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zt:2020 - Jahrbuch der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten

Das Jahrbuch zt:2020 der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten beleuchtet wichtige Themen des Berufsstandes und Maßnahmen der Interessensvertretung in den Bereichen der Architektur und des Zivilingenieurwesens. Baukultur, Qualitätssicherung bei Bauvorhaben, Wohnbau, faire Auftragsvergabe, Raumordnung, Digitalisierung, Stadtentwicklung, Wasserbau, Vermessungswesen stellen nur einige Inhalte dar, über die in zt:2020 berichtet wird.

Das Jahrbuch zt:2020 der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten beleuchtet wichtige Themen des Berufsstandes und Maßnahmen der Interessensvertretung in den Bereichen der Architektur und des Zivilingenieurwesens. Baukultur, Qualitätssicherung bei Bauvorhaben, Wohnbau, faire Auftragsvergabe, Raumordnung, Digitalisierung, Stadtentwicklung, Wasserbau, Vermessungswesen stellen nur einige Inhalte dar, über die in zt:2020 berichtet wird.

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12 –<br />

Die Ohnmacht des<br />

<strong>Kammer</strong>funktionärs<br />

lungsgespräch zur Vergabe eines<br />

Infrastrukturprojektes, bei dem<br />

<strong>der</strong> Vertreter eines internationalen<br />

Baukonzerns auf die Frage des Bauherrn,<br />

wie groß denn ein möglicher<br />

Nachlass auf das Angebot ausfallen<br />

könnte, entgegnete: „Das hängt davon<br />

ab, welches <strong>Ziviltechniker</strong>büro<br />

die Bauaufsicht innehaben wird“.<br />

Bitterer Beigeschmack<br />

Mag <strong>der</strong> Satz <strong>der</strong> Auflockerung von<br />

in aller Regel eher trockenen Vergabegesprächen<br />

geschuldet sein, so ist<br />

<strong>der</strong> Beigeschmack doch bitter, denn<br />

er wirft eine zentrale Frage auf: Ist<br />

die Unabhängigkeit, die wir auf unsere<br />

Fahnen heften, gelebte Realität<br />

o<strong>der</strong> doch häufig nur ein Slogan <strong>für</strong><br />

die eigene Website o<strong>der</strong> den eigenen<br />

Fol<strong>der</strong>? Es könnte unterstellt werden,<br />

dass es mit unserer kompromisslosen<br />

Verpflichtung gegenüber<br />

den eigenen Klienten mancherorts<br />

nicht so genau genommen wird.<br />

Dass darob über möglicherweise<br />

unlautere Beweggründe spekuliert<br />

wird, muss ich als Vertreter des<br />

Berufsstandes schärfstens zurückweisen.<br />

Vielmehr ist hier mangelndes<br />

Selbstbewusstsein zu orten, <strong>und</strong><br />

das führt mancherorts dazu, dass<br />

<strong>der</strong> finanzielle Projektabschluss<br />

mit den ausführenden Firmen keine<br />

scharfe Abrechnung, son<strong>der</strong>n einen<br />

Kompromiss darstellt, <strong>der</strong>, am<br />

Rande bemerkt, häufig mehr dem<br />

Auftragnehmer als dem Aufraggeber<br />

dient.<br />

Worin ist nun das Missverhältnis<br />

zwischen <strong>der</strong> investierten Zeit <strong>der</strong><br />

ehrenamtlichen Funktionäre <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Wirkung ihrer Tätigkeit zu<br />

suchen? Worin liegt die teilweise<br />

Ohnmacht <strong>der</strong> Berufsvertretung?<br />

Seien Sie versichert: Allein die<br />

Wie<strong>der</strong>einführung von staatlich<br />

getragenen Gebührenordnungen<br />

würde etwa die wirtschaftliche<br />

Situation des Berufsstandes wahrscheinlich<br />

nicht verbessern. Dazu<br />

sei in Erinnerung gerufen, dass die<br />

Gebührenordnung <strong>für</strong> Zivilingenieure<br />

zu einer Zeit aufgehoben wurde,<br />

als es noch keine Europäische<br />

Dienstleistungsrichtlinie <strong>und</strong> keine<br />

Zugehörigkeit Österreichs zur Europäischen<br />

Union gab. Anlassfall war<br />

die Klage eines Kollegen bei einem<br />

österreichischen Höchstgericht,<br />

wonach er seine Leistungen nachweislich<br />

kostendeckend mit einem<br />

Honorar unter <strong>der</strong> Gebührenordnung<br />

abwickeln könne. Mir ist nicht<br />

bekannt, dass es bei Är<strong>zt</strong>en o<strong>der</strong><br />

Rechtsanwälten ähnliche Vorstöße<br />

gab, ich lasse mich aber gerne eines<br />

Besseren belehren. Der Antrieb kam<br />

also nicht von außen, son<strong>der</strong>n von<br />

<strong>innen</strong>. Im Lichte unserer aktuellen<br />

Rechtskultur wäre es nicht eine Frage<br />

des Ob, son<strong>der</strong>n nur eine Frage<br />

des Wann, dass ein Kollege wie<strong>der</strong><br />

ähnliche Schritte set<strong>zt</strong>.<br />

Kampf gegen Windmühlen<br />

Nun investieren die ehrenamtlichen<br />

Funktionäre wesentlich mehr Zeit,<br />

um die Interessen <strong>der</strong> Kolleg<strong>innen</strong><br />

<strong>und</strong> Kollegen zu wahren, als allgemein<br />

bekannt ist. Sie erarbeiten<br />

etwa Leistungs- <strong>und</strong> Vergütungsmodelle<br />

<strong>für</strong> Ingenieurleistungen, die<br />

bei konsequenter Anwendung nachweislich<br />

bessere Ausgangssituationen<br />

im Projektabschluss gewähren<br />

als Modelle, die seit Jahrzehnten<br />

in <strong>der</strong> Schublade verschw<strong>und</strong>en<br />

sein sollten. Es stellt sich die Frage,<br />

warum man sich dieser Mittel wenig<br />

bedient, wenn die Aussicht auf<br />

wirtschaftlichen Erfolg wesentlich<br />

höher ist?<br />

Der Drehrichtung <strong>und</strong> Geschwindigkeit<br />

einer tibetischen Gebetsmühle<br />

folgend, kommt etwa in<br />

<strong>Kärnten</strong> immer wie<strong>der</strong> das stereotype<br />

Argument aufs Tapet, dass unter<br />

Heranziehung solcher Modelle die<br />

Aussicht auf einen Auftrag merklich<br />

schwinde. Dabei müsste bekannt<br />

sein, dass es zwischen <strong>der</strong> <strong>Kammer</strong><br />

<strong>und</strong> Abteilungen des Landes

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