerungsinstrument für das Lese- bzw. Handlungstempo.
Viel Beschreibung mit wenig Handlung verlangsamt das Tempo, was nach einer schnellen,
handlungsgeladenen Passage genau richtig sein kann.
12 Der Sinn des Plottings – vom Fortlauf der Handlung
Die überwiegende Mehrzahl aller Autoren entwirft zumindest in groben Zügen die Handlung, bevor
sie ihr Werk ausführen. Dieses Entwerfen der Handlung wird auch „plotting“ genannt, weil hierbei
der Plot entworfen wird. Der
Plot muss verschiedene Kriterien erfüllen, damit er als gelungen gelten darf.
Einhaltung der Handlungslogik
Die Einhaltung der Handlungslogik besagt, dass die Handlung logisch sein soll und sich alle
Charaktere innerhalb dieser Handlung logisch verhalten. Unlogisch sind Rettungen in letzter
Sekunde, die vorher nicht absehbar waren; zwei Figuren, die sich ineinander verlieben, wenn sie
sich eigentlich nicht leiden können; Lottogewinne und zufällige Erbschaften bei Geldproblemen
und überhaupt alle Ereignisse, die als wenig logisch im Rahmen der Erzählung wirken.
Aufbau eines Spannungsbogens
Zur Handlungslogik gehört auch, dass der Spannungsbogen berücksichtigt wird. Der
Spannungsbogen wurde schon in der griechischen Antike beschrieben und meint eine Abfolge von
besonders angeordneten Ereignissen, die von Menschen offensichtlich als besonders spannend
wahrgenommen wird. Während der griechische Spannungsbogen den Höhepunkt noch wie bei einer
Parabel ziemlich genau in der Mitte vorgesehen und Gustav Freytag dies im xx. Jahrhundert
nochmal bestätigt hat, hat sich der Bogen mit dem Film und auch mit moderner Erzählung immer
mehr einer Rampe angenähert, wobei das Werk bald nach dem Höhepunkt schon zu Ende ist. Dies
ist auch an der Grafik bei Gesing ersichtlich. (Grafik S. 139 einfügen).
Die einzelnen Etappen jedoch sind in der Benennung ziemlich ähnlich geblieben. Es beginnt immer
mit der Exposition, bei der die Situation und die Figuren vorgestellt werden, außerdem wird der
grundlegende Konflikt eingeführt. In der Exposition werden außerdem die Erzählperspektive und -
weise sowie Ton und Stil geklärt. Sobald der Konflikt etabliert ist, geht es in die zweite Etappe, in
der der Konflikt weiter ausgebaut wird, so dass eine zufriedenstellende Lösung unmöglich
erscheint. In der Regel hat man es hier mit Protagonisten und Antagonisten zu tun, die verschiedene
Ziele verfolgen (oder genau dasselbe, was aber nur einmal zu erreichen ist). In der dritten und
vierten Etappe geht es um die Erreichung des Ziels bzw. das Gewinnen des Konflikts.
Sinnvollerweise scheint das Ziel immer unwahrscheinlicher zu erreichen für den Protagonisten und
kurz vor dem Höhepunkt sollte der Erfolg nahezu unmöglich erscheinen.
Auf den Höhepunkt folgt dann mit der fünften Etappe der Schluss. Hier sollten nach Möglichkeit
alle losen Handlungsstränge beendet werden. Meist enden Geschichten gut, also mit einem Happy
End. Aber selbst, wenn die Geschichten nicht gut enden, sollte sich der Autor bemühen, das Ende
versöhnlich zu gestalten. Tode können ehrenhaft sein. Niederlagen können aufrichtig getragen
werden. So schließt der Leser auch bei einem schlechten Ende mit einem guten Gefühl das Buch.
Unausweichlichkeit
Wenn die Einhaltung der Handlungslogik und der Aufbau des Spannungsbogens gut
zusammenspielen, dann kommt es für den Leser zu einer Unausweichlichkeit der Geschichte. Die
Geschichte muss sich unausweichlich entwickeln, wie sie es tut. Hierbei helfen „Andeutungen,
vorzeitige Enthüllungen, Quer- und Rückverweise, Spiegelungen aller Art“ 12 – was natürlich nur
funktioniert, wenn sich die Elemente tatsächlich logisch und organisch in die Geschichte einfügen.
13 Figur und Charakterisierung
Es gibt unterschiedliche Wege eine Figur zu charakterisieren, im Normalfall werden mehrere dieser
Wege gleichzeitig beschritten. Gesing stellt die Möglichkeiten der Charakterisierung übersichtlich
dar.
„- die direkte Erklärung und Beschreibung durch den Erzähler;
- Kennzeichnung und Beschreibung durch andere Figuren;
- Formen der Selbstcharakterisierung durch Gedanken, Ziele, Motive und Selbstkommentare; bei
Ich-Erzählern auch durch Ton und Diktion;
- Charakterisierung durch Sprechverhalten, Redeformen, Dialogführung;
- durch Aktion und Reaktion,
- durch Aussehen, Verhalten und Manierismen
- durch die Spiegel von Umgebung und Milieu“ 13
14 Im Rahmen der Erzählung
Es wirkt komisch, dass die Forderung nach Glaubwürdigkeit immer wieder gestellt wird, obwohl es
sich doch meist um fiktionale Werke handelt, bis hin zu Fantasy, Märchen oder Horror, die allesamt
wenig mit der Realität zu tun haben.
Dies löst sich auf, wenn man weiß, dass Glaubwürdigkeit einmal im Rahmen der Erzählung
hergestellt werden muss und dann nochmal auf der Ebene von Handlung und Figuren.
Jede Erzählung setzt einen Rahmen, seien es die unendlichen Weiten des Universums in Star Wars,
seien es die nicht enden wollenden Tiefen von Mordor in Der Herr der Ringe oder sei es der
Nordosten Deutschlands in Tschick. Innerhalb dieses gesetzten Rahmens, mit seinen je spezifischen
Regeln, müssen die Einfälle glaubwürdig sein. Es durchbricht die Glaubwürdigkeit, wenn in Der
Herr der Ringe plötzlich mit Laserwaffen gekämpft würde oder sich Luke Skywalker in Star Wars
plötzlich intensiv gedanklich mit den moralischen Folgen auseinandersetzen würde, die es nach sich
zieht, wenn er gegen seinen Vater kämpft. Für Tschick wären alle allzu fantastischen Elemente nicht
glaubwürdig.
Die Forderung nach Glaubwürdigkeit zielt also nicht auf eine absolute Glaubwürdigkeit nach
realweltlichem Verständnis, sondern nach einer Glaubwürdigkeit im Rahmen der Erzählung.
12 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
138.
13 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
76.
Ähnliches gilt für die Handlung und die Figuren. Beide müssen im Rahmen ihrer Setzungen
glaubwürdig sein und nicht danach, was wir in unserem Alltagsleben erwarten. Harry Potter soll
natürlich zaubern können, weil dies die Setzung ist, und wir wären enttäuscht, wenn er es plötzlich
und ohne Erklärung nicht mehr könnte, bloß, weil dies die Handlung erfordert. Genauso wollen wir,
dass sich Indiana Jones durch seinen Hang zum Risiko, sein freches Vorgehen und den geschickten
Einsatz seiner Peitsche durchsetzt und nicht durch ein wenig Magie oder göttliches Eingreifen.
Beide Beispiele zeigen, dass es eine Glaubwürdigkeit der Figuren gibt, die aber nicht am
alltäglichen Maßstab zu messen ist, sondern am im Werk gesetzten Maßstab.
Wichtig ist: die Glaubwürdigkeit muss dennoch benannt und vor allem beachtet werden können!
15 Stil
Unter Stil versteht man die individuelle sprachliche Darstellungs- und Ausdrucksform, eine
spezielle Art des Ausdrucks.
Unverwechselbar wird ein Autor über seinen Schreibstil. Wie xy mit seinem Buch „20
Masterplots...“ gezeigt hat, ist die Anzahl der verschiedenen Inhalte stark begrenzt. Die Weise, diese
Inhalte vorzutragen, variiert dagegen. Kafka klingt anders als Hemingway, anders als Sibylle Berg
anders als.
Idealerweise verhält es sich beim Schreiben wie in der Kunst, bei der Form und Inhalt eine Einheit
ergeben. Inhalt und Stil sollten sich verbinden, um zusammen zu etwas zu werden, was sie jeweils
einzeln nicht waren.
Um Stil zu beschreiben, gibt es eine wichtige Achse, die auf der einen Seite von sachlich, nüchtern
bis zum anderen Extrem schwülstig, extatisch reicht. Eine ähnliche Unterteilung hat schon in der
antiken Rhetorik Cicero vorgenommen. Auch die amerikanische Schreibschule kennt diese beiden
Pole im Stil: sie unterscheidet nach explanatorischem und evokatorischem Stil. Der explanatorische
Stil lässt sich aus dem Wort „Explain“ ableiten. Er hat die Information zum Ziel. Der evokatorische
Stil dagegen zielt auf die Auslösung von Gefühlen ab. 14
3 Schreiben als Beruf(ung)
1 Die Frage des Warum?
„Geschichten packen uns. Sie setzen Energie frei. Sie sind der beste Weg, Informationen und
Erfahrungen weiterzugeben. Geschichten berühren uns. Sie befriedigen emotionale Bedürfnisse. Sie
helfen und, den Alltag und schwierige Zeiten zu bewältigen oder wenigstens für ein paar
Augenblicke zu vergessen.“ 15
14 Vgl. Werder, S. 363/363.
15 Hollmann, Axel / Johanus, Marcus: Romane schreiben und veröffentlichen für dummies, Wiley Verlag, Weinheim
2019, Seite 30.
2 Kontinuierlich Schreiben
„Theoretische Erkenntnisse nützen nicht viel, entscheidend ist das Tun.“ 16
Was viele Ratgeber zum kreativen oder guten Schrieben nicht genug ins Zentrum stellen, ist die
Tatsache, dass zum Schreiben das Schreiben gehört und dies am besten kontinuierlich. Denn alleine
vom Wunsch zu schreiben, schreibt man noch nicht.
Viele Schriftsteller schaffen sich darum Routinen, in denen sie schreiben – so wie andere
Arbeitnehmer ins Büro gehen, um ihre Arbeit zu erledigen. Diese Routinen umfassen den Zeitpunkt,
die Dauer oder die Orte des Schreibens. Ohne geht es für die allermeisten Autoren nicht.
„Jeder Autor muss sein Leben und seine Arbeit organisieren, damit ein umfangreiches Werk
entstehen kann.“ 17 Während Thomas Mann jeden Tag am Morgen in sein Arbeitszimmer ging und
für für drei Stunden nicht gestört werden durfte, schrieb Hemmingway für fünf bis sechs Stunden
und hört an dem Punkt auf, an dem er wusste, wie er weiterschreiben würde. So gewährleistete er,
dass er am nächsten Tag wieder gut ins Schreiben kommen würde. Der Vielschreiber Johannes-
Mario Simmel (?) legte angeblich abends Punkt 19 Uhr seinen Stift aus der Hand, sei es, dass er
mitten in einem Wort gewesen ist. 18
3 Aufmerksamkeit bündeln, Ablenkungen vermeiden
Es macht großen Sinn, seine Aufmerksamkeit ganz dem Schreiben zu widmen, wenn man schreibt.
Dazu gehört, Ablenkungen zu vermeiden. So sollte man zumindest das Mailprogramm schließen
und das Handy auf lautlos stellen, besser in den Flugmodus wechseln. Auch am Computer sollte
man das Internet ausschalten oder, falls man mit der Hand schreibt, den Computer ganz ausschalten.
Alles, was ablenken kann, wird ablenken, also muss man sich zwingen, Ablenkungen zu vermeiden.
4 Bildung an anderen Autoren
Eine andere Form des Tuns ist das Studieren der Werke anderer Autoren. Im Nachvollziehen derer
Techniken „tut“ man als Autor schon sehr viel, da man sich die Techniken anderer Autoren bewusst
macht und somit sein eigenes Repertoire schärft. Hier lohnt sich ein Blick auf den gewaltigen
Roman „4, 3, 2, 1“ von Paul Auster. Auch wenn alle Lebenswege unterschiedlich verlaufen, wird in
eigentlich jeder der parallel laufenden Erzählungen der Wert anderer Literatur zur Schärfung der
eigenen literarischen Sinne betont. „Studieren Sie die jeweiligen Techniken Ihrer literarischen
Vorbilder, ahmen Sie sie nach, parodieren Sie sie. Achten Sie dabei besonders auf Sprachrhythmus,
syntaktische Strukturen, Wort- und Bildwahl, Metaphorik.“ 19
Insofern ist es absolut notwendig, immer auch am Beispiel der anderen Autoren zu lernen.
16 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
196.
17 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
43.
18 Vgl. Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994,
Seite 46/47.
19 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
196.
5 Der Zettelkasten
Ganz sicher führen nicht alle Autoren einen Zettelkasten, aber ebenso sicher machen alle Autoren
beständig Notizen, die sie auf eine individuelle Weise sammeln und strukturieren. Das ständige
Anlegen von Notizen dient nicht nur dazu, die eigene Schreibfertigkeit zu trainieren. Man gewöhnt
sich auch ein genaues Hinsehen an.
6 Sprache, Sprache, Sprache
Wer seinen Figuren eine möglichst realistische oder auch nur interessante Rede in den Mund legen
will, muss vorher den Menschen „auf‘s Maul geschaut“ haben. Wer redet in welcher Situation wie?
Wie redet man in einer Kneipe und wie bei einer Podiumsdiskussion? Wie reden Naturschützer, wie
Anwälte, wie Politiker, Sportler oder Unternehmenschefs? Wie reden Eltern mit ihren Kindern, wie
miteinander und wie mit ihren eigenen Eltern?
Die Aufgabe von Autoren ist, immer die Ohren offen zu halten und die vielen Zwischentöne kennen
zu lernen. 20
Aus den aus diesen Sprachstudienen erwachsenen Erkenntnissen und aus der Lektüre anderer
Autoren entwickelt jeder Autor seinen eigenen Sprach- und Schreibstil, welcher im besten Fall
unverwechselbar ist.
Schreiben als Berufung heißt tägliches trainieren. Dazu gehört, dass man andere Autoren
aufmerksam liest und ihre Kniffe kennenlernt. Dazu gehören auch eine Notizensammlung…
7 Die Wirkung zählt, nicht die Intention
„Es gilt nicht das, was im Kopf des Autors lebendig ist, sondern was durch die schwarzen Lettern
im Kopf des Lesers lebendig wird. Man kann auch sagen: Die Intention ist unwichtig, wichtig ist
die Wirkung. 21 Wichtig ist demnach auch nicht, ob Dinge wirklich so geschehen sind, sondern dass
sie im literarischen Text glaubwürdig scheinen und darüber hinaus durch die vorhergehende
Handlung und Figurendarstellung motiviert ist.
Beim Kreativen Schreiben geht es darum, die eigene Fantasie freizusetzen, indem man assoziativ
einen Gedankenfluss erzeugt. Spielerisches Ausprobieren und zwangloses Experimentieren stehen
hierbei im Vordergrund. Im ersten Schritt geht es immer darum, unreflektiert und unkritisch zu
schreiben, um den Schreibfluss zu erreichen. Erst in späteren Phasen geht es darum, den
entstandenen Text zu strukturieren und zu überarbeiten.
Gerade ungeübte Schreiber und Schreibanfänger geraten immer wieder in Schreibhemmnisse bis
hin zu Schreibblockaden. Diese sollen mit den Methoden des Kreativen Schreibens umgangen
werden.
20 Vgl. Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994,
Seite 197.
21 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
16.
Um diesen Prozess einzuleiten, gibt es verschiedene Methoden. Die bekanntesten darunter sind das
Brainstorming und das Mindmapping. Im Folgenden werden nun weitere Methoden des Kreativen
Schreibens vorgestellt.
8 Konkretion
Als Autor sollte man möglichst konkret sein, vor dem inneren Auge des Lesers soll eine Szene
entstehen. Alles weitere, Beschreibungen, Urteile, Reflexionen, Wertungen etc., ist nur Beiwerk. 22
9 Originalität
Originalität im 21. Jahrhundert kann es nur noch beschränkt geben. Joseph Campbell (?) hat auf xx
Typen und Geschichten zurückgeführt. Insofern dürfte es schwer sein, noch etwas grundsätzlich
Neues zu finden. Originalität zeigt sich weniger in den Geschichten, die erzählt werden und mehr in
der Art und Weise des Erzählens, dem Stil des Autors.
„Für den Schriftsteller entscheidend ist die Fähigkeit, symbolisch sprechende Details, Vorgänge und
Szenen zu finden.“ 23 Hierzu gehören natürlich auch Metaphern und jeder Leser wird das Gefühl
kennen, dass einen überkommt, wenn ein Autor klischeebehaftete Metaphern verwendet und
tausend Mal gelesene Symboliken.
10 Recherche
„Recherche ist ein zweichneidiges Schwert. Ohne Recherche werden Sie in der Regel nicht
auskommen. Recherche
• verleiht Ihrem Roman Tiefe,
• macht Ihren Roman einzigartig
• verhindert Klischees,
• ist für viele Autoren einer der schönsten Aspekte des Schreibens.“ 24
„Auf der anderen Seite ist Recherche eine der heimtückischsten Masken der Aufschieberitis. Das
Problem: Niemand kann Ihnen so genau sagen, wann es mit der Recherche genug ist.“ 25
11 Perspektivenübernahme
Wer nicht nur ein erfolgreicher, sondern auch ein guter Autor werden will, sollte die
Perspektivenübernahme beherrschen. Die Perspektivenübernahme ist die Fähigkeit, sich in die
verschiedenen Figuren eindenken und aus deren Perspektive sehen zu können. Wenn dies nicht
gelingt, bleiben die Figuren Klischee und Abziehbild.
22 Vgl. Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994,
Seite 18.
23 Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont Buchverlag, Köln 1994, Seite
19.
24 Hollmann, Axel / Johanus, Marcus: Romane schreiben und veröffentlichen für dummies, Wiley Verlag, Weinheim
2019, Seite 141.
25 Hollmann, Axel / Johanus, Marcus: Romane schreiben und veröffentlichen für dummies, Wiley Verlag, Weinheim
2019, Seite 141.
4 Der Schreibprozess
Auch wenn es immer wieder die Behauptung gibt, „geniale“ Autoren schreiben ihre Texte in einem
Rutsch, so ist die Wahrheit, dass es einen Schreibprozess gibt und dieser sich in verschiedene
Phasen unterteilen lässt. Laut Wikipedia „lässt sich jeder Schreibprozess in die Phasen des Planens,
Formulierens und Überarbeitens gliedern“ 26 . Welche Phase für wen wie wichtig ist und welche Zeit
darauf verwendet wird, ist individuell. Bei der Gliederung des Schreibprozesses half auch „das
kognitive Modell des Schreibprozesses“ 27 , welches von Lutz von Werder dargestellt wurde.
Für eine bessere Handhabbarkeit soll dieser Dreischritt weiter ausdifferenziert werden, so dass am
Ende fünf Phasen entstehen, wobei die eigentliche erste Phase der Ideenfindung ausgeklammert
wird, da sie keine wirkliche Phase darstellt, sondern eher als der Zündfunke angesehen werden darf.
Wichtig ist auch, dass die Phasen zwar in der Regel chronologisch von Phase eins bis Phase fünf
durchlaufen werden, sie zugleich jedoch auch parallel laufen können. Zum Beispiel erfordert das
Überarbeiten häufig, dass neu strukturiert wird, wozu man zunächst neues Material sammelt, um
dann neu zu schreiben.
Fest steht, zumindest wenn es um Bücher geht, ist der Prozess des Schreibens mit der
Veröffentlichung erstmal abgeschlossen und man kann sich einem neuen Projekt widmen.
1 Ideenfindung
Viele der später folgenden Schreibtechniken beziehen sich auf diese erste, kurze Phase des
Schreibprozesses. Dies liegt daran, dass sich die Schreibtechniken an Anfänger oder auch an
SchülerInnen richten und letztere häufig keine intrinsische Motivation besitzen, so dass man auch
nicht das Vorhandensein von grundlegenden Schreibideen voraussetzen kann.
In der Phase der Ideenfindung geht es also darum, zu einer Schreibanregung zu kommen. Warum
will ich etwas schreiben und worüber schreibe ich?
2 Planen, Sammeln und Strukturieren
In der Planungsphase geht es darum, im Anschluss an eine Schreibanregung zu Ideen zu kommen
und diese zu entwickeln und zu prüfen, ob die Ideen einen längeren (oder auch kürzeren) Text
tragen können. Hier sollte man auch einen Plan aufstellen, welchen zeitlichen Umfang die Arbeit
annehmen soll.
Zum Sammeln gehört auch, dass das vorgenommenen Thema von unterschiedlichen Seiten
beleuchtet wird, was man für einen ausgewogenen, spannenden Text später gut gebrauchen kann.
Je größer die Sammlung von Ideen und Argumenten wird, desto wichtiger ist es, die Erzählung im
Rahmen dieser Phase zu gliedern.
26 https://de.wikipedia.org/wiki/Schreibprozess , geprüft 7.12.2018
27 Werder, S. 35.
Parallel dazu entwickelt der ambitionierte Autor einen zum Inhalt passenden Stil, der den Ausdruck
des Gesamttextes steigert. Hierbei hat er natürlich seinen Leser im Kopf.
Mögliche Probleme dieser Phase sind mangelne oder gar fehlende Logik der Erzählung, mangelnde
oder Fehlende Passung von Inhalt und Form sowie eine fehlerhafte Leserantizipation.
3 Schreiben
Die Phase des Schreibens besagt nicht mehr, als dass dort Text produziert wird und zwar mit Stift,
Tastatur oder auch per Diktat.
Unterscheiden kann man zwischen einem eher spontanen Schreiben, bei dem sich der Text quasi im
Akt des Schreibens entwickelt und einem vorstrukturierten Schreiben, welches auf den Schreibplan
aus der zweiten Phase des Schreibprozesses zurückgreift.
4 Überarbeiten
Die Phase des Überarbeitens ist deutlich umfangreicher, als der Laie annimmt. Denn eigentlich
erhält der Text in dieser Phase seine Gestalt und nicht schon in der Phase des Schreibens. Natürlich
wird der sprachliche Ausdruck überarbeitet, ebenso Satzbau und der Stil. Aber genauso intensiv,
wahrscheinlich sogar intensiver geht es um den Inhalt, Handlung, Figuren, Dramaturgie. Mehrfach
geht es von der Phase der Überarbeitung zurück in die Phase der Planung und des anschließenden
Schreibens, nämlich immer dann, wenn im Text Probleme offensichtlich wurden.
In der Phase des Überarbeitens geht es darum, den eigenen Text nach verschiedenen Kriterien zu
kontrollieren und wo notwendig zu korrigieren. Korrekturen werden dabei nicht nur in der
Rechtschreibung und der Grammatik vorgenommen, sondern auch in der Figurenzeichnung, der
Dramaturgie, der Kohärenz (Zusammenhang) – die Phase des Überarbeitens hat häufig
weitreichende Folgen und ist die zeit- und arbeitsintensivste Phase.
In dieser Phase prüft der Autor zudem, ob er mit dem Text die anvisierten Ziele erreicht und falls
nicht, wie er seine Ziele doch noch erreichen kann.
Die Schwierigkeit für den angehenden Autoren in dieser Phase ist, genügend Abstand zur eigenen
Arbeit zu gewinnen, um kritisch genug zu sein. Überhaupt ist es wichtig, Distanz zum eigenen
Werk zu gewinnen, um es dann besser einordnen zu können. Fast genauso schwierig ist es, wenn
man überkritisch der eigenen Arbeit gegenüber ist, was zu Schreibblockaden führt (denen deswegen
ein eigenes Kapitel gewidmet ist).
5 Veröffentlichen
In der Schreibphase der Veröffentlichung bekommt der Autor Rückmeldung von seinen Lesern. Je
erfahrener der Autor ist, desto eher hat er erfahrene Erstleser, die ihm Rückmeldung geben lange
bevor sein Werk gedruckt und in ein Buch gebunden wird.
Veröffentlichung muss nicht heißen, dass ein Verlag den Text in die Buchhandlungen bringt.
Veröffentlichung heißt, dass der Text Leser findet und diese sollten zunächst Vertraute des Autors
sein. Man könnte diese Phase der Begegnung des Textes mit Erstlesern auch als eine zweite
Überarbeitungsphase sehen. In Buchverlagen gibt es eine eigene Berufsgruppe, die sich auf die
Überarbeitung von Texten spezialisiert hat, die Lektoren (im Theater übernehmen Dramaturgen eine
ähnliche Funktion).
Je nach Intention und Leserschaft nimmt ein Autor auch die Reaktionen seiner Leser sehr ernst.
6 Schreibblockaden und ihre Überwindung
Ein sehr wichtiges Thema für alle angehenden und bestehenden Autoren sind Schreibblockaden und
damit einhergehend natürlich auch deren Überwindung.
Der Grund für die Blockade ist meist Unsicherheit. Diese wird ausgelöst durch Versagensangst,
Schuldgefühle oder auch Perfektionismus. Ein weiterer wichtiger Auslöser ist destruktive Kritik,
also Kritik, die wenig konkret auf Schwächen eingeht, sondern eher vage und grundsätzlich ist.
Diese blockierende Kritik muss nicht immer von Außen kommen. Meist ist der eigene, innere
Kritiker viel aktiver als die äußeren Kritiker. 28
Es gibt verschiedene Tipps, wie man ein stockendes oder gar blockiertes Schreiben wieder zum
Fließen bringt. Hollmann und Johanus schlagen vor, man solle schreiben, egal was. Hauptsache
man schreibt gegen die Blockade an. Dies tut man dann im Bewusstsein dessen, dass das
Geschriebene aller Wahrscheinlichkeit nach anschließend weggeworfen wird. 29
• Inneren Kritiker verabschieden: man soll sich bewusst machen, dass der erste Entwurf eines
Manuskripts nie gut ist und er erst durch Überarbeitung gut werden kann. Überarbeiten kann
man erst, wenn der erste Entwurf fertiggestellt ist. Also verabschiedet man den inneren
Kritiker und schreibt „Mist“, damit man ihn später überarbeiten kann.
• „Der erste Entwurf ist immer Mist“. Wer sich eng an diesen Ausspruch hält, der braucht sich
vor seinem inneren Kritiker nicht fürchten und kann befreit aufschreiben.
• Anknüpfen: oft reicht es, das bisher Geschrieben nochmals zu lesen und dann findet man
einen Anknüpfungspunkt
• Mind-Map: man fasst das bisher Geschriebene in einer Mind-Map zusammen. Wer sind die
Figuren, wie ist die Handlung und wie entwickeln sich die Konflikte. Aus der Mind-Map
ergeben sich dann oft neue Impulse.
• Immunisieren: Alle negativen und selbstkritischen Gedanken vermeiden. Wenn man
geschrieben hat, kann man immer noch überarbeiten.
• Weiterschreiben: manchmal hilft es, wenn man einfach weiterschreibt, unabhängig davon,
ob es Sinn ergibt. Selbst, wenn man für den Papierkorb schreibt, kann das reine Schreiben
helfen, die Blockade zu lösen.
• Etwas anderes Schreiben: Wenn man an einem konkreten Problem oder einer konkreten
Fragestellung festhängt, dann kann man einfach etwas anderes schreiben. Wichtig ist, dass
man schreibt. Die Lösung für das eigentliche Problem wird sich dann auch einstellen.
28 Vgl. auch: Werder, S. 266.
29 Vgl. Hollmann, Axel / Johanus, Marcus: Romane schreiben und veröffentlichen für dummies, Wiley Verlag,
Weinheim 2019, Seite 151.
• Loslassen: Angeblich kommen viele Lösungen über Nacht im Schlaf, warum nicht auch
beim Schreiben? Wenn man partout nicht voran kommt, sollte man einfach loslassen und
etwas anderes tun. Einen Spaziergang machen, Sport, mit Freunden treffen – und sich darauf
verlassen, dass das Problem unterbewusst weiterhin gewälzt wird.
• Darüber reden: Man kann zwar über seine Schreibblockade reden, besser aber noch redet
man über das, woran man gerade schreibt und zwar mit einem guten Freund oder einem
Vertrauten. Wichtig ist, dass man den Konflikt bzw. das Problem nicht alleine mit sich
austrägt, sondern mit einem Gegenüber besprechen kann.
• Distanz: Wenn die Schreibblockade hartnäckig ist, muss vielleicht zeitliche und / oder
räumliche Distanz geschaffen werden, um den Knoten zum Platzen zu bringen. Man kann
verreisen oder den Text für mehrere Tage aus der Hand legen. Mit etwas Distanz ergibt sich
manchmal eine ganz neue Klarheit.
5 Gruppenprozesse und Gruppendynamik
Das Schreiben in einer kleinen Gruppe ist eine hervorragende Möglichkeit, die eigene
Teamfähigkeit zu schulen. Denn, um als Gruppe zu funktionieren, muss man lernen, sich hilfreiche,
aufbauende Rückmeldung zu geben. Andernfalls wird die Arbeit in der Gruppe schnell als
destruktiv wahrgenommen. Die Frage ist also, wie man man respektvoll miteinander umgehen.
Dazu gehört, sich einzubringen, aber auch zurückzunehmen. Dazu gehört, dass man selber Texte
vorträgt und sich die Texte der anderen offen anhört. Man lernt auch, für die eigene Arbeit
einzustehen.
Wenn man in der Gruppe schreibt, durchläuft man unter Umständen auch den gesamten Prozess des
Schreiben. In der Regel wandelt sich der Ablauf jedoch in die vier folgenden Arbeitsschritte: „1.
Textanregung, 2. Schreiben, 3. Textarbeit, 4. Textdeutung.“ 30 Dies liegt daran, dass beim
Schreibenlernen in der Gruppe nicht ein zu schreibendes Werk im Mittelpunkt steht, sondern das
Erlernen des Handwerks mithilfe verschiedener Schreibtechniken. Die Schreibtechniken lassen sich
besser im Rahmen dieser vier Arbeitsschritte durchführen.
6 Exkurs: Kreatives Schreiben in der Schule
Das Kreative Schreiben in der Schule ist weder etwas total anderes noch ziemlich genau dasselbe
wie das Kreative Schreiben in in Schreibgruppen oder das stille Schreiben alleine zu Hause am
Schreibtisch. Es gibt genauso Überschneidungen, z.B. sind alle Lerner, wie es Unterschiede gibt:
für die einen besteht Schulpflicht und somit ein gewisser Zwang und für die anderen nicht, sie
wollen das Kreative Schreiben freiwillig erlernen oder praktizieren. Entsprechend muss man…
Grundsätzlich gilt jedoch, dass man mit dem Handlungsorientierten Unterricht erkannt hat, dass das
Schreiben eine zentrale Kompetenz ist, die nicht allein durch das Abfassen von Interpretationen und
Aufsätzen zu erlernen ist. „Zu beachten ist jedoch bei allen Vorteilen, die das Kreative Schreiben
bietet, dass die Schülerinnen und Schüler auch hier einen Rahmen brauchen, der durch genaue
Vorgaben das Gefühl schafft, die Anforderungen bewältigen zu können.“ 31 Zu diesem Rahmen
30 Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens, marixverlag, Wiesbaden 2007, Seite 68.
31 Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Hrsg.): „ ... dieses zeilenförmige Aneinanderreihen von
Zeichen“ Schreiben in schulischen Kontexten – Module zur Förderung der Schreibkompetenz, Berlin 2018, S. 21.
gehört, dass die Schreibarbeit kontinuierlich und begleitet erfolgt, zum Beispiel im Rahmen eines
Portfolios. Erst ein Portfolio eröffnet die Möglichkeit, schon Geschriebenes nochmal zu reflektieren
und zu überarbeiten. Die normale schulische Schreibaufgabe ist nämlich in der Regel mit der Note
für die Schüler abgeschlossen.
In der Schule geht es, anders als beim Kreativen Schreiben, nicht darum, Werkzeuge zur
Textgestaltung zu erlernen und anzuwenden. Es geht auch um die Schulung des Wortschatzes und
darum einen Text als aufeinander aufbauende Sinneinheiten zu verstehen, die sinnvoll verknüpft
werden müssen.
„Eine richtige und angemessene sprachlich-semantisch logische Verknüpfung bzw. Verflechtung
von Satzteilen und Sätzen leistet somit einen wichtigen Beitrag zu einer in sich stimmigen
Gedankenführung und auch zur inhaltlich-thematischen Einheit des Textes, der Textkohärenz.“ 32
Gegenlesen
Ein zentrales Ziel des Kreativen Schreibens in der Schule ist, dass die Schülerinnen und Schüler
lernen, sich gegenseitig Rückmeldung zu geben. Dies hat den Vorteil, dass die Korrektur einerseits
auf Augenhöhe erfolgt und andererseits ist ja die Überarbeiten und Verbesserung eines Textes die
eigentlich hohe Kunst des Schreibens.
Dieses Gegenlesen bzw. gegenseitige Korrekturlesen wird dadurch gefördert, dass die Schülerinnen
und Schüler jeden Arbeitsschritt mit ihrem Namen, zumindest einem Kürzel, ihren Anteil sichtbar
machen. Die Korrekturen werden auf diese Weise gewissenhafter. 33
Formulierungshilfen
Zunehmende Verantwortung und Selbständigkeit
Man sagt, um eine neue Methode im Unterricht einzuführen, braucht man zumindest drei
Wiederholungen, bis man sie produktiv nutzen kann. Warum sollte dies beim Schreiben anders
sein? Wer also die Methoden, Techniken und Strategien des Schreibens nachhaltig einführen will,
muss in seiner Planung angeleitete Wiederholungen berücksichtigen.
Andernfalls droht Orientierungslosigkeit und somit Desinteresse.
Reflexion der Kompetenzentwicklung
Zuletzt hilft es, wenn die Schüler ihre Kompetenzentwicklung reflektieren. Sie sollen erkennen,
welchen Nutzen es für sie hat, wenn sie Schreiben lernen. Hierbei geht es natürlich nicht nur um
Grammatik und Rechtschreibung, sondern vor allem um Wortschatz und Sprachbewusstheit.
32 Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Hrsg.): „ ... dieses zeilenförmige Aneinanderreihen von
Zeichen“ Schreiben in schulischen Kontexten – Module zur Förderung der Schreibkompetenz, Berlin 2018, S. 33.
33 Vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Hrsg.): „ ... dieses zeilenförmige Aneinanderreihen
von Zeichen“ Schreiben in schulischen Kontexten – Module zur Förderung der Schreibkompetenz, Berlin 2018, S.
31.
7 Exkurs: Schreibsoftware
Viele Autoren schwören Schreibsoftware. Neben LibreOffice und OpenOffice gibt es noch eine
Reihe von spezialisierter Software, die ganz auf Autoren ausgerichtet ist.
• iA Writer
• d
PS. Es gibt auch Autoren, die mit dem Füller, Kugelschreiber oder Bleistift in der Hand schreiben.
Grundsätzlich gilt, es ist weniger wichtig, womit man schreibt und wichtiger, dass man schreibt.
8 Schreibtechniken
Unter Schreibtechniken versteht man verschiedene Methoden, die zum Schreiben anregen.
Schreibtechniken helfen bei der Ideenfindung, bei den ersten Schreibversuchen, einen Einstieg in
das Schreiben zu finden und auch den Fluss des Schreibens am fließen zu halten. Zuletzt gibt es
auch Techniken, die helfen die gefürchteten Schreibblockaden abzuwenden oder zu durchbrechen.
Oft arbeiten gerade die letztgenannten Schreibtechniken damit, Vertrautes zu verfremden und
Fremdes näher zu bringen.
Nicht alle diese Schreibtechniken bzw. Methoden sind für jede Phase des Schreibens gleichermaßen
geeignet. Manche eignen sich besser zur Ideenfindung und manche helfen, neue Aspekte in schon
geschriebene Texte zu integrieren, d.h. diese zu überarbeiten. Einige der Schreibtechniken zielen
ausschließlich darauf ab, überhaupt ins Schreiben zu kommen – Schreiben als praktische Tätigkeit.
Darum ist hinter jeder Methode ein Vorschlag angebracht, in welcher Phase man sie besonders gut
anwenden kann.
Alle Schreibtechniken zielen darauf ab, Vertrautes zu verfremden oder Fremdes vertraut zu machen,
da in dem Fremden das Neue liegt, welches die eigene Arbeit bereichert. 34
Lutz von Werder hat sechs Punkte erarbeitet, die den Schreibtechnicken eine Form geben. Demnach
setzen Schreibtechnicken (1) Regeln und Vorschriften für eine Orientierung; sie (2) simulieren die
äußere Realität, um damit zu arbeiten; die Arbeit der Schreibtechniken (3) zielt auf Sprache, Sätze,
Wörter, auf Mythen, Erzählungen, Metaphern ab, alles was mit dem Schreiben zu tun hat;
Schreibtechniken sind darüber hinaus meist (4) Gruppentechniken, da man gemeinsam besser lernt,
ein Spielraum (5), der Versuchsräume eröffnet und zuletzt (6) Wege zur Öffnung des Schreibenden
zu Welt und Gesellschaft. 35
Zur Ideenfindung eignen sich insbesondere Zufallstechniken, darum finden sich solche in dieser
Phase gehäuft. Von zufälligen Funden geht man dann assoziativ aus, die befreit die eigene Fantasie
und somit Kreativität.
Um zum Schreiben als Tätigkeit zu kommen, benötigt man andere Techniken. Diese Techniken
stellen oft einen Rahmen her, innerhalb dessen man schreibt und dafür darf man sehr frei innerhalb
des Rahmens schreiben. Dies hat zwei Gründe. Einmal geht es darum, dem eigenen Schreiben eine
Richtung zu verleihen und gleichzeitig geht es darum, das eigene Schreiben nicht zu sehr zu
kontrollieren, damit der gesuchte Schreibfluss entstehen kann.
34 Vgl. Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens, marixverlag, Wiesbaden 2007, Seite 83.
35 Vgl. Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens, marixverlag, Wiesbaden 2007, Seite 442..
Auf Kontrolle und Überprüfung sind dann die Methoden ausgerichtet, die die Phase der
Überarbeitung begleiten. Hier steht in der Regel ein schon existierender Text im Fokus, an dem
produktiv-kreativ gearbeitet werden soll. „Textüberarbeitung zielt auf die Verbesserung des
sprachlichen Ausdrucks der Texte, überprüft Satzbau und Aufbau der Texte und umfasst auch die
Bewertung des Schreibstils.“ 36
Anzumerken ist noch unbedingt, dass bis auf Brainstorming und Cluster sowie Freewriting und
automatisches Schreiben keine verbindlichen Begriffe für die verschiedenen Techniken existieren.
Das perspektivische Schreiben wird auch als Gegentext bezeichnet oder die Textreduktion schlicht
als Reduktion. Hier gaukeln also Ratgeberliteratur und Internet eine Vielfalt vor, die real nicht
existiert, zum al sich für viele Techniken sicher gemeinsame Kerne und Begriffe finden ließen.
Assoziationen als wichtiger Bestandteil vieler Schreibtechniken
Viele der Schreibtechniken bedienen sich bei Assoziationen, um zu Ideen zu kommen und in
Schreibfluss zu geraten. Assoziationen haben den Vorteil, dass sie nicht werten und nicht gewertet
werden müssen. Assoziationen lassen die Gedanken frei fließen und davon profitiert der
Schreibfluss.
Spielerische Formen
Neben den Assoziationen gibt es noch spielerische Formen der Schreibtechniken. Sie animieren
dazu, sich spielerisch mit Texten auseinander zu setzen und sind auf diese Weise motivierend. Die
spielerischen Schreibtechniken werden in der Gruppe durchgeführt, der Spaß steht im Vordergrund.
Die Auseinandersetzung mit Worten und Sätzen erfolgt automatisch nebenher. Ebenso nebenbei
werden die Kommunikations- und die Teamfähigkeit geschult.
Imitationslernen
Die vorgestellten Methoden und Schreibanregungen sollen im kleinen und größeren Maßstab
helfen, die Worte zum Fließen zu bringen.
1 Brainstorming – Ideenfindung
Das Brainstorming ist die wahrscheinlich bekannteste und am weitesten verbreitete Methode, um
zu neuen Ideen und Gedanken zu kommen. Es werden ohne vorherige Ordnung Ideen zu einem
Thema gesucht, wobei jeder Einfall notiert wird. Es geht darum, eine Fülle an Material zu
gewinnen.
Erst in einem zweiten Schritt werden die Ideen auf ihre Zweckmäßigkeit hin bewertet, z.B. indem
verschiedene Worte miteinander kombiniert und zu Kategorien geordnet werden oder indem
einzelne Worte auch wieder gestrichen werden. Auf diese Weise entsteht aus der Ideenfindung eine
Übersicht, die für die Planung genutzt werden kann.
2 Mindmap – Ideenfindung
Beim Mindmapping, werden im Unterschied zum Brainstorming schon oder auch das Erstellen
von Gedankenkarten, ist sehr beliebt, um kreativ schreiben zu lernen. Die Methode schlägt vor, zu
36 Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens, marixverlag, Wiesbaden 2007, Seite 85.
einem Oberbegriff Unterbegriffe zu finden, die durch eine Verästelungsstruktur miteinander
verknüpft werden.
3 Cluster – Ideenfindung, Überarbeitung
Das Cluster als Methode ist dem Brainstorming eng verwandt und bedient sich der gleichen
Mechanismen der Ideenfindung. Die Methode des Clusterings ist eine Ergänzung zum
Brainstorming, wobei Beziehungen (Cluster) zwischen den einzelnen Begriffen hergestellt werden.
Ausgehend von solchen Clustern können dann weitere Unterbegriffe gesucht werden.
Das Cluster kann thematisch eingeschränkt werden, zum Beispiel indem nur Titel und Zwischentitel
gesucht werden, die den Inhalt treffend darstellen.
4 Wortassoziationen / Lexikontechnik – Ideenfindung
Bei Wortassoziationen lässt man sich von einzelnen Schlüsselwörtern zu einem Schreibimpuls
inspirieren. Dies kann der eigene Name sein oder auch anders gefundene Worte. Hierbei nimmt die
Lexikontechnik als eine Zufallstechnik eine herausragende Rolle ein. Bei dieser schlägt man ein
Lexikon zufällig auf, wählt ein zufälliges Wort aus und nimmt dieses als Inspiration für eine
Geschichte. Natürlich kann man auf diese Weise auch mehrere Worte ermitteln und eine komplette
Erzählung daraus spinnen. Statt eines Lexikons kann man auch die Bibel oder ein anderes Buch
nehmen. Diese Technik ist auch als Bibelstechen oder Lexikonstechen bekannt.
5 Anagramm – Zufallsfunde Buchstaben „Namen“ –
Ideenfindung
Zu den Zufallstechniken, die zur Ideenfindung beitragen gehört, dass man zum Beispiel den eigenen
Namen nimmt und zu jedem Buchstaben einen Begriff aufschreibt. Anschließend soll man aus den
Begriffen eine Geschichte schreiben. Das führt häufig zu ebenso lustigen wie kreativen
Ergebnissen.
Dies kann man auch in den schon bestehenden Schreibprozess integrieren, indem man zwar auf
zufällige Weise Worte finden lässt, diese aber auf einen konkreten Schreibanlass bezieht.
Bei dieser Zufallstechnik muss man nicht unbedingt auf den eigenen Namen zurückgreifen. Man
könnte auch die Buchstaben eines Themas, z.B. „Western“ oder „Oper“ nehmen oder einfach
zufällig eine Anzahl von Begriffen auswählen.
6 Tagesablauf – Ideenfindung / Schreiben
Bei der Methode Tagesablauf legt man zwei Spalten an. In die linke, schmalere Spalte schreibt man
alle Zeiten und Orte auf und in die rechte, breitere Spalte schreibt man seine Gefühle, Gedanken,
Pläne und Reflexionen.
Auf diese Weise lassen sich Ideen finden, sei es für ein neues oder sei es für ein bestehendes
Projekt. Außerdem erfordert diese Übung, dass man kontinuierlich schreibt und nicht zuletzt erfährt
man auch etwas über sich selbst.
7 Aufzählungen und Inventare
Bei der Schreibtechnik der Aufzählungen und Inventare geht es darum, alles in einem Raum oder zu
einer Sache gehörende aufzuzählen. Bald ergibt sich daraus ein Ordnungssystem und mit diesem
Ordnungssystem entsteht eine Dramaturgie bzw. ein roter Faden.
8 Zeitung – Ideenfindung
Es gehört zu den Klassikern der Ideenfindung, dass Autoren von kürzesten Nachrichten zu ganzen
Romanen inspiriert wurden. Was liegt also näher, als sich durch die Zeitungslektüre zu Ideen
anregen zu lassen? Je nach gewünschtem Schreibziel kann man eine andere Rubrik als
Inspirationsquelle lesen.
9 Sprichworte und Redewendungen – Ideenfindung
Der Titel dieser Methode sagt eigentlich schon alles. Man nimmt eine Redewendung oder ein
Sprichwort und nutzt dies als Inspiration für eigene Ideen. Da die Redewendung bloß der
Ausgangspunkt ist, kann man diese Methode gut mit anderen Methoden verknüpfen, die das
Schreiben systematisch einschränken und so zu einer fokussierteren Übung gelangen.
10 Alphabet der Vorlieben und Abneigungen – Ideenfindung
Bei der Methode des Alphabets der Vorlieben und Abneigungen werden die Buchstaben von A bis Z
aufgeschrieben. Daneben wird in zwei Spalten aufgeschrieben, was man mag und was man nicht
mag.
Dies ist weitgehend eine Zufallsmethode und folgt somit zum Beispiel dem Lexikon- bzw.
Bibelstechen.
11 Bildassoziationen – Ideenfindung
Bildassoziationen funktionieren wie die Wortassoziationen als Schreibimpuls, bloß dass in diesem
Fall ein Bild als Ausgangspunkt genommen wird. Das kann ein altes Foto sein, ein Bild aus einer
Zeitschrift oder ein sonstwie gefundenes Bild.
12 Mit allen Sinnen… – Sinnesassoziationen
Wenn der Mensch schon fünf (bis sechs) Sinne hat, dann macht es Sinn, diese auch als
Schreibanlass zu nutzen. Ob Düfte, Geräusche, Geschmäcker, Bilder oder alles, was man spüren
kann – die Konzentration auf nur einen der Sinne und die darum besonders scharf wahrgenommen
werden, dient als Schreibanlass.
Diese Übung ist insbesondere darum gut, da in der Literatur ohnehin Sinneseindrücke beschrieben
werden müssen.
Als Variation können auch mehrere Sinne geprüft und beschrieben werden.
Restaurants, Jahrmärkte, Tierhandlungen sind gute Orte, um diese Übung zu beginnen – sei es als
Gedankenspaziergang oder ganz real. Welcher Geruch erinnert vielleicht an eine Begebenheit aus
der Kindheit oder eine besonders starke Emotion?
So wie es Wort- und Bildassoziationen als Schreibimpuls gibt, so gibt es aus Sinnassoziationen.
Hierbei nimmt man Sinneseindrücke als Ausgangspunkt.
13 Zwei Spalten
Bei der Methode der Zwei Spalten schreibt man zunächst in einer ersten Spalte einen Text. Hierfür
kann man sich einer der vielen anderen Methoden bedienen, zum Beispiel dem Freewriting oder
dem automatischen Schreiben. Wenn man dann die erste Spalte gefüllt hat, dann schreibt man in die
zweite Spalte Kommentare zur ersten Spalte. Warum habe ich das so geschrieben? Was löst das
Geschriebene in mir aus? Gibt es biografische Bezüge? und viele weitere Fragen können dabei
angegangen werden.
Mit der Einschränkung bzw. Variation der Fragen kann man bestimmte Schwerpunkte setzen. Zum
Beispiel kann man bei einem therapeutischen Ansatz verstärkt biografische Aspekte beleuchten und
Probleme hervorheben. Im schulischen Umfeld könnte man in der Schule auftretende Fragen in den
Fokus nehmen: wie lerne ich? Was heißt Lernen? Wie gehe ich mit Autoritäten um?
14 Der Textplan
Die Methode des Textplans sieht vor, dass ein Text in sinnvolle, aufeinander folgende Abschnitte
eingeteilt werden kann – und zwar bevor er geschrieben wird. Ein guter Text entsteht, indem er
vorher in einzelnen Abschnitten geplant wurde. 37 Dieser Plan kann in Tabellenform erstellt werden
oder als Zwischenüberschriften oder auch auf andere Weisen. Bei erfahreneren Schreibern enthält
der Textplan nicht nur eine Benennung des Inhalts, sondern auch Hinweise auf die Funktion für das
Textganze und zusätzlich noch – je nach Erfahrung – Hinweise auf beabsichtigte Wirkungen.
15 Limerick – Fantasie
Das Limerick ist ein Kurzgedicht mit dem Reimschema abbab, in dem eine skurrile Situation
geschildert wird. Es zählt zu den Nonsensegedichten, macht gerade darum viel Spaß.
Typischerweise beginnt ein Limerick mit einer Ortsangabe oder einer Landschaft, worauf dann die
komische Situation folgt.
16 Reimwörter – Schreiben
Bei der Technik der Reimwörter wird ein Reimschema vorgegeben, welches dann erfüllt werden
muss. Viel Spaß macht es, diese Technik als Reihumspiel zu spielen, so dass am Ende ein (mehrere)
Reihumgedicht entsteht.
37 Vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Hrsg.): „ ... dieses zeilenförmige Aneinanderreihen
von Zeichen“ Schreiben in schulischen Kontexten – Module zur Förderung der Schreibkompetenz, Berlin 2018, S.
26.
17 „Ja, aber“ und „Nein, und“-Methode – Schreiben
Bei dieser Methode geht es darum, Szenen weiter zu entwickeln oder zu verkomplizieren. Man
kann mit dieser Methode sowohl schreiben, als auch verdichten. Man muss sich fragen, welches
Ziel der Protagonist in der konkreten Szene erreichen will. Erreicht er es, kann man anschließen mit
„ja (er hat es geschafft), aber…“. Erreicht er sein Ziel nicht, dann folgt, „nein, und (nun tut er dies
oder das)“.
Diese Methode ist einfach, aber effektiv und kann sowohl auf der Ebene der Szene als auch im
Hinblick auf das Gesamtwerk angewendet werden.
18 Freewriting – Schreiben, Blockade
Das Ziel des Freewritings ist es in den Schreibfluss zu kommen. Darum schreibt man mit Stoppuhr
für zehn bis fünfzehn oder auch mehr Minuten einfach drauflos (alternativ zu einem Thema) und
man kontrolliert nicht, ob das, was man schreibt auch Sinn macht. Spontaneität und das Schreiben
an sich stehen im Vordergrund, nicht der Inhalt, die Richtigkeit oder Stil. Darum ist es wichtig, dass
man durchgehend schreibt und keine Pausen einlegt. Wenn einem nichts mehr einfällt, wiederholt
man das letzte Wort oder den letzten Satz so lange, bis sich neue Worte und Sätze ergeben.
Diese Methode eignet sich insbesondere für gehemmte Schreiber, da Schreibhemmung häufig aus
einem inneren Kritiker besteht, der sagt, dass man nicht genüge. Da man mit dieser Schreibtechnik
niemandem genügen muss, kann man sich hiermit gut befreien.
Das Freewriting meint eine Methode, bei der man sich frei schreibt, indem man immer weiter
schreibt und wenn man keine neuen Worte findet, wiederholt man einfach das letzte Wort oder
zeichnet Wellenlinien, bis man neue Worte gefunden hat. Beim Freewriting steht der Schreibfluss
im Vordergrund, es wird auch eingesetzt, um Schreibblockaden zu überwinden.
Das Freewriting begegnet auch ganz direkt dem Perfektionismus, den viele Autoren pflegen. Indem
man nämlich explizit nicht auf seine innere Stimme hört, blendet man diesen übergenauen, inneren
Kritiker aus.
19 Automatisches Schreiben
Das Automatische Schreiben schreiben ist dem Freewriting sehr ähnlich, wobei es weniger um
den kontinuierlichen Schreibfluss geht und mehr darum, sein Unterbewusstsein zu aktivieren und
zum „Sprechen“ zu bringen. Das Automatische Schreiben zielt darauf ab, das rationale Denken
auszuschalten, um so zum Unterbewussten vorzudringen.
20 Reihum – Ideenfindung
Die Methode des Reihum gehört zu den Schreibspielen, man muss sie in einer Gruppe spielen. Bei
dieser Methode schreiben die Teilnehmer einzelne Worte, Satzteile oder Sätze auf einen Zettel
falten den Zettel so, dass das Geschriebene nicht zu sehen ist und geben den Zettel weiter. Auf
dieser Weise entstehen Unsinnssätze oder gar -texte. Sie eignet sich insbesondere, um
Kurzgeschichten oder Gedichte zu verfassen. Diese Methode wird auch als verdeckter Satz
bezeichnet.
Spielerisch und motivierend ist diese Methode, da man sie nur mit anderen gemeinsam und nicht
alleine durchführen kann. Außerdem steht natürlich der Spaß im Vordergrund, weil man durch das
Zufallsverfahren keine große Literatur erwarten kann. Gleichzeitig kann man nicht erwarten, dass
auf diese Weise große, tiefe Literatur entsteht.
21 Klopfworte – Ideenfindung
Bei der Methode der Klopfworte gibt es einen „Spielleiter“, der klopft und immer wenn er klopft,
wird das Schreiben unterbrochen oder erneut begonnen. Wichtig ist hierbei, dass die Zeit ein
bestimmender Faktor wird und man somit weniger selbstkritisch schreibt. Gerade in Gruppen
kommt es schnell zu lustigen und somit entkrampfenden Situationen.
22 Ding-Perspektive
Man denkt sich in einen Gegenstand oder ein Tier hinein und schreibt aus dessen Perspektive eine
Ich-Erzählung. Wie ist es, ein Toaster zu sein oder ein Hund. Was erlebt man als Achterbahn oder
als Sitz in einer S-Bahn. Welche Gefühle, Freuden und Ängste hat man dabei?
23 Vom Genre inspirieren lassen – Ideenfindung / Schreiben
Ein anspruchsvoller Schreibimpuls lässt sich aus den verschiedenen Genres ableiten. Hierbei geht
es darum, sich die Regeln des jeweiligen Genres bewusst zu machen, seien es Detektivgeschichte,
Märchen, Liebesgeschichte oder andere, und innerhalb des Genres eine Geschichte zu erfinden.
Als Hilfestellung können verschiedene Vorgaben herangezogen werden wie zum Beispiel die
zentralen Figuren oder eine Ausgangssituation. Natürlich sind auch andere Hilfestellungen denkbar,
wie die Abwandlung eines bekannten Stoffes, die Vorgabe des Konflikts und viele weitere
Rahmenbedingungen.
24 Innen und Außen
Für diese Methode ist es sinnvoll, wenn man zu mehreren daran arbeitet. Zunächst erfindet jeder
eine Figur in einer Situation und schreibt dies auf. Diese Figuren gehen dann reihum und der erste
schreibt, was die Person gerade sagt und der zweite schreibt, was die Person in dieser Situation
denkt. Auf diese Weise zeigt sich, dass Reden und Denken durchaus unterschiedliche Dinge sein
können.
25 Ein vorgegebener Satzanfang – Ideenfindung / Schreiben
Unter Verlegern, Literaten und Literaturagenten gilt, dass ein guter erster Satz für einen Roman
absolut wichtig ist. Überspitzt formuliert, setzt der erste Satz die Tonalität für den gesamten
folgenden Text und er löst enorm viel in den Köpfen der Leser aus. Darum eignet sich ein
vorgegebener, erster Satz auch gut zum Weiterschreiben – meistens löst er sofort viele Ideen aus.
Die Übung mit dem Anfangssatz, hilft bei kreativen Ideen.
•
26 Schneeball – Schreiben
Bei der Schneeball-Methode schreibt man ein Gedicht, wobei mit jeder Zeile ein Wort hinzu
kommt. Erst ein Wort, dann zwei Worte, dann drei Worte – bis man sieben Worte hat. Anschließend
kann man den Schneeball auch wieder abschmelzen, bis man wieder bei einem Wort angelangt ist.
27 Das Homonym
Ein Homonym ist ein Wort, das für verschiedene Begriffe steht, umgangssprachlich auch
Teekesselchen genannt. Dieses Homonym soll im ersten und im letzten Satz einer Geschichte
stehen und zwar einmal in seiner ersten Bedeutung und dann in seiner anderen Bedeutung. Solche
Homonyme könnten sein: Bank (Geldinstitut und Sitzgelegenheit), Schloss (herrschaftliches
Gebäude und Gegenstand zum Verriegeln).
Gefördert wird mit dieser Methode der Wortschatz und das Gefühl für den Umgang mit Wörtern.
Indem ein Wort zwei (oder mehr) Bedeutungen haben kann, wird auf die Vielschichtigkeit der
Sprache aufmerksam gemacht.
28 Wortanzahlvorgabe
Bei der Vorgabe eines festen Wortkontingents geht es zuerst darum, ins Schreiben zu kommen und
dann darum, einen Text auf den Punkt fertig zu bekommen. Die Vorgabe der Menge der Worte sollte
lieber niedrig als hoch sein, damit man ökonomisch schreibt und der Text am Ende straff ist. Lieber
also 30 Wörter als 3000. Sinnvollerweise verknüpft man die Wortanzahlvorgabe mit einer
thematischen Vorgabe.
29 Traumdeutung – Schreiben
Bei der Traumdeutung liest man einen Text und anschließend tut man so, als sei der Text ein Traum
gewesen, aus dem man gerade erwacht sei. In der Folge setzt man sich dann aus der Ich-Perspektive
mit dem Traum auseinander. Was könnte er bedeuten, was will er wohl sagen, warum hat man den
Traum ausgerechnet an diesem Tag geträumt und weitere Fragen.
30 Perspektivisches Schreiben
Die Schreibtechnik des Perspektivischen Schreibens ist sehr empfehlenswert, da mit dieser Methode
die Grundlage der Perspektivenübernahme (vgl. Kap. /x/) geschult wird. Hierbei wird dieselbe
Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven erneut geschrieben. Dies kann einmal durch den
Wechsel der personalen Perspektive geschehen, zum Beispiel aus der Ich-Perspektive zur Er-
Perspektive oder hin zum auktorialen Erzähler.
Dies kann natürlich ganz organisch mit einer Geschichte verknüpft werden, indem Der
Perspektivwechsel kann auch vollzogen werden, indem man in eine andere Figur schlüpft. Dieselbe
Geschichte wird dann aus der jeweiligen Perspektive der einzelnen Figuren erzählt wird. Hierzu
bietet sich zum Beispiel die Fabel „Kleine Fabel“ (1931) von Franz Kafka an.
31 Von der Figur ausgehen – Schreiben
Bei dieser Schreibtechnik geht man von einer Figur aus und folgt den Impulsen, die durch ihren
Charakter ausgelöst werden. Dafür muss einem die Figur gut bekannt sein oder gut gut vorgestellt
werden.
Diese Übung eignet sich gut, weil die Abfolge der Handlung zurücktritt hinter die Figur und so
leicht ein Schreibfluss hergestellt wird. Außerdem lernt man auf diese Weise seine Figuren besser
kennen, was später sehr hilfreich ist.
Problematisch ist, wenn Teilnehmer die Figur nicht richtig erfassen, denn dann können sich die
Handlungen nicht logisch aus der Figur ergeben.
32 Notizen machen – Schreiben
Man schreibt und plötzlich kommt einem eine Idee für den Schluss oder auch eine besonders
prägnante Charaktereigenschaft für eine der Figuren oder auch nur dafür, was man am Abend
leckeres essen könnte. Wer nun den aktuellen Absatz verlässt, um den vermeintlich wichtigen
Gedanken sofort umzusetzen, unterbricht seinen Schreibfluss. Viel besser ist es, den Gedanken kurz
auf einem Notizzettel (oder in einer Notizdatei) festzuhalten und weiter dem Schreibfluss zu folgen.
33 Die Figurenbiografie – Ideenfindung
Viele Autoren schreiben Biografien für ihre Figuren. Dies kann als tabellarischer Lebenslauf oder
auch aus der Ich-Perspektive geschehen, als Polizeireport oder als Fanartikel. Wichtig ist, dass man
seine Figuren auf diese Weise besser kennen- und verstehen lernt.
Hierzu gehören nicht nur die biografischen Rahmendaten, sondern auch zum Beispiel wie die Figur
spricht, welche Ziele sie verfolgt oder Ticks. Eigentlich alles, was einen Menschen lebendig macht.
34 Interview – Ideenfindung
Wenn man als Autor an einer Stelle nicht weiter kommt, kann man ein fiktives Interview führen,
zum Beispiel mit einer Figur oder einem Schaupalatz. Dadurch lernt man seine Figuren,
Schauplätze etc. besser kennen und erfährt vielleicht auch noch neue Aspekte.
35 Präzisierungen – Schreiben
Bei der Methode der Präzisierung geht es darum, in einen bestehenden Text einzugreifen und
einzelne Aspekte zu präzisieren. Was zum Beispiel trägt denn die Hauptfigur typischerweise? Wo
und was isst sie zu Mittag? Was geschieht auf der anderen Straßenseite und wie sieht die Küche des
Hauses aus, in dessen Wohnzimmer die Handlung gerade spielt. Es kann auch eine Vorgeschichte
einer Figur geschrieben werden oder ein Epilog zu einer Figur.
Wichtig ist bei dieser Methode, dass sich die Präzisierungen aus Anhaltspunkten ergeben, die im
Text vorhanden sind, d.h. die Präzisierungen dürfen nicht komplett frei erfunden werden.
36 Eine Geschichte beenden – Schreiben
Eine Geschichte zu beenden ist eine Übung, die auch das analytische Lesen trainiert, da es nicht nur
darum geht, den Plot zu einem Ende zu führen, sondern auch die Figuren konsistent weiter zu
entwickeln und möglichst auch den Stil der Geschichte zu bewahren. All dies muss erfasst werden,
bevor man die Geschichte weiter spinnen kann.
Positiv hervorzuheben sind die Vergleichbarkeit der dadurch entstehenden Texte, da alle von einem
sehr ähnlichen Punkt starten. Einschränkend ist allerdings, dass die Kreativität nicht nur im Inhalt,
sondern auch im Stil eingeschränkt wird.
37 Erinnerungen / Tagebucheintrag - Schreiben
Texte können auch zu Tagebucheinträgen, also aktuelle Reflexionen, oder zu nachträglichen
Erinnerungen umgearbeitet werden. Somit wird der aktuelle Text reflektiert und gleichzeitig zum
Schreiben angeregt.
38 Vorbild / Lieblingstext – Schreiben
Bei der Methode des Vorbildes nimmt man einen bekannten, fertigen Text und schreibt ihn nach –
allerdings muss man zumindest einen Teil verändern. Es bietet sich an, den eigenen Lieblingstext zu
wählen. Hier kann man entweder das Thema übernehmen, den Stil nachahmen, Figuren verwenden
oder ähnliches.
39 Leserbrief – Überarbeiten
Der Leserbrief als Methode des Schreibenlernens sieht vor, dass man einem Autor einen
(fiktionalen) Leserbrief schreibt. Hierfür muss man sich mit einem bestehenden Text
auseinandersetzen, so dass man quasi Vorschläge zur Überarbeitung einbringen kann oder auch
einfach nur aufschreibt, was gelungen ist. Reizvoller für fortgeschrittene Schreiber ist diese
Aufgabe, wenn man thematische Schwerpunkte setzt wie zum Beispiel die
Figurencharakterisierung, die Einführung von bestimmten Orten oder ähnliche Aspekte. Auf diese
Weise steigt die Herausforderung.
Ob man den Brief am Ende tatsächlich abschickt oder ihn schlicht als Schreibübung begreift, ist
jedem natürlich selbst überlassen.
40 Telefonat – Überarbeiten
Bei der Methode des Telefonats wird im Anschluss an einen Text aus der Perspektive einer der
Figuren ein fiktionales Telefonat mit einem Freund oder einer Freundin geführt, wo die
beschriebene Handlung reflektiert wird.
Diese Methode ist insbesondere geeignet, da diese Art des Umgangs aus dem eigenen Alltag
bekannt und vertraut sein sollte.
41 Rollenspiel – Überarbeiten
Nahezu alle Texte lassen sich szenisch darstellen und im Rollenspiel zeigt sich, ob Figuren und
Handlung sorgfältig ausgearbeitet wurden.
Eine Steigerung des Rollenspiels wäre die Pantomime, da der Text dann nur mit Mimik und Gestik
vorgetragen werden kann. Dies ist als Feedback ebenso experimentell wie die Text zu tanzen. Alle
drei Strategien können helfen, die Kreativität für den Text zu aktivieren.
42 Textreduktion – Überarbeiten
Bei der Methode der Textreduktion geht es darum, einen längeren Text sinnvoll zu kürzen und dabei
die veränderte Wirkung wahrzunehmen. Erlach und Brenner schlagen sogar eine ganz radikale
Kürzung auf die wichtigsten Aussagen vor 38 , aber das wäre ja eine Entnahme der zentralen
Gedanken eines Textes und insofern mehr Textverstehen oder Textanalyse als kreatives Schreiben.
Tatsächlich müssen nach der Textreduktion die folgenden Fragen noch sinnvoll gestellt werden
können. Was ändert sich im Rhythmus, was in der Tonalität, welche Auswirkungen haben die
Reduktionen auf den Inhalt?
Offensichtlich fördert diese Übung die Fähigkeit des Überarbeitens, denn nichts anderes wird
verlangt. Vielen dürfte diese Herangehensweise entgegen kommen, da sie nicht einen eigenen Text
kürzen müssen, sondern einen Fremdtext – was einem naturgemäß zu Beginn leichter fällt. Diese
Überarbeitung kann man dann natürlich übertragen.
43 Wechsel in Genre, Gattung oder Medium – Überarbeiten
Eine reiz- aber auch anspruchsvolle Übung ist der Wechsel des Genres, der Gattung oder des
Mediums. Hierfür braucht man einen Ausgangstext, zum Beispiel eine Fabel oder eine
Kurzgeschichte, der dann in eine andere Gattung, zum Beispiel Bericht, Gedicht oder Szene
übertragen wird, oder in ein anderes Medium übersetzt wird, zum Beispiel den Film. Beim Wechsel
der Gattung könnte man einen dramatischen Text in ein Gedicht übertragen oder ein Gedicht in
einen epischen Text.
Diese Aufgabe ist herausfordernd, weil man dazu zunächst die Regeln der zu erreichenden Gattung
oder des Genres kennen und diese dann auch noch treffend bedienen muss.
Das Anlegen eines Regiebuchs wäre eine Möglichkeit das Medium zu wechseln. Dies kann
aufgefächert werden, je nachdem wie genau sich die Teilnehmer mit dem Medium Film auskennen.
Als Minimalanforderung gelten, dass Dialoge und Handlung geschrieben werden. Besser ist es
jedoch, wenn auch auf die Kameraarbeit und die Töne eingegangen wird.
Diese Strategie ist auch unter den Begriffen Prosaisierung oder Poetisierung bekannt.
38 Vgl. Erlach, Dietrich / Brenner, Gerd: Kurzprosa: Kreatives Schreiben und Textverstehen. Kursthemen Deutsch,
Cornelsen Verlag, Berlin 2000, S. 9.
44 Weiterarbeit: Material einbringen
„Material einbringen“ heißt, dass in man einen schon existierenden Text neue Impulse herein gibt
und in diesem Fall eben Material wie Eisen, Stein, Holz. Dabei wird das Material gemeinsam mit
einer Eigenschaft hinzugefügt, zum Beispiel Eisen, kalt, und dieses Material muss mit der
Eigenschaft eine Rolle im Text spielen.
Auf diese Weise wird der eigene Text spielerisch überarbeitet.
45 „gut gemacht“ – Rückmeldung
Die Methode „gut gemacht“ hilft, Stärken eines Texts zu entdecken. Hierbei merkt man sich ein bis
drei Formulierungen, die besonders gut gelungen sind und begründet, warum man dies so
empfindet. Bei jüngeren Zuhörern bietet es sich an, nur auf eine Formulierung zurückzugreifen und
bei älteren Zuhörern können es gerne drei Formulierungen sein.
Diese Formulierungen können sich auf die Sprache beziehen (Stil, besondere Wortwahl), den Inhalt
(wo wird es spannend, wann ist ein Charakter treffend dargestellt) oder die Form (gelungene
Einführung eines neuen Orts, einer neuen Figur, geschickter Zeitwechsel).
46 Anwalt des Textes – Rückmeldung
Bei der Methode „Anwalt des Textes“ wird ein Text inhaltlich oder gestalterisch verteidigt.
Natürlich können bei dieser Methode auch wieder verschiedene Schwerpunkte gesetzt werden und
sie kann erweitert werden, indem man auch einen Staatsanwalt (Ankläger) und Richter hinzufügt.
Diese Methode ist auch als „Disputation“ bekannt.
47 Der Lektor – Rückmeldung
In Buchverlagen arbeiten Lektoren, die eingesandte Manuskripte (Texte) auf ihre Eignung als Buch
prüfen und gemeinsam mit dem Autor an Verbesserungsmöglichkeiten arbeiten. Die Methode „Der
Lektor“ setzt hier an, indem man in die Rolle eines Lektors schlüpft und überlegt, ob man den Text
empfehlen kann oder nicht und dies auch begründet. Etwas schwieriger, dafür besonders reizvoll ist
es, einen Text unter der Bedingung anzunehmen, dass man folgende Punkte verbessern darf.
Anschließend werden die Vorschläge benannt.
Natürlich kann diese Methode zugespitzt werden, indem man die Kriterien, auf die es zu achten gilt,
genau festlegt.
48 Die Gesellschaft – Rückmeldung
Bei dieser Methode wird zunächst das Thema eines Textes benannt oder der Themenkomplex.
Anschließend geht es darum, dieses Thema in aktuellen gesellschaftlichen Strömungen oder
Ereignissen zu verorten. Was könnte die Inspiration für dieses Thema gewesen sein? Gibt es
vielleicht aktuelle Vorbilder?
Auf diese Weise lassen sich Motive und Themen besser verstehen und bewusster anwenden.
49 Nur ein Satz – Rückmeldung
Diese Methode ist nur in Gruppen wirklich praktikabel. Hierbei schreibt jeder in nur einem Satz ein
Urteil zu einem Text auf einen Zettel, faltet diesen Satz nach hinten weg, so dass er nicht mehr zu
lesen ist und gibt den Zettel an seinen Nachbarn weiter. Am Ende hat man so viele urteilende Sätze
wie Gruppenmitglieder.
Auf diese Weise erhält man einen pointierten, unvoreingenommenen Einblick in einen Text.
50 Fachleute
Eine Variation des Lektors sind die Fachleute. Während der Lektor einen Text eher als Ganzes
erfasst, sind die Fachleute für einzelne Elemente verantwortlich, zum Beispiel die Rechtschreibung,
die Logik, die Figuren etc. Die Methode „Fachleute“ eignet sich also auch für jüngere Schreiber,
während „der Lektor“ an ältere und erfahrenere Schreiber wendet.
Wie bei „der Lektor“ halten auch die „Fachleute“ ihr Urteil schriftlich fest und tauschen sich mit
den anderen Fachleuten (Teilnehmer der Gruppe) aus.
51 Zeitsprung – Sprache, Stil
Der Zeitsprung ist eine gute Methode, um einen bestehenden Text zu übertragen und sich diesem
darum anzunähern. Zum Beispiel könnte man „Die Leiden des jungen Werther“ ins 21. Jahrhundert
zu übertragen oder Schillers „Die Räuber“ in ein aktuelles Setting mit Bankern oder in den Kontext
des Millionenspiels im Leistungssport.
Bei der Übertragung stellt man sich eine Reihe von Fragen, die die Figuren oder auch die Handlung
betreffen. Insofern kommt man auch dem Ausgangstext deutlich näher. Zudem gibt es hier die
Möglichkeit, direkt an der Sprache zu arbeiten, indem man diese und insbesondere die wörtliche
Rede aktualisiert.
52 Übersetzung – Sprache und Stil
Bei der Strategie der Übersetzung wird der Text in eine andere Sprache übersetzt. Dies muss nicht
unbedingt eine Fremdsprache sein. Es kann sich auch um einen Dialekt, einen Soziolekt oder um
Jugendsprache handeln.
Die Übersetzung, d.h. der Austausch von Worten, erfordert sehr genaues Lesen und gibt auf diese
Weise ein Feedback über die eingesetzte Sprache.
53 Fremdwörterplage
Bei der Fremdwörterplage wird ein Text mit so vielen Fremdwörtern als möglich angereichert. Dies
hilft bei der Arbeit am Stil, weil man die Wirkung unterschiedlicher Wortwahl gut erfassen kann.
Diese Strategie hat außerdem dem Vorteil, dass sie sehr lustig sein kann und und bildlich vor Augen
führt, welchen Schaden Fremdwörter in einem literarischen Text anrichten können.
54 Fotostory – Fantasie
Man kennt sie aus der Bravo, die Foto-Lovestory. Warum also nicht auch den eigenen Text als
Fotostory umsetzen? Diese kreative Herangehensweise fördert die Fantasie, da man mit dem
eigenen Text weiterarbeitet. Bei der Umsetzung in ein anderes erzählerisches Medium können
natürlich Fehler in der Dramaturgie oder der Logik des eigenen Textes auffallen, die dann
ausgebessert werden.
55 Folge dem Klang – Fantasie
Es geht in der Literatur nicht immer nur um den Inhalt, manchmal geht es einfach darum, wie sich
etwas anhört. In Gedichten ist das oft der Fall, aber auch in anderen Textsorten ist das wichtig. Die
Alliteration ist ein gutes Beispiel dafür.
Wenn man mit Klang erzählt, geht es darum, Worte und Sätze zu benutzen, die Themen wie Wut,
Trauer, aber auch Prüfungsstress, Streit mit Freunden etc. auch auf der Ebene des Klangs
ausdrücken.
56 Fantasiereisen – Fantasie
Angeleitete Fantasiereisen können ebenfalls als Ausgangspunkt für das Kreative Schreiben
genommen werden. Hierbei spielt jedoch die Reise eine wichtige Rolle, weswegen sie bewusst
ausgewählt und angeleitet werden muss.
57 Walt-Disney-Methode
Schreibspiele
Elfchen
Haiku
Akrostichon (die Buchstaben eines Wortes untereinander geschrieben bilden den Anfang je
einer Textzeile)
Dieser Text sollte soweit fertig sein, dass er sinnvoll aufgebaut, angenehm lesbar und vor allem
hilfreich ist. Er ist, wie manche Texte im Internet, in dem Sinn unabgeschlossen, dass ich ihn auf
Anregung gerne ergänze oder auch Fehler tilge.
9 Fazit
Das Buch des Schulbuchverlags ist natürlich am deutlichsten auf die schulische Praxis ausgerichtet
und insofern brauchbar, als dort passende Texte enthalten sind – was nicht in jeder Literatur immer
der Fall ist.
Das Buch von Lutz von Werder (&x&) ist überladen und wirkt aufgebläht. Sicher enthält es den
meisten Inhalt, es hat ja auch die meisten Seiten, aber es ist unnötig aufwendig die interessanten
Inhalte zu entnehmen. Zudem wirkt es an vielen Stellen wie angelesen und darum oberflächlich.
10Literatur
• Clark, Roy Peter: Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben. Handbuch für Autoren,
Journalisten & Texter, Autorenhaus Verlag, Berlin 2009
• Erlach, Dietrich / Brenner, Gerd: Kurzprosa: Kreatives Schreiben und Textverstehen.
Kursthemen Deutsch, Cornelsen Verlag, Berlin 2000.
• Gesing, Fritz: Kreativ Schreiben. Handwerk und Techniken des Erzählens, Dumont
Buchverlag, Köln 1994
• Hollmann, Axel / Johanus, Marcus: Romane schreiben und veröffentlichen für dummies,
Wiley Verlag, Weinheim 2019.
• Leis, Mario: Kreatives Schreiben. 111 Übungen, Reclam Universal-Bibliothek, Stuttgart
2017
• Werder, Lutz von: Lehrbuch des kreativen Schreibens, marixverlag, Wiesbaden 2007
• Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Hrsg.): „ ... dieses zeilenförmige
Aneinanderreihen von Zeichen“ Schreiben in schulischen Kontexten – Module zur
Förderung der Schreibkompetenz, Berlin 2018
• http://ein-buch-schreiben.com/kreativitaetstechniken-autoren-ideen/, geprüft: 5.12.2018
• https://de.wikipedia.org/wiki/Kreatives_Schreiben , geprüft: 5.12.2018
• https://schreibhaus.wordpress.com/2015/09/06/methoden-des-kreativen-schreibens-vomassoziativen-schreiben-bis-zum-schreiben-nach-stimuli/,
geprüft: 5.12.2018