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2. PLENUM - Zur Diskussion in der theologischen <strong>Erwachsenenbildung</strong> 2 / 2008 - Nr. 47<br />

Günter Kruck:<br />

Der Fall Dawkins<br />

oder die Umkehrung der Verhältnisse<br />

Der Fall Galilei hat das Verhältnis<br />

der Kirche zur Naturwissenschaft<br />

über Jahrhunderte belastet. Galilei<br />

gilt als Opfer von Gewalt, Unterdrückung<br />

und aggressiver Intoleranz<br />

von Seiten der Kirche. In seinem<br />

Bestseller „Der Gotteswahn“<br />

vertauscht Richard Dawkins nun<br />

die Rollen – er wird selbst<br />

zum Täter.<br />

Im Kontext der Kontroversen zwischen<br />

den Naturwissenschaften<br />

und der Theologie gibt es ein prominentes<br />

Beispiel auf Seiten der<br />

Theologie, das ihre Abwehrhaltung<br />

und speziell der Kirche gegen die<br />

Naturwissenschaft auf den Punkt<br />

bringt: Der Fall Galilei.<br />

Als Papst Johannes Paul II. 350<br />

Jahre nach dem Tod des Physikers<br />

Galileo Galilei 1992 feststellte,<br />

dass diesem Naturwissenschaftler<br />

Unrecht durch die Folterdrohung<br />

der Inquisition im Jahre 1633 geschehen<br />

sei und ihn damit rehabilitierte,<br />

erkannte die Kirche damit<br />

auch das vor allem von Galilei gelehrte<br />

kopernikanische Weltbild<br />

an.<br />

Die Richter im Prozess Galileis<br />

haben zwar guten Gewissens gehandelt,<br />

aber der Sache nach hatten<br />

sie Unrecht.<br />

Der Fall Galilei, der das Verhältnis<br />

von Theologie genauer der<br />

Kirche zur Naturwissenschaft wie<br />

ein Fluch belastet, scheint heute<br />

mit umgekehrten Vorzeichen bei<br />

Richard Dawkins wiederzukehren:<br />

Dawkins sieht sich wie Galilei als<br />

Opfer von Gewalt, Unterdrückung<br />

und aggressiver Intoleranz von<br />

Seiten der Kirche, tatsächlich wird<br />

er aber selbst zum Täter, insofern<br />

der „Gegenstand“ der Theologie,<br />

Gott, zum ‚blutrünstigen Ungeheuer’<br />

gemacht wird, wie dies Friedrich<br />

Wilhelm Graf in seiner Stellungnahme<br />

u. a. zum Buch von<br />

Dawkins „Der Gotteswahn“ betont.<br />

(1) (Anmerkungen s. Ende des<br />

Textes)<br />

Dawkins steht seinerseits damit für<br />

Graf in jener Reihe der europäischen<br />

Religionskritiker, die ihrerseits<br />

mit aggressiver Intoleranz<br />

und Gewalt auf den christlichen<br />

Monotheismus reagieren und den<br />

ihm eigenen Gegenstand, Gott, unterdrücken.<br />

Deutlich werde dies allein<br />

durch den Begriff „Wahn“, der<br />

ein psychiatrischer Terminus ist,<br />

durch den nicht nur eine einzelne,<br />

sondern geradezu eine kollektive<br />

Geisteskrankheit auf den Begriff<br />

gebracht wird: Der Glaube an<br />

übernatürliche Mächte, die als<br />

geistige Viren die Gehirne infizierten,<br />

was nur als Unterdrückung diagnostiziert<br />

werden kann.<br />

Diese Grundtendenz des Buches<br />

„Der Gotteswahn“ wird schon im<br />

Klappentext der Ausgabe dadurch<br />

deutlich, dass laut Dawkins der<br />

„Glaube an ein göttliches Wesen<br />

vielfach die Ursache von Terror<br />

und Zerstörung [ist], wie die Weltgeschichte<br />

von der Inquisition bis<br />

zu den Anschlägen auf die Twin<br />

Towers zeigt.“<br />

Der Glaube an ein göttliches Wesen<br />

– gleich welcher religiösen<br />

konkreten Spielart auch immer –<br />

- 20 -<br />

ist also überhaupt und grundsätzlich<br />

mit Zerstörung und Terror<br />

verbunden und kann ohne beides<br />

gar nicht gedacht werden. Insofern<br />

ist jede Art von Religionskritik zunächst<br />

konsequent, da man ohne<br />

eine Religionskritik gerade Gefahr<br />

läuft, von den Fundamentalisten<br />

jedweder Couleur gleich welcher<br />

Religion und damit von ihrem Gegenstand<br />

‚Gott’ dominiert zu werden.<br />

Dass ein solches Urteil bereits voraussetzt,<br />

was es zu beweisen gälte,<br />

dass die Religion nämlich mit ihrem<br />

Gegenstand ‚Gott’ tatsächlich<br />

immer und überhaupt ‚gewalttätig’<br />

und für Unterdrückung verantwortlich<br />

ist, soll offensichtlich das Resultat<br />

der Einsichten sein, die im<br />

Buch von Dawkins dargelegt werden.<br />

Zur Desillusionierung über den<br />

Glauben an einen Gott und zur<br />

Stützung der genannten Einsicht<br />

oder These soll dabei nach dem<br />

Willen von Dawkins vor allem die<br />

Auseinandersetzung um die Evolutionsbiologie<br />

beitragen. Das entsprechende<br />

vierte Kapitel des Buches<br />

trägt daher auch prägnant den<br />

Titel „Warum es mit ziemlicher<br />

Sicherheit keinen Gott gibt“. Die<br />

Evolutionsbiologie führt demnach<br />

für Dawkins mit ziemlicher Sicherheit<br />

zur entscheidenden Erkenntnis,<br />

dass die Religion und der<br />

Glaube an göttliche Mächte eine<br />

bloße Konstruktion ist. Dieser<br />

Auseinandersetzung und diesem<br />

Kapitel kommt damit als induktivem<br />

Argument für das genannte<br />

Ziel, die Religion als Institution

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