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Der Skifahrer 2020/21

Winterprogramm des TSV Haarbach Abt. Ski/Inline

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Seite 24 Winterprogramm 2020/2021

August 1914: Für das Val di Fassa beginnt

eine der dramatischsten Epochen der

Geschichte, die dieses Gebiet, seine Kultur

und seinen Alltag für immer prägen wird.

Schon im darauffolgenden Jahr wird das

Tal zum Schauplatz der blutigen Gefechte

zwischen der k. u. k. Armee und dem Heer

des Königreichs Italien. Sie konzentrieren

ihre Truppen auf der

Marmolada, auf der Costabella Gruppe

und der Cima Bocche. Auf den zur Frontlinie

werdenden Bergen trennen die beiden

Heere an einigen Stellen nur wenige Meter.

In den Felsen gehauene oder ausgehobene

Schützengräben, Reste von Baracken,

Tunnelsysteme sowie zahlreiche Funde

von Kriegsmaterial bleiben als stumme und

ergreifende Zeugen dieser finsteren Zeit.

„In den Dolomitentälern hat der Große

Krieg, wie ein Wirbelwind, alles ausgerottet,

überwältigt und verändert:

Berge, Wälder, Dörfer und Leute.“

(L. Palla)

Geschichtsunterricht in den Ferien

Ein Beitrag von Constanze Kuball

Nach dem Passieren des Cima di Campagnacia

steigen wir in den zweiten, historisch

bedeutenderen Teil des Klettersteigs.

Val di Fassa

Wir sind an diesem Tag fast die einzigen

Kletterer an diesem Ort. Es ist still und

keine modern farbigen Funktionskleidungsträger

stören die Szenerie. Im

Kopf entsteht das Bild der kämpfenden

Soldaten. Kanonen donnern und Granaten

schlagen ein.

Gruselig.

Wir laufen weiter über schmale wackelige

Bretter am Abgrund, dünne Eisenstifte,

steile Grate, finstere Tunnel und kommen

an die hintere Linie der Italiener.

Seitenstollen lassen gelegentlich etwas

Tageslicht in die von kalter Zugluft durchwehten

Tunnel.

Von Weitem sieht man einen eiförmigen

Fels.

Heute, 106 Jahre später:

vom Parkplatz auf dem San Pellegrino Pass

steigen wir in Richtung Costabella Kamm

auf über 2.500 m Höhe, dem Einstieg des

Bepi Zac Klettersteigs entgegen. Unterhalb

der Anseilstelle befindet sich das erste

Mahnmal.

Ein Kreuz, mit Fundstücken, Votivgaben

und rostigem Stacheldraht versehen.

Immer wieder stoßen wir entlang des

Klettersteigs auf verwitterte Hölzer, die

einmal als Baumaterial für Unterstände der

Soldaten dienten. Stacheldrahtstücke und

rostige Nägel liegen überall herum. Die

Natur hat sich vieles schon zurückerobert.

Sogar einige wenige Edelweiß sind auf den

kargen Bergwiesen zu sehen.

Direkt am Cima di Costabella befindet sich

eine weitreichende Frontlinie. Es ist nicht

zu begreifen, wie damals diese vielen

verzweigten Tunnel angelegt wurden.

Wer hat das Material nach oben geschleppt?

Werkzeug, Holz, Stahl,

Zement, Proviant, Waffen.

Das alles muss doch irgendwer

getragen haben?

Egal ob im Sommer oder

im Winter. Man mag nicht

darüber nachdenken.

Unübersehbar liegen hier

viele rostige Metallteile.

Es braucht nicht viel Fantasie,

um sie als Granatsplitter,

Zünder und Waffenteile

zu identifizieren.

Die Schützenstellungen

liegen keine 50 m auseinander.

Wie verrückt muss man

sein,

um auf 2.700 m Höhe zwischen den

Gipfeln eine Frontlinie mit Schützengräben

in den Stein der Dolomiten meißeln zu

lassen. Immer wieder findet man kleine, am

Fels angebrachte Tafeln, die Informationen

zur Geschichte in italienischer und deutscher

Sprache bereitstellen. Das hilft, die

Dinge, die man sieht, zu verstehen.

Was dunkel erscheint ist in Wirklichkeit ein

Ausguck, in den Fels getrieben.

Eine Stellung der italienischen Schützen.

Heute befindet sich darin ein kleines

Museum, dessen Zustieg die einzige

schwerere C-Stelle des Klettersteigs darstellt.

Im Felsenmuseum hängen Fotos, die

den Irrsinn des Kriegs zeigen.

Auf der einen Seite das glorifizierte Propagandafoto

und direkt daneben das Bild

zerfetzter Leiber.

Da ist nichts verpixelt oder mit schwarzen

Balken unkenntlich gemacht.

Das ist alles nur schrecklich.

Irgendwie bedrückend, das alles.

Wir gehen weiter. Kurz nach dem steinernen

Riesenei beginnt der Abstieg zurück

ins Tal. Die Schuttrinne erfordert volle

Konzentration. Ein Murmeltier pfeift. Aber

wir sind nicht der Grund für den schrillen

Warnton.

www.sc-haarbach.de

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