Inform 1-2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
PFLANZENZÜCHTUNG<br />
Neues aus der Welt<br />
des Genome Editing<br />
Wissenschaftler, Züchter und Landwirte<br />
drängen darauf, die Gentechnik-Gesetze<br />
der EU endlich zu reformieren,<br />
die auf der Definition von<br />
„Gentechnik“ aus den 1990er Jahren<br />
beruhen (siehe Seite 4). Dabei sollte<br />
zwischen der damals definierten Gentechnik<br />
und Genome Editing unterschieden<br />
werden. Außerhalb Europas<br />
haben bereits fast alle großen Agrarländer<br />
ihre Vorschriften angepasst.<br />
INARI ist nur eines der neuen Start-ups<br />
im Bereich Agro-Biotechnologie, die mit<br />
Hilfe der neuen Züchtungstechniken<br />
mehr Vielfalt in die Branche bringen.<br />
Dank CRISPR/Cas und vergleichbaren<br />
Technologien können sie Produkte – z.B.<br />
Pflanzen, die mit weniger Ressourcen<br />
höhere Erträge bilden – viel schneller<br />
und mit vergleichbar geringem finanziellen<br />
Aufwand entwickeln. Somit ist<br />
es ihnen möglich, ins Rennen mit den<br />
großen Züchter wie Corteva Agriscience<br />
oder Bayer einzusteigen. Alle diese<br />
Unternehmen haben bereits geneditiertes<br />
Material entwickelt, das kurz vor der<br />
Marktreife steht.<br />
Ein Beispiel dafür ist GoodHemp, eine<br />
neue Produktlinie der US Firma Arcadia<br />
Biosciences welche ab <strong>2020</strong> auf den<br />
Markt kommt. Die mit CRISPR/Cas<br />
entwickelten Hanfsorten weisen einen<br />
besonders niedrigen THC Gehalt auf<br />
und verfügen über einen hohen Anteil<br />
des medizinisch wertvollen Wirkstoffes<br />
Cannabidiol CBD (>10 %).<br />
Das amerikanische Agrotech Unternehmen<br />
arbeitet auch mit Weizen und Sojabohne<br />
und führt beispielsweise einen<br />
Weizen mit reduziertem Glutengehalt<br />
im Sortiment.<br />
Mit Genome Editing wurde bereits Weizen mit<br />
geringerem Glutengehalt sowie Weizen mit einem<br />
erhöhtem Anteil an Ballaststoffen entwickelt.<br />
Berichtet haben wir bereits über<br />
CALYXT, die im März des Vorjahres mit<br />
dem Sojaöl Calyno das weltweit erste<br />
Produkt einer geneditierten Pflanze<br />
im Markt eingeführt hat. Nun wirbt<br />
das amerikanische Biotechnologie<br />
Unternehmen bereits mit den nächsten<br />
Produkten in der Pipeline. Weit<br />
fortgeschritten ist die Entwicklung<br />
eines ballaststoffreichen Weizens (High<br />
Fiber Wheat), der ab 2022 kommerziell<br />
vermarktet werden soll. Das Besondere<br />
an diesem geneditierten Weizen<br />
ist, dass in seinem weißen Mehl ein<br />
3fach höherer Anteil an Ballaststoffen<br />
enthalten ist, als in herkömmlichem<br />
Weizenmehl. Dazu wurde mit Hilfe der<br />
Genome-Editing-Technik TALEN, der<br />
Anteil langsam verdaulicher Kohlenhydrate<br />
im Weizenkorn erhöht. CALYXT<br />
zielt auch mit diesem Produkt auf den<br />
gesundheitlichen Mehrwert für den<br />
Konsumenten. Dass die Nachfrage nach<br />
diesen Lebensmitteln groß ist, hat sich<br />
für das Sojaöl mit der verbesserten Ölsäurezusammensetzung<br />
bereits gezeigt.<br />
So plant das amerikanische Unternehmen<br />
die Kontraktflächen für High<br />
Oleic Sojabohne im heurigen Jahr auf<br />
100.000 ha zu erhöhen. Seine Zukunft<br />
sieht das Start-up nicht nur im Thema<br />
Gesundheit, sondern auch im Bereich<br />
von pflanzenbasiertem Protein und<br />
Nachhaltigkeit.<br />
Auch europäische Universitäten forschen<br />
und entwickeln mittels Genome<br />
Editing. So ist es schwedischen Wissenschaftlern<br />
mit Hilfe CRISPR/Cas<br />
gelungen eine neue Stärke-Kartoffel<br />
für die industrielle Verarbeitung zu<br />
züchten, die keine Amylose sondern<br />
ausschließlich Amylopektin enthält.<br />
Das spart bei der industriellen Verarbeitung<br />
der Stärke erhebliche Mengen an<br />
Chemikalien ein, die sonst zur Auftrennung<br />
der verschiedenen Stärketypen<br />
eingesetzt werden. Die Hoffnung auf<br />
eine Vermarktung wurde jedoch mit<br />
dem Beschluss des EUGHs fürs Erste<br />
ausgebremst.<br />
Und Europa lässt sich mit der Reform<br />
der EU-Gentechnik-Gesetze Zeit: Bis<br />
zum April 2021 soll die EU-Kommission<br />
den rechtlichen Status der neuen<br />
Züchtungsverfahren untersuchen und –<br />
wenn nötig – Änderungsvorschläge<br />
ausarbeiten. So hat es der Rat der<br />
EU-Agrarminister im November 2019<br />
beschlossen.<br />
christine sailer-gangl, produkTentwicklung,<br />
saatbau lebensmittel<br />
inform 1-<strong>2020</strong> | 7