LJ-NOE_03-20-ENDVERSION
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LANDJUGEND-INTERVIEW<br />
Herr Nemecek, die Corona-<br />
Krise betrifft alle Menschen in<br />
Österreich in irgendeiner Art<br />
und Weise. Wie äußert sich<br />
das bei Ihnen?<br />
Jeder hat in der Familie ein paar<br />
Leute in der Risikogruppe. Da geht<br />
es bei uns noch allen gut und das ist<br />
mir persönlich das Wichtigste. Alles<br />
andere lässt sich einrichten. Gerade<br />
in meinem Job, in dem man<br />
tagtäglich sehr viele Kontakte hat<br />
und das dann von 100 auf 0 geht,<br />
muss man sich aber schon<br />
umstellen. Es wird viel mehr<br />
telefonisch oder per Video -<br />
konferenzen besprochen. Aber das<br />
sind alles Sachen, die müssen gehen.<br />
Fotocredit: NÖ Bauernbund – Erich Marschick<br />
Vielleicht hat es auch gewisse<br />
Vorteile zu sehen, dass gewisse Dinge auch<br />
anders funktionieren, als sie bisher gemacht<br />
wurden.<br />
Ich glaube in dieser Hinsicht wird das Leben nach der<br />
Krise anders sein und das meine ich positiv. Gerade im<br />
ländlichen Raum, wo man bisher für gewisse Sitzungen<br />
nach St. Pölten oder Wien gefahren ist. Jetzt<br />
hat man gesehen, dass nicht jede Sitzung und<br />
jedes Gespräch persönlich stattfinden muss.<br />
Manche Arbeitgeber werden sich auch<br />
überlegen, ob immer jeder im Büro sitzen muss.<br />
Da spart man sich als Arbeitnehmer bei einem<br />
Tag im Homeoffice die Anreisezeit und wenn<br />
man an die Umwelt denkt, ist es auch besser.<br />
Also ich sehe nicht alles negativ.<br />
Aber gerade beim Bauernbund und natürlich auch bei<br />
euch in der Landjugend sind die persönlichen Treffen<br />
durch Nichts zu ersetzen und da freue ich mich schon<br />
wieder drauf!<br />
Es sind aktuell auch Politik und Wirtschaft stark<br />
beeinflusst. Wie schätzen Sie hier den<br />
Stellenwert der Landwirtschaft ein?<br />
Also für die Wirtschaft im Allgemeinen ist das eine<br />
Riesenkatastrophe. Da werden wir alle noch lange dran zu<br />
kiefeln haben. Wenn große Teile unserer Bevölkerung zwei<br />
Monate krisenbedingt nichts arbeiten und die<br />
Arbeitslosigkeit so hoch ist – in meinem Heimatbezirk ist<br />
sie um 140 Prozent gestiegen – dann wird ab Mitte Mai<br />
nicht wieder alles super sein. Ich glaube, das wird uns<br />
noch länger begleiten. In der Landwirtschaft sind<br />
natürlich all jene Bereiche schwer betroffen, die<br />
Gastronomie und Hotelerie beliefern bzw. exportorientiert<br />
sind, wie etwa Rinder- und Gemüsebauern, aber auch<br />
unsere Waldbauern.<br />
„Ich glaube, dass die<br />
Landwirtschaft<br />
durch diese Krise in<br />
der Bevölkerung<br />
einen noch höheren<br />
Stellenwert<br />
bekommen wird.”<br />
Ich sehe aber immer das Positive: Ich glaube, dass die<br />
Landwirtschaft durch diese Krise in der Bevölkerung einen<br />
noch höheren Stellenwert bekommen wird. Man hat<br />
gesehen, dass das iPhone um 700,- Euro oder der Urlaub<br />
auf den Malediven nicht das Wichtigste ist, sondern, dass<br />
man etwas Gesundes und Gutes zu essen hat. Da sind<br />
doch alle sehr dankbar, dass wir eine<br />
funktionierende Landwirtschaft haben und es<br />
immer noch niemandem an irgendwas mangelt.<br />
Auch, wenn das noch drei Monate dauern<br />
würde, wäre das nicht anders, weil uns unsere<br />
Landwirtschaft selbst versorgt.<br />
Da muss man in Zukunft auch in der Politik<br />
wieder viel mehr Augenmerk darauf legen, dass<br />
sich das Land und die Europäische Union auch<br />
in Krisenzeiten selbst versorgen können.<br />
Wie beurteilen Sie die bisherige<br />
Vorgehensweise der Europäischen Union?<br />
Das Nichthandeln der EU ist einfach nur traurig. Da gibt<br />
es seit <strong>20</strong>15 die Flüchtlingskrise und jetzt auch die<br />
Coronakrise – das sind zwei große Themen, die ein<br />
starkes Auftreten der EU benötigen würden – und in<br />
beiden Fällen hat sie kläglich versagt. Die Europäische<br />
Union muss in großen Dingen größer werden und in<br />
kleinen Dingen kleiner. Was ich damit meine ist, dass sie<br />
aufhören soll, uns zum Beispiel beim Wolf oder bei der<br />
Schnepfenjagd so viele Vorschriften zu machen und<br />
reinzureden. Da ist uns mit der Wahl von Alex Bernhuber<br />
viel gelungen, weil er einfach viel Hausverstand nach<br />
Brüssel mitbringt. Es ist wichtig, dass wir als<br />
Niederösterreich bzw. Österreich mehr Einfluss in Brüssel<br />
nehmen und die Achse mit Alex verstärken. Bei Krisen<br />
wie wir sie jetzt haben, sollte die Union viel stärker<br />
auftreten. Aktuell steht sie da wie gelähmt.<br />
noe.landjugend.at I 17