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2020-04 Jagdblatt Populationsdynamik des Schwarzwildes

„SAUEN, SAUEN! SAU NACH HINTEN!!!“ tönt es von der Treiberwehr herüber. Der Schütze hört das annähernde Stück durch die Dickung brechen. Ein einzelner Überläufer flüchtet in den Schussbereich, der Schütze geht in Anschlag, fährt über den Wildkörper, nur flüchtig streift sein Blick die Bauchlinie, in der Erwartung, den Pinsel anzusprechen, doch halt! Deutlich erkennt er die angesaugten Striche, ganz sicher eine führende Bache! Natürlich bleibt der Finger gerade und der Schwarzkittel sucht unbehelligt das Weite. Später, am Streckenplatz, berichten die Treiber von gestreiften Frischlingen im Wurfkessel, die sie in eben jener Dickung vorfanden und die sich im Brombeergestrüpp davonmachten.

„SAUEN, SAUEN! SAU NACH HINTEN!!!“ tönt es von der Treiberwehr herüber. Der Schütze hört das annähernde Stück durch die Dickung brechen. Ein einzelner Überläufer flüchtet in den Schussbereich, der Schütze geht in Anschlag, fährt über den Wildkörper, nur flüchtig streift sein Blick die Bauchlinie, in der Erwartung, den Pinsel anzusprechen, doch halt! Deutlich erkennt er die angesaugten Striche, ganz sicher eine führende Bache! Natürlich bleibt der Finger gerade und der Schwarzkittel sucht unbehelligt das Weite. Später, am Streckenplatz, berichten die Treiber von gestreiften Frischlingen im Wurfkessel, die sie in eben jener Dickung vorfanden und die sich im Brombeergestrüpp davonmachten.

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TITELGESCHICHTE<br />

Bild: Lena Rausch<br />

Frischen zur Unzeit<br />

Durch das ganzjährige Überangebot an Energienahrung<br />

(Mais, Mast sowie andere Feld- und Baumfrüchte)<br />

ist der körperliche Zustand exorbitant gut.<br />

Diese im Großen und Ganzen permanent überschwängliche<br />

Versorgungslage führt zu einem<br />

Ernährungszustand, welcher die körperlichen Voraussetzungen<br />

für eine frühe Fortpflanzungsreife mit<br />

sich bringt. Diese kann bei Frischlingsbachen ab ca.<br />

20 kg, bzw. ab einem Alter von etwa 6 Monaten, bei<br />

Frischlingskeilern ab ca. 30 kg bzw. mit etwa 7 Monaten<br />

angenommen werden. So kommt es, dass unter<br />

den genannten Voraussetzungen auch Frischlingsbachen<br />

noch vor Vollendung <strong>des</strong> ersten Lebensjahres<br />

erfolgreich beschlagen werden.<br />

Schwarzwild hat anders, als vom restlichen Schalenwild<br />

gewohnt, einen einmaligen Eisprung<br />

zu einer festen Brunftzeit. Dieser wird z. b. bei<br />

den Cerviden maßgeblich vom Setztermin <strong>des</strong><br />

<strong>des</strong> jeweiligen Nachwuchses beeinflusst. Wildschweine<br />

hingegen haben bei nicht erfolgtem<br />

Beschlag einen sich etwa dreiwöchig wiederholenden<br />

Eisprung (Östrus). Dadurch kann es auch<br />

mehrmals im Jahr zur Paarung und Trächtigkeit<br />

kommen. Keiler zeigen sich zwar in der Rauschzeit<br />

besonders aktiv und suchen auch über weite<br />

Strecken nach paarungsbereite Partnerinnen, sind<br />

aber prinzipiell ganzjährig paarungswillig.<br />

Einem Beschlag außerhalb der winterlichen<br />

„Hauptrauschzeit“ und dem damit einhergehenden<br />

Frischen zur „Unzeit“ steht damit nichts im<br />

Wege. Bachen, die nun keinen körperlich abhängigen<br />

Nachwuchs mehr führen – da dieser selbst<br />

geschlechtsreif ist – werden nun auch wieder<br />

selbst an der Paarung teilnehmen. Die hierfür körperliche<br />

Verfassung ist in unserer Kulturlandschaft<br />

meist schon zeitnah erreicht.<br />

(Über-)leben in der Kulturlandschaft<br />

Die hohe Fortpflanzungsrate, frühe Fruchtbarkeit<br />

(Fertilität), dazu klimatische Bedingungen, welche<br />

für eine witterungsbedingte Mortalität kaum eine<br />

Rolle spielen, sowie die gut ausgeprägte, allgemeine<br />

Anpassungsfähigkeit, sichern den Schwarzkitteln<br />

eine Zuwachsrate von bis zu 300 % jährlich.<br />

Die Effizienz dieses Zuwachses begründet sich dabei<br />

in der Reproduktion der Frischlingsbachen. Deren<br />

Anteil an Zuwachsträgern liegt bei 50 – 60 %, das<br />

heißt, gut die Hälfte der Nachwuchsbringer hat<br />

das erste Lebensjahr noch nicht vollendet. Dieser<br />

Umstand macht deutlich, wie gut Wildschweine<br />

in der Lage sind, günstige Lebensbedingungen in<br />

gesteigerte Vermehrungsraten umzusetzen. Die<br />

Behauptung, scharfe Bejagung würde die <strong>Populationsdynamik</strong><br />

beschleunigen („Die Jäger sind selbst für<br />

die Sauenschwemme verantwortlich“), ist bei wissenschaftlicher<br />

Betrachtungsweise nicht haltbar.<br />

12 <strong>Jagdblatt</strong> Dezember <strong>2020</strong>

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