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Trafo-Stadtteil-Magazin_Ansicht

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S. 30<br />

S. 12<br />

S. 9<br />

S. 29<br />

#leichtverständlich<br />

#fotolastig<br />

#künstlerisch<br />

#unperfekt<br />

Nr. 1 | Dezember 2020<br />

<strong>Trafo</strong><br />

Aus der Neustadt<br />

für die ganze Stadt


Intro<br />

Editorial<br />

Am Anfang war die Idee, eine „<strong>Stadtteil</strong>zeitung“ herauszugeben:<br />

„<strong>Trafo</strong> - Das <strong>Magazin</strong> aus der Neustadt für die ganze Stadt“.<br />

Wir hatten Lust auf etwas Schönes, das die Neustadt in Bildern<br />

und Geschichten zeigt und dem Image der Neustadt etwas Wahres<br />

und Wirkliches entgegensetzt.<br />

So begannen wir von vier gedruckten Ausgaben im Jahr und einer<br />

digitalen Alternative für das ganze Jahr zu träumen. Geschichten,<br />

Menschen, AkteurInnen und Projekten eine Bühne geben zu können.<br />

So war der Plan vor einem Jahr.<br />

Damals wussten wir noch nichts von jener gewaltigen Krise, die uns<br />

bald heimsuchen und alle schönen Pläne stoppen und uns selbst<br />

komplett aufmischen würde.<br />

Kultur trotz(t) Corona.<br />

Trotz dieser herausfordernden Corona Zeit waren wir als Kulturschaffende<br />

kreativ, haben Präsenz gezeigt und wollten uns vor allem<br />

nicht unterkriegen lassen.<br />

Nach und nach wurde die „<strong>Stadtteil</strong>zeitung“ zu einem <strong>Magazin</strong> mit<br />

vielen Fotos, welche die Realität in der Neustadt einfangen.<br />

Natürlich für uns selbst, aber auch für alle anderen in der Stadt.<br />

Aus der Neustadt für die ganze Stadt.<br />

Für die Printausgabe haben wir unser Konzept gefunden: Viele Fotos,<br />

verständliche Texte, eine künstlerische Herangehensweise.<br />

2


Intro<br />

Wir glauben, dass wir eine freundliche Erstausgabe gestaltet haben.<br />

Im Lauf der Zeit wollen wir uns aber auch um Themen kümmern,<br />

die vielleicht konfliktträchtig sind oder eine Diskussion erfordern.<br />

Neustadt Vibes!<br />

Nun halten Sie die erste Ausgabe dieses Traums in den Händen und<br />

wir hoffen, dass Ihnen das, was Sie da sehen, gefällt.<br />

Sie schauen zurück auf sehr besondere Ereignisse in dieser<br />

verrückten, schwierigen Zeit, z.B. auf das Projekt „Exit2Future“ im<br />

Sommer 2020. Sie lernen weitere Projekte und Menschen aus der<br />

Neustadt kennen und solche, die mit ihr eng verbunden sind.<br />

Sie bekommen Tipps für Ereignisse, die vor uns liegen und hoffentlich<br />

auch stattfinden können!<br />

Natürlich kann dieses <strong>Magazin</strong> nicht perfekt sein. Viele Themen<br />

sind offen. Die Neustadt ist so prall voll mit Themen und Geschichten,<br />

die sich sicherlich in zukünftigen Ausgaben finden werden.<br />

Wir, von der Gründungs-Redaktion verstehen diese Printausgabe als<br />

Startup. Es gibt noch genug Platz für neue Ideen und neue Leute.<br />

Wir hoffen, dass die Redaktion im Lauf der Zeit größer wird<br />

und Menschen Lust haben, das <strong>Magazin</strong> mit Gastbeiträgen zu bereichern.<br />

In der Print- oder der Online- Redaktion oder sogar in beidem,<br />

so wie Stylianos Antoniou mit seinem Beitrag auf Seite 24.<br />

Danke!<br />

Wir möchten uns ganz herzlich bei allen bedanken, die in<br />

irgendeiner Weise mitgeholfen haben, dieses <strong>Magazin</strong> auf den Weg<br />

zu bringen.<br />

Besonderer Dank gilt den InterviewpartnerInnen und den Menschen,<br />

die wir vorstellen dürfen. Vielen Dank für Fotos, Tipps und<br />

Unterlagen, die wir eingefordert und auch bekommen haben. Vielen<br />

lieben Dank auch an die KorrekturleserInnen. Wir haben bestimmt<br />

noch Fehler eingebaut, verzeiht uns!<br />

Herzlichen Dank an die Menschen, die uns in Zukunft unterstützen<br />

wollen. Wir freuen uns auf Euch!<br />

Und nun viel Freude beim Stöbern und Entdecken!<br />

Karsten Bahnsen, Lothar Baur,<br />

Katja Hofschröer-Elbers & Dana Paulsen<br />

3


Intro<br />

Editorial S. 2<br />

Vorstellung UTOPOLIS S. 5<br />

NEuigkeiten<br />

Neugründung: Afghanisch<br />

Deutscher Kulturverein S. 8<br />

8000 und ein Schriftzug S. 8<br />

Wir im Quartier &<br />

Verfügungsfond Neustadt S. 10<br />

Kinder<br />

& Jugend<br />

Inhalt<br />

Zivilgesellschaft<br />

BürgerInnenbeteiligung 2020 S. 23<br />

Buchempfehlung S. 23<br />

Mutmacher &<br />

Actionbound S. 11<br />

Der bewegte Garten S. 12<br />

Neustadtperspektiven<br />

Begegnungen am Dreiecksplatz S. 6<br />

One poem a day S. 16<br />

Andi Silber S. 17<br />

Ein Gespräch mit<br />

Familie Garipkus S. 18<br />

Intercultural Music<br />

Project S. 24<br />

Stadtentwicklung<br />

Kunst & Kultur<br />

Künstlerportrait: Felix Graf S. 9<br />

Verlorene Projekte S. 9<br />

<strong>Ansicht</strong>s Sachen S. 26<br />

Wood 4 ur hood S. 29<br />

Palästinensische Kunst S. 28<br />

Keramikprojekt mit der Kritzelei S. 28<br />

Exit2Future S. 30<br />

Mängelmelder TZB S. 11<br />

Von hässlichen Bauwerken S. 15<br />

4


Intro<br />

Utopolis &<br />

Transformation in der Neustadt<br />

Was hat das zu bedeuten?<br />

„Utopolis“ ist der Name eines Förderprogramms<br />

des Bundesbauministeriums und der Beauftragten<br />

des Bundes für Kultur und Medien.<br />

Die „Kunst und Kultur Baustelle 8001 e.V.“<br />

hat sich bei diesem Programm beworben. Dazu<br />

hat der Verein 8001 die Neustadt aus seiner<br />

Sicht beschrieben und einige Vorschläge gemacht,<br />

was man tun könnte, um den <strong>Stadtteil</strong><br />

voranzubringen. Diese Bewerbung trägt den Titel<br />

„Transformation in der Neustadt“ und der<br />

Text dazu kann auf der Webseite des Vereins<br />

gefunden und gelesen werden.<br />

Nur 75 Projekte in ganz Deutschland erfüllten<br />

die Fördervoraussetzungen. Nur 16 Projekte<br />

konnten bewilligt werden. Darunter die<br />

„Transformation in der Neustadt“.<br />

Der Grundgedanke ist, dass wir uns in einer<br />

massiven gesellschaftlichen Umwälzung befinden,<br />

auch „große Transformation“ genannt.<br />

Und auch die kleine Neustadt ist ein Teil davon.<br />

Veränderungen machen vielen Menschen Angst.<br />

Diese Angst ist berechtigt. Gerade Krisen, welche<br />

die Transformation begleiten, können eine<br />

Chance sein, die Veränderung schafft.<br />

Dabei ist wichtig, wann immer es möglich ist,<br />

selbst gestaltend einzugreifen und nicht zuzusehen,<br />

wie sich die Welt zum Nachteil vieler<br />

Menschen, gerade in <strong>Stadtteil</strong>en wie unserem,<br />

verändert.<br />

Die Neustadt steht dabei gar nicht so schlecht<br />

da. Hier gibt es tolle Menschen, viel Aktivität,<br />

viel Toleranz und viel Erfahrung mit Veränderungen<br />

und schwierigen Situationen.<br />

Unser Part ist es, mit den Möglichkeiten der<br />

Kunst und der Kultur die Neustadt gemeinsam<br />

mit vielen Menschen und Projekten voranzubringen.<br />

Und da geht einiges!<br />

Verein 8001<br />

Open Office:<br />

Montags 10-15 Uhr<br />

<strong>Stadtteil</strong>haus am Nordertor,<br />

Neustadt 12, 24939 Flensburg<br />

erfundenesland@posteo.de<br />

Arbeitstreffen in Pandemiezeiten: Bildschirmfoto einer Onlinekonferenz<br />

Ziehen für die „Transformation in der Neustadt“<br />

auch von unterschiedlichen Orten aus an einem Strang:<br />

(→↓) Lothar Baur, Katja Hofschröer-Elbers, Karsten<br />

Bahnsen, Dana Paulsen und Jovana Gonnsen<br />

5


Neustadtperspektiven<br />

#neustadtflensburg<br />

#zufallstreffer<br />

Begegnungen am<br />

Dreiecksplatz<br />

Zwei Jahre lebe ich hier in der Neustadt und frage<br />

mich: Wer lebt hier eigentlich mit mir zusammen?<br />

Kurzentschlossen setzte ich mich an den Dreiecksplatz<br />

und sprach PassantInnen an, neugierig auf Austausch.<br />

Ich bin vielen Menschen begegnet und habe<br />

einige fotografieren dürfen.<br />

Ich kannte drei von ihnen, wen (er)kennst du?<br />

Text und Fotografie: Dana Paulsen<br />

6


Neustadtperspektiven<br />

7


Neuigkeiten<br />

Eine Bildhauerin landet in einem<br />

Verein für Kunst und Kultur.<br />

Doch oh Schreck, von außen<br />

sieht keiner, worum es geht.<br />

Es wird nicht lange überlegt,<br />

es dauert drei Wochen<br />

bis im Garten ein Baugerüst steht.<br />

Schnell wird die Schablone angeklebt,<br />

die Nachbarn habens schon erspäht,<br />

fragen worum es geht:<br />

Den Verein, den soll man sehen,<br />

Schluss mit Vorbeigehen.<br />

Wir hoffen auf noch mehr Besuch,<br />

wenn nicht, starten wir<br />

einen neuen Versuch.<br />

#handmade #wackelpuddingbeine<br />

8000 und ein Schriftzug<br />

gestaltet und geschrieben von Dana Paulsen<br />

© Hofschröer-Elbers<br />

Neugründung: Afghanisch<br />

Deutscher Kulturverein<br />

aus der Redaktion<br />

© Hofschröer-Elbers<br />

© Fayeq<br />

oben: Laila Hashimi und<br />

Hanifa Fayeq veranstalten das bisher<br />

erfolgreichste Projekt: Das Frauencafé<br />

im „Kulturhof“ in der Großen Straße<br />

unten: Temur Fayeq und<br />

Shabdiz Mohammadi bilden den Vorstand<br />

des Vereins uns stellten diesen vor.<br />

Rund 635 Menschen aus Afghanistan wohnen in Flensburg<br />

und haben hier eine zweite Heimat gefunden.<br />

Jetzt haben einige von ihnen einen afghanisch-deutschen<br />

Kulturverein gegründet.<br />

Ein Ziel des Vereins ist die Förderung kultureller Vielfalt. Das<br />

soll insbesondere durch gemeinsames Feiern von Festen sowie<br />

anderen, für die afghanische Bevölkerung wichtigen Ereignissen<br />

geschehen. Zudem soll der Austausch mit anderen Organisationen<br />

und Vereinen gefördert werden, z. B. ist die Idee von<br />

Vorträgen zur afghanischen und deutschen Geschichte vorhanden.<br />

Die Gründung einer Theatergruppe ist im Gespräch. Außerdem<br />

sollen die Mitglieder des Vereins dabei unterstützt werden, eine<br />

Berufsausbildung und Arbeit zu bekommen. Auch Stadtführungen,<br />

um Flensburg besser kennen lernen zu können, sind geplant.<br />

Bei der Vorstellung des Vereins wurde gesagt, der Verein sei „ein<br />

lernendes System“. Gefördert wird der Verein vom Land Schleswig-Holstein<br />

über das Förderprogramm MaTZ (Programm lokale<br />

Maßnahmen für Teilhabe und Zusammenhalt). Der Verein will<br />

sich insbesondere im Flensburger Norden engagieren.<br />

Email: temur.fayeq@gmail.com<br />

8


© Hofschröer-Elbers<br />

#colouredflix<br />

Felix Graf<br />

Künstler aus der Neustadt<br />

aus der Redaktion<br />

Seine erste Ausstellung bestritt er beim Verein 8001<br />

in der Neustadt 12.<br />

„Verrückt ist das. Ich glaub das selbst alles noch<br />

nicht so ganz, aber ich habe die Möglichkeit bekommen,<br />

meine Bilder auszustellen“, sagte Graf damals.<br />

Er erhielt sehr großen Zuspruch für seine Arbeiten.<br />

©Felix Graf<br />

Kunst und Kultur<br />

Rund 300 BesucherInnen wollten seine<br />

Kunst sehen.<br />

Seine Bilder werden zunehmend nachgefragt.<br />

Felix Graft träumt davon, später<br />

einmal in Spanien auf dem Land zu<br />

wohnen und hauptsächlich Künstler zu<br />

sein. Ist Kunst seine Berufung? Er denkt<br />

in letzter Zeit oft darüber nach, wie er als<br />

Künstler im Hauptberuf durchstarten kann.<br />

Am liebsten mit einem zusätzlichen Teilzeitjob, um<br />

einerseits mit der Kunst frei und unabhängig und<br />

andererseits abgesichert zu sein.<br />

„Ich male nicht, um etwas auszudrücken, sondern<br />

um etwas zu kreieren, in dem man sich verlieren<br />

soll. Sowohl der Betrachter als auch ich .“<br />

Verlieren kann man sich in seinen Bildern. Felix<br />

Graf gehört zu den erfolgreichen künstlerischen Autodidakten.<br />

Er hat mehrere Berufe erlernt wie z.B.<br />

Garten- und Landschaftsbauer und Erzieher.<br />

Seine nächste Ausstellung ist vom 11. bis 14. Februar<br />

Februar 2021 in der Neustadt 12 geplant.<br />

instagram.com/colouredflix<br />

Verlorene<br />

Projekte<br />

von Lothar Baur und Karsten<br />

Bahnsen<br />

Gefühlt müssen wir jedes Jahr im<br />

November wieder lernen, wie grau<br />

und kalt der Herbst in Flensburg<br />

sein kann. Da hätte ein wenig bunte<br />

Kunst diese Perspektive doch<br />

gut einwenig aufhellen können:<br />

Flensburgs bekannteste Unbekannte,<br />

„die Katzenkünstlerin“,<br />

wäre so gerne zu uns in die Neustadt<br />

gekommen. Der November<br />

Lock Down hat dieses nun leider<br />

verhindert und es ist uns nicht<br />

möglich, in die farbenfrohe und<br />

träumerische Welt der Straßenkünstlerin<br />

einzutauchen.<br />

Auch Kirsten Piper und Vaia Paziana<br />

mussten ihre für den November<br />

geplante Ausstellung absagen.<br />

Doch damit nicht genug: Ausgefallen<br />

ist auch der Plan, die Neustadt<br />

in die dezentralen Flensburger<br />

Kurzfilmtage mit einzubeziehen<br />

und zum temporären Filmtheater<br />

zu machen. Ebenso<br />

wurde die palästinensische<br />

Kunstausstellung im <strong>Stadtteil</strong>haus<br />

ausgebremst.<br />

Diese vier tolle Projekte konnten<br />

daher leider nicht wie geplant<br />

umgesetzt werden und<br />

bereits gestaltete Flyer und<br />

Plakate verbleiben vorerst als<br />

Layoutdatei auf dem Rechner.<br />

Aber ein Hoffnungsschimmer<br />

bleibt: die Straßenkunst von<br />

N.M. kann ja zu jeder Zeit<br />

im Flensburger Stadtgebiet,<br />

© N.M.<br />

und auch bei uns in der Neustadt,<br />

genossen werden. Und wir bleiben<br />

zuversichtlich, alle Veranstaltungen<br />

im Post-Lockdown-Zeitalter<br />

durchzuführen!<br />

© Kirsten Piper<br />

© Flensburger Kurzfilmtage<br />

9


Neuigkeiten<br />

Wir im Quartier & Verfügungsfonds Neustadt<br />

aus der Redaktion<br />

Wenn Sie vorhaben, in Ihrem <strong>Stadtteil</strong> etwas zu<br />

bewegen und finanzielle Unterstützung benötigen,<br />

dann sollten Sie nicht zögern, sich über diese Möglichkeit<br />

der Unterstützung zu informieren:<br />

Unter dem Titel „Wir im Quartier“ hat die<br />

Stadt Flensburg einen Förderfonds eingerichtet.<br />

Es werden insbesondere kleinere und rasch realisierbare<br />

Projekte unbürokratisch unterstützt.<br />

Mit bis zu 2.500 Euro pro Projekt und ca.<br />

100.000 Euro im Jahr fördert die Stadt damit<br />

bürgerschaftliches und kulturelles Engagement.<br />

Bisher wurden z.B. <strong>Stadtteil</strong>feste, kulturelle Veranstaltungen,<br />

Vereinsarbeit im <strong>Stadtteil</strong>, Workshops<br />

und viele andere Dinge gefördert.<br />

Förderbedingungen gibt es natürlich auch: z.B.<br />

könnte Ihr Projekt verschiedene Generationen zusammenbringen,<br />

interkulturell sein, die Gleichberechtigung<br />

und den Zusammenhalt der Menschen<br />

in ihrem <strong>Stadtteil</strong> fördern.<br />

Wenden Sie sich einfach direkt an die zuständige<br />

Stelle bei der Stadt. Dort ist Ihr Gestaltungswille<br />

willkommen und Sie werden freundlich beraten.<br />

Übrigens: Nicht die Stadt entscheidet darüber, ob<br />

Ihr Projekt zum Zug kommt. Vereine und Foren aus<br />

Ihrem <strong>Stadtteil</strong> entsenden BürgerInnen in ein unabhängiges<br />

Gremium.<br />

Stadt Flensburg<br />

Björn Staupendahl<br />

Telefon: 0461 852743<br />

Email: staupendahl.bjoern@flensburg.de<br />

Dies ist ein Spezialfond, nur für die Flensburger<br />

Neustadt. Er fördert Projekte aller Art mit bis zu<br />

2.500 Euro pro Projekt und mit bis zu 30.000 Euro<br />

im Jahr. Rein rechnerisch sind das 12 Aktionen im<br />

Jahr. Da kann man sich leicht vorstellen, dass dieser<br />

Fonds tatsächlich zur Belebung des <strong>Stadtteil</strong>s<br />

enorm beiträgt.<br />

Beispiele für geförderte Projekte (vor Corona), welche<br />

stadtweites Aufsehen erregen, sind das Stadteilfest<br />

„Move“, die „Kulturwoche Flensburger Norden“<br />

oder die Ausstellungen junger KünstlerInnen aus<br />

dem Flensburger Norden beim Verein 8001.<br />

Auf der Webseite des Sanierungsträgers heißt es:<br />

„Der Verfügungsfonds dient dazu, den Bürgerinnen<br />

und Bürgern Mittel in die Hand zu geben, um Projekte<br />

zur Verbesserung der Lebensbedingungen im<br />

Fördergebiet eigenverantwortlich durchzuführen.<br />

Er aktiviert das Handeln vor Ort und fördert die<br />

Beteiligung der Bewohnerschaft. Die Maßnahmen<br />

sind daher mit Beteiligung von Bewohnerschaft<br />

bzw. Akteurinnen und Akteuren durchzuführen. Sie<br />

sollen einen nachvollziehbaren Nutzen für die Bewohnerinnen<br />

und Bewohner des Fördergebiets Soziale<br />

Stadt – Flensburg / Neustadt haben.“<br />

Was mit dem Geld passiert, das dokumentiert die<br />

Sanierungsgesellschaft in jährlichen Berichten, die<br />

auch eine Inspiration sein können. Vereine aus dem<br />

<strong>Stadtteil</strong>, der Jugend- und der Seniorenarbeit, sowie<br />

dem Flensburger Runden Tisch entsenden Vertreter<br />

in das Gremium, das über die Anträge entscheidet.<br />

Mehr Informationen bekommen Sie bei der Sanierungsgesellschaft<br />

„Ihrsan“ im <strong>Stadtteil</strong>büro in der<br />

Neustadt 12.<br />

Ihrsan Büro<br />

Neustadt 12<br />

Thomas Bauch<br />

Telefon: 0461 505 4011<br />

Email: thomas.bauch@ihrsan.de<br />

Norbert Schug<br />

Telefon: 0461 505 4015<br />

Email: norbert.schug@ihrsan.de<br />

10


Kinder & Jugend<br />

© Inga Momsen<br />

#Jugendprojekt #KunstkannjedeR<br />

Mutmacher & Actionbound<br />

von Nina Spredemann<br />

Jemandem beim Vorübergehen<br />

ein Lächeln ins Gesicht<br />

zaubern – so lautete die Aufgabe<br />

des Fotoprojektes „Mutmacher“.<br />

Egal, ob mit einer<br />

positiven Nachricht oder einem<br />

mutmachenden Motiv. Der<br />

Kreativität waren quasi keine<br />

Grenzen gesetzt, so trudelten<br />

die verschiedensten Entwürfe<br />

ein. Das Siegermotiv wurde<br />

von einem Fotografen noch<br />

einmal professionell fotografiert<br />

und wird bald großflächig<br />

als Plakat an verschiedenen<br />

Orten in der Neustadt zu sehen<br />

sein. Vielleicht zaubert es<br />

ja auch Ihnen und Euch ein<br />

Lächeln ins Gesicht.<br />

Seid gespannt!<br />

Actionbound ist eine App, mit<br />

der man digitale Schnitzeljagden<br />

(sogenannte Bounds) spielen<br />

kann. Hierfür werden interaktive<br />

Rallyes erstellt, in denen<br />

zu unterschiedlichen Schwerpunkten<br />

und Themen Rätsel<br />

und Aufgaben gelöst werden<br />

müssen. Für Flensburg gibt es<br />

ebenfalls Bounds, die darauf<br />

warten, entdeckt und gespielt<br />

zu werden. Auch für die Flensburger<br />

Neustadt entsteht aktuell<br />

ein Bound, der durch den<br />

<strong>Stadtteil</strong> und vor allem zu für<br />

Jugendliche wichtige Stationen<br />

führt.<br />

Am besten schon einmal die<br />

App herunter und schaut immer<br />

mal, ob der Bound dazugekommen<br />

ist. Denn wenn er<br />

fertig ist, könnte es sich für<br />

Euch lohnen mitzumachen, da<br />

eventuell der eine oder andere<br />

Schatz am Ende des Abenteuers<br />

auf Euch wartet.<br />

Freunden, Familie oder Nachbarn<br />

eine Freude bereiten? Bei<br />

Nina Spredemann können nach<br />

vorheriger Anmeldung Postkarten<br />

mit dem Mutmacher-Motiv<br />

abgeholt werden!<br />

nina.spredemann@awo-sh.de<br />

0151 54170128<br />

#smartcity #Flensburgbleibtsauber<br />

Mängelmelder TZB<br />

aus der Redaktion<br />

„Für ein sauberes, sicheres und schönes Flensburg<br />

zu sorgen, das ist die Aufgabe des Technischen<br />

Betriebszentrums (TBZ). Oftmals ist das TBZ<br />

dabei auf die Unterstützung der Bürgerinnen<br />

und Bürger angewiesen, die auf Müllablagerungen<br />

oder Beschädigungen hinweisen.“ (TBZ)<br />

Um diese Unterstützung organisieren zu können,<br />

hat die Softwareschmiede „Wer denkt was“ eine<br />

App entwickelt, die schon seit Ende 2018 in vielen<br />

Städten und auch in Flensburg im Einsatz ist.<br />

Wilder Sperrmüll z.B. kann ebenso gemeldet<br />

werden wie Schäden auf Gehwegen oder Treppen,<br />

welche diese unsicher machen.<br />

Wer die App auf dem Smartphone hat, macht<br />

einfach ein Foto von der vorgefundenen Situation<br />

und schickt das mit einem Kommentar an das TBZ.<br />

Dabei wird automatisch der Ort gespeichert Sobald<br />

die Meldung bearbeitet und das Problem gelöst<br />

wurde, bekommt der Absender eine Nachricht.<br />

Alle Meldungen der letzten Zeit sind in einer<br />

Übersichtskarte abrufbar. So ist erkennbar, ob der<br />

gefundene Mangel vielleicht schon von jemand anderem<br />

gemeldet wurde.<br />

Es ist gut, dass es diese App gibt, denn nun ist es<br />

sehr einfach, Mängel direkt und zuverlässig an die<br />

zuständigen Stellen bei der Stadt zu melden.<br />

tbz-flensburg.werdenktwas.de<br />

11


← Viel Platz<br />

für Gemeinschaft:<br />

hier entsteht der bewegte<br />

Garten<br />

#urbanesGärtnern #Jugendprojekt #esgibtkeinUnkraut<br />

Der bewegte Garten<br />

Kinder- und Jugendliche erobern Kleingartenparzellen<br />

Text & Fotografien von Katja Hofschröer-Elbers<br />

→<br />

Umbauen, abreißen, auspowern:<br />

Jugendliche machen Platz<br />

für neue Visionen<br />

© Birte Kramer<br />

Mitte Juni durften wir Birte Kramer im <strong>Stadtteil</strong>treff<br />

„Speicher“ besuchen – das ist der Kinderund<br />

Jugendtreff in der Segelmacherstraße 15 und<br />

Ausgangspunkt für ein junges, „grünes“ Projekt.<br />

Die Kinder und Jugendlichen zieht es raus in die<br />

Neustadt – genauer: in die Kleingartenkolonie 29<br />

des Vereins der Gartenfreunde e.V., am Ende der<br />

Möwenstraße. Hier entsteht ihre neue „Zweig-Stelle“<br />

des Freizeittreffs; ein Rückzugs- und Gestaltungsort<br />

im Grünen.<br />

Zurück zum Speicher – Birte gibt uns eine Führung<br />

durch das bunt gewachsene und gemeinschaftlich<br />

gestaltete Haus der offenen Tür. Wir kommen vorbei<br />

an Schattengestalten im Treppenhaus, welche<br />

nach Vorlage der BesucherInnen erstellt wurden,<br />

es geht weiter durch umgenutzte Fotografie-Dun-<br />

kelkammern und vorbei an Brakedanceplatten im<br />

Dielenboden hinauf ins Obergeschoss. Alles ist<br />

sukzessiv von, mit und durch verschiedene Generationen<br />

von Jugendlichen gewachsen und entwickelt<br />

sich stetig weiter.<br />

Denn das scheint überhaupt Motto des Jugendtreffs<br />

zu sein; selber machen, mitentscheiden,<br />

gemeinsam anpacken. Ideen werden hier zusammen<br />

entwickelt und umgesetzt – drinnen wie draußen.<br />

Wobei letzteres bisher nur begrenzt bespielt<br />

werden konnte, denn einen eigenen Außenbereich<br />

hatte der Treff bisher nicht zur Verfügung.<br />

Die Idee, eine größere Grünfläche gemeinsam zu<br />

nutzen, gab es schon länger. Jetzt, da mit Corona<br />

der Wunsch mal wieder richtig durchzuatmen<br />

besonders groß ist, wird der Plan Realität.<br />

12


Kinder & Jugend<br />

Ganzen zweieinhalb Parzellen in der Kleingartensiedlung<br />

haucht der Jugendtreff neues Leben<br />

ein. „Der Garten war im Dornröschenschlaf“, so<br />

beschreibt Birte die Anlage, die 1o Jahre nicht<br />

bewirtschaftet wurde und nun für eine Gemeinschaftsnutzung<br />

zusammengelegt werden.<br />

Mit der Unterstützung des Jugendmigrationsdienstes,<br />

sowie Herrn Rohr vom Roraty Club Flensburg<br />

ging es im Frühling los. Die Jugendlichen konnten<br />

sich ordentlich austoben und marode Hütten und<br />

Holzverschläge abreißen. Jetzt ist Platz für die<br />

nächsten Schritte. Ein barrierefreier Zugang mit<br />

ebenerdigen Wegen ist im Bau und ein neuer<br />

Holzzaun steht für Montagewillige bereit.<br />

Danach könne der Bau einer größeren Holzhütte<br />

starten und Komposttoiletten aufgestellt werden.<br />

Im „ADS Speicher“ wird regelmäßig gekocht, in<br />

Zukunft dann schon bald mit Gemüse aus dem eigenen<br />

Garten. Perspektivisch soll hier auch regenerative<br />

Energie genutzt und Wasser in Regentonnen<br />

aufgefangen werden, sowie auch ein Teich entstehen,<br />

berichtet uns Birte.*<br />

Es gibt also viel zu tun, doch neben Machen und<br />

Schaffen ist auch Erholung angesagt! So wurde der<br />

Platz unter dem Apfelbaum schon als „Chill-out“-<br />

Bereich festgelegt.<br />

Die „bewegten Gärten“ sind durch<br />

und durch Gemeinschaftsprojekt:<br />

Von der Planung über Umbau und<br />

Nutzung sind alle BesucherInnen<br />

des Treffs kontinuierlich dabi, sich<br />

mit ihren Interessen und Ideen einzubringen.<br />

Es geht um das gemeinsame<br />

Handeln und dabei gibt es<br />

kein Richtig oder Falsch. Alle Ideen<br />

sind willkommen, werden zusammen<br />

besprochen und umgesetzt.<br />

Gleichzeitig können die jungen<br />

GärtnerInnen natürliche Prozesse in der<br />

Natur entdecken. Birte nennt es<br />

„Leben aus erster Hand“: Welches Gemüse<br />

wächst wann und welche Wildkräuter<br />

können wie genutzt werden? Hier<br />

können eigene Erfahrungen gemacht und<br />

das ein oder andere dazu gelernt werden.<br />

Zukünftig soll der Garten für Entwicklungen<br />

jeglicher Art offenstehen; ob<br />

Schulkooperationen, Mädchenarbeit<br />

oder Kunst- und Kulturworkshops, vieles<br />

ist denkbar.<br />

Wir sind gespannt, wie sich diese Oase<br />

weiter entwickeln wird. Eins ist sicher: hier<br />

wird sich noch viel bewegen!<br />

←<br />

Große Projekte brauchen<br />

viele zupackende Hände:<br />

Hilfe aus der Nachbarschaft<br />

ist nicht weit!<br />

13


Kinder & Jugend<br />

#Nachbarschaftshilfe:<br />

Beim Abtransport alter<br />

Materialien mobilisiert Pia<br />

(Obfrau der Anlage 29)<br />

schnelle Hilfe aus der<br />

Nachbarkolonie – und die<br />

packen gerne mit an.<br />

So klappt Kennenlernen<br />

auch wunderbar.<br />

Auf dem Foto rechts mit vertreten:<br />

Marc-David, Bärbel,<br />

ihre Tochter Lara, Achmed,<br />

Birte, Karin, Fredi,<br />

Pia und Marcel<br />

Birte (rechts)<br />

ist seit 27<br />

Jahren im<br />

Speicher<br />

aktiv.<br />

*Bis zum Erscheinen dieses <strong>Magazin</strong>s<br />

hat sich im Garten Einiges getan.<br />

Wie es dort jetzt aussieht, könnt ihr<br />

vor Ort erfahren.<br />

Ihr wollt mitmachen oder<br />

einfach mal vorbeischauen?<br />

Kein Problem: Meldet euch im<br />

Speicher, ihr könnt Birte Kramer<br />

telefonisch: 0175 6061420 oder<br />

via Mail: ads.speicher@gmail.com<br />

erreichen.<br />

#upcycling:<br />

Achmed und Bärbel haben alte Fliesen entdeckt<br />

– diese sollen in kommenden Projekten<br />

ihren Einsatz finden<br />

14<br />

GartenliebhaberInnen<br />

gemeinsam im unermüdlichen<br />

Einsatz


Stadtentwicklung<br />

Der Gewinnerentwurf von der Berliner CKRS Architektengesellschaft,<br />

Machleidt GmbH sowie TDB Landschaftsarchitektur.<br />

Die Vogelperspektive lässt erahnen, welche Grünflächenplanung<br />

sich hinter den Fassaden zur Straße Neustadt mit dem<br />

Quartiersplatz verbirgt.<br />

Von hässlichen Bauwerken und grauen Fassaden<br />

von Lothar Baur<br />

Das Herz der Neustadt, das Gebiet „rund um die<br />

Walzenmühle“ war der Anlass für eine längst überfällige<br />

EinwohnerInnenversammlung. Dass diese<br />

nun im Coronajahr 2020 tatsächlich und für alle<br />

sicher stattfinden konnte, ist der Sanierungsgesellschaft<br />

hoch anzurechnen. Schließlich sind in diesem<br />

Jahr unnötig viele Teilhabeprozesse einfach auf<br />

der Strecke geblieben.<br />

Die Bemühungen „rund um die Walzenmühle“ dauern<br />

schon seit über einem Jahrzehnt an.<br />

Nun gab es zum ersten Mal klare Pläne, vorgestellt<br />

von den Architekten aus Berlin, die den Wettbewerb<br />

um die beste Idee für die Neustadt gewonnen haben.<br />

Im Vorfeld der EinwohnerInnenversammlung gab<br />

es nach einem Artikel im Flensburger Tageblatt<br />

vornehmlich negative Kommentare zu den Entwürfen.<br />

Von hässlichen Bauwerken und grauen Fassaden<br />

war die Rede. Man konnte schon den Eindruck<br />

bekommen, dass die Zukunft der Neustadt bei der<br />

Umsetzung der Pläne praktisch verloren sei. Dementsprechend<br />

lag zu Beginn der Versammlung eine<br />

gewisse Spannung in der Luft.<br />

Im Verlauf des Abends löste sich allerdings die<br />

Unruhe. Die Architekten erzählten, wie sie gerade<br />

auf diesen und keinen anderen Entwurf gekommen<br />

seien und beantworteten alle Fragen aus dem Auditorium.<br />

Dabei stellte sich auch heraus, dass die<br />

Fassadenfarbe und die genaue Ausgestaltung derselben<br />

gar nicht festgelegt sind und nur als Beispiel<br />

skizziert wurden. Den Kritikern, die sich an diesen<br />

Dingen gestoßen hatten war der Wind aus den Segeln<br />

genommen und der Weg frei für eine im Wesentlichen<br />

konstruktive Diskussion.<br />

Im Hin und Her der Argumente ergaben sich Vorschläge<br />

und Hinweise, welche von den Architekten<br />

aufgenommen wurden. Fast hätte man sich wundern<br />

können über die zivilisierte Versammlung.<br />

Was war passiert? Waren alle nach dem langen Pro-<br />

15


Neustadtperspektiven<br />

„Entweder man spielt Fußball<br />

oder schreibt Gedichte, das sind<br />

gängige Hobbys im Irak“, sagt<br />

Muthana. Nachdem er sich beim<br />

Fußball verletzte, fing er an Gezess<br />

am Ende und wollten einfach nur noch, dass<br />

etwas Praktisches geschieht, egal was ? Mitnichten!<br />

Selbst der sonst mit Kritik nicht gerade zimperliche<br />

Verein Flensburger Norden gab bekannt, dass man<br />

mit den Entwürfen konform gehen könne.<br />

Kein Wunder. Waren doch wesentliche Kritikpunkte<br />

an den allerersten Entwürfen angenommen und<br />

in die Planungen mit einbezogen worden. So z.B. die<br />

Überbauung von Einzelhandelsflächen mit Wohnungen,<br />

der optimierte Umgang mit Parkplatzflächen,<br />

die Schaffung einer Platzsituation gegenüber<br />

der Walzenmühle mit Begrünung, städtisches Flair,<br />

Räume für kleinen Einzelhandel und nicht zuletzt<br />

die Schließung der Häuserzeile, sodass der Eindruck<br />

einer städtischen Straße entsteht.<br />

Kann es jetzt also weitergehen? Die meisten Menschen<br />

in der Neustadt würden sich darüber freuen!<br />

Auch wenn die Vorboten der Erneuerung gerade<br />

Abriss und leere Flächen bedeuten.<br />

Allerdings: Dass so ein Prozess dermaßen viel Zeit<br />

verschlingt, ist schon ein Dilemma. Gerade in der<br />

Hinsicht auf Teilhabe und Beteiligung. Wer kann<br />

denn schon 10-15 Jahre lang so einer Entwicklung<br />

aufmerksam folgen? Die Neustadt hat da Glück<br />

gehabt. Cordelia Feuerhake (Verein Flensburger<br />

Norden) blieb die ganze Zeit über am Ball und hat<br />

Stimmungen und Argumente aus der Bevölkerung<br />

aufgenommen und Aktivisten und Interessierte aus<br />

dem <strong>Stadtteil</strong> immer wieder aktiviert.<br />

So kann man, vorausgesetzt, dass alles wie geplant<br />

läuft, sagen, dass Beteiligung sich hier am Ende<br />

doch gelohnt hat. Es gilt aber auch: Teilhabeprozesse<br />

müssen überschaubar sein und damit auch die<br />

Planungszeiträume kürzer werden.<br />

Auf der Versammlung wurden noch einige andere<br />

Themen besprochen, die wir nach und nach auch<br />

aufgreifen werden.<br />

#Gedichtliebe<br />

#DichterundDenker<br />

One poem a day<br />

verfasst von Muthana Alhmdani,<br />

Text: Dana Paulsen<br />

Dieses Gedicht handelt von einem<br />

Liebesgeständnis, dass nur<br />

ungefähr erwidert wird. Es entstand,<br />

nachdem Muthana ein<br />

Gespräch im Bus mit angehört<br />

hatte. Ein paar Studenten erzählten,<br />

dass sie von ihrem Professor<br />

nichts anderes als ينعي verstanden<br />

haben.<br />

ينعي مدجلا كيلع سبو تينع<br />

ينعي سانلاب يلا كريغ الو<br />

ينعي يلكي ؟ينبحت دكش هلكا<br />

هيلا هرسف دحم ينعيلا يهنش<br />

Deshalb dachte Muthana sich,<br />

damit schreibe ich ein Gedicht.<br />

Wie man darauf kommt Gedichte<br />

zu schreiben?<br />

dichte zu schreiben. Anfangs<br />

wurde er ausgelacht, bekam dann<br />

aber Unterstützung und schüttelt<br />

sich heute ein Gedicht nach dem<br />

anderen aus dem Ärmel.<br />

In seinen Gedichten beschreibt er<br />

Erlebnisse aus seinem Leben. Er<br />

schreibt über Liebe und Trennungen,<br />

Freundschaft und Familie.<br />

16


Neustadtperspektiven<br />

#Flensburgbleibtsauber #KippengehörenindenMüll #SinnvolleJobs #thanku<br />

Andi Silber<br />

Fotografie: Tilman Köneke, Text: Lothar Baur<br />

Andi ist ziemlich bekannt. Jedenfalls kennen ihn viele Menschen aus der Neustadt.<br />

Es ist sehr leicht ihm zu begegnen, denn er ist beinahe täglich und bei allen Wettern<br />

in der Neustadt unterwegs.<br />

Andi, Andreas Silber, ist 52 Jahre alt, wohnt in der Neustadt und hat eine besondere<br />

Aufgabe. In den Hecken und Sträuchern, in den Blumenkübeln sammelt sich Kleinmüll,<br />

der die Neustadt nicht unbedingt attraktiver macht. Er räumt auf, was andere<br />

achtlos liegenlassen, wegwerfen oder was der Wind in der Neustadt verteilt. Das TBZ holt<br />

den gesammelten Müll dann ab. Perfekt!<br />

Vor 9 Jahren begann Andi mit dieser Aufgabe im Auftrag des Vereins Flensburger Norden.<br />

Zunächst ehrenamtlich, heute ist er dort fest angestellt.<br />

17


Neustadtperspektiven<br />

Sibel Garipkus mit ihrern Töchtern Sila (links) und Eda (rechts) vor ihrem Geschäft.<br />

Gesprochen haben wir mit Sibel, Eda und Süleyman.<br />

#familienbande #neustadtgeschichte<br />

Ein Gespräch mit Familie Garipkus<br />

Wir sind mit Sibel Garipkus und ihrer Tochter Eda zum Interview verabredet. Sie leben<br />

in der Neustadt und haben im letzten Jahr ‚WonderWaffels‘ auf der großen Straße eröffnet.<br />

Wir wollen von ihnen wissen, wie sie auf die Neustadt, auf ihr Zuhause blicken.<br />

Was als Interview mit Sibel anfängt wandelt sich schnell zu einem Gespräch mit ihrer<br />

ganzen Familie. So wie in ihrem Geschäft alle zusammen anpacken, teilen sie mit uns<br />

ihre gemeinsamen Erfahrungen und unterschiedlichen Blickwinkel. Es wird ein Gespräch<br />

über die Geschichte der Neustadt, dem Wunsch nach Veränderung, über den<br />

Umgang mit Rassismus und die Bedeutung von Gastfreundschaft und Gemeinschaft.<br />

Das Interview führten Dana Paulsen und Katja Hofschröer-Elbers.<br />

18


Neustadtperspektiven<br />

Welche drei Worte beschreiben die Neustadt<br />

am besten?<br />

Eda: Laut, chaotisch und vielfältig – aber nicht im<br />

negativen Sinne. Das ist ja eigentlich viel schöner,<br />

als ‚reine Stille und nichts los‘ – ich meine ein bisschen<br />

‚action‘ ist ja schon cool!<br />

Sibel: Multikulti und lebendig. Aber das Aussehen<br />

der Neustadt könnte ansprechender sein, sodass<br />

man einfach einen schönen ersten Eindruck<br />

bekommt, wenn man in die Neustadt kommt.<br />

Süleyman: Ich kann nur sagen, dass die Neustadt<br />

eine Geschichte ist, die lebt, die gelebt werden<br />

muss.<br />

Wie kamt ihr in die Neustadt?<br />

Sibel: Durch meinen Mann, als wir geheiratet haben,<br />

sind wir hier zusammengezogen. Ich komme<br />

aus der Türkei und bin nun schon seit 20 Jahren in<br />

Flensburg und in der Neustadt.<br />

Süleyman: Ich bin hier groß geworden. Zunächst<br />

haben wir in der Norderstraße, im Künstlerhof<br />

gewohnt, danach in unterschiedlichen Wohnungen<br />

in der Neustadt, bis wir dann gebaut haben.<br />

Gehören für euch Neustadt und Norderstraße<br />

zusammen?<br />

Eda: Mittlerweile Ja.<br />

Sibel: Von der Norderstraße bis hinten zur Petrikirche<br />

ist ganz interessant. Die Straße lebt, es ist viel<br />

los, auch abends – nicht so wie in der Innenstadt.<br />

Gerade die Anfangszeit hier war sehr interessant<br />

für mich, ich komme aus Izmir, einer großen Stadt.<br />

Nachts um 22 oder 23 Uhr sind alle Läden offen.<br />

Vor 18 Jahren, meiner Anfangszeit in Flensburg,<br />

bin ich um halb sechs abends<br />

in ein Geschäft rein,<br />

„In der<br />

Neustadt ist auch immer<br />

viel los, vielleicht weil<br />

hier viele Ausländer<br />

leben – wir möchten<br />

drauSSen leben“<br />

Sibel<br />

die Stadt war voll, überall Menschen. Und als ich<br />

wieder raus bin, waren keine Leute mehr da. Da<br />

war ich schon ein bisschen geschockt. Aber in der<br />

Neustadt ist auch immer viel los, vielleicht weil<br />

hier viele Ausländer leben – wir möchten draußen<br />

leben, ich möchte nicht nur zu Hause rumsitzen.<br />

Wie hat sich der <strong>Stadtteil</strong> gewandelt?<br />

Süleyman: Die Neustadt ist immer schön gewesen,<br />

auch früher. Es gab zwei andere Bäckereien und<br />

viele Geschäfte, die jetzt nicht mehr da sind: Radio<br />

Völks, eine Drogerie, Foto Raake, ein Kleidergeschäft,<br />

ein Fischladen und der Frisör Petersen.<br />

Und die Kinozeiten mit dem Capitol – das war<br />

richtig toll. Es war schon schöner damals, es war<br />

mehr gemischt und gab mehr Miteinander. Jetzt<br />

kommen die Deutschen und kaufen ein, was sie<br />

brauchen, aber verweilen hier nicht mehr.<br />

Sibel: Ja, Simone [Lange]* hat das doch jetzt in<br />

Planung gegeben. Die Neustadt kommt etwas<br />

vergessen und vernachlässigt rüber. Dadurch dass<br />

jetzt viel gebaut wird, hat man das Gefühl, dass<br />

sich mehr gekümmert wird.<br />

Süleyman: Da wird viel passieren, der Sanierungsträger<br />

hat ja jetzt schon angefangen alles abzureißen,<br />

es soll neuer Wohnraum geschaffen werden.<br />

Auch wenn mit jedem Abriss auch ein Stück Kindheit<br />

geht – das tut mir schon auch in der Seele<br />

weh.<br />

Ein paar Zeichnungen habe ich schon gesehen –<br />

das wird schön aussehen. Die Stadt versucht die<br />

Norderstraße wieder auf Vordermann zu bringen,<br />

das haben die schon immer versucht. ‚Ihrsan‘ und<br />

Herr Pahl sind da sehr engagiert.<br />

Was findet ihr besonders toll<br />

in der Neustadt?<br />

Sibel: Die Fatih-Moschee macht<br />

jedes Jahr eine große Kirmes, mit<br />

Essenständen, über drei, vier Tage,<br />

das ist unglaublich!<br />

Eda: Wenn das Wetter gut<br />

ist, findet alles draußen im Hof statt.<br />

19


Neustadtperspektiven<br />

Es gibt Teigwaren von süß bis herzhaft, alles Mögliche<br />

wird gegrillt. Das ist dann auch wie ein Tag<br />

der offenen Tür. Das ist ein großes Fest für unsere<br />

Community, aber auch für andere. Jeder und jede<br />

ist willkommen.<br />

Sibel: Da kommen viele Leute, auch Deutsche, Dänen,<br />

Araber, Afghanen. Ich würde sagen von der<br />

Neustadt bis zur Innenstadt, komplett Multikulti.<br />

Eda: Die Menschen hier sind wirklich sehr offen<br />

und entgegenkommend. Man fühlt sich wohl. Die<br />

Hilfsbereitschaft ist sehr groß. Es ist einfach eine<br />

schöne Atmosphäre hier.<br />

Fehlt euch etwas hier?<br />

Eda: Ein großes türkisches Restaurant mit allen<br />

Spezialitäten, das gibt es leider nicht – wenn wir<br />

richtig türkisch essen gehen wollen, fahren wir<br />

nach Hamburg.<br />

Sibel: Ein Café, wie in der Norderstraße. Isa, Plan<br />

B, das Eiscafé, sowas gibt es in der Neustadt nicht.<br />

Orte, an denen man sich treffen und verweilen<br />

kann. Hier geht man nur einkaufen.<br />

Eda: Es gibt hier nur ein<br />

Männercafé, da trifft<br />

sich so die Generation<br />

meines Vaters. Aber<br />

sowas wäre für<br />

uns Jugendliche<br />

auch schön zu<br />

haben. Einfach<br />

ein kleiner süßer<br />

Laden, wo man<br />

mit den Freunden hingehen und chillen kann,<br />

Kaffee trinken oder Kuchen essen. Das muss auch<br />

nicht arabisch oder türkisch sein, das kann ein<br />

ganz einfacher, deutscher Kuchenladen sein.<br />

Es könnte auch so eine kleine Spielehalle sein, mit<br />

Flipperautomat, Billardboard, Tischkicker, sowas<br />

fehlt allgemein noch in Flensburg. Früher war ich<br />

viel im Jugendzentrum AAK– das fand ich super<br />

toll. Aber ein Treffpunkt im Stadtraum, mit kleiner<br />

Café-Ecke, wo man sich noch was zu trinken holen<br />

kann, oder einen Snack, das fehlt.<br />

Sibel: Flensburg ist schön, nur könnte vieles noch<br />

besser genutzt werden. Zum Beispiel der Hafen –<br />

wenn ich das mit der Türkei vergleiche, dort gäbe<br />

es viele Cafés, einen Kinderspielplatz, alle Leute<br />

wären draußen, es gäbe eine Bar, abends wären<br />

Lichter an. Wir liegen hier am Meer, das birgt<br />

großes Potential – und was ist hier? Ein Parkplatz!<br />

Natürlich gibt das Einnahmen für die Stadt, aber<br />

ein Parkplatz am Wasser?<br />

Was würdet ihr Leuten erwidern die sagen:<br />

„Neustadt? Leute geht da nicht hin!“<br />

Süleyman: Ich würde sagen: Komm‘ her und<br />

mach‘ deine eigenen Erfahrungen.<br />

Eda: Ich habe auch den Eindruck, dass<br />

manche Menschen Angst vor der Neustadt<br />

haben, das finde ich echt schade.<br />

„Wir kommen aus sehr<br />

gastfreundlichen<br />

Ländern und diese<br />

Wärme wollen wir<br />

gerne weitergeben“<br />

Eda<br />

Echte Neustadtgewächse: Sila und Eda<br />

20


Neustadtperspektiven<br />

Ich würde<br />

mir wünschen, dass<br />

die Neustadt wieder<br />

so belebt ist wie<br />

früher. Dass es wieder<br />

mehr Miteinander<br />

gibt, dass hier wirklich<br />

alle hinkommen.<br />

Süleyman<br />

Machen Leuten ist dieses Laute auch einfach<br />

zu viel. Hier ist vielleicht ein bisschen mehr<br />

los, aber sonst ist die Neustadt ein <strong>Stadtteil</strong> wie<br />

jeder andere auch.<br />

Auch den ‚Durchgeh-Leuten‘ würde ich empfehlen,<br />

sich einfach mal in ein Café oder in eine ausländische<br />

Bäckerei zu setzen und einfach mal zu gucken,<br />

wie gut sie da bedient werden. Bei uns macht<br />

es keinen Unterschied, ob es dein Laden oder dein<br />

zu Hause ist. Wenn ein Gast zu dir kommt – ganz<br />

egal wo – wird der behandelt, als wäre er König<br />

oder Königin. Wirklich, die Person soll sich wie zu<br />

Hause fühlen. Wir kommen aus sehr gastfreundlichen<br />

Ländern und diese Wärme wollen wir gerne<br />

weitergeben.<br />

Süleyman: Allein schon von unserer Religion her,<br />

wenn ein Gast zu Besuch kommt, holen wir das<br />

Schönste raus, was wir zu bieten haben.<br />

Wie bunt ist Flensburg eurer Meinung nach?<br />

Eda: Das ‚bunte Flensburg‘ war eine Zeit lang viel<br />

Thema. Und klar, der Ausländeranteil ist groß,<br />

aber wie diese Menschen angesehen werden hat<br />

sich gewandelt. Aber wenn ich ehrlich bin, nicht<br />

so, dass man stolz darauf sein kann.<br />

Ich meine, das war alles mal ganz groß, dieses<br />

Schlachthof-Fest und der Neustadt-Song – das lief<br />

ja alles super. Aber der Zusammenhalt ist mit den<br />

Jahren ein stückweit verschwunden. Ich meine,<br />

man sieht die Deutschen hier nur noch, wenn sie<br />

etwas zu erledigen haben. Sie gehen einkaufen<br />

und sind dann wieder weg.<br />

Ich wünsche mir, dass diese Unterscheidung,<br />

zwischen ‚Deutschen‘ und ‚Ausländern‘,<br />

verschwinden würde. Früher war das nie so<br />

ein großes Thema hier in Flensburg, alle<br />

kamen miteinander klar, aber jetzt hat sich<br />

das verändert.<br />

Ich hoffe, dass mit der Sanierung so ein Zusammenhalt<br />

wiederhergestellt wird. Dass man wieder<br />

stolz darauf sein kann, hier in Flensburg zu leben<br />

und niemand aufgrund seiner Nationalität ausgegrenzt<br />

und schlecht behandelt wird.<br />

Habt ihr mit Rassismus zu kämpfen?<br />

Eda: Ich erlebe hier in Flensburg nicht viel Rassismus,<br />

und darüber bin ich sehr froh, auch wenn<br />

ich persönlich schon Anfeindungen erlebt habe,<br />

obwohl mein Deutsch perfekt ist, man mir meinen<br />

Migrationshintergrund also echt nicht anhört.<br />

Süleyman: Ich stand mal an der Kasse beim Supermarkt<br />

und vor mir ein anderer Mann. Ich habe mit<br />

meinen Fingern irgendwo herumgeklopft, scheinbar<br />

hat ihn das genervt. Als er bezahlt hatte, drehte<br />

er sich um und meinte zu mir „Scheiß Volk!“.<br />

Da holte ich meinen Perso raus, zeigte ihm diesen<br />

[mit deutscher Staatsbürgerschaft]* und erwiderte:<br />

„Ja du hast recht, wir sind schon ein scheiß Volk!“.<br />

Da ist er einfach abgehauen. Wir [Einwanderer]*<br />

haben nach dem Krieg genauso zum Wiederaufbau<br />

beigetragen wie ‚die Deutschen‘. Wir<br />

haben die gleichen<br />

Rechte wie alle<br />

anderen auch.<br />

Migrant bin ich<br />

schon, aber<br />

ich bin auch<br />

deutsch.<br />

21


Neustadtperspektiven<br />

Sibel: Nationalität und Herkunft sind schwierige<br />

Themen. Natürlich – ich bin Türkin – ich mag<br />

mein Land sehr. Aber ist es deine Entscheidung,<br />

ob du deutsch, dänisch oder arabisch bist? Wir<br />

entscheiden nicht, wo wir geboren werden, wir sind<br />

nur Menschen. Respekt ist die Hauptsache.<br />

22<br />

„Wir entscheiden nicht,<br />

wo wir geboren werden,<br />

wir sind nur Menschen“<br />

Sibel<br />

Eda: Wenn ich in die Türkei gehe, bin ich die<br />

Deutsche – wenn ich in Deutschland bin, bin ich<br />

die Türkin. Egal wo ich bin, bin ich jeweils ‚die<br />

Andere‘. Also habe ich keine Nationalität?<br />

Ich finde wir sollten uns darauf nicht versteifen,<br />

sondern die wertvollen Unterschiede, die es gibt<br />

wertschätzen. Die Vielfalt von Kulturen, Sprachen,<br />

Nationalitäten, das Schöne darin sehen. Offen dafür<br />

sein, diese zu entdecken und kennen zu lernen.<br />

Anstatt abwertend bestimmten Gruppen und Nationalitäten<br />

gegenüber zu stehen und mit Hass zu<br />

begegnen. Wenn jeder<br />

Einzelne gleich wäre,<br />

wirklich von Kopf bis<br />

Fuß, das wäre doch<br />

total langweilig.<br />

„Ich hoffe, dass mit<br />

der Sanierung so ein<br />

Zusammenhalt (...)<br />

wiederhergestellt<br />

wird. Dass man<br />

wieder stolz<br />

darauf sein kann,<br />

hier in Flensburg<br />

zu leben.“<br />

Eda<br />

Stellt euch vor, ihr hättet einen Wunsch für die<br />

Neustadt frei – egal wie absurd oder utopisch –<br />

was sollte passieren, hier und jetzt?<br />

Süleyman: Ich würde mir wünschen, dass die<br />

Neustadt wieder so belebt ist wie früher. Dass es<br />

wieder mehr Miteinander gibt, dass hier wirklich<br />

alle hinkommen. Dass es nicht heißt „Die Neustadt<br />

ist ein Ghetto“. Sondern, dass die Neustadt<br />

einfach Neustadt sein kann.<br />

Sibel: Ich möchte sie aufgehübscht sehen.<br />

Vielleicht zwei, drei Cafés. Und dass sie nicht nur<br />

von Ausländern angenommen wird.<br />

Eda: Dass die Neustadt das Ansehen, die Wertschätzung<br />

bekommt, die sie verdient. Hier steckt so<br />

viel Potential drin.<br />

Ich wünsche mir seitens der Stadt ernsthafte<br />

Bestrebungen, dass das hier auch ein schöner<br />

<strong>Stadtteil</strong> wird. Dass die Neustadt nicht in der Ecke<br />

liegen gelassen wird, wie eine verlorene Socke.<br />

Ich wünsche mir, dass sich diesem Potential angenommen<br />

wird, es sich entfalten kann.<br />

Das würde auch ganz Flensburg echt gut tun, dass<br />

sich diese Trennung von ‚deutsch‘ und ‚ausländisch‘<br />

wieder aufhebt. Ich finde, das sollte sowieso eines<br />

der größten Ziele in der Welt allgemein sein:<br />

keinen Rassismus in einer Gesellschaft zu haben,<br />

dass alle zusammenleben, sich gegenseitig tolerieren,<br />

respektieren. Mensch ist Mensch und wenn<br />

man sich gegenseitig respektiert<br />

macht es auch keinen Unterschied,<br />

woher man kommt.<br />

*Anmerkung der Redaktion


Zivilgesellschaft<br />

BürgerInnenbeteiligung 2020 – da geht noch was!<br />

von Lothar Baur<br />

Das „Berlin Institut für Partizipation“<br />

veröffentlichte einen Bericht<br />

zur Lage der BürgerInnenbeteiligung.<br />

Ergebnis: 2020 könnte „ein<br />

verlorenes Jahr“ werden. Die Corona<br />

Pandemie hat zu einer abrupten<br />

Unterbrechung laufender<br />

Beteiligungsverfahren geführt.<br />

Abgebrochene, aufgehobene, abgesagte<br />

und aufgeschobene Verfahren<br />

wirken sich negativ auf die<br />

Zukunft aus. Insgesamt wurden<br />

repräsentativ 1.771 Personen befragt:<br />

76,5% der geplanten Beteiligungsverfahren<br />

sind betroffen.<br />

Nachdenklich sieht das Institut<br />

auf konfliktreiche Verfahren, die<br />

mit eingeschränkter Bürgerbeteiligung<br />

voran getrieben werden<br />

könnten.<br />

In nicht wenigen Fällen, sagt der<br />

Bericht, wurden Beteiligungsstrukturen<br />

komplett aufgehoben.<br />

Das könnte einen weiteren fatalen<br />

Vertrauensverlust nach sich ziehen<br />

und würde als Geringschätzung für<br />

die öffentliche Beteiligung empfunden<br />

werden, die im Notfall als<br />

entbehrliches Verfahrenselement<br />

angesehen wird.<br />

Auch der Deutsche Kinderschutzbund/SH<br />

meldete sich mit einer<br />

Untersuchung zu Wort. Mehr als<br />

1.000 Jugendlichen antworten auf<br />

die gestellten Fragen. Dabei waren<br />

Gymnasien und Gemeinschaftsschulen<br />

gleich stark vertreten. Es<br />

stellte sich heraus, dass 42% der<br />

SchülerInnen sich nicht richtig in<br />

die schulischen Entscheidungen<br />

eingebunden fühlen. Damit hätten<br />

die Jugendlichen beim Thema<br />

Mitbestimmung den Schulen ein<br />

sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt,<br />

sagte die Landesvorsitzende, Irene<br />

Johns dazu. Die Beteiligungsstrukturen<br />

an den Schulen seien unzureichend.<br />

Schülervertretungen hätten in<br />

der Coronazeit wenig Informationen<br />

bekommen, wie es an<br />

den Schulen weitergehen soll,<br />

sagte Lorenzo Schüller vom Jugendrat<br />

des Kinderschutzbundes.<br />

Mit dem „Lockdown 2“ wird die<br />

Problematik noch einmal überdeutlich.<br />

Offensichtlich ist es in<br />

vielen Bereichen nicht gelungen,<br />

neue und funktionierende Formen<br />

der Teilhabe, auch in Krisenzeiten,<br />

zu installieren.<br />

Auch in Flensburg ist noch viel<br />

Luft nach oben in Sachen BürgerInnenbeteiligung.<br />

BürgerInnenforen<br />

beschwerten sich schon<br />

vor Corona oft darüber, dass sie<br />

unzureichend in Gestaltungsprozesse<br />

einbezogen werden.<br />

Wir vom <strong>Trafo</strong>-<strong>Magazin</strong> unterstützen<br />

gerne beim Ein- und<br />

Mitmischen und bieten gerne<br />

eine Plattform.<br />

Quellen: Das verlorene Jahr,<br />

Berlin Institut für Partizipation,<br />

Jugendbefragung 2.0., Kinderschutzbund SH<br />

#weiterlesen #Empfehlung<br />

Buchempfehlung<br />

aus der Redaktion<br />

„Kaum ein Missstand ist plötzlich da. Meist bahnt er sich an, über Jahre.<br />

Nicht alle sehen Gräben, die er durch unsere Gesellschaft zieht, denn<br />

häufig geschieht das an Orten, die Privilegierte nicht erleben, so dass<br />

sie Probleme erst erkennen, wenn sie selbst betroffen sind.“ „Wer wissen<br />

möchte, welche Herausforderungen auf uns alle warten, der sollte jenen<br />

genau zuhören, die in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Architektur<br />

schon jetzt die Leidtragenden sind.“ – Das sind nur zwei Zitate, die<br />

mich einfach beeindruckt haben. Das Buch ist voll davon. Man muss,<br />

darf und soll nicht mit allem einverstanden sein. Mehr als nur ein<br />

Denkanstoß.<br />

Sprache und Sein, Kübra Gümüsay<br />

2020, 208 Seiten, Hanser Berlin<br />

23


Neustadtperspektiven<br />

Intercultural<br />

Music Project<br />

Vielen ist das „Intercultural<br />

Music Project – Flensburg‘‘<br />

bestimmt schon bekannt.<br />

Falls nicht, empfiehlt sich<br />

ein Besuch beim nächsten<br />

Auftritt. Doch wie kam es zu<br />

diesem Projekt? Stylianos<br />

Antoniou zur Geschichte und<br />

der Idee hinter dem Projekt.<br />

Text: Stylianos Antoniou, Fotografie:<br />

Katja Hofschröer-Elbers<br />

Music connects people. Musik verbindet.<br />

Das interkulturelle Musik Projekt vereint unterschiedliche Menschen und Kulturen. Aus Deutschland,<br />

Persien, Türkei, Zypern, Syrien, Irak, Iran, Griechenland und Albanien. Durch neue Kreationen<br />

und Synthesen aus traditioneller, klassischer und zeitgemäßer Musik mit vielfältigen Instrumenten<br />

entstehen musikalische Eindrücke aus der ganzen Welt.<br />

Das Projekt bietet nicht nur, aber besonders auch Menschen mit Fluchterfahrung die Möglichkeit,<br />

kreativ zu sein und ihre musikalische Leidenschaften zu entfalten. Hier können auch prima „Berührungsängste“<br />

abgebaut werden. Jeder und jede ist herzlich Willkommen.<br />

24


Neustadtperspektiven<br />

Eine Brücke zwischen Orient und Okzident.<br />

Im Juni 2016 erfüllte sich für mich ein langjähriger<br />

Traum: Eine Musikgruppe mit<br />

Menschen verschiedenster Nationen, mit<br />

verschiedenen Instrumenten und verschiedenen<br />

musikalischen Einflüssen zusammenzubringen,<br />

um gemeinsam zu musizieren. Gesagt,<br />

getan – Das Projekt war unter dem Titel ,,Orient<br />

meets Okzident‘‘ geboren.<br />

Premiere und erster öffentlicher Auftritt war<br />

im Oktober beim „Fest der Kulturen“ im Deutschen<br />

Haus, was große Begeisterung hervorrief.<br />

Mittlerweile probt die Band regelmäßig und<br />

tritt bei verschiedenen Events wie z.B. dem<br />

Flensburger Neujahresempfang auf.<br />

Und nun ist schon das fünfte Jahr angebrochen:<br />

Musikalisch hat die Band ein kunterbuntes<br />

Repertoire an Musikstücken aus verschiedensten<br />

Regionen der Erde aufgebaut. Rein instrumental<br />

oder mit Gesang wird Traditionelles,<br />

Klassisches und Zeitgemäßes miteinander<br />

vermischt, sodass nicht selten neue Kreationen<br />

entstehen.<br />

Mit dem Kooperationspartner „Kunst und<br />

Kultur Baustelle 8001 e.V.“, ein zentraler Treff<br />

der Kommunikation in der Neustadt, wurden<br />

gemeinsame Veranstaltungen verwirklicht und<br />

das Projekt wurde über die Neustadt hinaus in<br />

der Stadt und später im Land bekannt.<br />

Netzwerke und Benefizaktionen konnten<br />

in Flensburg und Umgebung entstehen und<br />

wachsen. Es sind offene Proben entstanden,<br />

in denen jeder Musiker und jede Musikerin<br />

und auch jede Zuhörerin und jeder Zuhörer<br />

willkommen sind.<br />

Viel mehr als nur eine Band.<br />

Es ist nicht unbedingt einfach, Menschen,<br />

verschiedener Kulturen und<br />

Mentalitäten zusammen zu bringen, aber<br />

durch die gemeinsame Sprache der Musik<br />

funktioniert es.<br />

Menschen haben die Möglichkeit ihrer Leidenschaft<br />

nachzukommen. Doch neben der<br />

tollen Musik zeichnet sich die Initiative vor<br />

allem dadurch aus, dass das Projekt Menschen<br />

aus vielen verschiedenen Nationen zusammen<br />

bringt, um miteinander zu musizieren – ganz<br />

unabhängig von der gesprochenen Sprache. Gemeinschaft<br />

wird hier gelebt.<br />

Mehrere Mitglieder aus der Band haben selbst<br />

einen Fluchthintergrund und haben durch das<br />

Projekt „eine neue Familie“ gefunden. Es sind<br />

Freundschaften entstanden und es werden gemeinsam<br />

Unternehmungen gemacht.<br />

Das interkulturelle Musikprojekt aus Flensburg<br />

ist ein Beispiel dafür, wie Gemeinschaft funktionieren<br />

und was aus verbindender Musik entstehen<br />

kann.<br />

Wir als Gruppe hoffen, noch lange mit Musik<br />

zu begeistern. Das Projekt steht jedem und<br />

jeder offen – über neue Musikerinnen und<br />

Musiker freut sich das Projekt immer, ganz egal<br />

woher man kommt oder welches Instrument er<br />

oder sie spielt!<br />

Wer mehr über<br />

die Band erfahren<br />

möchte:<br />

Webseite: impfl.de<br />

Mail: Info@impfl.de<br />

Tel.: 01712452688<br />

25


Kunst & Kultur<br />

Die Künstlerin<br />

Hanne Merte Schmidt<br />

<strong>Ansicht</strong>s Sachen<br />

aus der Redaktion<br />

Fotografien: Hanne Merte Schmidt<br />

Die 2019er Ausstellung „<strong>Ansicht</strong>s Sachen - Orte<br />

der Transformation in der Neustadt“ war eine angenehme<br />

Überraschung für alle Beteiligten. Mit<br />

450 Gästen stellte sie einen Besucherrekord für die<br />

Ausstellungen des Vereins 8001 in der Neustadt auf.<br />

Der Publikumsliebling war die Arbeit „Neustadt<br />

Dinner“ von Hanne Merte Schmidt. Das Dinner<br />

wird vor neun verschiedenen Hintergründen in der<br />

Neustadt zelebriert.<br />

Hanne Merte Schmidt ist eine Fotografin und<br />

Künstlerin aus Flensburg.<br />

Das Projekt „<strong>Ansicht</strong>s Sachen“ gibt es schon seit<br />

2011. Mit mehreren gut besuchten Ausstellungen,<br />

meist mit Motiven aus dem Flensburger Norden<br />

und der Neustadt wurde dieser Teil der Stadt auf<br />

künstlerische Weise in den Fokus gerückt. Darüber<br />

sind auch 2 Fotobände entstanden, die in der Zwischenzeit<br />

leider vergriffen sind.<br />

Die 2020er Ausgabe der <strong>Ansicht</strong>s Sachen geht wegen<br />

der Pandemie den digitalen Weg.<br />

ansichtssachen.online<br />

hannemerte.de<br />

26


Kopfzeile B<br />

27


Kunst & Kultur<br />

#Ausstellung #traditionelltrifftmodern<br />

Palästinensische Kunst<br />

von Dana Paulsen<br />

Das traditionelle Palästina trifft zwei zeitgenössische<br />

palästinensische Künstlerinnen.<br />

Zu sehen sind traditionelle Gegenstände wie Teekannen,<br />

Gewänder, eine Satteltasche und Ölkannen<br />

– ausgeliehen von Großeltern und Freuden<br />

und zum Teil über 120 Jahre alt. Diese Objekte<br />

stehen im Kontrast zu zeitgenössischen Werken.<br />

Noel Louiza El Abd, der es darum geht „Gefühle<br />

durch Bilder zu transportieren und darzustellen“<br />

und Miriam Miari, in deren Zeichnungen deutlich<br />

die Auseinandersetzung mit der Geschichte Palästinas<br />

und aktuellen Geschehnissen zu sehen ist.<br />

Noel sagt es sei „schwierig die Geschichte zu<br />

akzeptieren und weiter zu gehen. Zu akzeptieren,<br />

dass man nicht mehr in seiner Heimat<br />

sein kann und das hinter sich zu lassen“.<br />

Ihr Blick in die Zukunft ist positiv, denn sie weiß:<br />

„Jede Stimme zählt. Und jede Stimme kann die<br />

Zukunft verändern.”<br />

Wie es mit der Ausstellungsreihe weitergeht und<br />

was Noel uns noch im Interview verraten hat<br />

erfahren Sie und Ihr demnächst in unserer Onlineausgabe.<br />

#Kritzeleiflensburg<br />

Keramik zu Hause<br />

selbst bemalen<br />

aus der Redaktion<br />

Eine spannende Beschäftigung für zuhause wäre es<br />

doch, mit Keramik zu arbeiten!<br />

Da wir in der Regel aber alle keinen Brennofen<br />

unser eigen nennen, ist das meist nicht machbar.<br />

Nun gibt es in Flensburg neuerdings eine Möglichkeit,<br />

das Problem nicht nur zu umgehen, sondern<br />

sogar galant zu lösen. „Die Kritzelei“ ist ein interessantes<br />

Angebot für alle „Keramik-Verrückten“.<br />

Dort bekommt man verschiedenste Rohlinge und<br />

kann aus einer Reihe von schönen Farben diejenigen<br />

auswählen, die man gerne verwenden möchte.<br />

Die „Kritzelei“ sorgt dann dafür, dass die Sachen<br />

professionell glasiert und gebrannt werden.<br />

Das gefiel uns so gut, dass wir ein Projekt daraus<br />

gemacht haben.<br />

Wir stellen 20 Grundausrüstungen kostenlos zur<br />

Verfügung. Die Bedingung: Die Einreichung eines<br />

Entwurfs, der erkennen lässt, dass es ein besonderes<br />

Projekt wird. Wir sind sehr gespannt auf die<br />

Ergebnisse.<br />

Interesse? Hier kann Kontakt<br />

aufgenommen werden:<br />

8000eins.de/<br />

utopolis-transformation-in-der-neustadt<br />

28


#Holzbildhauerei #interaktiv #Skulpturen<br />

Wood 4 ur Hood<br />

in Memoriam an den Skulpturenpark am Ostseebad<br />

von Dana Paulsen<br />

„Wood 4 ur Hood“, ein Projekt<br />

um Holzskulpturen in die Neustadt<br />

zu bringen. Es haben sich<br />

vier BildhauerInnen zusammengefunden:<br />

Lena Grigoleit, Silvana<br />

Sundberg, Johannes Caspersen<br />

und Dana Paulsen, alle wohnen<br />

im Flensburger Norden. Und beschäftigen<br />

sich seit dem Sommer<br />

mit der Frage, ob Skulpturen das<br />

<strong>Stadtteil</strong>bild verschönern können<br />

und wenn ja, was für Skulpturen<br />

aufgestellt werden sollten?<br />

Am Wochenende vom 30. Oktober<br />

bis 1. November, besser<br />

bekannt als „das Wochenende vor<br />

dem 2. Lockdown“, präsentierten<br />

die KünstlerInnen insgesamt 8<br />

Entwürfe in einer Ausstellung. Die<br />

BesucherInnen kamen als Wählende,<br />

sie konnten die Entwürfe<br />

begutachten, bestaunen und kritisieren<br />

– auch Kinder!<br />

In einer Wahlkabine konnte dann<br />

jede und jeder Kreuze für die<br />

Skulpturen machen, die aufgestellt<br />

werden sollen. Es gab Platz<br />

für Kritik an den Entwürfen und<br />

die Möglichkeit, Aufstellungsorte<br />

zu favorisieren.<br />

Diese partizipative Ausstellung<br />

war ein wichtiger Schritt in dem<br />

Projekt. Schließlich möchten die<br />

KünstlerInnen den Bewohnern<br />

der Neustadt keine Skulptur vor<br />

die Nase setzen, die dann (ungefragt)<br />

zu gefallen hat.<br />

Das Auszählen der Stimmzettel<br />

war ein schönes Ereignis. Es gab<br />

hilfreiche Verbesserungsvorschläge,<br />

positive Kritik und Lob.<br />

Bei der<br />

Kunst & Kultur<br />

Auszählung durfte mit Freude<br />

festgestellt werden: die Stimmen<br />

verteilten sich gleichmäßig auf<br />

alle Entwürfe.<br />

Die KünstlerInnen haben die drei<br />

Entwürfe mit meisten Stimmen<br />

gleich auf ein Treppchen gemalt.<br />

An erster Stelle positionierte sich<br />

der Entwurf des Drachen. Auf<br />

dem zweiten Platz befindet sich<br />

„die Hunderunde“, auf dem dritten<br />

„die helfenden Geisterlein“.<br />

Im weiteren Verlauf des Projektes<br />

wird nun versucht, mehr Menschen<br />

dafür zu begeistern, damit<br />

es im nächsten Jahr umgesetzt<br />

werden kann.<br />

© Katja Hofschröer-Elbers<br />

© Johannes Caspersen<br />

29<br />

© Lena Grigoleit,


Kunst & Kultur<br />

„Die Idee, bei der es<br />

in Exit2Future ging, hat mir sehr<br />

gefallen, dass man unsterblich<br />

wird, dass man jung bleibt.“<br />

Schüler<br />

„Was die Technologie,<br />

die Maschinen machen, wird davon<br />

abhängen, wie wir sie aufbauen.“<br />

Besucher<br />

„Man hat unglaublich viele<br />

Anstösse bekommen, um nachzudenken<br />

wie man mit sich selbst, der Umwelt<br />

und der Zukunft umgehen möchte.“<br />

Besucherin<br />

Exit2Future<br />

Ein analoges und digitales <strong>Stadtteil</strong>spiel in<br />

der Neustadt, vom 23. - 31. August 2020,<br />

konzipiert vom Institut für theatrale Angelegenheiten<br />

und dem Verein 8001<br />

Text: Folke Witten, Fotografie: Katja Hofschröer-Elbers<br />

Dieser junge Mann ist etwas verzweifelt<br />

auf der Suche nach seiner Freundin.<br />

Cleo war aufmüpfig gegen den Konzern<br />

und verschwand.<br />

„Exit2Future“ war<br />

ein interaktives Game-Theater<br />

Projekt<br />

mit fünf Stationen.<br />

Dabei wurden von den<br />

Theaterleuten unterschiedliche<br />

Zukunfts-Themenschwerpunkte<br />

szenisch angespielt und<br />

unter Einbeziehung der BesucherInnen<br />

fortgesetzt. Collagenhaft<br />

wurden die vielfältigen<br />

Herausforderungen angerissen,<br />

die letztlich jede/n von uns<br />

betreffen werden.<br />

Die BesucherInnen waren vor<br />

allem BewohnerInnen aus der<br />

Flensburger Neustadt, die sich<br />

mitten in einer Transformationsphase<br />

befindet. Spezielle<br />

Neustadt Themen konnten<br />

spielerisch in den Kontext<br />

globaler, technologischer und<br />

gesellschaftlicher Umbrüche<br />

gestellt werden. Für jeweils 5x5<br />

BesucherInnen mit insgesamt<br />

zehn Aufführungen.<br />

30


Station 1 –Virtuelle Realität<br />

- Das Game<br />

Schauspieler: Frithjof Rave<br />

Ein junger Mann kommt von<br />

einem Ausflug aus der virtuellen<br />

Realität, aus einem Spiel<br />

namens „RAMSES“, zurück.<br />

Er berichtet, wie unfassbar<br />

echt und real dort alles wirkt.<br />

Er sucht seine Freundin Cleo,<br />

die plötzlich verschwunden ist.<br />

Sie hat sich gegen das Firmen-Imperium<br />

„Zorlac Technologies“<br />

aufgelehnt, nachdem<br />

sie herausfand, dass die Spielentwickler<br />

Experimente an lebenden<br />

Personen durchführen.<br />

Cleo befindet sich in einem<br />

Labor und verbringt Tage in<br />

dem virtuellen Game, bis ihr<br />

Freund sie mit Hilfe der „ZuschauerInnen“<br />

endlich findet.<br />

Station 2 – Das Labor<br />

Schauspielerinnen:<br />

Carolina Walker,<br />

Mareike Hoeck<br />

Im Labor wird die Weiterentwicklung<br />

einer künstlichen<br />

Intelligenz vorangetrieben, die<br />

immer „menschlicher“ werden<br />

soll, bis Mensch und Maschine<br />

nicht mehr voneinander zu<br />

unterscheiden sind<br />

Mit Eintritt in das grüne<br />

Laborzelt kommen die ZuschauerInnen<br />

in die Rolle der<br />

Probanden und „Versuchskaninchen“.<br />

Zwei „Wissenschaftlerinnen“<br />

empfangen die<br />

BesucherInnen freundlich<br />

und verwickeln sie in Aktionen,<br />

bis diese in das System<br />

eingebunden sind. Es gibt<br />

die Chance, Widerstand zu<br />

leisten. Wer das nicht schafft,<br />

wird in<br />

eine von fünf Kategorien<br />

eingeteilt. Die beiden<br />

WissenschaftlerInnen<br />

studieren und analysieren<br />

die Emotionen und<br />

Mimiken der Probanden<br />

und können diese<br />

abspeichern. Einer der<br />

beiden ist die Sache nicht<br />

geheuer. Sie sucht nach einem<br />

Weg, das System zu verlassen.<br />

Station 3 – In meinem Kopf<br />

Schauspieler:<br />

Sameh Alkaderi Alkali,<br />

Galal Al-katheri<br />

Szenenbild und Aufenthaltsort<br />

der ZuschauerInnen ist nun<br />

das Innere eines Gehirns einer<br />

Person, in der sehr viel<br />

Chaos herrscht.<br />

In dem dargestellten<br />

Gehirn agiert ein<br />

„Clown“ und treibt seine<br />

Späße. Die zum Gehirn<br />

gehörende Person scheint<br />

gar nicht anwesend zu sein.<br />

Sie hat Schreckliches erlebt,<br />

das Heimatland verlassen.<br />

Kunst & Kultur<br />

Ganz freundlich und nett wird<br />

eingeladen, die eigenen Daten<br />

preiszugeben,...<br />

...die dann dazu benutzt werden<br />

sollen, um Kopien von Menschen<br />

zu bauen – Humanrobots<br />

Wie muss eine Stadt sein,<br />

die friedlich ist und bleibt?<br />

Wie sieht es im Kopf<br />

eines Menschen aus,<br />

der viel Schlimmes<br />

erlebt hat?<br />

Nach einer langen<br />

Flucht vor Krieg und<br />

Verfolgung stellt sich<br />

heraus,dass die Erinnerungen<br />

einen nicht<br />

loslassen.<br />

31


Kunst & Kultur<br />

Was hat „Zorlac“ vor?<br />

Und wer ist Cleo?<br />

Welche Information<br />

gibt die Qualle Preis?<br />

Doch dann<br />

taucht sie auf<br />

und verjagt<br />

den „Clown“.<br />

Sie schleppt<br />

einen großen<br />

Koffer mit sich. In<br />

der neuen Heimat<br />

scheint der Moment<br />

gekommen, den Koffer<br />

zu öffnen. Doch darin<br />

haben sich dunkle und<br />

schreckliche Erinnerungen<br />

versteckt. Die zerstörte Stadt,<br />

Krieg und Vertreibung tauchen<br />

auf einmal auf.<br />

Wie soll aus diesem Schutt und<br />

dieser Asche eine neue Stadt<br />

entstehen? Und wie soll und<br />

muss diese aussehen, dass so<br />

etwas nicht nochmal passieren<br />

kann?<br />

Die BesucherInnen sind aufgefordert,<br />

Antworten zu geben<br />

und ihre Wünsche für die<br />

Zukunft aufzuschreiben. Alle<br />

machen mit.<br />

Station 4 – Die Qualle<br />

Schauspielerin:<br />

Esther Wakil<br />

Hier geht es um das<br />

Streben der Menschen,<br />

Krankheiten auszulöschen<br />

und wenn möglich<br />

sogar den Tod zu besiegen.<br />

Der technisch-me-<br />

dizinische Fortschritt strebt<br />

nach absoluter Gesundheit<br />

aber was sind die Folgen davon?<br />

In den Ozeanen existiert eine<br />

Quallenart, welche die Wissenschaft<br />

vor Rätsel stellt. Die<br />

Qualle altert nicht. Ist sie der<br />

Schlüssel zur Unsterblichkeit?<br />

Die BesucherInnen werden mit<br />

der Qualle konfrontiert und<br />

hören mehrere unbekannte<br />

Stimmen, welche die Menschen<br />

anklagen, die Erde zu<br />

zerstören.<br />

Station 5 – Die Garage<br />

SchauspielerInnen:<br />

Arno Sudermann,<br />

Friederike Zinner<br />

war der geheime Rückzugsort<br />

des „Zorlac“ Firmengründers<br />

und Spielentwicklers des<br />

RAMSES Spiels. Hier entwickelte<br />

er seine ersten Programme.<br />

Die Garage ist ein Ausstellungsort<br />

geworden, „um jungen<br />

Menschen zu zeigen, dass sie<br />

es mit einfachsten Mitteln<br />

auch nach ganz oben schaffen<br />

können wenn sie nur hart genug<br />

an ihre Vision arbeiten“.<br />

Tatsächlich geht es ihm aber<br />

darum, freiwillige Probanden<br />

zu finden, die seine virtuellen<br />

Welten testen und Nachwuchs<br />

anzuwerben.<br />

„Zorlac“ ist maßgeblich an der<br />

Entwicklung von neuronalen<br />

Scnittstellen zwischen Mensch<br />

und Maschine beteiligt. Ziel<br />

von „Zorlac“ ist die Erschaffung<br />

einer neuen Menschheit.<br />

32


Kunst Kopfzeile & Kultur B<br />

Cleo<br />

Schauspielerin:<br />

Carolina Walker<br />

Zorlacs Gegenspielerin in<br />

diesem Game ist Cleo, die von<br />

einer ganz anderen Zukunft<br />

träumt, in der die Menschen<br />

nicht nur manipulierte,<br />

überwachte und kontrollierte<br />

Konsumenten sind, sondern<br />

ihre eigenen Qualitäten und<br />

Talente frei legen und sich<br />

direkt an der Gestaltung der<br />

Zukunft beteiligen, indem sie<br />

durch viele kleine Aktionen<br />

und Eingriffe in die „Matrix“<br />

der Wirklichkeit, umfassend<br />

beginnen, ihre Welt, ihr Land,<br />

ihre Stadt und ihren <strong>Stadtteil</strong><br />

konkret zu gestalten und<br />

somit zu verändern.<br />

33


Kunst & Kultur<br />

Am Ende des Spiels wird das Tor hinaus aus dem<br />

Spiel geöffnet – Hier von Folke Witten.<br />

Die BesucherInnen haben es geschafft, den<br />

Exit2Future zu finden. Sie haben sich befreit und<br />

insgesamt mehr als 250 Statements, Ideen und<br />

Visonen erspielt.<br />

Theater in Corona Zeiten<br />

Die Neustadt machte es möglich !<br />

von Lothar Baur<br />

Geplant war das alles völlig anders. Das <strong>Stadtteil</strong>game<br />

„Exit2Future“ sollte im öffentlichen<br />

Raum stattfinden, groß angekündigt und es<br />

sollten wenigstens 500 Menschen mit einbezogen<br />

werden. Der Plan war gut, sogar sehr gut!<br />

Das war im Herbst des letzten Jahres.<br />

Je näher das Frühjahr rückte, desto klarer<br />

wurde: Das wird nichts! Der erste Lock Down<br />

schaltete alles aus. Und danach, also in der<br />

„neuen Realität“ war Theater im öffentlichen<br />

Raum mit möglichst vielen Menschen und einem<br />

bunten Durch- und Miteinander plötzlich<br />

eine richtige utopische Idee. Wie sollte das gehen,<br />

alles mit 1,5 Meter Abstand? Unmöglich!<br />

Geht nicht!<br />

Über viele Wochen hinweg überlegten die Theaterleute<br />

und die Organisatoren und erfanden<br />

ein völlig neues „Exit2Future“, dass auch unter<br />

den Bedingungen der Pandemie funktioniert.<br />

Die Aufgabe stand: Wer hier hinkommt, soll<br />

interessantes Theater erleben und mitspielen<br />

können. Es soll künstlerisch anspruchsvoll und<br />

dennoch verständlich sein. Und vor allem: Es<br />

soll sicher sein. Es muss sicher sein!<br />

Das Spiel wurde umgeschrieben und coronakompatibel<br />

gemacht. Im Gegensatz zu einem<br />

„normalen“ Theaterstück, also auf der einen<br />

Seite die Bühne und auf der anderen das Publikum,<br />

bietet die Form des Spieles Möglichkeiten<br />

der Anpassung und Veränderung. Diese Möglichkeiten<br />

wurden genutzt und ausgereizt.<br />

Eine wesentliche Herausforderung war der<br />

Platz. Pro Mensch im Spiel wurden mindestens<br />

10 qm Fläche angesagt, der Mindestabstand<br />

von 1,5 Meter war der Maßstab aller Überlegungen.<br />

Drum war schnell klar: Um das Spiel<br />

sicher für alle durchführen zu können braucht<br />

man wenigsten 500 qm. Zusammen mit den<br />

Schauspielern und dem Begleitpersonal, dass<br />

über die Einhaltung der Abstände wachte, waren<br />

über 40 Menschen auf dem Gelände. Der<br />

„Spielplatz“ wirkte wie ein kleines Dorf, vielleicht<br />

wie ein Jahrmarkt, indem die Menschen<br />

von Station zu Station wanderten und spielten<br />

- immer mit Abstand, immer die Maske dabei.<br />

Ein riesiger Theaterraum unter freiem Himmel.<br />

Um möglichst vielen Menschen die Teilnahme<br />

zu ermöglichen, wurden 10 Termine geplant<br />

und durchgeführt. Und das hat tatsächlich<br />

geklappt! Ein paar Tage auf dem Gelände der<br />

Sportpiraten und am Wochenende auf dem Gelände<br />

hinter dem <strong>Stadtteil</strong>haus.<br />

Während in der ganzen Republik praktisch null<br />

Theater stattfand, gab es in der Neustadt an 10<br />

Tagen Theater vom Feinsten. Zum Mitmachen.<br />

Alle Termine waren ausgebucht. 250 Menschen<br />

waren dabei. Die Hälfte waren SchülerInnen<br />

aus der Comenius Schule, die andere Hälfte<br />

wurden über die Vereine und Gruppen im<br />

<strong>Stadtteil</strong> angesprochen.<br />

Ein super Ereignis für die Neustadt!<br />

34


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Sie und Euch?<br />

Schreibt uns !<br />

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Impressum<br />

Dezember 2020<br />

Die Inhalte des <strong>Magazin</strong>s<br />

wurden nach<br />

bestem Wissen und<br />

Gewissen durch Hinweise,<br />

Informationen<br />

und Adressen ergänzt.<br />

Der Kunst und<br />

Kultur Baustelle<br />

8001 e.V. übernimmt<br />

keine Haftung für die<br />

Aussagen und Inhalte<br />

Dritter.<br />

S. 9<br />

S. 18<br />

S. 26<br />

Herausgebende:<br />

Vorstand der „Kunst<br />

und Kultur Baustelle<br />

8001 e.V“<br />

Neustadt 12<br />

24939 Flensburg<br />

S. 12<br />

S. 6<br />

Redaktion:<br />

Karsten Bahnsen,<br />

Lothar Baur,<br />

Katja<br />

Hofschröer-Elbers,<br />

Dana Paulsen<br />

Konzept &<br />

Gestaltung:<br />

Katja<br />

Hofschröer-Elbers<br />

Druck:<br />

Druckerei<br />

Ernst H. Nielsen<br />

S. 24<br />

S. 11<br />

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