AudeSapere_02.2020
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Beiträge zur klassischen Homöopathie
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Beiträge zur klassischen Homöopathie
Jahrgang: 24 | Ausgabe: 2 | Dez. 2020
aude
sapere
Künstlerinnenportrait
Evelyn Kreinecker ................................................. 2
Editorial
Dr. Bernhard Zauner ............................................ 3
Nachruf Gerhard Bleul
Dr. Bernhard Zauner ............................................ 5
Bericht zur Generalversammlung 2020
Dr. Bernhard Zauner ............................................ 6
Franz Wurm(b) und der frühe Versuch
einer universitären Verankerung der
Homöopathie
Dr. Bernhard Zauner ............................................ 8
Forschung & Homöopathie
Dr. in Petra Weiermayer, Dr. Michael Frass,
Dr. Bernhard Zauner .......................................... 10
Homöopathische Behandlung bei
hochbetagten COVID-19 Patienten im
Hotspot Gröden, Südtirol (Italien)
Dr. in med. Elisabeth Delago ................................... 12
Ein kurzer Fall von E. B. Nash –
langwieriger Durchfall
Dr. in Birgi Höller ................................................. 16
Kasuistiken mit Krankheiten aus
dem HNO-Bereich, die mittels
konventioneller Therapie nicht
(oder kaum) besserbar sind
Dr. Christioph Abermann,
Dr. in DI (FH) Monika Triska ................................ 17
Behandlung einer purulenten Stichwunde
bei einem Pferd mit Periostitis
mittels klassischer Homöopathie
Mag. a Med. Vet. Karin Schmid ................................. 20
Impressum ..................................................... 24 Bild von Evelyn Kreinecker (Künstlerinnenportrait Seite 2)
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Portrait | Editorial
Mengenlehre – Evelyn Kreinecker
Definition (Cantorsche Definition der Menge (1895))
„Unter einer ‚Menge‘ verstehen wir jede Zusammenfassung
von bestimmten wohlunterschiedenen Obje[k]ten
uns[e]rer Anschauung oder unseres Denkens (welche
die ‚Elemente‘ von genannt werden) zu einem Ganzen.“
Die Beschäftigung mit dem Menschen zieht sich durch
das künstlerische Werk von Evelyn Kreinecker. Immer
wieder lotet sie dabei die Grenze zwischen Individuum
und Masse aus.
Die Serie „Mengenlehre“ untersucht zeichnerisch und
malerisch Zusammenhänge. Große Gruppen werden zunächst
immer in ihrer Gesamtheit wahrgenommen. Sie
verschmelzen miteinander, einzelne Menschen lösen sich
darin auf, andere stechen dennoch hervor.
Menschenmengen können vieles sein: mutig, hysterisch,
feiernd, verängstigt, übermütig, euphorisch, erschöpft,
bedrohlich, fordernd, harmlos, unverschämt, neugierig …
Aber wie entwickelt sich diese kollektive Übereinkunft?
Wie wird aus einzelnen Menschen eine Masse? Was
macht die Masse mit dem Einzelnen?
Macht uns die bloße Ansammlung schon zu einem Ganzen?
Wann ist die Menge schützend und wann wird sie beklemmend?
Welche positive, welche negative Energie kann eine
Masse entwickeln?
Was passiert, wenn wir den einzelnen Menschen in der
Menge nicht mehr erkennen?
Wie beeinflussbar sind wir und wofür lassen wir uns begeistern?
Die Bilder „for future“ beziehen sich auf die Bewegung,
die von tausenden jungen Menschen geschaffen wurde,
denen die Zukunft dieser Welt nicht gleichgültig ist. Sie
erzählen von den Möglichkeiten, die sich auftun, wenn
viele sich für eine Idee engagieren.
In Zeiten wie diesen bekommen die Werke dieser Serie
aber auch einen neuen Unterton, stellen neue Fragen –
nach Abstandhalten, Grundrechten, Demonstrationsfreiheit,
Solidarität, Rücksicht, Vernunft, Gemeinschaft, Distanz
und Nähe, Sinnlosem und Sinnerfülltem.
Evelyn Kreinecker (Geboren 1971)
Lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Prambachkirchen/OÖ
Ihr Werk umfasst Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Animationsfilm
Kreineckers Bilderserien sind persönliche Fragestellungen auf die brisanten
sozialpolitischen Umwälzungen unserer Zeit. Diese „Untersuchung
der Wirklichkeit“ und der Versuch etwas Wahrhaftiges dabei herauszufinden,
beschreibt ihren persönlichen Zugang zum Malen und Zeichnen.
Mag. a Marlene Elvira Steinz, Kunsthistorikerin und Kuratorin
Filme: Flucht (2015), Wegstücke (2017), Sensus (2019)
In den letzten Jahren war sie auf vielen Ausstellungen und Filmfestivals
auch international vertreten. Für den Film Wegstücke erhielt sie den Hubert-Sielecki-Preis
2018 und den Lenz-Award 2019.
Werke in öffentlichen und privaten Sammlungen (u.a. in der Sammlung
Angerlehner, AK Oberösterreich, Linz AG, Stadt Linz, Ärztekammer OÖ)
Mitglied Künstlerhaus Wien; Mitglied DIE FORUM Wels; Mitglied der Vereinigung
Kunstschaffender Oberösterreichs; Präsidentin der Künstlergilde
Eferding
Atelier Kreinecker, Hauptstraße 31, 4731 Prambachkirchen
www.evelynkreinecker.at, evelyn.kreinecker@gmx.at
2
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Veränderung bewirken
Schlägt man in einem Lexikon nach, so findet man
verschiedenste Begriffe, mit denen „Dynamik“ erklärt
wird. Musiker, Politiker, Physiker und viele
Andere haben eine eigene Definition. Dynamik
wird im Duden als die auf Veränderung ausgerichtete
Kraft beschrieben, ein deutsches Synonym
dazu ist Triebkraft. Allen gemeinsam ist es, Veränderung
zu bewirken. Der Mensch sehnt sich einerseits
nach Sicherheit und hängt am Gewohnten,
Veränderungen können zu Widerstand führen
und können Angst auslösen, sind aber notwendig.
Kraft aufbringen bedeutet auch Anstrengung und
diese Anstrengung braucht es, Veränderungen
herbeizuführen und ein Ziel zu erreichen. Veränderung
ist auch Entwicklung und Bewegung. Wo
wäre nun die Menschheit ohne Triebkraft?
Auch in der Homöopathie kennen wir die positive
Wirkung der Dynamis, bzw. die Lebenskraft täglich in
unseren Praxen. So schreibt Hahnemann im ORG6, §20:
„Diese im innern Wesen der Arzneien verborgene, geistartige
Kraft, Menschenbefinden umzuändern und daher
Krankheiten zu heilen, ist an sich auf keine Weise
mit bloßer Verstandes-Anstrengung erkennbar; bloß
durch ihre Aeußerungen beim Einwirken auf das Befinden
der Menschen, läßt sie sich in der Erfahrung, und
zwar deutlich wahrnehmen“. Durch den Anstoß einer
kleinsten Gabe schafft der Organismus große Veränderungen
bis hin zur Genesung.
In der Anmerkung zu §11 schreibt Hahnemann: „Auf
die beste Art dynamisirter Arzneien kleinste Gabe, worin
sich nach angestellter Berechnung nur so wenig
Materielles befinden kann, daß dessen Kleinheit vom
besten arithmetischen Kopfe nicht mehr gedacht und
begriffen werden kann, äußert im geeigneten Krankheits-Falle
Heilkraft als große Gaben derselben Arznei
in Substanz. Jene feinste Gabe kann daher fast einzig
nur die reine, frei enthüllte, geistartige Arznei-Kraft
enthalten, und nur dynamisch so große Wirkungen
vollführen, als von der eingenommenen rohen Arznei-
Substanz selbst in großer Gabe, nie erreicht werden
konnte“. Dieses „nicht begreifen können“ durch die
„besten arithmetischen Köpfe“ stellt uns immer wie-
der vor Probleme. Nicht innerhalb der Homöopathiegemeinde,
da wir die Kraft der Arzneien ja täglich erleben,
aber im Diskurs mit der homöopathischen
Außenwelt. Nichts was mit den herkömmlichen wissenschaftlichen
Nachweismethoden beweisbar ist, wird
akzeptiert.
Kraft für die Homöopathie
In der Bevölkerung schaut es da ganz anders aus. Im
Auftrag des DZVhÄ wurde vom Institut für Politik- und
Sozialforschung FORSA bei gut 1000 zufällig ausgewählte
Personen ab 18 Jahren eine repräsentative Online-Umfrage
zur Einstellung der deutschen Bevölkerung
zur Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln
und Therapien, u. a. bei einer „Corona-Infektion“
durchgeführt.
Etwa die Hälfte der Befragten gab an, sich große bis
sehr große Sorgen um die eigene Gesundheit und die
naher Angehöriger bzgl. einer Covid-19-Infektion zu
machen. Entsprechend zeigten sich über Dreiviertel interessiert
an Präventionsmaßnahmen, die über die aktuellen
Empfehlungen hinausgehen.
Gäbe es Informationen über die Wirksamkeit eines
homöopathischen Präparates gegen Corona, empfänden
mehr Frauen (33 %) als Männer (15 %) das als
sehr wichtig. Hätte sich ein solches bereits bei anderen
Epidemien als erfolgreich erwiesen, würde eine deutliche
Mehrheit dieses unbedingt oder sehr wahrschein-
Foto: Fischbacher
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
3
Editorial | Nachruf
lich bei sich selbst oder bei nahestehenden Personen
einsetzen. Einen versuchsweisen Einsatz dieses Arzneimittels
bei „Corona“ befürworten etwa zwei Drittel.
Um die 40 Prozent fanden es gut, wenn nicht nur
konventionelle Methoden zur Vorbeugung und Heilung,
sondern auch die Erforschung homöopathischer
Therapien gegen COVID-19 mit Steuergeldern unterstützt
würde.
Auch seitens der Gesellschaften wurde Kraft aufgebracht.
So organisierten die Homöopathiegesellschaften
aus der Schweiz, Deutschland und Österreich zwei
Webinare zur homöopathischen Coronabehandlung,
die auch von den Mitgliedern sehr gut angenommen
wurden. Auf der Homepage der ÄKH befinden sich für
Mitglieder wertvolle Informationen zu diesem Thema.
Seitens der LMHI wurden auch interessante Ressourcen
zur Verfügung gestellt, die man auf der Homepage der
LMHI nachlesen kann, so auch eine Online-Mini-Repertory-App“.
Aus der „Anfangszeit“ der Coronapandemie stellte Elisabeth
Delago einige sehr interessante homöopathische
Behandlungen von betagten Patienten dar.
Kraft wurde schon vor ungefähr 180 Jahren aufgebracht.
Franz Wurm(b) versuchte schon damals, die
Homöopathie an die Universität zu bringen. Die
Ähnlichkeit zur Gegenwart ist unverkennbar.
Monika Triska und Christoph Abermann zeigen anhand
von Fällen aus dem Bereich der Hals-, Nasenund
Ohrenheilkunde, was für die „besten arithmetischen
Köpfe“ nicht begreifbar ist, und wie oben erwähnt
für uns selbstverständlich ist.
Ein weiterer kurzer Fall von E. B. Nash zum Thema
Durchfall, den Birgit Höller aufbereitete, zeigt, dass
wenn dann die Arznei richtig gewählt wurde, rasch die
Heilung erfolgt.
In dieser Ausgabe findet sich auch wieder ein veterinärmedizinischer
Bericht. So wie wir Silicea auch in der
Humanhomöopathie kennen, half auch in diesem Fall,
vorgestellt von Karin Schmid, diese Arznei bei einer
purulenten Stichwunde.
Zum Bereich Forschung sind zwei neue Arbeiten im
Oktober dieses Jahres erschienen, welche von Kollegen
aus Österreich durchgeführt wurden
Ein kurzer Bericht über die Generalversammlung als
Information für unsere Mitglieder kann ebenfalls in dieser
Ausgabe gelesen werden.
Die Kraft ist nicht sichtbar,
die Veränderung jedoch schon.
Bernhard Zauner
Foto: iStock.com
4
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Nachruf Gerhard Bleul (1954 bis 2020)
Gerhard Bleul ist 1954 in Frankfurt am Main geboren.
In seinem Heimatort studierte er von 1973 bis 1980
Medizin. Von 1980 bis 1986 arbeitete er als Assistenzarzt
und machte Praxisvertretungen, ab Oktober 1986
arbeitete er als Allgemeinmediziner in einer Kassenpraxis
in Bad Camberg. Im Jahr 2010 übersiedelte er
nach Hünstetten, wo er bis zuletzt, bis kurz vor seinem
Tod arbeitete und die Praxis an einen Kollegen weiter
gab. 1985 begann er mit der Weiterbildung Chirotherapie
und im Jahr 1987 mit der Homöopathie, welche
er 1993 beendete. Ab diesem Zeitpunkt setzte er sich
unermüdlich für die Weiterbildung ein, leitete Arbeitskreise
und war ab 1997 weiterbildungsberechtigt für
den Bereich Homöopathie. Neben der Weiterbildung
setzte er sich auch unermüdlich im Deutschen Zentralverein
homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) ein und war im
Vorstand des Landesverbandes, sowie im Bundesvorstand
tätig, Schwerpunkt seiner Tätigkeit war die Lehre
und Weiterbildung. 2001 war er bei der Gründung
der Homöopathie-Stiftung des DZVhÄ und des Europäischen
Instituts für Homöopathie (InHom) mit dabei,
genauso wurde von ihm im selben Jahr der Internationale
Coethener Erfahrungsaustausch (ICE) ins Leben
gerufen, der von ihm lange organisiert wurde. 2010
war er bei der Gründung der Wissenschaftlichen Gesellschaft
für Homöopathie (WissHom) beteiligt. Seit
Beginn war er für die Sektion Lehre verantwortlich, in
seinen letzten Lebensmonaten auch noch als 2. Vorsitzender.
Der heutige Stand der Homöopathie in der Türkei geht
im Wesentlichen auf sein langjähriges Wirken zurück.
Vor mehr als 17 Jahren gab er fünf Ärzten aus der Türkei
ein Stipendium für die Homöopathieweiterbildung
in Wiesbaden, mit der Bedingung, dass die Homöopathie
in der Türkei gelehrt und verbreitet wird. Mehrmals
gab er auch unentgeltlich Seminare Vorort. Ohne
seinen Einsatz würde die Homöopathie in der Türkei
nicht so weit gekommen sein.
Über viele Jahre war er Mitglied der Schriftleitung der
AHZ, welche er mit zahlreichen Artikel bereicherte, Herausgeber
und Autor zahlreicher Bücher, exemplarisch
soll die Buchreihe „Weiterbildung Homöopathie“, erwähnt
werden.
Vlnr.: Bernhard Zauner, Gerhard Bleul, Thomas Peinbauer.
Am Tag, an dem ich die aktuelle Ausgabe der Allgemeinen
Homöopathischen Zeitung erhalten habe, habe
ich auch vom Tod von Gerhard Bleul erfahren. Eine
Ausgabe, die er als Mitglied der Schriftleitung betreute
und die von seiner Handschrift geprägt ist.
Den Namen nach kannte ich ihn schon lange, von seinen
reichlichen Publikationen, Büchern und Artikeln in
Fachzeitschriften. Besonders wertvoll für mich, das Buch
„Homöopathische Fallanalyse“, in dem er ohne zu werten,
die verschiedenen Strömungen in der Homöopathie
erläuterte. Für mich gehörte Gerhard zu den herausragenden
deutschsprachigen Kollegen, die ihr Wissen
in schriftlicher Form an die Kollegenschaft weitergab, in
einer Reihe mit Will Klunker und Georg von Keller.
Persönlich durfte ich ihn im November 2015 bei einem
Kongress in Izmir kennen lernen, gemeinsam verbrachten
wir auch einen Tag in Ephesos, einem Ausflug, der für uns
in einer Kleingruppe hervorragend organisiert wurde.
Ein Projekt, bei dem ich mit Gerhard zusammenarbeiten
durfte war das Buch „Homöopathie in der Männermedizin“,
bei dem wir beide, gemeinsam mit Jürgen
Pannek, als Herausgeber fungierten. Ich erlebte ihn dabei
als gewissenhaften und ideenreichen Kollegen.
Für mich war er ein Unermüdlicher, bis zuletzt, was
sich in der aktuellen Ausgabe der AHZ spiegelt, im Einsatz
für die Homöopathie, nicht laut, aber mit Nachdruck
setzte er sich für die Sache ein.
Am 3. Juni 2020 verstarb Gerhard Bleul und hinterlässt
eine große Lücke in der homöopathischen Gemeinschaft.
Bernhard Zauner
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
5
Generalversammlung
Samuel Hahnemann-Denkmal in Washington, D.C. (Foto: iStock.com, Faina Gurevich)
Bericht zur
Generalversammlung 2020
Am 18. September fand in Gmunden die Generalversammlung
der ÄKH statt. Zu Beginn berichteten
die einzelnen Vorstandsmitglieder über ihren Tätigkeitsbereich.
Ausbildung: Seit 2019 gibt es eine Ausbildung für
Pharmazeuten und PKAs. Die Erwartungen waren höher,
leider sind auch in diesem Bereich, wie auch in
der ärztlichen Ausbildung, derzeit wenig Teilnehmer.
Innerhalb der ärztlichen Ausbildung wurde mit dem
Studienjahr 2020/21 die Anzahl der jährlichen Seminare
von 7 auf 5 reduziert mit dem Ziel, einerseits Kosten
zu sparen und andererseits potentielle Teilnehmer
nicht durch zu viele Präsenzseminare abzuschrecken.
Inhaltlich wurde dabei praktisch nichts gestrichen, zumal
stattdessen zahlreiche Inhalte über Videos vermittelt
werden, die in den nächsten Jahren wieder verwendet
werden können.
Fortbildung: Personelle Veränderungen gibt es in der
Fortbildungsgruppe. Weiterhin unter der Leitung von
Dr. Claudia Garn erhält sie Verstärkung von Dr. Tina
Zogholy und Dr. Toni Morak. Dieses Trio hat sich bereits
während des Studiums in der SIH als Team bewährt.
Die coronabedingten Regelungen sind für die
Fortbildung sowie wie für die Ausbildung eine große
Herausforderung, weswegen nun auch Webinare per
Zoom angeboten werden. Nach Möglichkeit, wird, falls
ein Seminar nicht „live“ stattfinden kann, dieses dann
doch als Webinar veranstaltet.
6
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Im September war das Seminar zum Thema „Miasmen“
von Dr. Christoph Abermann ein schöner Erfolg
und ein großer Genuss, einander in personam wieder
einmal zu treffen. Da wir den persönlichen Austausch
und auch die Gespräche mit Kollegen während der Seminare
sehr schätzen, werden wir wann immer möglich,
auch Live-Seminare anbieten. Die Möglichkeit,
beides zu nutzen könnte sich in Zukunft als eine gute
Lösung für alle erweisen.
Öffentlichkeitsarbeit: Wie in den letzten Jahren begonnen,
gibt es die Zusammenarbeit in diesem Bereich
zwischen den drei österreichischen Homöopathiegesellschaften.
In den letzten Monaten entwickelte sich
auch ein Austausch mit den homöopathischen Gesellschaften
in Deutschland und der Schweiz via Zoom. Im
letzten Jahr gab es Gespräche mit Politikern aus dem
Gesundheitsbereich, sowie in den Ministerien. In Linz
wurde das Wahlpflichtfach Komplementärmedizin leider
gestrichen, Gespräche mit Vertretern der Fakultät
wurden aber vereinbart. Aufgrund freiwilliger, erhöhter
Mitgliedsbeiträge konnten ca. 1.000 Euro erwirtschaftet
werden, welche zweckgebunden für die Öffentlichkeitsarbeit
verwendet werden. Die ÄKH bedankt sich
auf diesem Weg herzlichst! Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit
wird neuerdings durch Teresa Thaler tatkräftig
unterstützt.
Finanzen: Die ÄKH hat weiterhin drei Konten, für
Ausbildung, Fortbildung und allgemeine Aufwendungen,
sowie ein Sparbuch für finanziell angespannte Situationen
wie derzeit, in denen im Bereich der Ausbildung
nicht gewinnbringend bilanziert werden kann.
Der neu gewählte Vorstand besteht aus folgenden
Mitgliedern:
Präsident: Dr. Christoph Abermann
1. Vizepräsident: Dr. Bernhard Zauner
2. Vizepräsident: Ao Univ. Prof. Dr. Michael Frass
3. Vizepräsident: Dr. Weixler Stefanie
Schriftführung: Dr. Barbara Kaspar
Schriftführung- Stv: Dr. Birgit Höller
Kassier: Dr. Matthias Puschkarski
Kassier-Stv: Dr. Claudia Garn
1. Rechnungsprüfer: Dr. Christian Pröll
2. Rechnungsprüfer: DI Dr. Matthias Thaler
Da ab 2019 eine Ausbildung auch für Pharmazeuten
angeboten wird, wurde eine Änderung der Statuten
notwendig.
Die Ehrenmitgliedschaft wird Dr. Jeff Duncan für seine
langjährige Tätigkeit als Präsident der ÄKH verliehen.
Für den Zeitraum 2020/2021 soll ein Budget erstellt
werden, um sicherer planen zu können. Bei außergewöhnlichen
Aufwände/Kosten ab 1.000 Euro bedarf
es einen Vorstandsbeschluss.
Für die Vereinszeitung Aude sapere wäre es wünschenswert,
wenn sich ein Nachfolger/in für die Arbeit
als Redakteur finden lässt, da der Arbeitsaufwand im
Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zunimmt. Über eine
rege Zusendung von Artikeln freut sich die ÄKH!
Bernhard Zauner
Bericht der Rechnungsprüfer: Herr Dr. Christian
Pröll ist leider verhindert und kann an der GV nicht teilnehmen.
Er teilt uns schriftlich mit, dass der die Auszüge
und Rechnungen 2019, welche er überprüft hat,
für in Ordnung befindet.
Frau Dr. Gudrun Schattenberg ist leider auch verhindert,
hat die Auszüge und Rechnungen 2018 geprüft,
auch diese waren korrekt.
Im Anschluss kam es zur Entlastung des Vorstands und
zur Neuwahl. Die Entlastung und Neuwahl erfolgte
einstimmig.
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
7
Berichte
Franz Wurm(b) i und der frühe
Versuch einer universitären
Verankerung der Homöopathie
Die aktuelle Diskussion, ob Komplementärmedizin
und vor allem Homöopathie an den Universitäten
unterrichtet werden soll, bzw. ob zur Homöopathie
geforscht werden soll, ist eine, zumindest in
Österreich sich wiederholende Situation. Einer, der
sich um 1840 massiv dafür einsetzte, die Homöopathie
an die Universität zu bringen war, Franz
Wurm(b).
Franz Wurm wurde am 22.6.1806, in Neumarkt im
Hausruckkreis in Oberösterreich als Sohn eines wohlhabenden
Leinwandhändlers geboren. Wurm absolvierte
– so wie Adalbert Stifter – das Gymnasium
in Kremsmünster in der Zeit von 1816 bis 1824. Die
Wege von Wurm und Stifter kreuzten sich auch später
nochmals als Stifter von Wurmb wegen eines Ischiasleiden
homöopathisch behandelt wurde und er
auch Jahre später seinen Bruder in die Ordination von
Wurmb schickte ii . Er war ein hervorragender Schüler,
studierte anschließend in Wien und Pavia/Padua iii Medizin.
Gründe, warum er zur damaligen Zeit bereits im
Ausland studierte, dürften unter anderem die Handelsbeziehungen
seines Vaters zu Italien gewesen sein und
zur Vertiefung seiner italienischen Sprachkenntnisse.
Wurmb erwarb sich sehr große Verdienste um die
Homöopathie in Österreich. Er nahm an fast allen
homöopathischen Arzneimittelprüfungen der 1840er
Jahre teil. Er schrieb eine Monographie über Arsenik,
andere Monographien blieben unveröffentlicht.
Wurmb war neben Watzke derjenige, der die Wiener
Homöopathieschule am stärksten prägte. Er unterrichtete
und wurde 1850 Leiter der homöopathischen
Abteilung des Spitals in der Leopoldstadt, das er zum
neuen Zentrum der Wiener Homöopathie machte. Mit
seinem ersten Assistenten Caspar verfasste Wurmb
1852 die „Homöopathisch-klinischen Studien“, ein Spitalsbericht
mit genauer Diagnose und Begründung der
Mittelwahl.
Am 10.10.1864 verstarb Wurmb nach längerem Leiden.
Schon in seinen letzten Lebensjahren war er immer
wieder von Phasen längerer Krankheit gezeichnet,
die Arbeit in seiner gut gehenden Praxis setzte er ohne
auf seine Gesundheit zu achten fort iv .
Ähnlich wie in der Gegenwart war die Homöopathie
Mitte des 19. Jahrhunderts in der Bevölkerung sehr
beliebt. Viele Personen des öffentlichen Lebens setzten
damals auf diese Heilmethode. So auch der Schwager
von Wurmb, der Professor für allgemeine Pathologie
und Pharmakologie an der k.k. med. chir. Josephs-
Akademie in Wien, Joseph von Zlatarovich war. Seine
Begeisterung für die Homöopathie wurde nach seinen
Untersuchungen immer stärker; schlussendlich verlor
er seine Professur v . Auch diese Situation ist uns aus der
Gegenwart bekannt, ein Bekenntnis zur Homöopathie
kann einem Universitätslehrer das Leben erschweren.
Zur Zeit Wurmbs kam es zu einer Professionalisierung
und Spezifizierung in der Medizin und somit hoffte er,
dass auch die Homöopathie ihren Platz an den Universitäten
finden könne. 1842 schrieb er ein Gesuch
zur Bewilligung „außerordentlicher Vorlesungen über
Homöopathie für angehende und selbst praktizierende
Ärzte“. Ein Argument von ihm war, dass die Homöopathie
immer beliebter wurde und daher eine fundierte
Ausbildung für Ärzte sinnvoll wäre. Ein weiterer Grund
war, dass die Homöopathie sehr oft mit der Kurpfuscherei
in Verbindung gebracht wurde. Von Wurmb
wurde ein Konzept erstellt, welches den zuständigen
Instanzen vorgelegt wurde. Im Buch „Homöopathische
Spuren vi “ von Sonia Horn ist dieses vollständig nachzulesen.
Sein Konzept entsprach im Großen und Ganzen
inhaltlich dem, wie auch heute die postpromotionelle
Ausbildung zum „Ärztekammerdiplom Komplementärmedizin
– Homöopathie“ angeboten wird.
Auch damals gab es Professoren, die sich gegen die
Homöopathie aussprachen. Einer davon war auch Gutachter
des Konzeptes von Wurmb. Wie nicht anders
8
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
zu erwarten, sprach er sich gegen eine Vorlesung an
der Universität aus, und die weiteren Instanzen stimmten
dem zu. Damals war das Krankenhaus der Barmherzigen
Schwestern in Wien Gumpendorf das Zentrum
der Homöopathie, wo mehrere Ärzte über viele
Jahre die Homöopathie am Krankenbett anwendeten.
Aufgrund dieser Situation und der Angriffe der allopathischen
Kollegenschaft gründete eine Gruppe homöopathischer
Ärzte, darunter Wurmb, im Jahr 1842 einen
ersten Verein und im Jahr 1844 erschien erstmals die
„Österreichische Zeitschrift für Homöopathie“.
1850 gründeten Wurmb und Watzke eine „Heil- und
Lehranstalt“ im Leopoldstädter Spital. Im Juli 1848 erhielt
er die Bewilligung „außerordentliche Vorträge
über Homöopathie an der hiesigen Universität halten
zu dürfen vii “. Eine Vorlesung wurde dann aber nie
von ihm gehalten, sein Hauptaugenmerk lag in der
„Heil- und Lehranstalt“ und der dortigen Festigung der
Homöopathie. Ein weiteres Gesuch, im Krankenhaus
Leopoldstadt Vorlesungen zu halten, wurde ebenfalls
abgelehnt. Nichtsdestotrotz wurden im dortigen Spital
zahlreiche Vorträge für die Kollegenschaft aus dem
In- und Ausland angeboten.
G. Dorffner viii schreibt, dass ein Grund für die Ablehnung
der Homöopathie durch die allopathische Kollegenschaft
die unterschiedlichen Ansätze in der
Lehre der Homöopathie waren, ebenfalls ein Grund,
der auch heute nicht unterschätzt werden soll. Auch
Wurmb selbst war dies bewusst, da er dies in seinem
Gesuch, Vorlesungen zu halten, erwähnte. Dieser
Punkt wurde leider auch seitens der Universität aufgenommen
und war mitentscheidend, dass es zu keinen
Vorlesungen kam.
Aufnahme aus der Stiftsbibliothek Vyssi Brod, Tschechien
In den folgenden Jahren ist es in Wien nicht gelungen,
einen Lehrstuhl für Homöopathie zu errichten, im
Gegensatz zu Prag, wo eine Dozentur errichtet wurde
und Budapest, wo es an der Universität Vorlesungen
gab.
DR. BERNHARD ZAUNER
Arzt für Allgemeinmedizin. Beschäftigung
mit der Homöopathie seit Beginn der
1990er-Jahre. Ausbildung: u. a. Augsburger
Dreimonatskurs, D. Spinedi, A. Saine, Henny
Heudens-Mast.
Seit 2001 in eigener homöopathischer Praxis. Publikationen in
verschiedenen homöopathischen Fachzeitschriften.
Foto: Fischbacher
i Wurmb hieß bis mindestens 1844 Wurm. Danach hat er seinem Namen ein „b“ hinzugefügt. Wahrscheinlich deshalb, dass es zu keinen abfälligen Bemerkungen über
seinen Namen kommt. Quelle: Lucae, C:Homöopathie an deutschsprachigen Universitäten, Quellen zur Homöopathiegeschichte, Bd 4, Haug, 1998, S. 218
ii Peinbauer T. Adalbert Stifter in homöopathischer Behandlung. Aude sapere 2018 (21), Ausgabe 2, S. 10
iii Dazu gibt es in der Literatur verschiedene Angaben
iv Watzke, F. A.: Dr. med. Franz Wurmb (Biographische Notizen) in Documenta Homoeopathica Band 7, S. 35-44
v Horn S (Hrsg).: Homöopathische Spurensuche, Verlagshaus der Ärzte, Wien, 2003, S.61
vi S. v, S. 62ff
vii S. v, S. 66
viii S. v, S. 67
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
9
Berichte
Forschung & Homöopathie
Im Oktober dieses Jahres sind zwei österreichische
Arbeiten in anerkannten Magazinen publiziert
worden.
Petra Weiermayer, Michael Frass, Thomas Peinbauer
und Liesbeth Ellinger, zwei Humanmediziner und zwei
Veterinärmedizinerinnen, haben den einen narrativen
Review „Evidenzbasierte Veterinär-/Homöopathie
und ihre mögliche Bedeutung für die Bekämpfung
der Antibiotikaresistenzproblematik – ein Überblick“
verfasst, welcher in einem konventionellen peerreviewed
journal publiziert wurde.
Neben der differenzierten Klarstellung der Faktenlage,
die Evidenz für die Wirksamkeit der Human- und Veterinär-Homöopathie
im Allgemeinen und im Speziellen
bei homöopathischen Behandlungen von Infektionen
zeigt, haben sie evidenzbasiert Kritik an der Vorgehensweise
beim zweiten Australischen NHMRC (National
Health and Medical Research Council) Report sowie
beim EASAC (European Academies Science Advisory
Council) Statement geübt.
Diese Arbeit soll u.a. als Grundlage für eine Kooperation
mit Universitäten in Österreich, Deutschland und
der Schweiz hinsichtlich Forschungsprojekten zur Evaluierung
des Potenzials der Homöopathie und Phytotherapie
zur Antibiotikareduktion dienen. Angesichts
der Forderungen des Europäischen Grünen Deals
(Farm2Fork-Strategie) und der EU-Bio-Verordnung
2018/848
1.) bis 2030 den Antibiotikaeinsatz EU-weit um 50 %
zu reduzieren
2.) bis 2030 die Anzahl der Biobetriebe in der EU von
8 % auf 25 % zu steigern
3.) Homöopathie und Phytotherapie in Biobetrieben
bevorzugt anzuwenden bevor konventionelle Medikamente
inklusive Antibiotika zum Einsatz kommen
erscheint die Anwendung u.a. dieser komplementärmedizinischen
Fachdisziplinen im Sinne der integrativen
Veterinärmedizin, also konventionelle und komplementärmedizinische
Therapieverfahren miteinander zu
verbinden, zukunftsweisend.
In der Schlussfolgerung dieser Arbeit, der die Grundprinzipien
der Homöopathie sowie ihre gesetzlichen
und wissenschaftlichen Grundlagen erörtert und hierbei
hinsichtlich externer Evidenz zur Human- und Veterinär-
Homöopathie im Allgemeinen auf Studien der Evidenzstufe
1a sowie bei Fokussierung auf die externe Evidenz
zur Homöopathie bei Infektionen auszugsweise auf Studien
der Evidenzstufe 1a, 1b, 2c eingeht, finden die
Autoren klare Worte: „Die aktuellen nationalen Gesetze
(Schweiz, Österreich, Deutschland) und die EU-Gesetzgebung
gewähren Qualität und Unbedenklichkeit
homöopathischer Arzneimittel sowie Sicherheit lege artis
durchgeführter homöopathischer Therapien“.
Evidenz für die Wirksamkeit der Human- und Veterinär-Homöopathie
im Allgemeinen und im Speziellen
bei der Behandlung von Infektionen ist für weiterführende
Forschungen in diesem Bereich hinreichend belegt.
Fünf der sechs Metaanalysen zu verschiedenen
Indikationen bis 2014 kamen zu dem Schluss, dass
sich die Wirksamkeit der homöopathischen Therapie
von Placebo unterscheidet. Nur der systematische Review
mit Metaanalyse von 2005 sowie der zweite Australische
NHMRC Report und das EASAC Statement,
wo jeweils mehr als 90 % der Studien von der Analyse
ausgeschlossen wurden, zeigten keine Wirksamkeit
der Homöopathie über Placebo hinaus. Ein Review
von 2013 bestätigte bereits, dass mehr als 90 % aller
Studien ausgeschlossen werden müssen, um folgern
zu können, dass Homöopathie nicht wirksam sei. Besonders
für die individualisierte Homöopathie sind Effekte
auf allen Qualitätsstufen nach Cochrane-Kriterien
erkennbar, auch in den methodisch hochwertigen
Studien. Offenbar nicht-wissenschaftliche Interessen
führten folglich zu Fehlinformationen gegenüber der
Homöopathie.
Nebst Studien zum Wirksamkeitsnachweis der Homöopathie
bei Infektionen zeigen Daten aus der Versorgungsforschung,
sogenannte Real World Data, das
Potenzial einer signifikanten Reduktion des Antibiotikaeinsatzes
durch homöopathische Behandlungen
auf. Nicht zuletzt aufgrund der globalen Bedrohung
durch die Antibiotikaresistenzproblematik bedarf es in
der Human-Homöopathie genau wie in der Veterinär-
Homöopathie dringend weiterer methodisch hochwertiger
Studien.
10
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Für die Qualitätssicherung weiterer Studien ist deren
Durchführung an universitären Einrichtungen eine Voraussetzung,
was erst durch die Integration der Komplementärmedizin
inklusive Homöopathie an den Universitäten
möglich werden kann. Diese absolut notwendige
Konsequenz und Forderung im Sinne der
Patienten, wird durch die amerikanische Consensus
Guideline zu universitärer Fortbildung in Integrativer
Veterinärmedizin bereits geltend gemacht und ist in
der Schweiz gemäß Medizinalberufegesetz für Unterricht
und Forschung an der Universität gesetzlich verankert.
Der Volltext des narrativen Reviews kann hier nachgelesen
werden:
https://sat.gstsvs.ch/de/sat/sat-artikel/
archiv/2020/102020/evidence-basedhomeopathy-and-veterinary-homeopathy-and-itspotential-to-help-overcome-the-antimic.html
Eine weitere Arbeit, die Michael Frass mit drei homöopathischen
und acht konventionell-medizinisch arbeitenden
KollegInnen verfasst hat ist im „The Oncologist“
erschienen. Die Fragestellung war: Kann eine Homöopathische
Behandlung als Zusatztherapie die Lebensqualität
verbessern und das Überleben von Patienten
mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs verlängern? Eine
prospektive, randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde,
dreiarmige, multizentrische Studie wurde
durchgeführt. Die Arbeit wurde an der Medizinische
Universität Wien und dem Otto Wagner Spital, Wien,
dem Bezirkskrankenhaus Lienz und dem Ordensklinikum
Linz Elisabethinen durchgeführt.
Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem
Lungenkrebs (NSCLC) haben begrenzte Behandlungsmöglichkeiten.
Neben der konventionellen Krebsbehandlung
kann die additive Homöopathie dazu beitragen,
die Nebenwirkungen der konventionellen Therapie
zu lindern. Ziel der vorliegenden Studie war es zu
untersuchen, ob additive Homöopathie die Lebensqualität
(QoL) und das Überleben bei NSCLC-Patienten beeinflussen
kann.
In dieser prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten,
doppelblinden, dreiarmigen, multizentrischen
Phase-III-Studie untersuchten wir die möglichen
Auswirkungen einer additiven homöopathischen Behandlung
im Vergleich zu Placebo bei NSCLC-Patienten
im Stadium IV in Bezug auf die Lebensqualität in
den beiden randomisierten Gruppen und in Bezug auf
die Überlebenszeit in allen drei Gruppen. Behandelte
Patienten besuchten alle 9 Wochen die onkologischen
Ambulanzen. 150 Patienten mit NSCLC im Stadium IV
wurden in die Studie eingeschlossen. 98 erhielten doppelblind
entweder individualisierte homöopathische
medizinische Produkte (n = 51) oder Placebo (n = 47).
52 Kontrollpatienten ohne homöopathische Behandlung
wurden ohne jede homöopathische Intervention
bezüglich Überlebenszeit beobachtet. Die Bestandteile
der verschiedenen homöopathischen medizinischen
Produkte waren hauptsächlich pflanzlichen, mineralischen
oder tierischen Ursprungs. Die Arzneimittel
wurden nach den Vorschriften „Herstellung homöopathischer
Arzneimittel“ der offizinellen Pharmakopöen
(Ph Eur, HAB) erzeugt.
Die Lebensqualität sowie die Funktions- und Symptomskalen
zeigten nach 9 und 18 Wochen homöopathischer
Behandlung eine signifikante Verbesserung
der Homöopathiegruppe im Vergleich zu Placebo
(p <0,001). Die mediane Überlebenszeit war in der
Homöopathiegruppe (435 Tage) gegenüber Placebo
(257 Tage; p = 0,010) sowie gegenüber der Kontrolle
(228 Tage; p <0,001) signifikant länger. Die Überlebensrate
in der Homöopathiegruppe unterschied sich
signifikant vom Placebo (p = 0,020) und von der Kontrolle
(p <0,001).
Schlussfolgerung: Die Lebensqualität verbesserte sich
in der homöopathischen Gruppe im Vergleich zu Placebo
signifikant. Darüber hinaus war das Überleben in
der Homöopathiegruppe im Vergleich zu Placebo und
Kontrolle signifikant länger. Eine höhere Lebensqualität
könnte zum verlängerten Überleben beigetragen haben.
Die Studie legt nahe, dass die Homöopathie nicht
nur die Lebensqualität verbessert, sondern auch das
Überleben signifikant positiv beeinflusst. Weitere Studien,
einschließlich anderer Tumorentitäten, sind gerechtfertigt.
Die Referenzen sind bei der Redaktion zu erfragen.
Dr. in Petra Weiermayer,
Dr. Michael Frass,
Dr. Bernhard Zauner
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
11
Fallbeispiele
Homöopathische Behandlung bei
hochbetagten COVID-19 Patienten
im Hotspot Gröden, Südtirol (Italien)
(Dr. med. Elisabeth Delago, Kinderärztin, klassische Homöopathin)
Ich freue mich, Ihnen heute über meine Erfahrungen
bei der homöopathischen Behandlung von Covid-19
Patienten im März-April 2020 im Grödnertal berichten
zu dürfen. Gröden ist ein enges Tal mit drei größeren
Ortschaften, das in der Skisaison – ähnlich wie
Ischgl – als Tourismushochburg an die 20.000 internationale
Gäste beherbergt. Im Februar hatten wir Ärzte
in Gröden das Gefühl, diese Grippewelle höre nie auf.
Ende desselben Monats sahen wir dann, dass die Covid-19-Infektion
ihr eigenes Symptomenbild hatte. In
dieser Zeit war sicher über die Hälfte der Bevölkerung
(Einwohnerzahl ca. 10.000) erkrankt. Schlimm war es,
dass nach Beginn der Testungen durch PCR-Rachenabstriche
alle Ärzte fast gleichzeitig in Quarantäne waren
und die Patienten nur telefonisch einen Ansprechpartner
hatten. Per Telefon wurde ihnen gesagt, sie sollten
10 bis 14 Tage Fieber abwarten und wenn Atemnot
dazukam, wurde ihnen eine Krankenschwester
geschickt, die die O2-Sättigung kontrollierte und sie
eventuell ins Krankenhaus einweisen ließ. Ein direkter
Kontakt mit einem Arzt war unmöglich und ins Krankenhaus
wollte auch niemand. Mittlerweile hatte ich
selbst die Infektion durchgemacht. Auch fast alle meiner
Verwandten und viele meiner Patienten mit ihren
Familienangehörigen lagen mit Covid-19-Symptomen
im Bett. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, viele
schwerkranke Patienten durch Hausbesuche und telefonisch
homöopathisch zu behandeln. Hier möchte ich
Ihnen einige Fallbeschreibungen meiner hochbetagten
Patienten vorstellen:
1. Patientin, 90 Jahre alt. Vorerkrankungen: koronare
Herzkrankheit; nimmt folgende Medikamente:
Lacipil 4mg, Cardioaspirin 100mg, Lisinopril
20 mg, Atorvastatina 10mg, Atenololo-Clortalidone
100 mg.
Die gesamte Familie hat Grippe-Symptome mit starkem
Husten und Fieber. Seit gestern Nachmittag kann
sie sich nicht mehr auf den Beinen halten, sie liegt im
Bett, „die Beine halten nicht mehr, schafft es gerade
noch mit Unterstützung auf Toilette zu gehen. Extrem
schwach. Anfangs hatte sie keine Grippesymptome,
nach einigen Tagen ist leichter Husten dazugekommen.
Hausbesuch: Liegt ruhig im Bett, voll ansprechbar,
sagt, die Beine wären zu schwach, zu schwer, um aufzustehen,
blass, kein Hinweis auf ein zerebrales Geschehen.
Sie will keine Krankenhauseinlieferung!
Gabe: Gelsemium C200 + verkläppert über die nächsten
Tage. Telefonische Rückmeldung am nächsten
Tag: deutliche Besserung, war in 2 bis 3 Tagen wieder
auf den Beine, noch leichter Husten.
Materia medica von Clarke:
„Gelsemium ist ein starkes lähmungserzeugendes Mittel.
Es ruft einen allgemein körperlichen und geistigen
Lähmungszustand hervor. Der Verstand ist träge, das
ganze Muskelsystem ist erschlafft. Glieder erscheinen
so schwer, dass er sie kaum bewegen kann.“
2. Patient, 84 Jahr alt. Bisher selbständig, bewältigt
den Haushalt alleine.
Die Erkrankung hatte vor 1 Woche mit einem starken
Durchfall für einige Tage begonnen; er konnte
den Stuhl nicht halten, er schaffte es nicht bis zur Toilette.
Zunehmend wurde er von Tag zu Tag schwächer,
liegt im Bett und schafft es nur mit Unterstützung
aufzustehen. Gestern kam es zweimal zu kollapsartigen
Zuständen, jedes Mal bei Anstrengung, wenn er
versucht hat, auf die Toilette zu gehen. Er schaffte es
gerade mit Unterstützung die 6 bis 7 Schritte zur Toilette
und ist dann auf dem Toilettensitz zusammengesackt:
blass und kaltschweißig, die Augen nach oben
12
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
verdreht, Zunge nach außen hängend. „Wir dachten
er ist tot, kein Puls keine Reaktion über ca. 2 Minuten“,
sagte die Tochter. Dann ist er durch Stimulation
wieder zu sich gekommen. Diagnose durch den Hausarzt:
Typisch Covid-19 Infektion, hat sich beim Kartenspielen
mit andere älteren Kollegen angesteckt (hier
sind mehrere Fälle), Corona-Testung nicht nötig. Hausbesuch:
Liegt friedlich im Bett, ansprechbar, hat keine
Beschwerden, ist extrem schwach, blass, Zunge dick
weiß mit freien Rändern. Die Familie will keine stationäre
Einlieferung ins Krankenhaus.
Gabe: Arsenicum album C30 + verkläppert weiter.
Telefonat abends: deutlich besser, möchte aufstehen
und aufs Klo gehen. Telefonat am nächsten Tag: Er ist
wieder sehr schwach, erneut Kollaps beim Aufstehen.
Gabe: Camphora C200 und verkläppert in Wasser.
Deutlich Besserung schon am nächsten Tag, keine
Ohnmachtsanfälle mehr. Erholt sich innerhalb von 2 bis
3 Wochen. Ist wieder voll selbständig.
Materia medica von Camphora:
• Kälte und Schaudern, aber Abneigung gegen Zudecken
(carb-veg) - Kollapszustände, begleitet von
Kälte und erschöpfender Lebenskraft, der Puls ist
kaum wahrnehmbar, das Gesicht ist kalt und blau,
• Pneumonie oder Bronchitis mit Kollaps (lauroc, ant-tart)
Rubriken:
• Ohnmacht mit Kälte der Haut,
• Kollaps nach Diarrhoe (ars-alb, camph, carb-v, verat)
3. Patientin 92 Jahre. Alleinstehend, bewältigt den
Haushalt ohne fremde Hilfe. Vorerkrankung: Koronare
Herzkrankheit, Medikamente: Bisoprololo,
Cumarin und Amlodipin.
Sie hat seit seit 1 Woche einen trockener Husten, Temperatur:
37,4°C, schwach, Übelkeit, in den letzten drei
Tagen. Von ihrer Tochter hat sie Gelsemium C200 erhalten.
Sie wurde zunehmend dyspnoisch und schwächer.
Die O2-Sättigung war bei 70 %!! Mit dem Hausarzt
und der Familie wurde besprochen, dass keine
stationäre Aufnahme erfolgen sollte, da sie kaum
Überlebenschancen hätte! Rachenabstrich PCR pos.
Als Therapie bisher Clexane sowie Zithromax für 5 Tage.
17.03. Hausvisite: 37,1°C, extreme Tachydyspnoe,
Sprachdyspnoe, mit interkostalen sowie sternale Einziehungen
in Ruhe, zyanotische Lippen, starker Husten,
sehr trocken, agg. beim Sprechen und bei jeder
geringen Anstrengung, trockener Mund.
Gabe: Bryonia C30 + aufgelöst über 2 Tage. Der Husten
wurde daraufhin schnell besser.
19.03.: wegen blutigen Urin und spontanem Nasenbluten
Gabe von Phosphorus C200 + aufgelöst.
21.03.: Stannum C200 wegen extremer Schwäche
und Pneumonie.
09.04.: besser aber noch sehr schwach: Lobelia purpurascens
C200.
Innerhalb von 1 bis 2 Woche deutliche Besserung der
Atmung und des Allgemeinzustandes. Bericht der Angehörigen
nach 3 Monaten: Verrichtet den Haushalt
nun wieder alleine, noch leichte Kurzatmigkeit bei längeren
Gehen und Treppensteigen.
4. Patientin, 80 Jahre. Hausvisite am 15.03.2020,
vor 1 Monat zunehmende Schmerzen im Brustkorb
mit Fieber.
Im Krankenhaus v.a. wegen Herzinfarkt, deshalb
wurde ein Herzkatheter gemacht, der jedoch keinen
Hinweis auf einen Infarkt zeigte. Auf dem Rx-Thorax
zeigte sich eine Pneumonie mit Pleuritis li. Daraufhin
erfolgte eine antibiotische Therapie für 25 Tage
und mehrmalige Punktionen des Pleuraergusses. Danach
folgte eine kurzzeitige Besserung. Jetzt klagte sie
wieder seit einigen Tagen über einen zunehmenden
Schmerz unter li Rippenbogen, tiefes Einatmen geht
nicht, durstlos, Druck durch enge Kleider stört, sehr
schwach. Die Symptome sind sehr ähnlich wie vor 1
Monat.
Gabe: Stannum C200 + aufgelöst. Deutliche Besserung
innerhalb 2 bis 3 Tagen.
5. Covid-19 Ausbruch bei den Klosterschwestern.
11 Schwestern mit PCR-pos Befund zeigen grippale
Symptome. Durchschnittliches Alter ca. 80 Jahre, alle
mit mehreren Vorerkrankungen und unter Medikamenten.
Gabe: Bei leichten, untypischen Symptomen gab ich
allen „prophylaktisch“ Lobelia purpurascens C 200 +
aufgelöst für 2 Tage. Einigen Schwestern gab ich noch
andere homöopathische Mittel außer lob-p:
• Schwester, 84 Jahre. Unter Plaquenil seit 20a wegen
Rheuma, Osteoporose, 2 x kollabiert im Bad,
hat einen Herzschrittmacher, 96%-Sättigung
Gabe: Camphora C 200 Rachen grau wie Asche,
Herz ziehende Schmerzen, Schweregefühl in den
Beinen beim Gehen, trockener Mund;
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
13
Fallbeispiele
1 Woche später: Lob-p C200 wegen weiter bestehender
Schwäche und Schwindel noch beim
schnellen Aufstehen, mit Rauschen dumpf im Ohr
bei Liegen im Bett; sie ist sehr mitfühlend und
menschlich mit ihren Mitschwestern.
Gabe: Causticum C200 (konstitutionell). Danach
deutliche Besserung und für ca. 1 Woche noch etwas
Schwindel.
• Schwester 71 Jahre. Müde, Schwindel im Ohr beim
Aufstehen, im Liegen besser, 2x bei Schwindelanfall
plötzlich auf den Boden gefallen, Knochenschmerzen
extrem stark im Knie, trockener Mund extrem,
Gefühl ausgetrocknet. Hatte schon Lob-p C200
ohne Erfolg genommen. Nach 1 Woche noch trockener
Mund, ziehende Schmerzen im Rücken agg.
bei Aufstehen und Aufsitzen. Gabe: Gelsemium
C200
Besserung in 2 bis 3 Tagen.
• Schwester, 77 Jahre: schlimme Muskelschmerzen
Beine, Schwäche und Schwindel, Lob-p C200, nach
1 Woche noch sehr starke Muskel- Knochenschmerzen
in den Beine.
Gabe: Eupatorium-perfoliatum C200; langsame
Besserung in den nächsten 2 Wochen.
• Schwester, 82 Jahre. Nach Lob-p C200 zunehmende
Hustenattacken trocken, Verschlechterung
bei Bewegung, durstlos.
Gabe: Bryonia C200+ aufgelöst.
Schnelle Besserung; 1 bis 2 Tagen.
Alle haben sich gut erholt.
Lobelia purpurascens: Australischer Busch, wächst an
feuchten Orten, wo viele Schlangen leben. Leguane
essen nach Schlangenbiss diese Pflanzen und versterben
nicht. Symptome ähneln den Folgen von Schlangenbissen.
Materia medica von White:
Überwältigender Schwindel und Kopfschmerzen, übelkeitserregender
Stupor. (Grippesymptome) Intensive
Erschöpfung der Lebenskraft und der Nerven. Tödlicher
Frost. Lähmung der Lungen mit daraus resultierenden
CO2-Vergiftung. „Wirkt bei schleichenden typhoiden
Zuständen sehr ähnlich wie Baptisia und
scheint das Gift der Influenza zu neutralisieren“. Verschlechterung
bei Bewegung, Verschlechterung bei
feuchtes Wetter.
Materia medica von Clarke:
• Mund: Mercurialischer Geschmack, dicker Speichel,
Zunge weiß und gelähmt.
• Nase: Trockenheit; Nase und Hals voll.
• Brust: Atmung ist langsam, hört fast auf, Enge der
Brust, mit Beklemmung und erschwerter Atmung,
Empfindung als seien die Lungen gelähmt, oberflächliche
Atmung.
• Herz: Schmerz in der Brust unter den Rippen der linken
Seite, quälendes Gefühl in der Herzgegend, Herz
gelähmt, Herzschlag fast nicht wahrnehmbar.
• Extremitäten: Müdigkeit und extreme Schwäche der
Glieder. Die Knie scheinen unter dem Gewicht des
Körpers zusammenzubrechen. Die Beschreibung von
Lobelia purpurascens in der Materie Media ist den
typischen Symptomen der Covid-19-Infektion erstaunlich
ähnlich. Die Rolle dieses Mittels als „epidemisches“
Mittel wird sich erst noch herausstellen
müssen.
In nächster Zeit werden uns die Langzeitschäden der
Covid-19-Infektion intensiver beschäftigen. Hierzu
möchte ich 2 Patienten von mir vorstellen:
1. Patientin, 42 Jahre.
Begonnen am 8.3.2020 mit Fieber, Knochenschmerzen
und starker Schwäche. Dann die nächsten 2 bis 3
Wochen zunehmend Druck und brennende Schmerzen
hinter dem Brustbein. „Wie Feuer“, trockener Mund,
Herzstolpern, „ich höre das Herz schlagen“, Angst zu
sterben, besser durch Wärme, leichter Husten bei Anstrengung.
Schlaf nur in Rückenlage, auf der linken
Seite verschlechtert., Bauchlage verschlechtert.
Die Diagnose des Kardiologen: Covid-19-Infektion
mit Perikarditis (sonographisch Perikarderguss). Behandlung:
Ibuprofen 3 x 600 mg. Erstanamnese
30.04.2020 (1,5 Monaten später!): Reizhusten ist besser,
in den letzten 2 Tage sehr gut gegangen, heute
wieder trotz Medikamente Verschlechterung der stechenden
Schmerzen in der Brust, Schwäche, alles ist
bei Kälte deutlich schlechter.
Gabe: Lobelia purpurascens C200, aufgrund der Verschlechterung
bei Kälte und Bewegung, sowie der
starken Erschöpfung. Deutliche Besserung der Beschwerden
den nächsten Tagen.
14
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Kontrolle am 19.05.2020: Die Sonographie des Herzen
hat keinen Perikarderguss mehr gezeigt. Bei Belastung
hat sie noch leichte Schmerzen hinter dem Brustbein,
schwach, gern Wärme, Durst stark, nicht kalt,
trockener Mund extrem.
Erneut Gabe von lob-p C200, aber zeigt sich keine Besserung
mehr. Daraufhin Gabe von Bryonia C200 +
aufgelöst. Schnell Besserung in wenigen Tagen trotz
Absetzen der Medikamente. Sie ist nach 1 Woche
ohne Beschwerden.
FAZIT: Bei leichteren Fällen kamen bei mir Arzneien
wie Bryonia und Arsenicum-album besonders häufig
vor, wobei auch Camphora und Lobelia purpurascens
Mittel sind, die in vielen Fällen in Betracht kommen.
Unter den 50 Covid-19-Patienten, die mittelschweren
bis schwer erkrankt waren, und von mir homöopathisch
behandelt wurden, waren etwa die Hälfte Risikopatienten
in sehr hohem Alter. Kein einziger meiner
Patienten ist verstorben und nur einer stationär eingeliefert
worden. Die Covid-19 Symptome haben sich
unter dem passenden homöopathischen Mittel in 1 bis
2 Tagen deutlich gebessert.
Wenn keine Besserung eintraf, habe ich das Mittel abhängig
von den neu auftretenden Symptomen gewechselt.
Neben der homöopathischen Behandlung ist
aber der persönliche Kontakt und engmaschige Kontrollen
sehr wichtig sind, da Angst und Panik bei den
Erkrankten vorherrschen.
In der Sorge um die Gesundheit wurde in dieser Zeit die
Menschenwürde vernachlässigt – für mich ein Zeichen
dafür, dass es eine moderne Medizin braucht, in der ich
mir wünsche, dass der eigene Wille und die Würde des
Patienten als oberstes Gebot angesehen wird.
DR. IN MED. ELISABETH DELAGO
1965 geb. in Bozen (I)
1984–1990 Studium der Medizin in Innsbruck (A)
1991–1998 Facharztausbildung in der Dr.von Haunerschen Kinderklinik
(Uni München/D)
1997–2001 dreijährige homöopathische Ausbildung München
(Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte)
2002–2006 Homöopathische Ausbildung an der Internationalschool for classic Homeopathy
bei Dr. Alfons Geukens (B)
seit 2007 Weiterbildung bei Dr. Dario Spinedi(CH), Henny Heudens-Mast (B), Dr. Alok Pareek (Indien)
seit 1999 Mitglied des Südtiroler Homöopathiekreises
Privatpraxis für Kinderheilkunde und Homöopathie in St. Ulrich (Grödental) und in Bozen.
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
15
Fallbeispiele
Ein kurzer Fall von E. B. Nash –
langwieriger Durchfall
Ein Kind, ein Jahr alt, aber groß für sein Alter, mit hellem
Teint, schwarzen Augen und dunklen Haaren, litt
seit zwei Monaten an Durchfall. Am Anfang der Krankheit
wurde wegen der großen Unruhe Chamomilla gegeben,
aber leider mit mäßigem Erfolg. Etwas später
wurde wegen des phlegmatischen Temperaments,
des großen Kopfes, dem hell gefärbten Stuhl und der
Übellaunigkeit Calicium carb. verabreicht, aber leider
stellte sich auch hier keine Besserung von Dauer ein.
Das Kind wurde schließlich auf die Thousand Islands
„Tausend Inseln“ getragen, um vom Klimawandel
zu profitieren, aber der Vorteil war nur vorübergehend,
und das Kind wurde so krank wie eh und sogar
schwächer nach Hause gebracht.
Zu dieser Zeit wurden folgende Symptome aufgezählt:
hellfarbiger, offensiver Durchfall, unverdauliche Teilen,
Stuhl häufig am Morgen und Vormittags, große
Unruhe und Erschöpfung; seit Wochen nicht mehr als
einer halben Stunde geschlafen, fast ständiges Zähneknirschen
(die wenigen, die draußen sind), leichte
Zahnfleischschwellung, das es nicht berührt haben
möchte. Der Appetit ist weg. Habe Podophylum CM
(Finke) gelöst gegeben, einen Teelöffel nach jeder neuerlichen
Entleerung. Es waren nur zwei Dosen nötig.
Nach denen regulierte sich der Stuhl, die Unruhe hörte
auf, die Wangen (vor Blass und Versunken) wurden
wieder rosig, der Appetit kam zurück und das Kind
konnte nachts wieder schlafen. Geheilt.“
Eugene Beauharnais „E. B.“ Nash (1838 bis 1917) war
einer der führenden nordamerikanischen Homöopathen
des 19. Jahrhunderts und ein jüngerer Kollege
von Adolph Lippe. 1903 wurde er Präsident der International
Hahnemannian Association (IHA). Er war Autor
verschiedener Bücher und Artikel über die Homöopathie.
Quelle: https://www.facebook.com/521329241238905posts/3043864458985358,
zuletzt abgerufen am 11.08.2020
DR. IN BIRGIT HÖLLER
Ärztin für Allgemeinmedizin und
Klassische Homöopathie
Geb. 1974 in Linz
Jus practicandi 2004
Niederlassung als selbständige Ärztin in Wien seit 2010
Diplom für Klassische Homöopathie bei der ÄKH 2014
Vorstandstätigkeit in der ÄKH seit 2017
16
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
Kasuistiken mit Krankheiten aus
dem HNO-Bereich, die mittels
konventioneller Therapie nicht
(oder kaum) besserbar sind
Der Ansatz der Klassischen Homöopathie klingt auf
den ersten Blick eigenartig und vielversprechend zugleich:
mit einer einzigen Arznei soll es dem Patienten
sowohl körperlich als auch psychisch besser gehen.
Wer so etwas behauptet, wird sofort mit Argwohn
betrachtet. Denn: Welche Methode kann
das schon? Das muss doch Scharlatanerie sein. Anhand
von fünf Kasuistiken aus der Praxis, die Durchschnittspatienten
eines jeden Allgemeinmediziners,
HNO-Arztes oder Kinderarztes widerspiegeln, möchten
wir zeigen, wie ein homöopathischer Arzt arbeitet,
wie hoch er sich die Latte in der Behandlung
steckt und natürlich auch, wie befriedigend das Ergebnis
für Arzt und Patient sein kann, wenn diese
Latte auch tatsächlich übersprungen wird.
Homöopathen Sep. C200 gegeben hatten, das nicht
oder nur kurz gewirkt hatte, was wohl daran lag, dass
die Patientin in regelmäßigen Shiatsu-Behandlungen
war, die – wie andere energetische Behandlungsmethoden
– meiner Erfahrung nach oft die homöopathische
Arznei stören. Durch die regelmäßige Gabe der
Q-Potenz kann man diesem Problem aus homöopathischer
Sicht gut entgegen treten.
Fall 1: 38-jährige Patientin mit chronischer Sinusitis
(MacRepertory 4.5 mit zahlreichen Ergänzungen von André Saine und Christoph Abermann)
Die Patientin konsultierte mich erstmals im Sommer
2010 wegen einer chronischen Sinusitis frontalis, die
seit 5 Jahren bestand und die gesamte kalte Jahreshälfte
zu ständigen und mitunter intensiven Problemen
führte. Jede geringste Wind- oder Kälte-Exposition
führte sofort zu einer Exazerbation. Unterschiedliche
Antibiotika hatten keinerlei Langzeiteffekt. Am
schlimmsten waren die Beschwerden prämenstruell
– in dieser Phase war sie auch gereizt, ängstlich und
weinerlich. Es wurde Sepia Q9 (1x/Woche) verschrieben,
das die Sinusitis schon im Jahr darauf deutlich
besserte. Mittlerweile ist die Patientin seit vielen Jahren
unter steigenden Q-Potenzen im Winter beschwerdefrei.
Auch das seit Jahren bestehende PMS wurde
deutlich besser.
Besonders interessant ist, dass bereits zwei andere
Fall 2: 47-jährige Patientin mit Tinnitus und Fingergelenksarthrosen
Der Tinnitus bestand als heller Pfeifton beim Erstgespräch
2005 schon seit über einem Jahr – ohne Auslöser.
Dazu schmerzhafte Schwellungen der Fingergelenke
v.a. die PIP-Gelenke, links mehr als rechts. Auf
ihren Charakter befragt, erzählt die Patientin, sie habe
ein Helfersyndrom: als es vor einigen Jahren Hochwasser
in einem 50 km entfernten Ort gab, meldete sie
sich freiwillig und arbeitete dort so lange, bis sie durch
die ständige Durchnässung krank wurde. Außerdem
sei sie sehr ängstlich um die Familie und beschreibt
sich als pingelig. Zu diesem – v.a. psychischen – Symptomenbild
passte die Arznei Carcinosinum am besten.
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
17
Berichte
Unter Carc. C200 (später
Carc. M bei Rückfällen) verschwanden
die Arthrosebeschwerden
völlig; hier war
sie auch 4 Jahre später noch
beschwerdefrei. Der Tinnitus
wurde innerhalb der ersten
2 Monate um 50 % besser,
sodass er sie kaum mehr
störte. Weiter ging die Besserung
auch in den Folgejahren
nicht.
(MacRepertory 4.5 mit zahlreichen Ergänzungen von André Saine und Christoph
Abermann)
(MacRepertory 4.5 mit zahlreichen Ergänzungen von André Saine und Christoph Abermann)
Kommentar: Tinnitus ist auch aus homöopathischer
Sicht keine einfach zu behandelnde Krankheit, doch
erreicht man in den meisten Fällen zumindest eine gewisse
Besserung, sodass die Patienten besser damit
umgehen können. Der Tinnitus selbst hilft uns selten
bei der Suche nach der richtigen Arznei, deshalb ist er
auch in der Repertorisation nicht abgebildet.
Fall 3: 1,5jähriger Junge mit
chronischem Schnupfen
passte ihm!“), bis er wieder einschlief. Diese Unzufriedenheit,
die sich bei Calc-p. manchmal den ganzen
tag über zeigen kann, bei diesem Patienten jedoch nur
beim Munterwerden in der Nacht Thema war, ist typisch
für diese Arznei. Vom Charakter her bezeichnete
die Mutter ihn als Zappelphilipp mit starkem Durchsetzungsvermögen.
Der Patient erhielt Calcium phosphoricum
C200 als Einmaldosis. In den nächsten Wochen
ging der Schnupfen deutlich zurück. Auch der Schlaf
wurde viel ruhiger und die mürrischen Phasen weniger.
Die Eltern waren sehr erfreut über diese Entwicklung.
Fall 4: Rezidivierende Infekte
Seit dem 6. Lebensmonat hatte der Junge ständig Infekte
und bekam mehrmals Antibiotika. Der Ablauf
war immer der gleiche: Die ältere Schwester kam mit
einem Schnupfen aus dem Kindergarten nach Hause
und steckte den Bruder an. Er bekam daraufhin Fie-
Der 1,5-jährige Junge wurde aufgrund
von ständigem Schnupfen
und „verschleimt Sein“ vorgestellt.
Aufgrund des starken Schnupfens
war das Trinken so weit beeinträchtigt,
dass er oft erbrach und
sich selbst abstillte. Auch hörte die
Mutter öfters ein Rasseln in der
Brust. Weiters war der Schlaf unruhig
und der Patient schrie öfters
aus dem Schlaf heraus. In diesem
Zustand lehnte er alles ab („Nichts
(MacRepertory 4.5 mit zahlreichen Ergänzungen von André Saine und Christoph Abermann)
18
<< ZUM INHALTSVERZEICHNIS
Beiträge zur klassischen Homöopathie
ber, Ohrenentzündung, Augenentzündung und zum
Schluss einen hartnäckigen Husten. Nachdem er kurz
gesund war, wurde er wieder krank. Wenn er krank
war, trank er sehr wenig und weinte viel in der Nacht.
Der Patient bekam Pulsatilla C30 verabreicht, da er gerade
wieder einen Infekt hatte. Daraufhin war er die
nächsten zwei Monate infektfrei. Eine einmalig aufgetretene
spastische Bronchitis konnte gut mit Pulsatilla
und einem Bronchodilatator behandelt werden. Im darauffolgenden
Herbst kam es wieder zu Infekten und
diesmal wurde Pulsatilla in einer höheren Potenz verabreicht.
Der Patient hatte die nächsten 1,5 Jahren keinen
Infekt.
beeinträchtigen. Die Patientin erhielt eine Dosis Staphisagria
M.
Bei der Kontrolle nach 2 Monaten berichtete die Patientin,
dass es ihr deutlich besser ging. Sie konnte nun
sehr gut schlafen und sich besser von den familiären
Konflikten distanzieren. Die Heiserkeit sowie der häufige
Harndrang waren partiell gebessert. Auch die Gelenkschmerzen
waren deutlich gebessert, der Rücken
blieb aber gleich. Bei der nächsten Kontrolle ging es
der Patientin wiederum besser. Die Heiserkeit war vergangen,
die Nykturie war auf 1x pro Nacht zurück gegangen
und der Schlaf war sehr gut. Auch die Gelenks-
und Rückenschmerzen waren deutlich reduziert.
Fall 5: 48-jährige Patientin mit chronischer
Heiserkeit
Die 48-jährige Patientin suchte aufgrund mehrerer Beschwerden
ärztliche Hilfe auf. Sie litt unter chronischer
Heiserkeit seit einer Influenza, häufigem Harndrang
und Schmerzen am Bewegungsapparat. Tagsüber
musst die Patientin 10 bis 15-mal Wasserlassen und
nachts zwei bis dreimal. Die Patientin war sehr sportlich
und hatte immer wieder Rückenschmerzen und
Gelenksschmerzen. Weiters gab es mit dem Partner
und dessen Kindern häufig Konflikte, auf die sie mit
großer Entrüstung reagiert und die den Schlaf deutlich
(MacRepertory 4.5 mit zahlreichen Ergänzungen von André Saine und Christoph Abermann)
DR. IN DI (FH) MONIKA TRISKA
Studierte Biotechnologie an
der FH IMC Krems und Humanmedizin
an der Med Uni Wien.
Die Ausbildung zur Ärztin für
Allgemeinmedizin absolvierte
sie am Klinikum Wels-Grieskirchen
sowie in der homöopathischen
Lehrpraxis bei Dr. Christoph Abermann. Sie
besitzt das ÖÄK-Diplom für Homöopathie und Manuelle
Medizin. Dr. Triska arbeitet im Gesundheitszentrum
für physikalische Medizin und Rehabilitation
Vöcklabruck und führt seit kurzem eine Wahlarztpraxis
in Gmunden.
DR. CHRISTOPH ABERMANN
Arzt für Allgemeinmedizin
Ärztezentrum für
Homöopathie Gmunden
(www.aefh.at)
Leiter der ärztlichen
Homöopathie-Ausbildung bei
der Ärztegesellschaft für Klassische
Homöopathie (ÄKH; www.aekh.at) in Linz
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Fallbericht Veterinär
Behandlung einer purulenten
Stichwunde mit Periostitis mittels
klassischer Homöopathie
Der vorliegende Fallbericht zeigt die Behandlung
einer Verletzung mittels einer homöopathischen
Arznei in einer Hochpotenz.
Patient
Pferd „Ramosch“ Warmblut, männlich kastriert,
22 Jahre, chronische Erkrankung: equines Asthma
pertemperatur beträgt 37,3°C, Schleimhäute o.b.B. Kapillarfüllungszeit
< 2 sec.. Futter- und Wasseraufnahme
unverändert. Lymphknoten o.b.B. Puls 40, AF 10.
Die Wunde befindet sich lateral, proximal des Tarsalgelenks
am rechten Hinterbein und verläuft strichförmig
auf der Länge von ca. 10 cm.
Anamnese
Seit mind. 48 h (genauer Zeitpunkt unbekannt) weist
das Pferd eine Wunde am rechten Hinterbein auf.
Die Besitzerin hat diese Wunde vorerst als oberflächliche
Exkoriation eingestuft. Da das Bein jedoch am
20.9.2016 eine Schwellung aufweist und eine Lahmheit
zeigt, wurde eine Visite bestellt.
Bild vom 20.9.2016,
Fistel bereits sichtbar
Bild vom 20.9.2016, Vergleich zwischen
linken und rechten Bein, deutliche
Schwellung rechts
Bild vom 18.9.2016,
Exkoriation sichtbar,
Tiefe der Wunde
noch unbekannt
Klinische Untersuchung (20.9.2016)
Vorgestellt wurde ein 22 Jahre alter Warmblut Wallach
mit equinem Asthma. Das Allgemeinverhalten zeigte sich
ungestört. Eine Stützbeinlahmheit 2. Grades von 5 (0)
liegt an der rechten Hinterextremität vor. Die innere Kör-
Ca. in der Mitte zeigt sich eine fistelnde Wundöffnung
– bedeckt durch Schorf. Das Bein zeigt eine ggr.
Schwellung, sowie Schmerzhaftigkeit im Bereich der
Wunde. Der Wundrand zeigt eine ggr. Wundrandnekrose.
Aus der Wunde tritt ggr. purulentes Exsudat aus.
Die Sondierung der Wunde zeigt einen Kanal ca. 4 cm
nach proximal. Es erfolgt eine Wundreinigung Povidon-Jod-Seife
und die Umgebung wird rasiert. Mittels
Fassisi Tetacheck wird der Tetanus-Titer überprüft. Der
Titer ergibt > 0,1 IE. Da der Patient in der Vergangenheit
auf Impfungen mit Asthma-Schüben reagiert hat,
wird daher auf eine Boosterung und die Injektion von
Antitoxin verzichtet. Eine Eröffnung der Sehnenscheide
des M. ext. digit. lat. konnte nicht ausgeschlossen werden
auf eine Punktion der Sehnenscheide wurde wegen
Kostenminimierung auf Wunsch der Besitzerin
nicht durchgeführt.
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Beiträge zur klassischen Homöopathie
Röntgen
Um das Ausmaß des Wundkanals zu überprüfen und
eine Fissur bzw. Fraktur auszuschließen, werden 2
Röntgenbilder aus unterschiedlichen Winkeln angefertigt
(lateral und ap).
Homöopathische Anamnese
Für die Wahl des individuellen Arzneimittels ist eine
Anamnese unter homöopathischen Gesichtspunkten
notwendig. Da es sich um eine Akutbehandlung handelt,
ist eine relativ kurze Anamnese ausreichend und
die Causa wegweisend.
• Causa:
Verletzung, Stichverletzung, Fremdkörper
• Aussehen der Wunde:
Fistel, Wundränder hart,
• Art des Eiters (Farbe, Menge, Konsistenz, Geruch,
wundfressend oder mild):
Gelb, spärlich, Konsistenz unauffällig, Geruch unauffällig,
wundfressend (Fistel)
• Schmerzhaftigkeit:
Geringe Schmerzhaftigkeit
Homöpathie-Software Radar Opus Light 2.0
Röntgenbild 20.9.2016 lateraler Strahlengang, Eintrittspforte, Wundkanal, sowie
entzündliche Reaktion des Periosts sichtbar.
Die ap-Aufnahme ist o.b.B, daher wird auf eine Abbildung verzichtet.
Mehr als 2 Ebenen sowie ein Nachröntgen nach 10 bis
14 Tagen wurde wegen Kostengründen auf Wunsch
der Pferdebesitzerin nicht durchgeführt.
Diagnose
Infizierte Purulente Stichwunde, mit Wundkanal ca.
4 cm nach distal und nach proximal. Die distale Tibia
weist Zeichen einer Periostitis auf.
Therapie und weiterer Verlauf
Die Besitzerin wurde über die lege artis Behandlung
aufgeklärt und hat sich für eine homöopathische Behandlung
entschieden. Aus Kostengründen wurde auf
eine Keimbestimmung verzichtet. Es wurde eine engmaschige
Überwachung bzw. Kommunikation über
den Verlauf vereinbart, um gegebenenfalls die Verabreichung
von Antibiotika zu starten. Aus früheren Behandlungen
des Pferdes ist mit einer guten Compliance
der Besitzerin zu rechnen, welche wesentlich ist, um
den Therapieerfolg einzuschätzen.
Die Arznei wurde auf Grund der vorliegenden Symptome
gewählt. Als Hilfsmittel für die Abgleichung der
Symptome mit den homöopathischen Arzneimittelbildern
wurde Radar opus light 2.0. (1) herangezogen. Mit
Hilfe einer Computer-Repertorisation ist eine rasche
Auffindung der passenden Arznei möglich.
In der Vergangenheit zeigte das Pferd bereits mehrfach
eine Verschlechterung des equinen Asthmas nach Impfungen.
Beschwerden nach Impfungen sind bei Silicea
terra ein bekanntes Symptom (2,3) .
Das Arzneimittelbild von Silicea terra beinhaltet infizierte
Wunden mit hartem Wundrändern und purulenter
Exsudation (4) .
Silicea terra ist ebenfalls charaktisiert durch Eiterungen
mit Fistelbildung verursacht durch das Eindringen von
Fremdkörpern. Hepar sulfuris ist durch starke Schmerzhaftigkeit
charakterisiert, daher wird dieses Mittel ausgeschlossen
(5) .
20.9.2016: Durch den Autor werden einmalig 5 Stück
Globuli Silicea terra C30 oral verabreicht.
22.9.2016: Deutliche Verringerung der Schwellung, sowie
der Lahmheit. Kaum Schmerzaftigkeit vorhan-
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Fallbericht Veterinär
den, Beginn der Proliferationsphase, deutlich weichere
Wundränder, vermehrte Exsudation (Reinigungsprozess).
21.9.2016: Kaum
merkliche Verbesserung
der Schwellung,
aber keine Schmerzhaftigkeit
im Wundbereich.
Wiederholung
von 5 Stk. Globuli
Silicea C30 oral
durch den Pferdebesitzer
Bild 23.9.2016, blutendes
Granulationsgewebe
zeigt gute
Durchblutung des
Wundgebietes
Bild 24.9.2016,
Schorfbildung,
keinerlei Lahmheit,
nicht schmerzhaft
Bild 22.9.2016
Grundsatz homöopathischer Verschreibung ist, eine
Arznei nicht zu wiederholen, solange eine Besserung
vorhanden ist (6) . Auf Grund der deutlichen Besserung
der Klinik – Schwellung, Lahmheit, deutliche Reduzierung
Schmerzhaftigkeit, beginnende Reinigungsprozesse
wird auf eine weitere Gabe verzichtet.
Der weitere Wundheilungsverlauf wird mit regelmäßigen
Bildern von der Pferdebesitzerin dokumentiert.
Bild 28.9.2016, ausgranulierte
Wunde,
Dermisbildung beginnt,
letztmalige
Kontrollvisite.
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Beiträge zur klassischen Homöopathie
Am 28.09.2016 erfolgt eine abschließende Visite. Die
Wunde ist vollständig ausgranuliert, die Oberfläche
glatt und die beginnende Dermisbildung ist erkennbar.
Das Pferd zeigt keine Lahmheit.
Diskussion
Die homöopathische Behandlung des vorliegenden Falles
zeigt eine rasche, komplikationslose Abheilung der
infizierten Wunde trotz Infektion und Knochenbeteiligung
(7) . Chirurgische und antibiotische Intervention
konnte vermieden werden. Die Dauer der Wundheilung
ausgehend von der homöopathischen Behandlung
(20.09.2016) bis zum vollständigen Verschluss
durch Granulationsgewebe mit beginnender Dermisbildung
(28.09.2016) beträgt 8 Tage.
Kontaminierte Stichwunden erfordern eine Intervention
mit Antibiotika. Miteinbeziehung von synovialen
Strukturen und Knocheninfektionen erfordern meist
eine chirurgische Versorgung der Wunden und bergen
das Risiko von Komplikationen wie Sepsis und Osteomylitis
(8,9) .
Antimikrobielle Resistenzen, die sich aus der Verwendung
von antimikrobiellen Wirkstoffen in der Veterinärmedizin
ergeben, verursachen Probleme für die öffentliche
Gesundheit (10) . Die Vermeidung von Antibiotikaeinsatz
ist deshalb ein wichtiger Beitrag zur
Verhinderung von Resistenzbildungen (11) . Aus diesem
Grund fordert die WHO ihre Mitgliedsstaaten auf,
Komplementärmedizin in das bestehende nationale
Gesundheitssystem zu integrieren (12) . Die europäische
Kommission ihrerseits fordert die Forschung und Entwicklung
neuer Antibiotika und alternativer Methoden
für Mensch und Tier (11) .
Schlussfolgerung
In der homöopathischen Literatur wird Silicea terra als
homöopathisches Arzneimittel für Eiterungen, Verletzungen
durch Fremdkörper, Fisteln und Wundheilungsstörungen
(3) beschrieben. Im vorliegenden Fall
kann diese Indikation bestätigt werden. Dieser Fallbericht
zeigt, dass infizierte Wunden homöopathisch sicher
behandelt werden können. Die rasche Wundheilung
ohne jegliche Komplikation zeigt den guten Erfolg
der Behandlung und der Einsatz von Antibiotika
und NSAID konnte vermieden werden. Um die Sicherheit
homöopathischer Behandlungen zu gewährleisten
ist eine fundierte Arzneimittelauswahl sowie eine
gute Compliance des Besitzers und Überwachung erforderlich.
MAG. A MED. VET. KARIN SCHMID
Eigene Praxis in NÖ, Mank
seit 2009, Behandlung von
Pferden, Hunden, Katzen …
Seminare bei der SIH, ÖGVH,
Spinedi, Vithoulkas …
Literatur
0 STASHAK, T. S. (1989b). Lahmheitsdiagnostik In: Adam‘s Lahmheit bei Pferden. / Hrsg. T. S. STASHAK. - Hannover: Verlag Schaper, 4. Aufl., S. 100-151
1 Homöopathie-software: Radar Opus Light 2.0
2 Boericke, Wiliam, (2002). Silicea terra in: „Homöopathische Mittel und ihre Wirkungen: Materia medica“,Grundlagen und Praxis, 7. Aufl., 2002, 423-425
3 Krüger, Christiane P. (2006). Praxisleitfaden Tierhomöopathie – vom Arzneimittelbild zum Leitsymptom, Sonntag Verlag, 1. Aufl., 334-342
4 Weiermayer, Petra (2018). „Wound healing disorder in a horse, associated with antimicrobial resistant bacteria, resolved with a homeopathic medicine – a case report“
Journal of Equine Veterinary Science, doi: 10.1016/j.jevs.2018.02.027.
5 Fraefel D. (2009). Tierhomöopathie-Kongress in Badenweiler,
6 Hahnemann S. (2006). Organon der Heilkunst, Elsevier, 2.Aufl., §246, 177.
7 Schön S. Fürst A. (2012). Wundheilung beim Pferd. Newsletter Stiftung Forschung für das Pferd, 39(3):22-28.
8 Quinn G. (2010). Management of large wounds in horses, In Practice, 32:370-381.
9 Dietz O . und Rijkenhuizen A . (2006) Wunden und Entzündungen der Sehnenscheiden am Sprunggelenk. In: Dietz O. und Huskamp B.: Handbuch Pferdepraxis, Enke,
Stuttgart, 3. Aufl., 911-912
10 Törneke K, Torren-Edo J, Grave K, Mackay DK, (2015). The management of risk arising from the use of antimicrobial agents in veterinary medicine in EI/EEA countries –
a review. J Vet Pharmacol Ther 38(6):519-28
11 https://ec.europa.eu/health/amr/sites/amr/files/amr_action_plan_2017_en.pdf. Last access: March 7th, 2018. EUROPEAN COMMISSION. A European One Health Action
Plan against Antimicrobial Resistance (AMR).
12 http://www.who.int/medicines/areas/traditional/en/. Last access: February 2, 2018. WORLD HEALTH ORGANISATION WHO. Traditional Medicine Strategy: 2014-2023.
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Impressum
Herausgeber und Verleger:
ÄKH – Ärztegesellschaft für klassische Homöopathie, Südtiroler Straße 16, 4020 Linz
Kontakt: office@aekh.at; https://www.aekh.at/
Redaktion:
Dr. Bernhard Zauner, Dr in . Birgit Höller
Grafik, Layout, Herstellung:
Studio Kapeller KG – Agentur für Wertemarketing
Fossenhofstraße 40, 4240 Freistadt, www.studio-kapeller.at
ISSN: 2310-9521
Erscheinungsweise: zweimal jährlich
www.aekh.at
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