Wer schwärzt wen bei der Steuerfahndung an ... - Frank Wehrheim
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Titelgeschichte<br />
www.net work-kar ri e re.com l September 2011 Sei te 17<br />
„Steuerhinterzieher scheitern meist <strong>an</strong> Gier,<br />
Eitelkeit und <strong>der</strong> eigenen Dummheit“<br />
Steuerfahn<strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>k <strong>Wehrheim</strong> über die Ar<strong>bei</strong>tsweise <strong>der</strong> <strong>Steuerfahndung</strong><br />
Die Network-Karriere hat in<br />
den verg<strong>an</strong>genen sieben Jahren<br />
sehr viele, stark beachtete, viel<br />
zitierte und oftmals auch heiß<br />
diskutierte Titelseiten-Interviews<br />
veröffentlicht. Viele hoch -<br />
karätige Persönlichkeiten aus<br />
Politik, Wirtschaft, Org<strong>an</strong>isationen,<br />
Kirchen, Unterhaltung,<br />
sozialen Einrichtungen und Be -<br />
hörden st<strong>an</strong>den für unsere Leserinnen<br />
und Leser Rede und<br />
Antwort. Wohl keine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />
Wirtschafts-Fachzeitung k<strong>an</strong>n<br />
auf ein solch breites Spektrum<br />
ausgesuchter Interviewpartner<br />
zurückblicken. Auch in <strong>der</strong> Zukunft<br />
werden wir dieses erfolgreiche<br />
Konzept <strong>der</strong> Titelseiten-Interviews<br />
fortsetzen und<br />
mit Persönlichkeiten aufwarten,<br />
die etwas zu sagen haben.<br />
Network-Karriere-Herausgeber<br />
Bernd Seitz hat<br />
sich für diese Aussage<br />
mit einem M<strong>an</strong>n unterhalten, dessen<br />
Name und Gesicht wohl die<br />
<strong>wen</strong>igsten in unserem L<strong>an</strong>d kennen,<br />
<strong>der</strong> aber schon viel für dieses<br />
L<strong>an</strong>d bewegt hat, <strong>wen</strong>ngleich<br />
es wohl niem<strong>an</strong>d gibt, <strong>der</strong> ihn <strong>bei</strong><br />
seiner bisherigen Ar<strong>bei</strong>t kennen<br />
lernen wollte: Fr<strong>an</strong>k <strong>Wehrheim</strong> war<br />
bisher einer <strong>der</strong> erfolgreichs ten<br />
Steuerfahn<strong>der</strong> <strong>der</strong> Republik und<br />
hat ein Buch über das geschrieben,<br />
das er am besten kennt: die <strong>Steuerfahndung</strong>.<br />
Das Buch liest sich<br />
wie ein Thriller, besteht aber aus<br />
250 Seiten Tatsachenberichten –<br />
zum Teil mit den richtigen Namen<br />
<strong>der</strong> betroffenen Steuersün<strong>der</strong>.<br />
Network-Karriere: Geht es <strong>bei</strong><br />
den Einsätzen <strong>der</strong> <strong>Steuerfahndung</strong><br />
wirklich so zu, wie wir es<br />
vom Fernsehen kennen: überfallartiger<br />
Einsatz im Morgengrauen,<br />
flüchtende Verdächtige<br />
und Hun<strong>der</strong>te Umzugskartons<br />
mit belastenden Akten?<br />
Fr<strong>an</strong>k <strong>Wehrheim</strong>: Bei größeren<br />
Verfahren ist das tatsächlich so.<br />
Gerade Großverfahren sind in <strong>der</strong><br />
Regel gemeinsame Aktionen mehrerer<br />
Ermittlungsbehörden – <strong>bei</strong>spielsweise<br />
Kriminalpolizei, LKA,<br />
BKA, aber auch Zoll und Ar<strong>bei</strong>tsämter.<br />
Den eines muss m<strong>an</strong> wissen:<br />
Nicht selten geht es neben<br />
<strong>der</strong> Steuerhinterziehung um Untreue,<br />
Betrug, Zollvergehen, also<br />
um eine g<strong>an</strong>ze Palette aus dem<br />
Strafgesetzbuch. Bei kleineren Fällen<br />
haben wir – <strong>wen</strong>n dies möglich<br />
war – selbstverständlich darauf<br />
geachtet, diskret und umsichtig<br />
zu agieren. Die <strong>Steuerfahndung</strong><br />
hat die Aufgabe, den Bürgern auf<br />
die Schliche zu kommen, die im<br />
großen Stil Steuern hinterzogen<br />
haben – <strong>an</strong> den Pr<strong>an</strong>ger will m<strong>an</strong><br />
diese Menschen jedoch nicht stellen.<br />
NK: Otto Normalsteuerzahler,<br />
ob Unternehmer o<strong>der</strong> Angestellter,<br />
bleibt schon die Luft weg,<br />
<strong>wen</strong>n sich <strong>der</strong> Steuerprüfer vom<br />
Fin<strong>an</strong>zamt <strong>an</strong>kündigt, um die<br />
Bücher <strong>der</strong> letzten Jahre zu prüfen.<br />
Wohl auch wissend, dass<br />
er trotz sorgfältigster Buchhaltung<br />
irgendetwas zu be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>den<br />
haben wird. Was muss passiert<br />
sein, dass die <strong>Steuerfahndung</strong><br />
ausrückt?<br />
Fr<strong>an</strong>k <strong>Wehrheim</strong>: In <strong>der</strong> Regel<br />
die Einleitung eines steuerstrafrechtlichen<br />
Ermittlungsverfahrens<br />
und dafür muss <strong>der</strong> begründete<br />
Verdacht <strong>der</strong> Steuerhinterziehung<br />
gegeben sein. Hier<strong>bei</strong> sprechen<br />
wir nicht von den Bürgern, die in<br />
ihrer Steuererklärung ein paar Kilometer<br />
Ar<strong>bei</strong>tsweg zu viel <strong>an</strong>gegeben<br />
o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>bücher als Büromaterial<br />
deklariert haben. Solche<br />
Fälle regelt das Fin<strong>an</strong>zamt auf<br />
dem kleinen Dienstweg. Die <strong>Steuerfahndung</strong><br />
beschäftigt sich in <strong>der</strong><br />
Regel mit den „dicken Fischen“,<br />
wie m<strong>an</strong> so schön sagt. Da geht<br />
es normalerweise um sechs- o<strong>der</strong><br />
siebenstellige Beträge und um<br />
Die Villa am Meer, teure Autos und ein Luxusleben … versteuertes<br />
Einkommen und Ausgaben müssen sich decken.<br />
© Layout & Text: GkM Zentralredaktion GmbH<br />
ein gehöriges Maß <strong>an</strong> krimineller<br />
Energie. Nur d<strong>an</strong>n erhalten Steuerfahn<strong>der</strong><br />
einen richterlichen<br />
Durchsuchungsbeschluss, mit dem<br />
sie d<strong>an</strong>n eines Tages unerwartet<br />
vor <strong>der</strong> Tür stehen. Übrigens ohne<br />
Trenchcoat und hochgestelltem<br />
Kragen – diese Form <strong>der</strong> Inszenierung<br />
überlassen wir <strong>der</strong> Filmindustrie.<br />
NK: Nun steht es ja nicht auf<br />
<strong>der</strong> Stirn <strong>der</strong> Steuerpflichtigen,<br />
<strong>wen</strong>n sie kleinere o<strong>der</strong> größere<br />
Summen am Fin<strong>an</strong>zamt vor<strong>bei</strong><br />
schaffen, also den Staat betrügen.<br />
Wie kommt das Fin<strong>an</strong>zamt<br />
bzw. d<strong>an</strong>n die <strong>Steuerfahndung</strong><br />
darauf, dass nicht alles<br />
mit rechten Dingen zugeht?<br />
Fr<strong>an</strong>k <strong>Wehrheim</strong>: M<strong>an</strong> sollte die<br />
Fin<strong>an</strong>zverwaltung nicht unterschätzen.<br />
Ob das nun Betriebso<strong>der</strong><br />
Konzernprüfer sind o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
so gen<strong>an</strong>nte kleine Fin<strong>an</strong>zbeamte<br />
– ein nicht geringer Teil <strong>der</strong> Fälle<br />
kommt über aufmerksame Kollegen<br />
auf den Weg, die in ihrer täglichen<br />
Ar<strong>bei</strong>t auf geschickt verschleierte<br />
Buchhaltungstricks stoßen<br />
und diese Fälle – <strong>wen</strong>n die<br />
eigenen Mittel versagen – d<strong>an</strong>n<br />
<strong>an</strong> die Fahndung weitergeben.<br />
Denn nur die Steuerfahn<strong>der</strong> haben<br />
als Hilfsbeamte <strong>der</strong> Staats<strong>an</strong>waltschaft<br />
das Recht, Durchsu-<br />
chungen durchzuführen. Was ein<br />
Fin<strong>an</strong>zbeamter o<strong>der</strong> Betriebsprüfer<br />
am grünen Tisch nicht lösen<br />
k<strong>an</strong>n, geht ab einer bestimmten<br />
Größe <strong>an</strong> die <strong>Steuerfahndung</strong>. Ein<br />
weiterer Teil <strong>der</strong> Fälle gel<strong>an</strong>gt –<br />
wie in meinem Buch ausführlich<br />
beschrieben – über aufmerksame<br />
Zoll- o<strong>der</strong> Polizeibeamte auf unsere<br />
Tische – o<strong>der</strong>, und das ist<br />
nicht zu verachten – durch Hinweise<br />
betrogener Ehefrauen und<br />
enttäuschter Mitar<strong>bei</strong>ter.<br />
NK: Erzählen Sie doch etwas<br />
mehr über solch typischen Stol -<br />
perfallen <strong>der</strong> Steuersün<strong>der</strong> …<br />
Fr<strong>an</strong>k <strong>Wehrheim</strong>: In dem Buch<br />
„Inside <strong>Steuerfahndung</strong>“ beschreibe<br />
ich <strong>bei</strong>spielsweise den Fall eines<br />
H<strong>an</strong>dwerkers. Er macht die<br />
Ar<strong>bei</strong>t auf den Baustellen, die Ehefrau<br />
kümmert sich um die Buchhaltung.<br />
Nach Jahrzehnten des<br />
gemeinsamen Schaffens – und<br />
erfolgreichen Hinterziehens – widmet<br />
sich <strong>der</strong> Ehem<strong>an</strong>n einer jüngeren<br />
Frau und die enttäuschte<br />
Gattin „nagelt den M<strong>an</strong>n <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Fahndung <strong>an</strong> die W<strong>an</strong>d“. Und obwohl<br />
sie als Buchhalterin die Hinterziehungen<br />
gemauschelt hat,<br />
geht sie durch eine Selbst<strong>an</strong>zeige<br />
straffrei aus. Der M<strong>an</strong>n hingegen,<br />
auf dessen Namen die Firma läuft,<br />
wird bestraft und muss zahlen …