Info-Dienst Theologische Erwachsenenbildung - Katholische ...
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2. PLENUM - Zur Diskussion in der theologischen <strong>Erwachsenenbildung</strong> 2 / 2008 - Nr. 47<br />
des Terrors und der Zerstörung zu<br />
deuten, eine entscheidende Beweisfunktion<br />
zu.<br />
Dass diese Schlussfolgerung offensichtlich<br />
tatsächlich Dawkins<br />
Vorgehen entspricht, beweist wiederum<br />
eine Formulierung aus dem<br />
Klappentext des Buches. Dort<br />
heißt es: „Der Glaube an eine<br />
übernatürliche Macht kann keine<br />
Grundlage für das Verständnis der<br />
Welt sein und schon gar keine Erklärung<br />
für ihre Entstehung. Wir<br />
brauchen keine Religion, um dem<br />
Universum und dem Leben mit<br />
Ehrfurcht zu begegnen.“<br />
Wenn es also möglich ist, den<br />
Glauben an eine übernatürliche<br />
Macht an dem zentralen Ort der<br />
Entstehung der Welt zu destruieren<br />
– und dies sind offensichtlich die<br />
Debatten bzw. besser die Einsichten<br />
im Rahmen der Evolutionsbiologie<br />
–, dann kann das Ziel oder<br />
die Beweisabsicht (des Buches),<br />
dass Gott ein Wahn ist, als eingelöst<br />
betrachtet werden.<br />
Dawkins rekurriert im Wesentlichen<br />
auf drei Argumente, die in<br />
jenem schon genannten vierten<br />
Kapitel entfaltet und aus seiner<br />
Perspektive widerlegt werden.<br />
Dawkins macht dabei keinen<br />
grundsätzlichen Unterschied zwischen<br />
den Religionen. Ob also ein<br />
Theist mit seinem Argument, das<br />
aus Dawkinscher Optik evaluiert<br />
und letztlich widerlegt werden soll,<br />
Muslim, Christ oder Buddhist ist,<br />
ist nur insoweit von Belang, als die<br />
verschiedenen Bekenntnisse darin<br />
übereinkommen, einer Religion<br />
anzugehören, d. h. den Glauben an<br />
eine übernatürliche Macht als gemeinsame<br />
Basis zu teilen. (2) Dies<br />
belegt das Einstiegszitat, das Dawkins<br />
selbst für das genannte vierte<br />
Kapitel wählt: Wenn er nämlich<br />
Thomas Jefferson mit den Worten<br />
zitiert, dass ‚die Priester der verschiedenen<br />
religiösen Sekten den<br />
Fortschritt der Wissenschaft fürchten<br />
wie die Hexen den Anbruch<br />
des Tages’, dann kommt es gerade<br />
nicht auf das spezifische Bekenntnis<br />
der Priester an, sondern nur<br />
darauf, dass sie mit ihrem Glauben<br />
an eine übernatürliche Macht die<br />
Menschen verhexen und deshalb<br />
den Fortschritt der Wissenschaft –<br />
im genannten Fall den, der mit der<br />
Evolutionsbiologie verbunden ist –<br />
fürchten, da die Helle dieser Forschung<br />
ihrem Tun ein Ende bereitet.<br />
Dawkins Einstiegsargument, das<br />
er einem solchen Priester bzw.<br />
Theisten zuschreibt, basiert auf einem<br />
Vergleich von Fred Hoyle,<br />
der in metaphorischer Weise die<br />
Evolution bzw. die Entstehung<br />
komplexer Lebewesen mit der<br />
Wahrscheinlichkeit der Entstehung<br />
einer Boeing 747 durch einen Wirbelsturm<br />
parallelisiert, der über einen<br />
Schrottplatz fegt:<br />
„Die Wahrscheinlichkeit, dass<br />
durch zufälliges Durcheinanderwirbeln<br />
der Einzelteile ein funktionsfähiges<br />
Pferd, ein Käfer oder<br />
Straußenvogel entsteht, liege im<br />
gleichen Bereich wie die des zufälligen<br />
Entstehens einer Boeing<br />
747.“(3)<br />
Die Darstellung des Arguments<br />
des Theisten durch Dawkins<br />
scheint die Entsprechung eines Arguments<br />
zu sein, das heute in der<br />
Debatte um die Evolutionsbiologie<br />
von den so genannten Kreationisten<br />
vertreten wird: Zeigt die Natur<br />
ein komplexes Design und ist<br />
ein solches komplexes Design im<br />
Sinne der Selbstorganisation der<br />
Materie als unwahrscheinlich ein-<br />
- 21 -<br />
zustufen, dann legt sich der<br />
Schluss auf einen Designer nahe,<br />
der als Grund der Komplexität der<br />
Natur wahrscheinlich ist.<br />
In dieser Version hat das Argument,<br />
das Dawkins vorträgt, sein<br />
Vorbild bei William Paley, der in<br />
seinem 1802 erschienenen Buch<br />
‚Natural Theology’ dafür plädiert,<br />
anhand der Uhrmacher-Analogie<br />
das Wirken eines Schöpfers in der<br />
Natur zu verstehen: Würde man<br />
einen Stein finden, so könne man<br />
vermuten, er habe schon immer<br />
dort gelegen. Betrachtet man allerdings<br />
eine Uhr, so vermutet man<br />
sofort das Handeln eines intelligenten<br />
Uhrmachers. Aus der<br />
Zweckmäßigkeit, mit der die Einzelteile<br />
der Uhr zusammengefügt<br />
seien, müsse man schließen, dass<br />
die Uhr einen intelligenten Schöpfer,<br />
den Uhrmacher, gehabt habe.<br />
Aus diesem Grund legt sich ein<br />
solcher Schluss genauso oder erst<br />
recht für einen lebenden Organismus<br />
nahe, dessen Körperteile<br />
ebenso zweckmäßig zusammenwirken<br />
wie die Teile der Uhr, so<br />
dass die Wahrscheinlichkeit eines<br />
intelligenten Schöpfers, eines Designers,<br />
kaum zu bestreiten ist.<br />
Dawkins Replik und Kritik dieses<br />
Arguments, das die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Designers gerade<br />
unwahrscheinlich machen soll,<br />
sieht wie folgt aus: „Der Kreationist<br />
geht völlig am Wesentlichen<br />
vorbei, weil er … darauf besteht,<br />
das Eintreten des statistisch Unwahrscheinlichen<br />
als ein einziges<br />
Ja-Nein-Ereignis zu betrachten.<br />
Die Leistung der Akkumulation<br />
begreift er einfach nicht.“(4)<br />
Dawkins hält also der Unwahrscheinlichkeit<br />
der Entstehung<br />
komplexer Entitäten wie der z. B.<br />
des Menschen im Kosmos bzw.<br />
des Kosmos selbst das Argument